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Solarsiedlungen und ÖkostÄdte


Eine besondere Form der Solaranwendung in der Architektur bilden ganze Siedlungskonzepte, bei denen Sonnen- und andere erneuerbare Energien in großem Umfang eingesetzt werden. Über verschiedene dieser Solarwohnanlagen habe ich schon im Bereich der photovoltaischen Großanlagen gesprochen. Hier möchte ich weitere Siedlungen darstellen, bei denen Bauweise und Technologie zu weitgehender energetischer Autonomie führen.

Solarsiedlung

Solarsiedlung

Zu den ersten Solarsiedlungen gehört das bereits 1980 in Bayern solartechnisch umgewandelte Dorf Penzberg, welches anschließend auch die erste Ortschaft in Deutschland wurde, wo – laut Wüstenrot – „überhaupt kein Öl mehr gebraucht wurde“.

Seit 1981 besteht eine Kooperation zwischen 7 chinesischen Universitäten und Forschungsstellen und ebenfalls 7 deutschen Instituten und Firmen (AEG, KfA-Jülich u.a.). Dabei geht es um den 30 km südwestlich von Peking liegenden Ort Yihezuan, der dann 1986 unter dem Namen Neues Solardorf eingeweiht wird. 140 Bauernhaushalte mit insgesamt 650 Bewohnern bekommen 70 Passivsolarhäuser mit Glasfronten und Speicherwänden sowie Solarkollektoren. Den um 20 % höheren Baukosten stehen Kohleeinsparungen von 60 % – 80 % gegenüber.

435 Wohneinheiten im Rahmen von 26 zwei- bis sechsgeschossigen Wohngebäuden umfaßt die Solarwohnanlage im Athener Vorort Lykovrissi, dazu kommt ein Bürgerzentrum und eine Ladenzeile mit 10 Geschäften. Die im November 1990 eingeweihte Anlage gilt zu diesem Zeitpunkt als weltweit größtes Demonstrationsvorhaben zur abgestimmten Nutzung verschiedener Formen der aktiven und passiven Solarenergienutzung – von der Anordnung der Gebäude, der Gebäudearchitektur über Flach- und Vakuumkollektoren bis zu Wärmepumpen und einer zentralen Wärmeversorgung. Die Kosten von rund 100 Mio. DM für dieses größte deutsch-griechische Gemeinschaftsprojekt wurden zu je 50 % geteilt. Die erreichten Einsparungen gegenüber konventionellen Systemen betrugen je nach Saison bis zu 90 %.

Im Mai 1997 nimmt in Bremen eine der größten Dachintegrierten PV-Anlagen ihren Betrieb auf, bei der insgesamt 960 Solarmodule auf den 80 Reihenhäusern der Neubausiedlung ‚Auf dem Kruge’ eine Gesamtleistung von 200 kW erreichen. Die Module übernehmen hier die Funktion des Daches, was die Kosten und das Flächenproblem entschärft.

1997 beginnt die Planung einer Reihenhaussiedlung am Schlierberg in Freiburg, Stadtteil Wiehre, die aus 148 Plusenergiehäusern des Kölner Unternehmens Instag AG besteht. Die Häuser sind von Rolf Disch konstruiert worden und erwirtschaften ihren Bewohnern durch den Einsatz von Solarsystemen im Jahressaldo einen Energieüberschuß. Diese Solarsiedlung auf dem Gelände der ehemaligen Vauban-Kaserne, deren organische Abfälle und Fäkalien zu Biogas vergoren und in einem eigenen BHKW genutzt werden, ist auch eines der dezentralen Projekte der Expo 2000. Die erste Preiskalkulation lautet 160 Mio. DM und als Baubeginn wird schließlich das Frühjahr 1999 genannt (die Verzögerung entstand durch den Konkurs eines Unternehmens der Deyhle-Gruppe, zu der auch die Instag AG gehörte). Die Häuser sind nicht billig: für 54 m2 müssen 218.000 DM, und für 250 m2 sogar 622.000 DM gezahlt werden.

Auf der 5. Europäischen Konferenz für Solares Bauen Mitte 1998 in Bonn gibt das Düsseldorfer Ministerium für Bauen und Wohnen bekannt, daß „in nächster Zeit“ an Rhein und Ruhr zunächst 50 Solarsiedlungen entstehen sollen.

Im Rahmen der EXPO 2000 wird im April 1999 in Emmerthal bei Hameln mit der Planung einer Solarsiedlung von 80 Einfamilienhäusern begonnen. Diese Solarsiedlung am Ohrberg wird vom Institut für Solarenergieforschung (ISFH) in Emmerthal wissenschaftlich begleitet. Ein ähnliches EXPO-Projekt ist auch die kleine Solarsiedlung Uckermark in Bruchhagen, wo 5 Häuser ausschließlich mit Solarenergie beheizt werden. Als Saisonspeicher werden hier Sorptionsspeicher (s.d.) installiert. Laut Umfragen ist zu diesem Zeitpunkt die Nutzung der Sonnenwärme die Wunschenergie Nr. 1 der deutschen Haushalte!

Gemeinde BedZed

Gemeinde BedZed

Die BedZed-Gemeinde (Beddington Zero Energy Development) in Hackbridge, London, ist eine von Grund auf CO2-neutrale geplante Solarsiedlung, die zwischen 2000 und 2002 vom Peabody Trust, einer gemeinnützigen Stiftung und registrierten Wohnbaugenossenschaft, gebaut wird. Sie umfaßt 99 Wohnungen und rund 1.400 m2 Arbeitsflächen. Neben der Ausstattung mit Solarzellen und der Zusammenlegung von Boilern zur Strom- und Wärmeerzeugung werden Energiezähler gut sichtbar im Haus plaziert statt außer Sichtweite versteckt. Zu den anderen effektiven Schritten gehören extradicke Wände, strategisch plazierte Fenster, um ein Maximum an Licht und Wärme aus Sonnenenergie zu gewinnen, sowie eine Luftzirkulation, die Ventilatoren oder Klimaanlagen unnötig machen.

Im Rahmen der Expo 2001 entsteht unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Stadtentwicklung im schwedischen Malmö in Västra Hamnen, ein brachliegendes Hafen- und Raffineriegelände mit einer Größe von rund 160 Hektar, der neue Stadtteil Bo01 – City of Tomorrow. Nachdem der ursprüngliche Baubestand weitgehend abgerissen und unter Öko- Gesichtspunkten neu aufgebaut wurde erfolgt die Energieversorgung zu 100 % aus lokalen Quellen wie Wasser, Wind, Sonne und Kompostieranlagen. Im Endausbau beherbergt das Entwicklungsgebiet 10.000 Einwohner sowie 20.000 Arbeitsplätze. Augenfang ist ein 190 m hohes Hochhaus in Form einer sanften Spirale.

Im österreichischen Linz entsteht ab 2001 ein neuer Stadtteil in Pichling mit 1.294 Wohnungen, dessen Name solarCity für eine umfassende Nutzung der Sonnenenergie steht. Dies beginnt bei der Planung der Gebäude nach den Grundsätzen der Solararchitektur durch die Nutzung passiver und aktiver Solarenergie. Der individuelle Zugang zur Sonne ergibt sich durch Wohnungen mit großen Fensterflächen, und Sonnenkollektoren auf den Dächern tragen zur Warmwassererwärmung bei. Die seit 1995 geplante Stadt war ursprünglich für 25.000 Menschen gedacht.

Nachdem 2001 ein ehemaliges Kasernenareal in der spanischen Stadt Zaragoza für den Wohnungsbau umgewidmet wird, entsteht ab 2004 die Ökostadt Valdespartera, ein kommunal gefördertes Wohnbauprojekt mit ca. 10.000 Wohneinheiten, deren Besonderheit in der Adaption des ökologischen Wohnbaus mit den lokalen mikroklimatischen Bedingungen liegt. Die Ecociudad Valdespartera wird als Umsetzungsgesellschaft gegründet, von der die Stadt 80 %, und die Regionsregierung 20 % hält. Die wichtigsten Ansätze des Projekts sind das städtische Design, das sich an der Sonneneinstrahlung und dem Geländeverlauf orientiert, sowie ökologische Material- bzw. Logistikkonzepte. Die Gebäude sind mit Sonnenkollektoren ausgestattet, mit wärmespeichernden Kacheln sowie einer guten Isolierung der Innenräume.

Zwischen 1975 und 2005 wurden in Deutschland rund 150 Ökobau-Projekte mit zusammen über 30.000 Wohneinheiten realisiert, die inzwischen auf der Internetseite oekosiedlungen.de ausführlich dargestellt werden. Das nicht-kommerzielle Verzeichnis wurde 2000 im Rahmen einer Studienarbeit am Institut für industrielle Bauplanung der Universität Karlsruhe begonnen und wird seitdem ständig weiter ausgebaut.

Seit der Erstveröffentlichung dieser Seite im März 2007 hat sich sehr viel getan. Inzwischen kann man in Einzelfällen sogar schon von ganzen Solarstädten reden, die gebaut worden oder in Planung sind. Über einige Projekte habe ich schon separat berichtet, wie z.B. über die CO2-Freie Stadt Masdar und ähnliche Projekte im arabischen Raum (s.d.).

Im folgenden möchte ich eine Übersicht der aktuellen Projekte geben – angefangen von der oben bereits erwähnten Solarsiedlung Freiburg (Am Schlierberg), die mit über 210 Plusenergie-Häusern und -Wohnungen (zwischen 75 m2 und 260 m2 Wohnfläche) bei ihrer Fertigstellung 2007 als größte solare Wohnsiedlung Deutschlands gilt. Eine spätere Evaluation belegt, daß die von Rolf Disch errichtete Siedlung das Vierfache ihres Energiebedarfs produziert.

Solarsiedlung und Sonnenschiff

Solarsiedlung und Sonnenschiff

Architekturunternehmen wie Charlottesville, William McDonough & Partners sowie die Londoner Firma Arup planen auf der Insel Chongming vor der chinesischen Ostküste, nahe Shanghai, für 1,3 Mrd. $ eine Grüne Stadt namens Dongtan. Ein großer Teil Dongtans wird bereits vom einem Vogelarten-Naturschutzgebiet eingenommen. Der Bau der ersten CO2-neutralen und autofreien Ökostadt Asiens soll 2008 beginnen und die erste Bauphase bereits 2010 zu Ende gehen, fristgerecht zu der dann stattfindenden Expo in Shanghai.

Tatsächlich werden bis Mai 2009 ein Tunnel und eine Brücke auf die Insel sowie ein halbes Dutzend Windgeneratoren sowie ein ökologischer Landwirtschaftsbetrieb fertiggestellt, nicht jedoch die geplanten Häuser nebst Kläranlage und Energiepark. Das Projekt wird eingestellt.

Weitere Projekte werden zu diesem Zeitpunkt aus Costa Rica, Norwegen und Libyen gemeldet, während nicht ganz so große Projekte in den USA und in verschiedenen europäischen Ländern verfolgt werden. Prinz Charles beispielsweise will an der Südwestküste von Devon eine zusammen mit Krier entworfene Ökostadt Sherford bauen, wo bis 2020 rund 5.500 Häuser für 12.000 Bewohner vorgesehen sind. Drei Viertel der Gebäude sollen mit Solaranlagen ausgestattet werden, eine gute Wärmeisolierung ist Pflicht, und die Hälfte des Stroms soll aus erneuerbaren Energien stammen, vor allem aus einem geplanten Windpark mit 120 m hohen Windrädern. Mit dem Bau soll 2012 begonnen werden.

Mitte 2008 plant Colorado den Bau der bis dahin größten Null-Energie-Community in den USA – mit 250 Häusern und Wohnungen, die energetisch zu 100 % selbstversorgt sind (GEOS - Earth.Sun.Home.).

Schon bezogen ist die Drake Landing Solar Community in der Stadt Okotoks im kanadischen Alberta. In der gesamten Gemeinschaft sind auf Haus- und Garagendächern insgesamt 800 Sonnenkollektoren installiert, die während eines Sommertages 1,5 MW thermische Leistung produzieren und ihre Wärme in ein Fernwärmenetz einspeisen. Dieses arbeitet mit einer Glykol-Lösung, welche die Wärme zu einem unterirdischen Wärmetauscher transportiert, von wo aus sie zu einem Kurzzeit- und einem Langzeit-Speicher weitergeleitet wird (Borehole Thermal Energy Storage system, BTES).

Rabi Rashmi Abasan

Rabi Rashmi Abasan

Ebenfalls fertiggestellt ist die erste Solarsiedlung Indiens namens Rabi Rashmi Abasan, die in der Neustadt von Kalkutta von der West Bengal Renewable Energy Development Agency (WBREDA) und der Bengal DCL entwickelt und umgesetzt wurde. Die Wohnanlage besitzt diverse nachhaltige Features wie ein Müll-Management-System, batteriebetrieben Pick-up-Transporter für die Bewohner, solare Straßenleuchten und ein Schwimmbad mit solarer Wasserbeheizung. Sie gilt auch als Indiens erstes gebäudeintegriertes Photovoltaik-Projekt (BIPV).

Die 26 Häuser selbst werden sowohl Elemente der passiven Solararchitektur als auch der aktiven Solarenergienutzung beinhalten, wie die solare Wassererwärmung und PV-Anlagen, wobei jedes Haus 2 kW erzeugt. Die überschüssige Energie wird in das öffentliche Netz gespeist.

Das Büro Schmidt Hammer Lassen Architects gewinnt 2008 den ersten Platz bei einem internationalen Wettbewerb, bei dem es um die Konzeption einer neuen, nachhaltigen Stadt namens Ecobay auf der Halbinsel Paljassaare in Estland geht. Mit Blick auf die Ostsee soll die Öko-Stadt von einer Vielzahl sauberen Energiequellen wie dem Wind, der Erdwärme und der Wasserkraft profitieren und bis zu 6.000 Bürgerinnen und Bürger beherbergen, wenn sie im Laufe der nächsten 15 - 20 Jahre fertig errichtet ist. Die Strukturen sollen sorgfältig ausgelegt werden, um auch den Gewinn von Sonnenenergie zu maximieren.

Unter dem Namen Gwanggyo Power Centre soll in einer waldreichen Umgebung, etwa 35 km südlich von Seoul, Korea, eine selbstversorgende Stadt für sogar 77.000 Einwohner entstehen, die wie eine Kreuzung zwischen einem alten Mayatempel und dem Raumhafen eines weit entfernten Planeten aussieht.

Das im Zuge der Gwanggyo City Centre Competition preisgekrönte Design der holländischen Architekturgruppe MVRDV besteht aus einer Reihe kreisförmiger, terrassierter Gebäude, die als grünbedeckte Hügel erscheinen und eine Mischung aus öffentlichen Einrichtungen, Geschäften, Wohnungen, Büros u.a.m. beinthalten. Dabei soll die Belüftung verbessert und der Energie- und Wasserverbrauch gesenkt werden. Die Entwicklung soll bis 2011 abgeschlossen sein und die Bauarbeiten anschließend beginnen. Über eine tatsächliche Umsetzung ist bislang allerdings noch nichts bekannt geworden.


2009


Als ‚Masdar mit Bergen’ beschrieben wird das Projekt The Seven Peaks, das an die ‚sieben Gipfel von Aserbaidschan’ erinnern soll. Die Bjarke Ingels Group (BIG) aus Kopenhagen entwickelt den Masterplan für eine Unterhaltungs- und Freizeit-Stadt, die gleichzeitig eine Null-Energie-Anlage darstellen wird, für die im Kaspischen Meer vor Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, liegende Insel Zira.

The Seven Peaks Design

The Seven Peaks (Design)

Das 1 Mio. m2 große Projekt soll ein ,High-End-Leben’ mit einer ,Low-End-Ressourcen-Nutzung’ verbinden, indem die energieeffiziente Architektur mit integrierten thermischen Sonnenkollektoren und an Fassaden und Dächern plazierten Photovoltaik-Paneelen versehen wird. Das Heizen und Kühlen erfolgt über Wärmepumpen, die ans Kaspische Meer angeschlossen sind, ein Offshore-Windpark sorgt für zusätzlichen Strom, und sowohl Regenwasser als auch Abfälle werden gesammelt, behandelt und der Wiederverwendung zugeführt.

Ebenfalls mit Masdar verglichen werden die Pläne von Foster + Partners, PHA und Mobility in Chain in Südkorea eine Super-Ökostadt namens Incheon zu errichten. Das nördlich von Seoul geplante Projekt für eine Gemeinschaft von 320.000 Einwohnern soll zu einem High-Tech Forschungs- und Entwicklungszentrum für nachhaltige Industrien, sowie zu einer Produktionsstätte von Photovoltaik- und Windkraftanlagen werden. Der Masterplan, der in den nächsten 10 - 15 verwirklicht werden soll, Jahren umfaßt modernste umweltfreundliche Technologien wie Wasserstoff-Brennstoffzellen, Hydrokultur-Dächer und Biomasse-Energieerzeugung.

Doch Südkorea plant noch eine weitere Öko-Stadt, und zwar unter dem Namen Songdo International Business District (Songdo IBD). Auch hier sollen große Freiflächen und Parks entstehen sowie passive Solar-Designelemente, Dachbegrünungen u.ä. einbezogen werden. Das von Kohn Pedersen Fox konzipierte Projekt befindet sich am Ufer des Incheon und umfaßt etwa 120 Gebäude für 75.000 Einwohner und 300.000 Pendler.

Das erwartete Investitionsvolumen beträgt mehr als 30 Mrd. $. Schon fertig ist der über 400.00 m2 große Central Park, der nicht nur dem Namen nach New York nachempfunden ist, während die Planungen eindeutige Schwächen beim Einbezug erneuerbarer Energietechnologien zeigen.

Weitere aktuelle Projekte sind die Öko-Siedlung Hanham Hall mit knapp 200 Häusern in Großbritannien, wo schon 2010 die ersten Gebäude bezugsfertig sein sollen – sowie die Logroño Montecorvo Eco City in der spanischen Provinz Rioja, wo 3.000 Wohneinheiten zu 100 % mit PV-Solaranlagen und Windturbinen versorgt werden sollen. Die Errichtung der Bauten wird auf 388 Mio. € veranschlagt, weitere 40 Mio. € werden in die Erneuerbaren Energiequellen investiert.

Bis Ende des Jahres soll auch das bereits 2007 begonnene Projekt abgeschlossen werden, die Karibik-Insel Bonaire, Teil der Niederländischen Antillen, zu 100 % mit Erneuerbaren Energien zu versorgen. Zum Einsatz kommen dabei ein 11 MW Windpark, eine 14 MW Biodieselanlage sowie eine 3,5 MW Backup-Batterie.

Dieses Ziel ist auf einer anderen, allerdings wesentlich kleineren, Insel schon realisiert, und zwar von dem Segway-Erfinder Dean Kamen. Mittels einer 10 kW Windkraftanlage, vier großen PV-Arrays mit zusammen 12,2 kW sowie einem 2 kW Stirling-Motor kann er den Gesamtbedarf seiner winzigen Privatinsel North Dumpling vor der Küste von Connecticut komplett decken.

Nachdem die 4.200 Bewohner der dänischen Insel Samsö im Jahr 1997 beschlossen haben, vollständig auf Strom aus Öl- oder Kohlekraftwerken zu verzichten, erreichen sie nach zwölfjähriger Arbeit 2009 das Ziel, ihre Energieversorgung vollständig auf erneuerbare Quellen umzustellen. Hierfür lassen Investoren, Unternehmen und Bürger 21 Windenergieanlagen installieren, die nicht nur genügend Energie für die Bewohner, sondern auch noch einen Überschuß erzeugen, der ans Festland verkauft wird. Zusätzlich gibt es eine PV-Solaranlage sowie mit Holzpellets und Stroh befeuerte Heizkraftwerke für windarme Zeiten. Die Häuser sind gut isoliert und haben in der Regel Sonnenkollektoren auf den Dächern, um heißes Wasser für die Heizung und den Warmwasserbedarf bereit zu stellen. Die Traktoren werden mit Rapsöl betrieben, und als nächster Schritt ist geplant, die bisherigen Autos durch elektrische zu ersetzen.

Ebenfalls schon beendet ist die Errichtung des Olympischen Dorfs in China, das von sich behauptet, zu diesem Zeitpunkt der weltweit größte grüne Gebäudekomplex zu sein. Die 650.000 m2 große Fast-Null-Energie-Anlage umfaßt 42 Wohnhäuser mit sechs bis neun Etagen, bei denen hochisolierende Fenster, Solar- und Gründächer sowie ein Regenwasser-Wärmetauscher-System zum Einsatz kommen. Das innovative Heiz- und Kühlsystem kombiniert Grundwasser-Wärmepumpen, Fußbodenheizungen und ein Trockenmittel-Kühlsystem mit aktiver solarer Regeneration mit einem saisonalen Wärmespeicher. Das Projekt ist von der Tianhong Yunfang Architecture Group aus Peking entworfen worden und wird von dem Entwickler Guo Ao in Zusammenarbeit mit der Environmental Energy Technologies Division des Berkeley Lab und der Tsinghua University in Peking umgesetzt.

Mitte 2009 meldet die Presse ein neues Großprojekt im Hamburger Hafen, wo in den nächsten Jahren eine komplette Ökostadt entstehen soll. Da hier insbesondere Windkraftanlagen zum Einsatz kommen sollen, habe ich das Projekt im Kapitel Windenergie und Architektur vorgestellt (s.d.). Tatsächlich wird das Projekt zügig angegangen und umgesetzt, und Ende 2011 zieht auch die Redaktion des Magazins Der Spiegel in ihr neues, grünes Verwaltungsgebäude in der HafenCity Hamburg um. Das von der dänischen Firma Henning Larsen Architects entworfene 13-stöckig Gebäude bezieht einen Teil seiner Energie aus Photovoltaik-Solarpaneelen sowie aus Erdsonden, welche die Erdtemperatur in einer Tiefe von 100 m nutzen.

Große Pläne gibt es ferner aus Austin, Texas, zu berichten, wo im Rahmen des Project Green seit 2008 daran gearbeitet wird, den Standort einer alten Kläranlage in ein internationales Modell für Nachhaltigkeit umzuwandeln. Das 230.000 m2 große Baubrojekt von Mithun Architects umfaßt eine urbane Mischnutzung unter Einbindung der üblichen Features wie Sonnenkollektoren und Windturbinen. Darüber hinaus soll hier ein ernsthafter Ansatz verfolgt werden, den Umgang mit der wertvollsten Ressource der Erde, dem Wasser, zu optimieren.

In Florida wiederum soll eine Öko-Stadt erbaut werden, die sogar zu 100 % aus Sonnenenergie versorgt wird. Das Projekt Babcock Ranch in der Nähe von Fort Myers wird von den beteiligten Firmen Kitson & Partners und Florida Power & Light als ‚city of tomorrow’ vermarktet. Hier sollen ab 2010 auf eine Landfläche von 680 Hektar 19.500 energieeffiziente Wohneinheiten für bis zu 45.000 Personen, sowie über 550.00 m2 Gewerbe-, Einzelhandel-, Büro- und Lagerflächen entstehen. Der Bau der 75 MW Solaranlage soll schon Ende dieses Jahres beginnen und 300 Mio. $ kosten (andere Quellen: 350 Mio. $), während die Investitionen für das auf insgesamt 20 Jahre veranschlagte Gesamtprojekt (inkl. PV-Arrays) 2 Mrd. $ betragen werden.

Babcock Ranch Design

Babcock Ranch (Design)

Das niederländische Architekturbüro Zwarts & Jansma stellt den Masterplan für die neue Kharadi neighborhood in Puna vor, einer der größten Städte Indiens. Auf einer Fläche von etwa sechs Hektar soll der neue Stadtteil in verschiedene Parzellen aufgeteilt werden, die Platz für Wohnungen, Freizeiteinrichtungen, kleine Büros und Geschäfte bieten. Die Architektur nutzt die klimatischen Bedingungen, um gezielt Sonnenenergie und Regenwasser zu ernten. Vordächer sollen die Bewohner vor Sonne und Regen schützen und als Zwischenspeicher für Regenwasser dienen, während Gründächer das Ablaufen des Wassers verhindern und die Temperaturen auf natürliche Art und Weise regulieren sollen. Dieses Projekt soll bis 2015 verwirklicht werden.

Sehr interessante Elemente weist auch das Projekt des schwedischen Büros Kjellgren Kaminsky Architects auf, bei dem es um die Umwandlung Göteborgs in eine ‚supernachhaltige’ Ökostadt bis 2050 geht. Der Masterplan eines dichten und über beide Flußufer miteinander verbundenen Stadtgebiets, der auch einen Green Dot Award gewinnt, umfaßt eine Vielzahl neuer Technologien wie Regenwasser sammelnde Dachgärten, Energie gewinnende Fahrbahnen (s.u. Straßengeneratoren), Solar-Arrays und Windkraftanlagen.

Der Plan ist vom architektonischen Erbe Göteborgs inspiriert und soll mit den traditionellen, gelben Ziegeln ausgeführt werden, mit Granit-gepflasterten Straßen und vielen Märkten und Kanälen.

Die Dächer der energieeffizienten Wohnungen sollen mehrere Funktionen erfüllen. Nach Süden ausgerichtete Terrassen bieten Raum für Freizeit, Sonnenkollektoren erzeugen Energie und Lebensmittel liefernde Dachgärten bilden eine lokale Quelle für Nahrungsmittel und helfen dabei, den Heiz- und Kühlbedarf zu senken. Viele der Dächer verfügen außerdem über kleinere Windkraftanlagen, die dazu beitragen den Energiebedarf zu decken. Anhand der Grafik sieht man, daß die Designer neben konventionellen Eindkraftanlagen und kleinen Senkrechtachsern auf den Dächern auch an den Einsatz von Windkraft-Ballons wie des Magenn Air Rotor Systems (MARS) denken (s.d.).

Für einen nachhaltigen Transport werden ebenfalls mehrere Optionen angedacht, darunter überdachte Fahrrad-Bahnen, die zusätzlich Regenwasser sammeln und Solarenergie einfangen, wie auch ein Personal Rapid Transit-System (PRT) mit Podcars, wie sie bereits (in kleinem Maßstab) auf dem Londoner Flughafen Heathrow und in Masdar eingesetzt werden.

The Village

The Village

Ende des Jahres können auch die ersten Bewohner eines Ökodorfs im irischen Cloughjordan ihr neues Zuhause beziehen. Nachdem die Gründungsmitglieder 1999 die Sustainable Projects Ireland Ltd. (SPIL) aus der Taufe gehoben hatten, kauften sie 2005 Land in Cloughjordan um eine nachhaltige Gemeinschaft aus 130 Häusern und Werksstätten zu errichten. Unter dem Namen The Village beginnt 2007 die Vorbereitung der Infrastruktur und im März 2009 der Bau der ersten Häuser. Parallel entsteht ein 500 m2 großer Solar-Park mit thermischen Kollektoren zur Warmwasserversorgung.

In diesem Jahr werden erstmals in einer großen Ausstellung in Brüssel die Entwürfe des Architekten und Utopisten Luc Schuiten gezeigt. Seine Vegal Cities bestehen aus mit Gras bewachsenen Knospen-Bauwerken, Fußgängerzonen mit Bächen und grünen Ufern und Häusern die aus Baumwurzeln bestehen.

Schuiten nennt diese Verbindung von Arboreszenz, also Baumwachstum, und Architektur Archiboreszenz. Zu sehen sind Modelle und Zeichnungen von harmonischen, bunten, fast märchenhaften Städten mit runden und fließenden Formen, die sich ineinander verweben.

Unter den ausgestellten Städten der Zukunft gibt es die Lotus Stadt, die Webestadt, die Baumhaus-Stadt und die Stadt der Wellen. Jede von ihnen besitzt ihren einzigartigen Charakter entsprechend der jeweiligen Umgebung. Solarstrom soll mittels entsprechender Biotextilien gewonnen werden. Die Vertikalen Gärten wiederum sind ein Projekt, das die Wunden der Stadt vernarben lassen soll. Hierbei sollen Grünflächen angelegt werden, die über mehrere begehbare Wege und Plateaus an Häuserwänden empor wachsen.

Umgesetzt worden ist bislang noch keine von Luc Schuitens Visionen, allerdings baut der Architekt für Privatleute seit den 1970er Jahren Energie sparende Häuser aus ökologischen Materialien. Als Beispiel sei das Orejona Solar-Holzhaus in Belgien genannt, das in einem Wald in der Nähe von Brüssel steht (s.o.).


2010


Auch in diesem Jahr füllen sich die Blogs mehr und mehr mit Konzepten für Solarsiedlungen und Ökostädte.

Bei einem japanisch-indischen Ministertreffen im Januar wird im Rahmen der möglichen Kooperationen auch eine stärkere Zusammenarbeit bei Forschung und Entwicklung auf dem Sektor der Erneuerbaren Energien vereinbart. Es wird ferner beschlossen, in Indien gemeinsam ein Solar City Projekt durchzuführen, bei dem der Bedarf an konventionellen, fossilen Energien innerhalb der nächsten fünf Jahre um mindestens 10 % reduziert werden soll, durch Maßnahmen zur Energieeffizienz und durch Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen.

Durch die Zusammenarbeit möchte Japan sein Midori no Bunken-Konzept verbreiten, das eine gemeinschaftsbasierten Ansatz verfolgt, um die Selbstversorgung innerhalb einer Region zu verbessern - durch die Maximierung der Nutzung natürlicher Ressourcen und Energien, wobei der Schwerpunkt auf der Entwicklung von Solar-, Wind-, Mikro-Hydro- und Biomasse-Energie liegt. Die indische Regierung hat bereits ihre prinzipielle Zustimmung gegeben, um 34 Städte des Landes zu Solar Cities zu entwickeln.

Fujisawa Smart-Town Design

Fujisawa Smart-Town
(Design)

In Japan selbst fassen neun Unternehmen – als Reaktion auf die Katastrophe von Fukushima – den Plan, unter dem Namen Fujisawa Sustainable Smart-Town (SST) die modernste umweltfreundliche Wohnanlage der Welt zu bauen. Das Projekt, das bis 2014 fertiggestellt werden soll, wird auf dem Gelände einer früheren Fertigungsstätte von Panasonic errichtet und umfaßt den Bau von 1.000 neuen Häusern – in japanischem Maßstab. Die Solarpaneele auf den Dächern, die etwa 70 % des Bedarfs decken können, sowie die Batteriespeicher oder (optional) Brennstoffzellen in jedem Haus sind über ein Smart-Grid-System vernetzt. Panasonic plant, jedes Haus mit energiesparenden Klimaanlagen, Waschmaschinen, LED-Leuchten und AV-Geräten auszustatten. Es wird in Fujisawa ein paar Geschäfte geben, medizinische Einrichtungen, ein Pflegeheim, öffentliche Grünanlagen und Parks, außerdem sollen ausschließlich elektrische Transportsysteme eingesetzt werden.

Am stärksten geht die Entwicklung neuer Ökostädte in China voran, und alleine 2010 werden (mindestens) vier verschiedene Planungen präsentiert.

SBA Design stellt den Plan der selbstversorgenden Zukunftsstadt Glo-cal DNA vor, die auf der Insel Hainan ein 42,6 km2 großes touristisches Zentrum bilden soll. Die für das Projekt geplanten Erneuerbaren Energien sind Photovoltaik-Module, Windkraftanlagen sowie mit Abfall betriebene Gasgeneratoren. Dazu gibt es Regenwassernutzung und Wasser-Recycling. Zur Verbindung der verschiedenen Bereiche der Mega-Stadt soll ein Personal Rapid Transport (PRT) System eingesetzt werden. In den einzelnen Stadtteilen mit jeweils eigenen Zentren sollen Gemeindezentren, ein Konferenzzentrum sowie kulturelle, Informations- und Tourismuszentren entstehen, dazu ist die Ansiedlung umweltfreundlicher Industrien geplant. 

Eine weitere autarke Mega-Stadt wird von dem französischen Architekturbüro NDA Design Associates entworfen. Die Dalian Aeropolis wird im nördlichen Teil der Stadt Dalian eine neue Flughafen-Zone bilden. Auf einer Fläche von etwa 168 km2 sollen nach Abschluß des Projekts dann über eine Million Menschen leben. Künstlichen Seen werden die Verfügbarkeit von Wasser sicherstellen und eine grüne Zuflucht bieten.

Dalian Aeropolis Design

Dalian Aeropolis (Design)

Die neue Flughafen- Zone soll in 8 Hauptbereiche mit unterschiedlichen Charakteristiken aufgeteilt werden, dies sich harmonisch zu einer perfekt ausgewogenen Stadt verbinden. Der Bau des Flughafens selbst wird voraussichtlich 2016 abgeschlossen sein. Details über die Form der geplanten Energieversorgung sind noch nicht veröffentlicht worden.

Das australische Architekturbüro CK Designworks wiederum entwickelt den Masterplan für eine Grüne Stadt im Pukou Distrikt von Nanjing. Das Projekt umfaßt eine Fläche von 20 km2 und soll einmal die Heimat von 200.000 Einwohnern werden. Die neue Stadt soll durch die Förderung und Nutzung der Erneuerbaren Energien die Botschaft von Ökologie und Umweltschutz verbreiten und ein Lehrstück für den Rest der Welt darstellen – wie es in den Veröffentlichungen der Planer so schön heißt.

Bei der vierten Stadt handelt es sich um eine Grüne Stadt in Tianjin, dem größten Industrie- und Handelszentrum im Norden Chinas. Hier soll auf einer Fläche von 30 km2 ein neues städtisches Gefüge für 350.000 Menschen entstehen, das durch erneuerbare Energien in Form von Solar- und Windenergie versorgt wird. Auch hier gibt es bislang noch keine näheren Details, außer daß Regenwassersammlung und Meerwasserentsalzung mit einbezogen werden.

Nicht ganz so groß sind Pläne aus Vietnam, wo in der Hauptstadt Hanoi eine Green Tech City für etwa 20.000 Bewohner entstehen soll. Planer des 145 Hektar großen Areals ist das Architekturbüro Skidmore, Owings & Merrill (SOM), das den entsprechenden Wettbewerb gewonnen hatte. Die nachhaltige Stadtteilentwicklung soll die lokalen Traditionen fortsetzen und Elemente der örtlichen Kultur in ein fortschrittliches Stadtgefüge integrieren. Der Flächennutzungsplan umfaßt Schulen, Kliniken, Sport- und Freizeiteinrichtungen, es gibt Abfallrecycling und Regenwassernutzung sowie ein System für den Hochwasserschutz. Die Stromversorgung soll aus erneuerbaren Quellen erfolgen. Die Errichtung der Ökostadt soll 2020 abgeschlossen werden.

Coral City Design

Coral City (Design)

Auf den Philippinen wiederum plant man den Bau einer Solarsiedlung namens Coral City. Nach den Verwüstungen durch den tropischen Sturm Ondoy (int.: Ketsana), der im September 2009 in Manila die schlimmsten Wasserfluten seit 40 Jahren verursacht hat, wurde ein internationaler Architektur-Wettbewerb ausgeschrieben, um katastrophensichere Häuser für tropische Städte zu entwickeln. Der Entwurf des Gewinners unter den 300 Beiträgen, GOMMA Design mit Sitz in Rom, soll nun in sechs Phasen auf einer Fläche von 3 Hektar in Manilas Stadtteil Taguig als eine Art Öko-Dorf umgesetzt werden.

Das Design ist von dem sich selbst organisierenden, lebenden System von Korallen inspiriert, das sich auch Veränderungen anpassen kann. Die ringförmigen Einheiten – optimal für strukturelle Stabilität und Durchlässigkeit – sind über ein internes Kanalsystem miteinander verbunden. Die Lücken zwischen den Einheiten und schattige Flächen sorgen für eine 30 %-ige Verringerung des Energieverbrauchs, und die Stromversorgung erfolgt durch die dachbedeckenden Photovoltaik-Module mit einer Gesamtfläche von rund 1.600 m2. Der Transport soll vollständig mittels Elektrofahrzeugen erfolgen – was auch die Grundlage der Projektfinanzierung ist: Als allererstes wird nämlich eine PV-Anlage als Parkplatzüberdachung installiert, deren Erträge dann die weiteren Projektschritte finanzieren soll.

In den USA soll außerhalb von Palm Springs, Kalifornien, auf einer gut 40.0000 m2 großen Fläche eine Wüsten-Community mit dem programmatischen Namen BOOM entstehen. Zehn junge und bekannte Architekturbüros werden aufgefordert, den Masterplan zu entwickeln und mit Designs für je einen Abschnitt der Gemeinschaft beizutragen. Das Projekt ist ein Versuch, den Hausbau, Gemeinde- und Freizeitbereiche neu zu überdenken. Entstehen sollen dabei 300 private Residenzen in 8 verschiedenen Stadtteilen.

Innerhalb der Gemeinde gibt es keine Notwendigkeit für ein Auto, da alles begehbar sein wird. Sämtliche Gebäude nutzen natürliche Lüftung, thermische Speicherung, Regenwassernutzung und vieles mehr. Ein Wellness-Center soll mit einer Outdoor-Kletterwand und einem (kleinen) Aufwindkraftwerk kombiniert werden, und die Entwickler, die BOOM Communities Inc. mit Sitz in Los Angeles, untersuchen die Machbarkeit eines zentralen Erdwärme-Systems, das die gesamte Gemeinschaft versorgen könnte. Der Bau wird voraussichtlich im Jahr 2012 beginnen und soll 250 Mio. $ kosten.

Auch das Ruhrgebiet plant eine Ökostadt, bei welcher der bestehende Gebäudebestand einer existierenden Stadt auf Passivhausniveau gebracht werden soll. Im Laufe des Jahres wird hierfür in dem ehemaligen Kohlerevier eine Kommune mit etwa 50.000 Einwohnern ausgewählt. Als Zielmarke des Großprojekts namens Innovation City wird eine Reduktion der CO2-Emissionen um mindestens 50 % angesetzt. Neben einer Smart-Grid-Steuerung von Haushaltsgeräten ist bei dem auf 10 Jahre ausgelegten Projekt auch die Einrichtung von Elektro-Nahverkehrssystemen geplant, eine Optimierung der Industrie sowie der Einsatz von Wärmepumpen, Kraft-Wärme-Kopplung, Klein-Windrädern und Solaranlagen.

Tower | City | Towers Design

Tower | City | Towers
(Design)

Pläne, die vermutlich nicht umgesetzt werden, aber trotzdem nicht unter den Tisch fallen sollten, gibt es auch so einige. Zum Beispiel das Tower | City | Towers Projekt in Marseille, welches aus einer Reihe gestapelter Wolkenkratzer aus Recycling-Materialien besteht, die auf dem Wasser sitzen. Das nachhaltige und futuristische Design stammt von Deric Fourie, Dan Bernos, Michael Menuet und Pablo del Amo aus Frankreich. Es geht davon aus, daß mit dem Anstieg der Bevölkerung die Verbreitung auf dem Wasser unausweichlich ist, um der weiteren Zersiedelung der Landschaft vorzubeugen. Zur Versorgung der Bewohner sind ausschließlich erneuerbare Energien vorgesehen.

Wesentlich organischer, aber trotzdem wohl auch ohne Chance auf Umsetzung, ist das Konzept der autonomen Stadt Ecopolis, die aus einer Vielzahl hoch differenzierter und nachhaltiger Wohnzellen bestehen soll. Das Projekt von Santiago Marenco wird beim Skyscraper Wettbewerb 2010 eingereicht und soll die Natur mit von Menschen gebauten Ökosystemen kombinieren. Ecopolis bietet modulare Wohneinheiten mit unterschiedlichen Abmessungen, während das Innere der Struktur öffentliche Plätze hat und Fußgängerbrücken und Gehwege die verschiedenen Bereiche verbinden, um es den Menschen zu ermöglichen, sich sicher und frei zu bewegen.

Parabolisch geformte Sammler fangen Regenwasser auf, und eine Kläranlage recycelt verschmutztes Wasser zur Bewässerung der Hydrokultur-Gärten, die sich auf jeder Ebene befinden. Eingeplant sind die Nutzung der Erdwärme sowie die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen wie Solarzellen und Windkraftanlagen.

Ein weiteres utopisches Projekt befaßt sich mit dem Umbau einer ehemaligen Tagebau-Mine in einen selbstversorgenden, unterirdischen Wohnkomplex. Das Konzept namens Above Below stammt von Matthew Fromboluti an der Washington University in St. Louis und soll in einem 120 Hektar großen und 270 m tiefen Krater der ehemaligen Lavender Pit Mine in Arizona umgesetzt werden. Ebenerdig würde man nur eine artifizielle Bedachung mit einer Vielzahl von Lichtöffnungen sehen.

Above Below Design

Above Below (Design)

Der Beitrag für die nächstjährige eVolo Skyscraper Competition bildet eine völlig autarke unterirdische Stadt, die in der Lage ist ihren eigenen Nahrungsmittel- und Energiebedarf zu decken – und dabei in der Mitte der Wüste eine angenehm klimatisierte Umgebung schafft. Eine Stadtbahn soll die autarke Gemeinschaft mit der nahe gelegenen Stadt Brisbee verbinden. Solar- und Windenergie sind ebenfalls eingeplant.

Eine kleine britische Stadt mit 10.000 Einwohnern in North Cornwall hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, zur weltweit ersten solarbetriebenen Stadt zu werden. Wadebridge will mindestens ein Drittel seines Energiebedarfs durch Solar- und Windenergie decken, und hierfür bis zum Jahr 2012 schon 1 MW Solarstrom erzeugen. Bis 2015 sollen es dann sogar 7 MW werden.

Doch auch in einigen Arabischen Ländern beginnt man mit dem Bau neuer Ökostädte – wie z.B. in Algerien, wo im Inland, rund 200 km südlich von Algier, seit 2008 die Modellstadt Boughzoul El Bouhaira geplant wird. Gefördert wird das Projekt durch 8,5 Mio. $ seitens der Global Environment Facility (GEF), außerdem unterzeichnet Umweltminister Gabriel im Februar 2009 ein entsprechendes Kooperationsabkommen. Als zentrales Instrument der Umsetzung dient das Forschungs- und Entwicklungszentrum Boughzoul (FEB) mit Einzelinstituten für Agroökologie, für Erneuerbare Energien, für Umwelttechnik und Abfallwirtschaft sowie für energieeffiziente Gebäudeplanung. Der Grundstein wird im Dezember 2010 gelegt.

In die Umsetzung sind energiesparende Beleuchtungssysteme, Photovoltaikanlagen sowie thermische Solaranlagen einbezogen. Bei ihrer Fertigstellung im Jahr 2025 soll die Stadt eine neue Heimat für 350.000 Menschen werden. Sie umfaßt eine Fläche von 4.000 Hektar sowie einen 2.000 Hektar großen See.

Ein gewaltiges und äußerst anspruchsvolles Projekt stammt von den italienischen Architekturbüro OFL Architecture aus Rom. Es gewinnt damit im September 2010 den ersten Preis des internationalen Wettbewerbs Silk Road Map in Shanghai, bei dem es darum geht, die legendäre Seidenstraße-Handelsroute zwischen Asien, Europa und Nordafrika neu zu erfinden, neu zu interpretieren und wieder zu beleben.

Das Projekt Silk Road Map Evolution (SRME) von OLF schlägt eine 15.000 km lange Megastadt vor, die sich von Venedig bis nach Xian in China erstrecken soll! Die Vision für die neue Seidenstraße besteht aus zwei Hauptteilen: nachhaltigen bewohnbaren Türmen und einem riesigen Eisenbahnnetz. Die sporadisch sich wiederholenden Türme bestehen aus drei verschiedenen Arten von Wolkenkratzern mit einer durchschnittlichen Höhe von 400 m – während das Schienennetz entlang der traditionellen Seidenstraße läuft und mit neuen Linien verknüpft ist, deren Züge auf ‚polarisierten Gravitationsfelder’ fahren (was leider nicht näher erklärt wird).

SMR Design

SMR Design

Um genügend Energie für diese ‚Motor-Stadt’ zu gewinnen, soll die gesamte Außenfläche mit Photovoltaikmodulen bedeckt und piezoelektrische Platten unter den Eisenbahngleisen verlegt werden. Der genutzte Zement soll mit Titandioxid versetzt werden um mittels einer sonneninduzierten photokatalytischen Reaktion saubere Luft zu produzieren - etwa 500 Liter Sauerstoff pro Tag für jede 200 m2 Fläche. Außerdem ist von einer Art synthetischem Chlorophyll die Rede, was weniger utopisch ist, als es sich anhört (s.u. Technische Photosynthese).

Wie wichtig es ist, sich mit dem zukünftigen Städtebau auseinanderzusetzen, belegt die folgende Zahl: Die europäischen Städte verschlingen 75 % des Gesamtbedarfs an Energie in dieser Weltregion! Um Lösungen zu entwickeln, damit sich Städte von Energieverbrauchern zu Erzeugern grüner Energie verwandeln, startet das europäische Projekt POLIS. Hier stellt man schnell fest, daß sich Solarpaneele aufgrund ihrer sehr flexiblen Struktur für das Anwenden im städtischen Raum besonders gut eignen. Eine Rechnung der FH Frankfurt zufolge würde es ausreichen, 20 % der Dachflächen in Deutschland mit Photovoltaikanlagen zu bestücken, um 100 % des privaten Strombedarfs zu decken. Im November 2011 findet in Erfurt der bereits 4. Internationale Kongreß Bauhaus.SOLAR statt.


Anmerkung:
Übersichten der Folgejahre sind in Arbeit. Solar- und Ökostadtprojekte am arabischen Golf führe ich im Anschluß an den Kapitelteil über Masdar auf, siehe dort unter weitere Projekte.


Heliostaten und Tageslichtsysteme


Der Internationalen Energieagentur IEA zufolge wird 19 % des weltweiten Stroms für Beleuchtung verbraucht (Stand 2008). Außerdem kann und will niemand auf das Tageslicht verzichten. Es beeinflußt unseren Biorhythmus ebenso nachweislich wie unsere Stimmung und unser Befinden. Tageslicht besitzt zudem ein relativ gleichmäßiges Spektrum, wodurch Gegenstände in ihren natürlichen Farbwerten erscheinen.

Die Herausforderung besteht also darin, das Tageslicht optimal auszunutzen ohne dabei Nachteile wie Wärmeentwicklung in Kauf nehmen zu müssen. Forschungsinstitute und Beleuchtungshersteller arbeiten daher an den unterschiedlichsten Tageslichtlösungen und -systemen für den Innen- und den Außenbereich, die in dieser chronologischen Übersicht präsentiert werden sollen. Wie einst die Bürger von Schilda versuchen sie, das Sonnenlicht einzufangen – allerdings nicht mit Kesseln, Kannen oder Töpfen, sondern mit modernen Spiegeln, Reflektoren oder Blenden. Diese brechen das Licht, lenken und leiten es bis in den dunkelsten Keller.

Innenraum-Heliostat

Innenraum-Heliostat

Ein Heliostat ist ein Reflexionsapparat mit einem Spiegel, der das Sonnenlicht unabhängig von der Veränderung der Sonnenposition am Himmel immer auf den gleichen, ortsfesten Punkt reflektiert. Schon die alten Ägypter sollen mit Hilfe von Hand geführter Spiegel das Sonnenlicht bis ins Innere der Pyramiden gebracht haben.

Die ersten modernen Systeme wurden entweder manuell oder mit mechanischen Federmotoren nachgestellt. Jean Bernard Léon Foucault entwickelte um 1865 einen verbesserten Heliostaten, der für einen größeren Bereich des Himmels verwendbar war, und bezeichnete ihn deshalb als Siderostaten.

Große Heliostaten werden auch in Solarturm-Kraftwerken und bei Solaröfen ingesetzt (s.d.), wo sie zu Hunderten ihr Licht auf einen an der Turmspitze angebrachten Absorber konzentrieren. Mit dessen Hilfe wird die Wärme nutzbar gemacht, um mittels Dampferzeugung eine konventionelle Turbine mit angekoppeltem Generator anzutreiben.

In diesem Kapitelteil geht es jedoch um den Einsatz von Heliostaten und Tageslichtsystemen im Wohn- und Arbeitsbereich. Zu letzteren gehören auch prismatische Fenster, die schon früh zur Anwendung gelangten, wie eine Anzeige der Luxfer Company aus dem Jahr 1897 belegt. Das Patent dafür geht auf J.G. Pennycuick zurück und stammt von 1885. Das Prismen-Glas wurde ursprünglich entwickelt, um Licht in die Laderäume von Kohle-Frachtern zu leiten, damit man dort auch ohne Kerze oder Laterne sehen konnte.

Die Luxfer Company führt ihr Luxfer Prism Glas in einer breiten Palette von verschiedenen Winkeln für die verschiedensten Breiten und Zwecke auf dem Markt ein, um natürliches Licht tiefer in die Läden und Büros zu bringen. Stanford White verwendet die Gläser mit großem Erfolg beim Bau der Penn Station in New York im Jahr 1910, wo sie - in den Boden eingebaut - das Licht von den hohen Oberlichtern zu den Bahnsteigen im unteren Geschoß weiterleiten.

SunTracker

SunTracker

Heutzutage sind Lichtkuppeln aus Polycarbonat weit verbreitet, doch zunehmend werden auch elektrische und elektronische Systeme mit einbezogen. Die SunTracker Tageslichtreflektoren beispielsweise bündeln das Licht 9-fach und verteilen es ohne jede Hitzeentwicklung über eine weite Fläche mit einer Stärke, die 800 W Leuchtstoffröhren entspricht. Die Erfindung geht auf den Tageslicht-Pionier Lee Dominguez in der 1970er Jahren zurück, dessen Firma So-Luminaire in den USA damals schon Tausende dieser Systeme verkaufte.

1999 geht das Unternehmen mit Sanyo ein Joint-venture ein, um die Entwicklung voranzutreiben, doch auch nach sechs Jahren Tätigkeit sind die Partner mit den Ergebnissen nicht zufrieden. Im September 2005 gründet der Chef von So-Luminaire Jacque Stevens daher gemeinsam mit dem Inhaber der Installationsfirma Steve Briee sowie dem Investor Dave Broderick das Unternehmen Nature’s Lighting, um ab Anfang 2006 das Produkt komplett zu überarbeiten und endlich marktreif zu machen. 2007 wird der Namen des Unternehmens in Ciralight Global Inc. mit Hauptsitz in Park City, Utah, geändert.

Das inzwischen mit einer 10-Jahres-Garantie versehene System besteht aus drei Spiegeln mit solarbetriebener GPS-Steuerung unter einer Acrylgaskuppel, unter der sich auch ein Licht-Diffusor sowie transparente Wärmebarrieren befinden. Das Licht wird dann durch einen Lichtschacht und einen unteren Diffusor im gesamten Gebäude verbreitet.

Dr. Kei Mori gründet 1978 in Tokio die Firma La Forêt Engineering, die sich mit der Entwicklung von automatischen Systemen zu sammeln und weiterleiten von Sonnenlicht beschäftigt. Zehn Jahre später kann er bereits mit seinem System Himawari XD-50 Mini aufwarten, das aus 18 Einzellinsen besteht. Im Laufe der Folgejahre werden verschiedene weitere Modelle des Himawari Solar Lighting System entwickelt, benannt nach dem japanischen Wort für Sonnenblume. Das Unternehmen besteht, inzwischen als Ltd., auch nach dem Tod Moris 1990 weiter.

Das Institut du monde arabe (IMA) (Institut der Arabischen Welt) in Paris wird eingerichtet, um das Verständnis zwischen Frankreich und der arabischen Welt zu fördern. Es wird 1980 auf Veranlassung des damaligen Staatspräsidenten Valéry Giscard d'Estaing gegründet und 1987 während der Präsidentschaft François Mitterrands erbaut – mit der Unterstützung durch 19 arabische Staaten. Der Entwurf stammt von der französischen Architektengruppe Jean Nouvel, Pierre Soria und Architecture Studio. Nouvel wird 1989 für die Gestaltung des Instituts mit dem angesehenen Aga Khan Award for Architecture ausgezeichnet.

IMA-Fassade Detail

IMA-Fassade (Detail)

An der südlichen Fassade wird der Einfall des Sonnenlichts durch Tausende von Irisblenden hinter der Glasfassade reguliert, die sich computergesteuert stufenlos öffnen und schließen lassen, um eine optimale Nutzung des Tageslichts zu gewährleisten. Nouvel greift in seiner Synthese aus traditioneller Ornamentik und High-Tech-Architektur auf das Motiv der schattenspendenden Maschrabiyya aus der arabischen Architektur zurück.

Die deutsche Firma Bomin-Solar-System von Hans Kleinwächter stellt 1988 einen ersten kommerziellen Heliostaten vor: ein flacher Spiegel, der das Licht von außen auf innerhalb der Gebäude liegende ‚Lichtverteiler’ richtet und damit Kunstlicht überflüssig macht. Ein Quadratmeter Heliostatenfläche erbringt dabei eine Lichtleistung von max. 700 W, was je nach Wirkungsgrad der herkömmlichen Leuchtkörper bis zu 7.000 W elektrische Energie ersetzt. Noch wichtiger als die ökonomischen scheinen aber die physiologischen Vorteile des Naturlichts zu sein.

Ein weiteres System bildet der automatisch sonnennachgeführte Helioflex-Spiegel von Christoph Keller aus Berlin, der diesen 1994 zum Patent anmeldet (P 44 24 571.8). 1997 macht er wieder von sich reden, als er mit einem serienreifen Helioflex von knapp einem Meter Durchmesser dunkle Hinterhöfe im Prenzlauer Berg ‚erleuchtet’. Der Bausatz kostet zu diesem Zeitpunkt etwa 5.000 DM.

Seit einigen Jahren produziert auch das Offenbacher Unternehmen EGIS GmbH runde und achteckige Heliostaten mit Durchmessern von 1 und 1,5 m bzw. Flächen von 3 und 5,5 m2. Das größte Modell Helio 5.5 F8 mit den Maßen 2,45 x 2,45 m kostet samt Rotor und Steuergerät gut 17.000 € (Stand 2011).

Auch das 1995 in Berlin neu gebaute Ring-Center in Friedrichshain wird mit drei Heliostaten von jeweils 6 m2 Fläche ausgestattet, die ihr Licht auf 72 kleinere Spiegel werfen, welche auf dem Glasdach des Atriums installiert sind. Diese Spiegel sind so justiert, daß sich im Inneren des Einkaufszentrums eine natürliche Helligkeit ergibt.

Arthelio

Arthelio

Das Institut für Elektronik und Lichttechnik der TU-Berlin entwickelt 1998 gemeinsam mit der EGIS GmbH ein Tageslicht-Lenksystem mit dem Namen Arthelio, das aus einer Art verspiegeltem Trichter besteht, der das Sonnenlicht einfängt und in eine spezielle Röhre leitet, die mit einem neuartigen Film aus eingeprägten Mikroprismen beschichtet ist, wodurch die Röhre wie ein Glasfaserkabel funktioniert. Die Strahlen werden an den Wänden nahezu ohne Helligkeitsverlust reflektiert und weitergeleitet. Das von der Europäischen Kommission geförderte Forschungsprojekt läuft unter Mitwirkung italienischer und schwedischer Partner. Wesentliches Projektziel ist die Entwicklung eines Hohllichtleiterbeleuchtungssystems mit kombinierter Einspeisung von Tageslicht und dem Kunstlicht einer Schwefellampe.

Das EU-Forschungsprojekt zur Entwicklung einer ökonomischen und energiesparenden Heliostat-Technologie für die Beleuchtung unterirdischer Räume mittels Sonnenlicht wird Mitte 2001 erfolgreich abgeschlossen, die Leitung lag in der Hand des Tiroler Unternehmens Bartenbach LichtLabor. Kernstück des Prototyps ist ein auf dem Dach montierter Heliostat, der im Gegensatz zu seinen Vorgängern aufgrund neuer Materialien bei einer Fläche von 2,6 m2 mit rund 50 kg leicht und stabil ist. Beim Drehmotor eingesetzte Satellitentechnologie erlaubt die Senkung des jährlichen Energieverbrauchs auf 30 kWh. Der Gesamtwirkungsgrad beträgt 30 %. Nun soll das Sonnenbeleuchtungssystem innerhalb von drei Jahren zur Marktreife gebracht werden.

Bartenbach gilt als einer der Marktführer auf dem Gebiet der Sonnenlichtlenkung. Das Unternehmen rüstete u. a. eine Moschee in Mekka, das Ägyptische Museum in Kairo und die Zentralbank in Frankfurt aus.

Auch auf dem Dach eines Luxushotels im Tiroler Ischgl wird 2001 ein Heliostat montiert. Sobald die Sonne im Winter ab drei Uhr nachmittags hinter den Bergen verschwindet, drängen sich die Ski-Touristen in der Eisbar von Günther Aloys, die am Ende der Haupttalabfahrt liegt und von dem Heliostaten mit Sonnenlicht beschienen wird, während Ischgl längst im Schatten liegt. Gekostet hat das Ganze zwischen 100.000 und 150.000 €.

Auch die neue Entwicklung von faseroptischen Kabeln aus wirtschaftlichem Plastik läßt die Idee, Sonnenlicht ins Innere von Gebäuden zu bringen, neue Aktualität gewinnen.

Bei dem neuen Hybrid Lighting System, das von dem amerikanischen Unternehmen Sunlight Direct vermarktet wird, wird auf dem Dach eines Gebäudes ein Parabolspiegel aus Kunststoff von rund 120 cm Durchmesser aufgestellt. Gesteuert von einem kleinen Prozessor mit den GPS-Daten des Standorts und der Uhrzeit verfolgt der Spiegel die Sonne. Deren Licht wird auf einen kleineren Spiegel reflektiert, der wiederum die Strahlen bündelt und zu einem faseroptischen Empfänger in der Mitte des Spiegels schickt. Dort wird das Licht auch gefiltert: Durchgelassen werden nur die sichtbaren Bestandteile, während UV- und Infrarotlicht (wegen der ungewünschten Wärme) abgeblockt werden. Der Empfänger besteht aus einem Bündel aus 127 einzelnen Lichtleiter-Fasern, jeweils etwa 0,3 cm stark, die das Sonnenlicht in das Gebäude bringen. Zwei Fasern entsprechen dabei einer Glühbirne mit 50 W. Das Modell HLS 3010 hat bei voller Sonneneinstrahlung eine Leuchtleistung von 50.000 Lux, was ausreichen ist, um eine Fläche von 90 m2 gut auszuleuchten.

Da die Sonne nicht überall ganztägig scheint, werden die Lichtverhältnisse in den Räumen ununterbrochen von Beleuchtungssensoren überwacht. Sobald das Sonnenlicht nicht mehr genügt, wird es durch elektrisches Licht ergänzt. Mitte 2006 wird das System in einigen öffentlichen Gebäuden und in Unternehmen im ‚Sun-Belt’ der USA getestet, und da sich die Räume dank gefiltertem Sonnenlicht auch weniger aufheizen, rechnet man mit zusätzlichen Einsparungen. Die Kosten sollen für institutionelle Kunden nach der Marktreife Anfang 2007 unter 10.000 $ liegen, ein System für Privatkunden wird für 2008 angepeilt.

Aufgrund der Plastiklichtleiter ist das HSL-System zwar günstig, doch das Material absorbiert so viel Licht, daß bei einer Strecke von 10 m Schluß ist. Als Lösung empfiehlt der deutsche Lichtleiterexperte Hans Poisel, der an der FH Nürnberg Europas erstes Anwendungszentrum für Polymere Optische Fasern leitet, bei langen und geraden Strecken die Hohlrohre mit verspiegelter Auskleidung einzusetzen, an denen er arbeitet.

Parans Lichtkollektor

Parans Lichtkollektor

Die japanische Firma La Foret Engineering bietet ein ähnliches System wie HSL an, allerdings mit echter und leistungsfähigerer Glasfaser, das deshalb auch wesentlich teurer ist.

2004 präsentiert die zwei Jahre zuvor gegründete schwedische Firma Parans aus Göteborg erstmals ihr System von Sonnenlichtempfängern für die Dach- oder Wandmontage. Das Licht wird über Lichtleiter in die Räume innerhalb des Hauses geleitet. Die Licht ausstrahlenden Leuchten, die wie Lampen von der Decke hängen, geben eine Mischung von parallelen Lichtstrahlen und Umgebungslicht ab und spiegeln auch Änderungen des Sonnenlichts draußen wieder, wie zum Beispiel den Schattenwurf von Wolken oder Bäumen. Der Name Bjork ist schwedisch für Birke (und hat nichts mit dem isländischen Popstar zu tun), und die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erfolgten in Kooperation mit der Chalmers Technical University in Göteborg.

Das Einzelsystem besteht aus einem Empfänger, 5 m langen Leitungen und jeweils sechs Leuchten in Form von Spots. Die Leitungen lassen sich bis auf 20 m verlängern, und in den Folgejahren entwickelt das Unternehmen auch eine zweite und dritte Generation ihrer Lichtempfänger mit Sonnennachführung. Mit jedem der 110 cm langen und 45 cm breiten Empfänger lassen sich rund 40 m2 Wohn- oder Arbeitsfläche ausleuchten.

Drei Jahre später bietet Parans auch größere Lichtempfänger an, die aus einer Vielzahl einzelnen Linsen bestehen, ähnlich wie sie bei CPV-Systemen genutzt werden (s.d.).

Rattenberg-Konzept

Rattenberg-Konzept

Die oben bereits erwähnte Firma Bartenbach unterstützt im Jahr 2005 auch die Einwohner des 600-jährigen österreichischen Bergdorfs Rattenberg, die 4 Monate pro Jahr unter dem Mangel an Sonnenlicht leiden, da die Siedlung zwischen November und Februar im Schatten des Schlossbergs liegt – was die Menschen krank und depressiv macht. Außerdem bleiben in dieser Zeit auch die Touristen aus. Aus diesem Grund wollen die Bürger zwei große Spiegel erwerben, um den Altstadtteil ihres Ortes auch im Winter mit Tageslicht zu versorgen.

Vorgesehen sind auf der Sonnenseite des Ortes ein selbstnachführender Heliostat mit 200 m2, und auf der Schlossbergseite mehrere feste Spiegel mit zusammen 400 m2 Fläche. Der ermittelte Preis von 4 Mio. € für das Gesamtsystem ist jedoch zu hoch – und der Traum zerschlägt sich.

Auch das bereits 1931 gegründete österreichische Unternehmen Colt International GmbH aus Linz beschäftigt sich seit langem mit Heliostaten und Tageslichtsystemen. Als Beispiel sei hier eine lamellenbesetzte Lichtpyramide vorgestellt, eine Kombination von Lichtstraßen und Sonnenschutzlamellen, die sich auf dem Dach der Firma Volz-Filter in Horb am Neckar befindet. Die Firma stellt derzeit jährlich etwa 15 Heliostaten auf.

Mit der Idee eines Sunlight Table machen im Jahr 2004 Anab Jain und Stuart Wood, zwei Studenten des Royal College of Art (RCA) in London, von sich reden. Der innovative Tisch bringt natürliches Licht mittels Lichtleitern in den Arbeitsbereich, wobei die Glasfaserkabel direkt in der Oberfläche des Holztisches eingebettet sind. Der Sonnenlichtempfänger wird über einem Fenster plaziert, und Bewegungen vor dem Fenster, wie etwa durch Vögel oder Wolken, bringen ein wenig von der Außenwelt zu dem Benutzer hinein. Das Projekt gewinnt den Design For Our Future Selves Wettbewerb des RCA.

Sunlight Table Design

Sunlight Table (Design)

Das Mitte 2006 neu eröffnete Haus der Forschung in Wien mit einer Nutzfläche von 7.500 m2 kostet den Bauherrn Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) rund 13,5 Mio. €. In dem Gebäude im neunten Wiener Gemeindebezirk sind die wichtigsten Förder-Institutionen Österreichs konzentriert: die Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), der Wissenschaftsfonds (FWF), die Christian Doppler-Gesellschaft (CDG) und die Austrian Cooperative Research (ACR).

Die Ausführung des Gebäudes als energetisch optimiertes Haus soll den innovativen Charakter ebenso unterstreichen wie das von Andrea von der Straeten und Angelo Stagno gestaltete experimentelle Kunstobjekt 0-24 Licht, bei dem auf dem Dach des Hauses Sonnenlicht gebündelt und bis ins Foyer im Erdgeschoß geleitet wird, wo es aus zahlreichen von der Decke hängenden Kabeln wieder austritt.

Solatube-Technik

Solatube-Technik

Ein weiteres Unternehmen, das sich seit 2006 mit der Technologie beschäftigt, Sonnenlicht in Innenräume zu leiten, ist die Firma Solatube International Inc. aus Vista, Kalifornien. Das Solatube Brighten Up Series Daylighting Systems ist ein Konzept mit verspiegelten Hohlrohren für die Tageslichtbeleuchtung innen liegender Zimmer. In Deutschland wird das Produkt von der Interferenz Daylight GmbH in Tönisvorst angeboten.

Ähnliche Systeme gibt es zu diesem Zeitpunkt von der britischen Firma SunPipe (2011 nicht mehr auffindbar), sowie von Velux, deren Tageslicht-Spot mit starrem Rohr (Lichtkamin o. Sky-Tube) eine bessere Lichtausbeute für innen liegende Bäder, Treppenhäuser oder Abstellkammern verspricht. Dabei gelangt Tageslicht durch ein kleines Fenster auf dem Dach in ein reflektierendes Aluminiumrohr und wird über einen Schacht in die Etage unter dem Dachboden geleitet. Dort sorgt eine Streuscheibe aus doppeltem Acryl-Isolierglas dafür, daß der darunter liegende Raum sanft und natürlich ausgeleuchtet wird. Mit einem bereits 2005 eingeführten flexiblen Rohr können auch Hindernisse zwischen Dach und Zimmerdecke umgangen werden.

Mit einem Tageslicht-Spot by Lovegrove präsentiert Velux 2010 eine der stilvollsten Möglichkeiten, fensterlose Räume mit Tageslicht zu erhellen. Das Objekt des britischen Stardesigners Ross Lovegrove besteht aus einem eleganten Deckenelement und einem höhenvariabel einstellbarem Kegel aus hochglanzlackiertem ABS-Kunststoff, der unterhalb des Lichttunnels zu schweben scheint und den Raum sanft und natürlich ausleuchtet. Der neue Tageslicht-Spot wird umgehend mit dem renommierten Design-Preis Red Dot Award ausgezeichnet.

Ein Jahr später stellt Velux auch einen flachen Tageslicht-Empfänger für Dächer vor, der sich ohne aufzufallen in die Dachstruktur einordnet und für die starren Lichtrohre des Unternehmens gedacht ist.

Ein ganzes Dorf mit einem Heliostaten zu beleuchten wird weltweit erstmals Ende 2006 in den italienischen Alpen in der Nähe der Schweizer Grenze verwirklicht, in der nördlich von Turin gelegenen 200-Personen-Ortschaft Viganella.

Viganella-Dorfheliostat Grafik

Viganella-Dorfheliostat

Hier richtet ein sonnennachgeführter Heliostat aus 14 Einzelspiegeln aus rostfreiem Stahl mit einer Gesamtfläche von 40 m2, der in 1.100 m Höhe auf einem nahen Berggipfel installiert ist, das Sonnenlicht auf den zentralen Marktplatz, um auch im Winter eine natürliche Helligkeit des ansonsten zwischen dem 11.11. und dem 02.02. eines jeden Jahres völlig im Schatten liegenden Dorfes zu erreichen. Das Projekt kostet rund 100.000 € und wird von privaten Spendern und lokalen Organisationen finanziert. Ein Computer sorgt dafür, daß jeden Tag sechs Stunden lang reflektiertes Licht in einen kleinen Teil des Dorfes fällt. Die Größe des Spiegels reicht allerdings nur aus, um die Piazza zu beleuchten, der Rest des Dorfes liegt weiterhin im Schatten. Der Spiegel reflektiert nicht nur das Licht der Sonne, sondern auch 80 % des nicht sichtbaren Spektrums, was zu einer merklichen Erwärmung des Platzes führt.

Das australische Unternehmen DayRay bietet Lichtsysteme an, deren Empfänger ohne Sonnennachführung auskommen, wobei das Licht selbst über flexible Polymer-Fasern in die dunklen Räume geleitet wird. Die unscheinbaren Empfänger können überall an den Außenwänden oder auf dem Dach installiert werden und funktionieren auch bei Bevölkerung. Dem Stand von 2011 zufolge scheint das Produkt inzwischen von der ebenfalls australischen Firma Skydome Skylight Systems hergestellt und vertrieben zu werden.

In China soll im Laufe des Jahres 2007 der Bau des etwa 280 m hohen Zhengdong Hotels in der gleichnamigen Stadt abgeschlossen werden, dessen Design von der Architektur chinesischer Pagoden inspiriert ist. Das sich im inneren befindliche zylindrische Atrium, das bis an die Spitze des Bauwerks reicht, soll durch einen Tageslicht-Heliostaten ausgeleuchtet werden.

Auch beim Bau des Terminals 3 für den Changi-Airport in Singapur, dessen Kapazität sich dadurch mit einem Schlag von 20 Millionen auf rund 60 Millionen Passagiere erhöhen wird, soll das 52.000 m2 große Gebäude mit natürlichem Licht versorgt werden – so die Auflage des Flughafenbetreibers CAAS. Um diese Vorgabe bei Durchschnittstemperaturen von 27°C und starker, zeitweise vertikaler Sonneneinstrahlung zu erfüllen, entwerfen die Ingenieure der Firma elero GmbH aus Pößneck eine aufwendige Dachkonstruktion für die gläserne und offene Architektur der US-amerikanischen Architekten Skidmore, Owings & Merrill, bei der ein innovatives System zur Lichtlenkung zwar Helligkeit ins Innere läßt, die Wärmeenergie der Sonnenstrahlen jedoch aussperrt. Nach der Eröffnung 2008 profitieren Mitarbeiter und Reisende von natürlichem, blendfreiem Licht an den Check-In-Schaltern und den 28 Gates.

Jedes der insgesamt 919 Oberlichter der Dachkonstruktion verfügt über ein eigenes Beschattungssystem aus zwei Aluminium-Paneelen, die wie Schmetterlingsflügel angeordnet sind und daher auch als Butterfly Panels bezeichnet werden. Die Aluminiumflügel werden von fast 2.000 elektrischen Schubspindelantrieben bewegt. Isolierglas reduziert den Energiedurchlaß zusätzlich auf nur noch 15 %.

Ufo

Ufo

Mehr für den heimischen Gebrauch gedacht sind die Objekte der Manufaktur neuesLicht, die sie auf der Kölner Möbelmesse 2007 erstmals vorstellen. Die Deckenlampe Ufo des Künstlers Simon Brünner besteht aus Lichtfaserkabeln, die zu einem schwebenden, leuchtenden Ring angeordnet sind. Ihre primäre Lichtquelle kann ein anderer Raum sein – aber genauso gut auch natürliches Sonnenlicht, womit zumindest tagsüber auf den Verbrauch elektrischen Stroms verzichtet werden kann.

Brünner kreiert auch eine ganze Bandbreite von kleinen, dezenten LED-Leuchten, bis hin zu riesigen Kunstinstallationen. 2008 erhält er für seine Arbeit mit neuesLicht den Newcomer Preis von Elle Decoration Deutschland, und 2011 wird er zum Creative Director von lab.me ernannt, einem auf seine Initiative hin neu gegründeten Designlab der Firma OSRAM, das sich mit Forschungen im Bereich der OLED-Anwendungen beschäftigt.

Grundlegende und umfassende Informationen zum vorliegenden Thema bietet in Deutschland der Fachverband Tageslicht und Rauchschutz e.V. (FVLR e.V.). Er ist der Rechtsnachfolger des Fachverbandes Lichtkuppel, Lichtband und RWA e.V. (FVLR e.V.), der seinerseits aus dem 1982 gegründeten Fachverband Lichtkuppel (FVL e.V.) hervorgegangen ist. Seit 2007 befinden sich Sitz und Geschäftsstelle des Verbands in Detmold. Mit Publikationsreihen wie den FVLR-Heften, den Newslettern BRANDAKTUELL und TAGESLICHTAKTUELL, Studien, Fachbüchern und dem umfangreichen Internetportal www.fvlr.de wendet sich der Fachverband an Planer, Architekten und Ingenieure sowie an den akademischen Nachwuchs aus Architektur und Bauwesen.

Die Umsetzung scheint im Ausland allerdings schon weiter fortgeschritten zu sein: Sogar die 2008 eigens für Olympiade neu errichtete Sporthalle der Pekinger Universität für Wissenschaft und Technologie wird tagsüber mittels 148 Sonnenröhren vom Typ Solatube DS 750 ausgeleuchtet, welche das natürliche Tageslicht über eine Distanz von 18 m nach unten transportieren. Der Durchmesser der Röhren beträgt jeweils 530 mm.

Auch die kanadische Firma SunCentral Inc. in Richmond, eine Ausgründung der University of British Columbia, wird 2008 gegründet, um eine neue Innovation von Lorne Whitehead zu vermarkten, einem Lichtindustrie-Visionär, der schon über 100 Patente hält.

SunCentral-Array 1

SunCentral-Array 1

Bei dem gegenwärtig vielleicht modernsten Tageslichtsystem handelt es sich um eine Kombination aus Solar-Konzentratoren und größeren Lichtrohren, um die Beleuchtung- und Kühllasten in Gebäuden zu senken und die Büros gleichzeitig zu angenehmeren Arbeitsorten zu machen. Reihen von Spiegeln in wetterfesten Behältern an der Außenseite des Gebäudes konzentrieren das Sonnenlicht und fokussieren es über kleine Spiegel auf Linsen, ähnlich wie bei herkömmlichen CPV-Arrays. Sobald das Licht die Linse passiert wird es in Kanäle von der Größe und Form von Leuchtstofflampen geleitet. Durch Öffnungen in dem Kanal kann dann Tageslicht in die Büros eingestrahlt und auch Zimmer tief im Inneren eines Gebäudes erreicht werden. Das System beruht auf einem 10-fachen Konzentrationsfaktor.

Im Laufe des Jahres 2010 erhält SunCentral aus dem Programm Sustainable Development Technology der kanadischen Regierung einen Zuschuß in Höhe von 6,4 Mio. $, mit dessen Hilfe das Unternehmen sechs Demonstrationsanlagen installieren wird, bevor im Jahr 2013 dann die Markteinführung des Core Sunlighting System erfolgen soll.

Anfang 2011 sind bereits zwei der sechs Technologie-Demonstrationen bei Kunden vor Ort installiert. An einem Gebäude des British Columbia Institute of Technology (BCIT) werden zehn Kollektoren der ersten Version montiert, die jeweils 60.000 Lumen liefern (eine typische Glühlampe hat 800 Lumen). Man sieht auf dem Bild, daß die oben links montierten Systeme mit einer Dicke von 120 cm noch recht klobig wirken. Die meßtechnische Bewertung wird von BC Hydro durchgeführt, dem größten Stromversorger Kanadas.

Die zweite Version der Lichtkonzentratoren ist nur noch halb so dick und wird im Rahmen einer kompletten Gebäudesanierung an der University of British Columbia (UBC) installiert. Auch hier wird die Bewertung von BC Hydro durchgeführt. Das Unternehmen ist weiter bemüht, die Dicke des Systems drastisch zu verringern, und gleichzeitig die Tiefe, in die das Sonnenlicht im Gebäude geleitet werden kann, zu erhöhen. Im Juni 2011 gewinnt SunCentral den BC Technology Impact Award for Excellence in Product Innovation.

Practical Solar Heliostat

Heliostat von
Practical Solar

Ab 2009 vertreibt die Firma Practical Solar Inc. in Boston, Massachusetts, computergesteuerte Heliostat-Spiegel, die der Sonne nachgeführt werden und ihr Licht in die Fenster werfen. Jeder Heliostat kann 300 W Wärme und so viel Licht wie vierzig 100 W Glühbirnen liefern.

In diesem Jahr erscheinen auch die ersten Meldungen über ein Selbstbau-Tageslichtsystem, das sich besonders gut für einfache Wohnhütten eignet, wie es sie weltweit – und nicht nur in der 3. Welt – zu Millionen gibt. Die Idee soll auf den brasilianischen Elektroingenieur Clivenor de Araujo Filho im Jahr 2002 zurückgehen.

Dabei werden transparente Wasserflaschen mit frischem Wasser und etwas Bleichmittel befüllt, um dem Algenwachstum im Inneren vorzubeugen, und dann gut verschlossen und in Löcher des Deckenmaterials, z.B. Wellblech, eingesetzt. Sie strahlen – zur Hälfte außen dem Sonnenlicht ausgesetzt – im Durchschnitt so viel Licht wie eine 50 W Glühbirne in den Raum hinein. Das Projekt wird unter dem Namen Liter of Light bekannt. Bis 2012 will die Initiative 1 Million Hütten mit dem fast kostenlosen System ausrüsteten.

Auch die Firma Discount Solar aus Exeter, Kalifornien, bietet besonders günstige Lichtrohre an. Auf ihrer Homepage sind sämtliche benötigten Einzelelemente der Tubular skylights aufgeführt und bestellbar, wodurch man die Installation gegebenenfalls auch selbst ausführen kann.

Die am Anfang dieses Kapitelteils erwähnten prismatischen Fenster erfahren durch die Schweizer Firma Kunststoffpark GmbH aus Kriens eine Renaissance: Unter dem Label Prismaplex werden präzisionsstrukturierte Platten aus transparenten Kunststoffen wie z.B. PMMA (Acryl bzw. Plexiglas) in Größen bis zu 5,4 x 1,0 m angeboten, die eine hohe optische Qualität ihrer Prismenstrukturen aufweist.

Prismaplex Oberlicht

Prismaplex Oberlicht

Die PrismaReflect Platten ähneln linearen Fresnel-Linsen, wie ich sie ausführlich im Kapitelteil über Solarkonzentratoren präsentiere (s.d.). Sie sorgen mit ihrer speziellen Lamellengeometrie dafür, daß die Räume effektiv vor Aufheizung geschützt werden, während gleichzeitig das volle Tageslicht blendfrei genutzt werden kann. Zusätzlich zum Erreichen eines optimalen Raumklimas reduzieren sich dadurch die Klimatisierungs- und Beleuchtungskosten. Das System funktioniert wie eine Vertikallamellenanlage: Bei geöffneten Lamellen dringt das direkte, wärmetragende Sonnenlicht ungehindert in den Raum, der sich dabei aufheizt. Sind die Lamellen geschlossen, reflektieren sie das direkte wärmetragende Sonnenlicht und lassen nur das ‚normale’ Tageslicht nach innen durch, so daß der Raum zwar erhellt wird, dabei aber kühl bleibt.

Bislang nur experimentell ist eine Anwendung als Oberlicht, wo ein prismatischer Kegel UV-Strahlen blockiert und das Licht des sichtbaren Spektrums weiterleitet und unten verteil

Ebenfalls mit Acryl als lichtleitendes Material wird der Britische Pavillon auf der EXPO 2010 in Shanghai ausgestattet (s.u. Solarhäuser 2010), der mit seiner spektakulärsten Fassade wie ein 20 m hoher Seeigel aussieht. Die Fassade der von Thomas Heatherwick entworfenen Seed Cathedral besteht aus 60.000 Acryl-Stäben von je 7,5 m Länge, als Lichtleiter dienen. Tagsüber ziehen sie Licht in die Struktur hinein, während nachts durch die Stäbe ein sanftes Leuchten aus dem Inneren nach außen dringt.

Etwas langfristiger angelegt ist der Ausbau des County Museum of Art in Los Angeles, der 2010 durch die Errichtung eines neuen Pavillons des Stararchitekten Renzo Piano. Der Linda und Stewart Resnick Ausstellungspavillon ist ein großer, einstöckiger und flexibler Raum mit gezackten Dachfenstern und hohen Lamellen, die an frühere Industriehallen erinnern. Diese Umsetzung erlaubt, daß reichlich Tageslicht in jede Ecke des Gebäudes dringt, während bei der Beleuchtung der Kunstwerke Energie gespart wird.

Die namensgebenden Mäzen finanzieren den über 4.000 m2 großen Neubau anteilig mit 45 Mio. $ - und spenden zuzüglich Kunst im Wert weiterer 10 Mio. $.

Von dem Designer Manuel Schneider aus Olten, Schweiz, stammt die Pendelleuchte Skua, die mittels Sonnenlicht Konferenzräume, Gruppenarbeitsplätze und „Orte der erhöhten Konzentration“ ausleuchten soll. Ähnlich wie bei anderen hier vorgestellten Systemen wird das Sonnenlicht mit Hilfe von Kollektoren oder Parabolspiegeln auf dem Dach eines Gebäudes gesammelt und mit Glasfaserkabeln ins Gebäudeinnere transportiert. Bei Bedarf kann das natürliche Licht mit Hilfe von zwei Leuchtstoffröhren ergänzt werden.

Skua Design

Skua (Design)

Das in Zusammenarbeit mit Alain Gutjahr und Hannes Felber entstandene Objekt, das auf der Möbelmesse in Mailand erstmals vorgestellt wird, besitzt eine integrierte Tageslichtsteuerung, die eine angenehme und möglichst ökologische Beleuchtung gewährleistet. Die Leuchte besteht aus mattiertem Acrylglas und poliertem Aluminium und wird von 31 Glasfaserkabeln gehalten.

Ein besonders leistungsfähiger Licht-Kollektor namens Sundolier wird von der Firma Sunflower Corp. aus Boulder, Colorado, vorgestellt. Durch seinen Parabolspiegel soll ein einzelnes System dazu ausreichen, eine Fläche von 100 - 250 m2 auszuleuchten. Der Solar-Roboter auf dem Dach ist zweiachsig nachgeführt und reflektiert das konzentrierte Licht in ein Lichtrohr von 60 cm Durchmesser. Innerhalb des Gebäudes wird das Licht dann über ‚Solar-Kronleuchter’ verteilt, von denen das Unternehmen verschiedene Modelle und Entwürfe anbietet.

Pure Sun

Pure Sun

Eine flexible, kleine und wesentlich einfachere Version bildet die Heliostat-Innenraumlampe der norwegischen Firma Igland Design aus Bergen. Das unter dem Namen Pure Sun entwickelte Modell besitzt zwar auch eine zweiachsige Nachführung, die allerdings mittels zweier Drehknöpfe manuell gesteuert werden muß. Der Spiegel ist innerhalb eines viereckigen, gläsernen Tisches installiert, den man ins Sonnenlicht stellen muß, um das reflektierte Licht nach Wunsch weiterzuleiten… was nicht überall praktikabel ist. Vielleicht ist dieser solare Mini-Heliostat deshalb nicht in den Vertrieb bekommen. Man kann ihn aber auch leicht selbst bauen, da es die identische Mechanik in Verbindung mit kleinen Labyrinthspielen überall im Spielwarenhandel zu kaufen.

Die oben bereits erwähnte Firma Colt International GmbH installiert 2010 auch auf einem Hof im Schwarzwald einen ihrer Heliostaten. Der Haldenschwarzhof der Familie Schuler, seit mehr als 400 Jahren zwischen bewaldeten Flanken im tief eingeschnittenen Zweribachtal eingeklemmt, liegt zwischen Oktober und Februar im Dunkeln, worunter schon viele Generationen seiner Bewohner gelitten haben.

Die nun errichtete neue ‚Sonne’ ist 2,5 x 2 m groß und auf einem 4 m hohen Mast an einem Steilhang auf der gegenüberliegenden Talseite befestigt. Zwar lassen sich mit einem Spiegel dieser Größe immer nur einzelne Fenster gezielt bescheinen, doch in diesen Zimmern wird es erstaunlich warm, wie die Familie berichtet. Außerdem würden diese Wärme und das natürliche Licht sehr gut tun. Gekostet hat der Heliostat gut 10.000 € - nicht viel für eine jahrzehntelang nutzbare Verbesserung der Lebensqualität.

Die Richtung der Strahlen muß allerdings direkt am Spiegel einprogrammiert werden, pro Tag sind bis zu 50 Positionierungen möglich. Komfortablere Lösungen mit einer automatischen Nachführung wären zwar machbar, würden den Preis aber signifikant höher treiben - zumindest solange die Nachfrage noch zu gering für eine Serienfertigung ist. Derweil kann man aber auch vieles selbst machen. An dieser Stelle sei deshalb darauf hingewiesen, daß es unter der Open Source Plattform Arduiono passende Programme für entsprechende Schaltungen gibt, wie mir mein Freund Rainer Brenkmann mitteilte. Näheres dazu findet sich hier auf der Seite von Gabriel Miller.

Die von Eberhard Hauser Mitte 2010 gegründete Firma EnLiCoS GmbH & Co. KG mit Sitz in München bietet einen ‚intelligenten Sonnenspiegel’ an, der sich selbstständig ganztägig der Sonne nach ausrichtet. Der 80 cm große Spiegel soll einen Wirkungsgrad von 92 % erreichen und eine Leuchtkraft haben, die 2.000 W elektrischer Glühbirnenleistung entspricht. Bewegt wird er von einem Elektro-Motor, der seine Antriebsenergie von einer kleinen Solarzellen-Platte bezieht. Als autarkes System benötigt der Spiegel daher keinerlei Anschlüsse oder Verbindungen. Der EnLiCoS-Sonnenspiegel kann nicht nur in Gärten, sondern auch auf Flachdächern montiert werden, um Helligkeit ins Haus zu bringen. Dazu müßten dann nur noch weitere Ablenkspiegel installiert werden.

Sollektor Demonstrator 2

Sollektor
Demonstrator 2

An der Georg-Simon-Ohm Hochschule in Nürnberg läuft seit Mitte 2008 ein dreijähriges, mit 260.000 € vom BMBF gefördertes Forschungsprojekt, bei dem gemeinsam mit den Firmen Variotec, Sunvention und dem Bayerischen Laserzentrum ein Tageslicht-Kollektor mit 2.000-facher Konzentration entwickelt werden soll, um Sonnenlicht zu sammeln und über Lichtleiter in innenliegende Räume zu transportieren, ohne dabei die Wärme mitzunehmen.

Nachdem bereits Ende 2008 ein erstes Modell in Indien praktischen Tests unterzogen wird, folgt im Mai 2009 die Präsentation eines Demonstrator 2 Modells, das bereits eine 280-fache Konzentration des Sonnenlichts erreicht und aus 600 Spritzguß-Optiken besteht, die das Licht jeweils in 1 mm Kunststoff-Fasern einkoppeln. Bei voller Sonneneinstrahlung entspricht der eingekoppelte Lichtstrom dem von 50 Halogenlampen zu je 100 W - ohne deren Wärmeerzeugung. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen auch in das EU-geförderte Forschungsprojekt ,Clear-up’ ein.

Als ich selbst 2011 erstmals davon erfahre, berichtet die Presse, daß es Prof. Hans Poisel an der Georg-Simon-Ohm Hochschule ist, der Tageslicht in das Innere von Gebäuden bringen will - und auch schon einen marktgängigen Namen für das System hat: Seine Sollektoren sammeln auf dem Dach Sonnenlicht und speisen es in Lichtleiter ein, die das Haus durchziehen. Dadurch sollen sie mit 50 % bis 70 % des eingefangenen Lichts zur Raumbeleuchtung beitragen. Die Lichtleiter treten an den Zimmerdecken aus und versorgen spezielle Leuchten, die bei Bedarf zusätzliches Kunstlicht aus Leuchtdioden liefern.

Die Sollektoren selbst sind quadratische Platten mit etwas mehr als einem halben Meter Kantenlänge. 900 Linsen bündeln das Sonnenlicht und leiten es in optische Faserstränge, wobei ultraviolette Strahlen sowie infrarote Anteile, die die Räume aufheizen, ausgefiltert werden. Bei praller Sonne kann ein Sollektor einen Raum mit der Lichtmenge von zwölf 60 W Glühlampen versorgen. Industriepartner bei der LED-Technologie und der Sensorik ist die Firma Osram.


Sollektoren LCA 251

Der funktionale Prototyp einer solchen Leuchte, in die das Licht von weißen LEDs eingekoppelt werden kann, wird von der Firma BavarianOptics GmbH in Nürnberg entwickelt, die von zwei ehemaligen Studenten Poisels gegründet worden ist. Bei dem Gerät registrieren dem menschlichen Helligkeitsempfinden angepaßte Sensoren, ab wann zusätzlich Kunstlicht gebraucht wird, wobei die Farbe des weißen LED-Lichts je nach Tageszeit variiert - entsprechend den Veränderungen der spektralen Zusammensetzung von natürlichem Licht im Tagesverlauf: Morgens und abends wird Rot beigemischt, tagsüber ist der Blauanteil höher.

Durch einen direkten Kontakt im März 2013 erhalte ich von BavarianOptics Informationen über den aktuellen Stand: Demzufolge ist inzwischen das Modell Sollektor LCA 251 auf dem Markt, der mit einer lichtsammelnden Fläche von nur 0,25 m2 eine Fläche bis zu 50 m2 beleuchten kann. Die Verbindung erfolgt über 8 Lichtleiterkabel mit einer Maximallänge von 40 m. Im Vergleich zu anderen Lichtquellen weist der Sollektor das sonnenähnlichste Spektrum auf. Die Installation auf dem Dach erfolgt über ein Montagegestell aus der Photovoltaik, auf das der Sollektor aufgeschraubt wird. Aufgrund der Sonnennachführung benötigt das System einen freien Durchmesser von 78 cm auf dem Gebäude.


Bodensolarisation


Hierbei handelt es sich um ein Verfahren, bei dem durch transparente Kunststoffabdeckungen eine Erhöhung der Bodentemperatur und damit auch die Vernichtung von Schädlingen erreicht wird.


Sterilisation


Im Gegensatz zum Pasteurisieren bei Temperaturen unter 100 °C sind zum Sterilisieren 115 °C bis 130 °C erforderlich – die sich solar aber sehr leicht erreichen lassen.

Eine kleine Seltenheit ist das bereits 1985 erschienene Buch der FAO ‚L’énergie solaire dans la collecte et la transformation du lait à petite échelle’ von W. B. Tuszynski, Eliza A. A. Diadowska und H. S. Hall. Hier geht es um den Einsatz von Solarkollektoren zur thermischen Behandlung von Milch.

In diesen Bereich scheint erst wieder 2008 Bewegung zu kommen, als ein Wissenschaftler-Team der spanischen University of Lérida und der Landwirtschaftlichen Universität Nicaragua eine solare Pasteurisierungsmaschine (neu-)erfindet und präsentiert, dessen rund 40.000 $ kostender Prototyp in 6 Stunden etwa 240 Liter Milch verarbeiten kann. Die Pläne sollen eventuell im Internet Online gestellt werden.

Doch zurück zur chronologischen Entwicklung:

Tyroller Solardestille

Tyroller Solardestille

Schon auf der Hannovermesse 1992 wird ein 3.-Welt-tauglicher Dampfsterilisator vorgestellt, der – ausschließlich mit Sonnenenergie betrieben - mühelos eine Temperatur bis zu 140°C erreicht.

An der Johannes-Kepler Universität in Linz erscheint 1997 ein im Auftrag des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr erstellter Forschungsbericht vom Gerhard Kunze, in dem es um die Entwicklung eines Prototyps für solare Pasteurisierung und Kühlung von Milch als Selbstbautechnologie geht. Ob das Projekt weiterverfolgt wurde, konnte ich bislang nicht herausfinden.

Michael Tyroller schreibt 2004 an der Fachhochschule Hannover seine Diplomarbeit ‚Solarsterilisator für Entwicklungsländer’ – wobei er im Auftrag des Vereins Solare Brücke e.V. im indischen Patna ein komplettes System baut und testet, das ausschließlich mit vor Ort erhältlichen Materialien hergestellt wird. Seiner Erfahrung nach sind andere, technisch sehr durchdachte Solardestillatoren viel anfälliger und werden daher auch viel schneller unbrauchbar.

Tyroller setzt einen 10 m2 großen Scheffler-Reflektor (den ich ausführlich im Kapitelteil Solarkocher beschreibe) und einen 145 kg schweren Eisenspeicher ein, um einen Autoklaven mit einem Fassungsvermögen von 67 Liter zu betreiben. Der einzelne Sterilisierungsvorgang beinhaltet eine zehnminütige Aufheizung auf 121°C bei einem Druck von 1,25 bar sowie ein konstantes Halten der Temperatur über 20 Minuten.

Ein ähnlicher solarbetriebener Autoklave wird in Nicaragua ab 2008 von der Organisation Engineering for Change (E4C) LLC entwickelt – für einen Gestehungspreis von 400 $. Das Konzept des Solarclave wurde 2006 von Dr. Richard Komp, einem Experten für Erneuerbare Energie, initiiert. Der Prototyp wird aus einer modifizierten Satelliten-TV-Antenne, einer Weinflasche und einem Schnellkochtopf gebaut. Zur Sterilisierung medizinischer Instrumente werden diese 15 Minuten lang auf mindestens 121 ° C aufgeheizt. In Anerkennung des Potentials dieses Geräts gewinnt das Team im Mai 2011 beim Global Challenge Wettbewerb des MIT einen Preis von 7.500 $, um die Entwicklung weiter voranzubringen.

Solar-Autoklave der Uni Kansas

Solar-Autoklave
der Uni Kansas

Nach zweijähriger Vorplanung beginnt im Sommer 2009 ein Team von Studenten des Rensselaer Polytechnic Institute gemeinsam mit Prof. Lupita D. Montoya eine Anlage zur solarbetriebenen Pasteurisierung für die Gemeinden Langui und Canas im ländlichen Süden von Peru zu bauen. Viele Familien in der Region besitzen Milchkühe und produzieren in kleinem Maßstab Milch, Joghurt und Käse, die sie jedoch nicht zertifizieren lassen können, um die Produkte auf den Markt zu bringen, weil ihnen die angemessenen sanitärtechnischen Einrichtungen fehlen.

Die neuen solaren Pasteurisierungssysteme sollen es diesen Familien erlauben die behördlichen Vorschriften zu erfüllen, um den Verkauf ihrer Milchprodukte zu beginnen und zusätzliche Einkünfte zu erzielen.

2010 entwickeln auch vier Studenten der Ingenieurwissenschaften an der Kansas University unter der Leitung von Prof. Ronald Dougherty einen Autoklaven, der mit Sonnenenergie betrieben wird. Das 1,5 m hohe Modell ist aus Metall gefertigt und wie ein Trichter geformt.

Der Sterilisator soll nach seiner Fertigstellung an ein medizinisches Camp in Sanyati, Zimbabwe, geliefert werden.


Sonnenkamin


Eine weitere Form thermischer Solaranlagen bildet der Sonnenkamin. Dabei handelt es sich um eine Kombination des Gewächshauseffekts mit dem Kamineffekt. Unter einem Plastik- oder Glasdach erhitzt sich die Luft besonders stark. Anschließend wird sie durch konstruktive Elemente zur Mitte hin geleitet, wo ein hoher Kamin die heiße Luft nach oben saugt. An dieser Stelle ist eine horizontale Windturbine installiert, die durch den aufwärtsgerichteten Sog angetrieben wird.

Ich habe den Sonnenkamin aus diesem Grund dem Bereich der Windenergie zugeordnet – unter seinem anderen und möglicherweise sogar bekannteren Namen Aufwindkraftwerk (s.d.).


Hier folgt nun eine Übersicht der Nutzungsmöglichkeiten von Solarenergie im Hochtemperaturbereich.



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