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SONNENENERGIE

 

„Der ganze Aufwand mit der Nutzung des Urans, und zwar alle Reserven, und Nebenkosten wie die von Unfällen wie Tschernobyl, haben unserer Welt nur den Gegenwert von dreieinhalb Stunden Sonnenenergie eingebracht.“

Helmut Tributsch

                                                                                  

„Friedenssicherung, Umweltschutz und Versorgungssicherheit sind nur durch den konsequenten Wechsel zu Erneuerbaren Energien möglich. Die politische Mission unseres Zeitalters ist 'Solar for Peace'“

Gudrun Vinzig

                                                                                  

Sobald von alternativen oder erneuerbaren Energien die Rede ist, wird als erstes an die Sonne gedacht, und sicherlich auch aus psychologischen Gründen. Die tiefgehende Vermischung der Denkfelder ‚Sonnengott’ und ‚allgemeine Machtstrukturen’ ist von Lewis Mumford in seinem phantastischen Buch Mythos der Maschine ausführlich dargestellt worden. Hinzu kommt, daß sich auch die Medien in erster Linie mit der Sonnenergie – oder Solarenergie – beschäftigen, da ihre Nutzanwendungen unter allen Alternativenergien die am weitest verbreitetsten ist.

Was die Sonne energetisch so anziehend macht ist, daß sie jeden morgen verlässlich wieder ‚aufgeht’ und ihre Strahlung neu zur Verfügung stellt. Die primäre Energieleistung senkrechter Sonnenstrahlung auf einen Quadratmeter beträgt 1,4 kW (Solarkonstante). Von der Strahlungsleistung der Sonne auf Meereshöhe entfallen etwa 4 % auf den UV-Bereich (< 400 nm) und jeweils etwa 48 % auf den sichtbaren (400 bis 750 nm) und den Infrarot-Bereich ( > 750 nm).

Karikatur: Stromkabel führen aus der Sonne heraus zu Strommasten

Die Gesamteinstrahlung, welche die Erde pro Jahr erreicht, beträgt etwa 1,5 x 1018 kW/h pro Jahr, also das 30.000-fache des Energieverbrauchs der gesamten Menschheit (Stand 1980).

In seinem Buch Solare Weltwirtschaft geht der Autor Hermann Scheer von dem 16.000-fachen aus (Stand 1999), vermutlich aufgrund des inzwischen stark zugenommenen globalen Energieverbrauchs. In anderen Quellen wird sogar von einem nur 10.000-fachen Energieeintrag geredet – doch in jedem Fall ist es noch immer ausreichend für alle Anforderungen der Gegenwart und nahen Zukunft.

Nicht vergessen werden darf, daß die gesamten fossilen, nichterneuernden Energieträger den wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge nichts anderes als gespeicherte Sonnenenergie darstellen, sowie daß eine Vielzahl der physikalischen Abläufe im mikro- wie im makroskopischen Sinne direkt oder indirekt mit der Sonnenenergie in Beziehung stehen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll allerdings nur die direkte Einwirkung bzw. Nutzung betrachtet werden.

Inzwischen steht die Sonne auch immer stärker im Mittelpunkt energiewirtschaftlicher und energiepolitischer Betrachtungen. Außerdem gibt es – zumindest bei der Bevölkerung der mittel- und nordeuropäischen Industrienationen – einen weitgehend unbefriedigten ‚Sonnentrieb’, der möglicherweise ebenfalls zur besonderen Attraktivität dieser Energieform beiträgt...

Geschichtlicher Rückblick (Frühzeit bis 1900)


Die Omleken nutzen schon vor über 3.000 Jahren in Zentralamerika Parabolspiegel aus Magneteisen als Feuerzeuge. Und in den Ruinenstätten von Ninive in Mesopotamien wurden einfache Brenngläser gefunden, die etwa aus dem 7. Jahrhundert vor Christus stammen.

Brennspiegel sind in China seit 672 v. Chr. bekannt, als Konfuzius über die Verwendung von gebogenen Spiegeln aus glänzendem Metall schrieb, um die Sonnenstrahlen zu bündeln und Feuer zu machen. Damals war der älteste Sohn dafür verantwortlich, nach dem Aufwachen mit einem kleinen Zünder namens Yang-Sui (o. yángsuì) Sonnenstrahlen auf das Holz zu richten, um das Familienfeuer zu entfachen.

In einem anderen frühen Text, dem Zhouli, der Rituale beschreibt, die weit in die chinesische Antike zurückreichen, heißt es: „Die Leiter des Sonnenfeuers haben die Aufgabe, mit brennenden Spiegeln die leuchtenden Flammen der Sonne auf die Opferfackeln zu übertragen“. Die Entdeckung eines existierenden Yang Sui geschieht dann durch die Archäologen Lu Demming und Zhai Keyong, die in einem etwa 3.000 Jahre alten Grab in der Hand eines Skeletts einen schalenförmigen Metallgegenstand finden.

Als Spezialisten eine Form vom Original anfertigen, dann eine Kopie in Bronze gießen und schließlich die gewölbte Oberfläche auf einen hohen Reflexionsgrad polieren, richten sie das Sonnenlicht auf ein Stück Zunder, und innerhalb von Sekunden geht das brennbare Material in Flammen auf. Danach können verschiedene Museen rückwirkend 20 weitere, bisher nicht klassifizierte Objekte, als Solarzünder identifizieren. Als dann in einer bronzezeitlichen Gießerei in der Provinz Shanxi in mehrere Gußformen für die Herstellung von Yang-Sui gefunden werden, belegt dies, daß es einst einen Massenmarkt für die Brennspiegel gab.

Seit wann es schon Sonnenuhren gibt – die ja auch eine Art ‚Solartechnik’ darstellen, wenn auch nicht energetischer Natur – ist nicht genau bekannt, man geht aber davon aus, daß schon die Urmenschen vor einigen zehntausend Jahren die unterschiedliche Schattenlänge von in den Boden gesteckten Stäben kannten (Gnomon). Gesichert ist jedenfalls daß die Sonnenuhr nicht von einer Person an einem bestimmtem Ort, sondern von mehreren Menschen rund um den Erdball gleichzeitig und unabhängig voneinander erfunden wurde.

So benutzten die Sumerer beispielsweise Sonnenuhren, die den Schatten auf ein kreisförmiges Erdziffernblatt warfen, welche aber noch keine Ziffern, sondern keilförmige Markierungen hatte. Und auch die Babylonier, die Ägypter, die Chinesen und die Kulturvölker in Lateinamerika verwendeten Sonnenuhren. Doch zurück zur solaren Energie:

Im frühen Altertum ließ sich Sokrates (469 – 399 v.Chr.) über die passive Nutzung der Sonnenenergie beim Hausbau aus. Aristoteles (384 – 322 v.Chr.) schlug eine Methode zur solaren Verdampfung von Meerwasser zur Trinkwassergewinnung vor, und Euklid (ca. 365 – ca. 300 v.Chr.) wies in seiner Schrift über die Optik auf die Möglichkeit hin, die Sonnenstrahlung mit Brennspiegeln zu konzentrieren, um höchste Temperaturen zu erreichen. Im alten Griechenland wurde z.B. das heilige Feuer in Delphi mit einem Brennspiegel entfacht. Auch die Römer nutzen Brennspiegel, um bei religiösen Handlungen Feuer zu entzünden.

Kupferstich

Solarenergie
zur Verteidigung

Theophrastus (371 - ca. 287 v.Chr.) beschrieb die Methode ein Feuer mittels reflektierenden Oberflächen aus Glas, Kupfer und Silber zu entfachen. Etwa im Jahr 230 v. Chr. konstruierte Dositheus, ein Freund und Kollege von Archimedes, einen Parabolspiegel, der die Sonnenstrahlen auf einen Punk fokusierte. Die erste geometrische Darstellung dieser Spiegelform stammt von Diocles, 190 v. Chr., aus seinem lange verschollenen Buch ‚Über Brennspiegel’, dessen arabische Übersetzung erst in den 1970er Jahren im Iran wiedergefunden wurde.

Von Archimedes selbst (287 – 212 v. Chr.) wird berichtet – sei es nun Legende oder Wahrheit –, daß er im zweiten Punischen Krieg die Takelage der die Stadt Syrakus angreifenden römischen Flotte mit gebündelten Sonnenstrahlen in Brand setzte.

ei dem hier abgebildeten Kupferstich der solaren Verteidigungsaktion handelt es sich um das Titelblatt des Thesaurus opticus, der lateinischen Ausgabe des Kitab al-Manazir, einem Werk des arabischen Gelehrten Abu Ali al-Hassan Ibn Al-Haitham (ca. 965 - 1040), der auch als der Erfinder der Lupe gilt (s.u.).

Um den Bericht zu verifizieren (oder zu falsifizieren) werden im Laufe der Jahrhunderte immer wieder Nachbauten durchgeführt: Im April 1749 benutzt Georges Louis Leclerc de Buffon einen Heliostat-Reflektor um die Planken eines Schiffes aus einer Entfernung von 45 m zu entzünden und damit nachzuweisen, daß die Berichte über Archimedes stimmen. Die von ihm benutzten quadratischen und verstellbaren Reflektoren unterscheiden sich technisch gesehen kaum von den heute eingesetzten Modellen.

Die griechische Marine führt 1973 ein Experiment mit hochreflektierenden Bronzeschilden durch, wie sie vor über 2.000 Jahren von Archimedes gegen die Römische Flotte eingesetzt sein sollen, und bringt tatsächlich ein hölzernes Boot in einer Entfernung von 50 m zum Brennen.

Im Oktober 2005 bauen Mitglieder des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der University of Arizona zwei der damals möglichen Spiegelkonstruktionen aus Bronze bzw. Glas nach und versuchen ebenfalls, mit diesen ein hölzernes Fischerboot aus 50 m Entfernung zu entflammen. Es lohnt sich, einen Blick auf die Bilderstrecke zu werfen, um die Versuchsanordnung – und das hier abgebildete Ergebnis im Einzelnen zu verfolgen.

Arhimedes-Versuch am MIT

MIT Versuch

Im Oktober 2008 wird dort ein weiterer Versuch durchgeführt, diesmal mit einem tatsächlich schwimmenden Schiff. Auch dieser Versuch ist erfolgreich und brennt ein Loch in die Planken.


Eine These, die sich wohl weitaus schwerer beantworten läßt, ist die Vermutung, daß es sich bei den Steinkreisen um antike Solarkraftwerke handelt, bei denen die Steine selbst, Spiegel sowie das einfallende Sonnenlicht dazu genutzt wurden, um gezielt Wirbelwinde zu erzeugen.

Als Spiegel sollen aufgespannte, mit Blattgold überzogene Stoffe oder Tierhäute eingesetzt worden sein. Das gebündelte Sonnenlicht erhitzt die Steine, die ihrerseits die Hitze an die Luft abgeben und einen Auftrieb erzeugen, ähnlich wie in einem (allerdings weit größer dimensionierten) Hochdruckgebiet. Im Zentrum des Steinkreises entsteht gleichzeitig ein konstanter Unterdruck (Tiefdruckgebiet).

Der Aufwind wirkt dabei in Form einer kreisförmigen Mauer, so daß der Unterdruck nur die Möglichkeit hat, sich von oben her auszugleichen, wobei sich die von oben in das Zentrum des Kreises gesaugte kalte Luftmasse als Wirbel manifestiert. (Inzwischen gibt es aber auch die konträre Meinung, derzufolge das Tiefdruckgebiet durch einen pulsierenden Wechsel der Aggregatzustände aufrechterhalten wird... es ist hier jedoch nicht die richtige Stelle, um dieses Thema zu vertiefen).

Eine ähnliche These gibt es auch in Bezug auf die Pyramiden. Hier sei die Sonnenergie hauptsächlich zum Zweck des Wasserpumpens genutzt worden, wobei der Cheops-Pyramide als solar betriebene Wasserentsalzungsanlage eine besondere Rolle zukam. Da diese Sichtweise bislang noch hochgradig spekulativ ist, werde ich hier auf eine ausführliche Darlegung verzichten. Denn die tatsächlich nachgewiesenen Erfindungen und Entdeckungen sind schon spannend genug...


Chinesische Dokumente aus dem Jahr 20 n. Chr. belegen den Gebrauch von Brennspiegeln bei religiösen Zeremonien.

Der jüdische Philosoph Philon von Byzanz (ca. 25 v. – 50 n. Chr.) verwendet die Sonnenstrahlung in einem Thermoskop, dem Vorläufer unseres heutigen Thermometers: Ein mit Luft gefülltes und am oberen Ende versiegeltes Rohr taucht mit seinem unteren Ende in das Wasser eines Behälters.

Wird das Rohr nun der Sonnenstrahlung ausgesetzt, dann dehnt sich die darin eingeschlossene Luft aus, und das Wasser im Behälter steigt. Diese Idee wurde erst 1615 von Salomon de Caus wieder aufgegriffen (s.u).


Gesichert ist ebenfalls eine Geschichte aus dem alten Rom. Vor gut 2.000 Jahren ließen die die Hüterinnen des Vesta-Tempels - Vesta war die Göttin des Herzens - einmal jährlich das Feuer bewußt ausgehen, um es dann mit den konzentrierten Sonnenstrahlen eines konischen Metallreflektors wieder neu zu entzünden.

Bereits im ersten Jahrhundert n. Chr. sind im römischen Imperium wassergefüllte, dunkel gefärbte Tontöpfe in Gebrauch, die auf den Dächern durch die Sonnenwärme das in Wasser erwärmen; und aus dem Jahr 37 n. Chr. wird von einem Gewächshaus berichtet, in welchem für Kaiser Tiberius dessen bevorzugte Gurken gezogen wurden.

Um 100 n. Chr. beschäftigt sich der Mecanicus Heron von Alexandria (Lebensdaten nicht genau bekannt) nicht nur mit der Dampfkraft (Heronsball), mit programmierbaren Wasser- und Luftbetriebenen Geräten und Musikmaschinen, sondern auch mit einem solaren Wassererhitzer.


In den folgenden Jahrhunderten scheint es allerdings nicht sehr viel weiter gegangen zu sein, und erst im Justinischen Kodex des 6. Jh. wird die passive Nutzung der Sonnenenergie wieder erwähnt, in Form einer Bauvorschrift, die das individuelle Recht auf Zugang zur Sonne festschreibt und den Schattenwurf auf andere Nutznießer verhindern soll.

Abu Saad al-Alaa Ibn Sahl, ein persischer Mathematiker und Physiker, der während des abbasidischen Kalifats in Bagdad wirkte, zur Blütezeit des Islam, verfaßt um 984 eine Abhandlung über Brennspiegel und -gläser, welche die erste bekannte korrekte Form des Brechungsgesetzes enthält. Seine Texte werden nach der Jahrtausendwende von Ibn Al-Haitham genutzt, der auf der MENASOL Konferenz in Kairo im Mai 2010 sogar als einer der ,Vorväter der Solarenergie’ bezeichnet wird.


Im 11. Jh. sorgt sich Roger Bacon vor den Arabern, welche Brennspiegel im Krieg nutzen. Er versucht Papst Clement davon zu überzeugen, ähnliche ‚ Waffen’ zu bauen, wird jedoch für seine Hartnäckigkeit eingekerkert. Schließlich könne der Feind ja auch gegen die Sonne angreifen, nachts oder bei Bewölkung!


In Italien nutzt der Baumeister Andrea del Verrocchio (1435 – 1488) Brennspiegel, um das Kupfer auf dem Kuppeldach der Kathedrale Santa Maria del Fiore zu verlöten.

Zeichnung von da Vinci

Zeichnung
von da Vinci


Um 1515 beginnt Leonardo da Vinci (1452 – 1519), der sie schon länger mit der Suche nach einer sauberen Energiequelle beschäftigt, mit dem Bau eines riesigen Reflektors, mit dem Kleider getrocknet werden sollten. Unter seinen vielen Zeichnungen findet man auch eine, bei der ein entfernter Reflektor seine Strahlen auf eine Anordnung von Röhren richtet - möglicherweise eine frühe Form von Solarabsorber.

Verschiedenen Quellen zufolge habe Leonardo zudem eine Technik gefunden, Bronze mit Sonnenenergie zu schweißen, um ein riesiges Reiterstandbild für den Herzog von Mailand Ludovic Sforza herzustellen, einem Förderer da Vincis. Das Projekt wird jedoch gestoppt und die 100 Tonnen Bronze, die für das Denkmal vorgesehen sind, werden schließlich für die Herstellung von Kanonen verwendet, um die französische Armee abzuwehren.


1560
läßt sich der französische Wundarzt und Chirurg Ambroise Paré (1510 – 1590) einen Solarofen herstellen, dessen Zweck ich bislang allerdings noch nicht eruieren konnte. Und 1561 beschreibt der Chemiker und Botaniker Adam Lonicer (Lonitzer; 1528 – 1586) den Gebrauch von Spiegeln bei der Nutzung des Sonnenlichts zur Destillation von Parfüm. Die Technik der Produktion von der Geruchsessenzen mittels solarerhitztem Wasser soll zu jener Zeit insbesondere in Syrien weit verbreitet gewesen sein.


Um 1600 perfektioniert man in Frankreich die Herstellung von Glasscheiben. Genau 10 Jahre später verkündet Galileo Galilei (1564 - 1642), daß er durch sein Teleskop Sonnenflecken entdeckt habe – gleichzeitig bekommt er arge Probleme wegen seinem heliozentrischen Weltbild. Daß die Sonne in den Mittepunkt des Geschehens tritt, war damals nicht im Sinne der Kirche. Chinesische Astronomen hatten Sonneflecken allerdings schon gut 2000 Jahre vorher beschrieben.


1615
baut der französische Physiker und Ingenieur Salomon de Caus (auch Mondecaus, de Caulx, de Caux, de Cauls; 1576 – 1626), der als einer der vielen Erfinder der Dampfmaschine gilt, zwei Vorrichtungen, die er auch in seinem Kunstbuch beschreibt.

Mittels das Sonnenlicht verstärkenden Glaslinsen und der dadurch erzielten Wassererwärmung in einem Metallkessel betreibt de Caus eine Luftorgel und die wohl erste solarthermische Wasserpumpe, mit der er einen kleinen Springbrunnen in Gang setzt.

Tschirnhaus Brennlinse

Brennlinse
von Tschirnhaus


Im Jahre 1646 beschreibt der Erfinder der Laterna Magica, der Jesuit Athanasius Kirchner (1601 – 1680) in seinem Werk Ars magna lusis et umbrae verschiedene von ihm gebaute Sonnenmaschinen (auch für kriegerische Zwecke), und um 1690 wird in Dresden von Ehrenfried Walter von Tschirnhaus (1651 – 1708) ein weit gerühmter Brennspiegel mit einem Durchmesser von 1,60 m gefertigt, der zu Versuchszwecken in einer Töpferei eingesetzt wird. Er befindet sich heute im Lomonosov Museum in Moskau. Außerdem arbeitete Tschirnhaus (o. Tschirnhausen) mit großen Brennlinsen.


Ab 1700 führt Holland europaweit bei der Entwicklung und dem Einsatz von Gewächshäusern mit Glaswänden.


1764
erklärt der französische Chemiker und Begründer der modernen Chemie Antoine Laurent de Lavoisier (1743 – 1794) auf wissenschaftlichem Wege, wie eine Temperaturerhöhung in einem Medium auch mittels Sonnenstrahlen durchgeführt werden kann. 1774 erhitzt er Quecksilber in Luft, wodurch Quecksilberoxid entsteht, das wiederum selbst erhitzt wird, wobei Sauerstoff zurückgewonnen wird.

Hierzu verwendet er ein glockenförmiges Glas, dessen Fuß in einer Wanne mit Wasser steht. Die Erhitzung wird über 12 Tage durchgeführt – und zwar mittels einer großen Glaslinse, welche Sonnenstrahlen durch das Glas auf das Quecksilber fokussiert.


1765
gelingt es dem französischen Naturalisten Georges-Louis Leclerc Buffon (1707 – 1788) mittels 140 ebenen Spiegeln aus einer Entfernung von 100 m Blei zum Schmelzen zu bringen. Schon 1747 war ihm gelungen, in den Gärten des französischen Könighauses aus rund 60 m Entfernung einen Holzstoß zu entzünden, wozu er 300 Einzelspiegel gentzt hatte. In 6 m Entfernung konnte der Solareflektor Silber schmelzen.


1767
erreicht der Schweizer Wissenschaftler Horace-Bénédict Saussure (1740 – 1799) in seinem capteur solair, eine Konstruktion aus fünf Glaskästen, die auf einer geschwärzten Grundfläche übereinander gestapelt waren, schon eine Temperatur von 88°C (andere Quellen sprechen sogar von 110°C).

Er entwickelt zudem eine ganze Reihe von glasgedeckten Solarfängern, die er auch zum kochen nutzt, und gilt damit als der Erfinder des flachen Solarkollektors und als ‚Vater aller Solarkocher’.


1770
optimiert der französische Wissenschaftler Marc du Carla Bonifas die Solarkocher von Saussure durch eine Isolierung und reflektierende Spiegel. Du Carla beschreibt im ‚Magazin für das Neueste aus der Physik und Naturgeschichte’ 1784 aber auch einen ‚Feuersammler’: „Die Absicht bey dieser Maschine geht dahin, daß man die Sonnenhitze so aufhäuft und beysammen erhält, daß alle strengflüssige Materie dabey schmelzen kann. (...) Das Sonnenfeuer eines schönen Frühlingstages kann einen Kessel voll Eisen, der mehr als eine Klafter im Durchmesser hat, in Fluß bringen.

Lavoisier Solarofen von 1774

Lavoisier Solarofen
(1774)


1772
benutzt Sir Isaac Newton (1643 – 1727) ein System aus konkaven Spiegeln, um Sonnenstrahlen zu fokussieren. Dieses System wird später von dem russischen Universalgelehrten Michail Wassiljewitsch Lomonossow (1711 – 1765) durch den Einsatz von acht Linsen und sieben Spiegeln weiterentwickelt.

Nur zwei Jahre später baut der o.e. Lavoisier mittels zwei Linsen von 20 bzw. 130 cm Durchmesser einen Solarofen, mit dem er bereits eine Temperatur von 1.780°C erzielt.


Leider weiß ich nicht, von wann genau die abgebildete Miniaturkanone stammt, die – natürlich solar gezündet – um genau 12 Uhr Mittags abgefeuert wird. Diese schöne Sonnenuhr ist aus Messing, steht auf einer weißen Marmor-Basis und besitzt eine verstellbare Linse. Der Gesamtdurchmesser beträgt nur 22,7 cm.

Sicher ist jedenfalls, daß eine solche kleine Sonnenuhr-Kanone im Jahre 1786 im Garten des Palais Royal und exakt auf dem Meridian von Paris installiert wird, wo sie bis 1914 an sonnigen Tagen von Mai bis Oktober die Mittagszeit kundtut.

Eine noch wesentlich größere akustische Sonnenuhr wird ab 1774 in der Festung San Carlos de la Cabaña der Stadt Havanna eingesetzt.


Im Jahr 1800 entdeckt der Astronom und Musiker Sir Friedrich Wilhelm Herschel (1738 – 1822), während er ein Thermometer am farbigen Sonnenspektrum entlang führt, daß die Wärme ihr Maximum nicht etwa in der Mitte, sondern hinter dem roten Rand der Farbskala erreicht: im Infrarot.


1816
beantragt der schottische Pfarrer Robert Stirling (1790 – 1878) das Patent für einen Heißluftmotor, der u.a. auch von Lord Kelvin (William Thomson, 1824 – 1907) in dessen Unterricht genutzt wird. Nach einer langen Zeit des Vergessens wird der Stirling-Motor heute wieder in Kombination mit Solar-Parabolspiegeln betrieben.


Carl Friedrich Gauss
(1777 – 1855) belebt 1818 die Debatte um die Existenz außerirdischer Kulturen, in dem er das von ihm erfundene Heliotrop ins Spiel bringt. Das Heliotrop (gr. zur Sonne gewandt) ist ein Sonnenspiegel, der präzise Vermessungen über große Entfernungen ermöglicht, indem das Sonnenlicht mit einem Spiegel in Richtung eines Zieles reflektiert wird.

Nachdem das Heliotrop seine Leistungsfähigkeit auf dem Gebiet der Geodäsie mehrmals unter Beweis stellt, plant Gauss, mit einer weiterentwickelten Version seines Geräts die Suche nach Außerirdischen voranzutreiben: „Mit einem Zusammenschluß von 100 einzelnen Spiegeln, jeder einzelne mit einer Fläche von zwei Quadratmetern, ließe sich gutes heliotropes Licht zum Mond schicken.“


Der britische Jurist und Astronom Sir John Herschel (1792 – 1871), Sohn von Friedrich Wilhelm Herschel, nutzt während einer Expedition zum Kap der Guten Hoffnung 1830 einen Solarkocher zur Zubereitung von Mahlzeiten.

Becquerel-Zelle

Becquerel-Zelle

Die schwarz ausgekleidete Kiste aus Mahagoni-Holz, die zur Isolation im Sand vergraben wird, erreicht eine Temperatur von 116°C. Der Vater läßt seinerseits 1837 eine Schüssel mit Wasser vom Sonnenlicht erwärmen und mißt dadurch die Wärmeleistung unseres Zentralsterns.


Das photoelektrische Prinzip, das die Grundlage aller Arten von Solarzellen bildet, wird 1839 von dem damals erst 19-jährigen französischen Physiker Alexandre Edmond Becquerel (1820 – 1891) entdeckt – dem Vater jenes Antoine Henri Bequerel (1852 – 1908), welcher für seine Entdeckung der Radioaktivität im Jahre 1896 den Physiknobelpreis 1903 erhalten wird.


1860
beginnt ein weiterer Franzose, der Gymnasiallehrer am Lyzeum von Tours Augustin Mouchot (1825 – 1912), mit ersten Experimenten an einem Solarkocher, um die Abhängigkeit seiner Heimat von dem Brennstoff Kohle zu reduzieren – und schon 1866 arbeitet seine bereits 1861 patentierte sonnenbetriebene Dampfmaschine, die erste überhaupt.

Grafik der Mouchot-Parabolrinne

Mouchot-Parabolrinne

Mit einer Fläche von 18,6 m2 und einem konusförmigen Kollektor erreicht sie mit 1,5 PS. Der Wirkungsgrad beträgt rund 3 %. Der Erfinder hat auch vermutlich den ersten Parabolrinnen-Reflektor hergestellt.

Mouchot präsentiert 1866 in Paris seine Erfindungen auch Napoleon III, der ihm daraufhin finanzielle Unterstützung zukommen läßt. Dadurch kann er u.a. ein System zur Sonnennachführung entwickeln.

1869 schreibt Mouchot auch das erste Solartechnik-Buch der Welt, Die Sonnenwärme und ihre industriellen Anwendungen, eine zweite Auflage erscheint 1879. Eine deutsche Übersetzung dieses Werkes kommt allerdings erst 1987 (also nach fast 120 Jahren!) auf den Markt.


Interessant ist auch ein von dem britischen Bierbrauer und Physiker James Prescott Joule im Jahr 1863 entwickeltes Instrument, das die Energie des Mondlichts messen soll. Das Thermoscope genannte Gerät ist außerordentlich wärmeempfindlich und kann Wärme mit hoher Effizienz in mechanische Energie umwandeln. Es besteht aus einer versiegelten Glasröhre, in der ein schwarz gestrichener Karton senkrecht in angeordnet ist.

Das Licht des Vollmonds wird von der schwarzen Oberfläche absorbiert, die die Luft in ihrer Umgebung erwärmt und einen Konvektionsstrom erzeugt, der eine fein aufgehängte Magnetnadel ablenkt. Aus dem Ablenkungswinkel errechnet Joule, daß der Vorbeizug des Vollmondes in seinem Gerät einen Temperaturanstieg von einigen zehntausendstel Grad Fahrenheit verursacht, eine Schätzung, die bis auf eine Größenordnung genau ist.


Ebenfalls in den 1860er Jahren beginnt der Erbauer des legendären Kriegsschiffes Monito, und einer der Erfinder der Schiffsschraube, der schwedisch-amerikanische Ingenieur John Ericsson (1803 – 1889) Meßinstrumente zum quantitativen Erfassen der Sonnenstrahlen-Energie zu entwickeln. In der Beach Street in New York richtet er sich im obersten Geschoß und im Dachraum ein Forschungslaboratorium für Sonnenergie ein.

Seine erste solarbetriebene Heißluftmaschine hatte er bereits 1826 gebaut, als er auf das Arbeitsvermögen der Sonnenenergie aufmerksam geworden war.

Ericsson erster Solar-Stirling

Ericsson erster
Solar-Stirling

Über 50 Jahre lang entwirft er Sonnengrills sowie solar betriebene Dampf- und Heißluftmaschinen. Seine bekannteste von 1870 besitzt einen rechteckige Form (3,5 m x 2 m) und besteht aus schmalen Glasstreifen, die an ihrer Außenseite versilbert sind und auf einem parabolischen Unterbau montiert sind. In der Brennlinie befindet sich ein 15 cm durchmessender röhrenförmiger Dampfkessel.


Etwa in dieser Zeit konstruiert der britische Ingenieur Sir Henry Bessemer (1813 – 1898) einen solaren Schmelzofen von 3 m Durchmesser mit kleinen Flachspiegeln, und schmilzt damit Kupfer und Zink.


Die Deutschen Stock und Heynemann wiederum nutzen als erste das Vakuum zur Wärmedämmung und fokussieren das Sonnenlicht mittels Glaslinsen auf einen Schmelztiegel in einer evakuierten Glaskugel. Damit gelingt es ihnen, Silizium-, Kupfer-, Eisen- und Manganproben zu schmelzen.


Verwegen und fantastisch klingt auch der Vorschlag des jungen französischen Physikers, Dichters und Erfinders Charles Cros (1842 – 1888), der in einer Veröffentlichung 1869 anregt, eine über ganz Europa verteilte Armada von gigantischen Parabol-Spiegeln aufzustellen. Auf diese sollte allerdings kein Sonnen-, sondern künstlich generiertes elektrisches Licht gelenkt, konzentriert und dann Richtung Mars oder Venus gesandt werden, um zu den dortigen Planetenbewohnern Kontakt aufzunehmen.


Um 1870 tun sich die beiden französischen Ingeniere Mouchot und Abel J. Pifre zusammen und bauen Solarkocher für die französischen Truppen in Süd-Afrika, sowie verschiedene Sonnenmaschinen. Der Kollektor einer dieser Maschinen ist ein Parabolspiegel mit 2,20 m Durchmesser und besitzt auf der Innenseite versilberte Kupferplatten. Der röhrenförmige Dampfkessel im Brennpunkt ist geschwärzt und treibt eine Wasserpumpe an.

In Algerien erprobt Mouchot im Auftrag der französischen Regierung 1877/1878 verschiedene Solarapparate, um sie als „Energiequellen für arme heiße Länder“ zu erschließen, doch in ihrem Gutachten von 1880 beurteilt die Regierung die Solartechnik als unwirtschaftlich. Immerhin dauert das Backen eines Pfund Brot oder das Kochen von zwei Pfund Kartoffeln noch eine Stunde.


1872
erstellt ein Technikerteam unter der Leitung von J. Harding and Charles Wilson in der chilenischen Atacama-Wüste nahe der Stadt Salinas für die Betreiber einer Natriumnitrat-Mine die weltweit erste solare Meerwasserentsalzungsanlage. Sie hat eine Fläche von 4.700 m2, einen täglichen Ausstoß von 24.000 Litern und wird 40 Jahre problemlos betrieben. Diese Technologie wird ausführlich im Kapitelteil dokumentiert.


Schon 1873 entdeckt Willoughby Smith (1828 – 1891), daß Selen seinen Widerstand verändert, wenn es dem Sonnenlicht ausgesetzt wird (Photokonduktivität). Dies ist der erste Schritt in Richtung Solarzelle.


1876
stellen William Grylls Adams (1836 – 1915), Professor am King’s College in London, und sein Student Richard Evans Day fest, daß Selen sogar Elektrizität ‚produziert’, sobald es dem Sonnenlicht ausgesetzt wird.

Ein Namensvetter, William Adams, der als Kolonialbeamter der britischen Krone im Indischen Bombay tätig ist, schreibt in dieser Zeit das preisgekrönte und weitsichtige Werk Solar Heat: A Substitute for Fuel in Tropical Countries. Außerdem läßt er sich einen achtseitigen Solarkocher patentieren und baut eine solare Dampfmaschine mit Reflektor, die 2 kW leistet.

Solarbetriebe Druckmaschine von 1878

Solar-Druckmaschine
(1878)


Zu besonderer Berühmtheit gelangt 1878 die mit Sonnendampf gespeiste Druckerpresse des o.e. Pifre, mit der während der Pariser Weltausstellung stündlich 500 Exemplare des Le Journal Soleil gedruckt werden, in welchem über die Vorteile der Solarenergie im allgemeinen, und über die Forschungen Mouchots im besonderen berichtet wird.

Mouchot selbst, auch weiterhin ein glühender Verfechter der Sonnenenergie, führt eine solarbetriebene Dampfmaschine mit einem konischen Brennspiegel von 5 m Durchmesser vor, deren Dampf über einen Kondensor zum Betrieb eines Kühlschranks genutzt wird. Außerdem stellt er einen Solarkocher vor, in dem ein Pfund Rindfleisch in 25 Minuten gar wird. Die beiden Erfinder erhalten zwar Medaillen, aber nicht die erhoffte finanzielle Unterstützung. Der Solarpionier Mochot stirbt 1912 in Paris – arm, einsam und vergessen.


1879
benutzt Heinrich Hertz Edmond Becquerels Entdeckung, um den Effekt von Licht auf feste Materie zu untersuchen.


Ebenfalls aus dem Jahr 1879 stammt das Otheoskop des britischen Physikers und Chemikers Sir William Crookes, das aus einer feststehenden geschwärzten Scheibe in einem versiegelten Glaskolben besteht. Über und unter der Scheibe befinden sich Turbinen aus Glimmerschaufeln, die in einem Winkel von 45° angeordnet sind, um auf die von der Scheibe aufsteigende erwärmte Luft zu reagieren.

Crookes stellt fest, daß sich die Schaufeln „mit großer Geschwindigkeit drehen, wenn sie auch nur mit einem schwachen Licht in Gang gesetzt werden“.

Damit wird deutlich, daß die Energie des Lichts in mechanische Energie umgewandelt werden kann, und zwar mit einem Wirkungsgrad, der um Größenordnungen höher ist als der von Carnot vorhergesagte. Das Gerät wird später auch als Radiometer bzw. Solarmühle bekannt.


Der amerikanische Naturforscher Edward S. Morse erhält 1881 das Patent für ein Heizungs- und Belüftungssystem vor, das von der Sonne gespeist wird (US-Nr. 246.626). Die Erfindung besteht in der Verwendung eines Gehäuses, das an der Außenwand eines Gebäudes befestigt ist und eine geschwärzte Oberfläche aus Metall, Ton oder einem anderen geeigneten Material mit einer ebenen oder gewellten Oberfläche aufweist, die durch eine Glasscheibe geschützt ist, und das so angeordnet ist, daß die Sonnenstrahlen so direkt wie möglich auf die geschwärzte Oberfläche fallen können.

Morse-Patent Grafik

Morse-Patent
(Grafik)

Hinter der geschwärzten Oberfläche befindet sich ein Luftraum, der entweder geschlossen ist oder durch Öffnungen an den oberen und unteren Enden mit den Öffnungen des Gehäuses in Verbindung steht. Durch die Einwirkung von Sonnenstrahlen auf die geschwärzte Oberfläche wird die Luft in dem Raum dahinter erwärmt, steigt auf und kann in den Raum geleitet werden, um ihn zu heizen.

Das Konzept wird zwischen 1950 und 1970 von Prof. Félix Trombe und dem Architekten Jacques Michel wieder aufgegriffen - beispielsweise bei ihrem Passiv-Solarhaus im Jahr 1967, das in der Übersicht der Solarhäuser beschrieben wird.


Ein New Yorker Erfinder namens Charles E. Fritts baut 1883 die erste Solarzelle, die er aus einem ‚wafer’ aus dem halbleitenden Selen und einer hauchdünnen Überzug aus einer Schicht Gold herstellt. Der Wirkungsgrad liegt noch unter 1 %. Seine entsprechenden Aussagen werden mit größtem Skeptizismus aufgenommen.

Fritts schickt jedoch einige seiner Solarplatten an Werner von Siemens (1816 – 1892), der davon begeistert ist und die Zellen in der Preußischen Akademie der Wissenschaften vorstellt. Er nennt dies eine „Entdeckung von größter wissenschaftlicher Bedeutung“.


Im gleichen Jahr 1883 baut Ericsson einen parabolischen Rinnenkollektor aus versilberten Glasplatten mit einer Gesamtfläche von 9,3 m2 und einem geschwärzten Absorberrohr in der Brennlinie. Die Ausbeute beträgt allerdings nur 0,7 kW.


Nun beginnt eine Zeit mit einer Flut von Patentierungen im Bereich der Solarenergie, obwohl ihre Umsetzungen nur in wenigen Einzelfällen erfolgen. 1880 erhalten E. J. Molera und J. C. Derbrain das deutsche Patent für einen Solarboiler, und 1882 sowie 1883 ein William Calver für seine Solarmotoren.


Helio-Motor

Über letzteren ist aus anderen Quellen zu erfahren, daß er um 1900 - inspiriert von dem uralten Wunsch, den Wärmestrahl des Archimedes nachzustellen - einen Helio-Motor erfindet, in welchem sich flache Spiegel entsprechend dem Stand der Sonne bewegen und die reflektierte Wärme in Ziegeln oder Wasser speichern. Reiche Investoren stehen Schlange, um das Projekt zu unterstützen, doch es erwies sich als zu schwierig, all diese Energie umzuwandeln und zu speichern.

1885 erhält der Physiker Charles Tellier (1828 – 1913), bekannt für seine Kühl-Technologien, das Patent für eine nicht auf Reflektion beruhende solare Dampfmaschine, die als Betriebsmittel Ammoniak nutzt, das innerhalb sehr flacher, aus Metall hergestellter Kollektoren, erhitzt wird. Vier Jahre später veröffentlicht er außerdem den Vorschlag, die Solarenergie zur industriellen Herstellung von Eis zu nutzen.

Ebenfalls 1885 faßt der ‚Pionier von Massachusetts’ Charles H. Pope, der auch mit solaren Maschinen experimentiert, in einem Artikel der Fachzeitschrift Scientific American die Ideen seiner Zeit über die Solarnutzung zusammen.

1887 berichtet James Moser erstmals über eine farbstoffsensibilisierte photoelektrochemische Zelle.

Ab 1888 erforscht der russische Physiker Alexander Grigorjewitsch Stoletow (o. Aleksandr Stoletov) den auch von Heinrich Hertz im Jahr 1887 untersuchten äußeren Photoeffekt (Photoleitfähigkeit bei ultraviolettem Licht) und entwickelt daraufhin 1889 die Photozelle, die sich gegenüber der Selenzelle vor allem durch eine geringere Trägheit und eine höhere Stabilität hervorhebt.

Hinweis: Unter der Bezeichnung photoelektrischer Effekt (auch lichtelektrischer Effekt o. Photoeffekt) werden drei nah verwandte, aber unterschiedliche Prozesse der Wechselwirkung von Photonen mit Materie zusammengefaßt, was auf Wikipedia gut dargestellt wird. Hier geht es mehr um die historische Entwicklung.

Ebenfalls 1888 erhält Edward Weston aus Newark, New Jersey, die US-Patente Nr. 389.124 und 389.125 für eine Solarzelle - es sind die ersten überhaupt. Sie beschreiben ein thermoelektrisches Element mit zwei Körpern aus ungleichem Metall, die an einem Ende miteinander verbunden und an allen anderen Stellen isoliert sind, um bei Lichteinfall einen elektrischen Strom in einem Stromkreis zu erzeugen (Apparatus for Utilizing Solar Radiant Energy).

Weston hatte zudem die Weitsicht, ein Energiespeichersystem zu entwerfen, so daß „die während der Sonnenstunden angesammelte Energie während der Nacht oder bei bewölktem Wetter genutzt werden kann“, womit er die größte Herausforderung bei der Nutzung von Solarenergie in großem Maßstab auf den Punkt brachte.

1889 arbeitet in Dresden Wilhelm Hallwachs (1859 – 1922), ein Assistent von Hertz, an der Weiterentwicklung des photoelektrischen Effekts (Hallwachseffekt).

Im Jahr 1890 nutzt H. E. Wilsie die Technik der Glasabdeckung, um Schwefeldioxid zu erhitzten und damit einen Motor anzutreiben. Damit gelingt es ihm erstmals, auch in jenen Zeiten einen durchgängigen Betrieb zu gewährleisten, wenn die Sonne nicht am scheinen ist (s.u.).

Kemp-Werbung

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1891 patentiert und vermarktet ein Clarence M. Kemp aus Baltimore den ersten kommerziellen solaren Wassererhitzer The Climax. Von diesem Kollektor werden mehrere Tausend Stück verkauft. Andere Quellen sprechen davon, daß er bereits sechs Jahre später sogar in 30 % aller Haushalte in Pasadena im Einsatz gewesen sein soll (US-Nr. 451.384).

Seine Erfindung besteht aus drei Tanks, die in einem Rahmen unter Glas an der Südseite des Hausdaches angebracht sind. Die Tanks werden mit kaltem Wasser aus der Wasserleitung gefüllt, von der Sonne erwärmt und dann zum Baden oder für andere Zwecke verwendet. Indem er die Tanks in den Rahmen einschließt, stellte Kemp sicher, daß die Tanks einigermaßen isoliert sind und keine Wärme an den Wind verloren geht. 1895 verkauft Kemp die exklusiven Herstellungsrechte für das Heizsystem an zwei Geschäftsleute aus Pasadena.

1894 erhält Melvin Severy die US-Patente Nr. 527.377 und 527.379 für eine Solarzelle.

Das Prinzip der Solarturms wird erstmals 1896 von C. G. O. Barr patentiert. Ein halbparabolischer Spiegel ist auf einem Güterwagen montiert, der sich auf einem kreisrunden Schienenstrang bewegt um der Sonne zu folgen und seine fokussierten Strahlen auf einen zentral installierten Kessel zu richten.

Kurt Lasswitz (1848 – 1919) beschreibt in seinem 1897 erschienenen Roman Auf zwei Welten einen energiehungrigen Mars, der deshalb die Erde kolonisiert – und prompt riesige Solarkollektor-Felder in der Sahara und in Tibet errichtet. Besonders weitsichtig: auch das Zahlungsmittel der ‚Marsianer’ ist Energie!

1897 erhält Harry Reagan das US-Patent Nr. 588.177, ebenfalls für eine Solarzelle.

1898 baut der geniale Erfinder Nikola Tesla (1856 – 1943) seinen ersten Apparat zur Nutzung der Sonnenenergie.

Aus dem Jahr 1900 stammt der Solarkonzentrator von Padre Himalaya in Sorède, Frankreich, der eine Temperatur bis zu 1.500°C erreicht. Padre Himalaya - eigentlich Manuel António Gomes -,  ein katholischer Priester ohne akademische wissenschaftliche Ausbildung, der den Spitznamen Himalaya erhielt, weil er größer war als seine Kollegen, hatte zwei Jahre zuvor einen Artikel über die von Mouchot durchgeführten Experimente zur Sonnenenergie gelesen.

Das Hauptziel beim Erfinden eines Solarkonzentrators sei die Gewinnung von Stickstoff als chemischer Dünger für die Landwirtschaft, erklärt er. Mitte August kann Padre Himalaya die höchste Temperatur erreichen. Sein erstes Patent hatte er bereits im September 1899 erhalten (Fr-Nr. 292360). Das Kollektiv ,Les amis du Padre Himalaya’ ist übrigens seit 2005 dabei, dessen Wirkungsstätte zu sanieren und die Konzentratorschüssel originalgetreu wieder aufzubauen.

Seinen zweiten, stark verbesserten Solarkonzentrator namens Pyrheliophère (o. Pyrheliophoro) baut Padre Himalaya 1904 in St. Louis in Missouri. Dieser erreicht eine Temperatur bis zu 4.000°C. Die Entwicklung ist so bemerkenswert, daß sie den Hauptpreis der Saint Louis World’s Fair 1904 gewinnt. Im Netz findet sich ein 2004 erschienener langer Bericht über die gesamten Aktivitäten des Erfinders unter dem Titel ,A highly innovative, high temperature, high concentration, solar optical system at the turn of the nineteenth century: The Pyrheliophoro'.


Um die Jahrhundertwende versorgen sich in Arizona viele Haushalte mit warmem Wasser, indem sie schwarz eingefärbte, wassergefüllte Tonnen auf die Dächer stellen, die bis Tagesende eine ausreichende Temperatur erreichen, damit man das Wasser zum baden oder spülen nutzen kann.


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