Blättern |
Zu den Elektromobilen, deren Geschichte ich nachfolgend präsentiere,
zählen neben Elektro-Autos auch Rennwagen, Busse, Transporter, Motorräder,
Mofas und Fahrräder. Anschließend stelle ich auch Elektroschiffe, Flugzeuge,
Ballone, Luftschiffe und Weltraum-Solarsegel vor. Eine Inhaltsübersicht
findet sich hier im
Anschluß an die verschiedenen Batterietypen.
Ich habe mich entschlossen, so ausführlich darüber zu berichten, da das Thema Mobilität augenscheinlich äußerst wichtig ist: Der zweitgrößte Stapel von Zeitungsausrissen, den ich im Laufe der vergangenen 35 Jahre gesammelt habe, besteht aus Berichten über Elektromobile im weitesten Sinne (der größte Stapel betrifft die Nutzung der Solarenergie). Außerdem gibt es noch jene E-Mobile, die ihren ‚Treibstoff’ während der Fahrt mittels Solarzellen nachladen. Ich behandele diese Solarmobile in diesem Kapitel (und nicht unter Solarenergie), weil sie fast ausnahmslos mit Batterien ausgestattet sind, um auch ohne direkte Sonneneinstrahlung oder nächtens fahren zu können.
Auf die lange Geschichte elektrisch betriebener Eisenbahnen sowie Straßenbahnen und Trolleybusse mit elektrischen Oberleitungen werde ich nur kurz eingehen. Der weltweit erste Einsatz einer elektrischen Bahn erfolgte durch Siemens & Halske 1881 in Berlin – gleichzeitig mit der Einführung der ersten elektrischen Straßenbahnen in Paris und ebenfalls Berlin. Ausführlicher schildere ich dafür die Entwicklung elektrisch betriebener, oftmals auch fahrerloser öffentlicher Verkehrsmittel – in dem Kapitel Elektrozüge und PRT-Systeme.
Weitere Mobilitätskonzepte mit alternativen ,Antriebsmitteln’ behandle ich in den jeweiligen Kapiteln Muskelkraft, Wasserstoff und Brennstoffzelle, Synthetische Kraftstoffe (Biodiesel, Ethanol und Methanol), Druckluft und Wind.
Über das sogenannte ‚3-Liter-Auto’ oder das ‚1-Liter-Auto’ werde ich jedoch nicht berichten, da es sich bei diesen Technologien nur um eine schon lange mögliche Verbrauchsreduzierung fossiler Brennstoffe handelt. Deren Verbrennungsmotoren haben hier jedoch nichts zu suchen. Eine Ausnahme bilden die mit zusätzlichen Elektromotoren ausgestatteten Hybridfahrzeuge, obwohl ich nicht so recht weiß, ob diese ‚Übergangstechnologie’ heute überhaupt noch Sinn macht (außer für die Auto- und Treibstoffindustrie), wenn man das gewaltige Spektrum der anderen uns bereits zur Verfügung stehenden Möglichkeiten in Betracht zieht.
Wie wichtig eine Wende im Verkehrswesen tatsächlich ist, zeigt ein Diagramm des Lawrence Livermore National Laboratory, das anschließend unter der Überschrift „We Don’t Have an Energy Crisis, We Have a Transportation Crisis“ kursierte.
Es handelt sich um die Flüsse des Energieverbrauchs der USA im Jahr 2008. Aus dem breitesten Input-Strom (Erdöl, grün) ergeben sich aus dem größten Verbraucher Transport der fast schmalste Strom an Nutzen (dunkelgrau) sowie die zweigrößte Menge an Verlusten (hellgrau). Ähnliche Fließdiagramme mit ebenso ähnlichen Aussagen lassen sich auch für andere Länder finden.
Das am häufigsten vorgebrachte Argument gegen Elektrofahrzeuge, daß ihre Reichweite für einen tagtäglichen Einsatz viel zu gering sei, kann mit Fakten zurückgewiesen werden wie beispielsweise, daß rund zwei Drittel aller Kfz-Fahrten im deutschen Individualverkehr sowieso kürzer als 50 km sind.
Andere Quellen sprechen davon, daß 65 % aller Fahrten zwischen 20 km und 100 km liegen. In der Schweiz sollen sogar 90 % aller Autofahrten kürzer als 25 km sein. Außerdem fahren im Durchschnitt nur 1,2 Personen in den meist 4- oder 5-sitzigen Fahrzeugen.
1992 werden als durchschnittlicher Fahrweg pro Auto 42 km angegeben, und man berechnet, daß mehr als 70 % aller in Deutschland gefahrenen Kilometer sogenannter ‚BESS-Traffic’ sind: Beruf, Einkauf, Schule und Spaß, wobei die Entfernungen hier zwischen 7 und 17 km liegen.
1996 veröffentlicht die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH) eine Studie, der zufolge 38 % aller Fahrstrecken kürzer als 5 km sind, 75 % aller Fahrten nach 20 km beendet sind, und nur 5 % aller privaten Autofahrer mehr als 50 km ohne Unterbrechung fahren.
Daß es auch in den USA nicht allzuviel anders ist, belegt die 2003 veröffentlichte Studie National Highway Travel Survey, der zufolge rund 80 % aller Fahrten im Land unter 65 km weit sind.
In Österreich sind einer Untersuchung des Österreichischen Lebensministeriums (!) von 2006 zufolge 25 % aller Autofahrten kürzer als 2 km, und 50 % aller Autofahrten sind kürzer als 5 km.
2009 veröffentlicht die Sächsische Energieagentur, daß im Durchschnitt 60 % der alltäglichen Wegstrecken kürzer als 5 Kilometer sind, während 10 % aller Autofahrten sogar schon nach weniger als 1 km enden. Eine solche Liste läßt sich beliebig erweitern, um dieselbe Aussage immer wieder zu bestätigen: Es gibt kein Reichweitenproblem.
Werfen wir nun also einen Blick auf die Geschichte der elektrischen Mobilität – im Kontext der entsprechenden technologischen Entwicklungen.
Es wird angenommen, daß der erste Schritt in Richtung eines Hybrid-Fahrzeugs durch den Jesuiten Ferdinand Verbiest unternommen wird, der im Jahre 1665 (o. 1672) an Plänen für ein einfaches fünfrädriges Fahrzeug sitzt, das mit Dampf betrieben oder von einem Pferd gezogen werden kann. Verbiest, der seit 1659 in China lebt, arbeitet zwar über fünfzehn Jahre lang an der Verbesserung seiner Schöpfung, es gibt jedoch keinen Beweis dafür, daß sein Hybrid-Fahrzeug tatsächlich gebaut wurde – auch nicht als 65 cm langes Spielzeug für den jungen chinesischen Kaiser Enkh Amgalan Khaan.
Eine mit Dampfkraft betrieben Kutsche, die auch wirklich funktioniert, entwickelt Nicholas Cugnot im Jahr 1769. Immerhin erreicht das dann von M. Brezin konstruierte Gefährt eine Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h. Das Projekt führt allerdings zu keinen Innovationen im Massentransport, da es noch sehr schwierig ist genügend Dampf für längere Strecken zu erzeugen.
Das wesentlichste Element eines Elektroautos, der Motor nämlich, beruht auf der Entdeckung des Elektromagnetismus durch den dänischen Physiker und Chemiker Hans Oersted 1820. Weitere Innovatoren, deren Kreativität in diese Entwicklung mit einfließt, sind William Sturgeon, Joseph Henry, Andre Marie Ampere, Michael, Thomas Davenport und andere. Auf Faraday geht denn auch die erste erfolgreiche Präsentation eines Elektromotors im Jahr 1821 zurück. Eine wunderbare Sammlung verschiedenster Elektromotoren aus der Anfangszeit dieser Technologie präsentiert das Sparkmuseum des Sammlers John Jenkins.
1825 erreicht das Dampfmaschinen-Auto des britischen Erfinders Sir Goldsworthy Gurney eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 14 km/h, eine Rundfahrt über 136 km dauert rund 10 Stunden.
Es gibt verschiedene Quellen, die darauf hindeuten, daß das erste Elektrofahrzeug mit einer wieder aufladbaren Batterie von Robert Anderson in Aberdeen, Schottland, gebaut wird, im Jahr 1839. Das Elektroauto wäre damit 47 Jahre vor den Benzinautomobilen erfunden worden, die erstmals 1886 über die damaligen Straßen rollten – unabhängig voneinander erfunden von Carl Benz und Gottlieb Daimler.
Der Amerikaner Thomas Davenport baut das erste Elektroauto mit einer nicht wieder aufladbaren Batterie sogar schon 1834.
Ein weiterer, kleiner elektrischer Wagen wird von Prof. Stratingh im holländischen Groningen entwickelt und von dessen Assistenten Christopher Becker 1835 auch gebaut. Der Schotte Robert Davidson stellt um 1842 ein von ihm erfundenes Fahrzeug vor, das nichtwiederaufladbare Batterien nutzt. Der Amerikaner Moses Farmer folgt 1847 mit einem Elektroauto für zwei Passagiere, während ein Charles B. Page mit seinem elektrisch angetriebenen Fahrzeug zur gleichen Zeit bereits eine Geschwindigkeit von 31 km/h erreicht.
Ende des 18. Jahrhunderts besteht erstmals die Chance, den Personen-Nahverkehr vollständig mit Elektrofahrzeugen abzuwickeln, denn die Einführung von Batterien erfolgt bereits im Jahre 1860. Der Franzose Gaston Plante erfindet 1865 eine bessere Batterie, welche später die Basis für die Entwicklung einer aufladbaren Batterie durch dessen Landsmann Camille Faure im Jahr 1881 bildet. Über das Thema Energiespeicherung in Batterien gibt es im Buch der Synergie ein eigenes Kapitel.
Sir David Salomo hat 1870 für seine Elektrokutsche zwar schon einen leichteren Motor zur Verfügung, ist aber immer noch mit dem Problem konfrontiert, eine ebenso möglichst leichte Batterie zu entwickeln, die auch noch einfach wieder aufgeladen werden kann. Die sehr begrenzte Reichweite und ein kostspieliges Verfahren zum Aufladen verhindern eine breite Umsetzung seiner Idee.
Das erste ‚offiziell’ anerkannte Elektrofahrzeug stammt von M. Gustave Trouvé in Paris aus dem Jahr 1881 (und wird oft mit dem nachfolgenden Fahrzeug von Ayrton und Perry verwechselt). Es handelt sich um ein Dreirad (Tricycle) mit einem wieder aufladbaren Blei-Akkumulator, das eine Geschwindigkeit bis zu 12 km/h erreicht - und sogar schon zwei Lichter besitzt.
Der Physiker beschäftigt sich neben vielem anderen auch mit einem Flügelschlag-Flieger, der 1870, durch mehrere Ladungen Büchsen-Pulver angetrieben, immerhin 70 m weit fliegt. Außerdem entwickelt Trouvé um 1882 den ersten elektrischen Außenbordmotor für Boote, und 1887 arbeitet er an einem Hubschrauber mit selbstentwickeltem Elektromotor. Auch über Elektroschiffe bzw. Elektroflieger gibt es hier eigene Kapitel.
Ein Jahr später bauen zwei englische Professoren, William Edward Ayrton und John Perry, das zweite Elektroauto. Dieses ebenfalls dreirädrige Fahrzeug hat eine Reichweite bis zu 40 km und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von ca. 14 km/h. Im selben Jahr 1882 soll auch durch Berlin ein erstes Elektroauto gefahren sein, das sich äußerlich allerdings sehr von den amerikanischen Modellen unterschied.
1883 gründet Karl Benz seine erste Firma, und schon 1885 baut er sein erstes, von einem Otto-Benzinmotor angetriebenes Auto, das er sich auch umgehend patentieren läßt. Der ‚Benz Patent-Motorwagen Nummer 1’ aus dem Jahr 1886 gilt gemeinhin als erstes Automobil. Andere deutsche Ingenieure wie Gottlieb Daimler, Wilhelm Maybach und Siegfried Marcus arbeiten ebenfalls an Brennkraftmaschinen für den mobilen Einsatz.
Als weltweit erstes Motorrad gilt der ,Reitwagen’ von Daimler aus dem Jahr 1885. Doch ebenso wie viele andere in dieser Zeit entstehende Fahrzeuge wird er mit flüssigem Brennstoff betrieben...
In England konstruiert Magnus Volk 1885 das erste Elektromobil mit Batteriebetrieb.
Ein elektrischer Tramcar für bis zu 50 Personen erreicht in Frankreich im Jahr 1887 bereits eine Geschwindigkeit von 30 km/h. Im gleichen Jahr stellt Louis Kriéger das erste seiner Pariser Elektro-Taxis in Betrieb, die mit 5 Personen beladen und mit einer Geschwindigkeit von 22 km/h ohne nachladen der Batterien 80 km zurücklegen können.
Thomas Edison führt 1889 seinen ‚Electric Runabout’ vor, von dem er allerdings nur wenige Exemplare für sich und einige seiner Freunde baut (anderen Quellen zufolge erfolgt dies erst 1898).
In Kanada baut ein gewisser Mr. Featherstonhaugh ein Elektroauto, das auch elektrisches Licht besitzt. (Das allererste Fahrzeug der Welt mit elektrischem Licht war übrigens ein Schlitten des Bayernkönigs Ludwig II.)
1890 folgt Andrew L. Riker mit seinem Elektroauto – auch wieder ein Dreirad. Vier Batterien geben dem Fahrzeug eine Leistung von 1/6 PS. Da die Reisegeschwindigkeit nur 12 km/h beträgt, ist die maximale Reichweite mit 48 km weiter als die des Trouvé-Autos.
1893 bringt Adolph Müller, Gründer des Batterieunternehmens Varta, seinen elektrischen ,Baker Runabout’ aus den USA mit in die Heimat. Vermutlich eine Sensation.
Vierrädrige Autos werden dann von 1896 bis 1899 von der Riker Electric Motor Co. in Brooklyn New York hergestellt (damit beginnt auch die industrielle Produktion von Elektroautos), anschließend bis 1900 von der Riker Electric Vehicle Co. in Elizabethsport NY und zum Schluß von der Riker Motor Vehicle Co (auch in Elizabethsport). Alle Modelle wurden nach Andrew Lawrence Riker benannt. Die Riker-Modellreihen werden vor allem für die leistungsfähigen Lastkraftwagen bekannt. Nach Vereinigung mit der Electric Vehicle Co. werden nur noch die Lastkraftwagen produziert.
Im selben Jahr 1890 baut William Morrison aus Iowa das erste wirklich erfolgreiche elektrisch angetriebene Auto. Durch den Einsatz großer Räder mit Speichen ist es auf den Straßen dieser Zeit auch etwas komfortabler zu fahren. Einen bedeutenden Anteil am Erfolg hat die Unterstützung durch Harold Sturges, den damaligen Sekretär der American Battery Company. Morrison ist Chemiker und zeigt überhaupt großes Interesse an der Elektrizität. Elektrisch betriebene Fahrzeuge baut er vor allem, um die Leistungsfähigkeit seiner Batterien demonstrieren zu können.
Im Sommer 1890 setzt er diese zum ersten Mal in Kutschen-ähnlichen Fahrzeugen mit sehr großen Rädern ein. Sein Modell hat einen mit Fransen behängten Baldachin als Dach und drei Reihen exzellent gepolsterter Sitze für 12 Passagiere. Acht Batterien sind unter den Sitzen untergebracht und sorgen für etwa 2,5 PS und eine Reisegeschwindigkeit von bis zu 12 km/h. William Morrisons 6-sitziger ‚Elelectric Wagon’ wird als erstes US-Fahrzeug auf der Weltausstellung 1892 in Chicago gezeigt.
Die Straßen Philadelphias im Jahre 1894 sind nicht gerade berühmt für ihre Qualität, aber genau das belebt die Phantasie und den Entwicklergeist von Pedro Salom, einem Batterieexperten, und Henry G. Morris, einem Ingenieur. Sie gründen die Electric Carriage and Wagon Company mit dem Ziel, Elektroautos zu bauen die für die Straßen Philadelphias geeignet sind. So entsteht 1894 der ‚Elektrobat’ mit einer Reichweite bis zu 160 km pro Batterieladung, allerdings bei einer Geschwindigkeit von nur 25 km/h.
Der nächste Schritt ist der ‚Elektrobat II’ mit einer Geschwindigkeit von 32 km/h, aber nur maximal 50 km Reichweite. Innerhalb der nächsten 2 Monate werden zwei weitere Autos gebaut – noch leichter und noch schneller. Die beiden Erfinder wollen eine ganze Flotte von Elektro-Taxis aufbauen, mit zentralen Ladestationen. Sie denken, wenn dies erst etabliert ist, werden sich viele Leute ohne größere Befürchtungen ein Elektroauto zulegen, wohlwissend, daß Expertenhilfe stets in der Nähe ist. Die ersten Stationen werden in New York aufgebaut, da Taxis hier am beliebtesten sind. Allerdings sind die beiden bessere Ingenieure denn Kaufleute, und so verkaufen sie ihre Firma (1897?), bevor sich die ersten Erfolge einstellen.
Der erste Elektrowagen in Österreich-Ungarn (Kronland Böhmen) wird 1895 von Frantisek Krizik gebaut.
1896 erhält C. Epstein in London das Paent auf einen elektrischen Fahrzeugantrieb. Louis Kriéger, inzwischen zum bedeutendsten französischen Elektrowagen-Hersteller avanciert, gründet Tochterfirmen in Deutschland und Italien.
In diesen Jahren beginnen auch betriebliche Anleger in London Interesse an der Entwicklung eines elektrischen Taxis zu zeigen. Man denkt hier an Batteriesystem aus 28 Zellen, das einen kleinen Elektromotor antreibt, doch erfolgreich werden die Bemühungen erst im Jahre 1897, als die London Electric Cab Company ihre Dienste in der Stadt aufnimmt. Die nach ihrem Erfinder Walter C. Bersey benannten ‚Bersey Cabs’ fahren von 1897 bis 1899 in London. Sie haben einen 3 PS Elektromotor, der von einem 40-Zellen Akku gespeist wird. Die Reichweite mit einer Ladung beträgt beachtliche 80 km. Äußerst modern klingt auch eine weitere technische Innovation: Die Cabs haben einen ausbaubaren Batteriesatz, der es ermöglicht, ihn schnell gegen einen aufgeladenen auszutauschen.
Bersey baut in den 1880ern auch einen elektrisch angetriebenen Bus, und von 1895 bis 1899 Elektroautos.
Zur Jahrhundertwende (1893 bis 1906) werden die besten französischen Elektroautos von Charles Jeantaud aus Paris hergestellt. Einer dieser Wagen setzt im Dezember 1898 einen Geschwindigkeitsrekord mit 63,2 km/h und 1899 erneut mit 92,7 km/h. Die Mehrheit der hergestellten Fahrzeuge sind Taxis, ihre Reichweite beträgt 25 km.
Auf dem amerikanischen Markt werden erstmals 1894 Elektromobile mit wieder aufladbaren Batterien angeboten. Mit Sitz in Chicago von 1896 bis 1902 und danach in Hobuken (New Jersey) stellt die Firma American Electric Vehicle Company eine kleine Anzahl Elektroautos und kommerzielle Fahrzeuge her. In Indianapolis (USA) baut die Waverley Co. von 1896 bis 1914 den ‚Waverley’. Zwischen 1903 und 1907 wird dieser unter dem Namen ‚Pope-Waverley’ verkauft.
In diese Zeit fällt auch die erste offizielle Verkehrstote durch ein Auto. Am 17. August 1896 überquert die 45-jährige Bridget Driscoll eine Straße in London und wird dabei von dem Automobil des Kfz-Händlers (!) Arthur James Edsal erfaßt und zu Boden geschleudert. Kurz darauf stirbt die Mutter dreier Kinder an ihren Kopfverletzungen. Allerdings war bereits 1869 die 42-Jährige irische Wissenschaftlerin Mary Ward aus Unachtsamkeit als erster Mensch von einem motorisierten Fahrzeug getötet worden. Dabei handelte es sich um eine experimentelle dampfgetriebene Kutsche, die ihre Cousins gebaut hatten.
Auf dem Sektor der Hybridfahrzeuge entwickelt der österreichische Hofwagenfabrikant Jakob Lohner 1897 gemeinsam mit dem jungen Nachwuchsmechaniker Ferdinand Porsche einen Lkw mit kombiniertem Antrieb aus Verbrennungs- und Elektromotor, der auf der Weltausstellung in Paris 1900 als Sensation gefeiert wird. Porsche baut auch den weltweit ersten Frontantrieb. Jakobs Sohn Ludwig hatte bereits 1898 in Wien das Elektrofahrzeug ‚Egger-Lohner’ präsentiert, womit auch die Zulieferfirma der elektrischen Ausrüstung benannt ist.
1898 folgt ein Hybrid mit einem Verbrennungsmotor, der einen (on-board) Generator zum Betrieb der revolutionären Elektro-Radnaben-Motoren (!) antreibt. Im alleinigen Batteriebetrieb hat das Fahrzeug eine Reichweite von gut 60 km. 1902 wird es als Feuerwehrauto eingeführt, kann sich wegen des aufwendigen Prinzips jedoch nicht durchsetzen.
Eine weitere hybride Umsetzung zu dieser Zeit bildet der Santa-Fe-Expreß, der ebenfalls von diesel-elektrischen Lokomotiven durch die Weiten Neu Mexikos gezogen wird.
Camille Jénatzy aus Brüssel, der aufgrund seines roten Bartes und seines verwegenen Fahrstils der ‚Rote Teufel’ genannt wird, ist Rennfahrer und baut in der Zeit von 1898 bis 1903 auch eine Reihe von Elektroautos und Benzinern. In der Geschichte der Elektroautos wird er mit seinem kugelförmigen Einsitzer bekannt, der 1899 einen neuen Geschwindigkeitsrekord setzt.
Als weltweit erstes Fahrzeug überschreitet die ‚La Jamais Contente’ (‚niemals zufrieden’) von Jénatzy am 29. April 1899 in Achères im Département Yvelines bei Paris die bis dahin unerreichte Geschwindigkeitsgrenze von 100 km/h. Sein mit Akkumulatoren betriebenes Fahrzeug erreicht eine Geschwindigkeit von genau 105,88 km/h.
Das Elektrofahrzeug, das heute im Automobilmuseum von Compiègne zu sehen ist, wird über eine Kette von zwei 25 kW Elektromotoren (200 V/125 A) des Herstellers Postel-Vinay an den beiden Hinterrädern angetrieben, die wiederum von 82 Fulmen-Batterie-Elementen gespeist werden, welche die Hälfte des Fahrzeug-Gesamtgewichts von 1.450 kg (o. 1.500 kg) auf die Wage bringen.
Zwischen 1899 und 1901 werden einige der Autos von Jénatzy von der ‚Compagnie Internationale des Transports Automobile’ in Paris gebaut. Von 1901 an experimentiert er mit Hybrid-Autos (Benzin- und Elektromotor), deren Produktion 1903 im Martini’s Werk in Belgien unter dem Markennamen ‚Jénatzy-Martini’ beginnt.
In Berlin-Charlottenburg baut von 1898 bis 1902 die Firma Kühlstein Wagenbau Elektroautos. Einige werden im Haus entwickelt, andere sind lizenzierte Nachbauten der französischen Jeantaud-Taxis. Spätere Modelle sind z.B. der ‚Kühlstein-Vollmer’. Die Herstellung dieser Fahrzeuge wird 1902 von der AEG übernommen.
Auch die Deutsche Reichspost experimentiert ab 1899 mit elektrisch angetriebenen Fahrzeugen.
Die Madelvic Motor Carriage Co. Ltd. in Granton (Schottland) baut von 1898 bis 1900 eine elektrische Droschke. Sie wird durch ein kleineres fünftes Rad angetrieben, das unter der Droschke angebaut mit der Vorderachse verbunden ist. Diese Konstruktion kann auch in herkömmlichen Kutschen eingebaut werden, um bei Bedarf die Pferde zu ersetzen – ein weiterer Schritt zur Hybridisierung der Verkehrsmittel.
Nach Carl Oppermann aus London sind die Elektroautos benannt, die von 1898 bis 1902 unter seinem Namen und von 1902 bis 1907 von der Carl Oppermann Electric Carriage Co. Ltd. hergestellt werden. Die Firma stellt auch die Batterien selber her. Eines der Fahrzeuge wird 1905 sogar an den König von Siam verkauft. Auch das Unternehmen Mildé et Cie. in Levallois-Perret (Frankreich) baut von 1898 bis 1909 Elektroautos. Dazu gehören elektrische Antriebseinheiten, mit denen man Pferdekutschen in Elektroautos umbauen kann, Dreiräder (bekannt als ‚Mildé-Mondos’), verschiedene kommerzielle Fahrzeuge sowie konventionelle vierrädrige Autos mit und ohne Verdeck. Hybridautos unter dem Namen ‚Mildé-Gaillardets’ tauchen in der Produktpalette ab 1904 auf.
Zur Jahrhundertwende ist es also schon üblich, Batterien als ‚normale’ Antriebsquelle für Autos einzusetzen, und auch die Berliner Feuerwehr (Feuerwache Urban) fährt bereits mit Elektroantrieb!
1899 werden in den USA fast doppelt so viele Automobile mit Elektromotoren wie mit Verbrennungsmotoren gebaut – und 90 % aller Taxis in New York werden elektrisch angetrieben. Die Electric Vehicle Company hat Hunderte von Hansom-Taxis im Einsatz. Die Besonderheit dieser Autos besteht in den separaten Motoren für jedes Rad, womit sich der Einsatz eines Differentials erübrigt. Von den 9.042 Berliner ‚Taxen’ des Jahres 1908 sind 8.071 Pferde-, 743 Motor- und 228 Elektrodroschken.
Es ist überraschend, wie schnell sich die neue Technologie nun mit kommerziellen Interessen verbindet. Die Baker Motor Vehicle Co. in Cleveland ist für die gesamte Dauer ihrer Existenz von 1899 bis 1916 Branchenführer. In diesen Jahren werden verschiedene Modelle angeboten, vom Zweisitzer bis zu größeren Limousinen. 1915 kauft Baker die R.M. Owen Co., die den Owen ‚Magnet’ herstellen. Das Modell ‚Torpedo’ aus dem Jahre 1902 setzt einen neuen Geschwindigkeitsrekord. Die Hub Motor Co. aus Chicago baut von 1899 bis 1900 Elektroautos unter dem Markennamen ‚Hub Electric’. Alle Fahrzeuge haben 4 Motoren, jeweils an der Radnabe montiert. Die maximale Geschwindigkeit beträgt 24 km/h. Ein Zweisitzer wird in den Jahren 1899 bis 1901 von der Cleveland Machine Screw Co. in Cleveland gebaut. Die früheren Modelle heißen ‚Cleveland’, die späteren ‚Sperry’.
Auch in Deutschland kommt Bewegung in den Markt: Die Elektrizitäts- und Automobil-Gesellschaft Harff & Schwarz AG in Köln baut in ihren Maxwerken von 1899 bis 1903 Elektroautos, die zu privaten wie auch kommerziellen Zwecken eingesetzt werden. Die Elektrizitäts-Aktiengesellschaft (vormals Schuckert & Co.) baut in Nürnberg von 1899 bis 1903 Elektroautos, bis die Firma von Siemens übernommen wird. Die Berliner Maschinenfabrik Henschel & Co. produziert sowohl Elektroautos als auch Benziner, zum größeren Teil jedoch ersteres, und zwar von 1899 bis 1906. Dieses Unternehmen baut auch Berlins erstes elektrisch betriebenes Taxi. Heinrich Scheele aus Köln baut von 1899 bis 1906 unter seinem eigenen Namen Elektroautos und elektrisch angetriebene Lastkraftwagen, und später unter dem Namen der Kölner Elektromobil-Gesellschaft Heinrich Scheele (1906 bis in die 1920er Jahre).
In Frankreich produziert die ‚Societe de la voiture Bouquet, Garcin et Schivre’ in Neuilly Elektroautos von 1899 bis 1906. Die Palette umfaßt Autos vom Kleinstwagen bis zu Bussen. Eines dieser Fahrzeuge stellt einen Rekord für die längste mit einer Batterieladung zurückgelegte Strecke auf – über eine Distanz von 262 km. Auch diese Firma stellt ihre eigenen Batterien her.
Über einen Zeitraum von 3 Jahren baut die Canadian Motors Ltd. die ‚Motette’, ein kleines zweisitziges Auto, und ab 1900 dann einen elektrischen Bus ‚Tallyho’.
Zwischen 1899 und 1902 baut auch die National Motor Carriage Syndicate Ltd. in London Elektroautos. Die nach ihrem Designer Henry M. Joel benannten Autos werden von zwei Motoren angetrieben, welche die Hinterräder jeweils separat mittels Ketten in Bewegung setzen. Bekannt werden diese Autos durch das Rennen von London nach Brighton, das sie mit einer einzigen Batterieladung durchfahren.
Weiter mit der Geschichte der Elektromobile und Hybridfahrzeuge...