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Eine geschichtliche Gesamtübersicht aller bislang erdachten Geräte, Maschinen,
Anlagen und Systeme zur Nutzung der Windenergie würde den Rahmen sogar
dieses Buches sprengen. Ich werde mich jedoch bemühen, trotzdem einen
möglichst umfassenden Überblick zu geben.
Im 19. Jahrhundert ergießt sich jedenfalls eine Flut neuer Ideen in die Patentämter dieser Welt, die im 20. Jahrhundert nur noch zunimmt. Umgesetzt werden allerdings die wenigsten dieser Innovationen, da im Laufe der Jahrzehnte gewisse Entwicklungspfade entstehen, die von immer mehr Entwicklern und Unternehmen beschritten werden. Ein ,Pfad’, der sich inzwischen zur ,Autobahn’ entwickelt hat, führte so zu den weltweit dominierenden Dreiblattrotoren mit Horizontallachse. Ihre Geschichte und den gegenwärtigen Stand ihrer Entwicklung und Umsetzung habe ich bereits geschildert.
Seitenpfade in der Breite von ‚Landstraßen’ führten zu den ebenfalls schon beschriebenen Savonius- und Darrieus-Rotoren, und einer der Wege, der sich gerade ‚im Ausbau’ befindet, scheint zu Augmentor-Systemen, und hier insbesondere zu den Aufwindkraftwerken zu führen. Auch diese sind schon behandelt worden.
Es wäre nun allerdings unverantwortlich, die vielen ,Wald- und Wiesenwege’ völlig zu ignorieren, denn an ihren Rändern blühen einige der schönsten technologischen Pflänzchen. Die nun folgende Präsentation neuer Designs und Rotorformen beginnt im Jahr 1975, da dieses definitiv ein Schlüsseljahr darstellt - und nicht nur für mich (worüber im Teil E erzählt wird). Dabei halte ich mich weitestgehend an die Chronologie - wobei sich ähnelnde Systeme oft direkt hintereinander stehen, um die Übersicht zu erleichtern.
Eine sehr eigene
Form der Windenergie-Nutzung bildet beispielsweise das Prinzip der Schlagflügel-Windanlage,
das um 1975 herum
von der Interdisziplinären Projektgruppe für Angepaßte Technologie der
TU Berlin (IPAT) umgesetzt wird. Ich habe im Absatz zur Windenergie-Entwicklung
in Deutschland schon
darüber berichtet (s.d.).
Das Schlagflügelsystem ist für den Einsatz als windbetriebene Kolbenpumpe in Ländern der 3. Welt konzipiert und wird sogar auf Hawaii (oder Tahiti?) getestet. Später wird die Anlage abmontiert und wieder zurück nach Berlin gebracht, wo sie bald darauf der Vergessenheit anheim fällt.
Eine Widergeburt erlebt der Schlagflügel erst im Jahr 2007 in Form der WindWing-Anlage von Gene Kelley, über die ich weiter unten noch ausführlicher zu sprechen komme.
Vielerfinder Alvin M. Marks aus Whitestone, New York, meldet 1977 das Patent für einen Charged aerosol generator with uni-electrode source an, der auch unter dem Namen Power Fence bekannt ist (manche sprechen auch von einem blattlosen Ionenwind-Generator).
Das System sieht aus wie ein Zaun, und der Wind soll durch das Medium von geladenen Wassertröpfchen eine elektrische Ladung von einer Elektrode zur anderen befördern, um einen Stromkreis zu schließen. Hierdurch kann Elektrizität ohne jede beweglichen Teile gewonnen werden. Ein erster Prototyp soll bereits 1968 funktioniert haben.
Marks, der auch maßgeblich an der Entwicklung von Lumeloid-Zellen beteiligt ist, erhält sein Patent 1980 (US-Nr. 4.206.396), und vier Jahre später läßt er sich unter dem Namen Charged Aerosol Wind/Electric Power Generator eine Folgeentwicklung patentieren, bei welcher der Prozeß durch die Zerstäubung von Flüssigkeit im Wind verstärkt werden soll (US-Nr. 4.433.248).
Von späteren Umsetzungen der Technologie, die ein wenig an den Kelvin-Generator erinnert, ist nichts bekannt geworden.
Eine ähnliche Technik, bei der die Windenergienutzung ganz ohne bewegte Teile auskommt, ist Inhalt eines schwedischen Vorschlags aus den Jahren 1977/78, dessen Quelle oder Hintergrund leider nicht mehr zu eruieren sind.
Beim Durchströmen des Windes durch ein Netzwerk aus Drahtseilen bzw. -stangen induziert die an den elektrischen Leitern entlang streichende, feuchte, ionisierte Luft einen Stromfluß.
Die Leistungsfähigkeit eines solchen Systems steht allerdings in keinem Verhältnis zum Aufwand, und das Projekt kommt über den Laborstatus nicht hinaus.
Erneut angegangen wird die Technologie an der niederländischem TU Delft, wo Wissenschaftler um Prof. Johan Smit und Dhiradj Djairam gemeinsam mit der Firma mecanoo architecten einen Prototypen namens EWICON bauen (Electrostatic Wind Energy Converter).
Djairam hatte bereits im Dezember 2008 mit dem Thema ,The Electrostatic Wind Energy Converter, electrical performance of a high voltage prototype’ promoviert. In seiner Arbeit nennt er den Physiker Piet Sonneveld aus Wageningen als Urheber der Idee, die dieser schon im Jahr 2002 veröffentlicht hat. Djairam effizientester Testaufbau im Labor ergibt einen Strom von 0,8 µA bei 16 kV, was einer Leistung von 12,5 mW entspricht.
Den aktuellen Meldungen zufolge wird der neue Prototyp im März 2013 an der Universität installiert, er hat keine beweglichen Teile und ist völlig geräuschlos.
In einem großen Stahlrahmen befinden sich zahlreiche horizontal angeordneten Röhren, in denen sich Elektroden und Einspritzdüsen für Wassertropfen befinden. Die zugunsten einer niedrigeren Oberflächenspannung mit 30 % Alkohol verdünnten Tropfen sind elektrisch positiv aufgeladen und werden von den negativ geladenen Elektroden angezogen. Der durch das Gitter gehende Wind reißt die im Gestänge hängenden Tröpfchen jedoch mit, und erzeugt über das Spannungsgefälle elektrische Energie.
Die Unterhaltskosten gegenüber den bewegten Systemen sind niedriger, auch die Herstellung ist einfacher, doch im Betrieb benötigt die Konstruktion fortwährend Wasser. Außerdem muß die Anlage jedes Mal neu ‚eingeschaltet’ werden, denn für die anfängliche Aufladung der Wassertropfen ist elektrischer Strom aus einer Hochspannungsquelle nötig, der viel Energie verzehrt. Und ganz ungefährlich ist es auch nicht. Mit dem Prototypen wird ein Wirkungsgrad von 5 % erreicht, weitere Details gibt es bislang noch nicht.
Die meisten der
neu erdachten Systeme bilden Variationen, Adaptionen oder Modifikationen
bereits bekannter Techniken.
Ein Beispiel dafür ist der Windrotor, den Herren De Barros Fonseca senior und junior 1981 vorstellen.
Ein zentraler, feststehender Zylinder aus Beton trägt eine leichte und bewegliche Konstruktion aus zwei Halbzylindern und vier Rotoren. Diese dreht sich automatisch mit dem Wind um die mittlere Achse.
Durch die runden Oberflächen wird der anströmende Wind zu den Öffnungen hin gelenkt, in denen die Rotoren angebracht sind, wo sich der Druck erhöht – und damit die Energieausbeute des Windes. Auch hier ist nichts von einer Umsetzung bekannt.
Ein System mit ähnlichem Ansatz bildet der Windkonzentrator von
Bionik-Professor Ingo
Rechenberg (TU-Berlin). Sein BERWIAN stellt
die konventionellen Betrachtungen von Horizontalachsen-Windkraftwerken
auf den Kopf. Da ein Trichter strömungstechnisch wirkungslos ist, wird
die Strömungsenergie hier nach dem Prinzip des aufgespreizten Vogelflügels
mittels stationären Turbinenschaufeln zusammengefaßt - und dabei erhöht.
Damit landet man sehr schnell bei der energetisch äußerst interessanten Wirbelströmung,
die in Teil D noch ausführlich beschrieben wird.
Der Konzentrator besteht aus einem starren Kranz abgestumpfter Flügelprofile, die einwärts gebogen sind. Das Windrad selbst befindet sich etwas zurückgesetzt im freien Inneren des Kranzes. Durch die Ausnutzung der Windverdichtung soll sich ein konventioneller Rotor viel schneller drehen und die 6- bis 8-fache Leistung liefern.
Für die Entwicklung des auch Wirbelspulengenerator genannten Systems werden die Erkenntnisse der Bionik bei der Beobachtung von Vogelflügeln genutzt. Die ersten Versuche erfolgen im Winter 1984/1985 an der Ostseeküste.
Doch obwohl die gesamte Konstruktion automatisch in den Wind gedreht werden kann, ist die Anlage viel zu groß und zu ineffektiv, als daß sie in der Praxis Anwendung finden könnte.
Erst 25 Jahre später scheint die bionische Entwicklung der Konzentrator-Windturbine eine Wiederauferstehung zu erleben – in Verbindung mit der oben genannten Erfindung von Alvin M. Marks.
Die Idee stammt aus Rechenbergs Text ‚Eine bionische Welt im Jahr 2099’, doch vielleicht inspiriert sie ja jemanden dazu, sich schon heute mit ihrer Umsetzung zu beschäftigen:
„Der starre Strömungswandler beruht auf einer Umkehrung des Phänomens des elektrischen Windes. Elektrische Ladung wird vom Wind entgegen des Feldstärkegefälles transportiert. Die Anwendung des nanostrukturierten Luft-Ionisierungsgitters rechnet sich aber nur, wenn die Erntefläche der Windenergie drastisch verkleinert wird. Dies wird möglich durch den Einsatz eines Windkonzentrators.“
Eine andere Form der Wirbelkonzentration wird mit Hilfe eines Deltaflügels
vorgeschlagen. Dieser Delta-Konzentrator wird in dem 1988 erschienenen
Buch ,Windkraftanlagen - Grundlagen, Technik, Einsatz, Wirtschaftlichkeit’ von
Erich Hau präsentiert.
Bei der Umströmung eines Tragflügels treten konzentrierte Luftwirbel als sogenannte Randwirbel auf, was beim Deltaflügel mit seinem großen Anstellwinkel in besonders hohem Maß der Fall ist. Eine verläßliche Theorie für diesen komplexen Fall ist bislang nicht verfügbar.
Beim Versuch, diesen Effekt für die Windenergietechnik zu nutzen, werden Windrotoren auf einem statischen Bauwerk in der Form eines Deltaflügels so angeordnet, daß sie in den Randwirbeln des Deltaflügels arbeiten.
Aufgrund theoretischer Abschätzungen hofft man auf eine Steigerung der Leistungsausbeute gegenüber dem konventionell angeströmten Rotor um den Faktor 10. Das Projekt wird jedoch aufgegeben, als sich die Ergebnisse von Modellmessungen im Windkanal als sehr enttäuschend erweisen.
In diesem Zusammenhang interessant ist eine französische Innovation, die erstmals im September 2008 auf der GAFA in Köln vorgestellt wird.
Die Anfang 2006 gegründete Firma Nheolis SAS aus Aix en Procence setzt bei ihren international patentierten, waagrechten 3D-Turbinen ebenfalls auf eine Luftbündelungstechnologie, die auf dem Bernoulli-Prinzip beruht.
Hierfür werden trogartige Rotorblätter eingesetzt, welche die Aufnahme der kinetischen Energie des Windes in optimaler Weise auszunutzen sollen.
Auch die Windkanal-Untersuchungen belegen, daß diese Innovation eine deutlich höhere Energieeffizienz aufweist als herkömmliche Windkraftanlagen. Versuche mit Testanlagen, die als 3-Blatt- und als 4-Blatt-Versionen ausgeführt werden, erfolgen in Kooperation mit verschiedenen französischen Technologieorganisationen.
Im Jahr 2009 erhält Nheolis die Goldmedaille des EEP Award of the European Environmental Press für hervorragende Fortschrittsleistungen in der Umwelttechnik. Zahlreiche weitere Auszeichnungen folgen.
Bereits lieferbar ist das 3,5 kW Modell Nheowind 3D 100 Custom, zwei weitere Modelle sind ab September 2009 verfügbar: Nheowind 3D 50 (1,8 kW, 4-Blatt-Rotor, Durchmesser 1,2 m, Blattlänge 1,2 m, Material Glasfaser/Polyester, Gewicht 130 kg) und Nheowind 3D 100 (3,5 kW, 3-Blatt-Rotor, Durchmesser 3 m, Blattlänge 2 m, Material Glasfaser/Epoxy, Gewicht 280 kg).
Später werden die Rotorblätter insofern weiterentwickelt, daß sie nun auch eine spiralige Komponente erhalten. Außerdem wird ein entsprechend optimiertes Modell Nheowind 3D 150 (85 kW, 3-Blatt-Rotor, Durchmesser 6 m, Blattlänge 6 m, Material GFK, Gewicht 7000 kg).auf den Markt gebracht.
2010 gründet das Unternehmen ein Produktions-Joint Venture mit der Firma Xiamen Kehua Hengsheng Co. Ltd., einem der führenden Hersteller von USV-Geräten in China.
Ab September 2012 können die Rotoren auch in allen Farben des Regenbogens geliefert werden, was eine Individualisierung ganz nach Geschmack bzw. Corporate Design bedeutet. Auch Logos, Stadtwappen oder die Teamfarben des Lieblingsclubs können appliziert werden, um Sympathie zu erwecken und eine demonstrative Außenwirkung zu erzielen.
Über
den Schlitzblatt-Rotor des
irakischen Erfinders Tahsin Al-Majed (aka Mahmood
Hajem) werde ich separat
noch ausführlicher berichten. Ich habe viele Jahre lang versucht aus
diesem Patent ein marktfähiges Produkt zu machen, und besitze deshalb
eine Menge Unterlagen darüber.
Vorab sei auf einen kurzen Bericht verwiesen, der sich auf meiner privaten Webseite befindet. Außerdem kann man im Archiv die Ergebnisse einer Theoretisch-Numerischen Untersuchung des Hermann-Föttinger-lnstituts der TU-Berlin nachlesen, in welcher dem geschlitzten Rotorblatt eine potentielle Steigerung des Wirkungsgrades um bis zu 45 % bescheinigt wird.
Der Erfinder des Schlitzrotors bekommt 1987 die Silbermedaille der Schweizer Erfindermesse in Genf zugesprochen – kurz nachdem ich mit ihm einen Vertrag zur Patentierung in Syrien abgeschlossen habe, der im Folgejahr eine EU-Patentanmeldung folgt.
In meiner Solarmanufaktur in Damaskus stellen wir verschiedene Modelle her, mit denen empirisch geklärt werden soll, welche Bauweise die jeweils besten Resultate für die wichtigsten Anwendungsbereiche Windenergie, Ventilation und Propellerbau erbringt.
Durch Herrn Siegmund Ewert vom 2. Oberstufenzentrum (OSZ) in Berlin-Spandau beginnt eine langjährige Beschäftigung der Auszubildenden mit der Schlitzblatt-Technologie, die später auch von Ewerts Nachfolger Harald Sterzenbach fortgeführt wird.
Es wird ein kleiner, offener Windkanal gebaut, mit dem im Laufe der Zeit Hunderte von Varianten vermessen werden – bis die Optima der wichtigsten Variablen wie Schlitzbreite, Schlitzlage, Anstellwinkel usw. gefunden sind.
Im Zuge der Vermessungen im Windkanal erbringen die Schülerinnen und Schüler des OSZ den Nachweis, daß durch die Implikation eines Schlitzes in einem flachen, unprofilierten Rotorblatt ein Leistungsplus von rund 30 % erreicht wird - im Vergleich zu einem identischen, aber ungeschlitzten Blatt.
Nachdem sich der Berliner Künstler Jörg Reckhenrich des originalen Konzeptes von al-Majed annimmt und daraus das Design Schwert des Windes entwickelt, wird die gestaltete Innovation vom Designpreis Schweiz in Solothurn 1991 mit einer ,Auszeichnung für herausragendes Design’ geehrt. Im selben Jahr erhalte ich das Europäische Patent für den Schlitzblattrotor (EP-Nr. 0295353).
Der weitere Verlauf der Geschichte ist jedoch charakteristisch für viele Innovationen im Energiesektor: Sie schaffen es häufig nicht, sich gegen die konventionellen Systeme durchzusetzen.
Trotz vieler Mühen gelingt es jedoch nicht, das Kapital zur Gründung der geplanten SYN.TECH Gmbh zusammenzubekommen, welche die Entwicklung bis zur Produktreife und die anschließende Vermarktung des Systems durchführen sollte.
Inzwischen habe ich das Patent bewußt auslaufen lassen – womit diese Schnittstellen-Technologie nun ‚open source’ ist und von jedermann frei genutzt werden kann. Es ist für mich sehr befriedigend festzustellen, daß dies auch tatsächlich geschieht.
Ein gutes Beispiel bildet die Landesstelle Berlin für gewerbliche Berufsförderung in Entwicklungsländern, die seit Jahrzehnten Kurse zur Aus- und Weiterbildung für Fach- und Führungskräfte aus Entwicklungsländern durchführt. Im Kurs des Jahres 2007/2008 mit dem Schwerpunkt Nutzung regenerativer Energieformen wird auf dem Gelände der Peter-Lenné-Schule, dem Sitz der Landesstelle, gemeinsam mit den Teilnehmern des Kurses ein Windrad mit geschlitztem Rotorblatt errichtet und dokumentiert (pdf, 8 Seiten).
Im November 2008 veröffentlicht Herr Sterzenbach ferner einen präzisen und gut bebilderten Artikel (pdf, 14 Seiten), in dem er die Konstruktionsprinzipien für den Selbstbau eines in der Praxis erprobten Schlitzflügels beschreibt. Bis hin zu einem Schnittmuster findet man hier alles, um selbständig geschlitzte Rotorblätter herstellen zu können!
Ebenfalls 2008 gelingt es dem irakischen Erfinder, ein neues Patent zu erhalten, indem er die vordere Blatthälfte perforiert (Divided blade rotor, US-Nr. 7.396.208, beantragt 2006). Da man aber noch nicht abschätzen kann, ob dies tatsächlich zu einer noch höheren Effizienz führt, empfehle ich auch weiterhin die Konzentration auf den Schlitz als das wesentliche innovative Element des neuartigen Rotorblattes.
In
diesem Zusammenhang ist auch sinnvoll, auf eine weitere interessante
Innovation im Rotorblattbau hinzuweisen: Der CNR-Propeller (continous
noise reduction) wird entwickelt, um mit einem 2-Blatt-Propeller den
Schub eines 4-Blatt-Propellers zu erreichen.
Hierzu wird die Oberseite des Propellers mit einem tandemartigen Profil versehen, durch welches bei rotierenden Flügeln ein Kanal entsteht, in dem eine zentrifugal beschleunigte Strömung einen Absaugeffekt herstellt.
Dessen Effekte sind eine höhere Leistung, ein niedrigerer Geräuschpegel und eine tiefere Geräuschfrequenz.
Auf der Abbildung kann man gut die Funktionsweise des Systems erkennen.
Das Patent unter dem Titel Luftschraube mit Tandemprofil und Abströmkanal wird 1991 von einem Dieter Schulz aus Saulgau beantragt (DE-Nr. 4134062, erteilt 1997, erloschen 2000).
Eine andere Form von Schlitz geht auf Jacob Bitsadze aus Tbilisi in Georgien zurück, der sein Vacuum Aviawing genanntes Rotorblatt im Jahr 2003 unter dem Titel Turbine with jet cuts anmeldet, vermutlich in seiner Heimat (Nr. 4192/01/-003).
Hier haben die Blätter Schnitte, die Hohlräume in ihr Inneres öffnen, wodurch die Luft -oder Wasserströmung auch innerhalb der Klinge einen Druck aufbaut.
Komplexere Varianten sollen auch für Jet-Turbinen sinnvoll sein. Ich muß allerdings gestehen, daß ich nicht verstanden habe, was diesen Effekt bewirken soll.
Schon etwas leichter nachzuvollziehen ist das 1996 von John E. Roskey aus Carson City, Nevada, eingereichte Patent eines Windkraftwerks, das an den als Tragflächen gestalteten Anlagen ein Unterdruck-System impliziert, um den Bernoulli-Effekt zu nutzen und eine eng anliegende Strömung zu verursachen (US-Nr. 5.709.419, erteilt 1998).
Das Wesentliche an dieser Technologie sind Einbuchtungen, Klappen oder andere Einrichtungen an den Tragflächen, die Unterdruckbereiche hervorrufen.
Das
Jahresthema 1993 des renommierten Japanischen Designwettbewerbs
lautet im ‚Wind’.
Es ist daher nicht verwunderlich, daß sich Designer aus der ganzen Welt
mit neuartigen Umsetzungen in einer Weise beschäftigten, die über das
Tagesgeschäft konventioneller Ingenieurbüros oder der Entwicklungsabteilungen
von Firmen weit hinaus gehen.
Zu den sicherlich interessantesten Vorschlägen gehört das windbetriebene Energiefeld der beiden Deutschen Ulrich Reif und Werner Stiefler von der Universität Wuppertal, das eher einem ‚Wind-Wald’ ähnelt, als den bislang üblichen Windkraftwerken.
Unter dem Namen Biotech – Windpowered energy fields wird ein System konzipiert, das die im Wind schaukelnde Halmform von Korn, Gräsern oder Bambus mit dem piezoelektrischen Effekt verknüpft. Ähnliche Techniken begegnen uns auch im Bereich des Mikro Energy Harvesting (s.d.).
Bislang gleichermaßen nur auf dem Zeichenbrett befindet sich ein Entwurf Ecocoon des Architekten Vincent Callebaut aus Paris, ein Öko-Konzept, das eine Mischung zwischen urbanem Wohnen und Windstromversorgung repräsentiert und eine Auftragsarbeit für die Veranstaltung Watt’s in the Air? der Firmen APCI und EDF darstellt.
Das auf 13,2 Mio. € kalkulierte Gebilde, das besonders für hoch belastete Landschaften gedacht ist, bildet eine riesige Batterie, in welcher Flora und Fauna zusammenleben können, und in der ein Teil der gespeicherten Windenergie verwendet wird, um die Abfallprodukte zu recyceln und die verschiedenen natürlichen Elementen wie Luft, Wasser und Erde zu regenerieren.
Der im Boden verankerte Kokon hat auf seiner gesamten Außenfläche von 6.600 m2 ,Haare’, die zum einen Kohlenstoff-Katalysatoren sind, um Wasser zu erzeugen, indem sie Wasserdampf sammeln, und zum anderen Licht und Wärme bereitstellen, durch die Umwandlung von Luftschwingungen in elektrische oder elektrostatische Energie durch Reibung.
Ein ähnliches Konzept, bei dem 1,8 m lange stangenförmige Windenergie-Wandler aus Kohlefasern, die in Abständen von 30 cm voneinander plaziert sind, als Gebäudefassade fungieren, wird von den Designern Julien Rousseau, Luca Battaglia und Ulisse Gnesda aus Frankreich unter dem Namen Waltz of the Wind bei der eVolo Skyscraper Competition 2009 eingereicht, wo es auch eine ,Lobende Erwähnung’ erhält.
Die flexiblen Stangen schwingen mit dem Wind und schützen den Innenraum vor direkter Sonneneinstrahlung, was die Klimatisierungskosten senkt.
Ein Jahr später kommt der gleiche Ansatz wie bei dem Biotech-Energiefeld international in die Presse, und zwar als Beitrag der Designer Darío Núñez Ameni und Thomas Siegl vom New Yorker Atelier DNA zur Land Art Generator Initiative vom August 2010.
Bei diesem internationalen Designwettbewerb am Arabischen Golf geht es um die künstlerische Umsetzung erneuerbarer Energietechnologien. Das konzipierte Projekt namens Windstalk – das übrigens den 2. Platz belegt – besteht aus einen Wald aus exakt 1.203 gigantischen Halmen mit einer Länge von jeweils 55 m und einem sich nach oben verjüngenden Durchmesser von 30 cm unten, bzw. 5 cm oben, die im Wind hin und her schwanken und dabei genug Strom für 5.000 Haushalte liefern.
Die Karbonfaser-Halme, die am Boden in 20 – 30 m durchmessende Beton-Halterungen mit piezoelektrischen Elementen verankert sind, erzeugen den Strom ganz ohne drehende Rotoren und Generatoren. Ihre obersten 50 cm Länge sind mit LEDs versehen, die mit zunehmender Windstärke auch immer heller leuchten. In den Sockeln sollen sich übereinander mehrere Speicherkammern befinden, die anteilig mit Wasser befüllt als kleine Pumpspeicherwerke für Flautenzeiten agieren sollen. Es ist allerdings fraglich, ob die Entwickler für ihren unkonventionellen Windpark Investoren finden.
Im Mai 2014 folgt der Vorschlag ammophila des Designers Murtada Alkaabi aus Holland, bei dem es sich um eine weitere Fassade mit windbewegten und stromerzeugenden Elementen handelt.
Zurück zu dem
Designwettbewerb von 1993: Zwei Designer aus Brasilien, Edilson
Shindi Ueda und Kazuhiro
Ueda, beteiligen sich mit einer Art Windbaum daran. Dabei
gehen sie vom Beispiel hochwüchsiger Dschungelbäume aus, die vom Wind
bewegt stark oszillieren.
Bei ihrem Windtree werden eine Reihe hydraulischer Zylinder mittels Stahlseilen auf einer Seite mit der festen Basis, und auf der anderen mit den Wipfeln verbunden. Das hin und her der schwankenden Bäume setzt sich dadurch auf die Hydrauliken um, wo der Strom produziert wird. Dasselbe Team schlägt allerdings auch eine Art Hochsee-Energietankstelle für Schiffe vor, die aus 34 einzelnen, jeweils 8 m durchmessenden Rotoren auf einem 100 m hohen Turm besteht, wobei die Energie in Form von Wasserstoff gespeichert werden soll.
Von den beiden Japanern Ohki Mori und Yasushi Fujii stammt wiederum der Vorschlag, einen fliegenden Teppich aus Darrieus-Windmühlen in die Luft zu bringen ... und der Schweizer Designer Markus Stucki aus Zürich unter dem Namen Spider – Windpowerstation in the Mountains eine Art Spinnennetz konzipiert, das aus einer Vielzahl von Rotoren besteht und sich quer über Täler spannen läßt. Damit weist Stuckis Konzept eine gewisse Ähnlichkeit mit dem schon besprochenen Windstauwerk auf (s.d.).
Während die meisten Windkraftwerke bislang auf eigenen Masten in der
Landschaft herumstehen, werden im Laufe der Jahre verschiedentlich auch
andere Standorte bzw. Kombinationen vorgeschlagen. Im Sommer 1993 macht
die damalige niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn (SPD)
gemeinsame Sache mit dem Energiekonzern PreussenElektra.
Ab 1994 sollen
demzufolge Windräder auf 6.000 Hochspannungsmasten installiert
werden, die jeweils 50 bis 100 kW Leistung erbringen. Das Projekt wird
aber nie umgesetzt.
Im Jahr 1996 meldet
der Diplom-Designer Philipp Steffens aus Wuppertal den
Einbau von Vertikal-Achsen-Windkraftanlagen in Hochspannungsmasten zum
Gebrauchsmuster an (DE-Nr. 29610237, erloschen
2000).
Interessanterweise sollen dabei Flettner-Rotoren zum Einsatz kommen.
Als besondere Vorteile werden die direkte Erschließung, optimaler Blitzschutz, günstige Errichtung, leichte Erreichbarkeit und der nicht erforderliche neue Landschaftsverbrauch aufgeführt.
Steffens, später in Köln ansässig, verfolgt das Konzept im Rahmen seiner Firma Steffendesign zwar weiter, geht nun aber von einem Savonius-Rotor aus. Umgesetzt worden ist allerdings weder das eine noch das andere.
Die Idee lebt erst in Vorbereitung der EXPO 2000 in Hannover
wieder auf. Diesmal ist es die CBF Berlin Bauconsulting
GmbH & Co.,
welche das Projekt unter dem Namen Synline voranbringen
will – wobei von sogar 270.000 infrage kommenden Masten geredet wird.
Allerdings bleibt es auch diesmal wieder bei Plänen
ohne Umsetzung.
Sterben will Idee aber keineswegs - und so begegnet sie uns 2009 wieder, als in Frankreich die mit Wind-it betitelte Idee vorgeschlagen wird, bestehende Hochspannungsmasten mit innen montierten Savonius-Rotoren nachzurüsten (s.d.).
1996 wird im Fortune Magazine der WARP
tower von
Alfred L. Weisbrich vorgestellt, einem erfahrenen Luftfahrtingenieur
und Inhaber der Firma ENECO Texas LCC, der auch schon an der Entwicklung
anderer Windenergiesysteme beteiligt war.
Mit den WARP-Windverstärkermodulen soll die Windströmung um den Faktor 1,7 bis 1,8 gesteigert werden. Damit würde der Rotor selbst fünf Mal so viel Strom produzieren, wie ohne Verstärkung.
Die Module haben einen torusförmigen Querschnitt, werden übereinander zu Türmen gestapelt, und sehen damit aus wie ein Baumkuchen. Größere Modelle von Weisbrich besitzen zwei Rotoren von 2 – 3 m Durchmesser, die an gegenüberliegenden Seiten in die Ausbuchtungen eingelassen sind.
Obwohl das System mit einem Forschungsaufwand von 1,5 Mio. $ unter Federführung der New York State Energy Research (NYSERDA) vom Rensselaer Polytechnic Institute (RPI) untersucht wird, und auch Feldversuche durchgeführt werden (u.a. in Dänemark und Österreich), hört man später nichts mehr von dieser Innovation. Sie wird erst 2005 von Prof. Majid Rashidi an der Cleveland State University weiterentwickelt (s.u. 2005).
Ebenfalls 1996 meldet der Belgier Georges Gual das Patent für einen Senkrechtachser an, der die im Turbinenbau genutzte Technik der Leitschaufeln nutzt. Bei der StatoEolian sitzen der Stator außen, und der Rotor innen.
Andere, ähnliche Senkrechtachser habe ich bereits in dem enstprechenden Kapitelteil vorgestellt (s.d.).
Im Jahr 1999 wird im belgischen Rivesaltes das Unternehmen Gual Industrie gegründet, und 2002 gewinnt die Innovation den Alfred SAUVY-Preis.
2003 wird der erste Prototyp installiert, die erste kommerzielle Installation folgt ein Jahr später. Das System ist für den urbanen Einsatz gedacht und soll bis zu einer Windstärke von 150 km/h funktionieren.
Das Unternehmen bietet 2007 zwei Modelle an, die 800 kg wiegende StatoEolian GSE 4 mit einem Durchmesser von 4 m und einer Höhe von 1,5 m, die bis zu 10 kW leistet – sowie die StatoEolian GSE 8 mit einem Durchmesser von 8 m und einer Höhe von 3 m, die bis zu 36 kW leistet. Dieses System wiegt allerdings 2,5 t – was eine Aufdachmontage nicht einfach macht.
Ein sehr ähnlich aussehendes System, bei dem der Rotor allerdings außen sitzt, fand ich übrigens auf dem Titelbild des US-Magazins Popular Science vom November 1935.
Im Jahr 1997 läßt sich der deutsche Windexperte Dipl.-Ing. Herbert
A. Beuermann einen völlig neuen Typ von Windkraftwerk patentieren,
den er Wind-Solar-Generatoranlage nennt (DE-Nr. 1997217984,
erteilt 1998).
Statt Blättern hat die vertikal rotierende Anlage halbkugelförmige Schalen, die den Wind einfangen, ähnlich wie ein riesiger Anemometer. Die Halbkugeln drehen sich auf Kugellagern um einen Stahlturm, und sind mit einem patentierten Ringgenerator verbunden. Außerdem sind sie mit Photovoltaikzellen bedeckt. Zum Einsatz kommen sollen die Anlagen als mobile oder stationäre Energieinseln.
Nach diversen Experimenten liefern auch die Tests im Hochland des südspanischen Alicante mit 4,5 m hohen Modellen, die Halbkugeln von 1 m Durchmesser besitzen, zufriedenstellende Leistungen. Leider scheint es davon keine Fotos oder genauere Daten zu geben. Die hier geyeigte Abbildung ist eine Montage und soll eine 150 m hohe 3 MW Anlage darstellen, deren Halbkugeln einen Durchmesser von 30 m haben.
Im Juni 2007 wird bekannt, daß sich die in Randburg, Südafrika, beheimatete und 2005 gegründete Firma Aquaculture Alternative Energies Pyt. Ltd. (AAE) von Peter Grossmann die Lizenzrechte an der hemisphärischen Technologie gesichert hat. Das Unternehmen will ebenso dachbasierte EnergieInseln mit 12 – 625 kWh Ertrag pro Tag entwickeln und anbieten, wie auch Halbkugel-Türme mit einer Energieerzeugungskapazität von bis zu 15 MW.
Die Dacheinheit für den Hausgebrauch, die innerhalb von acht Monaten auf den Markt kommen soll, wird etwa 150.000 Rand kosten. Für die Windtürme wird mit einer Zeit von 18 Monaten gerechnet.
Statt dessen gibt es jedoch einige Jahre der Stille, bis man im Januar 2011 erstmals wieder etwas von Beuermanns Hemisphären-Kraftwerk hört. Diesmal ist es die von ihm zwischenzeitlich gegründete Firma Innovativ AG, die sich als Geschäftspartner für geräuschlose 10 MW Wind/Solar-Hochleistungskraftwerke mit Wasserstoffspeicherung für alle Onshore- und Offshore-Anwendungen präsentiert.
Eine sogenannte Home Power Stations HK12 soll Energie aus Sonne und Wind gleichzeitig ernten und in einem großen 24 V Batterieblock mit 1.000 Ah speichern. Die kompakten und transportablen Geräte sollen bereits als Boden-, Dach- und Mobilsysteme mit einer Tagesleistung von 14 - 280 kWh hergestellt werden. Bislang ist es mir aber nicht gelungen, dies zu verifizieren.
Nach einer mehr als 10-jährigen Forschung- und Entwicklungsphase sollen nun aber auch die Turmkraftwerke mit einer Leistung von über 10 MW bereit sein für die Produktion, bei denen eine Jahresenergiemenge von 70 Mio. kWh versprochen wird.
Im März 2013 kommt die Sache erneut in die Presse. Nun wird ein 210 m hoher Turm beschrieben, um den sich vier Halbkugelpaare von je 30 m Durchmesser drehen – allerdings in Zeitlupe. Bei einer Windgeschwindigkeit von 70 km/h würde der Rotor nur vier Umdrehungen pro Minute machen. Dabei entwickelt das Windkraftwerk aber ein Drehmoment, das der Kraft von 12.000 Porsche- Cayennes entspricht, wie Beuermann bildhaft erklärt. Zusätzlicher Strom entsteht aus der Sonnenenergie, bei der pro Hemisphäre eine Fläche von 1.400 m2 nutzbar ist.
Das Hemisphären-Kraftwerk soll Windgeschwindigkeiten von bis zu 180 km/h vertragen. Da die Innovation besonders für die Subtropen gedacht ist, wo Hurrikane und Taifune mit Windgeschwindigkeiten bis 300 km/h auf treten, hat sie auch dafür eine Lösung. Bei Bedarf fahren die Halbkugeln den Turm hinunter und verbergen sich am Boden vor den zerstörerischen Windkräften. Der Bericht endet mit der Aussage, daß die europäische Windkraftindustrie bisher kaum Interesse an dem neuen Konzept gezeigt hat. In Afrika hätten sich dagegen sechs Länder für eine Kaufoption für 80 Kraftwerke in Höhe von 800 Mio. € entschieden. Bislang scheint sich diesbezüglich aber noch nichts getan zu haben.
Auf Beuermann geht übrigens auch der Vorschlag zurück, scheibenförmige Zeppeline in 400 m Höhe zu stationieren, wo ein konstanter Wind von mindestens 70 km/h bläst. Auch diese Schwebekraftwerke sind mit Halbkugeln als Windfängern ausgestattet (s.d.).
Im Januar
1998 stellt der Bildhauer und Erfinder Josef
Moser aus dem bayerischen Pretzen bei Erding eine mastenlose
Windkraftanlage vor, für die er mehrere ansprechende Designs entwirft.
Moser hält eine Reihe von Patenten, die bis 1990 zurückreichen. In dem kanadischen Patent Nr. CA2000105 aus diesem Jahr zeichnet er eine schier endlose Zahl an Rotorvarianten, die allerdings eher künstlerischen, als technischen Kriterien entsprechen. Die deutschen Patente, auf die dort, ebenso wie in den Europapatent Nr. 304020 aus dem gleichen Jahr, verwiesen werden, habe ich bislang nicht finden können.
Mosers hier abgebildete Einflügler-Windkraftanlage, die bei einer Höhe von 200 m bis zu 10 MW leisten soll, gehört im Grunde zu den Senkrechtachsern, und wie bei diesen steht auch hier der Generator leicht erreichbar am Boden. Eine speziell entwickelte Oberflächenstruktur der Flügel vermeidet die sonst übliche lärmverursachende Verwirbelung der Luft.
Eine weitere von Moser designte Form ist der ebenfalls abgebildete Kreuzblattrotor.
Zusammen mit dem Soziologen Heinrich Lewing verbessert Armin Witt aus München im Jahr 2000 Mosers Entwürfe. Das Ergebnis ihrer monatelangen Bemühungen ist eine innovative, zugleich optisch kuriose Windkraftanlage, die bei doppelter Leistung nicht mehr kosten soll als handelsübliche Winkraftanlagen, und zugleich als Kunst aufgestellt werden kann.
Leider scheint es bislang noch nicht zu ernsthaften Versuchen oder Umsetzungen dieses sehr ästhetischen Rotors gekommen zu sein.
Mitte 1998 machte die Firma SAV
GmbH aus Bingen Werbung
mit ihrem Konzept, ehemalige Fabrikschornsteine mit
Windkraftanlagen bestücken zu wollen. Der Ansatz hat sich bisher jedoch
nicht durchsetzen können.
Er begegnet uns erst wieder im Jahr 2008, als die kanadische Firma BRI Energy Solutions Lts. unter dem Label VBINE Energy an einen H-Darrieus anbietet, der ebenfalls auf Schornsteinen montiert werden soll (s.d.).
Ebenfalls 1998 stellt die Firma Windus in Rudersberg
einen Kleinrotor mit etwa 1 m langen bogenförmigen Flügeln vor.
Dieser Spiralrotor erreicht hohe Rotationsgeschwindigkeiten, und das System ist auch ohne Windfahne selbstausrichtend.
Ab 2004 werden diese Windwandler mit Spiralrotoren von der Firma MatroW GmbH aus Ladenburg angeboten.
Die Auftriebsläufer bestehen aus zwei identischen Spiralflügeln aus GFK-Verbundstoff, die sich zu einem Bogen in axial- und Radialrichtung erstrecken. Dieser Bogen ist anströmungsunabhängig und hat im Vergleich zu herkömmlichen Anlagen einen bedeutend höheren Wirkungsgrad, da sein induzierter Widerstand sehr gering ist. Die Anlagen gibt es allerdings nur im unteren Wattbereich; und nicht viel später wird die Firma aufgelöst.
Was ich selbst gut nachvollziehen kann, denn ein entsprechendes Modell, das in der Nähe des Berliner Bahnhofs Ostkreuz steht, hat sich im Laufe von über 10 Jahren, in denen ich immer wieder daran vorbeigekommen bin, kein einziges mal gedreht.
Im Jahr 1999 entwickelt der deutsche Wirbelforscher
Alfred Evert einen sogenannten Fisch-Rotor,
um dessen fischförmigen Körper mittels Leitblechen, einem ringförmigen
Tragflächenprofil und dazwischen angebrachten, angestellten Stegen eine
Drallbewegung erzeugt wird.
Mittels Düseneffekt, Sogwirkung und dem höheren statischen Druck der Umgebung ergibt sich am ‚Schwanz’ des Fisches eine verstärkte Drallströmung, womit dort eine höhere kinetische Energie verfügbar wird.
Die Flügel sind nach dem Prinzip der Düsentragflächen konzipiert. Ihre Kanäle saugen mittig Luft ab, die durch die Rotation zentrifugiert und an den Oberseiten der Flügel durch Düsen hinausgepreßt wird. Das System soll damit sogar selbstbeschleunigend sein. Eine Umsetzung ist bislang noch nicht erfolgt.
Die 1988 als Ingenieurbüro von Jochen
Twele gegründete
Berliner Firma Südwind
GmbH, ein Spin-of der TU-Berlin, arbeitet 1999 daran,
ein umgerüstetes 750 kW Windrad an ungewöhnliche Standorte anzupassen.
Mittels zusammenklappbaren Rotorblättern und einer ‚selbstkletternden’
Hydraulikvorrichtung, die am Rücken des Mastes bewegt wird, soll der
gesamte Windkopf einfach in eine senkrechte Transportstellung überführt
werden können.
Das Projekt wird jedoch eingestellt, als die Nordex SE im Jahr 2001 die insolvente Südwind übernimmt.
Zu den neuartigen Rotorformen, die es ebenfalls noch nicht bis zur praktischen
Anwendung gebracht haben, gehört der sehr ästhetische Laufrad-Energie-Wandler (Impeller
Wind Energy Converter – IWEC) der 1995 gegründeten Lübecker
Firma Dewind
AG, welcher im Jahr 2000 als
Konzeptstudie vorgestellt wird, und auch prompt einen Designpreis gewinnt.
Statt die Rotorblätter an einem nabenseitigen, axialen Generator anzubringen, werden diese bei der IWEC-Anlage von einem Ring umfaßt.
Gelagert wird der gesamte Rotor in einem weiteren, starren Ring. Die Konstruktion bildet damit einen Ringgenerator, der die Drehbewegung des windgetriebenen inneren Ringes in elektrische Energie umwandelt.
Ein Rotordurchmesser von 120 m soll eine Leistung von rund 6 MW erbringen.
Seit 2009 ist DeWind Teil der internationalen Marine-Technologiegruppe Daewoo Shipbuilding & Marine Engineering Co. Ltd. (DSME), die ihren Sitz in Seoul, Südkorea hat.
Das angesagte Ziel ist es nun, zum führenden Betreiber auf dem enstehenden Markt für Offshore-Windenergieanlagen zu werden – allerdings nur mit äußerst konventionellen horizontalen 3-Blatt-Designs.
Im
Jahr 2000 beantragt Dr. Rudolf Bannasch vom Fachgebiet
Bionik der TU Berlin das Patent für einen Schlaufen-Rotor,
bei dem die Bildung unerwünschter Randwirbel dadurch unterdrückt wird,
daß die äußeren Enden der Rotorblätter durch Schlaufen miteinander verbunden
werden.
Für mich ist besonders interessant, daß das Patent (Nr. EP 1196696, erteilt 2003) unter dem Namen Rotor mit gespaltenem Rotorblatt läuft – möglicherweise deshalb, weil Bannasch Ende der 1980er Jahre Assistent von Prof. Rechenberg war, als ich diesem unser geschlitztes Rotorblatt präsentierte (s.o.)
2003 bauen die Bioniker von Bannaschs Berliner Firma EvoLogics einen Rotor-Prototyp mit einem Durchmesser von 6 m, der als Windrad getestet werden soll. Außerdem werden im Strömungskanal kleinere Modelle für Schiffsschrauben und Flugzeugpropeller untersucht.
Den Forschern zufolge werde der Lärm entscheidend reduziert, und bei gleichem Schub erhöhe sich der Wirkungsgrad um 5 - 8 %.
Der Schlaufen-Rotor wird auch von der Projektgruppe ‚Ultra-Leicht’ an der Hochschule Magdeburg untersucht.
Auf einer Zeichnung dient das auch Bionic Rotor genannte Teil sogar schon als Antriebspropeller für ein modernes Kleinstflugzeugs. Dieses bionisch inspirierte Ultraleicht-Flugzeug wird von Prof. Ulrich Wohlgemuth entwickelt, befindet sich bislang aber erst im Designstatus, ohne daß etwas von einem Projektfortschritt zu vernehmen ist.
Im November 2009 berichten die
Fachblogs von einer weiteren Rotorversion, die dem Schlaufenrotor sehr
ähnlich sieht. Wobei in den publizierten Grafiken auch eine ,Photoshop-Version’ auffällt,
bei der die vier Blattschlaufen durch Lenkdrachen ersetzt
sind – um dem Betrachter die Funktionsweise näherzubringen.
Die Innovation mit dem Namen Gedayc (Generador Eolico De Aspas y Cometas) geht auf den in Granada lebenden, spanischen Industriedesigner und Windsurfer David Sarria Jiménez zurück, und soll 50 - 60 % mehr leisten, voraussichtlich fünf Mal billiger, und dazu auch noch schneller und einfacher zu installieren sein als herkömmliche Turbinen.
Mit Hilfe einer Förderung durch die Andalucian Department of Innovation, Science & Companies, Innovation and Development Agency baut Kimenez ein Mini-Modell aus Glasfaser- und Kohlefaster-Werkstoffen, von dem es jedoch keine weiteren Details oder Abbildungen gibt.
Das Ganze Projekt ist inzwischen wohl eingestellt worden, und auch die Seite, welche die Technologie damals vorangetrieben hat, scheint inzwischen nicht mehr zu existieren.
Was nicht verwunderlich ist, da sich die versprochenen vollmundigen Leistungen wohl ebenso wenig halten ließen, wie die angekündigten Preise.
Man darf gespannt sein, ob nun die Maschinenbau-Firma
Dethloff & Lange GmbH aus Neubukow, nahe Rostock in Mecklenburg-Vorpommern,
mit ihrem ebenfalls schlaufenförmigen Dela-Rotor mehr Erfolg hat.
Immerhin hat das Unternehmen ihre 1. Anlage bereits 2011 in Cottbus aufgestellt, und seitdem im Laufe von drei Jahren noch mehrere weitere im näheren Umkreis.
Ein 3-Blatt Dela-Rotor in Lehnendorf, dessen Leistungsdaten auf der Firmenhompage veröffentlicht sind, hat einen Durchmesser von 4 m, eine Achslänge von 2,5 m, und wiegt 290 kg. Als Nennleistung werden 2,7 kW bei 10 m/s angegeben.
Der Computergrafik-Experte Viktor Aleksandar Jovanovic gründet
in London 2001 das Unternehmen Stormblade Turbines,
und verkündet einen Durchbruch bei der Entwicklung eines hocheffizienten
Designs, das bis zu 70 % der Windenergie in Elektrizität umwandeln soll.
Außerdem würden die leisen und naturfreundlichen Stormblade Turbinen die doppelte Windstärke im Vergleich zu herkömmlichen Turbinen verkraften.
Das besondere der Anlage ist, daß sich die Rotorblätter und alle anderen beweglichen Teile innerhalb einer Umhüllung befinden, wodurch sie eine geringere Gefahr für Vögel oder Fledermäuse bilden sollen.
Interessanterweise gibt es eine Grafik in dem US-Magazin Science and Machanics aus dem Jahr 1933, auf der Systeme abgebildet sind, die dem Stormblade-Konzept ausgesprochen ähnlich sehen. Diese Windkraftanlagen sollten damals an den Spitzen der Hochhäuser montiert werden, was m.W. jedoch nie verwirklicht wurde.
Ebensowenig scheint es Jovanovic bislang gelungen zu sein, über den Designstatus hinauszukommen.
Im Dezember 2002 wird in Boulder City, Nevada, die Firma Wind
Sail Receptor Inc. (WSR) gegründet, um ein neuentwickeltes Rotorblatt-Design
zu vermarkten, das sich vor allem durch seine geringe Größe und die gedrungene
Form auffällt. Für die leichten und kompakten Blätter werden Polyurethan-Rohstoffe
von Bayer Materialscience verwendet.
Im Jahr 2005 melden die Erfinder Richard A. Steinke aus Boulder City, sowie John K. Mcguire aus LasVegas, das entsprechende Patent an (US-Nr. 7.309.213, erteilt 2007).
Bis Test in großem Maßstab durchgeführt werden können, dauert es allerdings noch bis zum März 2009. Dabei zeigt sich, daß der neuartige Rotor die dreifache Effizienz bestehender Anlagen hat, wie sich die Innovatoren ausdrücken. Während Testfahrten auf einem Lastwagen mit einem 180 cm durchmessenden 4-Blatt-Rotor werden 20 Stück 200 W Lampen betrieben, was eine Effizient von 65 % impliziert. Mit 6 Blättern sollen sogar 90 % erreicht werden können.
Im Februar 2010 erhält WSR die Genehmigung des Stadtrats von Boulder, um ein Modell auf städtischem Gelände zu errichten – im Gegenzug für die Lieferung von 1 MW Strom aus der Turbine.
Eine Umsetzung erfolgt deshalb nicht, weil es nicht gelingt, einen passenden Generatorzu finden, der schon bei langsamen Drehzahlen Strom produziert.
Im Oktober unterzeichnet Wind Sail eine Absichtserklärung mit der Firma WindPower Innovations Inc. aus Phoenix, Arizona, welche die patentierte moderne und weitgehend lautlose Windkraftanlage nun produzieren will.
Dem Unternehmen zufolge würde eine 1 MW Anlage mit WSR-Rotor nur rund 1 Mio. $ kosten, während die gege4nwärtigen, marktüblichen Modelle mit etwa 1,5 Mio. $ und mehr zu Buche schlagen. Die beiden Unternehmen beabsichtigen daher, eine strategische Allianz zu bilden.
Im Laufe des Jahres 2011 werden in Boulder City, aber auch in Belgien und in China Prototypen errichtet, und im Dezember meldet die Firma, daß sie bereits Tausende Bestellungen vorliegen hätte. Nun soll die Anlage ab Januar 2012 für einen Preis von rund 25.000 $ lieferbar werden. Was dann auch die bislang letzte Nachricht ist, die es über dieses Projekt zu hören gibt.
Ich denke, ein Rotor, der aussieht wie ein gigantisch vergrößertes Kinder-Windrad, wird es nicht leicht haben...
Weiter mit der Chronologie der neuen Designs und Rotorformen ab 2003...