TEIL C
Pflanzenölkocher
Eine wesentliche Entwicklung bei der praktischen Nutzung von Bio-Brennstoffen soll nicht vergessen werden: der Pflanzenölkocher, den ich hier anhand eines aktuellen Beispiels kurz skizziere.

Pflanzenöl-Kocher (Philippinen)
In den Entwicklungsländern kochen im Jahr 2006 noch immer 2 – 2,5 Milliarden Menschen an offenen Feuerstellen mit Holz, gefährden dabei ihre Gesundheit und ruinieren die Umwelt. Bis zu 700 kg Feuerholz werden in den armen Ländern für jedes Familienmitglied jährlich zur Essenszubereitung verfeuert, und der WHO zufolge sterben jährlich mehr als 1,6 Millionen Menschen durch die giftigen Abgase und Rußpartikel, denn wer an einem offenen Feuer kocht, der inhaliert so viele Schadstoffe als würde er täglich 250 Zigaretten rauchen (!).
Die Universität Hohenheim entwickelt daher gemeinsam mit der
landwirtschaftlich ausgerichteten philippinischen Leyte State University
einen Pflanzenölkocher mit dem Namen ‚Protos’, der
ab 2004 während einer über einjährigen
Erprobungsphase in 100 philippinischen Haushalten und ländlichen
Garküchen seine Bewährungsprobe besteht. Er läßt sich mit
Rhizinus-, Jatropha-, Soja- oder Sonnenblumenöl ebensogut betreiben
wie mit Konkos- oder Palmöl. Dabei erreicht der Kocher Brennertemperaturen
bis 1.400°C und einen Wirkungsgrad von über 50 % (Kerosinkocher
erreichen etwa 35 %). Mit Hilfe der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft
(DEG) werden verschiedene Feldversuche durchgeführt. In Tansania stellt
sich allerdings heraus, daß das Pflanzenöl für die Kocher nicht hergestellt
werden kann, ohne die Nahrungsmittelproduktion zu beeinträchtigen.
Schon 1998 hatte die Deutsche Bundesstiftung Umwelt einen Antrag auf Förderung des Öko-Brenners genehmigt und 90.000 € bereitgestellt. Doch mehrere Jahre bastelten die Hohenheimer Forscher vergebens: „Es hat gerußt und gestunken ohne Ende, wir waren schon drauf und dran aufzugeben.“ Das Funktionsprinzip ist so einfach wie beim Petroleumkocher, allerdings liegt der Flammpunkt des dickflüssigen Pflanzenöls mit 188°C mehr als hundert Grad über dem von Petroleum. Zudem verstopfen die koksigen Rückstände regelmäßig die Düsen der Brenner. Erst dem Assistenten Elmar Stumpf gelingt es, mit Hilfe eines besonders angeordneten Verdampferrohrs, einem Prallteller sowie dem Verzicht auf komplizierte Düsen den ‚Protos’ zum Funktionieren zu bringen.

Protos Pflanzenöl-Kocher
Mit Hilfe der Münchener Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH
(BSH), die das Patent erwirbt und den Kocher mit einem speziellen Verdampfer-
und Brennmodul optimiert, wird der Öko-Kocher
ab 2005 im
Land produziert und für umgerechnet 30 € verkauft. Der Produktionspreis
liegt zu diesem Zeitpunkt zwar noch über dem Verkaufspreis (der
eigentlich nur 15 € betragen sollte), doch man erwartet, das Gerät
mit zunehmender Verbreitung und nach einer Materialoptimierung
langfristig kostendeckend produzieren zu können. Nach Berechnungen
der Gerätehersteller läßt sich mit 100 Litern Pflanzenöl
die Kochenergie einer durchschnittlichen Familie für ein ganzes
Jahr sichern. Zusammen mit lokalen Dorfkooperationen wird außerdem
eine Infrastruktur für die Gewinnung von Pflanzenölen aus
tropischen Gewächsen wie der Kokosnuß,
der Purgiernuss oder dem Rizinus aufgebaut.
Sowohl in Guatemala, Tansania, China als auch in Indien besteht bereits
Interesse an ‚Protos’.
Als nächstes wende ich mich einem besonders in Deutschland aktuellen Thema zu – dem Raps als Modellfall für eine großflächige und industrielle Umsetzung.
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