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Thematisch sind die Informationen dieses Jahres wie folgt geordnet:
Transport- und Lieferdrohnen (In Arbeit)
Personentragende Fluggeräte
Inzwischen toben schon zwei Drohnen-Kriege - im Nahen
Osten und zwischen Russland und der Ukraine. In beiden Fällen sind
aber Dutzende von Ländern darin verwickelt, sei es durch die Bereitstellung
finanzieller und militärischer Mittel, oder durch die teils direkte
und teils indirekte Beteiligung. Die vorliegende Übersicht beschränkt
sich dabei auf kleine, in erster Linie elektrisch angetriebene Drohnen,
die von Jahr zunehmend zum Einsatz kommen - zur Aufklärung ebenso wie
als Waffen.
Die Erklärung ist einfach: Die kleinen Flugkörper gibt es in einer extremen Spannbreite - von Spielzeugen, über selbstgebastelte Guerilla-Versionen, bis hin zu Hochleistungsapparaten, die mehrere tausend Dollar bzw. Euro kosten. Die Drohnen werden von Widerstandskämpfern in Höhlen und von Lohnarbeitern in Fabrikhallen gefertigt. Vielfältig sind auch ihre Einsatzbereiche, und kleine Zellen nutzen sie in den asymmetrischen Kriegen ebenso wie große Armeen.
Anfang Januar 2023 wird eine unbekannte Drohne der
israelischen Armee (IDF) beim Überfliegen des palästinensischen Gazastreifens gesichtet,
die dem Modell gleicht, daß im September des Vorjahres von der Hisbollah
über dem Südlibanon abgeschossen wurde. Dies geschieht
ein weiteres mal Ende Juni, als in der Nähe der Ortschaft Zibqin eine
Drohne abgeschossen wird, die etwa 7 km weit in den libanesischen Luftraum
eingedrungen war.
Die IDF erklären, die Drohne sei während einer „routinemäßigen Überwachungsaktion im Libanon abgestürzt“, ohne näher darauf einzugehen, wie sie abgestürzt ist. Die Quadrokopter-Drohne wird nun als Modell ARC 1000 des israelischen Unternehmens Colugo identifiziert, die eine Flugreichweite von 100 km und eine Ausdauer von 124 Minuten hat, wobei sie eine Nutzlast von bis zu 2,5 km tragen kann.
Auf dem veröffentlichten Bildmaterial der Hisbollah ist zu sehen, daß die Drohne nur leicht beschädigt ist, was darauf schließen läßt, daß sie entweder mit leichten Schußwaffen oder mit Mitteln der elektronischen Kriegsführung zu Boden gebracht wurde. Die Hisbollah und das libanesische Militär haben in den letzten Jahren mehrere israelische Aufklärungsdrohnen beschossen und oftmals auch abgeschossen.
Ebenfalls im Januar stellt das Rüstungsunternehmen Israel
Aerospace Industries (IAI) einen noch in der Entwicklung
befindlichen handgestützten Flugkörper mit dem Namen Point
Blank vor, der in einem Rucksack mitgeführt und von einem
einzigen Soldaten bedient werden kann. Das System ist ein Hybrid
zwischen einem Flugkörper und Loitering-Munition, der die wichtigsten
Merkmale beider Konzepte in sich vereint. Da die Kampfdrohne jedoch
mit Feststoff-Raketentriebwerken fliegt, soll sie hier nur kurz werden.
Die Point Blank wiegt 6,8 kg, hat eine Spannweite von 80 cm und ist ca. 100 cm lang. Sie ist mit einem optischen Suchkopf ausgestattet, kann aus der Hand des Soldaten starten, bis in einer Höhe von etwa 500 m mit einer Höchstgeschwindigkeit von 286 km/h fliegen, automatisch zurückkehren und vertikal wieder landen. Während Art und Position des Ziels vor dem Angriff bestätigt werden, der mit einem 2 kg schweren Sprengkopf erfolgt, kann sie in der Luft schweben. Die Flugzeit beträgt maximal 18 Minuten.
Die ersten Prototypen werden dem israelischen Verteidigungsministerium zur Erprobung und Bewertung zur Verfügung gestellt. Die IAI erhielt zudem vom US-Verteidigungsministeriums einen Auftrag in Höhe von mehreren Millionen Dollar für die rasche Entwicklung und Auslieferung von ROC-X, einer Version der Point Blank, die den Anforderungen der US-Armee entspricht.
In Syrien erfolgen in diesem Monat weitere Angriffe
auf die illegale US-Militärbasis Al-Tanf an der syrisch-irakischen
Grenze, wo rund 200 US-Soldaten stationiert sind. Zwei Drohnen werden
abgeschossen, eine schlägt in einem Gebäude auf dem Gelände des Stützpunkts
ein. Es gibt mehrere Verletzte, andere Quellen berichten von mindestens
drei verletzten Kämpfern der sogenannten Freien Armee Syriens, die
mit den USA kollaboriert. Später wird allerdings von drei getöteten
und mehr als 40 verletzten US-Soldaten gesprochen, von denen acht ausgeflogen
werden müssen.
Es ist anfangs unklar, von wem die Attacke ausging. In der Presse wird der stereotype Satz wiederholt, daß wohl „mit dem Iran verbündete Milizen“ dahinterstecken würden, die den Islamischen Revolutionsgarden Irans in Syrien oder Irak angehören. Später übernimmt die Gruppe Al-Warithin, die sich ,Islamischer Widerstand im Irak' nennt, die Verantwortung für den Drohnenangriff und veröffentlicht Filmmaterial, das den Abschuß von drei Selbstmorddrohnen zeigt. Die Gruppe hatte letztes Jahr nach gleichem Muster den Luftwaffenstützpunkt Ali Al Salem in Kuwait angegriffen, wo ebenfalls US-Truppen stationiert sind.
Die USA behaupten, daß sie in Al-Tanf präsent sind, um gegen den IS vorzugehen. Der eigentliche Zweck ist jedoch die Blockade der wichtigen Handelsstraße zwischen Damaskus und Bagdad. Darüber hinaus wird der Stützpunkt als Außenposten zum Sammeln von Informationen und zur Erleichterung israelischer Angriffe auf Syrien genutzt.
Die Angelegenheit eskaliert Ende des Monats durch einen Angriff kleiner Selbstmord-Quadrokopter-Drohnen auf einen militärischen Industriekomplex in der zentraliranischen Stadt Isfahan, die vom iranischem Hoheitsgebiet aus gestartet werden. Eine der Drohnen wird durch den Beschuß der Luftabwehr abgewehrt, während die beiden anderen in den Abwehrfallen des Komplexes hängen bleiben und explodieren. Für diesen und eine Reihe weiterer Anschläge gegen den Iran und Syrien werden die USA und Israel verantwortlich gemacht.
Ein weiterer Angriff des irakischen Widerstands auf Al-Tanf erfolgt im Oktober, ebenfalls mit drei Drohnen, nachdem hier im Vormonat eine Übung zur Drohnenabwehr samt Einsätzen aus der Luft abgehalten worden war, bei der auch scharf geschossen wird.
Außerdem werden Raketen- und Drohnenangriffe auf das besetzte syrische Conoco-Gasfeld nordöstlich von Deir Ezzor sowie auf die Stützpunkte Ayn al-Assad und Harir in den Provinzen Anbar und Erbil im Westen und Norden des Irak durchgeführt. Innerhalb einer Woche werden die Stellungen der US-Streitkräfte mindestens dreiundzwanzigmal mit Drohnen und Raketen beschossen, davon vierzehnmal im Irak, wobei dem Central Command (CENTCOM) zufolge 24 Soldaten verwundet werden. Als Reaktion fliegen die USA Luftangriffe auf proiranische Milizen in Ostsyrien.
Ein weiterer Brennpunkt in Syrien ist die Provinz und der Großraum Idlib, wo Mitglieder der militant-islamistischen Miliz Hay’at Tahrir al-Sham (HTS) im September eine Stellung der Syrisch-Arabischen Armee (SAA) auf dem Abu-Ali-Hügel im nördlichen Lattakia mit Drohnen angreifen, bevor sie mit den dortigen Truppen zusammenstoßen. Außerdem werden mehrere Städte und Dörfer im Nordwesten der Provinz Hama von Drohnen der HTS angegriffen, wobei mindestens vier Zivilisten verwundet werden.
Als Reaktion führen russische Kampfflugzeuge eine Reihe von Luftangriffen auf Stellungen der HTS und ihrer Verbündeten durch, während die SAA Artillerieangriffe durchführt. Dabei werden auch Einrichtungen zur Herstellung und Lagerung von Drohnen sowie unterirdische Bunker im Nordwesten von Hama und im Süden von Idlib zerstört. Zudem beginnt die SAA mit dem Einsatz von FPV-Selbstmorddrohnen gegen die HTS und ihre Verbündeten im Großraum Idlib - und schießt zwei gegnerische Drohnen über dem nördlichen Lattakia und eine dritte über dem westlichen Aleppo ab.
Ähnliches geschieht im Oktober, als von der SAA in Aleppo und im ländlichen Hama und Idlib sieben Drohnen abgeschossen werden, die von den lokalen Terrororganisationen gestartet wurden. Letztere führen zudem einen Drohnenangriff auf eine Abschlußfeier der syrischen Militärakademie in der Nähe der Stadt Homs durch, der laut offiziellen Angaben 89 Zivilisten und Militärangehörigen das Leben kostet und mehr als 277 weitere Verletzte hinterläßt, da sich zum Zeitpunkt des Angriffs viele Zivilisten an der Akademie aufhielten, um an der Abschlußfeier ihrer Verwandten und Freunde teilzunehmen.
Der Angriff mit Drohnen, die mit explosiver Munition bestückt waren, erfolgte allerdings mehr als 20 Minuten nachdem der Minister und andere hochrangige Offiziere der SAA die Feier verlassen hatten. Da sich niemand zu dem Anschlag bekennt, wird vermutet, daß es sich entweder um einen Angriff der HTS oder des IS handeln könnte.
Ende des Monats veröffentlicht das syrische Verteidigungsministerium Videomaterial, das zwei Angriffe mit FPV-Selbstmorddrohnen auf Stellungen und Hauptquartiere der Terroristen zeigt, sowie einen weiteren Angriff mit einer bewaffneten Drohne.
Im November werden über dem Gebiet von Idlib, Hama und Aleppo neun, zumeist kleine Selbstmorddrohnen abgeschossen. Eine der Drohnen hat jedoch eine Flügelspannweite von 6 m und trägt einen 100 kg schweren Sprengkopf - wird allerdings von einem Flüssigkeitsraketentriebwerk angetrieben. Im Dezember sind es dann acht angreifende Drohnen, die zerstören werden, um sie daran zu hindern, ihre Ziele zu erreichen.
Ein noch relevanter Brennpunkt ist das besetzte Palästina.
Hier startet die Widerstandsbewegung Hamas im Oktober
vom Boden, von der See und aus der Luft einen Überraschungsangriff
auf Israel, bei dem Tausende von Drohnen auf Siedlungen, Infrastruktur
und Verteidigungsanlagen abgefeuert werden. Israel erklärt daraufhin
umgehend den Kriegszustand und beginnt sein eigenes Drohnensperrfeuer
auf den Gazastreifen.
Die Hamas schickt auch einige Kämpfer mit motorisierten Hängegleitern los, deren leichte Bauweise ihnen hilft, der Radarerfassung zu entgehen. In Israel angekommen, können die Kämpfer den Militärstützpunkt Re’im einnehmen, der eine hohe Zahl von Drohnen- und Überwachungspersonal beherbergt. Dadurch werden viele der israelischen Fähigkeiten zur Drohnenabwehr ausgeschaltet, auch wenn der Stützpunkt später zurückerobert werden kann.
Bei dem palästinensischen Angriff werden mehr als 1.000 Menschen getötet und über 220 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Als Reaktion riegelt Israel diesen noch stärker ab - nachdem bereits 2021 der Bau einer 1 Mrd. $ teuren Sperranlage entlang der Grenze zwischen Israel und Gaza abgeschlossen worden war - und startet massive Luftangriffe, bei denen im Laufe von einem Jahr mehr als 85.000 Tonnen Bomben abgeworfen werden, was etwa 43.000 Tote fordert. In beiden Fällen sind die Opfer größtenteils Zivilisten.
Der Angriff zeigt den effektiven Einsatz von Kampfdrohnen-Schwärmen durch die Hamas, die schon zuvor eine Vielzahl von Drohnen mit unterschiedlichem Erfolg eingesetzt hatte - ebenso wie auch Israel, das allerdings über weitaus ausgefeiltere Drohnen und Überwachungssysteme als die Hamas verfügt.
Neben der Sperranlage wehrt Israel Angriffe mit zehn über das ganze Land verteilte Kurzstrecken-Antigeschützsystemen Iron Dome ab, die Abfangraketen auf Geschosse abfeuern, die eine Bedrohung darstellen. Daneben gibt es ein Hochenergie-Laser-Abfangsystem Iron Beam, das in der Übersicht 2022 vorgestellt wurde. Nun zeigt sich, daß beide Systeme dieselbe Schwachstelle haben: Drohnenschwärme, die sie einfach überforden.
Die nächste Kampfzone liegt in Europa, wo im Krieg
zwischen Russland und der Ukraine immer
mehr Drohnen unterschiedlichster Bauart zum Einsatz kommen, und dies
in einem noch nie dagewesenen Maße. Die Schnelligkeit der Invasion
und die mangelnden Mittel der Ukraine, sich dagegen zu wehren, zwingen
diese dazu, kleine Hobbydrohnen für Aufgaben einzusetzen, für die sie
eigentlich nicht vorgesehen waren. Diese preiswerten und leicht zu
handhabenden Drohnen werden unverzichtbar für die ukrainischen Truppen,
die versuchen, russische Stellungen an der Front auszumachen.
Daneben kommen aber auch kommerzielle Versionen zum Einsatz. So wird im Januar am Rande der Stadt Aksay in der russischen Region Rostow eine ukrainische Shark-Aufklärungsdrohne mit Mitteln der elektronischen Kriegsführung abgeschossen, wie die äußerlich unversehrte Drohne impliziert. Die von Ukrspecsystems entwickelte Shark war im Oktober 2022 erstmals vorgestellt worden, rund sieben Monate nach dem Beginn des Konflikts.
Die kleine Drohne wird mit einem Katapult gestartet und landet mit einem Fallschirm. Sie hat eine Ausdauer von bis zu zwei Stunden, eine Kommunikationsreichweite von 60 km, eine Flughöhe von 2.000 m und eine Reisegeschwindigkeit von 70 - 90 km/h. In der Regel ist sie mit einem elektro-optischen System und einer verschlüsselten Datenverbindung ausgestattet.
Russlands Luftabwehr und elektronische Kriegsführung konnten die Bedrohung durch ukrainische Drohnen bisher weitgehend eindämmen. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums wurden seit Beginn der ,militärischen Sonderoperation in der Ukraine’ mindestens 2.834 feindliche Drohnen abgeschossen. In der Zwischenzeit stellen russische Freiwilligengruppen kleine FPV-Angriffsdrohnen zu Hunderten her.
Das russische Militär hat derweil in den letzten Monaten den Einsatz von Loitering-Munition vom Typ Lancet gegen die Kiewer Streitkräfte ausgeweitet und verbreitet Anfang Januar Videos, die drei Angriffe dokumentieren, bei denen ein Abwehrradar amerikanischer Bauart, ein gepanzertes Fahrzeug und ein modifizierter Geländewagen zerstört werden. Auch diese Kampfdrohnen der Firma AEROSCAN sind in der Übersicht 2022 zu finden, wobei die Lancet-3 inzwischen den Namen Izdeliye-52 trägt, und die größere Version nun Izdeliye-51 heißt. Die Lancet-3 ist ebenso als Product 52 bekannt.
Mitte Juli meldet der Telegram-Kanal Military Summary den vierhundertsten visuell bestätigten Abschuß von ukrainischem Militärgerät durch eine Lancet-Drohne, von der es inzwischen auch eine Version Lancet-5 mit nochmals gesteigerte Reichweite und einen Sprengkopf von mehr als 5 kg gibt. Außerdem wird ein verbessertes Konzept unter dem Namen Product 53 vorgestellt, das statt dem kreuzförmigen Flügelprofil ein kreisförmiges Profil mit einer Neigung von 45° und Klappflügel besitzt, ähnlich der amerikanischen Switchblade 300.
Das Product 53 agiert im Schwarm: Sobald eine Drohne ein Ziel identifiziert hat, teilt sie dies dem Rest des Schwarms mit und ermöglicht so einen koordinierten Angriff. Werden mehrere Ziele identifiziert, so werden alle markierten Ziele aufgeteilt angegriffen und so potentiell eine ganze Fahrzeugkolonne zerstört. Der Drohnenoperator gibt dazu lediglich den Zielquadranten und die zu bekämpfenden Fahrzeugtypen vor.
Die Bekämpfung erfolgt dann autonom und vollautomatisch, wobei das Waffensystem intelligent genug sein soll, um zu erkennen, daß z.B. Flugabwehr- und Radarsysteme eine höhere Priorität haben als z.B. gepanzerte Mannschaftstransporter. Und anders als die Lancets der aktuellen Version wird das Product 53 nicht mehr per Katapult gestartet, sondern aus einem kleinen Startcontainer, der auch als Transportbehälter dient und bis zu vier Kamikaze-Drohnen gleichzeitig in die Luft bringen kann.
Der staatlich kontrollierte Sender Rossiya 1 zeigt ein moderne Produktionsstätte für das Product 53, die in nur acht Wochen in einem ehemaligen Einkaufszentrum errichtet worden war. Kosten soll die Drohne umgerechnet rund 35.000 $. Im August 2023 präsentiert die AEROSCAN das neue Modell der hochpräzisen Izdelie-53 Drohne (o. ZALA Z-53, davor Product 53), die in der Lage ist, ein Ziel nach vordefinierten Parametern selbständig zu erkennen und zu treffen. In einem Video wird gezeigt, daß die Drohne bereits in der Praxis getestet wurde.
Im Februar 2023 unternimmt der US-Satelliteninternetdienst Starlink von SpaceX Schritte,
um die Ukraine im Krieg gegen Russland an der Nutzung des Systems zur
Steuerung von Drohnen zu hindern. Dem Unternehmen zufolge sei die Versorgung
mit dem Netzwerk nie dazu gedacht gewesen, als Waffe für offensive
Zwecke eingesetzt zu werden, sondern darf laut Vertrag nur für die
Bereitstellung von Breitbandinternet für Banken, Krankenhäuser und
die Zivilbevölkerung verwendet werden - allerdings auch für sichere
Kommunikationsverbindungen des Militärs.
Starlink hatte sofort nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar des Vorjahres 5.000 Terminals in die Ukraine geliefert, wobei 3.667 von SpaceX gespendet und die restlichen 1.333 von der U.S. Agency for International Development gekauft worden waren. SpaceX übernahm anfangs auch die Kosten für den Starlink-Betrieb, die rund 20 Mio. $ pro Monat betragen.
Im September war dann aber in der Omega-Bucht in der Nähe der russischen Schwarzmeer-Basis in Sewastopol ein kleines elektrisch betriebenes Boot entdeckt worden, das auf Grund gelaufen war. Der 3,6 m lange Aluminiumrumpf enthielt zwei explosive Kontaktzünder, ein elektrisch-optisches Suchgerät mit Infrarot, einen Elektromotor nebst Wasserstrahlantrieb - sowie eine Starlink-Satellitenantenne.
Später wird Musk beschuldigt, daß die von ihm angeordnete Starlink-Abschaltung der Grund dafür war, daß die Unterwasserdrohn ihre Verbindung verloren und einfach an Land gespült worden sei. Es stellst sich jedoch heraus, daß die betreffenden Starlink-Regionen gar nicht aktiviert waren.
Laut SpaceX habe es zwar eine Notfallanfrage ukrainischer Regierungsbehörden gegeben, Starlink bis nach Sewastopol zu aktivieren, da die offensichtliche Absicht war, den Großteil der dort ankernden russischen Flotte zu versenken. Musk kommentiert selbst: „Wenn ich der Anfrage zugestimmt hätte, wäre SpaceX eindeutig Teil eines bedeutenden kriegerischen Akts und einer Eskalation des Konflikts geworden“. Anderen Quellen zufolge hatte Musk große Angst davor, daß Russland auf den Drohnenangriff mit einem Atomschlag gegen die Ukraine reagieren könnte.
Starlink wird nachweislich von Scharfschützen und zur Koordinierung von Artillerieschlägen genutzt, um die Ziele mittels der von den Drohnen in der Luft übertragenen Echtzeitbilder anzuvisieren.
Zu dieser Zeit sind bereits hunderte von AtlasPRO-Drohnen der Firma Atlas Dynamics im Einsatz, über die ausführlich in der Jahresübersicht 2008 berichtet wird. Mitgründer Ivan Tolchinsky erklärt dazu: „Für uns ist das ein großer Erfolg, denn unser Produkt wurde für genau diese Art von Krieg entwickelt“. Dies bezieht sich auf speziell entwickelte Kommunikationsmittel, die die Wirkung von Störsendern herausfiltern - was aber zu einem weiteren ständigen Kampf führt, die die gegnerische Seite ihre Systeme ständig anpaßt.
Auch ein neues, intelligentes Frequenzsprungsystem, das den Äther scannt, feststellt, welche Frequenzen gestört werden, und automatisch auf eine freie Frequenz umschaltet, wird das Problem nicht dauerhaft lösen. Angesichts der zunehmenden russischen Störungsbemühungen wird daher bezweifelt, daß es noch lange möglich sein wird, konventionelle Drohnen in der Nähe der Frontlinien zu fliegen.
Die Atlas-Drohnen verfügen hingegen über Mesh-Funk, ein System, bei dem jedes Funkgerät ein Knotenpunkt ist, der mit allen anderen Knotenpunkten in der Nähe kommuniziert und ein robustes Netzwerk bildet. Befindet sich eine Drohne z.B. in einem tiefen Tal, kann sie vielleicht nicht direkt mit dem Bediener kommunizieren, wohl aber mit einer anderen Drohne über ihr, die wiederum mit dem Bediener kommuniziert. Falls erforderlich, kann dies über bis zu fünf Sprünge erfolgen. In Zukunft soll die Kapazität des Netzes auf bis zu 50 Drohnen erweitert werden.
Daneben wird an einem ,Ökosystem’ gearbeitet, das verschiedene Arten von Drohnen umfassen wird, die im selben Netz zusammenarbeiten. So könnte beispielsweise eine Starrflüglerdrohne in großer Höhe als Kommunikationsrelais kreisen, darunter eine Mischung aus Multikoptern mit verschiedenen Sensoren oder anderen Fähigkeiten und möglicherweise auch Bodenroboter.
Darüber hinaus plant das Unternehmen, daß die nächste Generation der AtlasPRO nur noch etwa 8.000 € pro Stück kostet - und damit die Hälfte des Preises der jetzigen Drohne. Neben der Ukraine sind die anderen europäischen Militärkunden der Atlas Dynamics die Tschechische Republik, Polen, Deutschland, die Niederlanden und das Vereinigte Königreich.
Außerdem setzt die Ukraine bei einigen Missionen weiterhin die Mugin-5 Drohnen ein, die bereits im vergangenen Sommer erstmals gesichtet wurden und über den chinesischen Onlinemarktplatz Alibaba zu Preisen ab rund 10.000 $ verkauft werden. Die Mugin-5 ist ein ferngesteuertes Motorflugzeug mit einer Spannweite von 5 m und einer Rumpflänge von 3 m, das eine Nutzlast von 25 kg transportieren und bis zu 120 km/h schnell ist. Zur Wahl stehen sowohl elektrische Antriebe als auch Verbrennungsmotoren, mit denen die Flugdauer bis zu sieben Stunden betragen soll.
Besonders viel Presse bekommen die Drohnen aus Pappe, die im März 2023 in einem YouTube-Clip zu sehen sind. Die von den ukrainischen Truppen eingesetzten Fluggeräte werden von dem australischen Unternehmen SYPAQ Systems Pty Ltd. (o. Sypaq Corvo) aus Port Melbourne in Victoria hergestellt, das jeden Monat mindestens 100 der flach verpackten Drohnen an die Ukraine liefert, wie es im Juni 2022 angekündigt und im Rahmen einer im Juli bekanntgegebenen Finanzierungsinitiative der australischen Regierung dann auch umgesetzt wurde.
Das Precision Payload Delivery System (PPDS o. Corvo PPDS) ist eine propellergetriebene Drohne aus dicker, wachsbeschichteter Pappe, die nur mit Klebstoff und Klebeband zusammengebaut werden kann, während die Flügel mit einer Spannweite von 2 m mit strapazierfähigen Gummibändern befestigt werden. Der Karton ist mit Wachs beschichtet, um Flüge bei nassem Wetter zu ermöglichen. Gesteuert wird die Drohne durch ein militärisches Leitsystem, das nach dem Start keine Benutzereingaben mehr erfordert.
Die PPDS-Drohnen, die ja nach technischer Ausstattung zwischen 670 $ und 3.350 $ kosten, wiegen leer 2,4 kg, können je nach Modell eine Nutzlast von 3 - 5 kg tragen, mit 60 km/h bis zu 120 km weit fliegen und selbständig landen. Sie können von Hand oder mit einem Katapult gestartet werden. Eine der wichtigsten Eigenschaften ist, daß sich die Drohnen auf die Größe eines Pizzakartons zusammenfalten und auf einer Palette stapeln lassen, wodurch 24 Stück in einen Container passen.
Die Drohne wurde ursprünglich etwa 2019 als einfache, leicht zu erlernende Drohne konzipiert, die Versorgungsflüge über kurze Strecken für das australische Militär durchführen sollte, das die Drohne bislang aber noch nicht gekauft hat. Dabei sind UAVs aus Pappe unauffälliger als andere Drohnen, denn das Radar erfaßt zwar Dinge wie Elektromotoren, Batterien und Propeller, doch die Pappe selbst ist für Radaranlagen transparent und daher schwerer zu entdecken.
Ende August 2023 melden ukrainische Medien, daß bei einem Angriff auf den Flughafen Kursk-Wostotschny in Russland, der etwa 170 km von der ukrainisch-russischen Grenze entfernt liegt, 16 PPDS eingesetzt worden sind, von denen drei abgeschossen wurden, während die anderen vier Su-30- und eine MiG-29-Maschine, ein S-300-Radar und zwei Pantsir-Luftabwehrsysteme trafen.
Die seit 1992 bestehende SYPAQ Systems, deren Flat-Pack-Design im September mit dem AFR BOSS Most Innovative Award 2023 ausgezeichnet wird, produziert auch eine größere Version des Basismodells: Die PPDS-HL (Heavy Lift) hat eine Flügelspannweite 2,8 m und kommt mit 6 kg Nutzlast 80 km, mit 3 kg Nutzlast sogar 200 km weit. Zudem sind zwei Quadrokopter Corvo Nano und Corvo Alto im Angebot, wie auch ein schubvektorgesteuerter, zweimotoriger VTOL-Nurflügler CorvoX, der als Aufklärungsdrohne im Juli 2024 vom australischen Militär übernommen wird.
Ebenfalls im März 2023 meldet das Forschungsinstitut Vektor der Ruselectronics-Gruppe, einer Tochtergesellschaft des staatlichen russischen Technologiekonzerns Rostec, den Abschluß der erfolgreichen Tests an einem neuen Drohnenabwehrsystem namens Serp-VS5, das damit für die Auslieferung bereit sei. Es kann kleine Drohnen in einem Radius von 360° und einer Entfernung von bis zu 5 km aufspüren und ausschalten.
Um den Steuerungskanal der Drohne zu stören, ihre Kommunikation mit dem Betreiber zu unterbrechen und ihre Navigationsausrüstung zu deaktivieren, so daß sie schließlich abstürzt, verfügt das System über fünf Frequenzbänder von 900 MHz bis 5,8 GHz, mit denen es sowohl gegen zivile als auch gegen militärische Drohnen eingesetzt werden kann.
Russland hatte bereits Anfang des Jahres angegeben, 90 % der ukrainischen Drohnen mit Störsendern ausgeschaltet zu haben. Auch wenn das möglicherweise übertrieben ist, so spricht ein Bericht des britischen Royal United Services Institute for Defence and Security Studies (RUSI) vom Mai 2023 davon, daß Quadrokopter in den ersten Monaten des Krieges an der Frontlinie im Durchschnitt nur drei Flüge überstanden haben, bevor sie gestört und zu Fall gebracht wurden. Aktuell werden jeden Monat 10.000 ukrainische Drohnen durch russische Luftabwehr und elektronische Kampfführung zerstört. Der Bericht mit dem Titel ,Meatgrinder: Russian Tactics in the Second Year of Its Invasion of Ukraine’ ist im Netz einsehbar.
Zwei weitere neue elektronische Drohnenabwehrsysteme werden Ende Juni von der russischen Forschungs- und Produktionsvereinigung Kaysant vorgestellt. Das eine System mit dem Namen Argus-Kupol bietet einen Rundumschutz gegen Drohnen und wurde sowohl in einer stationären als auch in einer mobilen Version entwickelt. Dem Verband zufolge werden bereits mehrere dieser Störsender in der Ukraine eingesetzt. Sie sollen nun in die Massenproduktion gehen.
Das zweite System, Argus-Antifuria, ist für die Abwehr von Langstreckendrohnen gedacht und kann auch sehr große Drohnen bis hin zu Flugzeug abwehren. Es wiegt nur 18 kg und wird auf einem Stativ montiert, auf einem Pick-Up plaziert oder an stationären Beobachtungsposten installiert, um Drohnen in einer Entfernung von bis zu 2 km auszuschalten. An eine 220 V Stromversorgung angeschlossen, kann es rund um die Uhr betrieben werden. Die Erprobung des Prototyps ist für August dieses Jahres geplant, die Massenproduktion wird dann voraussichtlich ab September anlaufen.
Einem Bericht vom August zufolge setzt die Ukraine 3D-gedruckte ,Bonbonbomben’ (o. fliegende Bonbons) ein, die aus einem Behälter, Sprengstoff, Granatsplittern und manchmal anderen Komponenten bestehen und von Quadrokoptern abgeworfen werden.
Diese Ein-Pfund-Sprengkörper enthalten Kupfer und Aluminium, die sich bei der Detonation in heiße Plasmastrahlen verwandeln, die sogar Panzerungen durchdringen können. Eine ukrainische Gruppe um einen Anführer namens Swat stellt im Laufe von vier Monaten über 30.000 Stück dieser 3D-gedruckten Bomben fertig.
Der zynische, euphemistische Begriff Bonbon-Bomben soll sich auf die oft bunte, glänzende Oberfläche beziehen, die optisch an überdimensionale Bonbons erinnert - kann aber auch als eine Form des Galgenhumors verstanden werden.
Eine andere Gruppe druckt Hülsen für 800-Gramm-Antipersonenbomben, die dann mit C4-Sprengstoff gefüllt werden. Diese Bomben werden Zaychyk genannt (Kaninchen). Daneben gibt es noch größere Versionen von 3D-gedruckten Bomben, wie z.B. 6 kg schwere Ausführungen, die ebenfalls von oben auf russische Militärpanzer abgeworfen werden. Es wird geschätzt, daß es in der Ukraine etwa 200 Gruppen gibt, die ebenso viele verschiedene Modelle und Größen von Abwurf-Bomben herstellen.
Ein weiteres Beispiel einer 3D-gedruckten Bombe für Drohnenbetreiber heißt Big Egg und stammt von einer polnischen Freiwilligengruppe namens Wild Bees, die Körper und Schwanz für eine 27-cm-Bombe produzieren und in die Ukraine exportieren.
Im Oktober 2023 schlägt das russische Militär eine
weitere Angriffswelle der Kiewer Streitkräfte zurück, bei der 38 unbemannte
ukrainische Luftfahrzeuge in verschiedenen Regionen abgeschossen und
neutralisiert werden. Die russischen Nachrichtenquellen verbreiteten
Videos, die die Angriffe mit FPV-Selbstmorddrohnen, Lancet-Suchmunition
und hubschraubergestützten Panzerabwehr-Lenkraketen auf ukrainische
Ausrüstungen und Stellungen zeigen.
Einer weiteren Meldung im Oktober zufolge setzt die Ukraine inzwischen Drohnen ein, die Angriffe auch ohne menschliche Kontrolle durchführen. Konkret geht es um die im vergangenen Monat in Dienst gestellte Drohne Saker Scout der ukrainischen Firma Saker aus Kiew, ein Quadrokopter, der mit 3 kg Nutzlast beladen etwa 12 km weit fliegen kann. Die Drohne soll in der Lage sein, selbständig 64 verschiedene russische Militärobjekte aufzuspüren, zu erkennen und anzugreifen, wofür die künstliche Intelligenz, die die Drohne steuert, entsprechend angepaßt wurde.
Das 2021 gegründete Unternehmen hatte die KI ursprünglich für landwirtschaftliche Anwendungen entwickelt. Inzwischen ist das System in der Lage, anhand von Landmarken zu navigieren, auch wenn die Funkkommunikation und GPS gestört werden. Ein Sprecher der Firm bestätigt nun, daß es solche Angriffe bereits gegeben habe, allerdings nur in geringem Umfang.
Der Presse zufolge ist dies vermutlich das erste Mal, daß autonom agierenden Drohnen im realen Kampf eingesetzt wurden, da die Berichte der Vereinten Nationen über autonome Drohnenangriffe in Libyen im Jahr 2020 nicht verifiziert werden konnten. Die damaligen Meldungen darüber kursierten im März 2021 und betrafen Kamikaze-Drohnen vom Modell Kargu-2 des türkischen Herstellers STM.
Der zusammenklappbare Saker Scout, der ein Gebiet selbständig auskundschaften und Informationen zurückliefern kann, ist zudem in das ukrainische Aufklärungssystem Delta integriert, das Daten von Drohnen, Satelliten und anderen Quellen zu einer vollständigen Karte des Gefechtsfelds zusammenführt. Ebenso kann der Saker Scout als Jäger für FPV-Angriffsdrohnenteams fungieren: Die KI agiert dabei als Beobachter, der Ziele ausfindig macht, und gibt automatisch Details an die Betreiber der FPV-Angriffsdrohnen weiter, die ein Ziel überprüfen, bevor sie es angreifen.
Wenn sich das System als ausreichend zuverlässig erweist, könnten in Zukunft viele autonome Kampfdrohnen gleichzeitig eingesetzt werden, ohne daß geschulte Bediener erforderlich sind. Dutzende von Bomberdrohnen könnten gleichzeitig angreifen, immun gegen Störsender und Drohnenabwehrkanonen, um Störsender oder andere Verteidigungsanlagen anzuvisieren und Platz für nachfolgende, bedienergesteuerte Drohnen zu schaffen.
Zwar versuchen viele Aktivisten, diese Art von ,Killerrobotern’ verbieten zu lassen, aber trotz der UN-Diskussionen, die bis ins Jahr 2014 zurückreichen, konnte noch immer kein internationaler Konses erreicht werden. Die Sache soll nun Ende Oktober ein weiteres Mal vor die UN-Generalversammlung gebracht werden. Da die zugrundeliegende Technologie für autonome Angriffe bereits seit einiger Zeit verfügbar ist, könnten bald auch viele andere Unternehmen über vergleichbare Systeme verfügen.
Auch wenn autonome Waffen zunächst auf militärische Ziele wie Panzer und Radaranlagen beschränkt sein mögen, könnten sie in absehbarer Zeit auch für weniger differenzierte Ansätze wie das Anvisieren von Einzelpersonen eingesetzt werden. Die Army of Drones hat der Ukraine jedenfalls schon rund 2.000 KI-fähige Drohnen geliefert, wie das Ministerium für digitale Transformation Anfang Oktober mitteilte.
Der erfolgreiche Einsatz kleiner, leichter und preiswerter Drohnen in diesen Kriegen bedeutet, daß es sie auf Dauer geben wird. Sie Drohnen sind flexibel genug, um fast jede erdenkliche Aufgabe zu erfüllen, und billig genug, damit Armeen weiter mit ihnen experimentieren und die Grenzen des Möglichen ausloten können. Daher ist anzunehmen, daß die äußerst anpassungsfähigen Drohnen in jede Nische der modernen Kriegsführung vordringen werden, während der operative Druck wahrscheinlich beide Kriegsgegner dazu bringen wird, letztlich auch autonome Waffen einzusetzen.
Nach dieser Übersicht der beiden besonderen Kampfzonen folgt nun eine Jahreszusammenfassung der allgemeinen Entwicklungen, die auch die Abwehrmaßnahmen und -technologien umfassen:
Im Februar 2023 berichtet die Presse, daß die U.S.
Army militärische Drohnen nun auch mit Gesichtserkennungssoftware ausstatten
will, wie aus einem Vertrag zwischen der U.S. Air Force und dem in
Seattle ansässigen Unternehmen Realnetworks hervorgeht
- der bereits im Dezember vergangenen Jahres ausgelaufen ist.
Demnach hatte die Firma von der Regierung mehr als 700.000 $ für ein System namens ,Secure Accurate Facial Recognition’ erhalten, das in kleinen, autonomen Flugdrohnen für Sondereinsätze, zur Aufklärung und Identifizierung zum Einsatz kommen soll. Wann die Drohnen einsatzfähig sein werden oder ob sie sogar schon für militärische Operationen verwendet werden, ist nicht bekannt.
Im März wird bekannt, daß die deutsche Bundeswehr
vom Rüstungskonzern Rheinmetall AG 20 - 30 Systeme
des Typs Oerlikon Skyranger kaufen will, die der Abwehr
von Drohnen, Jets und Helikopter dienen.
Das Skyranger-System, auf dessen Einführung Rheinmetall seit Jahren drängt, besteht aus mehreren Einzelelementen, die auf unterschiedliche Fahrzeugen montiert werden: Aufklärungsradar, Raketenwerfer und Revolverkanonen mit 30 oder 35 mm Kaliber, die eine Reichweite von bis zu 3.000 m bzw. bis zu 4.000 m haben.
Die Revolverkanonen haben eine Feuerrate von bis zu 1.000 Schuß pro Minute und verschießen Airburst-Munition, die kurz vor dem Zielobjekt eine Wolke aus Wolfram-Projektilen freisetzt, um Drohnenschwärme zu vernichten. Ein weiterentwickeltes System soll zusätzlich einen Hochenergielaser enthalten, und auch die Integration vertikal abgefeuerter C-PGM-Raketen wird derzeit erforscht.
Die Verträge werden allerdings erst im kommenden Jahr unterzeichnet, weil das Beschaffungsamt „es nicht früher schafft“. Obwohl der Hersteller bereits eine Serienfertigung vorbereitet, wird die Lieferung etliche Jahre in Anspruch nehmen, so daß die ersten Skyranger frühestens 2026 bereitstehen werden. Im Februar 2024 billigt der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages dann die Finanzierung von 19 Flugabwehrkanonenpanzern Skyranger 30, von denen einer später als Referenzexemplar im Rüstungsbereich verbleiben soll. Dazu gehören auch noch je acht Nachladefahrzeuge und Werkstattausstattungen sowie ein On-Board-Simulator für jedes der 18 Serienfahrzeuge.
Im April führt Rheinmetall in einem Video eine auf der unbemannten Aufklärungsdrohne LUNA NG (Luftgestützte Unbemannte Nahaufklärungs-Ausstattung der Nächsten Generation) basierenden Drohne vor, die als Trägerdrohne für mehrere, mit Granaten bestückte Multikopter dient.
Die von Kraftstoff angetriebene Rheinmetall Combat Drone wurde ab 2010 von dem bayerischen Hersteller EMT Penzberg entwickelt, der nach seiner Insolvenz im Jahr 2021 für 32 Mio. € von der Rheinmetall übernommen worden ist. Die Drohne wird vom Katapult aus gestartet, hat eine Spannweite von 5,30 m, ein maximales Abfluggewicht von 100 kg, und kann je nach Nutzlast bis zu 12 Stunden in der Luft bleiben und bis zu 100 km weit fliegen.
Die passende ausstoßbare Munition entwickelt Rheinmetall in Kooperation mit der israelischen Firma UVision seit Oktober 2021 unter dem Namen HERO-R, wobei die Systeme von der italienische Rheinmetall-Tochter RWM Italia S.p.A. hergestellt werden. Die intelligente Loitering Munition - oder in Deutsch: ferngesteuerte luftgestützte Präzisions-Abrufmunition - soll feindliche Kampfmittel aufklären, ansteuern und zerstören sowie Gegner töten. Die Drohne wird als tragbare Drehflügler-Munition für den Einsatz in Nahkampfsituationen bezeichnet.
Die ursprünglich Wasp bzw. Blade Arrow genannten Drohnen wurden 2013 unter der gemeinsamen Bezeichnung HERO zusammengeführt - und werden inzwischen in mindestens zehn Varianten hergestellt, von tragbaren, elektrisch betriebenen Manpac-Kamikazedrohnen mit einer Reichweite von 10 km und einer Sprengstoffmenge von 0,2 kg (HERO-20), bis hin zu benzinbetriebenen Langstrecken-Drohnen (HERO-1250), die 50 kg Sprengstoff über 200 km weit transportieren können. Fünf dieser Varianten werden von Rheinmetall vermarktet.
Als erster Kunde bestellt ein ungenannter europäischer NATO-Partner im Juli 2022 die HERO-30 Kampfmunition, die mittels Druckluft aus einem Rohr abgeschossen wird, im Flug dann ihre schwenkbaren Flügel ausklappt und bis zu 30 Minuten über ihrem Ziel kreisen kann, angetrieben von einem geräuscharmen Elektromotor.
In dem erwähnten Rheinmetall-Video sind mehrere Hero-R-Quadrokopter mit Sprengmitteln zu sehen, die von dem größeren Starrflügler in der Luft ausgestoßen werden, um zu einem Funkmast bzw. zu einer Scheune zu fliegen, in der gerade ein gepanzertes Fahrzeug versteckt werden soll, und beide Ziele zu zerstören. Die Verweildauer über gegnerischem Gebiet wird mit bis zu zehn Minuten angegeben, und die abgeworfenen Drehflügler-Granaten stürzen sich mit 70 km/h ins Ziel.
Hierfür war die Luna NG angepaßt worden, die nun bis zu 150 km/h schnell fliegt und eine maximale Reichweite von über 150 km hat. Sie kann rund 12 Stunden in der Luft bleiben und dabei bis zu acht Loitering-Drohnen ins Zielgebiet transportieren, bevor sie nach deren Aussetzen zu ihrer Truppe zurückkehrt. Derzeit ist die Rheinmetall Combat Drone allerdings nur ein ,Proof of Concept’ und die verwendeten Komponenten befinden sich noch in unterschiedlichen Entwicklungsständen.
In diesem Zusammenhang sollte noch erwähnt werden, daß Rheinmetall bereits in den Nullerjahren an Loitering-Munition geforscht hat, ein serienreifes Produkt entstand daraus aber nicht. Das damals anvisierte System WABEP (Wirkmittel zur Abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und Punktzielen), dessen Einsatzbereitschaft ab 2013 anvisiert war, sollte aus zwei verschiedenen Flugdrohnen bestehen, die aber getrennt voneinander unterwegs sind: Ein ,Kleinflugzeug Zielortung’ sollte die militärische Aufklärung übernehmen und Ziele markieren, die dann mit Kamikazedrohnen des israelischen Konzerns IAI zerstört werden sollten, die später im Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien eine Schlüsselrolle gespielt haben.
Das Verteidigungsministerium wollte eigentlich zwei Systeme mit jeweils 42 Kamikazedrohnen plus Bodenstationen beschaffen, entschied sich jedoch am Ende dagegen - da die Entwicklung sieben Jahre gedauert hatte und bei ihrer Einführung 2019 technisch veraltet gewesen wäre.
Im April 2023 meldet die Presse verdächtige Drohnenflüge über Militärbasen der Bundeswehr, die seit einigen Monaten bemerkt werden. In Reaktion auf die Vorfälle will die Bundeswehr noch umfangreicher in Anti-Drohnen-Gegenmaßnahmen investieren.
Derzeit wird zur Drohnenabwehr der HP-47 3/V4 Effektor-Störsender (o. Effektor HP47+) genutzt, der aus zwei portablen Jammer-Kanonen und stationärer Sensorik besteht und ursprünglich für den UN-Einsatz in Mali im Jahre 2017/2018 beschafft wurde. Der schultergestützte Störsender hat eine Länge von 113 cm und ein Gewicht von 8,5 kg. Im Juni 2019 bekam das Unternehmen dann den Zuschlag über die Lieferung von 30 weiteren Geräten.
Der HP-47 stört auf drei Arten: Zum einen unterdrückt er das Global Navigation Satellite System (GNSS) Signal, wodurch die Drohne nicht mehr über GPS gesteuert werden kann. Bei der zweiten Störvariante wird die Verbindung zwischen Drohne und Fernsteuerung unterbrochen, während die dritte Einsatzmöglichkeit das Senden von GNSS- und RC-Störsignalen ist. In diesem Fall wird die Drohne umgehend eine Notlandung einleiten, da sie den Weg zu ihrem Startpunkt nicht mehr findet.
Tatsächlich genutzt wurden die Geräte aber erst in zwei Fällen. Bei einem dieser Einsätze hatten Berliner AktivistInnen des Netzwerks Seebrücke Mitte Mai 2019 dem Molecule Man, einem großes Denkmal in der Spree, eine 6 x 9 m große Rettungsweste angezogen und mit einer Drohne die Aktion gefilmt, die als Zeichen der Solidarität mit der Iuventa10 gedacht ist, deren Crew wegen ihrer Seenotrettungsaktionen im Mittelmeer 20 Jahre Haft drohen. Aufnahmen davon finden sich auf YouTube (Aktion Molecule Man | Die ganze Aktion wakEUpnow | Seebrücke).
Auf Pressefotos ist zu erkennen, daß das BKA mit einem Störsender HP 47 hantiert, um gegen die ungenehmigt fliegende Drohne vorzugehen, jedoch ohne Erfolg, wie das Bundesministerium des Innern später zugibt. Das BKA konnte weder des Fluggeräts noch der Piloten habhaft werden. Auch der zweite, nicht näher bezeichnete Einsatz der BKA-Drohnenabwehr verlief demnach erfolglos. Offiziell klingt dies dann so: „In beiden Einsatzfällen wurde mittels eines schultergestützten Störsenders gegen eine anfliegende Drohne interveniert. Nach Einsatz des Störsenders wurde der Anflug der Drohnen augenscheinlich gestoppt und die Drohnen leiteten einen Rückflug ein, weshalb zur weiteren Reaktion und Landung der Drohnen keine Erkenntnisse vorliegen.“
Über weitere ungeklärte Vorfälle, die diesmal den Truppenübungsplatz Altengrabow (Jerichower Land) in Sachsen-Anhalt betreffen, wird im Juni berichtet. Die verdächtigen Flugobjekte stiegen dort zumeist in der Dunkelheit zwischen 22 Uhr und Mitternacht auf. Laut dem Führungskommando hat es im laufenden Jahr auch an anderen Bundeswehrstandorten eine hohe zweistellige Zahl an Drohnenmeldungen gegeben.
Auf Anfrage des AfD-Bundestagsabgeordneten Rainer Kraft antwortet das Bundesministerium der Verteidigung im September 2023: „Seit 2020 wurden 206 ungenehmigte Überflüge von Drohnen über Kasernen der Bundeswehr gemeldet (Stand: 15. September 2023). In acht Fällen konnten insgesamt zehn bedienende Personen ausfindig gemacht werden.“
Ende August 2023 schließt das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) mit der H.P. Marketing & Consulting Wüst GmbH (HP) eine Rahmenvereinbarung über die Lieferung von Effektoren des Typs HP V4, HP V5 sowie Adaptern.
Ebenfalls im April 2023 führen die Vereinigten Staaten,
Großbritannien und Australien im Rahmen des seit 2021 bestehenden
trilateralen Sicherheitsabkommens AUKUS eine Übung
im englischen Salisbury Plain durch, um erstmals Drohnen mit gemeinsam
entwickelten autonomen Systemen und künstlicher Intelligenz zu testen,
die nicht nur in der Lage sind, militärische Ziele aufzuspüren und
zu verfolgen, sondern auch, sich während des Fluges auf veränderte
Aufgaben einzustellen.
An der Übung nehmen über 70 militärische und zivile Verteidigungsexperten, Berater und Auftragnehmer aus der Industrie teil, sowie eine Vielzahl von Luft- und Bodenfahrzeugen. Ziel ist es, robuste, vertrauenswürdige KI- und Autonomiesysteme zu entwickeln, die es Drohnen ermöglichen, in einem kollaborativen Schwarm autonom und in Echtzeit in einer realistischen Umgebung zu agieren.
Neben mehreren gepanzerten Fahrzeugen sind ein unbemanntes Bodenfahrzeug Viking (UGV) sowie die unbemannten Flugdrohnen Ghost der britischen Firma BlueBear Systems Research Ltd. (die im August von Saab UK Ltd. übernommen wird), sowie das Modell CT220 der US-Firma Boeing/Insitu Pacific beteiligt. In beiden Fällen lassen sich jedoch keine Informationen über das Antriebssystem finden.
Die BlueBear (BB) hatte bereits im April 2020 über die erfolgreiche Demonstration einer vollständig autonomen Gruppe mehrerer Drohnenschwärme unter BVLOS-Bedingungen (Beyond Visual Line of Sight) berichtet. Diese Technologie ermöglicht komplexe Drohneneinsätze, bei denen mehrere Geräte unter der Kontrolle eines einzigen Nutzers gleichzeitig Aufgaben ausführen können, um einen Schwarm-Effekt zu erzeugen.
Die fünf Starrflügler-Drohnen haben an vier Tagen 15 Stunden Flugzeit bei schwierigen Wetterbedingungen absolviert. Der Schwarm bestand aus einer Kombination von Redkite- und Cobra-Starrflüglern, die von einem Testgelände im Nordwesten Englands aus mehrere gleichzeitige Einsätze flogen.
Im Juli wurde dann ein heterogener 12-Drohnen-Schwarm vorgeführt, der aus fünf verschiedenen Typen und Größen von BlueBear-Starrflüglerdrohnen besteht, darunter die VTOL-Starrflüglerdrohne Ghost/Modular Ghost, die konventionellen Starrflüglerdrohnen RedKite und Cobra sowie der kleine, aus der Hand startende Flat Pack Quadrokopter. Und im Oktober folgte der gleichzeitige Start von sieben UAS mit einer Remote-Start-Technologie, die es einem fernsteuernden Operator ermöglicht, praktisch überall auf der Welt eine Flotte von Drohnen zu starten und in individuelle oder kooperative Schwarmmissionen zu führen.
Im Juli 2023 beauftragt das britische Defence Science Technology Laboratory (DSTL) die Firmen BlueBear und SeeByte Ltd. mit der Entwicklung einer sicheren See- und Luftdrohnen-Schwarmarchitektur (Mixed Multi-Domain Swarms, MMDS). Die erste Phase ist ein 12-monatiges Forschungsprogramm, bei dem die SeeByte die Zusammenarbeit anführt und ihr Wissen über maritime Autonomie im Oberflächen- und Unterwasserbereich einbringt.
Auch bei dem AUKUS-Projekt Convergence 2024 werden Technologien für autonome Schwärme von unbemannten Systemen einen Monat lang getestet. Diesmal nimmt in den USA ein Team von 40 Spezialisten von BlueBear daran teil, zusammen mit Experten des DSTL, das den Stand der Interoperabilität durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz in Schwärmen von unbemannten Flugsystemen demonstriert.
Im Juni 2023 erscheinen Berichte darüber, daß die britische Armee 4,6 Mio. £ investiert hat, um die Infanterie mit dem intelligenten Waffenzielfernrohr-Feuerleitsystem SMASH (o. SMASH Handheld) auszustatten. Dabei handelt es sich um ein elektro-optisches Gewehrvisier, das es den Soldaten ermöglicht, Drohnen im Flug automatisch zu erfassen. Das 740 g schwere Zielgerät ist so konzipiert, daß es wie ein Standardvisier auf das SA80 A3-Sturmgewehr und andere individuelle Dienstwaffen paßt.
Zur Abwehr von Mikro- und Minidrohnen enthält SMASH einen Bildprozessor, der mit künstlicher Intelligenz eine Drohne identifiziert und anvisiert, wenn sie sich im Sichtfeld befindet. Anschließend zeichnet es einen Rahmen um das Ziel. Wenn das Visier richtig ausgerichtet ist, kann das Gewehr mit erheblich erhöhter Wahrscheinlichkeit feuern, die Drohne zu zerstören. Es kann aber auch in einem ferngesteuerten Feuerleitsystem namens SMASH HOPPER eingesetzt werden.
Bislang wurden die neuen Zielgeräte vom 2. YORKS-Bataillon der Armee getestet. Im Rahmen des aktuellen Vertrags werden bis Ende des Jahres 225 SMASH-Zielgeräte an Einheiten in der gesamten britischen Armee geliefert. In den nächsten Jahren sollen dann weitere Visiere für die übrige Armee, die Royal Navy und die RAF folgen.
Etwas nebulös sind die Informationen über den Hersteller der Geräte. In den Presseberichten ist von der in Yorkshire ansässigen Firma Viking Arms Ltd. als Lieferant die Rede, doch eine kurze Recherche zeigt, daß die Visiere tatsächlich von der 2011 gegründeten israelischen Firma SmartShooter Ltd. im Kibbutz Yagur stammen. Im deutschen Sprachraum ist die Firma IEA Mil-Optics GmbH aus Nagold für den Vertrieb der Geräte zuständig.
Neben dem Basis-Modell SMASH 2000 gibt es ein SMASH 2000 PLUS mit einem Abwehrmodus, der die kinetische Ausschaltung kleiner, niedrig fliegender Drohnen ermöglicht; das SMASH AD mit einem integrierten Laserentfernungsmesser, das auch Zielinformationen von einem externen Sensor, Radar oder Detektionssystem empfangen und anzeigen kann; das SMASH 2000L (3000) mit erheblich reduzierter Größe und geringerem Gewicht; sowie die neueste Version SMASH X4, die ein optisches Zielfernrohr mit 4-facher Vergrößerung beinhaltet.
Außerdem stellt sich heraus, daß die indische Marine zum Schutz vor Drohnenangriffen bereits Ende 2020 Zielgeräte vom Typ SMASH 2000 angeschafft hat. Zudem werden die Visiere von den USA und Deutschland eingesetzt - ebenso wie dann zu Tausenden beim Krieg gegen die Hamas Ende 2023.
Besonders interessant - und beunruhigend - ist, daß die SmartShooter mit dem SMASH Dragon auch eine Roboter-Waffentraglast mit ,One Shot - One Hit’-Fähigkeit anbietet, die auf verschiedenen kleinen Drohnen und anderen unbemannten Fluggeräten montiert werden kann.
Dabei lenken Echtzeit-Feuerleitalgorithmen die Zielerfassung der Waffe und steuern den Schuß genau, um einen präzisen Treffer zu erzielen. In der Produktbeschreibung heiß es dazu: „Das System ist einzigartig dafür ausgelegt, unbekannte Ziele in einer unbekannten Umgebung Tag und Nacht zu erfassen, zu verfolgen und zu treffen - unabhängig davon, ob sie statisch oder dynamisch sind.“
Als Reaktion auf internationale Kritik insbesondere aus den USA kündigt China im
August 2023 neue Exportkontrollen für Drohnen an,
die als potentiell gefährlich erachtet werden, weil sie für den militärischen
Gebrauch umgerüstet werden können, ebenso wie für besonders leistungsfähige
Drohnenantriebe, Laser und Kommunikationsgeräte. Auch Anti-Drohnen-Systeme
sollen unter die neuen Vorschriften fallen, die nach Angaben des chinesischen
Handelsministeriums im Folgemonat in Kraft treten.
Ende September zeigt die britische Firma ISS Aerospace auf der Defence and Security Equipment International (DSEI) in London den funktionsfähigen Prototyp des taktischen Quadrokopters WASP M4-TL, der sich zusammenklappen und mit einer Rakete starten läßt. Das Unternehmen bietet bereits mehrere Multikopter der Modellreihe Sensus an, die für industrielle und militärische Zwecke eingesetzt werden.
Wenn er nicht in Gebrauch ist, wird der WASP mit seinen vier Propellerarmen in seinem zylindrischen Körper zusammengeklappt gelagert bzw. transportiert. Dieser Körper wird wiederum in einen tragbaren Raketenwerfer geladen, der von einer Person bedient werden kann, oder ferngesteuert, wenn er auf einem Schiff, Bodenfahrzeug oder an einem anderen Ort montiert ist. Wird der Raketenwerfer ausgelöst, schießt ein kleines Raketentriebwerk am Heck den WASP aus dem Rohr heraus, woraufhin seine Arme an den Seiten ausklappen und einen regulären Flug im Stil eines batteriebetriebenen Quadrokopters ermöglichen.
Der 4,9 kg schwere WASP mißt zusammengeklappt 550 mm in der Länge und 138 mm in der Breite und ist mit einer kardanisch aufgehängten elektro-optischen/Infrarotkamera mit Entfernungsmesser ausgestattet. Er verfügt über ein modulares Nutzlastsystem, das mit bis zu 1,5 kg Fracht beladen werden kann, die sich bis zu 24 km weit zustellen läßt. Eine Ladung der Batterie reicht mit voller Fracht für 20 Minuten Flugzeit, leer sollen es 30 Minuten sein. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt dabei 25 m/s.
Zur Erinnerung: In den letzten Jahren gab es bereits einige Drohnen mit klappbaren Flügeln, die sich schnell und einfach aus einem Rohr oder Kanister starten lassen, wie z.B. die Switchblade und die Blackwing von AeroVironment von 2011, die Starrflüglerdrohne Locust der Advanced Ceramics Research Inc. aus dem Jahr 2015, die Outrider von Lockheed Martin 2017, oder die Multirotor-Drohne Nomad (Netted Offboard Miniature Active Decoy) der U.S. Navy, die erstmals 2018 öffentlich vorgestellt wurde.
Überraschenderweise werden in diesem Jahr so gut wie keine Zwischenfälle mit Drohnen gemeldet, weder in Deutschland, noch im Ausland.
Eine Ausnahme bildet im Juni 2023 der Hobby-Quadrokopter, der aus ungeklärten Umständen in einer Rinne in 270 m Höhe an der Kuppel des Berliner Fernsehturms hängen bleibt. Ein Jugendlicher hatte seine Drohne illegalerweise dort fliegen lassen - aber dann selber die Polizei angerufen, die wiederum die Feuerwehr informierte.
Die Umgebung des Fernsehturms wird abgesperrt und mit Hilfe von Drohnen der Feuerwehr wird die Lage aus der Vogelperspektive eingeschätzt, bevor das havarierte kleine Fluggerät von der Höhenrettung geborgen wird.
Im September lenkt ein junger bosnischer Mann, dessen Familie zum Teil
bei dem Massaker von Ahmići während des Jugoslawienkriegs ums Leben
gekommen war, auf seinem Rachefeldzug eine mit einer Pistole bewaffnete
Drohne über die Straßen von Zürich - allerdings nur in einem Tatort,
einer Folge der bekannten Krimi-Reihe, die in diesem Monat ausgestrahlt
wird.
Weiter mit den Elektro- und Solarfluggeräten...