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Erstmals 1986 in russisch erschienen,
aber kurz darauf auch ins Deutsche übersetzt, gibt es von Nurbej Vladimirovic
Gulia, einem Fachmann für die Speicherung von Energie mittels Schwungrädern,
ein sehr interessantes Buch mit dem Titel Der Energiekonserve auf
der Spur, in welchem er seine jahrzehntelange Arbeit an der Entwicklung
effektiver Schwungrad-Speicher beschreibt. Er berichtet auch über verschiedene
historische russische Projekte mit Schwungradspeichern, wie beispielsweise
den Dreirad-Personenwagen mit Tretantrieb und Schwungradspeicher des
russischen Mechanikers I. P. Kulibin aus dem Jahre 1791,
vom dem sich im Polytechnischen Museum in Moskau ein Modell im Maßstab
1:5 befindet, und dessen originales Schwungrad einen Durchmesser von
ca. 150 cm hatte, bei einer Masse von 50 kg.
Um 1860 beschäftigt sich der russische Ingenieur-Leutnant Z. Schuberski mit dem Einsatz von Schwungrädern im Verkehrswesen. Dabei geht es um den Einsatz von sechs großen Schwungrädern aus Eisen (Durchmesser 3,6 m, Gewicht jeweils 5 t) in einem Schienenfahrzeug, welches bei Gefälle-Fahrten gebremst wird, wobei die überschüssige Energie gespeichert wird, um bei ansteigenden Strecken wieder genutzt zu werden. Dies ist ein Beweis dafür, daß die Idee der Bremsenergie-Rückgewinnung schon über 150 Jahre alt ist ... auch wenn es selbst heute noch Fahrzeugfirmen zu geben scheint, die davon noch nie gehört haben.
Im Jahr 1884 konstruiert der Amerikaner John A. Howell ein Torpedo, bei dem ein 50 kg schweres Schwungrad als Antriebsquelle und gleichzeitig als Richtungsstabilisator dient. Vor dem Abschuß wird das Schwungrad auf dem Trägerschiff mittels einer Dampfturbine auf 10.000 U/min beschleunigt.
Im Jahr 1905 erhält der Engländer Frederick Lanchester (der 1896 das erste britische Auto baute) ein Patent für einen Schwungrad-Speicher, der mit einem Verbrennungsmotor verbunden ist und aus zwei sich gegenläufig drehenden Schwungrädern besteht. In seiner Patentschrift beschreibt er auch einen Omnibus mit Schwungradantrieb, der an den Haltestellen mittels ortsfesten Antriebsmotoren oder eines eingebauten Elektromotors mechanisch aufgeladen werden sollte.
Gulia erwähnt auch das Gyroauto des russischen Ingenieurs P. Schilowski aus dem Jahr 1914, das in London ausgestellt wird und dort großes Interesse weckt. Schirinowskis Auto hat nämlich wie ein Fahrrad nur zwei Räder, hält sich jedoch ohne jegliche Abstützung in stabiler Lage, selbst wenn sich alle Fahrgäste auf die gleiche Seite setzten. Die Selbstbalance erlangt das Fahrzeug infolge des Kreiseleffekts seines Schwungrads (s.o.).
1921 sollen zwei Deutsche namens Stein und Matterdorf das Patent für ein elektrisches Gyroschiff erhalten haben – allerdings konnte ich diese Information bislang noch nicht verifizieren.
Gulia wiederum berichtet über eine sowjetische Schwungrad-Lokomotive für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bergwerken, deren Schwungrad eine Masse von 1,5 t hat, welche die Lokomotive mit angehängten Förderwagen nach einmaligem ‚Aufziehen’ mehrere Kilometer weit bewegen kann – sowie über den Schwungradspeicher des Technikers A. G. Ufimzew von 1924, den dieser für ein Windkraftwerk bei Kursk baut. Dessen Schwungrad mit einem Gewicht von 230 kg kann sich ohne Nachladen ungefähr 14 Stunden lang drehen, und ist nach dem Aufladen in der Lage, mehrere elektrische Glühlampen eine Stunde lang mit Strom zu versorgen. Ufimzew hatte das Patent für seinen Trägheitskraft-Akkumulator bereits 1918 erhalten und schon damals vorgeschlagen, den Antrieb in die Straßenbahnen seiner Heimatstadt Kursk einzubauen. Leider führt Gulia keinerlei Quellen an, die ich hätte weiter recherchieren können.
1946 baut English Electric eine Elektrolok mit einem Schwungrad als Energiespeicher im Falle von Stromunterbrechungen.
Ähnlich funktionieren die in den 1950er Jahren in Dienst gestellten Gyrobusse, Omnibusse mit Elektroantrieb, die von der Maschinenfabrik Oerlikon (MFO) in der Schweiz gebaut werden. Oerlikon hatte den ersten erfolgsversprechenden Elektrogyro bereits 1944 patentieren lassen und 1946 einen normalspurigen Schienentraktor mit Gyro-Antrieb präsentiert. Bei den Gyrobussen ist das 1,5 t schwere Schwungrad aus Massivstahl in der Mitte des Chassis zwischen den Achsen positioniert. Die Scheibe mit einem Durchmesser von 1,6 m ist in einer luftdichten Kammer von Wasserstoffgas bei einem Unterdruck von 0,7 bar umschlossen (andere Quellen: 0,3 bar), um die sonst auftretenden Luftreibungsverluste zu verringern. Bei einer maximalen Drehzahl von 3.000 U/min hat das Schwungrad einen Speicherinhalt von gut 5 kWh (andere Quellen: 9,15 kWh). Ein derartiger Bus hat damit eine Reichweite von 6 km, dann hat sich die Umdrehungszahl soweit vermindert, daß das Schwungrad elektrisch wieder aufgeladen werden muß. Dies geschieht an den Haltestellen automatisch über einen 380 V Netzabnehmer auf dem Busdach (Pantographen) und dauert rund 2 Minuten.
Das Schwungradsystem wird damals als Elektrogyro bezeichnet, in Bussen und Lokomotiven eingebaut und weltweit exportiert. Von den Straßenfahrzeugen werden allerdings nur 19 Stück gebaut. In der Schweiz setzt die Verkehrsgesellschaft Société anonyme des Transport Publics Yverdon–Grandson (TPYG) zwischen September 1953 und Oktober 1960 zwei Gyrobusse auf der 8 km langen Strecke Tuileries de Grandson – Condémines ein, und ab 1955 verkehren Gyrobusse auf vier Linien in Léopoldville, der Hauptstadt des damaligen Belgisch Kongo. Von September 1956 bis November 1959 werden im belgischen Gent von der Société Nationale des Chemins de Fer Vicinaux drei Wagen auf einer 9,6 km langen Linie von Gent nach Merelbeke eingesetzt. Der einzige noch erhaltene Gyrobus G3 steht übrigens seit 2001 im flämischen Tram- en Autobusmuseum in Berchem, einem Vorort von Antwerpen.
Im Jahr 1954 baut MFO für die lothringische Eisenerzmine Mines de St-Pierremont mit der gleichen Technologie eine Gyrolokomotive (Nr. 4), die später ins Gonzenbergwerk nach Sargans, Kanton St. Gallen, kommt, wo sie bis zur Einstellung der Erzförderung 1966 im Einsatz ist. Die ersten drei Gyrolokomotiven liefert MFO 1955 nach Südafrika, wo sie in Goldminen in der Nähe von Johannesburg zum Einsatz kommen. Inzwischen hat das Bergwerksmuseum Gonzen die Gyrolokomotive Nr. 4 wieder hergestellt und setzt sie seit 1994 für Besucherzüge ein, die auf einer Strecke von rund 2 km durch das stillgelegte Bergwerk gezogen werden.
1956 nimmt das National Coal Board in England zwei Rangierlokomotiven mit je zwei MFO-Gyros in Betrieb.
Besonders in Amerika wird auf dem Sektor der Schwungmassen-Energiespeicherung intensiv geforscht. Die Lockheed Missiles & Space Comp. stellt beispielsweise ein kombiniertes Benzinmotor/Schwungrad-Auto vor. Mit diesem Trick gelingt es, auch einen großen Wagen mit einem verhältnismäßig schwachen Motor anzutreiben, indem die im Schwungradspeicher vorhandene mechanische Energie für Spitzenleistungen (Start, Bergfahrt, Überholen usw.) genutzt wird, während das Schwungrad in Zeiten ausgeglichener Fahrt wieder aufgeladen wird. Die Schwungmasse ist bei dem Fahrzeug zwischen Motor und Getriebe angeordnet, und die Konstrukteure sprechen von einer erreichbaren Beschleunigung von 0 bis 130 km/h in nur 10 Sekunden. Bei dem Konzept wird auch die Bremsenergie zurückgewonnen und dem Schwungrad zugeführt.
Der schon mehrfach erwähnte Richard F. Post schlägt 1973 die Umsetzung der Schwungrad-Technologie als Variante zum Elektroauto mit Batterie-Speicher vor, denn die inzwischen entwickelten leichten Faserverbund-Materialien machen es möglich, Kraftfahrzeuge tatsächlich über Schwungräder anzutreiben. Mit den leichtesten Werkstoffen kommt man sogar weiter als mir schweren Stahlrädern, wenn die Werkstoffe nur zäh genug sind – denn was an Masse fehlt, wird durch höhere Drehzahlen mehr als wettgemacht. Das Konzept von Post sieht vor, daß der Fahrer das Schwungrad seines Elektromobils an einer Strom-Tankstelle auf Touren bringt. Ein Wagen, der auf diese Weise 30 kWh elektrischer Energie speichert, ist überaus spurtstark und soll mit Tempo 100 rund 320 km weit kommen.
Auch wenn der Wagen steht, würde er kaum schneller Rotationsenergie verlieren, als Benzin aus dem Tank verdunstet. Die magnetisch gelagerte und vakuumversiegelte Schwungscheibe kann leicht mehrere Monate lang laufen. Man könnte das Auto daher während des Sommerurlaubs am Flughafen parken, und nach der Rückkehr hätte das Schwungrad noch genügend Kraft für die Heimfahrt. Außerdem ließe sich ein Großteil der beim Bremsen verlorengehenden Energie wieder zum Beschleunigen des Schwungrades nutzen. Es ist befremdlich, daß man von diesem fortschrittlichen Vorschlag danach lange Zeit nichts mehr hört.
Die Boeing Vertol Co. aus Philadelphia entwickelt 1974 im Auftrag des US-Verkehrsministeriums ein modernes Kreiselsystem für Schnellbahnen, das magnetisch gelagert und in einer Vakuumkammer eingesiegelt ist. Der Advanced Concept Train (ACT 1) wird 1975 probegefahren, doch ein regulärer Betrieb ist mangels Stromschiene nicht möglich. Der Zug landet später auf dem Ausstellungsgelände des Tennessee Valley Railroad Museums in Chattanooga, doch durch mehr als 25 Jahre Sonne, Wind und Wetter verschlechtert sich sein Zustand dermaßen, daß er Ende 2010 verschrottet wird, nachdem alle Bemühungen, den Zug an ein anderes Museum abzugeben, gescheitert waren. Das Foto stammt von Patrick Sesseler.
Die Firmen Lear Motors Corp. und US Flywheels Inc. in Südkalifornien erhalten 1976 von der US-Regierung einen 4,5 Mio. $ Auftrag, um innerhalb von zwei Jahren ein mit zwei Schwungrädern versehenes ‚Pendler-Auto’ zu konstruieren. Das Fahrzeug soll – mit Haushaltsstrom aufgeladen – eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 90 km/h und eine Spitzengeschwindigkeit von 160 km/h erreichen und dabei eine Reichweite von 80 km haben. Das Konzept der zwei Schwungscheiben zielt darauf ab, den einseitig ziehenden Kräften im Fahrzeug entgegenzuwirken, die bei der Nutzung nur einer Schwungscheibe unweigerlich auftreten. US Flywheels arbeitet mit Kevlar von Du Pont, einem Material mit einem höheren Festigkeit-zu-Gewicht-Verhältnis als Stahl. Der Schwungradspeicher soll rund 5.500 $ kosten und in ein Fahrzeug von GM eingebaut werden. Die Lear Motors wird die Montage des Prototypen in ihrem Werk in Reno, Nevada, durchführen – wo der Firmenbesitzer und Millionär Willam P. Lear bereits an Dampfturbinen-Fahrzeugen arbeitet.
Auch die Garrett Corp. arbeitet bereits mit Kevlar, denn die hieraus hergestellten Schwungräder können bei gleicher Kapazität wie konventionelle Typen wesentlich kleiner und leichter hergestellt sowie beträchtlich schneller betrieben werden. Das Kevlarrad von Garrett rotiert mit 25.000 U/min und wird vor dem Start durch einen Elektromotor auf Schwung gebracht. Das hier konzipierte Fahrzeug, ein Viersitzer, besitzt einen Satz von 18 Bleibatterien, aus denen der elektrische Fahrmotor während der Fahrt seine Kraft bezieht. Erst wenn dieser Motor zusätzliche Energieleistungen braucht, beim Anfahren und Überholen z.B., schaltet eine Elektronik die sich auf Abruf befindliche ‚Kreiselkraft’ hinzu. Das Auto soll eine Reichweite von 136 km besitzen, was wesentlich mehr wäre, als alle bislang gebauten Schwungradwagen vorweisen konnten. Das ganze Fahrzeugkonzept ist allerdings auch angepaßt, d.h. die Limousine besteht fast nur aus Kunststoff, um Gewicht zu sparen. Es scheint allerdings, daß man diesen Entwurf nicht weiterverfolgt, denn inzwischen beschäftigt sich das Unternehmen in erster Linie mit dem Einsatz der Schwungspeicher-Technologie in Gleisfahrzeugen, deren Testbetrieb in Colorado Anfang 1974 beginnt.
Mit einem Zuschuß der Urban Mass Transportation Administration (UMTA) in Höhe von 1,4 Mio. $ arbeitet Garrett seit 1972 an dieser Entwicklung, und 1975 starten die Testfahrten mit zwei Experimental-Prototypen im U-Bahn-Netz der New York Metropolitan Transportation Authority. Jeder Wagen ist mit zwei Schwungrad-Einheiten ausgestattet, die im Vakuum Drehzahlen bis zu 15.000 U/min erreichen. Durch die Energierückgewinnung sollen die Wagen 25 % bis 40 % der bislang verbrauchten Energie einsparen. Bei einer Massenproduktion rechnet die Garrett Corp. mit einem Stückpreis von 100.000 $, was ein interessantes Geschäft nahelegt, denn die U-Bahn-Flotte von New York besteht zu diesem Zeitpunkt aus 6.700 Wagen.
Anfang 1974 werden von Lockheed im Rahmen eines 900.000 $ Vertrages mit der UMTA, Schwungräder in zwei Trolleybusse in San Francisco montiert – doch das Projekt wird schnell wieder aufgegeben, da die UMTA entscheidet, daß die Materialien für die Schwungräder noch nicht ausreichend seien.
Auch in Deutschland experimentiert man mit der Schwungradenergiespeicherung. Prof. Jürgen Helling und seine Kollegen am Institut für Kraftfahrtwesen der TH Aachen kombinieren 1974 einen Verbrennungs- und einen Elektromotor mit einem Schwungrad und bauen das Ganze zum Test in einen VW-Transporter ein. An dem Konzept eines neuen Gyrobus arbeitet eine aus den Firmen Daimler Benz, MAN, Bosch und den Instituten für Kraftfahrzeugwesen der TH Aachen und für Fahrzeugtechnik der TU Berlin gebildete Arbeitsgemeinschaft. Das neue Konzept, das dem Schweizer Gyrobus ähnelt, vermeidet ebenfalls, sich nur auf eine einzige Antriebs- bzw. Speichermethode zu beschränken.
Auf dem Flywheel Technology Symposium im November 1975 in Berkeley, Kalifornien, das vom Lawrence Livermore Laboratory organisiert und von der ERDA gesponsert wird, werden 39 Vorträge gehalten, die allerdings zumeist theoretischer Natur sind. Die starke Beteiligung drückt das zunehmende Interesse an dieser Speichertechnologie aus - und die Proceedings sind im Netz komplett abrufbar (pdf, 300 S.).
Im Jahr 1976 arbeitet die Rockwell International an der Entwicklung eines Schwungrad-Moduls für die US Army, das eine Energiedichte von nicht weniger als 10 Wh pro Pfund Schwungradmasse erreichen soll. Gedacht sind die Module für ‚stille militärische Anwendungen’, möglicherweise aber auch, um Tanks kurze Energieschübe hoher Leistung zu geben. Rockwell Modul ist kein Labor-Spielzeug: Es speichert eine Gesamtenergie von 30 kWh, und die beiden integrierten gegenläufigen Schwungräder, obwohl nur etwa 20 cm im Radius, können 6,4 MW abgeben – über zwei 3,2 MW Generatoren. An getrieben werden die sich mit 15.000 U/min drehenden Schwungräder von einer 4.000 PS Gasturbine.
Auch die MAN Nutzfahrzeuge AG in München experimentiert mit verschiedenen Schwungspeicher-Systemen für den Einsatz in Stadtbussen. Leider lassen sich kaum noch Informationen darüber finden. Gesichert ist nur, daß 1975 ein Modell DG-Hybrid mit Gyrospeicher, sowie 1978 ein Modell DE-Hybrid Bus mit einem MD-Schwungrad getestet worden sind. Bevor sich das Unternehmen endgültig auf NiMH-Batterien bzw. Ultracap-Speicher konzentrierte, werden im Jahr 2000 noch Versuche mit einem Trolley-Hybrid mit MD-Schwungrad durchgeführt. Nähere Details dazu habe ich bisher noch nicht gefunden.
MAN entwirft 1978 im Auftrag des BMFT auch eine stationäre Schwungradenergiespeicheranlage, die zur Bremsenergiespeicherung an einer Gefällestrecke der Stuttgarter S-Bahn konzipiert ist. Das um eine Vertikalachse rotierende Schwungrad ist als Stahlscheibe mit einer Masse von 5 t ausgelegt. Seine Höchstdrehzahl beträgt 2.800 U/min in einer Luftatmosphäre bei einem Druck von 10 Millibar. Die MAN-Anlage wird jedoch nicht verwirklicht.
Die Garrett Corp., welche schon die Schwungrad-U-Bahnen in New York auf die Schienen gesetzt hat (s.o.), beginnt 1979 damit, das System auch für Busse zu adaptieren. Der Auftrag sieht vor, ein Antriebssystem zu entwickeln, das ein Schwungrad verwendet um einem kleinen Dieselmotor zu ermöglichen, Bremsenergie aufzunehmen, zu speichern und wiederzuverwenden. Das System soll in der Lage sein, fast die Hälfte des Kraftstoffs einzusparen, der von heutigen Diesel-Bussen im Nahverkehr verbraucht wird. Im Rahmen des Projekts wird ein Standard-Linienbus (Grumman-Flexible Modell 870) modifiziert, um einen Schwungrad-unterstützten Diesel/Elektro-Antrieb einzubauen. Das Fahrzeug bekommt ein 340 kg schweres Schwungrad, welches durch eine kurze elektrische Oberleitung am Streckenanfang innerhalb von nur 90 Sekunden vollständig aufgeladen wird. Bei der maximalen Drehzahl von 16.000 U/min speichert das Rad 16 kW/h, was ausreicht um mit Tempo 95 bis zu 8 km weit zu fahren. Die Beschleunigung auf 48 km/h erfolgt in 10 Sekunden. Gegenüber normalen Motorbussen sollen die Schwungrad-Busse um 25 % billiger sein. Garret geht davon aus, den Prototyp des Schwungrad-Dieselbusses in etwa drei Jahren vorführbereit zu haben.
Auch der Großkonzern General Electric entwickelt Ende der 1970er Jahre Schwungradenergiespeicheranlagen mit Stahlschwungrädern zur Rückgewinnung von Bremsenergie, die aus mehreren dünnen Scheiben zusammengesetzt und für den mobilen Gebrauch gedacht sind. Es läßt sich jedoch nichts darüber finden, ob diese Räder auch tatsächlich irgendwo eingesetzt worden sind.
Im Jahr 1982 soll auch General Motors ein Schwungrad-System entwickelt haben, das eigentlich für die Fahrzeuge der Modellreihe von 1985 bestimmt war. Nachdem man jedoch feststellt hatte, daß die Einsparung beim Kraftstoffverbrauch weniger als die Hälfte von dem beträgt, was man ursprünglich erwartet hatte, wird das Projekt abgebrochen.
Einen Verbund von Elektro- und Verbrennungsmotor mit zwischengeschaltetem Schwungrad erprobt Mitte 1984 die Universität Kaiserslautern. Während der eingesetzte PKW mit Dieseltreibstoff läuft, wird gleichzeitig das Schwungrad angetrieben. Im Leerlauf und bei Null-Leistungszuständen wird der Motor abgeschaltet, kann aber durch das Schwungrad jederzeit schnell wieder gestartet werden. Besonders im Stadtverkehr reduziert diese Methode den Treibstoffverbrauch auf rund 3 Liter pro 100 km.
Gulia beschreibt in seinem o.g. Buch von 1986 ein ‚Superschwungrad’, das er im kleinen Maßstab schon erfolgreich erprobt habe. Es besteht nicht aus massivem Material, sondern aus einem hochfesten Stahlband, das zu einer Scheibe gewickelt wird. Damit kann es höhere Belastungen aushalten und wäre auch beim Bersten weniger gefährlich. Denn besser als durch mehr Masse läßt sich die Leistung von Schwungscheiben durch Tempo steigern: Die gespeicherte Energie wächst im Quadrat der Umlaufgeschwindigkeit. Verdoppelt sich also die Drehzahl, dann vervierfacht sich die Energie; bei dreifacher Drehzahl verneunfacht sich die gespeicherte Energie, usw. Außerdem denkt Gulia bereits an eine magnetische Aufhängung des Schwungrads im luftleeren, reibungslosen Raum. In bescheidenem Maße umgesetzt hat Gulia seine Innovation bei einem Go-Kart, für den er einen hybriden Antrieb entwickelt, bei dem das Schwungrad periodisch durch den Motor einer Elektrosäge nachgeladen wird.
Die Firma Magnet-Motor GmbH in Starnberg (s.u. Überbrückungsspeicher für elektrische Energie) entwickelt ab 1984 ein Hohlzylinderschwungrad aus glasfaserverstärktem Kunststoff, in dessen Inneren eine Permanentmagnetmaschine integriert ist. Die Rotormasse des Magnetdynamischen Speichers wird durch eine magnetische Lagerung getragen, und bei einer Drehzahl von 12.000 U/min in seinem luftleerem Gehäuse enthält der Speicher 2,75 kWh.
Das 400 kg schwere System wird 1988 von den Münchner Stadtwerken in Nahverkehrsbussen von MAN und Neoplan getestet und kann erfolgreich ein Energieeinsparungspotential von fast einem Drittel im Vergleich zum konventionellen Betrieb nachweisen. Bereits 1989 geht in München ein NEOPLAN N 416 SL Stadtbus mit magnetdynamischem Speicher in den Liniendienst. Auch in Bremen soll ein Schwungscheiben-Bus eingesezt worden sein - ich konnte darüber bislang jedoch noch keine Details finden.
Gesichert ist dagegen, daß einige Exemplare der Trolleybus Basel Oberleitungsbusse mit einem Schwungradspeicher-Hilfsantrieb ausgestattet worden sind. Die Basler Verkehrs-Betriebe betrieben zwischen 1941 und 2008 ein Trolleybus-System in Basel als Ergänzung zur Basler Tram beziehungsweise den städtischen Buslinien. Zu den ersten Trolleybussen mit solch einem Hilfsantrieb, dessen Schwungrad aus der beim Bremsen freiwerdenden elektromotorischen Energie gespeist wird, gehören die Basler Neoplan-Gelenkwagen, die nach Einstellung des Baseler Systems nach Bulgarien verkauft und in der Stadt Ruse in Einsatz gehen. Andere der neueren Gyrobusse gelangen später in Museen. Eigentlich ist auch vorgesehen, 2006 in Eberswalde einen Obus probeweise mit einem solchen Schwungradhilfsantrieb auszurüsten – aufgrund technischer Probleme mit dem Schwungradantrieb kommt es jedoch nicht dazu.
Ein weiteres System wird an der ETH Zürich am Institut für Elektrische Maschinen entwickelt. Durch die Rückgewinnung der Bremsenergie (z.B. bei Ampelstops) ermöglicht ein Schwungrad von nur 4 kg, beim Starten die volle Beschleunigung für 10 Sekunden zu nutzen, obwohl im Grunde nur 80 W/h gespeichert werden. Da hierbei in kurzer Zeit hohe Leistungen aufgenommen und wieder abgegeben werden, wird das Schwungrad neben einer selbstzentrierenden Nabe auch mit einem neuen Wickelverfahren für Fasergewebebänder hergestellt, bei dem Unwuchtprobleme weitgehend eliminiert werden können.
Mitsubishi baut 1981 und 1988 zwei Schwungradspeicheranlagen, die zur Spannungsstabilisierung und Bremsenergierückgewinnung an einer Eisenbahnstrecke der elektrischen Schnellbahn Keihin eingesetzt werden. Die erste Anlage mit vertikaler Welle hat eine 10 t schwere Schwungscheibe, die eine Drehzahl von 1.600 U/min erreicht und einen Energieinhalt von 19 kWh besitzt. Das Schwungradgehäuse ist mit Luft bei einem Druck von 10 mbar gefüllt, und der Wirkungsgrad beträgt 70 %. Bei der zweiten Anlage rotiert ein 13,7 t schweres Schwungrad in Form eines massiven Zylinders mit horizontaler Welle gemeinsam eine Drehstrommaschine in einer Heliumatmosphäre. Bei einer Drehzahl von 3.000 U/min erreicht der Energieinhalt 50 kWh.
Seit 1986 arbeitet das niederländische Centre for Concepts in Mechatronics (CCM) in Rotterdam (später: Nuenen) an der Entwicklung eines Schwungrad-Systems zur Bremsenergie-Rückgewinnung, das auf einer Kombination von neuen Technologien basiert und EMAFER genannt wird (= Electro Mechanical Accumulator For Energy Re-use). Im Jahr 1998 erfolgt der Ersteinsatz in einem 12 m langen und (unbeladen) 15 t schweren, ehemaligen Oberleitungsbus, der von CCM mit einem selbstentwickelten Hybrid-Antrieb aus einem 40 kW Autogas-Pkw-Motor und einem 200 kW / 2 kWh Schwungradsystem umgerüstet wird und auch erfolgreich in der Stadt Eindhoven getestet wird.
Gemeinsam mit den Partnerfirmen Alstom DDF und Vossloh Kiepe GmbH folgt 2001 im Rahmen des Projekts ULEV-TAP I (= ultra low emission vehicle – transport advanced propulsion) der Europäischen Kommission die Entwicklung eines Schwungrad-Antriebsystems für eine 30 m lange und 30 t schweren Straßenbahn, die früher in Karlsruhe in Betrieb war. Das 300 kW / 4 kWh CCM-Schwungradsystem ist der einzige Antrieb der Bahn, der durch die Oberleitung an der Straßenbahn-Haltestelle jeweils wieder aufgeladen wird. Das Schwungrad selbst wiegt 850 kg, hat einen Durchmesser von 900 mm, eine Höhe von 900 mm und rotiert mit 15.000 U/min.
Im Team mit der Siemens AG und Vossloh Kiepe wird im Folgeprojekt ULEV-TAP II, das sich bis 2005 erstreckt, ein 300 kW Hybrid-Schwungradantrieb für die modulare Niederflurstadtbahn Avanto von Siemens (37 m lang, Gewicht 60 t) entwickelt, der mit seiner Bauhöhe von nur 440 mm auf dem Dach montiert werden kann. Das inzwischen nur noch 780 mm durchmessende und 375 kg wiegende Rad dreht sich mit 22.000 U/min. Dieser Ansatz wird später auf 2 x 250 kW / 3 kWh erweitert. Mitbeteiligt ist auch das Imperial College London, das sich um den Axial Flux Permanentmagnet-Generator sowie die Leistungs- und Steuerelektronik kümmert.
Ein weiteres Projekt namens PHILEAS führt zur Entwicklung eines innovativen Hybrid-Antriebs für Niederflur-Fahrzeuge. Ende 2003 wird ein Schwungrad-System mit ebenfalls 300 kW Leistung und 4 kWh Speicherfähigkeit in einen 24 m langen und 23 t schweren Doppelgelenk-Bus installiert – im Austausch gegen die dort zuvor genutzten NiMeH-Batterien – der ansonsten von einem 80 kW Autogas-Motor bewegt wird. Mit den Fahrtests wird im Oktober 2004 begonnen – wobei eigentlich geplant war, in diesem Jahr bereits zwölf dieser Hybridfahrzeuge mit Brennstoffzellen-Motor und Batterie-Antrieb in Eindhoven in Dienst zu stellen.
Ebenfalls 2003 finden das CCM-Schwungradsystem Einsatz bei dem AutoTram-Projekt der Fraunhofer Gesellschaft (s.u.). Im Jahr 2005 wird – nach intensiven Bemühungen zur Steigerung der Leistung und der Geschwindigkeit – die neu entwickelte Generation der EMAFER RXV Systeme für Fahrzeug-Anwendungen vorgestellt, die in einem Prototyp-Bus installiert ist. Das 300 kW / 3 kWh Schwungrad wird von einem kleinen Auto-Motor angetrieben, der mit konstanter Geschwindigkeit und optimaler Kraftstoffeffizienz läuft. Das Schwungrad läuft auf herkömmlichen Kugellagern, aber in einem Vakuum. Der Bus soll „wie ein Porsche“ laufen hat eine um 35 % höhere Laufleistung als ein herkömmlicher Bus vergleichbarer Größe. 2006 hat CCM einen Vertrag mit der französischen Alstom, um eine ‚drahtlose’ Straßenbahn zu entwickeln, deren Schwungrad an den Haltestellen aufgeladen wird. Neuere Informationen habe ich bislang nicht finden können.
Vermutlich Anfang der 1990er Jahre entwickelt die Firma Tribology Systems Inc. (TSI) in Warminster, Pennsylvania, eine Reihe vollmechanischer Schwungrad-Batterien in einem einfachen und wartungsfreien Design, die gegenüber extremen Temperaturen immun sind und zu viel niedrigeren Kosten als jedes Konkurrenzprodukt herstellbar sein sollen. Die patentierten 1 kW Flywheel Energy Storage Systems (FESS) des Unternehmens, das als Spezialist für Feststoffschmierungs-Konzepte gilt, können mit einer 220V/50 A Stromversorgung in weniger als 10 Minuten voll aufgeladen werden.
Gemeinsam mit der bereits 1971 gegründeten Firma Applied Synergy, die auf Systemdesign, Implementierung und Reparatur spezialisiert ist, wird ein Schwungradenergie-Speicherungssystem zur Netzstabilisierung geplant, das aus 100 Stück 40 kWh FESS-Systemen besteht und 1.000 Haushalte versorgen soll. Applied Synergy will dabei ihre fernsteuerbaren Operationsmodule einsetzen. Aus späterer Zeit ist weder über dieses Projekt, noch über die genannten Firmen etwas Neues zu finden.
Die Firma American Flywheel Systems Inc. (AFS) in Bellevue, Washington, wird 1991 gegründet und erhält 1992 das erste Patent für seine Schwungrad-Batterie unter dem Namen Fast Energy Storage. Einsatzgebiete sind der Verkehr, Raumfahrzeuge sowie stationäre Energiesysteme, die Batterien, Schwungräder und Superkondensatoren nutzen. Auf Basis des Chrysler Modells New Yorker entwickelt AFS 1994 den Prototyp AFS 20, ein Elektromobil, das mit zwei gegenläufig rotierenden Schwungscheiben zur Energiespeicherung ausgestattet ist, die mit bis zu 200.000 U/min rotieren. Der Wagen hat einen 136 PS Elektromotor, wiegt 1.530 kg, besitzt eine Reichweite von 600 km, und die Ladezeit beträgt 6 Stunden.
Da Chrysler beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans Furore machen will, entwickelt das Unternemen gemeinsam mit AFS einen 320 km/h schnellen Renner, dessen Flüssiggasturbine aus Keramik und Titan – eine Spezialanfertigung von lediglich 84,5 kg Gewicht und mit bis zu 100.000 U/min – über einen Generator den 700 PS Elektromotor versorgt, der wiederum das Fahrzeug antreibt. Der Chrysler Patriot Hybrid Race Car verfügt zusätzlich über eine 61 kg schwere und mit 58.000 U/min drehende Karbon-Schwungscheibe, welche die Bremsenergie für Beschleunigungsvorgänge zwischenspeichert. Der Rennwagen soll eigentlich schon 1995 ein Rennen fahren, doch trotz mehrerer Anläufe gelingt es nicht, für die hochdrehende Schwungscheibe eine ausreichend sichere Umhüllung zu bauen. Nachdem es sogar einen Unfall mit Todesfolge gibt, stellt Chrysler dieses Projekt ein, ohne daß der Wagen jemals zum Einsatz gekommen ist.
Ende 2000 vereinigen sich die American Flywheel Systems Inc. und die 1993 gegründete Trinity Flywheel Power, um eine neue Firma namens AFS Trinity Power Corp. zu bilden, mit Hauptsitz in Medina, Washington. Im Engineering-Zentrum in Livermore, Kalifornien, wird an Plug-in Hybrid-Elektrofahrzeugen gearbeitet, für die eine Technologie entwickelt wird, die Lithium-Ionen-Batterien mit Ultra-Kondensatoren kombiniert. Mit dem Einsatz von Schwungrädern im Verkehrswesen befaßt man sich nicht mehr – mit Ausnahme der Entwicklung eines Schwungrad-Systems für eines der weltbesten Formel 1 Teams, da bei diesen Rennen ab 2009 die Verwendung eines Kinetic Energy Recovery Systems (KERS) erlaubt wird, um Energie durch regeneratives Bremsen zu absorbieren, den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren und die Effizienz zu verbessern (s.u.). KERS-Systeme, die mittels Motor/Generator rückgewonnene Energie in Batterien speichern, behandle ich hier nicht – solange sie nicht mit einem Schwungradspeicher gekoppelt sind.
Die im Jahr 1993 von dem Luftfahrt-Ingenieur Harold A. Rosen und seinem Bruder Benjamin M., Vorsitzender der Compaq Computer Corp., gegründete Firma Rosen Motors investiert im Laufe der Jahre rund 24 Mio. $, um einen Pkw-Antriebsstrang mit Turbinen-Schwungrad zu entwickeln. Das Konzept, herkömmliche Verbrennungsmotoren durch die Kombination eines gasbetriebenen Turbogenerators mit einem energiespeichernden Schwungrad zu ersetzen, geht auf Harold zurück, der 50 Patente hält und als der Pionier der Entwicklung geostationärer Satelliten gilt.
Die Turbogenerator funktioniert wie ein Miniatur-Düsentriebwerk und erzeugt den Strom, den das Auto braucht, um zu fahren, während das zwischen den Hinterreifen mit bis 55.000 U/min rotierende Schwungrad – ein magnetisch gelagerter Zylinder aus Kohlenstoff-Verbundwerkstoffen – die Bremsenergie speichert und für anschließende Beschleunigungsvorgänge bereitstellt. Das Vakuum für das Schwungrad wird mit solch exotischen Geräten wie Molekularpumpen und Molekularsiebe hergestellt. Die 30 kW Mikro-Turbine ist eine Entwicklung der Schwesterfirma Capstone Turbine in Tarzana, besitzt nur ein einziges bewegliches Teil und dreht sich mit konstanten und effizienten 96.000 U/min auf einem Luftkissen.
Obwohl das Unternehmen im Januar 1997 während einer zweistündigen Probefahrt auf der Willow Springs Rennstrecke im kalifornischen Rosamund, bei der eine Strecke von 130 km zurückgelegt wird, seinen experimentellen Elektro-Hybrid-Antriebsstrang erfolgreich in einem modifizierten Saturn Sedan demonstrieren kann, der das Fahrzeug in nur 6 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt, gelingt es nicht, die großen Automobilhersteller in Detroit und Europa für die Neuentwicklung zu interessieren. Im November muß das Unternehmen in Woodland Hills seine Türen schließen – für den breiten Markt kommt die Technologie zu früh. Die Schwungrad Patente von Rosen Motors bilden später die Grundlage der Pentadyne Schwungradspeicher-Systeme (s.u. Überbrückungsspeicher).
An der TU Berlin besteht ab 1995 eine Projektwerkstatt, die sich ebenfalls mit der Schwungradspeicher-Technologie beschäftigt. Die Gyronimus genannte Versuchsanlage fällt mit nur 50 Wh allerdings ziemlich mager aus. Dafür werden mit hochfesten Faserverbundwerkstoffen allerdings Drehzahlen bis 100.000 U/min erreicht (1.667 pro Sekunde!). Von einer Umsetzung ist mir nichts bekannt.
Im Mai 1996 stellt die Firma Unique Mobility Inc. aus Golden, Colorado, einen Schwungrad-Energiespeicher vor, der im Rahmen eines 4,4 Mio. $ Vertrags mit der Firma Ford Motor Co. entwickelt worden ist – als Teil des Hybrid Propulsion System Development Programm des US Department of Energy. Das Unternehmen, dessen Gründer und Finanziers aus dem Rennsport kommen, existiert zu diesem Zeitpunkt bereits seit über 10 Jahren. Unique verwendet einen Komposit-Schwungradrotor, der nach einem, von der Dow-United Technologies Composite Products Inc. entwickelten, sogenannten Polar Weave/Resin Transfer Molding Prozeß hergestellt ist, das den Zusammenhalt sowohl in der Ringform als auch in radialer Richtung verstärkt. Das Prototyp-Schwungrad hat einen Durchmesser von 38 cm, wiegt gut 16 kg und rotiert mit bis zu 40.000 U/min. Speichern kann das System 500 Wh Energie – und dann bis zu 40 kW Leistung abgeben. Die Tests erfolgen in dem Labor eines Partner-Ingenieurbüros in Ottawa, Kanada (s.u.).
Im Dezember 1997 kündigt Unique eine strategische Partnerschaft mit der japanischen Firma Koyo Seiko an, einem Teil der Toyota Gruppe, um einen Hybrid-Elektrofahrzeug-Antrieb zu entwickeln, bei dem eine Schwungrad-Batterie zum Einsatz kommen soll, die Koyo Seiko bereits in wenigen Jahren kommerzialisieren will. Als Startmärkte werden stationäre Anwendungen für die Energieversorger-Industrie sowie Energiespeicher für Pkw, Lkw und Busse ins Auge gefaßt.
Während Koyo Seiko für das gesamte Systemdesign und die Lieferung von magnetischen Lagern verantwortlich ist, steuert Unique einen effizienten Hochgeschwindigkeits-Motor/Generator bei. Das Schwungrad und die Nabe sollen von der Firma Flywheel Energy Systems Inc. aus Nepean, Ontario, bezogen werden. Der erste Prototyp des Schwungrad-Systems wird als 0,5 kWh Energiespeicher mit einer Nennleistung von 20 kW ausgelegt. Die grundlegenden Tests und die Evaluierung des Prototyps sollten bis März 1998 abgeschlossen werden, doch auch über diesen Ansatz ist später nichts mehr zu finden.
Die kanadische Firma ist anscheinend als einzige heute noch aktiv. Sie entstand 1993 als Ausgründung der University of Ottawa und wurde von Mitgliedern des Teams gegründet, das an der Universität grundlegende Entwicklungsarbeit im Bereich von Komposit-Rotoren für Schwungrad-Energiespeicherungssysteme durchgeführt hatte. Zwischen 1994 und 2007 konzentriert man sich, gefördert vom Rohstoff-Ministerium Natural Resources Canada, auf den Einsatz bei Transport-Anwendungen, sowie zwischen 1998 und 2008 auf Stromversorgungssysteme für LEO-Satelliten. Hier verkauft die Firma im Rahmen des vom US Air Force Research Laboratory finanzierten IPACS Programms Rotoren an den Satelliten-Hersteller Honeywell Engines & Systems. Dieses Programm wird teilweise auch von der Canadian Space Agency unterstützt. Von 2008 bis 2011 beschäftigt sich das Unternehmen mit dem Einsatz der Technologie bei Straßenbahnen und verkauft seine Schwungräder an die französische Alstom Transport, die sich bei ihrem Alstom VITFER Programm mit oberleitungsfreien Straßenbahnen befaßt. Seit dem Jahr 2010 konzentriert sich Flywheel Energy Systems wieder auf den allgemeinen Transportsektor, diesmal gefördert vom Transportation Development Centre des kanadischen Transportministeriums.
Leider informiert die Firma nicht über irgendwelche Pilotprojekte – sondern weist auf ihrer Homepage nur explizit darauf hin, daß sie mit der ebenfalls in Ottawa, Ontario, beheimateten Schwungrad-Firma Blueprint Energy Inc. absolut nichts zu tun habe. Warum aber dann der Hinweis? Das letztgenannte Unternehmen hält sich jedenfalls noch viel bedeckter – sprich auskunftsunfreundlicher – und erwähnt nur, daß es sich mit Schwungrad-Energiespeichern für Hybridfahrzeuge beschäftigt. Weitere Details sind nicht auffindbar.
Ein Schwungradspeicher in Glockenform, der an einen Brummkreisel erinnert, wird in den Jahren 1997 bis 1999 von dem privaten Forschungsunternehmen WTZ Roßlau gGmbH in Dessau-Roßlau, Sachsen-Anhalt, entwickelt und patentiert. Die drei Prototypen dieses Energiespeichers können 60 kW bis 300 kW für 15 bis 60 Sekunden abgeben und sollen in erster Linie die Bremsenergie von Zügen aufnehmen. Bei den Dauerlaufversuchen der Experimentalsysteme mit Schwungrädern für 60 kW und 2 kWh werden allerdings Lager und Wellen zu heiß.
In der dritten Etappe bis 2001 wird gemeinsam mit der ALSTOM LHB GmbH versucht, zwei Schwungradsysteme für einen Nahverkehrszug aufzubauen. Innerhalb von 12 Monaten werden drei Prototypen für 350 kW und 6 kWh aufgebaut. Der erreichte Stand ist für einen Dauereinsatz im Zug jedoch noch immer nicht ausreichend. In der letzten Etappe der Schwungradentwicklung im WTZ Roßlau werden die gesammelten Erkenntnisse in einem Schwungradsystem für 150 kW und 2 kWh angewendet, wobei es auch endlich gelingt, zu einer stabilen Dauerlauffunktion zu kommen. Später ist auf der Homepage des Unternehmens allerdings nichts mehr darüber zu finden, was sich durch die zwischenzeitliche Ausgründung des Bereichs Energiesysteme zum dem eigenständigen Unternehmen rosseta Technik GmbH erklärt (s.u.).
Im Jahr 1998 stellt die Universität Kaiserslautern einen zusammen mit Volkswagen realisierten Elektromotor mit Schwungradspeicher vor, der den Brennstoffverbrauch von Fahrzeugen um über 50 % senken soll. Erreicht wird die enorme Einsparung durch eine raffinierte Anordnung, bei welcher der Elektromotor gleichzeitig als Anlasser und Schwungrad dient, und mit der Kurbelwelle des Verbrennungsmotors durch eine automatische Kupplung verbunden ist. Beim Anlassen wird der Elektromotor zunächst allein mit Strom aus der Batterie auf Touren gebracht. Durch leichtes Antippen des Gashebels rastet dann die automatische Kupplung ein, und der Verbrennungsmotor wird durch den Schwung angeworfen. Um unnötigen Spritverbrauch im Leerlauf zu vermeiden etwa beim Halten vor einer roten Ampel, reicht es, wenn der Fuß vom Gas genommen wird. Ein damit ausgerüsteter Testwagen legt im Laufe von sechs Jahren rund 100.000 km zurück. Über das Versuchsstadium kommt die Idee des Verbrennungsmotors mit Schwungrad-Starter aber nicht hinaus.
Im Jahr 1998 entwickelt ein Team am Zentrum für Elektromechanik der University of Texas at Austin (UT-CEM) gemeinsam mit den Firmen Allied Signal Aerospace Co. und Avcon Controls Inc. einen Schwungradspeicher für den Einsatz in einem 12,7 t schweren Hybrid-Elektro-Transit-Bus. Das 2 kWh Komposit-Schwungrad schwebt in magnetischen Lagern, rotiert mit 40.000 U/min und ist mit einem 150 kW Permanentmagnet-Motor/Generator verbunden. Als Dauerleistung kann es 110 kW abgeben. Der zusammengesetzte Schwungradläufer besteht aus einer Reihe von zusammengepreßten konzentrischen, zylindrischen Ringen, um eine signifikante radiale Vorspannung bereitzustellen. Dies stellt sicher, daß die zusammengesetzten Abschnitte in Kontakt miteinander und mit der Titan-Nabe bleiben, die fest mit der Rotorwelle verbunden ist.
Im Rahmen eines DARPA-Projekts wird das System ausgiebig getestet und soll auch in einen kommerziellen Bus in Houston installiert werden, was sich bislang jedoch nicht verifizieren ließ. Schon in den Jahren davor hatte das CEM für das US-Militär verschiedene Schwungrad-Systeme entwickelt, darunter einen Iron Core Pulse Alternator (800 MW / 10,5 kWh / 1987) sowie drei Composite Rotor Pulse Alternator (664 MW / 2,5 kWh / 1991 - 2,4 GW / 11 kW / 1995 - 3 GW / 6,4 kWh / 1997). Diese Beziehung wird auch später noch gut gepflegt: Im Jahr 2006 arbeit das CEM für die US Army an einer Energiespeicherungslösung für ein elektromagnetisches Flugzeug-Abschußsystem (Electromagnetic Aircraft Launch System, EMALS), und im Jahr 2009 ist das Unternehmen sogar an entsprechenden Forschungen für eine EM-Kanone beteiligt.
Meinen Recherchen zufolge bewegt sich das kommerzielle Projekt erst um das Jahr 2003 herum weiter, als die Wissenschaftler in Austin ihren Blick auf Lokomotiven richten. Das Advanced Locomotive Propulsion System (ALPS) wird für die Federal Railroad Administration entwickelt. Hierbei wird ein großes 3 MW Schwungrad mit 133 kWh Speicherfähigkeit hergestellt (andere Quellen: 165 kWh), in Form eines Zylinders mit 1,5 m Durchmesser und 1,2 m Höhe, der um eine vertikale Achse rotiert. Diese Energie reicht aus, um einen Zug aus dem Stand heraus bis auf Reisegeschwindigkeit zu beschleunigen.
Das Schwungrad besteht aus konzentrischen Schalen, die jeweils in einer anderen Weise vorgespannt werden, um den Zentrifugalkräften besser zu widerstehen, die sich von der Achse bis zur Felge stark unterscheiden. Das System ist in einem 2,1 m hohen Stahlbehälter eingeschlossen und besitzt eine elektromagnetische Aufhängung für das Schwungrad, das sich mit bis zu 15.000 U/min dreht. Die Tests eines ALPS in einer Lokomotive auf offener Strecke sollen im 4. Quartal beginnen.
Doch zurück zur Chronologie: Die wichtigsten Arbeiten auf dem Sektor der Schwungscheiben-Energiespeicherung konzentrieren sich Ende der 1990er Jahre auf die Entwicklung neuer Materialien mit besonders hoher Zerreißfestigkeit, um möglichst große Energiemengen in möglichst leichten Schwungmassen unterzubringen. Der Einsatz von Fibermaterialien (DuPonts PRD 49, Fuses Silica, usw.) erlaubt es, die Speicherkapazität dank höherer erreichbarer Umdrehungszahlen um bis zu 1.000 % zu steigern: Während Stahlräder von 1 t Gewicht mit Geschwindigkeiten zwischen 1.500 U/min und 3.000 U/min rotieren, kann ein gleichwertiger Energieinhalt mit Faserverbund-Rädern von nur 10 kg Gewicht erreicht werden, die mit 12.000 U/min bis 24.000 U/min rotieren. Ab einer Umfangsgeschwindigkeit von etwa 500 m/s ist die Luftreibung jedoch schon so bedeutend, daß sich das Rad im Vakuum oder in mit Wasserstoff gefüllten Unterdruckkammern drehen muß.
Eine andere Entwicklungslinie betrifft neue Schwungradkonstruktionen wie z.B. das Fiberspeichen-Schwungrad ohne Ring, das an der John-Hopkins-Universität entwickelt wird, oder gar Räder, die aus vielen konzentrischen Ringen bestehen, die ineinander, durch elastische Zwischenlager getrennt, auf ein und derselben Achse angeordnet sind. Dabei werden in zunehmendem Abstand vom Zentrum immer leichtere Materialien verwendet. Mit der Fibertechnologie (zumeist Quarzfasern) reduziert sich außerdem die Unfallgefährdung bei hohen Umdrehungszahlen stark. Dies kommt dadurch zustande, daß sie – im Gegensatz zu Stahlrädern – bei einer Zerstörung nicht bersten sondern einfach nur zerfasern oder sich sogar pulverisieren, wobei bis zu 95 % der gespeicherten Energie in Wärme umgesetzt wird. Die Kunstfaserverbundrotoren erreichen zu diesem Zeitpunkt Energiedichten von bis zu 49 Wh/kg, während die Dichte bei Stahlrotoren zwischen 8 Wh/kg und maximal 26 Wh/kg beträgt. Inzwischen experimentiert man auch schon mit Diamantfasern als Schwungrad-Material.
Im März 1993 gibt die Firma Sunbird Technologies Inc. (STI) im kalifornischen Laguna Hills bekannt, daß ihre in Camarillo (später: Chatsworth) ansässige Tochtergesellschaft U.S. Flywheel Systems Inc. (USFS) mit anderen Unternehmen, darunter American Flywheel Systems (s.o.), darum konkurriert, für das kalifornische Non-Profit-Konsortium CAL START eine Schwungrad-Batterie für Elektroautos zu entwickeln. Ziel ist, gemeinsam mit einem Team verschiedener Zulieferer in Kalifornien Elektrofahrzeuge zu produzieren. Das Unternehmen wird dabei mit Bruce Swartout, Vorsitzender und Gründer von Sunbird, sowie mit Jack und Steve Bitterly zusammenarbeiten – drei Pioniere im Bereich von Schwungrad-Batterien, die seit den 1970er Jahren Millionen von Dollar in die Entwicklung investiert, Konzepte entwickelt und Patente erwirkt haben. Insbesondere Jack Bitterly träumt seit damals davon, ein vollständig durch Schwungradenergie angetriebenes Auto zu entwickeln. – doch erst in den 1990er Jahren erreicht die Technologie das hierzu notwendige Niveau.
Bitterlys System ist eine Elektromotor/Generator-Kombination, die einem Schwungrad Energie zuführt bzw. entzieht, wobei ein Schwungrad zum Einsatz kommt, das Computer-gesteuert aus Kohlefasern gefertigt ist und sich auf einem Magnetlager lautlos mit 100.000 U/min dreht. Eingeschlossen in einem verstärkten Vakuum-Behälter wiegt der ganze Apparat weniger als 45 kg und kann stetige 20 PS bzw. 50 PS in kürzeren Impulsen liefern. 16 Stück dieser Einheiten, in ein Auto normaler Größe eingebaut, würden 800 PS erzeugen und mit einer ‚Ladung’ eine Reichweite von 480 km ermöglichen. Trotz einigem Interesse von seiten großer Autofirmen erhalten Bitterly und US Flywheel Systems nicht genug Unterstützung, um ihr Design umzusetzen. Dies scheint sich erst Mitte der 1990er zu ändern, als ‚Waterworld’-Star Kevin Costner und sein Bruder Dan nach interessanten Umwelt-Investition suchen – und beim Schwungrad landen. Mit der Finanzierung durch die Costner-Brüder, welche die USFS in ihre Costner Industries eingliedern, wird nun ein Schwungrad gebaut, das sich mit 60.480 U/min dreht. Das Rad hat die Größe einer Schallplatte und ist so dick wie ein Autoreifen.
Erst 1996 hört man wieder etwas von der USFS, als diese im Oktober bekannt gibt, daß sie ihre inzwischen hochentwickelten Schwungradenergie-Speichermodule an die TRW Space and Electronics Group liefern wird. TRW kauft die Schwungräder, um sie im Rahmen eines Vertrags mit dem NASA Lewis Research Center zu prüfen. Mehr dazu unter Stromversorgung von Satelliten. Wie es mit der USFS weiterging, ist nicht leicht herauszufinden. Einem ehemaligen Mitarbeiter zufolge, der sich 2009 in einem Fachforum dazu äußerst, soll die NASA das Schwungrad-System ‚weggenommen’ haben, was zur Einstellung des Projekts führte. Sogar Kevin Costner selbst sei finanziell von der NASA verschaukelt worden – die dem umweltbewußten Schauspieler noch 2 Mio. $ schulden soll.
An der TU Braunschweig werden 2004 in Zusammenarbeit mit der DVLR Forschungen bezüglich der Verwendung der hochfesten Polyamidfaser Kevlar 49 angestellt, die von der DFG gefördert werden. Ziel ist die Entwicklung eines Schwungradspeichers mit einer Energiedichte von 56 Wh/kg. Wesentlich für die Weiterentwicklung ist auch ein ganz neuer Motortyp, die Reluktanzmaschine, die sich optimal als reaktionsschneller und verlustarmer Energiewandler für Schwungräder eignet.
Auf der Hannover-Messe 2004 stellt die erst 2002 gegründete Firma rosseta Technik GmbH FES-Energiespeicher vor, deren Kohlefaser-Schwungrad im Vakuum mit 25.000 U/min rotiert. Der Rand der 70 cm großen Scheibe bewegt sich bei dieser Drehzahl mit dreifacher Schallgeschwindigkeit. Die rosseta-Speicher können innerhalb von 30 Sekunden 350 kW aufnehmen oder abgeben, und sollen in erster Linie zur Speicherung der Bremsenergie von Schienenfahrzeugen dienen. Das Unternehmen bietet zwei Modelle an: Der T 1 mit einer maximalen Leistung von 150 kW und einem Gewicht von 800 kg (davon wiegt des Schwungradsystem alleine 540 kg), sowie den T 2 mit 350 kW und 1.200 kg (Schwungradsystem: 650 kg).
Der erste Prototyp des Speichers T 1 wird bereits 2002 aufgebaut, getestet und verkauft. Ein zweites System mit weiterentwickelten Komponenten wird 2003 konstruiert und läuft ab Januar 2004 im Labor des Unternehmens in der Dauerlauferprobung. Der erste Prototyp des Speichers T 2 wird im Herbst 2003 hergestellt, für seine Erprobung ist ein Zeitraum bis Ende 2004 vorgesehen.
Aufgebaut hat rosseta dabei auf den Grundlagenforschungen an Faserverbund-Schwungrädern, die 1995 mit einem ersten BMWi-Forschungsprojekt im Wissenschaftlich-Technischen Zentrum für Motoren- und Maschinenforschung (WTZ Roßlau) begonnen haben (s.o.). Nach Erfahrungen der rosseta Technik GmbH beträgt die Selbstentladung der Schwungradspeicher rund 50 % innerhalb von 2 bis 4 Stunden. Trotzdem sind die bisherigen Erfahrungen mit Schwungrad- und Schwungmassenspeichersystemen vielversprechend. Nach dem Stand von 2003 sind Energiedichten bis 500 kWs/kg und Leistungen bis 50 MW erreichbar, die Lebensdauer-Zyklenzahl beträgt ca. 1 Million und die Energieeffizienz 90 % bis 95 %. Die als Zielwert genannten Kosten belaufen sich auf 1 T€/kWh Speicherkapazität.
Die britische Firma Parry People Movers Ltd. (PPML) wird 1991 gegründet, um den Bahnverkehr mit Schwungrad-Energiespeichern zu optimieren, die Fahrzeuge äußerst effizient zu betreiben und ihre Bremsenergie zur Wiederverwendung beim Beschleunigen zu nutzen. Die verwendete Technik läßt sich das Unternehmen von der seit 1974 existierenden (Mutter-?)Firma JPM Parry & Associates Ltd. lizenzieren, einem Ingenieurbüro in den West Midlands, das auf innovative Transport- und Energie/Umwelt-Themen spezialisiert ist. Nach der Patentierung eines Kinergetic Energiespeichers wird für die PPML eine Reihe von leichten Straßenbahnen und Triebwagen entwickelt und produziert, die eine bessere Umweltverträglichkeit haben und keine kontinuierliche Elektrifizierung der Strecke benötigen.
Es dauert allerdings recht lange, bis Parry mit dem Railcar-Projekt vorankommt, denn erst in den Jahren 2005/2006 wird auf dem nationalen Schienennetz Großbritanniens ein 12-monatiger, experimenteller, öffentlicher Betrieb mit zwei PPM 50 Hybrid-Leichttriebwagen aufgenommen – zumindest Sonntags. Die Schwungrad-Wagen werden auf der von Pre Metro Operationen Ltd. betrieben Linie zwischen Stourbridge Junction und Stourbridge Town eingesetzt und ersetzen dort die bisherigen Diesel-betriebenen Züge. Bei über 4.000 Fahrten im Personenverkehr wird eine Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit von 99 % erzielt.
Dieser Erfolg führt im Juni 2007 zur Auswahl der PPM-Technologie, um im Rahmen der neuen London Midland-Franchise zwischen dem Department for Transport der britischen Regierung und dem Verkehrsunternehmen Govia ab Dezember 2008 zwei neue Class 139 Triebwagen im Dauerbetrieb auf der Strecke einzusetzen. Der Vertrag hat ein Volumen von 700.000 £. Gebaut werden die PPM-railcars von einer Gruppe britischer Unternehmen, darunter Clayton Equipment, East Lancashire Coachbuilders, Power Torque Engineering, Linde Hydraulics und Brecknell Willis Composites.
PPML hat bislang Fahrzeuge mit einem Fassungsvermögen zwischen 2 und 50 Personen herstellen lassen. Die Maße eines typischen PPM 50 railcars sind: Länge 8,7 m, Breite 2,4 m, Höhe 3,2 m. Das eingesetzte Schwungrad besteht aus einem Stahl-Laminat, hat einen Durschmesser von 1 m, wiegt 500 kg und rotiert mit einer Maximalgeschwindigkeit von 2.500 U/min. Die PPM 60 railcars haben als Reserve einen 2 l Dieselmotor von Ford an Bord. Der jüngsten Firmenbroschüre von 2009 zufolge hat das Unternehmen zwischenzeitlich ein Modell PPM 120 entwickelt, dessen Prototyp bereits im Einsatz ist und 60 sitzenden sowie 40 stehenden Passagieren Platz bietet. Angedacht ist ferner eine Monorail-Version – sowie die Implementierung eines PPM-Netzes mittels eines Carpet Track genannten, eingebetteten Schienenstrangs, der einfach über bestehende Straßenbeläge ausgelegt wird – was nur durch die Leichtbauweise der PPM railcars machbar ist.
Erstmals im April 2005 wird das vom Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme (IVI) in Dresden entwickelte städtische Personenbeförderungssystem AutoTram vorgestellt, das eine neue Variante des Spurbus-Prinzips darstellt. Um auf Schienen und Oberleitungen verzichten zu können, wird das auf gewöhnlichen Gummireifen fahrende Vehikel durch ein optisches Leitsystem gesteuert, das weißen Linien auf dem Asphalt folgt.
Als Energiespeicher für den Antrieb kommt eine Kombination aus einer 80 kW Brennstoffzelle und einem 200 kW Schwungrad des CCM (s.o.) zum Einsatz (andere Quellen: 325 kW), das 4 kWh speichern kann. Im Stadtverkehr, wo oft beschleunigt und gebremst wird, ist diese Kombination besonders hilfreich, da der Schwungspeicher durch einen Steuercomputer beim Anfahren hinzugeschaltet wird, um eine bessere Beschleunigung zu erreichen – während er beim Bremsen wieder neu aufgeladen wird.
Mitte 2009 beginnt ein zweijähriges Forschungsvorhaben namens ‚Fraunhofer-Systemforschung Elektromobilität’, ein Gesamtkonzept, bei dem 33 Fraunhofer-Institute zusammenwirken, und das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF mit 44 Mio. € gefördert wird. Den ersten Ergebnissen Mitte 2010 zufolge beschäftigen sich die Wissenschaftler inzwischen primär mit Superkondensatoren und Hochleistungsbatterien, daneben aber auch mit anderen Dualspeichern und Kombination. Vier der beteiligten Institute bringen ihre Erfahrungen in die Entwicklung einer neuartigen magnetorheologischen Motor-Generator Kupplung ein. Diese elektrisch schaltbare Kupplung funktioniert, indem eine integrierte Flüssigkeit unter Einfluß eines Magnetfeldes ihre Konsistenz von flüssig zu fest verändert und damit einen äußerst präzise gesteuerten Kupplungsvorgang erlaubt. Im Jahr 2012 wird ein dreigliedriger AutoTram Extra Grand vorgestellt, der allerdings wie ein ganz normaler 30 m langer Bus aussieht, einen Diesel-Hybridantrieb besitzt ... aber keine Schwungscheibe mehr.
Im Jahr 2006 läuft in Braunschweig ein interessanter Feldtest: Die Bahnen der Linie 2 bremsen mit ihren Elektromotoren und wandeln dabei die Bewegungsenergie in elektrischen Strom um. Falls gerade keine andere Bahn die Energie braucht, wird mit dem Strom eine 3 t schwere Stahlscheibe im Betriebshof Leinhausen in Rotation versetzt. Bei Bedarf treibt das Schwungrad einen Generator an, wobei die Vorrichtung etwa so viel Strom spart, wie 100 Vier-Personen-Haushalte verbrauchen.
Das britische Unternehmen Flybrid Systems LLP aus Northamptonshire wird 2006 von zwei ehemaligen Mitarbeitern des Renault F1 Teams mit eigenem Geld gegründet. Innerhalb von nur 12 Monaten kann eine Arbeitsgruppe der Firma ein Energie-Rückgewinnungssystem vorweisen (Kinetic Energy Recovery System, KERS), das auch bei hoher Geschwindigkeit funktioniert. Das Unternehmen, das weltweit mehr als 40 Patente anmeldet, bietet seinen Kunden einen Komplett-Service einschließlich Entwurf, Herstellung und Montage. Bereits im Juli 2007 wird ein System vorgestellt, das von seiner Maximalumdrehungszahl von 64.500 U/min in nur 5,9 Sekunden auf Null abgebremst werden kann und mit einem stufenlosen Getriebe von Torotrak und Xtrac ausgestattet ist. Die ersten Tests der neuen kleineren und schnelleren Energie-Rückgewinnungs-Schwungscheiben des Unternehmens, die weniger als 5 kg wiegen, sind ein voller Erfolg, und schon im Oktober meldet die Presse, daß die Systeme auch die angesetzten Formel-Eins-Crashtests am Cranfield Impact Centre erfolgreich bestanden haben. Nach dem Test drehte sich das Schwungrad noch mit hoher Geschwindigkeit und war völlig unbeschädigt. Im November gibt es für die Entwicklung den renommierten Professional Motorsport World Expo Preis für die Motor-Innovation des Jahres.
Im Januar 2008 wird die Partnerschaft zwischen Flybrid Systems, der Torotrak plc und der Xtrac Ltd. mit dem Business Excellence Award der Motorsport-Industrie geehrt; und als das Technology Strategy Board der britischen Regierung im Mai Fördergelder für 16 innovative Entwicklungsprojekte im Fahrzeugbereich verteilt, wird auch die Entwicklung eines Schwungrad-Hybrid-Systems für Premium-Fahrzeuge (mit einer nicht genannten Summe) finanziert. Unter der Federführung der Jaguar Cars Ltd. (später Jaguar Land Rover) sind die Partner Torotrak und Xtrac sowie der Autohersteller Ford Motor Co. Ltd. und die Unternehmen Prodrive und Ricardo UK Ltd. beteiligt. Aufgrund der zunehmenden Nachfrage von Automobilherstellern zieht Flybrid im August in neue Räumlichkeiten im Silverstone Technology Park; und im September wird auf dem Low Carbon Vehicle event in Millbrook der erste Serienmodell-Prototyp vorgestellt, der aus der Arbeit des Firmenverbundes hervorgegangen ist. Das FHSPV (Flywheel Hybrid System for Premium Vehicles) kann bis zu 60 kW (82 PS) an zurückgewonnener Energie bereitstellen und soll den Kraftstoffverbrauch damit um 20 % senken. Jaguar arbeitet parallel an einem rein mechanischen Schwungrad-Speicher von ca. 65 kg Gewicht, der in einem Sedan XF-Prototyp installiert ist und dem Wagen für rund 7 Sekunden einen Schub von 60 kW geben kann. Tatsächlich wird bei dem FHSPV-Programm bis Ende 2011 eine Verbrauchsreduzierung von sogar 22,4 % erreicht.
Im Dezember 2008 fährt das erste Straßenfahrzeug mit einem eingebauten Flybrid High-Speed-Schwungrad seine Runden auf einer Teststrecke. Das kleine und leichte Gerät wurde gezielt entwickelt, um dem FIA-Reglement für die kommende 2009er Saison der Formel 1 zu entsprechen, das den KERS-Einsatz zum ersten Mal erlaubt. Im laufenden Jahr 2008 ist das Unternehmen offizieller Sponsor der Formula Student und unterstützt gezielt die neue Klasse 1(A) für alternativ, d.h. elektrisch, mit Wasserstoff- und Bio-Kraftstoffen, betriebene Fahrzeuge.
Im April 2009 meldet Flybrid, daß man mit dem italienischen Motorsport-Elektronik-Spezialisten Magneti Marelli eine Zusammenarbeit vereinbart habe, um eine neue Energie-Speicher-Lösung für das KERS-System zu entwickeln. Das neue Produkt für Hybrid-Rennwagen besteht aus einem Hochgeschwindigkeits-Kohlefaserschwungrad in Verbindung mit einem Hochgeschwindigkeits-Elektromotor/Generator und einer Steuerelektronik von Magneti Marelli. Der Schwungrad-Kondensator (Flywheel Capacitor) wird ein elektrisches Hochleistungs-Speichersystem darstellen, das Tiefenentladungen ohne Leistungseinbußen mit einer langen Lebensdauer verbindet. Das erste Kondensator-System mit Karbonfaser-Schwungrad wird eine Leistung von 60 kW und eine Gesamtspeicherkapazität von 600 kJ (Kilojoule, diese Einheit taucht hier zum ersten Mal auf) besitzen, die zu 2/3 wieder nutzbar gemacht werden kann. Der Flybrid/Magneti-Prototyp hat ein Gewicht von 25 kg, das im Laufe der Weiterentwicklung auf 20 kg gesenkt werden soll. Dabei will man auch eine Effizienzsteigerung auf bis zu 80 % erreichen. Auch McLaren und Ferrari experimentieren mit KERS-Systemen.
Die Erfahrungen während der Saison 2009 sind jedoch nicht zufriedenstellend, teilweise wohl auch, weil die FIA die maximale Leistungsdichte der KERS auf 400 kJ beschränkt hatte. In der Saison 2010 wird das System verboten – und in der Saison 2011 wieder zugelassen. Im Laufe des Jahres 2010 arbeit Flybrid daher an einem System speziell für das 24 Stunden Rennen von Le Mans, das komplett nur 37,9 kg wiegt und in der Lage ist, 100 kW Kraft zu übertragen. Das neue Clutched Flywheel Transmission (CFT) System wird im März 2011 zum ersten Mal getestet. Es verwendet eine Reihe von kleinen Kupplungen, um die Kraft zwischen dem Schwungrad und dem Hauptgetriebe des Fahrzeugs zu übertragen. Der Ersteinsatz erfolgt beim Schweizer LMP1-Team Hope Racing in Le Mans im Juni 2011.
Ebenfalls im Juni 2011 gibt die Volvo Car Corp. bekannt, daß man zusammen mit Flybrid Schwungrad-Hybrid-Autos für die Massenproduktion entwickelt. Da die Fahrzeuge des schwedischen Herstellers in der Regel Frontantrieb besitzen, soll das Volvo-KERS-System an die Hinterräder gekoppelt werden. Mit den Tests wird bereits im zweiten Halbjahr begonnen. Flybrid erhält 2011 den Low Carbon Champions Award sowie einen Business Excellence Preis der Motorsport Industry Association (MIA).
Mitte 2012 schließt Flybrid eine Umstrukturierung des Unternehmens ab, um sich vom F&E-Bereich in Richtung einer Serienproduktion zu bewegen. Unter anderen erfolgt der Verkauf aller Vermögenswerte der Flybrid Systeme LLP an eine neue Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die sich im Besitz derselben Gründer befindet und nun unter dem Namen Flybrid Automotive Ltd. firmiert. Im September 2012 wird eine Kooperation mit den Firmen Wrightbus, Voith und Productiv gestartet, um unter der Federführung von Arriva bis 2014 einen mittelgroßen Bus der StreetLite-Line von Wrightbus mit einem Flybrid-Schwungradspeicher auszurüsten. Bei dem mit 700.000 £ vom Technology Strategy Board finanzierten Projekt (einen gleich hohen Betrag steuern die Partner bei) soll ein System entstehen, mit dem auch andere StreetLite-Modelle nachgerüstet werden können.
Im März 2013 übernimmt die Firma Torotrak Plc 20 % der Flybrid mit der Option, bis Ende des Jahres den restlichen Anteil zu kaufen. Torotraks Investition soll neben den erwarteten Synergien in Technologie und Fertigung in erster Linie dabei helfen, bis zum Jahr 2016 eine ausgereifte Technologie für Serienfahrzeuge anbieten zu können.
Nach Testfahrten im Vorjahr bestätigt Volvo im April 2013, daß ein mit der Technologie ausgerüsteter Volvo S60 Testwagen in 5,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen kann – und gegenüber einem Auto mit ähnlicher Leistung eine Kraftstoffeinsparung von 25 % erreicht. Die Entwicklung der fortschrittlichen Rekuperations-Technik von Volvo wird von der schwedischen Umweltbehörde mit einem Zuschuß von ca. 735.000 € unterstützt. An dem Technik-Projekt beteiligen sich auch das Tochterunternehmen Volvo Powertrain und die schwedische SKF-Group. Einen Vorläufer der Speicher-Technik mit einem Schwungrad aus Stahl hatte Volvo bereits in den 1980er Jahren in einem Modell Volvo 240 getestet, wobei sich herausgestellt hatte, daß die Stahlbauweise wenig effektiv und zu teuer ist. Das neue Karbonfaser-Schwungrad wiegt dagegen lediglich rund 6 kg, hat einen Durchmesser von nur 20 cm und arbeitet in einem Vakuum, um Reibungsverluste zu vermeiden.
Die im Jahr 2000 gegründete Compact Dynamics GmbH aus Starnberg (ehemals Gründel und Hoffmann) stellt ab 2008 mit dem Energiespeicher DYNASTORE eine neuartige Technologie zur Kurzzeit-Energiespeicherung auf Basis von Schwungradspeichern und Superkondensatoren vor. In Kundenprojekten werden verschiedene Systeme entwickelt, beginnend bei kleinen Energiespeichern für den Einsatz im PKW mit 2 kW – bis zum größeren Energiespeicher für den Industrieeinsatz mit mehr als 100 kW.
Ein 72 kW System mit 18 kg Gewicht wird 2009 bei der Formel 1 eingesetzt, das entsprechende Rennteam zieht sich nach dieser Saison allerdings aus dem Rennsport zurück. Ab diesem Jahr wird ein Prototyp mit 2,5 kW für die Bordnetzstabilisierung in Kraftfahrzeugen mit Start/Stop-Automatik entwickelt. Parallel laufen Entwicklungen für den Industriebereich mit Leistungen von 100 kW bis 200 kW. Die Namensgleichheit mit dem DYNASTORE-Leitprojekt von 2000 ist übrigens reiner Zufall (s.u. Überbrueckungsspeicher).
Auf demselben Marktsegment ist auch die Firma Kinetic Traction Systems Inc. (KTSi) aktiv, die im November 2010 bekanntgibt, daß sie einen Teil der Vermögenswerte der Pentadyne (s.u. Überbrückungsspeicher) erworben habe, und daß man die Schwungrad-Technologie nun auf den Eisenbahn-Markt tragen will. Im Zuge dessen kommen auch ein paar Hintergründe an die Öffentlichkeit: Dem Management-Team von KTSi zufolge habe man eine Technologie, deren Ursprung auf das britische Unternehmen Urenco Power Technologies Ltd. (UPT) im Jahr 1997 zurückgeht, welches Zentrifugen für die Urananreicherungstechnik seiner Mutterfirma Urenco plc entwickelt hat. Die daraus entstehende Technologie von Kohlefaser-Schwungrädern findet ihre ersten Anwendungen zur schnellen Überbrückung von Stromausfällen, wird aber auch für Transport- und Bahnanwendungen adaptiert. Als die Muttergesellschaft im Jahr 2004 die Unterstützung der Tochter einstellt, verläßt diese den Markt, nachdem sie ihre bereits verkauften Schwungradspeicher wieder zurück erwirbt.
Dem KTSi-Team ist die Firma aus der Zeit bekannt, als alle bei Pentadyne arbeiteten – und im Jahr 2007 wird eine Lizenz von einer (ebenfalls ungenannten) Gruppe erworben, welche die Rechte an der ursprünglichen Technologie und den Patenten übernommen hatte. Es dauert dann noch bis 2009, bis dieses Geschäft abgeschlossen ist und KTSi mit der Herstellung entsprechend dem UPT-Design beginnen kann, und auch gleich einen Auftrag der New York Metropolitan Transit Agency für ein 5 MW System bekommt. Dabei geht es darum, in der Mitte zwischen zwei U-Bahn-Stationen Energie aus dem rollenden Material zurückzugewinnen und Schwungräder in der Nähe des Bahnhofs zu plazieren, damit der eingefahrene oder der ihm folgende Zug mit der gespeicherten Energie erneut beschleunigen kann.
Als die Pentadyne ihre Türen schließt, müssen deren U-Bahn-Kunden – neben New York auch London (Tests seit 2000 mit drei 100 kW KESS Einheiten auf einer Teststrecke, sowie ab 2009 auf der Far Rockaway Line) und Paris (vier UPT tr200 Module) –, ihre Einheiten zurückgeben, und die wesentlichen Vermögenswerte des Unternehmens werden aufgeteilt, wobei die von Loudwater finanzierte KTSi alle Schienen-bezogenen Vermögenswerte erwirbt. Bestehende Installationen können dagegen nicht übernommen werden – denn die gibt es nicht mehr. Es wird allerdings nicht gesagt, wohin all die demontierten Systeme verschwunden sind. Und besonders schnell scheint es dann auch bei KTSi nicht voranzugehen.
Erst im September 2011 wird mit der britischen Williams Grand Prix Engineering Ltd. (Williams F1, ein Rennsportteam mit Sitz im englischen Grove) eine langfristige Kooperationsvereinbarung unterzeichnet, um die Umsetzung Schwungrad-basierter Energiespeicher und -wiedergewinnungssysteme für den Schienennahverkehr und Netzanwendungen zu fördern. Das Abkommen sieht vor, daß Williams F1 die GTR Schwungradsysteme im Schienen- und Stromnetzsektor in Europa, dem Mittleren Osten und Indien unter seiner eigenen Marke vertreibt, während die beiden Unternehmen zusammenarbeiten werden, um die Verbundwerkstoff-Schwungrad-Technologie weltweit zu fördern. Die weitere Entwicklung und Verbesserung des Systems soll durch das Energiespeicher-Team von Williams F1 am Williams Technology Centre in Katar durchgeführt werden. Das stationäre GTR Schwungrad-System von KTSi, das die patentierte Magnetic Loaded Composite (MLC) Technologie nutzt, soll die Bremsenergie der Züge erfassen, um die Leistung zu erhöhen und den elektrischen Energieverbrauch zu reduzieren.
Die durch Übernahme einer Minderheitsbeteiligung an der Automotive Hybrid Power Ltd. (AHP) im Jahr 2008 neugegründete und umbenannte Williams F1-Tochter Williams Hybrid Power (WHP) hatte im Laufe der vergangenen Jahre einen hochwertigen und leichten mobilen Schwungrad-Energiespeicher für den Einsatz im KERS-System von Rennwagen entwickelt, der auf der MLC-Technologie basiert, die dem System zu seinen einzigartigen Eigenschaften verhilft. AHP war ein in Norfolk beheimateter Anbieter von Schwungrädern aus Verbundwerkstoffen.
Nun wird ein KERS-Einsatz für die F 1 Saison 2009 vorbereitet, an der erstmals Hybrid-Rennwagen teilnehmen werden. Aufgrund der unbefriedigenden Ergebnisse tut sich WHP Ende des Jahres mit Ricardo, Torotrac, Land Rover, SKF und anderen Unternehmen zusammen, um im Rahmen eines KinerStor Demonstrationsprojekts ein Schwungrad-Magnetsystem für kommerzielle Anwendungen zu evaluieren. Das Ziel ist es, ein marktfähiges System zu einem Preis unter 1.000 £ zu entwickeln, mit dem eine Kraftstoffersparnis von bis zu 30 % erreicht werden soll. Das Konsortium unter der Federführung von Ricardo (s.u.) wird teilweise von der britischen Regierung über das Technology Strategy Board finanziert.
Im Februar 2010 wird das WHP Schwungrad-System erfolgreich bei einem Porsche 911 GT3 R Hybrid eingesetzt, wo es neben dem Fahrer im Fahrgastraum sitzt. Das mit 40.000 U/min rotierende Schwungrad besteht aus einem Verbundwerkstoff, in welchen während der Ausformung magnetische Teilchen eingegossen werden – sodaß das Rad als Permanentmagnet für den Motor wirkt und dabei hilft, das Gesamtgewicht niedrig zu halten. Die gespeicherte Energie liefert den beiden Elektromotoren, welche die Vorderräder antreiben, genügend Kraft, um die 565 PS des V8-Benzin-Motors auf eine kombinierte Leistung von 767 PS zu steigern. Tatsächlich stellt Porsche ein entsprechend aufgerüstetes Fahrzeug auf der Detroit Auto Show Anfang 2011 als ‚Produkt’ vor – als eine Art Kombination aus dem erfolgreichen 911 GT3 R Hybridrennwagen and dem schlanken 918 Spyder hybrid. In diesem Jahr gewinnt das Fahrzeug das 24-Stunden Rennen am Nürburgring.
Im April 2010 erhöht Williams F1 seinen Anteil an WHP von 40 % auf 78 %, da das Unternehmen aufgrund der sehr guten Ergebnisse auf der Rennstrecke inzwischen zu der Überzeugung gelangt ist, daß seine MLC-Technologie auch bei Hybrid-Pkws, Hybrid-Bussen, elektrischen Eisenbahnen, PRT-Systemen, Diesel-Elektro-Schiffen und Windkraftanlagen Anwendung finden kann.
Im März 2012 gibt WHP bekannt, daß man gemeinsam mit der Go-Ahead Group, dem führenden britischen Bus- und Bahnbetreiber, den in der Formel 1 eingesetzten Schwungradspeicher adaptieren und anschließend eine Testflotte von sechs Hybridbussen damit ausstatten will. Die Busse, deren Einsatz ab Ende des Jahres in London geplant ist, sollen durch das KERS bis zu 30 % Treibstoff einsparen. Nach einer dreimonatigen Testphase soll eine Auswertung entscheiden, ob das System bei den rund 4.000 Bussen der Go-Ahead Group zum Einsatz kommt. In diesem Jahr stattet Audi einen R18 e-tron Quattro für das Le Mans Rennen mit dem KERS-System von WHP aus - und feiert einen Doppelsieg, denn es ist der bislang größte sportliche Erfolg eines Schwungrad-Autos.
Anfang 2013 unterzeichnet WHP eine exklusive Vereinbarung mit Alstom Transport, um die MLC-Technologie ab 2014 bei den Alstom-Straßenbahnen der Modellreihe Citadis anzuwenden. Mit der Schwungradspeicher-Technologie soll eine Energieeinsparung von rund 15 % erreicht werden.
Mit der Entwicklung von Nahverkehrsbussen mit Schwungradspeichern, mit denen eine Kraftstoffersparnis von mindestens 20 % erreicht werden soll, beschäftigt sich auch das Flybus-Konsortium, welches anteilig vom britischen Technology Strategy Board finanziert wird und aus dem Ingenieurbüro Ricardo plc, dem Bushersteller Optare plc, dem Antriebsspezialisten Torotrak und dem Automatikgetriebe-Lieferanten Allison Transmission Inc. besteht. Ricardo ist ein führender Anbieter von Entwicklungsdienstleistungen für die Automobil-, Transport- und Energiewirtschaft.
Im Oktober 2010 wird mit der Konstruktion des ersten Prototyps begonnen. Das kompakte Kinergy Hochgeschwindigkeits-Schwungrad von Ricardo, das aus Kohlefaser-Verbundwerkstoff besteht und mit 60.000 U/min rotiert, wird in einem Optare Solo Midibus installiert. Optare ist ein führendes britisches Unternehmen in der Omnibus-Branche. Wesentliches Element der Entwicklung ist, daß Busse damit auch nachträglich ausgerüstet werden können. Im August 2011 meldet Ricardo einen Durchbruch mit einem Schwungrad der 2. Generation, indem deutliche Verbesserungen des magnetischen Kupplung/Getriebe-Systems erzielt werden. Dies wird im Rahmen des ebenfalls vom Technology Strategy Board mitfinanzierten KinerStor Projekts erreicht, einem von Ricardo angeführtem Konsortium, das die Partner CTG, JCB, Land Rover, SKF, Torotrak und Williams Hybrid Power (s.o.) umfaßt.
Die Testfahrten mit dem Flybus-Prototyp beginnen im September 2011, allerdings sind bislang noch keine Ergebnisse bekannt gegeben geworden.
Die oben bereits erwähnte Firma Vycon stellt 2011 ein regeneratives Bremssystem für Bahnen vor. Das REGEN Rail High Power Energy Storage System bietet eine effektive und umweltfreundliche Lösung für eine Vielzahl von schienengebundenen Anwendungen. Besonderes Augenmerk wird auf U-Bahnen gerichtet, denn eine U-Bahn mit 10 Wagen in New York beispielsweise benötigt zum Anfahren und zur Beschleunigung auf die Fahrgeschwindigkeit innerhalb von 30 Sekunden zwischen 3 MW und 4 MW. Wobei diese Energie beim Abbremsen in der nächsten Station wieder verloren geht – in Form von Reibungswärme und Lärm. Zur Rückgewinnung dieser Energie bietet Vycon 500 kW Systeme an, die 3,4 t wiegen, deren Schwungräder mit 7.000 – 9.000 U/min rotieren, und die für eine Dauer von 12 Sekunden 6.000 kWs abgeben können.
Im November 2012 unterzeichnet das Unternehmen einen 3,6 Mio. $ Vertrag mit der Los Angeles County Metropolitan Transportation Authority, um an der Red Line Westlake/MacArthur Park Station eine Wayside Energy Storage Substation (WESS) zu installieren, die mit einem 2 MW REGEN Schwungrad-Energierückgewinnungssystem ausgestattet ist. Bislang werden solche Bahnstrom-Versorgungsstationen mit chemischen Batterien betrieben.
Mitte 2011 wird eine Schwungradanwendung im Verkehrswesen bekannt, wie sie eigentlich schon seit Jahrzehnten existieren könnte ... hätte schon damals jemand zielorientiert darüber nachgedacht. Der zu diesem Zeitpunkt 22 Jahre junge Maschinenbau-Student Maxwell von Stein entwirft ein Fahrrad, das ein Schwungrad nutzt und eine kostengünstige Alternative zu den sich immer mehr verbreitenden Pedelec bzw. Elektro-Fahrrädern bildet.
Das 6,8 kg schwere Schwungrad (aus einem Automotor) wird beim Bremsvorgang in Rotation gebracht und puffert die sonst verlorengehende kinetische Energie. Diese kann durch Zukuppeln des Schwungrades bei freier Fahrt wieder auf das Hinterrad übertragen und bei Bergauf-Strecken oder zur Beschleunigung auf gerader Strecke genutzt werden. In Situationen, in denen die durchschnittliche Geschwindigkeit des Fahrrades ca. 20 - 24 km/h beträgt, hilft das Schwungrad, die maximale Beschleunigung zu erhöhen und führt zu einer Energieeinsparung von fast 10 %. Für das Abschlußprojekt an der Cooper Union for the Advancement of Science and Art in New York erhält von Stein den Nicholas Stefano Preis.
Im Februar 2012 umfaßt einer der russischen Beiträge zum bekannten James Dyson Award das Konzept eines Liegerads mit Schwungradspeicher, der die Bremsenergie nutzen soll. Das Schwungrad, das sich im Rücken des Fahrers befindet, kann durch Anschluß an eine Steckdose und seine 60 kW Motor/Generator-Kombination allerdings auch aufgeladen werden – um das Liegerad mit einer vollen Ladung und bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h bis zu 33 km weit zu bringen.
Die maximal erreichbare Geschwindigkeit beträgt 135 km/h. Die gesamte Struktur des Fahrrads ist aus Stahl gefertigt und wiegt einschließlich des 5 kg Schwungrads nur 35 kg. Es ist abzuwarten, ob das ursprünglich 2009 gestartete Projekt umgesetzt wird – und ob es diese doch etwas hoch angesetzten Erwartungen überhaupt erfüllen kann.
Im Jahr 2013 wird an der Technischen Universität Graz m Rahmen des Elektromobilitätsprojekts Clean Motion Offensive des Automobil-Clusters Oberösterreich der Prototyp eines KERS-Schwungradspeiches für die Serienanwendung in Elektro- und Hybridfahrzeugen entwickelt. Das Schwungrad ist auf eine lange Lebensdauer ausgelegt, um um einen akzeptablen Preis in der Serie zu erreichen, wird auf Faserwerkstoffe verzichtet. Das Projekt wird vom Klima- und Energiefonds als Leuchtturmprojekt der Elektromobilität gefördert.
Zusammnfassend kann gesagt werden, daß Schwungradspeicher bei der Anwendung modernster Technologien und Komponenten mehrere positive Eigenschaften aufweisen:
Nachteilig an einem Schwungradspeichersystem sind die relativ hohen Investitionskosten und die bis zur Massenfertigung erforderlichen Entwicklungsausgaben.
Es folgt nun das breite Feld der thermischen Energiespeicherung.