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In Helwan wird seit dem 7. Jahrhundert eine Schwefelquelle
zur Heilung von Hautkrankheiten genutzt, ihre Temperatur beträgt 31,6°C.
Weitere Quellen gibt es in der Oase Dakhla in der westlichen Wüste (Ain
al-Gabal, 40°C), der Oase Farafra (Ain al-Balad, 28°C), der Oase Baharya (Ain al-Bishmou, 31,6°C und Ain al-Ris, 28,3°C) sowie im Hammam
Mousa auf dem Sinai (Ain Hammam Faroun, 70°C).
Ägypten stellt 1983 einen Betrag von 2,29 Mio. $ für die Kartographierung möglicher Thermalquellen im Sinai, bei Suez und Fayyoum bereit. Konkrete Umsetzungen sind noch nicht bekannt, diverse Studien allerdings im Internet einsehbar.
Geothermische Untersuchungen werden außerdem im Bereich des Gebel El-Maghara durchgeführt, und zwar am Wadi al-Safa, Wadi al-Murra, Wadi al-Rakb und Wadi al-Massajid.
Neue Daten zeigen, daß sich im Golf von Suez und in Küstengebieten des Roten Meeres in einer Tiefe von 4 km Reservoirs mit Temperaturen um 150°C erwartet werden können.
Im Hochland Äthiopiens im Great Rift Valley, etwa 200 km südöstlich
der Haupstadt Addis Abeba, liegt auf dem Vulkankomplex Aluto die Geothermieanlage Aluto
Langano (Aluto Langano Geothermal Pilot Plant, ALGPP). Das
geothermische Feld war mit geologischen, geophysikalischen und geochemischen
Methoden untersucht worden, bevor im Zeitraum von 1981 bis 1985 geothermische
Explorationsbohrung erfolgen.
Die erste Machbarkeitsstudie wird 1986 durchgeführt, und im Januar 1997 beginnt der Bau der ALGPP. Die US-Firma Ormat liefert und installiert zwei Einheiten: eine geothermische Kombi-Zyklus-Einheit (Geothermal Combined Cycle Unit, GCCU) und einen Ormat-Energie-Konverter (OEC), deren Leistung jeweils bei etwa 4 MW liegt.
Die GCCU besteht aus einer konventionellen Dampfturbine und einer ORC-Turbine (Organic Rankine Cycle), die jeweils gegenüberliegende Enden eines einzelnen Generators antreiben. Hochdruck-Erdwärme aus zwei Bohrungen tritt zuerst in die Dampfturbine ein und gelangt dann zu einem Rohrbündel-Wärmetauscher, wo der Dampf kondensiert und dafür eine binäre Flüssigkeit verdampft, um die ORC-Turbine anzutreiben. Die OEC-Einheit wird durch eine binäre Flüssigkeit angetrieben, die in einem Rohrbündel-Wärmetauscher erwärmt und verdampft wird. Der Wärmetauscher nutzt Mitteldruck-Erdwärme aus zwei Brunnen sowie Sole aus allen vier produktiven Brunnen.
Das Kraftwerk wird im Juni 1998 an die Äthiopische Stromversorgungsgesellschaft (Ethiopian Electric Power Corporation, EEPCo) übergeben, was sich aber als fatal herausstellt: Die OEC-Einheit ist nur knapp 18 Monate, vom Juli 1998 bis zum Dezember 1999, in Betrieb, bevor in den Wärmetauscherrohren Lecks auftreten, während die GCCU immerhin bis Juni 2002 funktioniert, als sie wegen dem Ausfall der Dampfturbinenlager abgeschaltet werden muß.
Anfang 2006 beginnt die Firma Geothermal Development Associates (GDA) im Auftrag der EEPCo mit umfangreichen Reparaturen und Upgrades, worauf die die GCCU im Juni 2007 erfolgreich wieder in Betrieb genommen werden kann. Die Anlage soll künftig 30 MW produzieren.
Zur gleichen Zeit wird auch eine Machbarkeitsstudie für das Tendaho-Gebiet
des Staates Afar beendet, die im Rahmen einer Vereinbarung zwischen
den Regierungen von Äthiopien und den USA durchgeführt wurde. Insgesamt
soll es etwa 22 mögliche geothermische Standorte im Land geben, von
denen zehn bereits identifiziert worden sind.
Die neuen Projektvorschläge werden an die African Rift Geothermal Development Facility (ARGeo) übermittelt, um die notwendigen Mittel für den Bau der Stromerzeugungsstationen in Aluto-Lanagano und Tendaho zu erhalten. An letzterem Standort werden bis zu 100 MW als möglich erachtet. Das ostafrikanische Rift Valley läuft über fast 1.000 km durch Äthiopien.
Im Juli 2009 unterzeichnet das Ministerium für Minen und Energie ein Absichtserklärung mit der japanischen Firma Marubeni Corp., bei der es um eine Erweiterung der Anlage in Aluto Langano geht, die zu diesem Zeitpunkt 7,3 MW erzeugt. Es dauert dann allerdings bis zum November 2011, als die äthiopische Presse berichtet, daß die neue Anlage 35 MW bis 75 MW leisten, etwa 270 Mio. $ kosten (andere Quellen: 350 Mio. $), und voraussichtlich im April 2015 in Betrieb gehen soll. Die Finanzierung des Projekts werden die Weltbank und die nationalen Entwicklungsbanken bzw. -agenturen Frankreichs, Deutschlands und Japans übernehmen.
Ab 2010 führt die japanische Beratungsfirma WEST JEC in Zusammenarbeit mit der Geological Survey of Ethiopia (GSE) und der EEPCo Vorarbeiten für die Bohrungen durch, die dann tatsächlich im Oktober 2012 beginnen und bis Ende 2013 fertig sein sollen. Die Kosten für die vier Brunnen tragen die Weltbank (13 Mio. $), Japan (12 Mio. $) und die äthiopische Regierung (10 Mio. $). Die Arbeiten an der Erweiterung des Kraftwerks auf eine Gesamtkapazität von nun 70 MW beginnen im Dezember 2013. Im Januar 2014 wird zudem bekannt, daß Japan Äthiopien für das Projekt eine Anleihe in Höhe von 95 Mio. $ gewähren wird.
Im Juli 2012 war zudem bekannt geworden, daß die GSE an einer Erhöhung der geothermischen Stromerzeugung interessiert ist und bis 2019 bei Abaya, Alto, Fentale, Kerbito, Tendaho und Tulu Moye bis zu 450 MW produzieren möchte.
Noch ambitionierter ist die 2008 gegründete amerikanisch-isländische
Firma Reykjavik Geothermal Ltd., die im Oktober 2013 ihr
Einverständnis erklärt, in Äthiopien in den nächsten zehn Jahren Projekte
im Umfang von bis zu 1.000 MW zu
entwickeln. Das Unternehmen hatte bereits im August 2012 darüber
berichtet, daß es den Bau einer Geothermie-Anlage mit einer Leistung
von 300 MW planen würde.
Die Firma, die schon im nächsten Jahr in der Region Corbetti Caldera, etwa 200 km südlich der Hauptstadt Addis Abeba, mit dem Bohren von Testbrunnen beginnen will, erwartet, in das geplante Projekt insgesamt 4 Mrd. $ zu investieren.
Bis 2015 sollen etwa 10 MW in Betrieb sein, die bis 2018 auf insgesamt 500 MW anwachsen sollen. Eine zweite Phase bis 2021 könnte zusätzliche 500 MW Kapazität umfassen. Der Strom soll dann sowohl die örtliche Bevölkerung versorgen, als auch in Nachbarstaaten exportiert werden.
Meldungen vom Mai 2014 zufolge wird die Icelandic
International Development Agency (ICEIDA) und der Nordic Development
Fund (NDF) ein Projekt zur Unterstützung der geothermischen Exploration
und des Kapazitätsaufbaus in Ostafrika kofinanzieren,
mit der ICEIDA als leitende Förder- und Implementierungsagentur. Das
Projekt ist die erste Phase der ,Geothermal Compact’ -Partnerschaft,
die gemeinsam von Island und der Weltbank initiiert wurde. Als technischer
Berater ist die Iceland GeoSurvey (ISOR) mit dabei.
Im Juni ist zu erfahren, daß die Weltbank Äthiopien einen Kredit von der International Development Association (IDA) in Höhe von 178,5 Mio. $ sowie einen Zuschuß aus dem Scaling-up Renewable Energy Program (SREP) Trust Fund von 24,5 Mio. $ genehmigt hat. Ziel sei die Entwicklung von Energieressourcen, um die Stromversorgung der Bürger zu verbessern, wobei das bis 2020 laufende Projekt in zwei Phasen realisiert werden soll.
In der ersten Phase werden zwei potentielle geothermische Standorte in Aluto und Alalobad entwickelt und die dortigen Dampfressourcen identifiziert. Zusätzlich zu den bereits bestehenden vier Explorationsbrunnen in Aluto sollen hier weitere 22 Brunnen von etwa 2.000 - 2.500 m Tiefe gebohrt und ein Dampfsammelsystem installiert werden, das alle aktiven Brunnen verbindet.
In Alalobad wiederum werden etwa vier Testbrunnen gebohrt, um den Standort zu erkunden und sein Ressourcenpotential zu identifizieren. Zudem wird eine Machbarkeitsstudie vorbereitet, um die zukünftigen Entwicklungen in Alalobad zu bestimmen. Die IDA- und SREP-Finanzierung wird genutzt, um die erste Phase der Aktivitäten abzuschließen, die als die riskanteste einer geothermischen Projektentwicklung angesehen wird.
In der zweiten Phase des Projekts werden die in der ersten Phase entwickelten und identifizierten Dampfressourcen zur Stromerzeugung genutzt. Auf der Grundlage aktueller Untersuchungsberichte wird erwartet, daß der Aluto-Standort etwa 70 MW Strom erzeugen wird. In Alalobad sollen auf der Grundlage der Ergebnisse der vier Explorationsbrunnen Brunnenkopfgeneratoren installiert werden. Die Finanzierung dieser Phase muß aber noch gesichert werden.
Im Januar 2015 wird bekannt, daß es zu schweren Verzögerungen
bei den Bohr-Aktivitäten in Aluto Langano gekommen
sei – aufgrund der fehlenden Verfügbarkeit von Wasser, durch das Versäumnis,
ausreichende Mittel für das Projekt zu beschaffen sowie wegen dem langsamen
Fortschritt beim Bau der benötigten Infrastruktur, wie Straßen usw.
Nun soll das Projekt Ende 2018 mit der Stromerzeugung
starten.
Zeitgleich ist zu erfahren, daß das italienische Ingenieurbüro ELC Electroconsult SpA den Zuschlag für die Oberflächenerforschung im Geothermiefeld Aluto Langano gewonnen hat. Der 0,5 Mio. $ Vertrag wird mit der ICEIDA abgeschlossen.
Im Juli 2015 scheint das ursprüngliche Kraftwerk offiziell wieder in Betrieb genommen und mit dem nationalen Stromnetz verbunden worden zu sein, doch explizite Details darüber gibt es nicht. Statt dessen schwadroniert das zuständige Ministerium über eine neue geothermische Ressourcenschätzung, die von einem Potential zwischen 2.114 MW und 10.791 MW ausgeht, mit 4.200 MW als ,wahrscheinlichem’ Wert.
Einen Zuschuß von 1,3 Mio. $ für Oberflächenstudien am Geothermie-Standort Tulu-Moye, der sich im Besitz der Reykjavik Geothermal befindet, gibt es im Dezember 2015 durch die Geothermal Risk Mitigation Facility (GRMF), die von der deutschen Regierung, der EU und dem britischen Departement für internationale Entwicklung (DFID) gefördert wird.
In einer aktuellen Studie des GSE vom Januar 2016 wird
ein geothermisches Energieerzeugungspotential von bis zu 10.000 MW
genannt.
Über das jetzt mit 75 MW bezifferte Aluto
Langano Geothermie-Projekt hört man erst im Mai 2017 wieder
etwas – und zwar im Zusammenhang mit der Information, daß „das
Land den Bau der Anlage nun vorbereitet“. Immerhin sind zwischenzeitlich
zwei Brunnen bis zu einer Tiefe von 1.920 m bzw. 1.953 m gebohrt worden.
Wobei das Spiel munter weitergeht, denn im Juli 2017 werden von der französischen Entwicklungsagentur (AFD) EU-Mittel in Höhe von 8,6 Mio. $ zur Verfügung gestellt, um zusätzliche Tiefbrunnen für das Geothermie-Projekt Tendaho zu bohren – und im August Äthiopiens Staatsminister für Finanzen und wirtschaftliche Zusammenarbeit und der Botschafter von Japan einen Notenaustausch für drei Förderprojekte unterzeichnen – von denen eines „die Installation einer kleinen Geothermie-Anlage in Aluto Langano“ betrifft.
Die Provinz Neuquén (o. Neuquen) im Süden von Argentinien
entdeckt schon 1981 die Verfügbarkeit geothermischer
Energiequellen und investiert im Laufe der Zeit nahezu 15 Mio. $, um
ihre Ausbeutung für die Region Copahue-Caviahue zu
sichern. Dieser Betrag umfaßt alle Explorationskosten seit 1973 sowie
den Bau einer kleinen Pilotanlage im Jahr 1988.
Das Projektgebiet Copahue ist der Standort eines beliebten Ferienortes mit Thermalquellen und liegt etwa 300 km nordwestlich der Landeshauptstadt Neuquén und nur wenige Kilometer von der chilenischen Grenze entfernt. Die geothermische Ressource, auf der das Projekt basiert, befindet sich an der Nordostflanke des Copahue-Vulkans statt - eines jungen, historisch aktiver Stratovulkans.
Zudem unterzeichnet die Provinz 1982 eine Kooperationsvereinbarung mit der japanischen Forschungsagentur (Japan International Cooperation Agency, JICA) zur Erstellung einer technischen und wirtschaftlichen Machbarkeitsstudie bis 1991.
Nachdem das erste kleines Kraftwerksvorhaben in den 1990er Jahren scheiterte, ohne daß ich bislang Details darüber finden konnte, dauert es mehrere Jahre, bis auf dem Sektor der Geothermie erneute Schritte unternommen werden. Die Entwicklung des 1,2 km2 großen Geothermie-Blocks in Copahue beginnt 1998 mit drei Sondierungsbohrungen. Weitere Forschungen zeigen, daß es landesweit etwa 25 Gebiete mit günstigen geothermischeen Eigenschaften gibt. Lohnende Standorte liegen beispielsweise in Domuyo, in Santiago del Estero im nördlichen Argentinien und in Salta.
Im November 2008 beschließen die argentinische Grupo Minero Aconcagua SA (GMA), die im Gold-, Silber- und Kupferbergbau aktiv ist, sowie die in Broomfield, Colorado, beheimatete Fellows Energy Ltd., ein Unternehmen aus dem Öl- und Gassektor, einen Optionsvertrag für zwei geothermische Kraftwerke mit der argentinischen Firma Geothermia Andina SA., einer Tochter der Andean Geothermal Power Inc. (s.u.).
Für die beiden Projekte Valle Del Cura sowie Tuzgle-Tocomar werden Machbarkeitsstudien erstellt, die davon ausgehen, daß sich an den beiden Standorten zusammen ca. 300 MW elektrischer Leistung installieren lassen. Zur Finanzierung geht die Fellows Energy Anfang 2009 eine Vereinbarung mit der US-Firma Copper King Mining Corp. ein.
Die Anlage nahe dem Vulkan Tuzgle in der nördlichen Andenprovinz Jujuy benötigt eine Investition von 35 Mio. $ und wird die elektrische Leistung um die 20 MW erreichen. Zu einem späteren Zeitpunkt soll sie um ein zweites Modul erweitert werden, das etwa 130 Mio. $ kosten und die Stromerzeugung auf 60 MW erhöhen würde.
Im Mai 2009 fordert die Provinz Neuquén die Abgabe von internationalen Angeboten für ein 30 MW Geothermie-Kraftwerk in der Mine Las Mellizas in Copahue auf einer Höhe von etwa 2.000 m. Die Investition in das Projekt wird voraussichtlich in Höhe von 60 Mio. $ liegen. Im August reichen die argentinischen Firmen Pampa Energia und Grupo Minero Aconcagua entsprechende Angebote ein. Auch die Kapazität dieser Anlage könnte schließlich auf 60 MW erhöht werden.
Ebenfalls im August unterzeichnet die Energia Provinzial Sociedad Del Estado (EPSE), das Stromversorgungsunternehmen der Provinz San Juan, eine Vereinbarung mit der Geotermia Andina, um im Bereich von Los Despoblados, im Departement Iglesia, neue geothermische Explorationsarbeiten durchzuführen. Nach der Erstellung von Durchführbarkeitsstudien soll im Laufe der nächsten elf Monate auch ein 5 MW Kraftwerk installiert werden, falls dort geothermische Ressourcen entdeckt werden.
Im September 2009 folgt die Meldung, daß die kanadische Mineralexplorations- und Entwicklungsgesellschaft G4G Resources Ltd. eine Absichtserklärung unterzeichnet habe, um von der Geotermia Andina eine 90 %-ige Beteiligung an dem Geothermie-Projekt Los Despoblados zu erwerben. Die restlichen 10 % sollen im Besitz der EPSE verbleiben. Der Standort liegt in Nähe der in Betrieb befindlichen Veladero-Mine der kanadischen Barrick Gold Corp., dem größten Goldbergbauunternehmen der Welt, sowie dem Pascua-Lama-Projekt, das voraussichtlich 2012 die Produktion aufnehmen wird (s.u.). Gemeinsam benötigen diese beiden Minen etwa 150 MW Strom.
Der Explorationsvertrag mit Kaufoption zwischen der G4G Resources und den Firmen GMA und der ebenfalls kanadische Andean Geothermal Power Inc. (Andean) wird im Februar 2010 abgeschlossen. Im Rahmen der Vereinbarung hat G4G die Möglichkeit, in drei separaten Geothermiegebieten in den Bergbau-Provinzen von Jujuy, Salta und San Juan Immobilien zu erwerben. Im März ändert die G4G ihren Namen in Americas Geothermal Inc., zieht sich jedoch schon im Juli gänzlich aus den Geothermieprojekten in Argentinien zurück.
Im August 2010 berichtet dafür die kanadische Firma Geothermal
One Inc., daß nun sie das geothermische 30
MW Kraftwerk in der Provinz Neuquén zu bauen gedenkt. Das
Unternehmen wird Dampf aus Las Mellissa nutzen,
um pro Jahr 230 GWh zu generieren, was 25 % des Stromverbrauchs der
Region entspricht. Die Machbarkeit des Projekts wurde bereits seit
1973 durch die Kommunalbehörden untersucht. Die Investition wird
voraussichtlich ca. 76,2 Mio. € betragen.
Die Regierung der argentinischen Provinz Mendoza benennt im November 2010 insgesamt 14 Gebiete mit geothermischem Potential, die zusammen mehr als 90.000 Hektar umfassen.
Im Februar 2011 kündigt die australische Firma Earth
Heat Resources Ltd. (EHR) die Akquise einer Reihe von Führungskräften
und operativem Personal in Argentinien an, um die Entwicklung des
Geothermie-Projekts in Copahue zu beschleunigen. Im Rahmen einer
Vereinbarung mit der Geothermal One kann Earth Heat bis zu 82,5 %
des Projekts übernehmen.
Die Bohrfirma Estrella International Energy Services Ltd. erhält im April 2011 der Auftrag für eine Bohrkampagne, bei der in den kommenden Monaten 4 - 6 Brunnen gegraben werden sollen. Zudem beginnt Earth im Mai Heat mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie für die ,Fast Track’-Entwicklung einer 15 MW Anlage am Projektstandort.
Im Juli 2011 meldet die Earth Heat die Fertigstellung der Phase 1 der Umweltverträglichkeitsprüfung des 30 MW Geothermie-Projekts Copahue, welche seitens der Ingenieurgesellschaft Sinclair Knight Merz (SKM) durchgeführt wurde. Und im November wird bekannt, daß Earth Heat nun auch die Projektfinanzierung in Höhe von bis zu 134 Mio. $ für die Entwicklung des Projekts gesichert habe. 48 Mio. $ davon werden aus einer Direktinvestition der Inter-American Development Bank (IDB) stammen.
Im Februar 2012 gibt Earth Heat bekannt, daß sie
als leitende Bank die Corporacion Interamericana para el Financiamento
de Infraestructura (CIFI) für einen Bohrkredit in Höhe von 22,5 Mio.
$ gewinnen konnte. Darüber hinaus unterzeichnet die Gesellschaft eine
Vereinbarung über 17,5 Mio. $ mit der AGS Capital Group LLC (AGS).
Im Mai folgt die Meldung, daß die Firma Xstrata Pachón SA –
eine Tochtergesellschaft der Schweizer Berbaugesellschaft Xstrata Copper
– eine Stromabnahmevereinbarung über 50 MW aus dem Copahue-Projekt
abgeschlossen habe. Gleichzeitig wird bekannt, daß die Direktinvestition
der IDB auf bis zu 75 Mio. $ angehoben wird.
Invest in Argentina veröffentlicht August 2012 zusammen mit der Banco de Proyectos de Inversón Productiva und dem Außenministerium von Argentinien, eine Ausschreibung über die Konzession zur Erforschung kommerziell ertragreicher geothermischer Ressourcen in Domuyo, Provinz Neuquén.
Die Geotermia Andina SA verkündet im Oktober 2012, daß sie mit der Barrick Gold Corp. eine Absichtserklärung über Entwicklung eines 20 MW Geothermieprojekts in San Juan unterzeichnet habe. Das geplante Projekt Los Despoblados ist rund 10 km von Barricks Veladero-Mine entfernt, deren aktueller Energiebedarf von 14 MW (andere Quellen: 17 MW) durch 30 Millionen Liter Kraftstoff pro Jahr für Diesel-Generatoren gedeckt wird.
Der Vereinbarung zufolge ist Barrick berechtigt, durch die Finanzierung der Bohrkampagne im Andengebirge, auf 4.000 Meter Höhe, eine 70 %-ige Beteiligung an dem Projekt zu erhalten. Der Umfang der Kampagne umfaßt bis zu acht Wärmegradient-Bohrungen bis zu einer Tiefe von 250 m. Anschließend sind bis Mitte 2014 drei, jeweils bis 1.500 m tiefe Explorationsbohrungen geplant. Eine formale Joint-Venture-Vereinbarung unter Teilnahme der EPSE wird im November bekannt gegeben.
Im Dezember 2012 folgt die Meldung, daß Geotermia Andina in San Juan fünf weitere Bereiche im Gebiet Valle del Cura erkunden wird, die als mögliche Standorte für geothermische Kraftwerke in frage kommen könnten: Chollay, San Crispin, Casa Pintada, Siciliano-El Gollete und Los Bañitos.
Einem Bericht vom März 2013 zufolge investiert Barrick
Gold bis zu 12 Mio. $ in das Projekt Los Despoblados,
etwa 2 Mio. $ in die erste Explorationsphase, die das Bohren von Gradientenlöchern
beinhaltet, sowie 10 Mio. $ in die Tiefenbohrungen. Im September nennt
bGeotermia Andina erstmals auch das vorläufige Budget: etwa 92 Mio.
$ für eine installierte Leistung von 23
MW.
Im Jahr 2014 zeigen die Gradientenbohrungen positive
Ergebnisse, worauf die Geotermia Andina nun einen strategischen Partnersucht,
um die Entwicklung des Geothermieprojekts zu beschleunigen. Im Juni
wird bekannt, daß das argentinische Venture-Unternehmen Technologie
YPF SA (Y-TEC) – eine Kooperation zwischen der staatlichen
Ölgesellschaft und dem Nationalen Rat für wissenschaftliche und technische
Forschung (CONICET) – daran interessiert ist, die geothermische Kapazität
weiter zu entwickeln. Das Unternehmen schätzt, daß in Jujuy zwischen 2
MW und 4 MW erzeugt werden
können.
Im April 2015 kündigt das Ministeriums für Bundesplanung
eine internationale Ausschreibung an, um in Kooperation mit der der
japanischen JICA die Arbeiten an dem geothermischen Potential von Domuyo voranzutreiben,
worauf im Juni fünf Unternehmen bzw. Kooperationen ihre technischen
und finanziellen Angebote einreichen. Das niedrigste Gebot mit 5,5
Mio. $ wird vom Konsortium Enal-Proinsa abgegeben.
Die bislang jüngste Meldung aus Argentinien besagt im März 2016,
daß eine europäische Investitionsgruppe die Entwicklung eines Geothermieprojekts
in der Provinz Chubut im Umfang von 400 Mio. € erwägt.
Die Umsetzung eines solchen Projekts würde bis zu zehn Jahre dauern.
Nähere Details darüber gibt es bislang nicht.
Über eine lange Zeit existiert in Australien nur eine einzige Geothermie-Anlage
in Birdsville, Queensland, rund 1.600 km westlich
von Brisbane, die eine Leistung von 120
kW besitzt (von denen allerdings noch 40 kW an ‚Verlusten’ abzuziehen
sind).
Die Anlage hat eine interessante Geschichte: Um für Birdsville eine ständige Wasserversorgung zu sichern wird 1961 eine Bohrung eingebracht, die in rund 1.200 m Tiefe auf 98°C heißes Wasser stößt. Die dadurch mögliche Stromerzeugung ist ein unerwarteter Bonus. Anfänglich, d.h. ab 1965, wird nur der Wasserdruck benutzt, um mittels einer 8 kW Wasserturbine Elektrizität zu erzeugen, doch 1976 wird diese Turbine durch Dieselmotoren und Generatoren ersetzt.
Die Geothermie-Anlage nach dem Organic Rankine Cycle Engine (ORCE) Verfahren wird 1992 errichtet und bis 1994 betrieben, dann jedoch aufgrund von Änderungen bei den Umweltauflagen wieder geschlossen.
Ende 2001 wird die Anlage durch die Besitzer- und Betreiberfirma Ergon Energy (eine Tochter der staatlichen Energy Queensland Ltd.), die Firma Enreco Pty Ltd. sowie den Queensland Sustainable Energy Innovation Fund (QSEIF) modernisiert, indem statt Freon als Wärmetransportmittel nun Isopentane eingesetzt wird, und bis 2004 erneut in Betrieb genommen. Nach weiteren Umbauten ist die Anlage seit dem Dezember 2005 in Dauerbetrieb, wobei sie 80 kW liefert, was etwa 30 % des Bedarfs von Birdsville deckt.
Im Juni 2009 bestimmt die Regierung von Queensland einen Betrag von 4,3 Mio. Aus-$ aus dem Queensland Renewable Energy Fund für den weiteren Ausbau der geothermischen Anlage. Im März 2016 wird berichtet, daß die Betreiber der Geothermieanlage bei Birdsville weitere Upgrades vornehmen, um die installierte installierte Leistung auf 150 - 200 kW zu erweitern.
Als erstes Unternehmen beginnt die im Jahr
2002 gegründete Firma Geodynamics Ltd. mit
neueren Geothermie-Arbeiten in Australien. Man möchte das
Hot-Rocks-Energiegewinnungsverfahren anwenden, doch Ende 2004 bricht
im zweiten Bohrloch (Habanero-1) der Bohrkopf zusammen mit einer 245
m langen Sewktion ab, aufwendige Rettungsaktionen bleiben erfolglos
und das Loch muß schließlich aufgegeben
werden.
Ende 2006 sind es bereits 15 Gesellschaften, die
geothermische Exploration betreiben und sich insgesamt über 100
Lizenzgebiete gesichert haben. Inzwischen ist die Aussicht auf emissionsfreie
Energie aus heißen Steinen so interessant geworden (Stichwort
Emissionszertifikate), daß sich auch die großen Energiekonzerne
an Unternehmen wie Geodynamics oder der Green Rock
Energy Ltd. beteiligen.
Bei Geodynamics steigt beispielsweise die Ölgesellschaft Woodside
Petroleum mit ihrer langjährigen Erfahrung im Bereich von Bohrlöchern
ein.
Besonders interessant sind die tiefen Granitschichten im Cooper Basin, einer fast menschenleeren Gegend in der Landesmitte, die auch an der Oberfläche zu den heißesten Zonen der Welt gehört. Dort entströmt einem Bohrloch bereits fast 300°C heißer Dampf, der aus 5.000 m Tiefe kommt.
Mitte 2007 verkündet die Australische Arbeitspartei (ALP), daß sie im Fall ihres Wahlsieges 50 Mio. Aus-$ zur Finanzierung von Erdwärme-Probebohrungen bereitstellen wird.
Im Oktober 2007 meldet die Presse, daß Geodynamics, nun mit einem speziell für sie angefertigten Bohrturm, damit begonnen habe, ein drittes Loch zu bohren – als Anfang einer kommerziellen Pilotanlage, die ab 2009 rund 13 MW produzieren soll. Rentiert sich die Investition von 30 Mio. €, soll das Kraftwerk modular weiter ausbaut werden. Für eine 300 MW Anlage müßten rund 40 Bohrlöcher abgesenkt und eine Hochspannungsleitung aus der Wüste zum nationalen Netz installiert werden, was etwa 485 Mio. € kosten würde.
Seit 2007 verfügt der auch australischen Projektentwickler Greenearth Energy Ltd. (GER) über ein 8.440 km2 große Konzessionsgebiet im Bundesstaat Victoria, das sich u. a. unmittelbar an die australische Metropole Melbourne anschließt. Aufgrund im Jahr 2008 erfolgter geologischer Untersuchungen des Otway Basin zwischen den Städten Geelong und Torquay, südwestlich von Melbourne, wird geschätzt, daß das hier vorhandene geothermische Potential ausreicht, den Bedarf Victorias mehr als 150 mal zu decken.
Im Juni 2008 werden die Untersuchungsergebnisse eines
Explorationsteams der Regierung von Queensland bekannt, welches in
dem 300 km langen und bis zu 50 km breiten Millungera
Becken ein großes geothermisches Potential ausmacht, das genug
Energie für die gesamte Nordwest-Region des Staates liefern könnte. Zu
den Bietern für die entsprechenden Explorationsgenehmigungen gehören
die Westaustralische Firma Torrens, Green
Earth aus Victoria, die Südaustralische Petratherm und
die Geodynamics aus
Brisbane.
Die Australian Geothermal Energy Association veröffentlicht im August 2008 eine Schätzung, der zufolge nur 1 % des geothermischen Potential Australiens ausreicht, das gesamte Land über 26.000 Jahre lang zu versorgen. Vorsichtigere Schätzungen, die auf Daten von über 3.500 Bohrungen basieren, sprechen immerhin von 7.500 Jahren Versorgungssicherheit auf heutigem Niveau des australischen Energieverbrauchs. Über 80 % dieser Ressourcen befinden sich in dem großen artesischen Eromanga-Becken.Bis 2020 sollten hier 2.200 MW Leistung realisierbar sein.
Die australische Regierung kündigt zeitgleich an, daß in die Entwicklung dieses Potentials 50 Mio. Aus-$ investiert werden sollen. Der Betrag soll als Zuschüsse an die geothermische Industrie fließen, um im Rahmen des Geothermal Drilling Program die Kosten der Tiefenbohrungen zu bestreiten.
Ebenfalls im August 2008 bilden Australien, die USA und Island die International Partnership for Geothermal Technology (IPGT), deren Ziel die Förderung und Unterstützung entwickelter geothermischer Systeme ist.
Einen Monat später wird bekannt, daß die indische Mumbai Tata Power für 36 Mio. $ eine 10 %-ige Beteiligung an der o.g. Geothermie-Firma Geodynamik erwerben wird. Das Geschäft stärkt den Plan der Geodynamik, gemeinsam mit dem Joint Venture Partner Origin Energy im nächsten Jahr ein 50 MW Kraftwerk zu errichten.
Geodynamik bohrt zu diesem Zeitpunkt bereits die dritte tiefe Geothermie-Bohrung in der Nähe von Innamincka im Cooper-Becken im Norden Südaustraliens. Fließtests zwischen den ersten beiden Bohrungen beweisen das geothermische Konzept des Unternehmens.
Aufgrund der globalen Finanzkrise muß der in Queensland beheimatete Projektentwickler Hot Rock Ltd. im Dezember 2008 vier von fünf genehmigten Energie-Explorationsprojekten im Südwesten von Victoria auf Eis legen, da die Finanzierung nur für eines reicht. Das Unternehmen beschließt, sich auf den Bau des geothermischen Kraftwerks in der Nähe von Koroit zu konzentrieren, wo nun umgerechnet 9 Mio. € in Explorationsarbeiten investiert werden sollen.
Im Februar 2009 berichtet
die Presse über die Absicht der University of Western Australia,
die geothermische Energie zu nutzen, um mit dem Dampf die Stromversorgung
von Klimaanlagen und die Wärme der Schwimmbäder zu sichern. Zudem soll
damit in einer Entsalzungsanlage Trinkwasser bereitet werden. Der Plan
ist, außerhalb der Stadt Perth im Perth-Becken eine 2,5 km tiefe Bohrung
einzubringen. Als Partner tritt die Firma Green Rock Energy Ltd. auf
– die ein ähnliches Projekt auch mit der RMIT University in
Bundoora verfolgt. Dieses ist auf drei Jahre angelegt und mit 1,12
Mio. Aus-$ ausgestattet.
Zeitgleich meldet die Regierung von Tasmanien, daß die lokale Firma KUTh Exploration Pty Ltd. (KEN) das geothermische Energiepotential der Insel südlich des australischen Festland weiter erkundet. Das das Unternehmen habe hierfür eine Erkundungslizenz von fast 4.000 km2 über das Central Plateau beantragt, wo mit 250 m tiefen Bohrungen die Gesteins-Temperatur gemessen werden soll. Bereits im April berichtet KUTh, als Teil seines Tasmanian Hot Rock Geothermie-Projekts zehn neue Wärmeströme aufgezeichnet zu haben.
Ebenfalls im Februar 2009 berichtet die Presse, daß
der Marktführer Geodynamics 5 Mio. Aus-$ bekommt, um die Entwicklung
der australischen Geothermie-Technologie zu fördern. Die Unterstützung
ist entscheidend für den neuen Geothermal Technology Plan (GTP),
der die Finanzierung ausgewählter Programme im Energiesektor bietet.
Als das Unternehmen im April sein 1 MW Pilot-Kraftwerk in der Nähe von Innamincka in Betrieb nehmen will, wird es durch einen unkontrollierten Austritt von Wasser und Dampf aus dem 4,2 km tiefen Habanero 3-Brunnen zurückgeworfen. Es dauert 28 Tage, bis die Lage wieder unter Kontrolle ist, und erst im April des Folgejahres kann Geodynamics melden, daß sich das Projekt wieder auf Kurs befindet.
Im April 2009 gibt das australische Ministerium für
Ressourcen und Energie bekannt, daß es für zwei Geothermie-Projekte
einen Betrag von 14 Mio. Aus-$ bereitstellt: Die MNGI Pty
Ltd., eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Petratherm,
erhält 7 Mio. A $ für ein verbessertes
Geothermie-Projekt in Paralana,
Südaustralien, das von anfänglich 7,5
MW im Laufe der Zeit auf 30
MW ausgebaut werden
soll, während die Firma Panax Geothermal Ltd. (die
im Vorjahr die ebenfalls australische Geothermie-Entwicklungsfirma
Osiris Energy Pty Ltd. übernommen hatte) einen gleich hohen Betrag
für ein herkömmliches Geothermie-Projekt in der Limestone-Küstenregion
Südaustraliens erhält, das mit einer langfristig geplanten Kapazität
von 1.500
MW genug Energie für mehr als 1 Million Haushalte liefern
soll.
Die Finanzierung erfolgt im Rahmen der ersten Runde des Geothermie-Bohrprogramms der Regierung, das die hohen Kosten für das Bohren von tiefen geothermischen Brunnen durch die Bereitstellung von Zuschüssen von bis zu 7 Mio. Aus-$ unterstützt.
Im Juli 2009 beginnt Petratherm in Zusammenarbeit
mit seinen Joint-Venture-Partnern Beach Petroleum und TRUenergy
Geothermal mit der Bohrung
des Paralana 2 Tiefbrunnens in
Südaustraliens hohem Norden, die bis in eine Tiefe von 4 km führen
soll. Hierzu nutzt das Unternehmen eine maßgeschneiderte
Bohranlage für 40 Mio. Aus-$ von Weatherford International aus Dubai.
Gemeinsam mit einer zweiten Bohrung soll ein unterirdischer Wärmetauscher
geschaffen werden, der eine Zirkulation von über 200°C heißem Wasser
erlaubt. Langfristig möchte Petratherm
hier ein mindestens 260 MW leistendes
Geothermie-Kraftwerk errichten.
Im Vormonat hatte auch dieses Projekt einen Zuschuß in Höhe
von 7 Mio. Aus-$ durch das staatliche Geothermie-Bohrprogramm erhalten.
Offiziell startet das Projekt dann im August. Und im November beschert
das Paralana-Projekt der Petratherm und ihren Partnern eine Förderung
in Höhe von fast 63 Mio. Aus-$ aus Mitteln des Renewable Energy Demonstration
Program (REDP).
Geodynamics wiederum erhält im November 2009 von
der australischen Regierung eine Summe von 90 Mio. Aus-$ für das 25
MW Cooper Basin-Demonstrationsprojekt. Die
Finanzierung erfolgt über die Laufzeit des Projekts, dessen Inbetriebnahme
voraussichtlich Ende 2013 stattfinden wird. Anderen
Quellen zufolge beträgt der Zuschuß, mit dem das Potential der Hot-Rock-Geothermie
als eine wichtige Quelle der emissionsfreien Grundversorgung belegt
werden soll, sogar 235 Mio. Aus-$. Das Demonstrationsprojekt könnte
zum weltweit ersten ,multi-well hot fractured rock’ Energieprojekt
werden.
Dem Geothermie-Forscher Tonguç Uysal von der University of Queensland zufolge soll sich das Cooper Basin gebildet haben, als dort vor über 300 Millionen Jahren ein beträchtlich großer Asteroid eingeschlagen ist.
Im Dezember 2009 bekommt die Firma Greenearth
Energy einen Betrag von 25 Mio. Aus-$ von der Regierung Victorias für
ihr 12 MW Geothermie-Projekt
in Geelong zugesprochen. Das Unternehmen geht davon
aus, daß das Pilotkraftwerk, dessen erste Explorationsbrunnen voraussichtlich
Anfang 2013 gebohrt werden sollen, bis zu 8.000 Haushalte
versorgen könnte.
Ebenso erhalten diverse weitere Unternehmen finanzielle Unterstützungen für etliche andere Explorations- und Bohrkampagnen, deren Aufzählung hier allerdings zu weit führen würde. Die Projekte werden in die Übersicht aufgenommen, sobald die Entscheidung über ihre Umsetzung gefällt wird.
Im April 2010 vermeldet die Panax Geothermal, daß
man bei der Bohrung Salamander-1 im Otway-Becken bei Penola auf
Dampf getroffen sei. In einer Tiefe von 4.000 m kann eine Temperatur
von 171,4 °C aufgezeichnet werden.
Das Penola-Projekt ist die erste geothermische Quelle in Australien, bei der ein Hot Sedimentary Aquifer (HSA) getestet werden soll, der heißes Wasser aus einem vorhandenen Aquifer oder HSA-Reservoir extrahiert. Auch diese Exploration wurde seitens der Bundesregierung mit 7 Mio. Aus-$ gefördert. Das Unternehmen plant nun, bis zum nächsten Jahr ein Demonstrationskraftwerk in Betrieb zu nehmen.
Die Presse berichtet im Mai 2010, daß die in kuwaitischem
Besitz befindliche Firma Senergy aufgrund der steigenden
Nachfrage in Australien ein spezialisiertes Geothermie-Bohr-Team etabliert
hat.
Im Oktober 2010 meldet Geodynamics den erfolgreich
Abschluß ihrer Arbeiten an der Bohrung Jolokia 1 bei Innamincka,
wo in Kürze mit der hydraulischen Frakturstimulation des Granits begonnen
wird, um einen zweiten unterirdischen Wärmetauscher zu schaffen.
Der Standort Jolokia befindet sich 9 km vom ursprünglichen Wärmetauscher des Joint Ventures am Standort Habanero entfernt. Die Messungen hatten ergeben, daß die Temperatur bei Jolokia mit 278°C etwa 8° höher liegt als bei Habanero (in der gleichen Tiefe von 4.900 m).
Im März 2011 kündigt die australische Ingenieur-
und Beratungsfirma Hot Dry Rocks (HDR) aus Melbourne
die Gründung einer globalen Geothermie-Allianz von australischen mit
europäischen Partnern an, die sich auf EGS-Technologien (engineered
geothermal systems) konzentrieren. Die Gründungsgesellschaften der EGS
Global Group sind neben der HDR der britische Branchenführer
EGS Energy Ltd., die deutsche BESTEC GmbH und die Firma GPC Instrumentation
Process SARL aus Frankreich.
Der australische Bundesstaat Queensland forciert die staatlichen Geothermie-Aktivitäten im April 2011 mit einer Finanzierung in Höhe von 25 Mio. Aus-$. Neben dem bereits 2009 beschlossenen Upgrade des geothermischen Kraftwerks in Birdsville (s.o.) für rund 5 Mio. Aus-$ wird ein etwa gleich hoher Betrag in die Erforschung der geothermischen Potentials in der Küstengebiet von Queensland fließen. 15 Mio. Aus-$ gehen zudem an das Geothermie-Center of Excellence der University of Queensland.
Die o.g. Firma Hot Dry Rocks gibt im Juli 2011 bekannt,
im Maryvale-Gebiet in Victoria bis Ende 2012 eine 500
kW Pilotanlage zu errichten, nachdem das Unternehmen bei der
Erforschung des Erdwärmepotentials im dortigen Latrobe Valley vielversprechende
Ergebnisse erhalten hatte. Um die Arbeit in der Region zu beginnen
hatte die HDR im November des Vorjahres einen Zuschuß von der Regierung
des Bundesstaates in Höhe von 217.000 Aus-$ erhalten.
Nachdem Petratherm die Frakturstimulation an der Bohrung Paralana
2 im Juli 2011 erfolgreich abgeschlossen hat, erhält die Firma im September
einen Finanzierungsschub von 1,3 Mio US-$ seitens der Commonwealth-Regierung,
um die Vorbereitungsarbeiten für die Bohrung Paralana 3 zu
unterstützen.
Im Februar 2012 kündigt die Panax Geothermal eine neue strategische
Partnerschaft mit der University of Melbourne an. Im Rahmen der zweijährigen
Forschungspartnerschaft soll eine langfristige kommerzielle Lösung
für das Geothermie-Projekt Penola erarbeitet werden. Ein Jahr später
ändert die Panax übrigens ihren Namen – und heißt seitdem Raya
Group Ltd., was hervorheben soll, daß das Unternehmen den Fokus zukünftig
mehr auf Indonesien richtet,
da Indonesia Raya die Nationalhymne des Landes ist.
Im November 2012 beendet Geodynamics den ersten Open-Flow-Test
an der Habanero 4-Bohrung des EGS-Projekts. In einer
Tiefe von 4.130 m wird eine Temperatur von 241°C gemessen.
Im Mai 2013 kann Geodynamics endlich seine 1 MW Pilot-Anlage in Habanero nahe Innamincka in Betrieb nehmen, die Australiens erstes Enhanced Geothermal System (EGS) darstellt (was früher als Hot-Dry-Rock-Verfahren bezeichnet wurde, HDR).
Das Unternehmen beginnt anschließend mit einem Demonstrations- und Testprogramm, das bis August abgeschlossen werden soll, dann aber doch bis zum Oktober weitergeht. Mittelfristig plant Geodynamics die Nutzung der EGS-Technologie für kleinere kommerzielle Projekte von 5 MW – 10 MW bei Habanero. Im Dezember übernimmt Geodynamics 90,45 % der ausgegebenen Aktien des Geothermie-Entwicklers KUTh Energy Ltd., und sichert sich zudem das Recht, auch alle verbleibenden Anteile an KUTH Energy zu erwerben.
Der Niedergang der Geothermie in Australien ist mit der im September 2013 antretenden
Abbott-Regierung verknüpft, die Kohle und Gas gegenüber erneuerbare
Energien bevorzugt. Charakteristisch sind beispielsweise die Budgetkürzungen
bei der Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation
(CSIRO) um 115 Mio. Aus-$ im Mai 2014, welche die
Geothermieforschung in Australien fast völlig lahmlegen.
Die Vorsitzende der Canadian Geothermal Association Alison Thompson beschreibt in einem Interview im November 2014 die Geothermie in British Columbia zwar noch als eine „Trillion Dollar Opportunity“, da es hier über 150 bekannte heiße Quellen und mehr als genug geothermische Energie gibt, um das Stromnetz der Provinz zu versorgen. Eine Richtungsänderung in der Politik kann sie damit aber auch nicht bewirken.
Umso befremdlicher ist, daß der von der International Geothermal Association organisierte World Geothermal Congress im April 2015 ausgerechnet im Melbourne zelebriert wird. Der Grund dafür ist einfach: Der Geothermie-Weltkongreß findet alle fünf Jahre statt – und als beim letzten mal der nächste Ort für das Treffen festgelegt wurde, sah es für die Geothermie noch ganz anders aus. Während nun düster konstatiert werden muß, daß sich der Sektor der erneuerbare Energie in Australien im Wesentlichen im Stillstand befindet.
Es ist daher auch nicht verwunderlich, daß die Presse im August 2015 meldet, Geodynamics würde an seinem Habanero Geothermie-Standort die Brunnen verschließen und die Anlage herunterfahren. Auch andere geothermischen Aktivitäten, wie z.B. auf den Salomonen im Pazifik, sollen beendet werden.
Eine positive Meldung gibt es im Oktober 2015, als
die Stadt Canning in Westaustralien eine zweite geothermische
Bohrung für Fernwärmezwecke einweiht, die mit Sonnenkollektoren gekoppelt
ist und nun dem örtlichen Freizeitkomplex speisen wird. Die erste Bohrung
war vor drei Jahren eingebracht worden. Die Bohrung geht über einen
Kilometer weit in die Erde, um erhitztes Wasser zu extrahieren, das
dann verwendet wird, um über eine Wärmeaustauscheinheit das Wasser
der Schwimmbecken zu beheizen.
Ermöglicht wurde das Cannington Leisureplex Projekt durch eine Finanzierung in Höhe von 700.000 Aus-$ vom Department of Sport and Recreation Western Australia sowie 947.000 Aus-$ vom Federal Department of Industry, Innovation and Science.
Im Mai 2016 wird bekannt, daß Petratherm,
einer der Hauptakteure von Australiens einst hoffnungsvollem geothermischen
Sektor, von dem Human-Resources-Technology-Unternehmen MSGooroo übernommen
und in Gooroo Ventuers umbenannt wird. Im August schließt die Firma
die Sanierung ihres australischen Geothermieprojekts ab und kündigt
an, sich von allen geothermischen Projekten im Pazifik zu trennen.
Im Laufe der letzten Zeit gab es aber noch viele weiteren Veränderungen: Greenearth Energy richtet ihren Fokus inzwischen auf Energieeffizienztechnologien, Green Rock Energy konzentriert sich nun auf den Bergbau und heißt jetzt Black Rock Mining, KUTh Energy war von der Geodynamics übernommen worden, und die Panax Geothermal wurde zur Raya Group und arbeitet nur noch an Projekten in Indonesien. Es scheint, daß der geothermische Sektor in Australien im Wesentlichen nicht mehr existiert.
Dies bestätigt sich ein weiteres mal, als im November 2016 auch der ehemalige Marktführer Geodynamics seinen Namen in ReNu Energy ändert, um damit zu symbolisieren, daß er ebenfalls die Geothermie hinter sich gelassen hat. Die geothermische Brunnen Celsius 1, Jolokia 1, Savina 1, Habanero 1 und Habanero 2 werden alle verstopft, die Oberflächenanlagen abgebaut. Habanero 3 und Habanero 4 werden noch überwacht, nachdem die Zementpfropfen gesetzt wurden.
Die verbleibende Flächen-Sanierung des Projekte im Cooper-Becken, die Beseitigung von Stromleitungen und die Übertragung des Betriebsvermögens an Dritte können voraussichtlich noch in diesem Kalenderjahr abgeschlossen werden.
Nach den Herausforderungen des australischen Geothermie-Sektors der
letzten Jahre ist im März 2017 zu erfahren, daß
die Branche nun beschlossen hat, eine neue nationale Geothermie-Vereinigung
zu bilden, die Australian Geothermal Association (AGA).
Die AGA wird die Arbeit der Australian Geothermal Energy Group (AGEG)
und der Australian Geothermal Energy Association (AGEA) fortsetzen,
die nun beide aufgelöst werden.
Im November 2010 gründen Bolivien und Chile eine
Arbeitsgruppe, um die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit bei der geothermischen
Entwicklung der beiden Nachbarländer zu erkunden und gemeinsam Geothermiefelder
zu erschließen. Zu diesem Zeitpunkt werden etwa 70 % der Elektrizität
in Bolivien aus thermoelektrischen Kraftwerken und die restlichen 30
% aus der Wasserkraft gewonnen – zusammen rund 1.350 MW.
Das Land hat bereits erste Schritte bei geothermischen Energieprojekten gemacht, wie in Robore (Santa Cruz), Laguna Colorada (Potosí) und Sajama (Oruro), ohne daß es bislang zu einer Umsetzung gekommen ist. In den Jahren 2008 und 2010 wurden allerdings verschiedene Machbarkeitsstudien erstellt.
Der Präsident von Bolivien, Evo Morales, weist auf
dem VI. Internationalen Forum für Gas und Energie September 2013 in
der Stadt Santa Cruz auf die Bedeutung von eigenen Geothermie-Spezialisten
hin. Er ist der Ansicht, daß Entwicklung dieser Technologie durch den
Mangel an Fachkräften verzögert wird: „Wir als Regierung und als
Staat wollen eine Gruppe von Wissenschaftlern und Experten für geothermische
Energie haben, die uns sagen, wie viel uns das kosten wird. (…) Internationale
Fachleute berechnen zu viel und teilen ihre wissenschaftlichen Kenntnisse
nicht.“
Ebenfalls im September 2013 bereitet die staatliche bolivianische Energiegesellschaft Empressa Nacional de electricidad (ENDE) auf Grundlage eines einen Bohrtestberichts eine internationale Ausschreibung für die Modellierung des Geothermie-Reservoirs in Laguna Colorada im Departament Potosí vor.
Auf dem Feld Sol de Mañanasoll einer ersten Stufe eine 50 MW Anlage entstehen, der in einer zweiten Phase weitere 50 MW hinzugefügt werden sollen. Der Betriebsstart des ersten geothermischen Kraftwerks des Landes ist für 2018 vorgesehen (später: 2019).
Die anfängliche Projektarbeit war von der Japan International Cooperation Agency (JICA) durch die Spende von Ausrüstungen und Maschinen unterstützt worden. Nun beantragt die ENDE bei der Entwicklungsbank von Japan einen Kreditvertrag in Höhe von 323 Mio. $ zur Umsetzung des Projekts.
Die Laguna Colorada ist ein flacher (durchschnittlich 0,5 m und am tiefsten Punkt 1,5 m tief), 60 km2 großer See im Reserva Nacional de Fauna Andina Eduardo Abaroa (Nationalpark Tierwelt der Anden ,Eduardo Avaroa’), im südlichen Teil des Altiplanos auf einer Höhe von 4.278 m über dem Meer. Der See hat seinen Namen aufgrund seiner auffälligen roten Färbung, die von der vorherrschenden Algenart und vom hohen Mineralstoffgehalt seines Wassers hervorgerufen wird.
Tatsächlich wird im Mai 2014 gemeldet, daß die bolivianische
Regierung mit der JICA eine Vereinbarung unterzeichnet hat, um die
Geothermieanlage in Laguna Colorada zu bauen. Im Rahmen dessen wird
die JICA ca. 24,4 Mio. $ (später: 30 Mio. $) für den Bau der Anlage
aufbringen. Im Juni wird zudem ein Darlehen der JICA in Höhe von 30
Mio. $ genehmigt, um den Bau der ersten Phase der Stufe 1 zu finanzieren.
Mit den geothermischen Bohrungen soll bereits im nächsten Jahr begonnen
werden.
Im August 2014 erwähnt Präsident Morales bei einem
Besuch in Sajama in Oruro, daß die vulkanische Natur
der Region ein großes Potential zur Entwicklung einer geothermischen
Anlage besteht. Und in einer Sonderveranstaltung anläßlich des Jubiläums
der Kaiserstadt Potosí kündigt er im November an,
daß das Departement in den kommenden Jahren zur ,Hauptstadt der Geothermie’
werden wird. Der Präsident unterstützt den Ausbau der Geothermie in
Bolivien, da das Land bis 2020 Strom von bis zu 1.000
MW in die Nachbarländer exportieren will.
Daß nun auch Costa
Rica Bolivien dabei helfen wird, Optionen für die Entwicklung der
geothermischen Energie am Laguna Colorada-See zu untersuchen, wird
im Februar 2015 bekannt, und schon im Folgemonat unterzeichnen
die ENDE und das costa-ricanische Elektrizitätsinstitut (ICE) eine
Absichtserklärung, um das Potential der dort geplanten 50
MW Geothermieanlage zu bewerten, deren Kosten nun mit 222 Mio.
$ (andere Quellen: 260 Mio. $) angegeben werden.
Diese Annäherung zwischen den Ländern ist das Ergebnis eines Treffens der beiden Präsidenten Morales und Solis während des Dritten Gipfels der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (CELAC) im Januar in San José. Das ICE wird Bolivien nun technische Hilfe, Unterstützung bei der Bildung von Humanressourcen und Hilfestellung bei der Identifizierung des geothermischen Potentials zu.
Im Juli 2015 berichten lokale Quellen, daß Bolivien
bis 2020 rund 600 Mio. $ für die Entwicklung von elf
erneuerbaren Energieprojekten bereitgestellt, die darauf abzielen, 420
MW Ökostrom in das nationale Stromnetz zu bringen. Der Plan
umfaßt Solar-, Wasser- und Windkraftprojekte sowie eine neue geothermische
Anlage in Potosí namens Apacheta I.
Einen Monat später werden demgegenüber 4.200 MW genannt,
von denen 2.500 MW für den Export bereitgestellt werden
sollen.
Im November 2015 bietet auch Nicaragua seine
Hilfe und Erfahrung für Boliviens Geothermie-Entwicklungspläne an,
insbesondere für das Geothermieprojekt Laguna Colorada. Nicaragua nutzt
die Geothermie seit mehr als 32 Jahren mit derzeit 170 MW installierter
Kapazität.
Im April 2016 stellt die Zentralbank von Bolivien
im Rahmen eines größeren Finanzierungspakets auch Mittel für ein 5
MW Geothermie-Pilotprojekt in Laguna Colorada bereit
– das nun zum ersten mal in der Presse erwähnt wird. Zur Entwicklung
des Projekts wird im Oktober ein Kooperationsabkommen mit El
Salvador unterzeichnet. Meldungen vom Dezember zufolge sollen
die Explorationsarbeiten bereits Anfang 2017 beginnen.
Später ist zu erfahren, daß die Pilotanlage die zur weiteren Erschließung und für weitere Bohrungen benötigte elektrische Energie liefern soll. Damit will man das Projekt schrittweise bis zu seiner geplanten Gesamtleistung von 100 MW weiterentwickeln.
Bolivien gründet im Januar 2017 ein neues Energieministerium,
das dem Elektrizitätssektor mehr Gewicht verleihen und die Entwicklung
erneuerbarer Energie, einschließlich der Geothermie,vorantreiben soll.
Das Energieportfolio des Landes war bisher Teil eines gemeinsamen Ministeriums
für Kohlenwasserstoffe und Energie.
Der Darlehensvertrag zwischen der Regierung und der japanischen JICA
in Höhe von über 552 Mio. $ für den Bau der zweiten Stufe des großen
Geothermiekraftwerks Laguna Colorada wird im März 2017 unterzeichnet.
Er hat eine Laufzeit von 40 Jahren. Die Ausschreibung für die Anlage
soll noch in diesem Jahr veröffentlicht werden. Die Inbetriebnahme
der ersten Stufe ist für 2020 geplant, die des Gesamtprojekts
für Ende 2023.
Nun werden auch nähere Details zur allgemeinen Situation der Geothermie in Bolivien bekannt. Demzufolge zeigt sich das Potential insbesondere an 70 verschiedenen Standorten entlang der westlichen Berge des Landes. Die vielversprechendsten Orte sind Laguna Colorada, Empexa und Sajama.
Das geothermische Potential für Laguna Colarada wird auf 280 – 370 MW geschätzt, bei Empexa liegt es bei 10 – 15 MW, während Sajama noch nicht geschätzt wurde. Die aktuellen Schätzungen für das gesamte Land belaufen sich auf 510 – 1.260 MW. Einige Quellen gehen sogar von bis zu 2.500 MW aus. Das geothermische Reservoir hat eine Temperatur von bis zu 250°C.
Bulgarien weist ein erhebliches Potential an geothermischer Energie
auf, von etwa 30 % für Raumheizung, Kühlung und Heizung von Gewächshäusern,
Trinkwassererzeugung und Bäder genutzt werden, was rund 107,2
MWth entspricht. Es gibt ca. 1.000 Thermalquellen und warmwasserführende
Schichten.
Während die in den südlichen Regionen Bulgariens gelegenen Quellen oft eher oberflächennahe heiße Quellen sind, machen in den nördlichen Regionen die Quellen Bohrungen bis zu 5.000 m Tiefe nötig. Daide Mehrheit der Tiefenbohrungen in der Vergangenheit von der Regierung finanziert wurde, waren die Primär- und Entwicklungskosten vermutliche niedriger als bei einer Entwicklung der Projekte durch private Gesellschaften.
Elektrizität wird aus der Geothermie bislang noch keine gewonnen.
Im März 2013 wird über eine Vereinbarung mit der japanischen Firma Aquafarm für ein Geothermie-Projekt bei Sapareva Banya berichtet, das bis zum nächsten Jahr abgeschlossen sein soll.
Im Januar 2017 veröffentlicht die IRENA einen Bericht über das Potential der kostengünstigen erneuerbaren Energieerzeugung in Südosteuropa. Hierin wird Bulgarien als eines der Länder mit einigen relevanten geothermischen Entwicklungspotential im Umfang von rund 200 MW betrachtet.
Heiße Tiefenwässer gibt es vor allem in drei Regionen Deutschlands:
im Rheingraben, im Norddeutschen Becken und
im süddeutschen Molassebecken. Folgende Gebiete
haben sich als besonders aussichtsreich herausgestellt: Eifel, Westerwald,
Vogelsberg, Rhön, Hegau und das Uracher Vulkangebiet. Der Süddeutsche
Sporttaucher und Höhlenforscher Jochen
Hasenmeyer schätzt, daß das gesamte Voralpengebiet über
eine Fläche von 25.000 - 30.000 km2 mit Warm- und
Heißwasser-Höhlennetzen
durchzogen ist, was er als das „größte direkt nutzbare
Thermalwasservorkommen der Erde“ bezeichnet.
Im Raum München werden in 2.000 – 3.000 m Tiefe Wassertemperaturen bis zu 85°C gemessen, denn die südbayerischen Malm-Schichten, die oberste Jura-Formation, weisen eine ergiebige Wasserführung auf. Im Alpengebiet erwartet man in 7.000 m Tiefe eine Temperatur von etwa 300°C, und in den Erdölfeldern bei Landau wird ein innerirdischer Wärmestrom gemessen, der auf Temperaturen von ca. 150°C bei einer Tiefe von 2.000 m schließen läßt, was doppelt so viel ist wie durchschnittlich in anderen Regionen.
Die Universität Bochum bereitet daher einen Versuch in der Eifel vor, bei dem eine 4.000 m tief liegende Magma-Kammer unter dem Laach-See angebohrt werden soll. Es werden Temperaturen bis 1.000°C erwartet. Das Niedersächsische Landesamt für Bodenforschung wendet dagegen moderne geophysische und geochemische Methoden an, um auch ohne Tiefbohrungen wirtschaftlich nutzbare Wärme zu finden. Um den für dieses Vorhaben wichtigen ‚Curie-Punkt’ im Tiefengestein errechnen zu können (dieser liegt im Normalfall bei etwa 560°C), reicht bei den modernen Methoden schon eine Bohrung von nur 30 - 50 m Tiefe aus.
Die erste Pilotanlage für das sogenannte hot-dry-Rock-Verfahren (HDR)
entsteht ab 1977 in Bad Urach, südlich
von Stuttgart, auf der Schwäbischen
Alp. Das nationale Projekt läuft bis 1996. Bei diesem
Verfahren dient das trockene, heiße Tiefengestein als ‚Tiefsieder’.
Kaltes Wasser wird hinunter- und erhitztes Wasser wieder hinaufgepumpt.
Ziel ist die Beheizung von 1.500 Wohneinheiten.
Die Arbeitsgruppe Geothermik, die das 13 Mio. DM Projekt durchführt, wird zu 75 % vom BMFT gefördert, den Rest teilen sich die Stadt Bad Urach und die EG. Ausgewählt wird der Ort deshalb, weil an dieser lokalen Anomalie die Wärme pro 100 m Tiefe um 5°C steigt, statt nur um 3°C, wie es sonst der Durchschnitt iat. Ein zweites nationales Projekt läuft zwischen 1977 und 1986 im ostbayerischen Falkenberg, wo in 250 m Tiefe ein HDR-Zirkulationssystem entsteht.
Wie schwer Kostenabschätzungen in der Geologie tatsächlich
sind, zeigt sich einige Jahre später in wiederum Bad
Urach, als dort nach einem in etwa 4.600 m Tiefe vermuteten
natürlichen Kluftsystem gebohrt wird. Die Bohrung gerät im
Mai 2004 bei 2.800 Meter ins Stocken, weil die 6,5
Mio. € des zu 97 % vom Bundesumweltministerium finanzierten Projektes
wegen vorzeitiger geologischer Probleme aufgebraucht sind. Nun wird
der Bohrturm abgebaut – bis die fehlenden knapp 4 Mio. € zusammenkommen.
Ein gutes Drittel davon will wiederum der Bund beisteuern. Auch
der Energieversorger EnBW – vertraglich nur für
den oberirdischen Teil verantwortlich – ist weiterhin
an dem Projekt interessiert.
Die Problematik des HDRVerfahrens besteht darin, daß es erst dann wirtschaftlich wird, wenn ein Hohlraum mit ausreichend großer Fläche gefunden wird, in welchen das zu erhitzende Wasser hineingepumpt werden kann. Die Schwierigkeit der exakten Platzierung der beiden benötigten Zu- und Abpumpbohrungen läßt sich mit einer gemeinsamen Doppellochbohrung umgehen. Die Bedingung hierfür ist das Vorhandensein einer Tiefenstruktur aus wasserdurchlässigem kristallinen Gestein (Granit und Gneis), unter dem sich das Magma befindet.
In Bad Urach zeigt sich jedoch, daß die dort erwarteten 110 – 130°C in 2.300 – 2.500 m Tiefe bei weitem überschritten werden:
Bohrtiefe |
Temperatur |
1.700 m |
75°C |
1.810 m |
96°C |
2.682 m |
250°C (*) |
3.334 m |
140°C |
(*) Die hohe Temperatur in dieser Tiefe soll sich laut Prof. Hans-Ulrich
Schmincke durch einen Wärmetransport mittels Konvektion
und Wasserströmungen erklären lassen. Die Versuche in Bad
Urach ergeben allerdings, daß derartige Projekte zu kostenaufwendig
sind, denn der wirkliche Wärmegewinn stellt sich als nur sehr
gering heraus.
In den Jahren 1976 und 1988 werden
bei Altdorf in Bayern zwei Erkundungsbohrungen (174
und 185 m) niedergebracht, bei denen ein geothermischer Gradient von
12,5°C pro 100 m festgestellt, während der Normalwert bei 3°C pro 100
Meter liegt. Dies macht die Region optimal für eine Geothermie-Anlage.
Bei einer Erkundungsbohrung im Jahr 2000 wird in der Endteufe von 796 m eine Temperatur von 71°C gemessen, und 2002 kann das Thermalwasser als balneologisch nutzbar eingestuft werden. Im gleichen Jahr wird auch der Bescheid für die ,Aufsuchungserlaubnis Römerfeld’ erteilt, da nun geplant ist, für den Markt Altdorf ein Fernwärmenetz zu errichten.
In der zweiten Hälfte des Jahres 2008 wird die erste Produktionsbohrung 611 m abgeteuft, wobei die 65°C und eine Förderrate von 88 – 100 l/s sogar noch über den Erwartungen liegen. Die Endteufe der zweiten Reinjektionsbohrung mit 780 m wird im Juli 2012 erreicht. Ein Pumpversuch im Oktober ergibt eine Temperatur von 64°C bei einer Förderrate von 115 l/s. Der Bau der Wärmeversorgung durch das Altdorfer Kommunalunternehmen ALKOM AdöR verzögert sich jedoch, da die Wirtschaftlichkeit der Anlage nochmals eingehend geprüft wird.
Die erste kommerzielle Erdwärme-Bohrung der
Bundesrepublik wird dann Ende 1979 im Oberrheintal niedergebracht.
Die Deutsche
Schachtbau- und Tiefbohrgesellschaft aus Lingen beginnt dort
eine 3.325 m tiefe Bohrung in der Kreisstadt Bühl bei
Baden-Baden. Die vom BMFT mit 7 Mio. DM geförderte
Bohrung wird fündig
und erbringt eine Wassertemperatur von 110°C. Für die
notwendigen Installationen wie Heizverteiler und Wärmeaustauscher
sind 80 Mio. DM veranschlagt, die zu 80 % vom Bund getragen werden
sollen. Mit den gewonnenen 11,5 kW werden
später
mehrere tausend Wohneinheiten beheizt.
Presseberichten vom Juli 1998 zufolge soll hier möglicherweise auch das erste kommerzielle Hot-Dry-Rock-Kraftwerk (HDR) der Welt entstehen. Die örtlichen Stadtwerke wollen zusammen mit drei Partnern die schon bestehende Bohrung erweitern und ein Kraftwerk bauen, das 10 MW an elektrischer Leistung liefert. Kosten soll es zwischen 70 und 100 Mio. DM.
Als mit der Marktliberalisierung die Strompreise einbrechen, ist das Bühler Erdwärmeprojekt gestorben. Erst das Erneuerbare-Energien-Gesetz erweckt es 2001 wieder zum Leben, und die Stadtwerke rechnen innerhalb eines Jahres mit der Genehmigung. Wozu es dann anscheinend aber doch nicht kommt, denn über das Projekt ist später nichts mehr zu finden.
Als bei einer Erkundungsbohrung von Coca-Cola im Jahr 1979 in
der Nähe von Bruchsal überraschend Thermalwasser gefunden
wird, nimmt man diesen Fund 1983 zum Anlaß, ein Projekt
zur Erschließung geothermischer Energie ins Leben zu rufen. Projektträger
sind die EU, der Bund, das Land Baden-Württemberg sowie die Energie-
und Wasserversorgung Bruchsal (ewb). Die Heißwasser soll nach dem Kaskadenmodell
zuerst Strom produzieren (etwa 3,36
MW), dann (bei etwa 74°C) das Hallenbad und ein benachbartes
Sportzentrum beheizen und anschließend noch Gewächshäuser und Fischfarmen
erwärmen.
Noch im selben Jahr erfolgt für 4,5 Mio. DM die erste Injektionsbohrung bis in 1.877 m Tiefe. Die zweite Bohrung zur Reinjektion (Dublette) bis 2.500 m Tiefe wird im Zeitraum 1984/1985 komplettiert. Beide Bohrungen liegen etwa 1,4 km Luftlinie von einander entfernt. Zirkulationstests im Jahr 1987 fördern 15 l/s bei einem Temperaturniveau von 115°C zu Tage. Allerdings verursacht die hohe und kritische Mineralisation von 150 g/l des Wassers (u.a. Eisen, Mangan, Sulfat, Kohlensäure und Silikate) massive Ausfällungen. Versuche, die Ausfällungen mit Einsatz von Inhibitoren zu vermeiden bzw. zu verringern schlagen damals fehl.
Veränderte Rahmenbedingungen, wie die gesunkenen Energiepreise und das Ausbleiben weiterer finanzieller Zuschüsse, verschlechtern die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten des Projekts und führen dazu, daß sich der Gemeinderat 1990 dazu entschließt, das Projekt vorübergehend einzustellen, obwohl bereits ca. 8,1 Mio. € in das Projekt investiert worden waren. Mehrere Anläufe, weitere Fördermittel zu akquirieren, sind nicht erfolgreich. Die Arbeiten ruhen darauf hin zwölf Jahre und werden erst 2001 wieder aufgenommen.
Nach Wiederinbetriebnahme der Bohrungen mit dem Einbau einer leistungsstärkeren Pumpe können im Rahmen von Zirkulationstests 24 k/s bei einem Temperaturniveau von 120°C gefördert werden, allerdings sind die Beschaffungskosten des kompletten Kraftwerks für die ewb und die Stadt Bruchsal trotz der Zuschüsse zu hoch.
Weiter geht es erst, als die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) im Jahr 2005 mit Investitionen in Höhe von 6,5 Mio. € in das Geothermieprojekt einsteigt. 2007 erhält Siemens den Zuschlag für den Bau eines Kalina-Kraftwerks mit einem Ammoniak-Wasser-Gemisch als Wärmeträgermedium. Die erste geothermisch erzeugte Kilowattstunde wird im Oktober 2009 ins Netz eingespeist – und im Dezember nimmt das Geothermiekraftwerk Bruchsal mit einer Anlagenleistung von 550 kW offiziell den Betrieb auf. Damit werden rund 1.200 Haushalte mit Strom versorgt. Die Gesamtinvestitionen für das Pilotprojekt belaufen sich auf rund 17 Mio. €. Im Rahmen des weiteren Ausbaus der Geothermieanlage ist auch eine Nahwärmeversorgung geplant.
Der Freiburger Geologie-Professor Kurt Sauer schätzt
im Jahr 1980, daß sich aus geothermischen Bohrungen
höchstens 3 % des gesamten bundesdeutschen Energieverbrauchs decken
ließe.
Die ehemaligen Geothermieprojekte der DDR (s.d.)
werden nach 1991 weitgehend ‚abgewickelt’,
obwohl sogar der japanische Handelskonzern Marubeni Interesse
an einem Ausbau der Thermal- und Heilbäder an der Ostseeküste
zeigt.
Die Geothermie-Anlage in Prenzlau in Nordostdeutschland beispielsweise, die erhebliche Schwächen aufweist, wird bereits 1989 stillgelegt. Hier wird erst 1994 wieder gearbeitet, wo ab November des Jahres aus 2.786 m Tiefe 108°C heißes Wasser gefördert wird, das mit Hilfe der Tiefensonde und einer Wärmepumpe zur Beheizung von 550 Haushalten dient (andere Quellen: 1.260 Haushalte). Die tiefe Erdwärmesonde erzeugt eine maximale Leistung von 500 kW, wobei sie 60°C warmes Wasser bei einem Fördervolumen von 3,3 l/s liefert. Das Geothermie-Projekt der Prenzlauer Stadtwerke bekommt 1995 den Innovationspreis der EU.
Ab 2011 wollen die Stadtwerke zudem Wärmespeicher in der Erdkruste etablieren, um Wärme aus Biogasanlagen für die Wintermonate zu speichern. Hierzu wird auf einen Aquifer-Wärmespeicher zurückgegriffen, indem die Wärme in die wasserführende Gesteinsformation verbracht wird. Kaltes Grundwasser wird entnommen, durch das Blockheizkraftwerk erwärmt und über eine weitere Bohrung zugeführt, wobei der Wirkungsgrad des Wärmespeichers bei 70 % liegt.
Ebenfalls ab 1994 beginnt man im Erdinger
Moos bei München eine 65°C warme Thermalquelle
anzuzapfen, die 1983 bei Ölbohrungen der Firma
Texano in 2.350 m Tiefe entdeckt wurde. Beim Dauerpumpen stellt sich
die Bohrung mit 55 l/s als sehr ergiebig heraus, außerdem ist
das Wasser von hoher Qualität. Das Konzept des Markt Schwabener
Ingenieurbüros terrawat beinhaltet eine Mehrfachnutzung und
wird für eine installierte Leistung von 18
MW für die
beiden Bereiche Fernwärme und Thermalwasseraufbereitung ausgelegt.
Das ausgekühlte Wasser wird nach Entgasung, Filterung und Anreicherung
mit Sauerstoff in das städtische Trinkwassernetz eingespeist,
und ein Teil des Thermalwassers wird einem Freizeitbad- und Hotelkomplex
zur Verfügung gestellt.
Im Rahmen der Investitionssumme von 30 Mio. DM werden durch einen Wärmetauscher (1,7 MW) und durch eine eigens für das Projekt entwickelte Absorptionswärmepumpe (6,8 MW) über ein 10 km langes Leitungssystem das Kreiskrankenhaus, sechs Schulen und Kindergärten sowie drei Neubaugebiete mit ca. 2.000 Wohnungen beheizt. Für besonders kalte Tage gibt es zur Sicherheit zwei erdgasbefeuerte Heißwasserkessel, die außerdem die Wärmepumpe antreiben. Die von der EU und Bayern geförderte Erdinger Anlage geht offiziell im März 1998 in Betrieb und gilt zu diesem Zeitpunkt als Deutschland größte Geothermieanlage, die auch europaweit einmalig ist. Als Folgeprojekt ist ein Thermalbad geplant.
Im Jahr 1994 gibt es deutschlandweit 20 Anlagen mit
einer Gesamtleistung von 33 MW,
und 1998 sind
es bereits 22 Anlagen mit insgesamt 39
MW. Hinzu kommen noch
rund 20.000 kleinere, dezentrale Anlagen mit weiteren 285
MW Gesamtleistung.
13 weitere größere Anlagen mit einer Gesamtleistung von über 90
MW sind geplant. Christoph Clauser, der Leiter
des Referats Geothermik im Niedersächsischen
Landesamt für Bodenforschung schätzt 1997,
daß die Geothermalenergie etwa 49 % des Wärmebedarfs der
Bundesrepublik decken könnte. Das Bundeswirtschaftsministerium
wiedeum kommt in einer Studie zu dem Schluß, daß bundesweit über
50 GW Wärmeenergie
durch zentrale Erdwärmekraftwerke gewonnen werden könnten,
sowie weitere 30 GW durch dezentrale Anlagen.
Bei der umfassenden Renovierung und dem technischen Ausbau des Berliner
Reichstags Mitte der 1990er werden
auch neue Energiekonzepte miteinbezogen – neben der Solarenergie
(eine PV-Anlage von 3.600 qm, die allerdings nur 1 - 2 % des Gebäudestromverbrauchs
deckt) kommt so auch die Erdwärme zum Zuge. Es wird nämlich
festgestellt, daß sich in rund 300 m Tiefe ein ‚Aquifer’,
eine 29 m mächtige Sandsteinschicht mit 19°C warmem Wasser
befindet.
Geplant und umgesetzt wird daraufhin neben einem Pflanzenöl-betriebenen Blockheizkraftwerk ein unterirdischer Wärme- und Kältespeicher: Im Abstand von 300 m werden zwei Löcher in den salzwassergefüllten Wärmespeicher eingebracht, eine ‚warme’ und eine ‚kalte’ Seite. Beide werden durch ein lecküberwachtes Leitungssystem aus glasfaserverstärkten Kunststoffrohren miteinander verbunden.
Das Wasser wird im Wechsel der Jahreszeiten zwischen den Temperaturpolen hin- und hergepumpt, und die Überschusswärme des Sommers wird mit einer Wassertemperatur von 60°C in die Wärmeblase geleitet, die sich dabei auf einige hundert Meter ausdehnt. In den kalten Monaten wird die Pumprichtung umgedreht, und mit einem Rückholwirkungsgrad von etwa 65 % versorgt die eingespeicherte Wärme dann den Niedrigtemperaturbereich der Heizsysteme des Reichstags, der Dorotheenblöcke, des Luisen- und des Alsenblocks.
Die hierfür eingesetzte Tauchpumpe stammt übrigens aus der Erdölwirtschaft und hat eine Länge von 10 m bei einem Duchmesser von 15 cm. Sie wiegt 800 kg. In Betrieb geht das ganze System 1999.
Die Kommunen Simbach (Niederbayern) und Braunau (Oberösterreich)
gründen 1997 gemeinsamen die Partner-Gesellschaften Geothermie
Fördergesellschaft Simbach Braunau mbH (GSB) mit Sitz in Simbach
und die Betreibergesellschaft Geothermie Wärmegesellschaft Braunau-Simbach
mbH (GBS) mit Sitz in Braunau.
Bohrtechnisch und staatsrechtlich wird bei diesem Projekt Neuland betreten: Die Förderbohrung auf dem Gebiet der Bundesrepublik ist in rund 450 m Tiefe um 70 Grad abgelenkt, so daß der Endpunkt der Bohrung unter österreichischem Staatsgebiet liegt. Aus diesem Grund werde ich dieses Projekt in der Länderübersicht Österreich präsentieren (s.d.).
Schon 1998 wird bekannt, daß auch bei den Plänen für
den Großflughafen Berlin-Schönefeld die Geothermie eine Rolle spielen
soll. Beim späteren Bau des ,alternativen’ Großflughafen Berlin-Brandenburg (BER),
der letztlich wohl nie in Betrieb gehen wird, werden 318 der rund 800
Gründungspfähle im neu errichteten Terminal zu Energiepfählen aufgerüstet.
Damit wird im Winter die Wärme aus dem Erdreich für die Beheizung des Terminals genutzt, während im Sommer die Kühlungsabwärme gespeichert wird, um im Winter wieder als Wärmequelle für die Wärmepumpen herangezogen zu werden. Mit dieser Maßnahme, an deren Umsetzung auch die Firma Geothermie Neubrandenburg GmbH (GTN) beteiligt ist, sollen pro Jahr jeweils 800 MWh Wärme bzw. Kühlung bereitgestellt werden, bei einer maximalen Leistung von 310 kW (Wärme) bzw. 180 kW (Kühlung).
Der BER ist nicht der einzige Flughafen, der die Geothermie für seine Energieversorgung nutzen will. Auch die Betreibergesellschaft des Flughafens Frankfurt/Main, die Fraport AG, will in das Geothermie-Geschäft einsteigen und plant im Dezember 2008, ein Kraftwerk zu bauen, dessen gewonnene Energie der Wärme- und Stromversorgung des Flughafen dienen soll. Eine Projektgesellschaft aus Fraport, Mainova AG und RWE Innogy stellt hierfür beim Regierungspräsidium in Darmstadt einen ‚Antrag zum Aufsuchen von Erdwärme’, um auf einer Fläche, die das Flughafenareal und einen Umkreis von 20 km umfaßt, geologische Erkundungsmaßnahmen durchzuführen.
Die Skepsis gegenüber den den Fraport-Plänen ist jedoch groß, da befürchtet wird, es könne sich nur um eine ‚greenwashing’-Kampagne handeln. Immerhin sollen für den Ausbau des Frankfurter Flughafens weitere 282 ha Wald gerodet werden.
Für die Erkundung und Entwicklung des Tiefengeothermie-Feldes Walldorf unterzeichnet die Fraport im Oktober 2009 ein Memorandum of Understanding für ein Joint Venture mit der D&S Geo Innogy GmbH, einem Gemeinschaftsunternehmen der RWE Innogy GmbH und der Daldrup & Söhne AG. Bei erfolgreicher Erkundung wollen die Partner ein Hybrid-Kraftwerk mit 2.400 m tiefen Bohrungen bauen, welches erstmals kombiniert Erdwärme und Biogas zur Erzeugung von Strom und Wärme einsetzt.
Im April 2011 wird von der Vertrag zur Gründung einer Projektgesellschaft für die Entwicklung, Planung, Errichtung und den Betrieb eines Geothermie-Kraftwerkes unterzeichnet, die sich zu 51 % aus der D&S Geo Innogy sowie zu 31 % aus der Mainova AG und zu 18 % aus der Fraport AG zusammensetzt. Weitere geophysikalische Untersuchungen sollen noch in diesem Jahr folgen. Später ist allerdings nichts mehr über das Projekt zu hören.
Ende 1998 stimmt der EU-Forschungsministerrat geschlossen
dagegen, auch die Geothermie in das 5. Forschungsrahmenprogramm der
EU aufzunehmen. Bis 2004 bestehen dadurch nur noch
eingeschränkte Fördermöglichkeiten. So wird beispielsweise
das Projekt
in Bühl, Frankreich,
auf Eis gelegt (s.d.). Im November 1999 beschließt
der Bundestag allerdings, die Geothermie-Forschung bundesweit mit
20 Mio. DM zu fördern. Das GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam
erhält seitdem rund 3 Mio. DM pro Jahr.
Im Frühjahr 2000 tritt das Gesetz zum Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) in Kraft, dadurch wird auch die Arbeit des Forschungszentrum in Potsdam weiter unterstützt. Von diesem sind freundlicherweise die meisten Fotos auf dieser Seite zur Verfügung gestellt worden.
Im Rahmen des Forschungsprojektes ‚In-situ Geothermielabor - GFZ-Forschungsbohrung im Verflechtungsgürtel Brandenburg-Berlin’ prüfen die Wissenschaftler des Zentrums ab dem offiziellen Projektstart Anfang Dezember 2000 die Eignung einer ehemaligen, 4.200 m tiefen Erdgaserkundungsbohrung aus DDR-Zeiten in Groß-Schönebeck, etwa 50 km nördöstlich von Berlin, auf ihre geothermische Nutzungsmöglichkeit.
In der Tiefe herrschen hier Temperaturen von mehr als 140°C. Sollten auch die entsprechend hohen Heißwasserfließraten erreicht werden (man hofft auf 100 m3 pro Stunde), dann plant das Zentrum dort gemeinsam mit einem Industriepartner eine Pilotanlage zur Erzeugung von elektrischer Energie zu errichten. Die aktuellen Projektpartner sind die Geothermie Neubrandenburg GmbH sowie die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover. Später steigt auch die REpower Systems AG mit ein.
In einem Großexperiment injiziert eine Arbeitsgruppe im Februar 2003 die Menge von 17.000 m3 Wasser in das Bohrloch bei Groß Schönebeck. Damit soll der Nachweis erbracht werden, daß unter den hier vorherrschenden geologischen Bedingungen eine geothermische Stromerzeugung möglich ist. Durch den hydraulischen Druck des verpreßten Wassers wird das Gestein in der Tiefe zerbrochen. Damit wird untertage die Wegsamkeit verbessert, so daß mehr Wasser in den Klüften zirkulieren kann.
Auf einem FMI-Bild (Fullbore Formation MicroImager), das aus Messungen des elektrischen Widerstandes an den Wänden des Bohrlochs gewonnen wird, ist zu sehen, daß etwa 5 mm breite und 150 m lange Risse erzeugt worden sind.
Im Oktober 2003 im Abstand von 22 m eine zweite Bohrung auf 4.309 m niedergebracht, die allerdings in der Tiefe um 450 m nach Westen abgelenkt wird, um einen Abstand zur Injektionsbohrung zu schaffen, damit sich das Wasser dazwischen wieder auf 150°C erwärmen kann. Einen Teil der Mittel in Höhe von 10,1 Mio. € stellt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) bereit.
Um die hydraulischen Eigenschaften des stimulierten Reservoirs zu testen und verläßliche Aussagen zu erhalten, wird von Dezember 2004 bis Frühjahrsbeginn 2005 ein weiteres Langzeit-Injektionsexperiment durchgeführt. Es gibt Quellen, denen zufolge die Endteufe der zweiten Bohrung im Januar 2007 bei 4.400,44 m erreicht wird.
2008 geht dann eine HDR-Anlage in Betrieb, in der große Mengen Oberflächenwasser aus Seen oder Flüssen auf das heiße, undurchlässige Gestein in der Tiefe gepreßt, dort erhitzt und mit 150 – 200°C wieder zur Erdoberfläche zurückgepumpt werden.
2011 wird am Standort eine Korrosions-Teststrecke für Materialuntersuchungen aufgebaut, an der die Wechselwirkungen der hochsalinaren Tiefenwässer mit technischen Systemkomponenten im Kontext mit Korrosion und Scaling untersucht wurden. Das ganze Projekt bildet inzwischen eine Geothermie-Forschungsplattform mit weltweitem Alleinstellungsmerkmal hinsichtlich des genutzten Lagerstättentyps und dient als Referenz zur Entwicklung geothermischer Technologien für hydrothermale Speichergesteine mit geringer Durchlässigkeit.
Im August 2014 wird bekannt, daß zur Erforschung neuer Bohrtechniken eine dritte Bohrung im Kostenvolumen von ca. 10 Mio. € beantragt werden soll.
Bereits 1995 wird in Neustadt-Glewe, nahe
Schwerin, ein überarbeitetes Anlagenkonzept verwirklicht. Das
Kraftwerk liefert seitdem mit dem 89 - 95°C heißen
Wasser aus 2.250 m Tiefe ca. 11 MW thermische Energie.
Im November 2003 geht hier nach einer knapp fünfmonatigen Umbauzeit das erste Erdwärme-Stromkraftwerk Deutschlands in Betrieb, das mit seinen 210 kW (andere Quellen: 230 MW) künftig 500 Haushalte mit umweltfreundlichem Strom durch Kraft-Wärme-Kopplung versorgt. Das neue Kraftwerk bezieht seine Energie aus 98°C heißem Wasser, welches aus 2.200 m Tiefe heraufgepumpt wird. In einem Wärmetauscher wird die Energie an einen organischen Stoff (z.B. n-Pentan, Isobutan) abgegeben, der schon bei rund 30°C siedet.
Der entstehende ‚Dampf’ erzeugt dann mittels einer 300 PS starken ORC-Turbine (Organic Rankine Cycle) jährlich etwa 1.400 MWh Strom. Bauherr und Betreiber ist die Vattenfall-Tochter Erdwärme Kraft GbR aus Berlin. An ihr beteiligt sind die zu Vattenfall Europe gehörende BEWAG (Berlin) mit 51 %, sowie die Schweriner WEMAG und die Landauer LanGeo GmbH, eine Tochter der EnergieSüdwest AG (Landau/Pfalz), mit jeweils 24,5 %. Die drei Gesellschafter investieren in das Projekt zusammen über 800.000 €. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit fördert das Bauvorhaben mit fast 50 % der Investitionssumme.
Der erreichbare elektrische Wirkungsgrad einer ORC-Anlage beträgt bei einem Temperaturniveau von 100°C etwa 6,5 % und bei 200°C etwa 13 – 14 %. Auf dem Markt befinden sich bereits ORC-Turbinen im Leistungsbereich von 100 – 250 kW. Für die Anlage in Neustadt-Glewe wird ein elektrischer Bruttowirkungsgrad von 7,7 % errechnet. Unter Berücksichtigung des Eigenbedarfs der Anlage von etwa 155 kW (Förderpumpe mit 140 kW und Wärmepumpe von 15 kW) ergibt sich eine Nettoleistung von 75 kW und ein elektrischer Nettowirkungsgrad von 2,5 %, was die Konsequenz der relativ geringen Wassertemperatur ist.
2010 wird die Stromerzeugungsanlage auf Grund eines technischen Defekts und der damit verbunden Unwirtschaftlichkeit stillgelegt.
Ab 2000 wird am Einsatz von Raumluftkonditionierung mittels
Erdwärmetauschen gearbeitet. Diese Technik ist allerdings nicht
neu, schon ein deutsches Patent aus dem Jahre 1877 beschreibt
ein ‚Verfahren zur Kühlung und Vorerwärmung der Luft
mit Hilfe der Erdwärme’. Zu den bekanntesten neuzeitlichen
Pilotprojekten mit derartigen Technologien gehören beisoielsweise
das Verwaltungsgebäude
Wagner in Cölbe,
das Verwaltungsgebäude DB Netz in Hamm und das DLR-Sonnenofen-Gebäude
in Köln.
Die Gemeinde Unterhaching nahe München startet 2002/2003 das
bundesweit erste hydrothermale geothermische Strom- und Wärmeerzeugungsprojekt
im Süddeutschen Molassebecken. Es ist geplant, zwei
Bohrungen in eine Tiefe von jeweils ca. 3.400 m niederzubringen und bis
zu 150 l/s an Thermalwasser mit einer Temperatur von 100 -
120°C zu gewinnen. Mit dem heißen Tiefenwasser sollen bis
zu 3,1 MW elektrischer und 16
MW thermischer Leistung für die 20.000 Einwohner erzeugt werden.
Das Kraftwerk Unterhaching, das 2007 ans Netz gehen soll, wird dann eines der modernsten Geothermie-Kraftwerke in Europa, und das erste in Deutschland sein, das von Anfang an auch für die Stromerzeugung geplant worden ist (die Anlage in Neustadt-Glewe war zu Beginn ja nur als Wärmekraftwerk konzipiert).
Auftraggeber ist die eigens dafür gegründete und sich in Gemeindebesitz befindliche Geothermie Unterhaching GmbH & Co. KG, den Auftrag zum Bau der Kraftwerksanlagen erhält die Siemens Industrial Solutions and Services (I&S). Für den Bereich unter der Erde – wie Bohrungen und Analysen – ist die Geothermie Neubrandenburg GmbH (GTN) verantwortlich, die seit Anfang der 1980er Jahre Erfahrungen im Bereich der Erwärme gesammelt hat.
Der erzeugte Strom – ausreichend für etwa 2.000 Haushalte – soll entsprechend dem Erneuerbare-Energien-Gesetz in das örtliche Stromnetz eingespeist und mit bis zu 15 Cent pro Kilowattstunde vergütet werden. Mit der zusätzlich gewonnenen Wärme sollen kommunale und private Liegenschaften günstig und umweltfreundlichen versorgt werden.
Die Gesamtkosten des Projektes werden auf rund 36 Mio. € geschätzt. Die Förderung durch Zuschüsse und Sonderdarlehen vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit beläuft sich auf 4,8 Millionen €.
Unter der konzeptionellen Führung der Wirtschaftsprüfungs-, Steuer- und Rechtsberatungskanzlei Rödl & Partner wird Ende November 2003 im Rahmen des Projektes in Unterhaching der Abschluß der europaweit ersten privatwirtschaftlichen ‚Fündigkeitsversicherung’ für eine geothermische Tiefbohrung unterzeichnet. Das sogenannte ‚Fündigkeitsrisiko’ stellt das größte Investitionshindernis bei der geothermischen Energieerzeugung dar. Je nach Bohrtiefe und Dimension kostet eine geothermische Tiefbohrung 3 - 5 Mio. €. Bis die Bohrung niedergebracht und abgeschlossen ist, kann niemand exakt vorhersagen, ob und wie viel Thermalwasser gewonnen werden kann.
Zu diesem Zeitpunkt existieren deutschlandweit bereits 24 größere hydrothermale Heizwerke im Leistungsbereich zwischen 100 kW und 20 MW. Was ausgesprochen wenig ist angesichts der Tatsache, daß sich mit dem geothermischen Strompotential in Deutschland das 600-fache des gegenwärtigen Jahresstromverbrauchs erschließen ließe - selbst mit der heutigen Technik.
Im Februar 2004 fällt in Unterhaching der Startschuß für das Projekt, und im September 2004 stoßen die Bohrer in 3.446 m Tiefe auf 120°C warmes Wasser mit einer Schüttung von 150 l/s, womit sogar die optimistischsten Erwartungen übertroffen werden. Für eine wirtschaftliche Nutzung waren eine Mindesttemperatur von 100°C bei einer Fördermenge von 100 l/s angesetzt.
Statt dem ORC-Verfahren soll in Unterhaching - in Deutschland erstmalig - das so genannte Kalina-Verfahren angewendet werden, bei dem als Arbeitsmittel ein Gemisch aus Ammoniak und Wasser eingesetzt wird, für das sich Siemens die Europa-Lizenz gesichert hat. Die Patente hält die kalifornische Firma Exergy.
Der Kalina-Kreislauf, der in den 1970er Jahren von dem russischen Ingenieur Alexander Kalina entwickelt worden ist, hat gegenüber einem ORC-Kreislauf eine bis zu 40 % höheren Energieausbeute, da das Ammoniak-Gemisch schon bei Temperaturen um 90°C siedet. Bisher arbeiten weltweit aber erst vier Kraftwerke mit einem solchen Kreislauf, der sich auch für andere Niedertemperaturbereiche anwenden ließe, und deshalb bei Siemens auf großes Interesse ist.
Im Oktober 2006 wird das zweite Loch in die Tiefe getrieben. Bei der ersten Bohrung, rund 4 km entfernt, wurde das riesige unterirdische Reservoir angezapft. Nun kann bald der Wasserkreislauf in Gang gesetzt werden: durch das eine Loch heiß nach oben, durch das andere abgekühlt wieder nach unten.
Die Gemeinde selbst kostet der Traum von der energetischen Unabhängigkeit rund 50 Millionen €, was jedoch ein mehrere Kilometer langes Rohrleitungssystem samt dem Kraftwerk mit einschließt. Alleine die Bohrungen kosten schon 35 Mio. €, wobei ein Großteil dieses Geldes aus öffentlichen Fördertöpfen stammt. Aufgrund des Erfolges denkt man in Erding bereits über ein zweites Kraftwerk nach (s.u.). Auch in anderen Regionen mit Thermalwasservorkommen, wie etwa in Bayern oder im Oberrheintal, sollen in den kommenden Jahren neue Fernwärmenetze und Kraftwerke entstehen, welche die Erdwärme für ihre Bürger nutzen.
Ab dem Mai 2007 gelangt Wärme über das neue Fernwärmenetz in die Wohnungen von Unterhaching, und bis Mitte des Jahres verlegt die Gemeinde über 21 km neue Fernwärmeleitungen. Im Oktober beginnt das Geothermiekraftwerk dann offiziell Energie in das Fernwärmenetz zu liefern. Neben dem bis zu 126°C heißen Thermalwasser aus 3.577 m Tiefe stehen dem Heizwerk auch noch zwei große 23,5 MW Kessel zur Verfügung. Das Thermalwasser wird anschließend nicht genutzt, sondern in einem geschlossenen Kreislauf wieder in das Aquifer verpreßt, um den hydraulischen ‚Motor’ im Wasserhorizont aufrecht zu erhalten.
Als nächstes soll die Stromerzeugungsanlage in Betrieb genommen werden. Das Projekt hat bis dato ca. 73 Mio. € gekostet und gilt als eines der wichtigsten Pilotvorhaben in Europa. Gewinne zu machen erwartet man ab 2017, der ,Return of Investment’ soll nach ca. 23 Jahren erreicht sein.
Mitte April 2008 wird für die erste Heizsaison des Heizkraftwerks eine positive Bilanz gezogen, und auch die Nachfrage nach Anschlüssen an das Fernwärmenetz steigt kontinuierlich an. Das komplett neu gebaute Fernwärmenetz hat inzwischen eine Länge von über 25 km.
Die im Winter 2007/2008 ins Fernwärmenetz eingespeiste Geothermie-Fernwärme beträgt rund 25.000 MWh, was rechnerisch rund 2,5 Mio. Liter Heizöl entspricht. Eine thermische Anschlußleistung von ca. 28 MWth ist bereits vertraglich gesichert. Langfristiges Ziel ist die Installation von 70 MWth Anschlußleistung.
Mitte Juni 2008 – ein Jahr später als geplant – startet die Stromproduktion der Geothermieanlage Unterhaching mittels der bereits erwähnten Kalina-Technik. Nach Island handelt es sich dabei um zweite Anlage dieser Art in Europa. Das Kraftwerk soll künftig bis zu 3,4 MW elektrischer Leistung liefern, was ausreicht um rund 10.000 Haushalte mit Strom zu versorgen. Im Juni 2009 wird das Geothermie-Kraftwerk Unterhaching in Anwesenheit von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel offiziell eingeweiht.
Das Fernwärmenetz wird in den Folgejahren weiter ausgebaut, und im erreicht die Anlage einen Fernwärmeanschlußwert von 50 MW thermisch.
Im September feiert die Geothermie Unterhaching GmbH ihr 10-jähriges Jubiläum. Mittlerweile sind gut 40 % der Unterhachinger Haushalte an das kommunale Geothermie-Fernwärmenetz angeschlossen. Das mehrfach ausgezeichnete Geothermie-Projekt genießt mit seiner innovativen Technik zur kombinierten Wärme- und Stromerzeugung internationalen Vorzeigecharakter.
Im Heizwerk der Geothermie Unterhaching wird im Juli 2014 ein Blockheizkraftwerk (BHKW) mit einer elektrischen Leistung von 2 MW zur Versorgung der eigenen Produktionseinheiten mit Strom in Betrieb genommen. Darüber hinaus wird sämtliche verfügbare Abwärme des BHKW ganzjährig in das Fernwärmenetz eingespeist, wodurch das BHKW mit einem Höchsteffizienzgrad von 87 % betrieben werden kann.
Im Oktober 2008 erfolgt auch der Startschuß für ein Geothermieprojekt der Gemeinde Grünwald in direkter Nachbarschaft von Unterhaching. Hier beginnen in Laufzorn im Herbst 2009 die Bohrarbeiten für eine Dublettenbohrung, die im Frühjahr 2010 abgeschlossen wird. Die Produktionsbohrung, aus der das heiße Wasser nach oben geholt wird, erreicht den wasserführenden Malm in einer Teufe von 4.083 m, die Reinjektionsbohrung, die das abgekühlte Wasser wieder in den Boden zurückführt, in einer Teufe von 4.453 m.
Nach mehrwöchigen Tests steht im Juni 2010 fest, daß die Fündigkeit die Erwartungen übertrifft: Das Wasser sprudelt mit einer Temperatur von 128 – 130°C und einer Schüttung von 140 l/s aus den Rohren, was Laufzorn zu einer der ergiebigsten Geothermie-Bohrungen in Bayern macht.
Für die Übertragung der Wärme auf das Fernwärmenetz wird zwischen April 2011 und November 2012 das Geothermie-Heizwerk Laufzorn mit seinen Wärmetauschern und einen mit Öl betriebenen Redundanz-Heizkessel errichtet, der die Erwärmung des Wassers zum Beispiel bei Wartungsarbeiten ermöglicht.
Im Frühjahr 2012 starten die beiden Geothermie-Gemeinden Unterhaching und Grünwald den Wärmeverbund Grünwald und Unterhaching. Die Geothermie Unterhaching GmbH & Co KG Erdwärme und die Grünwald GmbH vereinbaren dabei, im Bedarfsfalle Wärme aus Tiefengeothermie vom jeweiligen Partner zu beziehen, anstelle diese Wärme fossil erzeugen zu müssen.
Im Rahmen des Verbunds fließt ab dem April 2013 geothermisch erzeugte Wärme aus der Quelle Laufzorn nach Unterhaching. Verbunden sind die beiden Geothermie-Bohrstellen seit Ende 2012 über eine 5,3 km lange Leitung durch den Grünwalder und Perlacher Forst, die mögliche Wärmeleistung beträgt bis zu 20 MW. Zudem sichert sich die Erdwärme Grünwald GmbH (EWG) im Januar 2014 für 23,5 Mio. € eine 50 %-ige Beteiligung an der Geothermie Unterhaching Produktions-GmbH & Co. KG und deren Komplementärin, der Geothermie Unterhaching Produktions-Beteiligungs-GmbH.
Ab dem Dezember 2014 betreibt die Erdwärme Grünwald in Laufzorn ebenfalls ein ORC-Kraftwerk mit einem 4,75 MW Generator, das seinen Strom ins öffentliche Netz einspeist. Das Grünwalder Fernwärmenetz wird 2017 komplett fertiggestellt.
Im Juli 2015 weitet die STEAG New Energies GmbH (SNE) aus Saarbrücken – ein Tochterunternehmen des Essener Energiekonzerns, das am Standort Erding zwei Geothermie-Heizwerke und ein Fernwärmenetz betreibt – ihre Aktivitäten weiter aus und plant den Ausbau des Geothermieprojektes. Zusammen mit dem Bau des neuen Blockheizkraftwerkes mit 1,2 MWel und der Installation einer Kompressionswärmepumpe mit 3,9 MWth will die Firma auch das bestehende Fernwärmenetz in Erding erweitern.
Nachdem die Stadt Kehl in der Nähe des Projektgeländes gegen das 3,8 MW Geothermieprojekt der Geysir Europe GmbH in Neuried geklagt hatte, macht das Verwaltungsgericht in Freiburg im März 2017 den Weg frei, indem es die Klage als unzulässig abweist.
Im September 2003 wird unter dem ursprünglichen Namen Zentrum
für Geothermie und Zukunftsenergien eine Verbundforschungseinrichtung
in Nordrhein-Westfalen gegründet und im März 2004 offiziell
eröffnet, die in Form einer Public Private Partnership (PPP) von
der Wissenschaft und der Wirtschaft gemeinsam getragen wird.
Im Jahr darauf wird der Name der wirtschaftsnahen Forschungs- und Entwicklungs-Einrichtung in GeothermieZentrum Bochum e.V. (GZB) geändert (s.u.). Zudem wird gemeinsam mit den die drei nordrhein-westfälischen Hochschulen RWTH Aachen, FH Bochum und FH Gelsenkirchen ein gemeinsames Institut für die Anwendungsforschung gegründet, das eng mit kommerziellen Partnern zusammenarbeitet.
Im zweiten Halbjahr 2004 wird
mitten in der Innenstadt von Aachen eine 2.544 m tiefe
Geothermiebohrung RWTH-1 durchgeführt. In dieser Stadt tritt
an mehr als 30 Stellen bis zu 70°C heißes schwefelhaltiges
Wasser an die Erdoberfläche.
Ziel des von der EU und dem Land NRW mit insgesamt 5,14 Mio. € geförderte Demonstrationsvorhabens ist die Erschließung von Erdwärme für das Hightech-Gebäude SuperC, das sogenannte Studienfunktionale Service-Center für die über 30.000 Studenten der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH), dessen Bauarbeiten bis zum Frühjahr 2007 dauern. Die reibungslos ablaufende und geräuscharme Bohrung, die in Aachen praktiziert wird, ist ein wichtiger Schritt um zukünftig auch Großgebäude im innerstädtischen Bereich umweltfreundlich beheizen und kühlen zu können.
In Zusammenarbeit mit den Projektpartnern Aix-o-therm Geoenergien (Aachen) und Kusimex (Köln) wird die Bohrung anschließend zu einer tiefen Erdwärmesonde ausgebaut: Kaltes Wasser wird über ein doppelwandiges Rohr in die Tiefe gepumpt und erwärmt sich dabei langsam am heißen Gestein. Über ein isoliertes Förderrohr in der Mitte des Bohrlochs wird dann das auf fast 80°C erhitzte Wasser wieder nach oben transportiert und fließt direkt in das Heizsystem des Super C-Komplexes. Für Temperaturmessungen wird - weltweit erstmalig - ein Glasfaserkabel in den Zementmantel integriert.
Mit den erwarteten rund 450 kW Leistung sollen rund 80 % des gesamten Wärme- und auch Kältebedarfs des Service-Centers gedeckt werden: Während der Heizperiode durchläuft das heiße Tiefenwasser im Kaskadensystem Konvektoren sowie Decken- und Fußbodenheizungen, während im Sommer eine Adsorptionskältemaschine die Gebäudekühlung sicherstellt.
Nach der Bohrung gibt es jedoch eine Reihe technischer Probleme sowie interne Auseinandersetzungen - und auch die Projektgruppe wird aufgelöst. Als das SuperC als Gebäude im Juli 2008 seiner Bestimmung übergeben wird, weiß man bereits, daß man nicht das richtige Material für das Steigrohr hat. Nach dem Wechsel des Rektors der RWTH werden die Ingenieure der Universität dazu motiviert, das Projekt wieder flott zu machen und ein Steigrohr für das erdwarme Wasser aus Kunststoff anfertigen zu lassen.
Dieses Innenrohr wird zwischen September und Dezember 2009 Stück für Stück in die stählerne Sonde gedrückt – bis das Teilrohr Nr. 164 aus unbekannten Gründen bei 1.965 m steckenbleibt und ein vollständiges Versenken auf 2.500 m Tiefe vereitelt. Das in knapp 2.000 m Tiefe aufgeheizte Wasser kommt im SuperC aber nur mit 31 – 35°C, wie man endlich im Frühjahr 2011 messen kann.
Das erhoffte 60 – 80°C heiße Wasser kann nicht gefördert, geschweige denn genutzt werden. Heute weiß man, daß man noch viel tiefer hätte bohren müssen, um es oben warm genug zu haben – was aber viel zu teuer käme. Das Projekt wird im September 2014 endgültig als gescheitert erklärt, die Forschungsaktivitäten eingestellt.
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe schätzt
zu diesem Zeitpunkt, daß geothermale Kraftwerke weltweit lediglich
etwas mehr als 7.000 MW Strom liefern, und geothermale Heizanlagen kaum
mehr als 8.000 MW Wärmeleistung in Heiznetze einspeisen. Nach Angaben
der Internationalen Energieagentur entstammen somit nur rund 2 % der
Energieerzeugung der OECD-Staaten aus der Erdwärme. In Deutschland
sind zu diesem Zeitpunkt rund 30 derartige Anlagen mit einer Leistung
von insgesamt etwa 50 MW in Betrieb.
Bis einschließlich 2004 fördert die Bundesregierung Forschungen zur Geothermie mit 15 Mio. €. Wegen des hohen Risikos bei den Bohrungen finanziert der Bund mit 5 Mio. € auch Deutschlands größte Tiefenbohrung im bayerischen Unterhaching (s.o.).
Das Institut für Energetik und Umwelt in Leipzig schätzt 2004 das Strompotential der Geothermie in Deutschland auf etwa 290 TW/a (bei gleichzeitiger Bereitstellung von Niedertemperaturwärme in erheblicher Größenordnung).
Als der Armaturenhersteller ARCA Regler GmbH in Dresden
die Firma AIK BAU im August 2005 mit der Errichtung
eines architektonisch prägnanten Büro- und Produktionsgebäudes beauftragt,
entsteht dabei ein Bauwerk mit zweischaliger Fassade, das ein komfortables
und energieeffizientes Arbeitsumfeld bietet.
Der vordere Teil des Gebäudes hat Wände aus raumhohem Glas, das die im Inneren untergebrachten Büros von allen Seiten mit natürlichem Licht durchflutet. Die geschwungene Metallhaut, die sich um das Glas legt, ist an den Seiten perforiert und zu 55 % mit einem Muster bedruckt, das die Sonneneinstrahlung mildert. Klimatisiert wird das Gebäude durch ein Feld von Erdwärmesonden, die den Heiz- und Kühlungsbedarf reduzieren.
Im Oktober 2005 berichtet die Presse, daß die Firma ENRO
Energie SE aus Essen den Bau eines geothermischen Kraftwerkparks
in Brandenburg beabsichtigt, der aus vielen Einzeleinheiten
von jeweils 2 – 3 MW elektrischer Leistung besteht. Im Oktober 2004 war
dazu bereits die ENRO Geothermie Entwicklung GmbH mit
Sitz in Ludwigsfelde bei Berlin gegründet worden.
Das gesamte Projekt hat ein Investitionsvolumen von etwa 250 Mio. €, und für die Erschließung eines 230 km2 großen Geothermie-Feldes in Finowfurt (Barnim) liegt bereits die Erlaubnis vor. Diese Region ist geologisch besonders gut für die Nutzung von Erdwärme geeignet, da es dort sichere Bohrkerne aus DDR-Zeiten gibt – und die Probebohrungen 190°C heißes Thermalwasser zum Antrieb der ORC-Turbinen erwarten lassen.
Das sogenannte ,Konvoi-Konzept’ von ENRO sieht die Erschließung gleichartiger geologischer Reservoire mit Einzeleinheiten – bestehend aus 3 Tiefbohrungen zu je 5.000 m (Triplette) – vor. Jede Triplette besteht aus zwei Produktionsbohrungen zur Förderung des heißen Tiefenwassers und einer Injektionsbohrung zur Rückführung des nach der Stromerzeugung abgekühlten Wassers in das Vulkangestein des tiefen Untergrunds. Drei solcher Tripletten sollen zu Cluster mit einem zentralen Kraftwerk von ca. 7,5 MW Leistung zusammengefaßt werden.
Bis zur Realisierung des Kraftwerks-Konvois müssen allerdings noch zahlreiche Aufgaben wie eine Machbarkeitsstudie und seismische Untersuchungen durchgeführt werden. Das Projekt ist aber so angelegt, daß der aus Erdwärme erzeugte Strom sofort wettbewerbsfähig sei. Die Finanzierung soll auf privatwirtschaftlicher Basis erfolgen, wozu in Essen im Juni 2006 eigens die ENRO Geothermie AG mit einer Erstausstattung von 0,5 Mio. € gegründet wird.
Insgesamt soll das Kraftwerk aus zehn Teilanlagen bestehen. Der Bau in Eberswalde soll noch im Jahr 2006 begonnen, mit den Bohrungen will man im April 2007 starten, und schon Ende 2008 soll aus der ersten 8 MW Anlage der gesamte Landkreis Finowfurt mit Strom versorgt werden. Die Investitionen in Höhe von 60 Mio. € sollen je zur Hälfte über Kredite und ,einzuwerbendes Eigenkapital’ aufgebracht werden. Eine 24 MW Anlage mit 170 Mio. € Investitions-Kosten soll folgen. Eigentliches Ziel ist der Bau eines Großkraftwerkes mit einer 1.000 MW Anlage, deren Kosten sich auf etwa 5 Mrd. € belaufen.
Zur Begleitforschung arbeitet ENRO mit dem GeothermieZentrum Bochum e.V. (GZB) zusammen, ein entsprechendes Kooperationsabkommen war bereits Februar 2005 geschlossen worden. Tatsächlich läßt sich jedoch nichts darüber finden, daß irgendwelche Schritte dieses ambitionierten Projekts auch wirklich umgesetzt wurden. Die ENRO Geothermie Entwicklung GmbH wird wird ebenso wie die die ENRO Geothermie GmbH (später: AG) im Dezember 2009 durch Abweisung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse aufgelöst. Auch die ENRO Energie SE stellt im März 2011 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Im Dezember 2005 wird der neue Bahnhof Barbis in
dem 4.000-Einwohner-Ortsteil von Bad Lauterberg im
Harz eingeweiht. Dort muß künftig bei Eis und Schnee nicht
mehr geräumt
oder gestreut werden, da die Bahnsteige mit Solar- und Erdwärme
geheizt werden. Der kleine Ort an der Strecke zwischen Göttingen
und Nordhausen wird für das Pilotprojekt ausgewählt, weil hier für
1,2 Mio. € ein völlig neuer Bahnhof entsteht.
Bei dem deutschlandweit einmaligen Pilotprojekt zur Nutzung eines Erdwärmespeichers befinden sich in den vorgefertigten einzelnen Elementen der beiden jeweils knapp 100 m langen Bahnsteige Rohre mit einem Wärmeträgermedium. Im Sommer wird der Bahnsteig und damit der Wärmeträger durch die Sonneneinstrahlung erhitzt. Über ein System von Rohren und Wärmetauschern wird die Wärme an Erdwärmesonden abgegeben, die sie wiederum in tiefere Gesteinsschichten leiten. Das Gestein erwärmt sich dadurch um mehrere Grad und speichert die Wärme.
Im Winter kehrt sich der Prozeß um. Die Sonden geben nun die im Untergrund erhaltene Wärme an den Wärmeträger ab, der durch das Rohrsystem in die Bahnsteige geleitet wird und so dessen Oberflächentemperatur knapp über dem Gefrierpunkt hält. Beim Heizen fallen somit keine Kosten für die benötigte Energie an.
Für das von der internationalen Consulting- und Ingenieursgesellschaft Arcadis entwickelte Konzept namens Winner Way, das in einem Konsortium mit dem Bahnbauunternehmen Frenzel-Bau und dem Rohrhersteller Rehau geplant und errichtet wird, werden zehn Erdwärmesonden mit einer Gesamtlänge von 1.800 m eingebaut, welche die Wärme in etwa 200 m tiefe Gesteinsschichten leiten. Das gesamte Rohrleitungssystem ist circa 12.000 m lang und birgt 12.000 Liter des Wärmeträgermediums.
Im
Juni 2006 werden in Stuttgart die ersten Wärmekörbe verlegt,
die von Daniel
Abbou entwickelt worden sind. Die spiralig gewundenen Rohre
werden nur 2,5 m tief in den Boden eingelassen und nehmen unterhalb der
Frostgrenze die Wärme der Erde auf.
Jeder Korb benötigt eine Fläche von 10 m2 und kann mittels einer Wärmepumpe ca. 1 kW Wärme produzieren. Um eine Wohnfläche von 150 m2 zu beheizen reichen 10 Wärmekörbe aus.
Ein ähnliches System bilden die Helix-Sonden der
o.g. Firma Rehau in Erlangen, die aus 40 m langen
Rohren mit 25 mm Durchmesser bestehen, welche spiralförmig auf eine
Istallationslänge von 3 m und einem Durchmesser von ca. 40 cm gewickelt
und in einem Verlegeabstand von rund 3 m und einer Tiefe von 4 - 5
m versenkt werden. Pro Spiralsonde können Wärmeentzugsleistungen bis
700 W erzielt werden.
Nach dem Jahrtausendwechsel beginnt die private Nutzung der Erdwärme
in Deutschland stark zuzunehmen. Während Mitte der 1990er Jahre
im jährlichen Durchschnitt noch unter 1.000 Systeme für den
oberflächennahen
Bereich installiert werden, sind es 2004 erstmals
10.000 neue Systeme - und 2005 schon knapp 12.000.
Für 2006 werden sogar über 15.000 Anlagen
erwartet. Es wird geschätzt, daß deutschlandweit derzeit
ein Investitionsvolumen für die geothermische Energieerzeugung
von etwa 3,4 Mrd. € besteht.
Geologen der Ruhr-Universität Bochum (RUB),
die als Kooperationspartner des FONDEF-Projekts (Fomento al Desarrollo
Cientifico y Tecnológico) im Jahr 2006 eine
Karte der geeigneten Orte für ein Geothermie-Kraftwerk in Chile erstellen,
nutzen ihre Erkenntnisse auch für das Projekt Prometheus,
das die Wärme des Wassers aus der Tiefe für die RUB selbst
nutzbar machen soll. Die Wissenschaftler schätzen, daß die Erdwärme
etwa 30 Jahre lang Energie an
die RUB und ihre Umgebung liefern könnte.
Das mit Kosten von 25 – 30 Mio. € veranschlagte Projekt braucht allerdings finanzstarke Partner. Schon die erste Bohrung hätte 12 – 13 Mio.€ zu Buche geschlagen, doch dazu kommt es erst gar nicht. Das Land will nämlich erst dann Geld bereitstellen, wenn die involvierten Firmen sich ebenfalls engagieren, und zwar von Anfang an. Doch die Unternehmen halten sich zurück.
Der letzte Versuch, Prometheus wieder zu beflügeln, geschieht Anfang 2009, als dem zuständigen Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB) eine erneute Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgelegt wird. Inzwischen ist das Interesse jedoch erloschen, da der BLB längst an einem anderen Energie- und Wärmeversorgungskonzept arbeitet. 2010 wird das Erdwärme-Projekt der RUB endgültig eingestellt.
Ende 2006 werden nach Abschluß der landesweiten
geologischen Erfassung 17 bayerische Erdwärme-Nutzungskarten vorgestellt,
die kostenfrei vom Umweltministerium erhältlich sind. Bereits heute
hält Bayern mit rund zwei Drittel der in Deutschland erschlossenen
Erdwärmeleistung die Spitzenposition.
Im Jahr 2007 sind in Deutschland mehr als ein Dutzend Geothermie-Projekte in Planung oder Bau: Siemens arbeitet beispielsweise an einem zweiten Kraftwerk im badischen Bruchsal, und Unterhachings Nachbargemeinden Pullach, Taufkirchen und Oberhaching planen ebenfalls Probebohrungen nach Thermalwasser. Falls die Fördermengen für ein Kraftwerk nicht ausreichen, kann immer noch ein Thermalbad betrieben werden. In der Schweiz, wo man in den neunziger Jahren intensiv nach Heißwasser bohrte, entstand so ein halbes Dutzend neuer Thermalbäder.
Die Münchner Erdstrom AG präsentierte am
Vorabend des Symposiums ‚Klimaschutz durch Erdwärme - Geothermie 2007’ in
Wien ihr gut 300 Mio. € schweres Projekt zum Bau von acht geothermischen
Kraftwerken mit jeweils 5 - 10 MW elektrischer
Leistung im bayerischen Molassebecken. Hier soll aus
gut 3.000 m Tiefe 130°C heißes Wasser an die Oberfläche
geholt werden. Wirtschaftlich ist das Projekt wegen der auf 20 Jahre
garantierten Einspeisetarife nach dem deutschen Energieförderungsgesetz.
Die neuen Anlagen sollen 2010/2011 in Betrieb gehen.
Im Herbst 2007 meldet die Presse ein Geothermie-Desaster
im südbadischen Staufen im Breisgau, am Fuße des Schwarzwalds.
Dort tun sich nach 140 m tiefen Bohrungen einer österreichischen Firma,
mit deren Erdwärme man das historische Rathaus beheizen wollte, überall
in der Stadt tiefe Risse auf. Nach nur einem Jahr sind schon mehr
als hundert Häuser betroffen, wobei die Risse mitunter so tief sind,
daß man hineingreifen kann.
Wissenschaftler von der TU Darmstadt stellen die Theorie auf, daß man die Gips-Keuper-Schicht bis zu dem darunterliegenden Grundwasserleiter durchstoßen habe, in dem Wasser unter hohem Druck steht. Keuper ist ein Anhydrit, d.h. ein Kalziumsulfat, aus dem sich ausdehnender Gips entsteht, sobald es mit Wasser in Kontakt kommt. Als die Grundwasserschicht unter dem Keuper angebohrt wird, schießt das Wasser wie bei einem Geysir durch die Bohrung hoch und kommt mit dem Anhydrit in Kontakt, wodurch sich die chemische Reaktion in Gang setzt, bei der das Gestein im Untergrund bis zu 60 % an Volumen zunehmen kann.
Das Problem ist, daß dies noch Jahre so weitergehen kann, je nachdem, wie schnell sich das Wasser in der Keuper-Schicht bewegt. Außerdem könnte sich die Gipsschicht im Wasser teilweise wieder auflösen, wodurch unter der Stadt Hohlräume entstehen würden. Mehrere Bewohner und Gewerbetreibende verklagen daraufhin die Stadt, doch auch Geotechniker der Stuttgarter Materialprüfungsanstalt können die Schuldfrage nicht klären, denn neben den Bohrungen könnten auch natürliche Ursachen schuld sein, da Staufen ein tektonisch aktives Gebiet ist.
Im November 2007 geht in Landau in
der Pfalz ein weiteres kommerzielles ORC-Geothermiekraftwerk in Betrieb,
nachdem man dort Mitte 2003 mit den Vorbereitungen
begonnen hatte. Die Phase der Projektentwicklung, also der Prüfung
der theoretischen Machbarkeit, der technischen Projektierung, der Finanzierung
und der Einholung der bergrechtlichen und der baurechtlichen Genehmigungen
für das Kraftwerk, dauert bis 2004, wobei die Bearbeitung der notwendigen
Genehmigungsverfahren durch das Land Rheinland- Pfalz als ,sehr unternehmerfreundlich’
bezeichnet wird.
Die erste Bohrung erfolgt 2005, die zweite wird im März 2006 beendet. Auch hier gibt es Probleme, als sich der Bohrer in 3.200 m Tiefe verkantet. Die Bauteile für das Kraftwerk liefert eine israelische Firma. Die Kosten einschließlich der Fördermittel werden auf etwa 20 Mio. € beziffert, wobei das Projekt durch das Bundesumweltministerium mit rund 2,6 Mio. € unterstützt wird.
Das von der Firma Geo X GmbH, einem Gemeinschaftsunternehmen der Energieversorger Pfalzwerke in Ludwigshafen und der EnergieSüdwest in Landau, auf dem Gelände einer ehemals französischen Kaserne errichtete Geothermiekraftwerk Landau, wo nun aus einer Tiefe von über 3 km 160°C heißes Wasser sprudelt, leistet allerdings nur 3 MW, wobei bis zu 25 % des erzeugten Stroms für den Betrieb des Kraftwerks selbst benötigt wird.
Nachdem es im August und September 2009 in Landau zu leichten seismischen Ereignissen kommt, wird eine Expertenkommission mit der Untersuchung dieser Ereignisse auf einen möglichen Zusammenhang mit dem Kraftwerksbetrieb beauftragt. Das Ende 2010 vorgelegte Gutachten kommt zu dem Schluß, daß das Landauer Geothermiekraftwerk „sehr wahrscheinlich“ für die mehreren kleinen Erdbeben in der Stadt verantwortlich war. Die Daten der seismischen Meßstationen des Landesamts für Geologie und Bergbau in Rheinland-Pfalz belegen zudem eindeutig, daß sich das Zentrum der Beben in unmittelbarer Nähe der Anlage befand.
Da das gesamte Projekt nebst vorbildlicher Chronologie der Bodenhebungen in Landau auf Wikipedia sehr ausführlich präsentiert wird, erübrigt sich hier eine detailliertere Darstellung.
Um eine Wärmeversorgung aus regenerativen Energieträgern für die Siedlungsgebiete Garching und Hochbrück zu
fast 100 % zu gewährleisten, wird hier eine Wärmeproduktion aus Biomasse
(75 %) und Geothermie (25 %) geplant. Den Startschuß für das Vorhaben
setzt das Unternehmen AG Recycling GmbH, das zur Umsetzung im Jahr 2007 die Energie-Wende-Garching
GmbH & Co. KG (EWG) gründet, der im Laufe der Folgejahre
die E.ON Bayern AG, die heutige Bayernwerk AG und die Stadt Garching
beitreten.
Im Jahr 2008 trifft die erste Bohrung in 2.165 m Tiefe auf heißes Wasser, während die zweite Bohrung 2009 in 2.226 m Tiefe auf Wasser mit einer Temperatur von 74°C stößt, woraufhin auch der Bau des Geothermieheizwerks beginnt, das im April 2011 eingeweiht wird und die ersten 130 Einfamilienhäuser mit Fernwärme versorgt. Die Kosten für beide Bohrungen inklusive der Förder- und Injektionstechnik liegen bei rund 13 Mio. €, die der Geothermie-Heizzentrale bei etwa 7 Mio. €.
Ursprünglich waren für das Energie-Wende-Projekt zwei Bauphasen geplant, die Ende 2013 abgeschlossen werden sollten. Die Investitionskosten der ersten Bauphase mit dem Heizwerke und zwei Fernwärmenetzen für Garching und Hochbrückwurden auf rund 46 Mio. € geschätzt. Diese sollen eine installierte Wärmeleistung von 36 MW in Garching und 32 MW in Hochbrück gewährleisten. In späteren Publikationen wird allerdings eine thermische Leistung von nur ca. 15 MW angegeben.
Da aufgrund ungünstiger wirtschaftlicher Gegebenheiten die Realisierung der zweiten Bauphase mit einer Wärmegewinnung aus Biomasse auf unbestimmte Zeit verschoben werden muß, steigt die AG Recycling GmbH 2012 aus der EWG wieder aus.
2014 nimmt die EWG ein Blockheizkraftwerk (BHKW) in Betrieb, um lokal Strom für die Geothermie-Heizzentrale und die Förderpumpe zu produzieren. Auch die Wärme aus dem BHKW wird in das Fernwärmenetz eingespeist. Um das Potential am Standort bis zur Gänze auszuschöpfen, ist auf dem Dach der Geothermie-Heizzentrale zudem eine Photovoltaikanlage mit fast 120 kW Leistung installiert.
Ende April 2008 findet in Freiburg die
bereits 4.
Internationale Geothermiekonferenz statt, auf der sich über
200 Teilnehmer aus rund einem Dutzend Länder treffen, um über Herausforderungen,
Potentiale und Perspektiven der tiefen Geothermie zu diskutieren. Zu
diesem Zeitpunkt sind rund um den Globus bereits rund 8 GWel geothermische
Leistung installiert.
Ebenfalls im April 2008 erteilt die Landesbergdirektion
Baden-Württemberg der Firma Green
Energy AG aus Hannover die Erlaubnis, im Feld Metzingen nach
Erdwärme zu suchen, um dort später ein Erdwärmekraftwerk zu errichten.
Der Untergrund des 86 km2 großen Aufsuchungsfeld im schwäbischen
Vulkangebiet bietet optimale Voraussetzungen hierfür. Geplant werden
1 - 3 ORC-Kraftwerksmodule á 4 - 5 MW,
wobei die Bohrungen in eine Tiefe von 4.500 - 5.000 m vorangetrieben
werden sollen, wo man eine Temperatur von 160 - 170°C erwartet.
Nachdem Green Energy bereits 2005 den ersten geschlossenen Geothermiefonds aufgelegt hatte, folgten 2007 weitere. Die Anleger konnten sich mit einer Einlage in Höhe von mindestens 5.000 € an der Green Energy Geotherm Power Fonds GmbH & Co. KG beteiligen und wurden somit zu Kommanditisten der Gesellschaft. Von Anfang an fällt die Firma jedoch durch fehlenden Kompetenznachweis und unglaubwürdige Anlageprodukte auf.
Wie im Projektbericht vom November 2006 erklärt, soll die Inbetriebnahme des geplanten Geothermie-Kraftwerks Ende 2008 erfolgen – was jedoch nicht geschieht. Die Ende 2009 gemeldete Insolvenz der Green Energy entspricht allerdings nicht den Tatsachen. Zwar erfolgte im November 2009 ein entsprechender Insolvenzantrag, dieser wurde allerdings bereits im Dezember wieder aufgehoben.
Trotzdem stellt sich noch 2015 die Frage nach dem Verbleib der eingesammelten Anlegergelder in Höhe von rund 5 Mio. €. Von diesen sollen bereits rund 4,5 Mio. € ausgegeben worden sein – ohne ein praktisches Ergebnis, abgesehen von vereinzelten Vorbereitungstätigkeiten.
Das GeoForschungsZentrum (GFZ) Potsdam nimmt
im Mai 2008 bei einer Geothermiebohrung
in Dürrnhaar (Bayern) sein
neues, in
Zusammenarbeit mit der Firma Herrenknecht Vertical entwickelte
Bohrsystem InnovaRig offiziell
in Betrieb, das schneller und kostengünstiger als die bisherigen Bohrturmtechniken
arbeitet. Das vollhydraulische System ist für Bohrungen bis zu 5.000
m Tiefe konzipiert, wobei bei den meisten Gesteinsformationen bis zu
100 m Bohrfortschritt pro Tag möglich sind. Für wissenschaftliche Analysen
können zudem im laufenden Betrieb Bohrkerne gewonnen werden, während
die herkömmlichen Anlagen das Gestein zermahlen.0045
Die neue Anlage ist außerdem weitgehend gekapselt und schallschutztechnisch optimiert, wodurch sie auch für siedlungsnahe Bohrungen zur Nahwärmversorgung geeignet ist. Am Bohrstandort Dürrnhaar werden zwei über 4.400 m tiefe Bohrungen abgeteuft.
Im Juni 2008 erhält das GFZ übrigens den neuen Namen Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum.
Um in das Dürrnhaar erste rein privat finanzierte Geothermie-Kraftwerk Deutschlands zu errichten, gründet HOCHTIEF gemeinsam mit den Partnern Renerco AG und SachsenFonds die Süddeutsche Geothermie-Projekte GmbH & Co. KG (SGG). Das Unternehmen soll eine 5 MW Anlage mit einem Investitionsvolumen von zirka 35 Mio. € planen, finanzieren, bauen und betreiben. Außerdem wird der Bau und Betrieb weiterer Kraftwerke mit einer Leistung von je 4 – 5 MW im bayerischen Molassebecken geplant.
Die Entwicklung des Geothermie-Standortes Dürrnhaar im Erlaubnisfeld Kirchstockach war bereits 2004 initiiert worden – damals noch durch den Erlaubnisfeldinhaber, die Firma Ganser. Die Entwicklung des Projektes beginnt dann im Jahr 2006 mit geologisch-geothermischen und hydraulischen Vorerkundungen, seismischen Untersuchungen und fortgeschrittenen Bohrplanungen.
Das Niederbringen der Dublette-Bohrungen durch die Tiefbohrfirma H. Anger’s Söhne GmbH, Betreiber der InnovaRig-Bohranlage TI 350, erfolgt von November 2007 bis März 2009.
Die Bohrung Dürrnhaar Gt1 erreichte ohne Schwierigkeiten ihre Endteufe bei 4.393 m MD (Measured Depth) bzw. 3.926 m TVD (true vertical depth). In anderen Quellen werden 3.670 m genannt. Beim Niederbringen der Bohrung Dürrnhaar Gt2 treten jedoch bereits in der Kreide unerwartet totale Spülungsverluste auf, in deren Folge die Bohrung bei 1.973 m MD aufgegeben werden muß. Erst mit einem Sidetrack (Dürrnhaar Gt2a) kann die Endteufe im Malm planmäßig bei 4.530 m MD bzw. 4.114 m TVD erreicht werden (anderen Quellen: 3.720 m).
Im Januar 2011 beginnt dann der Bau obertägigen Anlagen mit der Firma Hochtief Energy Management GmbH als Generalunternehmer. Im Dezember 2012 kann die Anlage ihren Testbetrieb aufnehmen und speist mit einer Spitzenleistung von 5,5 MW Strom in das Stromnetz ein. Der Probebetrieb muß jedoch mehrmals unterbrochen werden, um Probleme, vor allem an der Tauchkreiselpumpe, zu beheben.
Auch ein im November 2007 begonnenes Projekt im nahen Kirchstockach, das im März 2013 in Betrieb genommen wird, ist ausschließlich aus privaten Mitteln finanziert. Die SGG wird in den Berichten über diese Anlage im Molassebecken als ein Konsortium aus der BayWa r.e. renewable energies und der Hochtief PPP Solutions bezeichnet, dessen Finanzierung mit der Bayerische Landesbank (Bayern LB) erfolgt. Die installierte elektrische Leistung beträgt hier ebenfalls 5,5 MW.
Im September 2016 kaufen die Stadtwerke München GmbH die zwei geothermischen Anlagen in Dürrnhaar und Kirchstockach im Südwesten von München, um die bayerische Hauptstadt künftig mit geothermischem Strom zu versorgen. Zu diesem Zeitpunkt sind im Molassebecken insgesamt bereits 23 Geothermienanlagen zur Wärme- und Stromerzeugung im Betrieb und vier weitere im Bau.
Ab 2019 soll von Kirchstockach und Dürrnhaar, neben dem Strom, auch Fernwärme für die Gemeinden Ottobrunn, Hohenbrunn, Neubiberg und Höhenkirchen-Siegertsbrunn kommen. Hierfür wird im Mai 2016 zwischen der SGG und der Energieversorgung Ottobrunn GmbH (EVO) ein langfristiger Wärmeliefervertag unterzeichnet. In den nächsten Jahren wird die EVO das Fernwärmenetz für 15 Mio. € entsprechend ausbauen.
Nach der Inbetriebnahme werden die beiden leistungsstärksten Geothermie-Anlagen Deutschlands neben den jeweils 7 MW elektrischer Leistung auch noch je 45 MW Wärmeleistung liefern. Neben den Geothermie-Kraftwerken (Kirchstockach bis 2019 und Dürrnhaar bis 2022) soll auch die örtliche Biogas-Anlage an das Netz angeschlossen werden.
Projektstudien der Johannes Gutenberg-Universität
Mainz, wo im Dezember 2007 eine Professur für
Geothermie eingerichtet worden ist, beschäftigen sich ab Mitte 2008 an
drei Standorten in Rheinland-Pfalz, wo es mehr als 1.000
stillgelegte Bergwerke gibt, mit der Nutzung von warmem
Stollenwasser zu Heizzwecken. Das Grubenwasser entsteht
in den Bergwerken, wenn die Pumpen abgestellt sind und das Grundwasser
in der Grube ansteigt. Je tiefer die Bergwerke sind, desto wärmer ist
das Wasser, so daß in einer Tiefe von 1.000 m oft eine Wassertemperatur
von etwa 40°C vorgefunden wird.
Die Studie für Bad Ems ergibt, daß dort über 200 Einfamilienhäuser versorgt werden könnten. In Herdorf, einem Städtchen im Norden des Bundeslandes, nahe der Grenze zu Nordrhein-Westfalen, könnten etwa 100 Häuser mit Stollenwasser beheizt werden. Über eine Umsetzung ist bislang nichts bekannt.
Ein interessantes Beispiel für die Nutzung der Geothermie bildet der
im Juli 2008 beginnende Neubau der Hauptschule
Otto-Seeling-Promenade in Fürth, da hier
Erde und Sonne im Team arbeiten, um das 5.400 m2 große Gebäude
so klimaneutral wie möglich zu heizen und zu kühlen. Zum ersten Mal
wird damit ein städtisches Gebäude komplett über regenerative Energie
versorgt. Die Fertigstellung ist für Sommer 2010 geplant.
Wärmequelle ist ein Erdwärmesondenfeld mit 30 Doppel-U-Sonden von 83 m Tiefe, von denen sich die meisten unterhalb des Schulgebäudes befinden. In diesen Sonden kreist Wasser mit einem Frostschutzmittel (Sole), das die Wärme aus dem Boden entnimmt, indem es warmes Grundwasser zu einem Wärmetauscher transportiert. Und während im Winter die Wärme aus dem Boden entnommen wird, der sich dabei langsam abkühlt, kann sich das System im Sommer regenerieren, indem Wärme aus dem Untergrund nachfließt und zugleich aus dem Gebäude Wärme in den Untergrund eingespeist wird. Die relativ kühlen Bodentemperaturen werden während dieser Zeit gleichzeitig genutzt, um die Schule mit Klimakälte zu versorgen.
Den Strom für den Pumpenumlauf liefert eine Fotovoltaik-Anlage mit gekühlten Modulen auf dem Dach, deren überschüssige Wärme ebenfalls in den Boden eingespeist werden. Da deswegen der Boden allein weniger Energie bereitstellen muß, wurden weniger Bohrmeter benötigt, was wiederum Kosten sparte.
Das Geozentrum Hannover, das aus der Bundesanstalt
für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), dem Landesamt für Bergbau,
Energie und Geologie (LBEG) und dem Leibniz-Institut für Angewandte
Geophysik (LIAG) besteht, betreibt seit 2003 eine
4.100 m tiefe Bohrung Horstberg Z1 in der Südheide,
um innovative Konzepte zur Erdwärmenutzung zu erproben.
Im Jahr 2008 plant man, künftig auch das Geozentrum selbst mit Erdwärme zu beheizen. Grundlage dafür ist das 15 Mio. € (andere Quellen: über 20 Mio. €) teure Geothermie-Projekt GeneSys (Generierte Energiesysteme) der BGR, das durch Mittel des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) finanziert wird. Damit soll auch gezeigt werden, daß trotz ungünstiger geologischer Bedingungen Erdwärmegewinnung aus großen Tiefen auch im Norddeutschen Becken erfolgreich sein kann.
Bei den Bohrarbeiten dafür, die im September 2008 beginnen, wird weltweit erstmals das sogenannte Einbohrloch-Konzept im Betrieb erprobt, das bereits in der Südheide erfolgreich getestet worden ist. Die Bohrung kann Ende 2009 mit dem Erreichen der Zielformationen des Bundsandsteins und einer Endtiefe von 3.901 m erfolgreich abgeteuft werden, und im Mai 2011 können die ersten erfolgreichen hydraulischen Tests mit einen unterirdischen Wärmetauscher in 3.500 – 3.800 m Tiefe stattfinden.
Das geplante Heizwerk soll über eine Leistung von 2 MW verfügen und das Geozentrum ab 2014 mit Erdwärme versorgen.
Im September 2008 stellt der Remscheider Heiz- und
Klimatechnikspezialist Vaillant ein weltweit neues,
hocheffizientes und kostengünstiges Bohrverfahren namens geoJETTING zur
Erschließung von Erdwärme vor, das gemeinsam mit der Ruhr-Universität
Bochum (RUB) entwickelt worden war. Das Verfahren, das mit
Wasserhochdruck arbeitet, soll für die Installation energiesparender
und umweltfreundlicher Erdwärmepumpen eingesetzt werden.
Im rotierenden Bohrkopf sorgen bis zu sechs Wasserdüsen, die mit bis zu 1.000 bar Wasserdruck arbeiten, dafür, daß der Vortrieb abhängig von der Bodenbeschaffenheit bis zu fünf Mal schneller als bei traditionellen Bohrverfahren durchgeführt werden kann. Der Hochdruck zerschneidet das Bodengestein, löst es nahezu vollständig auf und preßt es mit dem Wasser zusammen in die Porenräume unter der Erde hinein. Damit entfällt auch das aufwendige Entsorgen des Erdreichs. Der Wasserverbrauch beträgt rund 26 Liter pro Minute.
Gleichzeitig wird die Gründung der Servicegesellschaft Vaillant geoSYSTEME GmbH bekannt gegeben, einem Joint Venture der Vaillant GmbH und einem Spinoff des Geothermiezentrums der Hochschule Bochum, die das neue Verfahren europaweit vermarkten will. Das neuartige Bohrverfahren, das innerhalb von drei Jahren durch Wissenschaftler des GeothermieZentrum Bochum e.V. (GZB) an der Uni Bochum entwickelt worden war, wird zudem mit dem erstmals verliehenen Ruhr2030 Award des Initiativkreises Ruhr ausgezeichnet, einem 50.000 € schweren Forschungspreis.
Inzwischen
breiten sich im deutschen Heizungsmarkt oberflächennahe
geothermische Systeme immer mehr
aus. Im Jahr 2008 verzeichnet die Branche einen
Anstieg der Verkaufszahlen um 28,5 %, was 34.450 installierten Neuanlagen
und einem Umsatz von rund 850 Mio. € entspricht. Die Gesamtzahl der
mit Grundwasserbrunnen, Erdwärmekollektoren, Erdwärmesonden und ähnlichen
Systemen versorgten Gebäude erhöht sich damit auf rund 150.000.
Nach einem 4-jährigen Auswahlverfahren richtet das Land Nordrhein-Westfalen
über das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie (MWME)
im Januar 2009 und mit einer Projektsumme von 11 Mio.
€ an der Hochschule Bochum (früher: FH Bochum) ein
neues Großforschungszentrum für die Geothermie ein.
Die Schwerpunkte der Entwicklung liegen im Bereich der innovativen Bohrtechnik, der Reservoirtechnik und der geophysikalischen Meßtechnik zur Erschließung von Erdwärme in Tiefen bis zu 5.000 m. Im Bereich der oberflächennahen bis mitteltiefen Geothermie wird man sich zudem mit der Einbindung von Wärmepumpentechnologien in große kommunale Infrastrukturen beschäftigen.
Zentrales Ausstattungselement ist eine spezielle Coiled-Tubing Bohranlage für Tiefbohrungen, deren Technologie aus der Erdgas- und Erdölförderung in den USA stammt und sich dadurch auszeichnet, daß der Bohrstrang durchgängig auf einer Rolle aufgerollt ist und nicht mehr stangenweise aneinander geschraubt werden muß. Das Bohrverfahren ist damit wesentlich flexibler und schneller als konventionelle Bohrtechniken.
Nachdem am GZB innerhalb von zehn Monaten eine Bohrplattform entwickelt und gebaut worden ist, wird im November 2014 der offiziellen Startschuß für die Coiled Tubing Drilling Evolution Initiative (CTDE) gegeben, ein studentisch geleitetes und betriebenes Projekt, das in Zusammenarbeit mit dem GZB innovative Designs, Konstruktionen und Anwendungen für die Bohrtechnologien entwickeln will.
Ebenfalls im Januar 2009 geht die Firma RWE
Innogy ein Joint Venture mit der Bohrfirma Daldrup & Söhne
AG im Westfälischen Ascheberg ein, um eine Reihe von Geothermie-Kraftwerken
in Deutschland und anderen Standorten in Europa zu entwickeln, zu planen
und zu bauen. Als erstes sollen die seit November 2008 genehmigten
Bohrstandorte der RWE Innogy in Wildpoldsried und Unterthingau im
Oberallgäu auf ihre Eignung überprüft werden, wobei Investitionen in
Höhe von rund 34 Mio. € geplant sind. Doch auch in diesem Fall scheint
es zu keiner weiteren Entwicklung mehr gekommen zu sein.
Im Februar 2009 startet
das Verbundprojekt
GeoEnergie (GeoEn), das gemeinschaftlich vom GeoForschungsZentrum
(GFZ), der Universität Potsdam und der Brandenburgischen Technischen
Universität Cottbus (BTU) entwickelt worden ist. Als Brandenburger
Pilotprojekt wird es für 27 Monate vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung mit einer Gesamtsumme von 7,1 Mio. € gefördert. Ziel
der Zusammenarbeit ist es, die in der Forschung existierenden Technologieprodukte
aus den Bereichen Klimaschutz, Energieeffizienz und Ressourcennutzung
gezielt auch international zu vermarkten.
An einem weiteren Verbundvorhaben, das ebenfalls im Februar 2009 initiiert wird, beteiligen sich die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, die Fachhochschule Kiel sowie die vier in Schleswig-Holstein ansässige Unternehmen CITTI Handelsgesellschaft mbh & Co. KG, AX5 Architekten bda, GICON Großmann Ingenieur Consult GmbH und Sensatec GmbH. Vom Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein werden Fördermittel für drei Jahre bereitgestellt, um mit den erwarteten Ergebnissen mittelständischen Unternehmen den Einstieg ins Geothermie-Geschäft zu erleichtern und ihre wirtschaftliche und wissenschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Dabei übernimmt das Ministerium die Hälfte des Finanzvolumens von 3,2 Mio. €.
Mit Befremden reagiert die Geothermische Vereinigung
- Bundesverband Geothermie e. V. (GtV-BV) im Februar 2009 auf
Pressemitteilungen, in denen von einem Geothermie-Bohrstopp in Baden-Württemberg
die Rede ist. Ausgelöst werden diese durch die fortgeschriebene Fassung
des ‚Auftrags für eine hydrogeologische Beurteilung von Erdwärmesonden’
durch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau, in welchem
die Vorkommnisse in der Stadt Staufen im Breisbau
zum Anlaß genommen werden, um Erdwärmesondenbohrungen in Gebieten mit
Anhydrit- und Gipsvorkommen zu untersagen.
Nach dem Abteufen mehrerer Erdwärmesonden mit je ca. 140 m Tiefe, zur Beheizung des Rathauses und anderer Gebäude, waren hier im Vorjahr im bebauten Stadtgebiet erhebliche kleinräumige Hebungen von bis zu 20 cm aufgetreten, die zu großen Zerrungen und Stauchungen bzw. Schiefstellungen an Gebäuden führten. Ein direkter Zusammenhang zwischen den Erdbewegungen und der vorangegangenen Bohraktivitäten kann aber nicht nachgewiesen werden. Derweil hebt sich der Boden dort weiter um mehrere Zentimeter pro Monat, und mehr als 270 Häuser in der Altstadt werden beschädigt.
Mitte 2013 wird das erste Haus abgerissen. Der Gesamtschaden wird mit 50 Mio. € bewertet, wobei bis zu diesem Zeitpunkt für den Schadensausgleich 7,5 Mio. € verwendet werden, an dem sich auch das Land Baden-Württemberg und der kommunale Finanzausgleich beteiligen.
Einen generellen Bohrstopp, wie er in einigen Pressetexten suggeriert wird, bedeutet das Vorgehen des Landesamtes aber nicht. Der GtV-Bundesverband befürchtet allerdings, daß in der Praxis zukünftig zahlreiche Genehmigungen versagt werden könnten, und daß durch die verkürzte Darstellung der Geothermie insgesamt ein schwerer Imageschaden entsteht.
Daß dem zumindest auf Bundesebene nicht so ist, belegt ein ebenfalls Ende Februar 2009 gestartetes Kreditprogramm des Bundesumweltministeriums, der KfW Bankengruppe und der Münchener Rück für den Ausbau der Geothermie in Deutschland. Die Partner stellen gemeinsam 60 Mio. € zur Finanzierung von geothermalen Tiefbohrungen zur Verfügung, um insbesondere das Fündigkeitsrisiko der Projekte zu mindern.
Zu diesem Zeitpunkt werden in Deutschland bereits mehr als 100
MW Wärme aus der Geothermie bereitgestellt.
Anfang 2009 kollidieren die Interessen zwischen den
Aussichten der Geothermie und dem
Entwurf für ein Gesetz zur Regelung von Abscheidung, Transport und dauerhafter
Speicherung von Kohlendioxid (CCS-Gesetz) in Deutschland. Der Bundesverband
Geothermie sieht in dem Entwurf
eine inakzeptable Privilegierung der Kohlendioxidablagerung zu ungunsten
der Erneuerbaren Energien.
Der Verband befürchtet, daß mit dem CCS-Gesetz Untersuchungsgebiete uneingeschränkt reserviert werden könnten, auf denen dann über Jahre oder Jahrzehnte jegliche Entwicklung von Geothermie ausgeschlossen wird - und dies selbst dann, wenn eine tatsächliche Kohlendioxidablagerung niemals wirtschaftlich möglich sein wird. Betroffen hiervon wäre aber nicht nur die Geothermie, sondern auch die Entwicklung von Druckluftspeicherkraftwerken, denen künftig ein wichtiger Beitrag zur Verstetigung der Stromeinspeisung insbesondere aus der Windenergie beigemessen wird (s.d.).
Im Mai 2009 startet in Celle der Forschungsverbund Geothermie
und Hochleistungsbohrtechnik (gebo), dessen Ziel die Erforschung neuer Konzepte zur wirtschaftlichen Gewinnung geothermischer Energie aus tiefen geologischen Schichten ist, um das im niedersächsischen Untergrund vorhandene geothermische Potential künftig für die Wärme- und Stromversorgung zu nutzen. Neben der Entwicklung neuer Bohrverfahren, Werkstoffe und elektronischer Bauteile, die an die extremen Bedingungen geothermischer Tiefbohrungen angepaßt sind, soll auch der gesamte Bohrprozeß optimiert werden, um eine deutliche Reduktion der Herstellungskosten von Tiefbohrungen zu erreichen.
Beteiligt sind das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG), Hannover, das Institut für Erdöl- und Erdgastechnik der TU Clausthal, das Institut für Dynamik und Schwingungen der TU Braunschweig, das Institut für Transport und Automatisierungstechnik der Leibniz Universität Hannover, das Geowissenschaftliche Zentrum der Universität Göttingen sowie die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover. Mit der Firma Baker Hughes, ein international führendes Unternehmen für Bohrtechnologien, ist auch ein kommerzieller Partner mit an Bord.
Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur wird in den kommenden fünf Jahren bis zu 9,5 Mio. € für das Vorhaben zur Verfügung stellen. Baker Hughes ergänzt diese Förderung um bis zu 2,3 Mio. €.
Nach dem Mitte Mai 2009 vom Bundeskabinett
verabschiedeten Geothermie-Bericht sollen bis zum
Jahr 2020 etwa
280 MW Leistung zur geothermischen
Stromerzeugung installiert sein, d.h. das Vierzigfache der gegenwärtig
installierten Leistung. Im Bereich der Wärmeerzeugung wird erwartet,
daß 2020 insgesamt
8,2 Milliarden kWh Wärme aus Anlagen der tiefen Geothermie erzeugt
werden können. Nach dieser Zeit wird mit einer Beschleunigung des Wachstums
und einer installierten elektrischen Leistung von 850
MW bis 2030 gerechnet.
Von Hessen im Norden über Rheinland-Pfalz, durch Baden-Württemberg
und bis hinunter zur Schweizer Grenze nach Basel verläuft eine der
für die Nutzung tiefer Erdwärmeressourcen interessantesten Regionen
Mitteleuropas. Nach der Inbetriebnahme des geothermischen Kraftwerks
in Landau (s.o.),
erfolgt in diesem Jahr die offizielle Eröffnung der Anlage in Bruchsal an
(s.o.).
Dritter Kraftwerksstandort am Oberrhein wird die kleine Gemeinde Insheim in der Nähe von Landau, wo sich in 3.600 m Tiefe ein Thermalwasservorkommen mit einer Temperatur von 165°C befindet. Von 2008 bis 2012 werden hier von der Pfalzwerke geofuture GmbH zwei Bohrungen niedergebracht und die komplette Kraftwerksinstallation vorgenommen. Die beiden Bohrungen fördern aus einer Tiefe von rund 2.000 m mehr heißes Wasser als ursprünglich vermutet.
Der Start des Kraftwerk-Testbetriebes erfolgt im November 2012 und läuft bis zum Frühjahr 2013. Die maximale elektrische Leistung beträgt 4,8 MW, womit ca. 8.500 Vierpersonen-Haushalte mit Strom versorgt werden können. Die Erzeugung des Stroms erfolgt dabei durch eine ORC-Anlage. Eine optionale maximale thermische Leistung wird auf ca. 6 – 10 MW geschätzt, was den Wärmebedarf von etwa 600 - 800 Haushalten zu decken vermag.
Doch auch hier werden Erdbeben gemeldet, wobei sich das stärkste mit einer Magnitude von 2,4 im April 2010 ereignet. Bis zum August 2017 werden insgesamt 116 Beben registriert.
Ein weiteres 5 MW Projekt befindet
sich im pfälzischen Rülzheim in
Vorbereitung, und auch die Städte und Gemeinden Unterhaching, Neuried, Pullach, Erding und Aschheim sind
am planen. In Rülzheim hatte sich der Gemeinderat 2008 einstimmig
dafür ausgesprochen, die Geothermie in der Gemeinde voranzutreiben.
Die Planung und Aufsicht führt die HotRock Engineering GmbH, während
die Bohrungen von der Firma Jaslo Polska übernommen werden. Als Generalunternehmer
soll die BESTEC GmbH zwei Tiefenbohrungen über 3.000 m durchführen
und einen Wasserkreislauf installieren.
Angesichts der Probleme mit den o.g. Geothermieanlagen in Landau und Insheim zieht das Gremium im Mai 2013 die Notbremse und verlängert den Pachtvertrag für das Bohrloch nicht mehr. Die HotRock klagt dagegen, verliert im Dezember 2014 aber vor dem Amtsgericht in Germersheim. Die Berufung gegen das Germersheimer Urteil wird im Juli 2015 vom Landgericht Landau zurückgewiesen. Meldungen vom Mai 2017 zufolge soll der Bohrplatz nun möglichst schnell zurückgebaut werden.
Großangelegte seismische Erkundungen werden außerdem in den Bereichen Worms und Bingen unternommen,
und auch die Bewohner von Heidelberg lassen die Verhältnisse
unter ihrer Stadt untersuchen. Die verbesserten Einspeisebedingungen
für geothermischen Strom durch die Neufassung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes
(EEG) initiieren viele neue Aktivitäten. Dabei entstehen die Projekte
vor allem durch Eigenmittel und durch Beteiligung privater Investoren
– eine interessante Entwicklung im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise.
Im September 2009 fordert der GtV
– Bundesverband Geothermie eine offene Diskussion über die Tiefe
Geothermie und Mikrobeben, nachdem die Einwohner von Landau im
August und September mehrere dieser kleinen Beben mit einer Stärke von
2,7 auf der Richterskala erleben mußten. Ein Zusammenhang mit dem seit
Ende 2007 laufenden
Betrieb des lokalen Geothermie-Kraftwerks der Firma Geox liegt nahe,
doch die gleichen Phänomene kommen auch in der Erdgas- und Erdölförderung
und beim Tunnelbau immer wieder vor. Man begrüßt daher die Einrichtung
einer Expertengruppe durch das rheinland-pfälzische Umweltministerium.
Landau liegt am Rande des Oberrheingrabens, ein geologisch sehr bewegtes Gebiet, in dem viele Beben auftreten, die natürlichen Ursprungs sind; allein seit Juni 2000 waren gab es 57 Beben, die von ihrer Stärke mit den jüngsten Ereignissen in Landau zu vergleichen sind.
Anfang November 2009 wird bei einer Erdwärmebohrung
am hessischen Finanzministerium in Wiesbaden versehentlich
eine 130 m tief gelegene und unter Druck stehende Wasserblase angebohrt,
wodurch zeitweise haushohe Fontänen aus dem Boden schießen und pro Minute
rund 6.000 Liter Wasser hervorsprudeln. Die Feuerwehr ist stundenlang
im Dauereinsatz und füllt im Laufe der Nacht 56 m3 Beton in
das Hauptbohrloch. Erst nach zwei Tagen gelingt es Experten, das Bohrloch
weitgehend abzudichten.
Die Geothermie-Bohrungen waren etwa 30 m vom Ministerium entfernt vorgenommen worden um zu prüfen, ob der für 2010 geplante Anbau mit Büros und einer Kinderkrippe mit Erdwärme versorgt werden könne. Später werden die Schäden mit 500.000 € beziffert.
Ebenfalls im November 2009 tauchen in der Presse
erste Meldungen über die Pläne der 2008 gegründeten
Firma BE Geothermal GmbH und der Gemeinde Bernried auf,
im Erlaubnisfeld Bernried am Starnberger See das bislang größte Geothermiekraftwerk
Mitteleuropas zur Erzeugung von Strom und Fernwärme zu bauen. Vorgesehen
ist eine elektrische Brutto-Leistung von 8
– 11 MW und eine Wärmeleistung von etwa 80
MW.
Hierfür sollen vier Bohrungen (Doppel-Dublette) bis zu einer Tiefe von etwa 4.400 m bzw. 4.900 m eingebracht werden, um eine Förderrate von 900 m3 pro Stunde zu erreichen. erwartet wird Thermalwasser mit 150°C. Die Auswertung der im Sommer 2009 durchgeführten seismischen Messungen führt im Februar 2010 zur Festlegung des Standortes für das Heizkraftwerk, dessen geplanter Baubeginn im Frühling 2010 sich aber nicht realisieren läßt, weil Bürgerinitiativen intensiv gegen das Vorhaben protestieren.
Der Grund hierfür ist, daß der geplante Kraftwerksstandort mitten in einem bislang unerschlossenen Waldgebiet im bzw. nahe dem Landschaftsschutzgebiet Hardtlandschaft und Eberfinger Drumlinfelder liegt. Die Klagen gegen die Genehmigungen werden vom Bayerischen Verwaltungsgericht allerdings abgewiesen, und im Januar 2011 wird der Ort für die Injektionsbohrungen festgelegt.
Im Januar 2013 beginnen die allgemeinen Erschließungsarbeiten, und 2016 wird wir die erforderliche Infrastruktur geschaffen. Der geplante Bohrbeginn ist nun der Sommer 2018.
Im Dezember 2009 werden
die drei benachbarten Gemeinden Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim im
Landkreis München zu den ‚Energie-Kommunen’ des Monats gekürt,
da sie bereits 2008 den
Mut zur Innovation bewiesen und mit der damals neu gegründeten AFK-Geothermie
GmbH das erste
interkommunale Erdwärmeprojekt in Deutschland gestartet hatten. Die
Buchstaben AFK stehen für die Namen der drei Gemeinden.
Im Rahmen des Gemeinschaftsprojektes soll künftig 85°C heißes Thermalwasser aus Tiefen von 2.700 m unter dem Alpenvorland eine umweltfreundliche Wärmeversorgung von rund 80 % der insgesamt 26.000 Einwohner gewährleisten. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits 333 Gebäude an das Heizwerk mit 6,9 MW Leistung angeschlossen, das im Oktober 2009 seinen Betrieb aufgenommen hat. Im Endausbau sollen sogar rund 6.000 Gebäude versorgt werden. Die Förderbank KfW gewährte der AFK-Geothermie GmbH für das Projekt ein Darlehen über 19,2 Mio. € sowie einen Tilgungszuschuß von 6 Mio. €.
Ebenfalls im Dezember 2009 informieren Wissenschaftler
der TU Dresden über die Entwicklung eines neuen Bohrverfahrens,
das die Kosten um bis zu 30 % senken und gleichzeitig die Bohrgeschwindigkeit
erhöhen kann. Das Elektroimpulsverfahren (EIV) wurde
im Rahmen eines vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
geförderten Projektes entwickelt, nun soll ein Prototyp entstehen.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Bohrwerkzeugen, die schnell verschleißen (oftmals muß der Bohrkopf schon nach 2 – 3 Tagen im Dauerbetrieb ausgewechselt werden, wobei die Anlage in dieser Zeit still steht), nutzt das Elektroimpulsverfahren die zerstörende Wirkung energiereicher, elektrischer Entladungen, die direkt im Inneren des zu lösenden Materials erzeugt werden.
Bei der neuen Technologie entladen sich bis zu 400 kV innerhalb von einer zehnmillionstel Sekunde, wodurch Druck und Temperatur schlagartig ansteigen und das Gestein regelrecht zerplatzt. Dabei liegen die Elektroden, zwischen denen der Durchschlag erzeugt wird, einfach nur lose auf dem Gestein auf.
Für den Zeitraum vom November 2010 bis zum Dezember 2017 finanziert das Bundesministerium das Folgevorhaben, einen aus Stoßspannungsquelle und Abbauelektroden bestehenden EIV-Bohrkopf zu entwickeln und umzusetzen. Damit sollen experimentelle Untersuchungen unter bohrlochähnlichen Bedingungen durchgeführt werden, um die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit des neuen Bohrkopfes aufzuzeigen.
Auf Brücken über Wasserläufen, die ständig von feuchter, kalter Luft
umgeben sind, vereist der Asphalt deutlich schneller als auf anderen
Straßenabschnitten. Ende 2009 wird daher die
erste Brücke mit einem an der Universität der Bundeswehr
München im
Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen entwickelten Verfahren zur Erwärmung
der Fahrbahn gebaut, welches diese Glättebildung verhindert.
Die derzeit im Bau befindliche Brücke überquert den Elbe-Lübeck Kanal
im Kreis Herzogtum Lauenburg und soll Mitte 2010 in
Betrieb gehen.
Durch ein in die Asphaltdecke der Brücke integriertes feines Rohrsystem wird in einem geschlossenen Kreislauf warmes Wasser gepumpt, wobei durch die gute Leitfähigkeit des Asphalts eine Vereisung der Brückenoberfläche schon bei Wassertemperaturen von ca. 10 – 12°C verhindert wird. Bei drohender Glättebildung wird enstprechend ,warmes’ Grundwasser aus 80 m Tiefe durch die Kunststoffrohre gepumpt und die Brückenfahrbahn zuverlässig über dem Gefrierpunkt gehalten. Aus diesem Grund erwähne ich dieses System auch an dieser Stelle.
Da die Energiequelle für den Winterbetrieb die in den Sommermonaten im Untergrund gespeicherte Wärme bildet, behandle ich dieses und ähnliche Systeme ausführlich im Kapitel Sonnenenergie unter dem Stichwort Asphaltkollektoren (s.d.).
Im Mai 2010 berichtet die Fachpresse, daß eine Forschungsbohrung
unter Leitung der Friedrich-Schiller-Universität Jena klären
soll, wie der tiefe Untergrund im Thüringer Becken beschaffen ist und
welche geothermische Energienutzung hier möglich wäre. Im Rahmen des INFLUINS (Integrierte
Fluiddynamik in Sedimentbecken) genannten und vom Bundesforschungsministerium
geförderten Verbundprojekts soll im Norden der Stadt Erfurt eine
mindestens 1.500 m tiefe Bohrung abgeteuft werden.
Tatsächlich können in den Folgejahren durch drei große Meßkampagnen wichtige Daten zum Thüringer Becken gewonnen werden, angefangen von der Reflexionsseismik (2011), über die Befliegungen mit einem Squidmagnetometer (2012 und 2013), bis hin zur Forschungsbohrung selbst (Sommer 2013).
Meldungen im Juni zufolge sollen auf dem Geothermie-Bohrfeld zwischen Kaufbeuren und Mauerstetten im
Ostallgäu bald weitere Schritte erfolgen, nachdem die Münchner Betreiberfirma Exorka
International Ltd. bereits im Dezember 2009 damit
begonnen hatte, die Möglichkeiten für ein sogenanntes petrothermales
System (auch: Hot Dry Rock System, HDR) zu untersuchen. Die
Fördertemperatur der im Oktober 2008 fertiggestellten Bohrung beträgt
in 4.545 m Tiefe 125°C (andere Quellen: 153°C).
Bei dem auf 40 Mio. € geschätzten Vorhaben sollte eine Geothermie-Anlage eigentlich 4 – 5 MW Strom produzieren, doch aufgrund der zu geringen Schüttungsmengen am Standort gelingt es nicht, heißes Tiefenwasser zu fördern – stattdessen war man in über 3.000 m Tiefe auf Erdgas gestoßen, was die Bohrarbeiten kurzzeitig verzögert hatte. Das Unternehmen plant daher, die Energie des heißen, aber trockenen Gesteins mit der HDR-Methode zu nutzen. Allerdings steckt diese Technik noch immer in den Kinderschuhen, und weltweit gibt es bislang kein einziges funktionierendes Kraftwerk, das nach dem Verfahren arbeitet.
Nach zwei erfolglosen Bohrungen wird die Anlage in Mauerstetten still gelegt – bis 2010 beim Bundesumweltministerium ein Forschungsprojekt Geothermie Allgäu 2.0 beantragt wird, hinter dem neben der Exorka die Firma Daldrup & Söhne AG, das Deutsche GeoForschungsZentrum in Potsdam und die TU Bergakademie Freiberg stehen. Bei dem Pilotprojekt sollen die Fließwege im Untergrund mittels einer hydraulischen Stimulation, gefolgt von einer Säurestimulation, verbessert werden, was von der Regierung von Oberbayern im August 2014 auch genehmigt wird.
Die Genehmigungsphase für die Stimulationsmaßnehmen dauerte über mehrere Jahre und hat das Projekt stark verzögert. Gründe für die Verzögerungen waren unter anderem Einwände und Ängste von seiten der Bürger. Mitte 2015 führt die Gemeinde Verhandlungen mit den Erlaubnisfeldinhabern des Geothermieprojektes durch, da sie anstelle des genehmigten Stimulationsprojektes lieber ein reines geothermisches Wärmeprojekt umsetzen will. Bislang ist noch nicht klar, wie es nun in Mauerstetten weitergehen wird.
Meldungen vom
August 2010 zufolge beliefert
die zu Pratt Whitney Power Systems gehörende Firma Turboden die
Stadtwerke München mit einer geothermischen Stromerzeugungsanlage,
die auf dem Organic Rankine Cycle (ORC) basiert. Die drei Bohrungen,
die im Juni abgeschlossen worden sind, sowie den Bau des Kraftwerks
führen die Stadtwerke selbst durch.
Die Anlage in Sauerlach soll 5,1 MW elektrische Leistung liefern und zudem 4 MW thermische Leistung in das Münchener Fernwärmenetz einspeisen. Die Anlage wird mit mehr als 140°C heißem Wasser aus 4.700 - 5.600 m tiefen Bohrungen versorgt. Die offizielle Inbetriebnahme erfolgt im Januar 2014.
Ebenfalls im August 2010 zufolge beginnt die Bohrung für ein Projekt
der Stadt und der Stadtwerke im oberbayerischen Waldkraiburg,
wo die Projektbetreiber in 2.600 m Tiefe über 100°C heißes Wasser
erwarten. Damit soll die Stadt langfristig klima- und umweltfreundlich
mit Fernwärme versorgt werden. Die erste Bohrung erreicht den Zielhorizont
im Malm im November 2010, die zweite im März 2011.
Nach dem Bau der Heizzentrale und dem weiteren Ausbau des bestehenden Fernwärmenetz wird die Anlage mit einer installierten thermischen Leistung von ca. 15 MW im Oktober 2012 in Betrieb genommen.
Im August 2010 beginnen auch die Bohrarbeiten für
das bislang größte deutsche Geothermie-Projekt im Wohnungsbau, bei
dem in Bottrop-Kirchhellen, im Baugebiet ,Am Schultenkamp’,
eine komplette Siedlung mit 500 Wohneinheiten entsteht, die ausschließlich
mit Erdwärme beheizt werden. Realisiert wird das Heizungskonzept von
der Bottroper Firma Erdwärme Rhein-Ruhr GmbH (ERRG),
wissenschaftlich begleitet vom GeothermieZentrum Bochum.
Insgesamt werden im Geothermiefeld Nordlicht 48 Bohrungen bis zu 158 m (andere Quellen: 250 m) tief abgeteuft. Pro Bauabschnitt werden zudem mehrere Wärmezentralen errichtet, so daß ein lokales Nahwärmenetz entsteht. Eine Zentrale besteht jeweils aus 2 - 4 Wärmepumpen, die je nach Auslastung zu bzw. abgeschaltet werden können.
Nach Angaben des Bundesverbandes Geothermie beträgt
die zu diesem Zeitpunkt in Deutschland installierte thermische Leistung
zur Wärmeerzeugung 2,5 GW. Diese
bestehen weitgehend aus den mittlerweile 178.000 Erdwärmepumpen in
Wohn- oder Geschäftshäusern, die jährlich um mindestens 25.000 Stück
zunehmen. Der potentielle Markt ist jedoch noch wesentlich größer,
denn die 18 Millionen Gebäude in Deutschland verbrauchen
für Heizung und Kühlung etwa 40 % der gesamten Endenergie des Landes.
Die installierte Leistung der geothermischen Stromerzeugung liegt demgegenüber bei mageren 6,6 MW, die von drei Kraftwerken produziert werden. Diese Angabe deckt sich allerdings nicht der vorstehenden Übersicht. Andere Quellen gehen dementsprechend von 30 Geothermiekraftwerken über 2 MW aus, die bereits in Betrieb sind und zusammen 105 MW leisten.
Wie Untersuchungen des Instituts für Angewandte Geowissenschaften der Technischen
Universität Darmstadt zeigen, die im Auftrag des Hessischen
Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
erfolgten und im September 2010 auf dem 5. Tiefengeothermie-Forum
in Darmstadt vorgestellt werden, können Wärme und Strom in ganz Hessen mit
Hilfe der Tiefengeothermie erzeugt werden.
Die Gesteinsschichten in Hessen weisen meist ab einer Tiefe von etwa 3.000 m gute Bedingungen für die petrothermale Geothermie auf, das das meist nahezu wasserfreie Gestein in dieser Tiefe über 150°C heiß ist. In den nächsten Jahren sollen daher erste petrothermale Systeme erschlossen und deren Betrieb erforscht werden.
Meldungen vom Oktober 2010 zufolge haben Wissenschaftler
der PINTSCH ABEN geotherm GmbH aus Dinslaken und des Bayerischen
Zentrums für Angewandte Energieforschung e.V. (ZAE Bayern)
in Garching in einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
geförderten Forschungsprojekt ,Weichenheizung mit Erdwärme’, gemeinsam
ein neuartiges, selbstregelndes geothermisches Heizungssystem für
die Schnee- und Eisfreihaltung von Eisenbahnweichen entwickelt.
Allein bei der Deutschen Bahn AG werden etwa 64.000 Weichen beheizt – in der Regel mit elektrischem Strom oder Gas. Diese Systeme erfordern zwar einen geringen Investitionsaufwand und arbeiten auch bei extremen Witterungsbedingungen zuverlässig, ihr Energieaufwand ist allerdings beträchtlich. Eine Alternative sind hier geothermische Weichenheizungen.
Das Erdwärmesystem arbeitet nach dem Wärmerohr-Prinzip. Dabei ist der Verdampfer in Form einer 9,2 m langen Erdwärmesonde ausgeführt, deren Kondensator sich direkt an der Weiche befindet. Als Arbeitsmedium dient Kohlendioxid, das bei einem Druck von etwa 40 bar in den gasdicht verschlossenen Wärmerohren zirkuliert. Die resultierende Arbeitstemperatur des Wärmeträgers von ca. 6 – 10°C ist ausreichend, um Schnee und Eis zu schmelzen. Und außer der Erdreichwärme benötigt das System keine weitere Energiequelle.
Nachdem dem erfolgreichen Abschluß der Entwicklungsphase mit Versuchen auf dem Firmengelände in Hamburg wird im Winter 2010/2011 mit dem Bau der ersten Pilotanlage begonnen. Eine weitere Pilotanlage wird in der Wintersaison 2011/2012 installiert. Die Ergebnisse beider Pilotanlagen übertreffen weit die Erwartungen.
Interessanterweise erhalten 2011 – und zwar nach zweijährigem Probebetrieb – die Weichenheizungen der Triple S-GmbH die Zulassung für das Schienennetz der Deutschen Bahn. Diese nutzen als Wärmequelle jeweils die Energie, die am Einsatzort am wirtschaftlichsten ist. Das kann die Restwärme in der Abluft oder dem Abwasser eines nahe gelegenen Bahnhofs sein, oder eben die Erdwärme.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hatte die Entwicklung, deren Idee auf die Dienstleistungsgesellschaft für Bauen, Umwelt und Consulting GmbH (DiBaUCo) aus Eichenau zurückgeht, ab 2007 drei Jahre lang unterstützt, wobei auch weitere Partner aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden gewonnen werden konnten. Inzwischen ist bereits ein weiteres Projekt in Arbeit: Weichenheizungen für Straßenbahnen.
Ebenfalls im Oktober 2010 geht im Mercedes-Benz-Werk
Rastatt eine Geothermie-Anlage für die neue Rohbauhalle
in Betrieb. Die Anlage nutzt das Grundwasser aus elf Brunnen über
zwei hochmoderne Wärmepumpen zur Heizung im Winter und zur Kühlung
im Sommer. Zusätzlich wird auch die Abwärme aus dem Produktionsprozeß
selbst genutzt, wodurch jährlich rund 5 Mio. kWh Energie gespart
werden sollen.
Im November 2010 erfolgt der Bohrbeginn für ein Geothermiekraftwerk
in der Kommune Kirchweidach im oberbayerischen Altötting.
Der federführenden GEOenergie Kirchweidach GmbH zufolge
sei der Standort aufgrund des mit 130°C relativ hohen Temperaturniveaus
des Thermalwassers besonders interessant.
Die zum Einsatz kommende Bohranlage vom Typ Terra Invader 350 wurde vom Hersteller Herrenknecht mit zusätzlicher Förderung des Bundesumweltministeriums speziell für den Einsatz in Erdwärmeprojekten entwickelt. Der Bohrmeißel soll sein Ziel in rund 3.900 m Tiefe im Februar oder März 2011 erreichen. Die gewonnene Energie soll für die Stromversorgung genutzt werden, wobei die elektrische Leistung des Kraftwerks bei 8 MW liegen wird (andere Quellen: 6,7 MW). Es wäre damit das größte entsprechende Projekt in Deutschland
Eingeweiht wird das von einem Finanzinvestor aus Großbritannien realisierte Projekt dann im Mai 2015 – allerdings nur als Fernwärmeprojekt, das 150 Haushalte sowie einen großen Gemüsebaubetrieb versorgt, in dem Tomaten und Paprika erzeugt werden. Nach einer anfänglichen Verringerung der geplanten elektrischen Leistung auf 500 kW wird die Stromerzeugung vollständig gestrichen.
Der offizielle Startschuß für die Umsetzung des nächsten Erdwärmeprojekts in Altötting fällt im Oktober 2017. Der Bohrbeginn wird voraussichtlich im Februar oder März 2018 stattfinden. Das Projekt soll eine elektrische Leistung von 3,5 MW erreichen und Strom für 10.000 Haushalte bereitstellen. Darüber hinaus sieht der aktuelle Plan eine Bereitstellung von bis zu 6,2 MW Wärmeenergie vor.
Im Dezember 2010 schließen der Schweizer Energieversorger Axpo
AG und die Geysir Europe GmbH, eine Mehrheitsbeteiligung
der Daldrup & Söhne AG aus Ascheberg, einen Beteiligungsvertrag
zur Realisierung eines Geothermie-Projekts in Taufkirchen,
das für die beiden Unternehmen den Einstieg in die Errichtung und Inbetriebnahme
von eigenen Kraftwerken bedeutet.
Die ersten Bohrungen für das Wärme- und Stromkraftwerk mit einer Leistung von 4,3 MW elektrisch und 19,8 MW (später: 35 MW) thermisch erfolgen im Juni 2011, die Inbetriebnahme ist für Anfang 2013 vorgesehen. Die Kosten werden auf ungefähr 61 Mio. € beziffert. Im August 2011 beteiligt sich auch die Gemeindewerke Oberhaching GmbH zu 15,5 % an dem ersten ÖPP-Projekt (Öffentlich Private Partnerschaft) in Deutschland im Bereich der geothermischen Stromerzeugung mit Wärmeauskopplung.
Tatsächlich erfolgt der symbolische Spatenstich für den Hochbau des Geothermie-Kraftwerks, das als eine der modernsten Kraft-Wärme-Kopplungs-Geothermieanlagen in Europa gilt, allerdings erst im März 2014, nachdem im vorangegangenen Dezember über eine provisorische Installation bereits die Einspeisung von Wärme in die Fernwärmenetze der Gemeinden Oberhaching und Taufkirchen erfolgt war.
Im Dezember 2015 nimmt die 100 %-ige Daldrup-Tochter Exorka GmbH die Fernwärmezentrale in Betrieb, während das Kalina-Kraftwerk seinen ersten Strom im ersten Quartal 2016 produzieren und einspeisen soll. Aufgrund schadhafter Wärmetauscher verzögert sich die Inbetriebnahme um mehr als ein Jahr. Nun wird erwartet, daß das Kraftwerk mit neuen Wärmetauschern im Sommer 2017 ans Netz gehen kann.
Ebenfalls im Dezember 2010 stellt das Karlsruher
Institut für Technologie (KIT) ein gemeinsam mit der ETH
Zürich koordiniertes Projekt vor, in dessen Rahmen Forscher
aus Deutschland, der Schweiz und Kanada nachweisen konnten, daß Klimawandel
und Wärmeinseleffekt in großen Städten nicht nur die Oberflächentemperaturen
haben ansteigen lassen – sondern auch zu deutlichen Erwärmungen der oberflächennahen
Grundwasserschichten führten.
Messungen in Köln sowie in Winnipeg/Kanada ergeben im Vergleich zum ländlichen Umland eine Erhöhung der Grundwassertemperaturen um bis zu 5°C. Damit bieten diese Grundwasserschichten genug Energie, um einen erheblichen Teil des Heizbedarfs ganzer Städte zu decken. Die Forscher gehen zudem davon aus, daß die Grundwassertemperaturen mit fortschreitender Urbanisierung weiter ansteigen werden. Die Ergebnisse werden bei dem Workshop der EU-Kommission ,Future Utilization of Geothermal Energy in Urban Areas’ im November 2012 in Brüssel vorgestellt.
Im Zuge eines Meßprogramms in München, das im April 2014 im Gebiet Fürstenfeldbruck bis nach Freising durchgeführt wird, stellen die Experten fest, daß die Grundwassertemperaturen beträchtlich höher liegen. Statt im Jahresmittel Temperaturen um die 10°C hat das Grundwasser in weiten Teilen der Münchner Innenstadt Temperaturen bis 17°C und teilweise sogar bis 20°C, angeheizt durch Tiefgaragen und U-Bahnschächte. Der Freistaat finanziert das Großprojekt mit 840.000 €.
Berichten vom Dezember 2015 zufolge haben die Forscher am KIT zwischenzeitlich eine neue, satellitengestützte Methode entwickelt, um in Städten die unterirdischen Wärmeinseln mit ihrem enormen geothermischen Potential aufzuspüren. Dabei wird anhand der satellitengestützt gemessenen Oberflächentemperatur und der Bebauungsdichte die Grundwassertemperatur abgeschätzt.
Wissenschaftler vom Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW) und vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Spurengase und Fernerkundung (IMK-ASF) des KIT sowie von der ETH Zürich haben nun gemeinsam ober- und unterirdische Wärmeinseln in den vier deutschen Städten Berlin, München, Köln und Karlsruhe in ihrem Verhältnis zueinander untersucht.
Dabei stellen sie eine räumliche Korrelation bis zu 80 % fest. Die Übereinstimmung ist in den älteren Städten wie Köln größer als im verhältnismäßig jungen Karlsruhe. Denn je älter die Stadt, desto ausgeprägter die Erwärmung des Untergrundes. In 95 % der untersuchten Gebiete ist allerdings die Grundwassertemperatur höher als die Oberflächentemperatur, was die Wissenschaftler auf zusätzliche unterirdische anthropogene Wärmequellen wie Gebäudekeller, Abwasserkanäle oder die Reinjektion von Kühlwasser zurückführen.
Um die Grundwassertemperatur zuverlässig zu schätzen, ziehen die Forscher zusätzlich Bebauungsdichte und Kellertemperatur heran. Damit gelingt es ihnen, die regionalen Grundwassertemperaturen mit einem mittleren absoluten Fehler von 0,9 Kelvin zu schätzen.
Laut Meldungen vom August 2016 entwickelten die Wissenschaftler des KIT gemeinsam mit Kooperationspartnern im Zuge dreijähriger Forschungsarbeiten zudem eine Kamerasonde für tiefe Geothermie-Bohrungen, deren erster Entwurf jetzt vorliegt. Mit der Sonde können die Betreiber künftig beispielsweise Korrosionsgrad und Abnutzung der Verrohrung sowie geologische Hindernisse in Bohrlöchern von bis zu 4.000 m Tiefe per Livebild inspizieren.
Die Kamerasonde besteht aus mehreren Gefäßen, die wie bei einer Zwiebel übereinander liegen und aus unterschiedlichen Materialien bestehen. Die elektronische Kameraeinheit befindet sich im Inneren von Dewar-Gefäßen, doppelwandige Gefäße aus Glas- oder Edelstahl, zwischen denen Vakuum herrscht, wie bei Thermoskannen. Die Dewar-Gefäße stecken im Inneren eines Rohrs aus einer Nickelbasislegierung und sind dort mit einem Teflon-Stopfen fixiert. Da diese Wärmedämmung aber nicht ausreicht, um einen mehrstündigen Betrieb zu ermöglichen, wird die Temperatur im Innern der Sonde zusätzlich durch eine Kühlung mit Phasenwechselmaterialien (PCM) weiter gesenkt.
Die Kameraeinheit, die aus einer Frontal- und zwei Seitenkameras besteht, ist drehbar und filmt durch ein Frontalfenster und sechs seitliche Fenster, die aus einer speziellen Keramik bestehen. Für die nötige Helligkeit und Variationsmöglichkeiten sorgen zahlreiche integrierte LEDs. Die Daten der in der Tiefe geschossenen Bilder werden komprimiert und über ein Kabel an die Oberfläche übertragen. Ein praxisreifer Prototyp, der in einer realen Geothermieanlage getestet werden könnte, liegt derzeit aber noch nicht vor.
Anfang 2017 koordiniert das KIT zudem ein Projekt namens GeoSpeicher.bw, das aus acht Einzelprojekten besteht und vom Umweltministerium Baden-Württemberg mit rund 880.000 € unterstützt wird. Die Themen erstrecken sich von Monitoring- und Speicherkonzepten, Wärmetransport-Modellen, Untersuchungen zur Hydrogeochemie bis hin zu System- und Optimierungsanalysen.
Im Jahr 2010 hat das Bundesumweltministerium
(BMU) rund 15 Mio. € für neue geothermische Forschungsprojekte bewilligt.
Ende des Jahres sind in Deutschland 17 Geothermieanlagen in Betrieb,
die Wärme mit einer installierten Leistung von 165
MW bereitstellen. Fünf Anlagen (Neustadt-Glewe, Landau, Unterhaching,
Bruchsal und Simbach) werden als geothermische Kraftwerke betrieben
und speisen Strom in das öffentliche Netz ein.
Im Januar 2011 läßt
die bayerische Stadt Marktredwitz ein Klima- und Energiekonzept
erstellen, bei dem auch die Machbarkeit einer mittels Erdwärme beheizten
Straße untersucht wird. Für das Pilotprojekt wird die Wunsiedler
Straße in Marktredwitz auserkoren, eine der höchstgelegenen Straßen
der Stadt, die zudem ein Steigung von 11 % besitzt und im Winter zuerst
gestreut werden muß. Eine mit Erdwärme geheizte Straße ist demgegenüber
im Winter trockener und braucht weniger oder gar kein Salz.
Im Sommer könnte der umgekehrte Prozeß laufen: Die Wärme wird von der Straße abgeleitet und gespeichert; eine gekühlte Straße bekommt nicht so schnell Spurrillen, wie eine mit heißem Asphalt. Dies verlängert – ebenso die die größere Trockenheit im Winter – die Lebensdauer der Straße. Der Pilotversuch soll zudem zeigen, ob sich Erdwärme bei einer Straße einsetzen läßt, ohne daß diese aufgerissen und Leitungen in der offenen Trasse verlegt werden müssen. Im Fall der Wunsiedler Straße stellt die E.ON in Aussicht, die Beheizung von den seitlichen Straßengräben aus durchzuführen.
Das im April 2012 veröffentlichte und auch Online einsehbare Ergebnis der Untersuchung eines rund 100 m langen Teilstücks der Straße zeigt, daß eine Temperierung mittels Erdwärmespeicher grundsätzlich realisierbar ist. Da die primäre Energiequelle für diese Umsetzung allerdings die Sonnenenergie des Sommers ist, wird die Technologie ausführlich im entsprechenden Kapitel unter dem Oberbegriff Asphaltkollektoren abgehandelt (s.d.). Über eine Umsetzung des o.g. Pilotprojekts ist bislang nichts zu finden.
Im April 2011 beginnt die E.ON Bayern Wärme GmbH (später: Bayernwerk Natur) mit einem Langzeitpumpversuch beim Geothermie-Projekt im bayerischen Poing. In einer Serie von Testläufen mit unterschiedlichen Förderraten soll die Praxisfähigkeit des Systems erprobt und die genaue Zusammensetzung des Thermalwassers untersucht werden. Das 2008 begonnene Geothermie-Projekt, dessen Gesamtkosten sich auf rund 31 Mio.€ belaufen, sollte eigentlich schon ab Herbst 2009 in Betrieb sein.
Sobald keine Verunreinigungen mehr im Thermalwasser sind, soll die geförderte Wärmemenge über Wärmetauscher in das regionale Fernwärmeleitungssystem eingespeist werden. Die Fernwärme soll den Kunden voraussichtlich ab dem Juni zur Verfügung stehen. Die Fernwärmeleitung des Projekts umfaßt 13 km mit mehr als 440 angeschlossenen Objekten, der Anschlußwert liegt derzeit bei rund 28 MW. Für die Zukunft sind Netzerweiterungen vorgesehen.
Im Dezember 2011 zeigen sich jedoch Probleme mit Feststoffen, die nun mit Hilfe von automatischen Schmutzfiltern gelöst werden sollen. Nach Schwierigkeiten an den beiden Bohrstellen sind es nunmehr Steine und Erosion, welche die beiden jeweils gut 3.000 m tiefen Bohrlöcher verstopfen bzw. behindern. Zudem wird die Heizzentrale mit einem 17 MW Gas-/Ölkessel für 2 Mio. € nachgerüstet, um die Geothermie abzusichern und die Fernwärmeversorgung zu gewährleisten.
Den regulären Betrieb nimmt die Geothermieanlage, die ca. 70 % des Wärmebedarfs der Gemeinde abdeckt, im Dezember 2012 auf. Die geförderte Wassertemperatur liegt bei etwa 76°C. Das Projekt ist das erste dieser Art, das der Energiekonzern E.ON alleine betreibt.
Im Dezember 2016 werden in Poing leichte seismische Ereignisse mit einer Magnitude von 2,1 auf der Richterskala registriert (andere Quellen: 2,7), die aber keine Schäden verursachen. Eine genaue Datenanalyse des Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) in Hannover soll Klarheit über den Auslöser und die mögliche Ursache liefern. Zudem läßt der Betreiber Bayernwerk AG den Produktionsort mit einer Anlage zur seismischen Überwachung nachrüsten, um zukünftig einen Nachweis zu führen, ob derartige Ereignisse mit dem Regelbetrieb in Zusammenhang gebracht werden können.
Erneut gibt es im September 2017 im Untergrund von Poing spürbare Erdstöße der Stärke 2,4, deren Epizentrum im Bereich der Injektionsbohrung der Geothermieanlage liegt. Dem im Oktober vorgelegten Gutachten des LIAG zufolge gibt es allerdings weiterhin keine eindeutigen Be- und Hinweise für einen Zusammenhang zwischen Geothermie und Erdbeben. Die Anlage wird trotzdem vorläufig außer Betrieb gesetzt.
Gut ein Jahr nach den seimischen 2D-Messungen stellt die Überlandwerk
Groß-Gerau GmbH (ÜWG) zusammen mit dem Projektentwickler GeoThermal
Engineering GmbH im April 2011 die Meßergebnisse
für ein rund 240 km2 großes Meßgebiet vor, das Teile der
drei Landkreise Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau und den Main-Taunus-Kreis
umfaßt. Demnach ermöglichen die in 2.500 – 3.000 m Tiefe vorgefundenen
Gesteinsstrukturen die Realisierung eines Tiefengeothermiekraftwerks
im Kreis Groß-Gerau. Die Projektentwickler rechnen
mit einer Thermalwassertemperatur von 150 – 160°C. Im September wird
von der DMT GmbH & Co. KG mit Sitz in Essen
eine dreidimensionale seismische Messung durchgeführt, um den optimalen
Standort für Hessens erstes Geothermiekraftwerk
festzulegen.
Im November 2013 entscheidet sich, daß Tiefengeothermie-Kraftwerk in Trebur in der Nähe von Mainz gebaut wird. Die Voruntersuchungen ergaben optimale Bedingungen an diesem Standort mit erwarteten Wassertemperaturen von bis zu 170°C.
Die ÜWG plant den Bau eines Tiefen-Geothermie-Kraftwerks in der Region, für das Investition in Höhe von rund 35 Mio. € vorgesehen sind, schon seit 2007, doch bis mit den Tiefbohrungen begonnen wird, dauert bis zum März 2016, obwohl die Inbetriebnahme des Heizkraftwerks eigentlich schon für 2017 vorgesehen ist. Mit 3 MW elektrischer Leistung können 7.000 Haushalte mit Strom versorgt werden. Die 6 MW thermische Leistung können zusätzlich 400 Haushalte mit erneuerbarer Wärme beliefert werden.
Iim Juni 2016 zeigen sich durch den Fund von Tonmineralen im letzten Abschnitt der ersten Bohrung, noch vor Erreichen der Zielteufe, ungünstige geologische Verhältnisse, was einen Sidetrack erforderlich macht. Dort wiederum frißt sich ein Teil des Bohrgeräts in einer Tiefe von ca. 3.700 m fest.
Obwohl die ÜWG bereits 10 Mio. € in das großdimensionierte Projekt investiert hat, wird im August entschieden, die Arbeiten endgültig einzustellen – nachdem am geplanten Endpunkt in 4.185 m Tiefe festgestellt wurde, daß die Störungszonen, über die das Thermalwasser hätte zirkulieren sollen, mit Kalk, Gips und Quarz verfüllt sind.
Einem Bericht vom Mai 2011 zufolge untersuchen derzeit
Forscher aus ganz Europa im Rahmen der Projekte GEISER und MAGS (Mikroseismische
Aktivität Geothermischer Systeme) der Bundesanstalt für Geowissenschaften
und Rohstoffe (BGR), wie solche Erschütterungen zukünftig verhindert
werden können. Dabei werden frühere Bohrungen ausgewertet, um festzustellen,
unter welchen Bedingungen spürbare Beben auftreten konnten. Erste Ergebnisse
werden Ende des Jahres erwartet.
Die Laufzeit von MAGS , bei dem die Seismizität an sieben deutschen Geothermiestandorten gemessen und charakterisiert wird, geht vom Mai 2010 bis zum September 2013. Das darauf aufbauende Folgeprojekt MAGS2 (Vom Einzelsystem zur großräumigen Nutzung), dessen Abschlussworkshop im Oktober 2016 stattfindet, beschäftigt sich dann insbesondere mit den möglichen seismologischen Wechselwirkungen in komplexen Geothermiefeldern.
Die Informationsseite zum Projekt GEISER ist zum Zeitpunkt des aktuellen Updates im Herbst 2017 gehackt.
Nach positiv abgeschlossenen Machbarkeitsstudien startet im Juni 2011 die
Umsetzung des ersten kommerziellen Geothermie-Projektes im Norddeutschen
Becken in Munster, Niedersachsen (Kreis Soltau-Fallingbostel).
Hier soll Erdwärme aus etwa 5 km Tiefe für die Wärme- und teils auch
Stromversorgung der niedersächsischen Kleinstadt genutzt werden.
Das knapp 43 Mio. € teure Tiefengeothermie-Projekt der Firma HeideGeo GmbH, einer 100 %-igen Tochter der Stadtwerke Munster-Bispingen, bei dem zwei Probebohrungen im Folgejahr endgültig Klarheit schaffen sollen, beinhaltet ein 1,2 MW Kraftwerk, das schon Anfang 2013 in Betrieb gehen könnte. Die Entwickler gehen von einer Nennleistung der geothermischen Dublette von 14,7 MW aus. Als ein großer potentieller Abnehmer der Wärme signalisiert im Januar 2014 auch die Bundeswehr ihn Interesse an dem Vorhaben. Über eine Umsetzung ist bislang aber nichts zu finden.
Im August 2011 wird erstmals über ein großes Kraftwerksprojekt
in Nordhastedt im Kreis Dithmarschen in Schleswig-Holstein
berichtet, das die Geothermie mit der solaren Energieerzeugung kombinieren
soll. Neben einem Geothermiekraftwerk mit einer Leistung von 400
MW (andere Quellen: 504 MW),
dessen Errichtung 200 Mio. € kosten wird, sollen Sonnenkollektoren
auf einer Fläche von 25 Hektar zur Stromproduktion dienen.
Für die geothermmische Nutzung sind 20 – 24 Bohrlöcher von rund 3.800 m Tiefe vorgesehen, die bis Ende 2013 gebohrt werden sollen. Die Genehmigungen für die seismischen Untersuchungen und die Bohrungen hat das Bergamt in Clausthal-Zellerfeld bereits erteilt. Hinter dem Projekt stehen die Betreibergesellschaft GeothermSolarpark Nordhastedt GmbH und die Gemeinde Nordhastedt. Leider scheint das ambitionierte Projekt später aber nicht weiterverfolgt worden zu sein.
Ebenfalls im August 2011 kommt es nach Geothermie-Bohrungen
im schwäbischen Eltingen (Landkreis Böblingen) zu
Schäden an 24 Gebäuden, von denen einige nun nicht mehr bewohnbar sind.
Das Bohrloch hat anscheinend zwei wasserführende Schichten miteinander
verbunden. Aus der oberen Schicht lief Wasser aus, wodurch es zu den
Verwerfungen kam. Das Böblinger Landratsamt sieht die Schuld beim zuständigen
Bohrunternehmen Rungl aus Renningen, das die Auflagen nicht eingehalten
haben soll. Weiter ist über das Projekt nichts bekannt.
Im August 2011 vereinbaren
auch die Stadtwerke München (SWM) und die Messe München,
daß die SWM die komplette Wärmeversorgung der Messe durch die Geothermie-Anlage
in Riem übernimmt. Die umweltfreundliche Energieversorgung
mit dem 94°C heißen Wasser soll bereits im Herbst starten. Die Neue
Messe in München wird damit das weltweit erste Messegelände
mit Geothermie-Beheizung.
Die konzeptionellen Voruntersuchungen für die Wärmeversorgung in München-Riem wurden von den Stadtwerken seit den 1990er Jahren vorangetrieben, der endgültige Entschluß zur Umsetzung eines Nahwärmenetz im April 1994 getroffen. Im Mai 2002 beginnt die Planung und Erschließung. Für das Projekt werden zwei Bohrungen abgeteuft, die in 645 m bzw. 1.900 m Tiefe voneinander abgelenkt werden. Dadurch liegen die Bohrungen Untertage 2.200 m auseinander, während sie Übertage nur 15 m von einander entfernt sind.
Das Mitte 2004 in Betrieb genommene Geothermie-Heizwerk, dessen installierte thermische Leistung 10 MW beträgt, versorgt den Stadtteil Messestadt Riem mit 16.000 Bewohnern durch ein Insel-Nahwärmenetz und wird nun mittels einer 500 m Leitung mit dem Messegelände verbunden.
Im Dezember 2015 wird bekannt, daß die SWM auf dem Gelände des Heizkraftwerks Süd (HKW) an der Großmarkthalle im Stadtteil Sendling ein weiteres Fernwärmeprojekt planen. Der Bohrbeginn ist für 2018 geplant. Erwartet wird bis zu 95°C heißes Wasser in mehr als 2.000 m Tiefe, mit einer Fernwärmeleistung von 30 MW.
Im Oktober 2011 stellt die Firma Siemens Energy eine
neu entwickelte Dampfturbine SST-400 GEO mit einer
Leistung von bis zu 60 MW für Geothermie-Kraftwerke vor, die mit unterschiedlich
zusammengesetzten wäßrigen Lösungen (Thermalfluid) betrieben werden
kann. Ein Nachfolgemodell SST-500 GEO mit einer Leistung
von bis zu 120 MW wird im März 2013 präsentiert.
Die Stadtwerke Osnabrück geben im November 2011 den
Startschuß für die erste mitteltiefe Geothermiebohrung Deutschlands,
um die Energie für eines der Osnabrücker Schwimmbäder stärker regenerativ
zu gewinnen. Für das Projekt wird das Nettebad ausgewählt,
weil dort die geologischen Bedingungen besonders günstig sind.
Dabei wird warmes Wasser aus 820 m Tiefe nach oben gefördert, wo es von einer Wärmepumpe auf das notwendige Temperaturniveau angehoben und in das Wärmenetz des Schwimmbades eingespeist wird. Die neue Erdwärmeanlage soll jährlich 850 MWh Wärme liefern, was dem Wärmebedarf von ca. 100 Einfamilienhäusern entspricht.
Im Januar 2012 erhält das LIAG vom Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) Forschungsmittel
in Höhe von 5 Mio. €, um die Kristallin-Gesteine des Erzgebirges mit
moderner 3D-Seismik bis in 5 km Tiefe zu durchleuchten.
Für die Wissenschaftler stellen die Kristallin-Gesteine eine besondere Herausforderung dar, weil sie sehr komplexe interne Strukturen aufweisen, die sich bislang einer deutlichen und zuverlässigen Abbildung durch seismische Verfahren entziehen. Die nun erwarteten Ergebnisse sind nicht nur auf Kristallin-Gebiete in Deutschland, z.B. den Bayerischen Wald, den Schwarzwald oder den Spessart, sondern auch auf viele geologisch ähnliche Gebiete weltweit übertragbar.
Die 12-wöchige geophysikalische Meßkampagne in einem 100 km2 großen Gebiet rund um den Ort Schneeberg im Erzgebirge, die klären soll, ob dort eine geothermische Energieerzeugung möglich ist, läuft von August bis November.
Das detailreiche 3-D-Modell des Untergrunds bis in 6 km Tiefe wird mit zwei verschiedenen seismischen Meßverfahren erstellt: Drei schwere Vibrations-Trucks verursachen Erschütterungen, deren Ausbreitung von einigen tausend Geophonen aufgezeichnet werden, und an 24 Standorten um das zentrale Meßgebiet herum werden kleine Sprengungen durchgeführt und mit Meßinstrumenten beobachtet.
Den Winter und das ganze Jahr 2013 über laufen die Prozessing-Computer im LIAG, um die riesigen Datenmengen aus dem Feld zu 3D-Bildern des tiefen Untergrundes zu verarbeiten. Neben dem LIAG arbeiten die TU Bergakademie Freiberg und das Institut für Geophysik und Geoinformatik der Universität Hamburg im Projekt mit. Mit dieser Methode hatte man bereits in Bayern in mehr als 3 km Tiefe große Erdwärme-Reservoire geortet – international wurden derartige Untersuchungen im kristallinen Gestein bei Geothermieprojekten in den USA, Japan und Italien durchgeführt.
Im April 2012 berichtet die Fachpresse über einen
neuen Ansatz der 2003 gegründeten Firma WÄTAS
Wärmetauscher Sachsen GmbH, mit dem sich ein Eigenheim völlig
autark mittels Erdwärme heizen läßt.
Die Anlage besteht aus einem Tank und einigen hohlen, gewölbten Plastikplatten, in denen zwei Rohre stecken. Der Tank leitet ein sehr kaltes Wasser-Salz-Gemisch hinein, das in der Erde erwärmt und dann in eine Wärmepumpe geleitet wird. Diese hebt die Wärme des Gemischs auf bis zu 60°C, so daß es zum Heizen verwendet werden kann.
Solche Lösungen sind schon jetzt für große, moderne Bürogebäude im Einsatz, doch die neue Anlage, die inklusive Installation rund 10.000 € kostet, hat den Vorteil, äußerst platzsparend zu sein. Um ein Einfamilienhaus zu beheizen, genügt es nämlich, gut 15 m lange Platten 1,50 m tief im Erdreich zu vergraben.
Im Mai 2012 geht in Bochum die Pilotanlage einer neuen
Art der geothermischen Wärmeversorgung in Betrieb. Hierbei wird Wasser
aus Schächten in stillgelegten Bergwerken genutzt,
welches genug Energie enthält, um wirtschaftlich zu sein.
In dem rund 1,2 Mio. € teuren Pilotprojekt der Stadtwerke Bochum ,Wärme aus Grubenwasser’, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) mit 500.000 € gefördert wird, sollen mittels der neuen Energiequelle sowie Wärmepumpen die Bochumer Hauptfeuerwache und zwei Schulen beheizt werden, die sich in der Nähe des Schachts Arnold der Zeche Robert Müser befinden. An diesem Standort kann das Grubenwasser als Wärmequelle für mehrere Wärmepumpenanlagen mit einer gesamten Heizleistung von bis zu 4,5 MW genutzt werden.
Eine besondere Herausforderung stellt allerdings die aggressive chemische Zusammensetzung des Grubenwassers dar, das salz- und schwermetallhaltig ist - und zudem verschmutzt sowie mit teils größeren Partikeln versetzt. Das Projekt soll aber auch einen Einstieg in vergleichbare Projekte an anderen Standorten im Ruhrgebiet ermöglichen, an denen das Steinkohleunternehmen RAG aus ehemaligen Zechen jährlich über 100 Mio. m3 bis zu 50°C warmes Grubenwasser aus bis zu 1.000 m Tiefe an die Oberfläche pumpt, um die Stabilität des Bodens und die Sicherheit des Trinkwassers in der Regionen zu sichern.
Das schon mehrfach erwähnte internationale GeothermieZentrum
Bochum (GZB) unterzeichnet im Juli 2012 gemeinsam
mit der Hochschule Bochum ein Memorandum über die
Zusammenarbeit mit der Stadt Gwangju und der Chonnam National University
in Südkorea. Hier wird an der Energiegewinnung insbesondere
aus größeren Tiefen geforscht.
Im Rahmen der Partnerschaft sollen sowohl Informationen über Forschungs- und Entwicklungsprojekte ausgetauscht, als auch die Wärme-Bohrtechnik weiter entwickelt und praktisches Bohrtraining gelehrt werden.
Das GZB selbst – das ab 2011 auch Sitz des geothermischen Weltverbandes International Geothermal Association (IGA) mit über 5.000 Mitgliedern aus 65 Ländern ist – stellt im Mai 2013 eine eigene Erdwärmeanlage fertig, mit welcher das Institutsgebäude, die verschiedenen Labore und Forschungsinfrastrukturen nun dauerhaft mit Wärme aus dem Untergrund versorgt werden können. In Verbindung mit einer Wärmepumpe besteht auch die Möglichkeit, die Bürogebäude im Sommer zu klimatisieren.
Die Erstellung der Bohrungen und den Einbau der Sonden hat die Hochschule Bochum selbst durchgeführt, wobei sich die hochschuleigene High-Tech-Bohranlage Bo.Rex (bzw. Geostar) bewährt, die zukünftig vor allem Forschungs- und Ausbildungszwecken dienen soll.
Ende September 2012 erfolgt in Zwickau der
Bohrstart für ein Pilotprojekt zur geothermischen Nutzung von Grubenwässern.
Das öffentlich geförderte Projekt ist ein gemeinsames Forschungsvorhaben
der Westsächsischen Hochschule Zwickau, der Stadt
Zwickau und des Staatsbetriebs Sächsisches Immobilien- und Baumanagement
(SIB), und wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
(BMWi) gefördert.
Der neben dem Pumpwerk Silberhof aufgestellte Turm soll bis in 625 n Tiefe bohren, um Teile der Hochschule zukünftig mit Erdwärme aus den Stollen einer alten Kohlegrube zu beheizen. Bis 1977 gab es in Zwickau rund 150 Jahre Steinkohlebergbau, der mit der Flutung des letzten Schachtes im Jahr 1995 abgeschlossen wurde.
Im Gegensatz zu dem o.e. Projekt der Johannes Gutenberg-Universität Mainz von 2008, das nie umgesetzt wurde, erreicht die bis 2013 in Zwickau abgeteufte und abgelenkte Bohrung in 629 m einen Schacht mit hochminerlisiertem Grubenwasser, dessen Charakterisierung eine Mineralisation über 30 g/l und eine Zusammensetzung bestehend aus 50 % jungem Wasser (< 50 Jahre) und 50 % älterem Wasser (> 50 Jahre) ergibt. Die Temperatur liegt bei 23 – 25°C.
Den Grundstein für die geothermische Nutzung von Grubenwässern war bereits 2001 durch eine im Auftrag des Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) durchgeführte Studie gelegt worden. Damals erfolgte eine Datenrecherche von 48 vorhandenen Grubenbauen/Revieren, aus denen bis 2016 sieben Grubenwassernutzungen in Betrieb gehen. Diese liegen alle in einem Tiefenbereich oberhalb von 400 m und können somit noch der oberflächennahen Geothermie zugeordnet werden. Beispiele dafür sind die Reiche Zeche in Freiberg, das Schloss Freudenstein in Freiberg, eine Mittelschule in Ehrenfriedersdorf oder ein Schwimmbad in Marienberg.
Im Februar 2013 warnt das Wirtschaftsforum
Geothermie (WFG) vor den Vorschlägen des Positionspapiers
,Energiewende sichern – Kosten begrenzen’ der Bundesministerien für
Umwelt und Wirtschaft. Die Umsetzung der Vorschläge zum 1. August 2013 bedrohe
die Existenz der petrothermalen Geothermie in Deutschland, weil künftig
keine Bank mehr bereit wäre, die erforderlichen Investitionen zu
finanzieren.
Die im Regierungspapier avisierte Reduzierung der Vergütung um 4 % entspreche bei der Tiefengeothermie einem Abbau der Förderung um 1 Cent pro Kilowattstunde. Wegen sehr knapp kalkulierter Margen bei den Stromgestehungskosten sei damit die Wirtschaftlichkeit der Geothermie generell in Frage gestellt.
Im März 2013 erfolgt die Fertigstellung der sogenannten WaterHouses auf
den Elbinseln in Hamburg, einem von Schenk + Waiblinger
Architekten für die Internationale Bauausstellung (IBA) entworfenen,
auf Pfeilern errichteten Wohnkomplex aus fünf Gebäuden, der von einer
ca. 4.000 m2 großen Wasserfläche umgeben ist, die durch
Regenwasser gespeist wird.
Die Gebäude sind im Passivhausstandard errichtet. Das heißt, der Wärmebedarf ist minimal und kann zudem ausschließlich über regenerative Energiequellen gedeckt werden. Dafür werden die natürliche Grundwasserwärme und die Sonneneinstrahlung eingesetzt: Eine Geothermie-Wärmepumpenanlage nutzt das Wasser zur Temperierung der Häuser, während Solarthermie-Elemente in den Fassaden die Grundversorgung mit Warmwasser sicherstellen. Im Oktober wird dem Architekturbüro aus Hamburg für das Projekt die Auszeichnung ,IBA-Exzellenz’ verliehen.
Der Bohrtechnik- und Geothermiespezialist Daldrup & Söhne wird
im Juni 2013 von der GEOVOL Unterföhring GmbH,
einem Tochterunternehmen der Gemeinde Unterföhring,
beauftragt, eine hydrothermale Dublette bis in eine Teufe von rund
4.500 m auszuführen. Die Geovol will damit ihre seit 2009 bestehende
Geothermieanlage um einen Thermalwasser-Heizkreislauf erweitern. Die
Bohrarbeiten beginnen im Februar 2014.
Im Juli 2015 wird die Fertigstellung des Rohbaus der zweiten Energiezentrale gefeiert, die ab der kommenden Heizperiode betriebsbereit sein wird. Bis dahin hat die Gemeinde bereits 41 Mio. € in die Geothermieanlage und den Aufbau einer kommunalen Wärmeversorgung investiert. Durch die Erweiterungsmaßnahme steigt die Leistung der Anlage von 10 MW auf 22 MW, wobei die aus dem heißen Tiefengrundwasser abgeleitete Wärme in ein neu zu errichtendes Fernwärmenetz eingespeist wird.
Zeitgleich geht auch die erste mit geothermischer Wärme betriebene Kälteanlage der GEOVOL in Betrieb, die rund 4.500 m2 Büroflächen des Unternehmens ProSiebenSat.1 Media in Unterföhring versorgt. Möglich wird dies durch eine Absorptionskältemaschine, die mit Hilfe von Wärmeenergie und einer Lösung aus Wasser und dem Salz Lithiumbromid Kälte erzeugt. Das System, das die bisherige teure, mit Strom betriebene Klimaanlage ersetzt, hat eine Kälteleistung von 200 kW.
Nach erfolgreichem Probelauf wird zweite Energiezentrale der geothermischen Anlage im März 2016 in Betrieb genommen. Es handelt sich nun um die leistungsstärkste Anlage ihrer Art in ganz Deutschland. Um zukünftig einen Großteil des für die Tiefpumpen verbrauchten Stroms selbst erzeugen zu können, befinden sich in der Heizzentrale auch zwei große Blockheizkraftwerke (BHKW) mit je 600 kW Leistung, die mit Erdgas betrieben werden.
Bislang hat die Gemeinde Unterföhring mit ihren knapp 9.200 Einwohnern rund 52 Mio, €in die Geothermieanlage und das Fernwärmenetz investiert.
Ebenfalls im Juni 2013 berichtet die Presse über ein
interessantes Projekt in Höxter/Weser. Hier müssen
gut hundert Jahre nach dem Bau der neugotischen Pfarrkirche St. Johannes
Baptist, die wegen ihrer großzügigen Gestaltung gern als Weserdom bezeichnet
wird, der Fußboden und die Heizungsanlage saniert werden.
In Abstimmung mit dem Architekten und dem Erzbistum Paderborn entscheidet sich der Kirchenvorstand für einen außergewöhnlichen Weg – denn es wird eine Fußbodenheizung installiert, die mit Wärmenergie aus dem über 10°C ,warmen’ Grundwasser arbeitet. Dabei ersetzen zwei Wärmepumpen mit knapp 180 kW Heizleistung die alte Ölheizung, was auch auf das Engagement von STIEBEL ELTRON im Vorfeld zurückzuführen ist – da die Kirche direkt neben dem Stammsitz des Unternehmens in Holzminden liegt.
Im Juli 2013 wird ein Forschungsprojekt der Universität
Stuttgart vorgestellt, bei dem es um die Klimatisierung mit Erdwärme
aus U-Bahn-Tunneln geht. Das Ziel des Vorhabens ist es, die
Auswirkungen der Wärmeentnahme auf das umgebende Erdreich zu erforschen.
Hierfür war beim Bau der U-Bahn-Linie 6 der Stuttgarter Straßenbahn AG eine Testanlage in Betrieb gegangen, bei der zwei 10 m lange Tunnelabschnitte mit Absorbern ausgestattet wurden. Mit der Anlage am Stuttgarter Fasanenhof können die Forscher verschiedene Entnahmeprofile simulieren.
Die Messungen zeigen, daß die Temperatur des Erdreichs nur bis in eine Entfernung von 8 m beeinflußt wird. Außerdem erweist sich, daß solche Anlagen zur geothermischen Energienutzung für Heizen und Kühlen beim Neubau von städtischen Tunnelsystemen mit relativ geringen Zusatzkosten integriert werden können.
Nur zehn Wochen nach der Grundsteinlegung kann im August 2013 das
Richtfest für den Neubau des Zentrums für Tiefbohrforschung der TU
Clausthal in Celle gefeiert werden. Die Kosten für das Grundstück,
den Bau und die Ausstattung belaufen sich auf annähernd 10 Mio. € und
werden mit Mitteln der EU, des Landes, der Universität und der Stadt
Celle finanziert. Der Bohrsimulator (o. Drilling Simulator),
der bis Juni 2014 fertiggestellt wird und nach Angaben
der Universität einer der modernsten seiner Art ist, wird wissenschaftlich
vom Energie-Forschungszentrum Niedersachsen (EFZN) betreut.
An dem Forschungszentrum werden künftig technische Verfahren entwickelt, um etwa die Gewinnung geothermischer Energie aus tiefen geologischen Schichten wirtschaftlich zu machen. In der mehr als 11 m hohen Halle wird beispielsweise ein Bohrturm installiert, denn bei Anlagen der tiefen Geothermie entfallen bis zu 90 % der Investitionen auf die Bohrungen, abhängig von Gesteinsart und Tiefe. Jede Senkung der Bohrkosten trägt daher dazu bei, die ökonomische Bilanz der Anlagen zu verbessern.
Im August 2016 startet ein auf dreieinhalb Jahre
angelegtes Forschungsprojekt mit dem Ziel, die mechanisch-dynamischen
Bohrbedingungen besser zu kontrollieren. Dazu wird das Zentrum um Anlagen
erweitert, mit denen Versuche unter Praxisbedingungen möglich sind.
Damit lassen sich Probleme auf dem Teststand genauer analysieren und
entsprechende Gegenstrategien entwickeln – wie z.B. die unerwünschten
Schwingungen im Bohrgestänge, wenn der Bohrkopf beim Bohren auf Risse
und Spalten trifft.
Im Januar 2014 wird im rheinland-pfälzischen Landau ein
neues Wärmekonzept umgesetzt, als die Energieagentur EnergieSüdWest
AG eine Erdwärmesonde in 800 m Tiefe installieren läßt und
die gewonnene Wärme an das benachbarte Citroên Autohaus Fischer verkauft.
Zum Einsatz in dem bestehenden Bohrloch einer Gasexplorationsbohrung
kommt dabei eine Hochdruck-Tiefensonde aus dem Hause REHAU,
die bei diesem Projekt einen Tiefenrekord aufstellt.
Das Projekt ist eine lohnende Sache für beide Seiten, denn aufgrund der hohen Leistung der Tiefensonde von 80 kW und Rücklauftemperaturen von 40°C kann auf eine zwischengeschaltete Wärmepumpe verzichtet und das Objekt direkt mit einer Flächenheizung temperiert werden. Die jährlichen Heizkosten belaufen sich hierdurch auf weniger als 500 €.
Die Firma Daldrup & Söhne AG erhält im Mai 2014 den
Zuschlag für die Niederbringung einer ca. 540 m tiefen Forschungsbohrung
für BMW. Das Unternehmen plant, am Standort Werk Dingolfing einen
geothermischen Wärmespeicher zu nutzen. Dabei soll die im Sommer anfallende
Abwärme des BMW-Werks über die Heißbohrung in die grundwasserführenden
Schichten des Malm eingeleitet werden. Im Winter wird die Durchströmungsrichtung
umgekehrt, und die Wärme wieder im Werk genutzt.
Aus der Kaltbohrung wird im Sommer das zur Wärmespeicherung benötigte Wasser gefördert. Im Winter wird das nach der Wärmeabgabe im Werk wieder abgekühlte Wasser in die Kaltbohrung re-injiziert. Daldrup bringt die Forschungsbohrung mit dem Ziel nieder, den Untergrund geowissenschaftlich weiter zu erkunden – und als Vorbereitung der Einrichtung der eigentlichen Dublette für den Wärmespeicher.
Im Juni 2014 berichtet die Fachpresse, daß die HEAG
Südhessische Energie AG (HSE) zusammen mit der Technischen
Universität Darmstadt (TUD) den bundesweit ersten geothermischen Hochtemperaturspeicher realisieren
will. Dabei soll solarthermisch erzeugte Wärme im Sommer in großer
Tiefe gespeichert werden, um mit dieser Energie im Winter das Institutsgebäude
des Fachgebiets Angewandte Geothermie beheizen zu können. Das Pilotprojekt
wird im Rahmen der ,Energietechnologieoffensive Hessen’ vom Land mit
rund 160.000 € gefördert.
Der Speicher besteht aus mehreren Bohrungen bis in eine Tiefe von 500 – 1.500 m. In das jeweilige Bohrloch wird ein so genanntes koaxiales Rohr eingebaut, das aus einem Außenrohr und einem innenliegenden Steigrohr besteht. In diesem Rohrsystem zirkuliert Wasser, das von einer Solaranlage auf dem Dach des Institutsgebäudes auf rund 90°C erwärmt wurde. Das heiße Wasser wird in die Tiefe gepumpt, gibt dort Wärme an das Gestein ab und steigt dann wieder nach oben.
Im Winter wird durch das Rohrsystem Wasser nach unten gepumpt, das sich im Geothermiespeicher auf bis zu 75°C erwärmt, was für das Heizungssystem des Institutsgebäudes ausreichend ist. Dadurch kann auch auf eine zusätzliche energieverbrauchende Wärmepumpe verzichtet werden.
Die oberbayerische Stadt Traunreut nordöstlich des
Chiemsees will bis zum Jahr 2020 die Energieautarkie
auf Basis von erneuerbaren Energien erreichen. Eine zentrale Rolle
spielt dabei ein Geothermie-Heizkraftwerk mit einer Gesamtleistung
von 12 MW.
Unter der Leitung der Geothermischen Kraftwerksgesellschaft Traunreut mbH (GKT), einer Tochtergesellschaft der Grünwald Equity, wird im Juli 2012 die erste und im März 2013 die zweite Bohrung in über 5.000 m abgeteuft. Da die Temperatur des Tiefengrundwassers der ersten Bohrung unter 120°C und damit auch unter den Erwartungen der Projektgesellschaft liegt, wird der Projektentwickler über die Fündigkeitsversicherung entschädigt.
Ab Juni 2013 wird an der Errichtung des Fermwärmegebäudes gearbeitet, das im Februar 2014 in Betrieb geht. Zudem wird ein erdgasbetriebenes Blockheizkraftwerk (BHKW) erichtet, das die Energie für die Pumpen im Förderprozeß liefert. Im Jahr 2016 kann dann auch das von Turboden gebaute Kraftwerk in Betrieb genommen werden, das Strom mit einer Leistung von bis zu 5 MW produziert. In den Bau der Gesamtanlage werden rund 80 Mio. € investiert.
Im November 2014 geht die größte Grundwasser-Geothermie-Anlage
Norddeutschlands in Betrieb, als der Wohn- und Gartendeko-Spezialist Boltze aus
Schleswig-Holstein im Neubau seiner Firmenzentrale ein entsprechendes
System zur Heizung und Kühlung startet.
Hierbei wird etwa 9°C warmes Grundwasser aus rund 50 m Tiefe an die Oberfläche geleitet, um das Firmengebäude zu beheizen. Dem Wasser wird mittels Wärmepumpen Energie entzogen, die durch Zusatzenergie auf 50°C komprimiert wird. In einem Kreislauf strömt das um etwa 3°C abgekühlte Grundwasser über die Sonde zurück in den Erdboden. Im Sommer wird die Temperatur im Gebäude durch das relativ kühle Grundwasser und über Wärmetauscher genutzt.
In Betrieb sind insgesamt sieben rund 80 m tiefe Brunnen mit Integralsonden der Firma Geo-En, welche dem Verwaltungsgebäude die Energie für 380 kW Heiz- und 340 kW Kühlleistung liefern.
Im Dezember 2014 veröffentlicht das Leibniz-Institut
für Angewandte Geophysik (LIAG) in Hannover Temperaturkarten unterschiedlicher
Tiefen in Deutschland.
Im März 2015 findet sich die deutsche Geothermie-Branche
zu einem großen Bundesverband zusammen. Die Mitglieder des Wirtschaftsforum
Geothermie e.V. (WFG) und des Bundesverbandes Geothermie.V. (BVG) beschließen
mit großer Mehrheit, einen gemeinsamen Verband zu bilden. Ab 2016 wird
ausschließlich der Bundesverband Geothermie e.V. der
Ansprechpartner für Politik, Öffentlichkeit und Unternehmen – bei planmäßiger
Auflösung des Wirtschaftsforums Geothermie e.V.
Nach Angaben der Verbände belegt Deutschland zu diesem Zeitpunkt bei der Geothermie-Wärmeerzeugung mit einer installierten Kapazität zur rund 4.200 MW weltweit den 5. Rang nach den USA, China, Schweden und Norwegen. Bei der Stromerzeugung hingegen liegt Deutschland mit 31,3 MW (Stand 2013) im weltweiten Vergleich bislang noch auf einem der hinteren Plätze.
Besonders interessant ist eine Meldung vom September 2015.
Dieser zufolge schreibt die Betreiberfirma Geothermie Unterschleißheim
AG (GTU), eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Stadt Unterschleißheim in
Bayern, deutlich früher als erwartet schwarze Zahlen. Die Stadt war
die erste, die im Münchener Umland in eine Tiefengeothermie-Anlage
zur Wärmeversorgung investiert hat.
Die Pionier-Anlage, mit deren Bohrungen im Dezember 2001 begonnen wurde, geht 2003 ans Netz und liefert aus der fast 2.000 m tiefen Thermalquelle im Valentinspark 28 MW thermisch in das gut 17 km lange Fernwärmenetz des städtischen Unternehmens.
Nach Investitionen in Höhe von 22 Mio. € hatte man ursprünglich erst 2028 mit schwarzen Zahlen gerechnet, doch nun kann der GTU-Vorstand schon für das Jahr 2014 über einen Gewinn von 73.173 € berichten – sozusagen 13 Jahre ,zu früh’ Das positive Ergebnis legt Überlegungen zu einer dritten Bohrung nahe.
Im November 2015 berichtet die Fachpresse über das 2014 gegründete
Start-Up enoware GmbH aus Karlsruhe, das sich zur
Aufgabe macht, eine besondere Schwachstelle bei den gegenwärtig gut
320.000 Geothermieanlagen auszumerzen, die in Deutschland installiert
sind und rechnerisch knapp 600.000 Zweipersonenhaushalte beheizen.
Wie schon mehrfach beschrieben, wird bei den Erdwärmesonden – grob
gesagt – ein U-förmiger Schlauch ins Erdreich eingeführt und eine Flüssigkeit
hindurch geleitet, die sich durch die relativ stabile Temperatur im
Erdreich erwärmt.
Um mögliche Installations- und Einstellungs-Fehler auszuschließen, bzw. frühzeitig zu erkennen, schicken die Ingenieure der enoware digitale Meßsensoren in einer Minikugel auf eine permanente Reise durch den Kreislauf der Erdwärmesonde. Der GEOsniff hat die Form einer Kugel mit einem Durchmesser von 20 mm, schwimmt innerhalb des Rohrsystems und speichert während der Fahrt Meßdaten über den Druck und die Temperatur.
Über eine automatisierte Dockingstation für die drahtlose Energie-
und Datenübertragung kann der ,Meßmolch’ seine Daten weitergeben, die
dann über ein Online-Portal und die zugehörige Smartphone-App für die
Anlagenüberwachung, Optimierung und Steigerung der Effizienz verfügbar
sind. Und mit Hilfe eines AUTO BYPASS läßt sich der GEOsniff automatisch
in den Flüssigkeitskreislauf Ein- und Ausschleusen.
Im Januar 2016 investiert der italienische Energiekonzern
Enel in deutsche Erdwärme, indem sich die Unternehmenstochter Enel
Green Power mit einer Summe von 22 Mio. € bei der Erdwärme
Oberland GmbH (früher: GeoGlobal Energy Europe GmbH) einkauft
und 78,6 % der Anteile übernimmt.
Der deutsche Geothermie-Projektierer hat kürzlich ein 26 MW großes Projekt zur Baureife geführt, dessen seismische Meßkampagne 2007 begonnen hatte. Das geplante Geothermie-Kraftwerk soll nahe der Stadt Weilheim entstehen, etwa 50 km südwestlich von München.
Die geologische Exploration in der Lichtenau bei Weilheim startet im Oktober 2016. Der Malm soll in 4.100 m Tiefe erschlossen werden, die Bohrung soll eine Länge von 5.300 m haben. Förder- und Injektionsbohrung sollen bis Mitte 2017 abgeschlossen sein. Es folgen dann bis zu zwei weitere Dubletten, während gleichzeitig mit dem Kraftwerksbau begonnen werden soll.
Das Deutsche GeoForschungsZentrum GFZ beginnt im März 2016 mit
einer Forschungsbohrung auf dem Campus der Technischen Universität
Berlin (TU) in Charlottenburg. Mit dem Projekt wird (ein weiteres
mal) untersucht, ob saisonale Wärme- und Kältespeicher im Untergrund
von Metropolen wie Berlin eingesetzt und genutzt werden können. Schließlich
versorgen saisonale Speicher unterhalb des Platzes der Republik bereits
seit dem Jahr 2000 die Berliner Parlamentsbauten mit
Wärme und Kälte.
Eine Erklärung für die Arbeiten, welche durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert werden, lautet, daß es bisher nur wenige Daten aus dem tiefen Untergrund von Berlin gibt. Die Erkundungsbohrung, Teil eines gemeinsamen Forschungsprojektes des GFZ, der TU und der Universität der Künste Berlin, wird daher bis in eine Tiefe von ca. 530 m abgeteuft, weit unterhalb der Trinkwasserschichten.
Ebenfalls im März 2016 stellt die Firma Baker
Hughes INTEQ GmbH aus Celle, ein Unternehmen der Erdöl-Service-Gesellschaft
Baker Hughes mit Hauptsitz in Houston/Texas, die Ergebnisse eines Forschungsprojektes
vor, bei dem es um die Zuverlässigkeit von Tauchkreiselpumpen für geothermische
Anwendungen geht.
Bereits im September 2012 war zu diesem Zweck ein neuer Pumpenteststand in Betrieb genommen worden – gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMUB). Auf dem weltweit größten Hochtemperatur-Teststand können komplette Pumpensysteme unter praxisähnlichen Bedingungen erprobt werden.
Die speziellen Pumpensysteme, die zur Nutzung der tiefen Geothermie benötigt werden, sind mitsamt ihrem Antriebsmotor bis zu 36 m lang, haben eine Leistung bis 2.800 PS und wiegen bis zu acht Tonnen. Ihr Fördervolumen kann bis zu 200 l/s erreichen und die Förderhöhe bis zu 700 m. Zudem müssen die Systeme hohen Temperaturen und mineralreichen Wässern standhalten. Und das sind nur die Hauptanforderungen.
Thermalwasser bietet kaum Schmiereigenschaften und enthält oftmals gelösten Kalk, der sich an allen Komponenten niederschlägt, insbesondere den Lagern. Die Ablagerungen erschweren deren Schmierung und Kühlung, was zur Zerstörung der Pumpenwelle führen kann. Zudem muß die beim Betrieb entstehende Wärme an die Umgebung abgegeben werden, um ein Überhitzen zu vermeiden. Dafür steht ohnehin nur das heiße Thermalwasser zur Verfügung. Eine zusätzliche Kalkschicht auf dem Gehäuse des Motors dämmt und behindert den Wärmeabtransport beträchtlich. Zudem enthält Thermalwasser gelöste Gase, die im Laufe der Zeit in das Öl diffundieren, mit dem der Motor gefüllt ist.
Nach einem Feldtest, bei dem u.a. defekte Pumpen aus süddeutschen Geothermieanlagen geborgen und zur systematischen Fehlersuche in ihre Einzelteile zerlegt wurden, werden nun speziell angepaßte Pumpen erprobt und auf dem Teststand nochmals deutlich verbessert. Die Prototypen der modifizierten Tauchkreiselpumpen halten bereits den mineralischen Ablagerungen aus den Thermalwässern länger stand und bieten auch eine höhere Energieeffizienz als die bisherigen Aggregate.
Im November 2016 greifen drei Universitäten eine Initiative
der Bayerischen Staatsregierung auf gründen gemeinsam die Geothermie-Allianz
Bayern (GAB), die sich ausschließlich mit der tiefen Geothermie
befassen wird. Von den deutschlandweit 33 tiefe Geothermie-Anlagen
stehen immerhin 21 in Bayern. Das Konsortium besteht aus der Friedrich
Alexander Universität in Nürnberg, der Universität Bayreuth und der
Technischen Universität München (TUM), welche auch die Koordinierung
der neuen Allianz übernimmt.
Was die konkreten Forschungen des GAB anbelangt, so werden auch hier die schädlichen Kalkablagerungen genannt – sowie ein Projekt, in dem untersucht werden soll, wie Strom aus Geothermie in den Strommarkt integriert werden kann. Zudem wird ein Studiengang Geothermie/Geoenergie eingerichtet, der voraussichtlich im Wintersemester 2017/2018 beginnen und von der Friedrich Alexander Universität koordiniert wird.
Ebenfalls im November 2016 wird über eine Geothermie-Heizanlage
im oberschwäbischen Pfullendorf berichtet, mit deren
Bau die Bundeswehr im Jahr 2013 begonnen hatte. Die
Anlage soll jährlich rund 6.100 MWh erzeugen und damit zur Wärme- und
Warmwasserversorgung der Staufer-Kaserne beitragen.
Bis März 2014 werden zwei 1.500 m tiefe Bohrungen
abgeteuft und anschließend Pumptests und Wasseranalysen durchgeführt.
Hier ergeben sich erhöhte Mineralisations- und Kohlenstoffdioxid-Gehalte,
die bei der Planung des technischen Ausbaus der Anlage zu berücksichtigen
sind. Die Genehmigung des Landesamta für Geologie, Rohstoffe und Bergbau
in Freiburg wird für Anfang 2017 erwartet, die Inbetriebnahme ist dann
für Mitte 2018 geplant.
Im Juli 2017 errichten und testen Wissenschaftler
der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS)
im Geothermiekraftwerk Bruchsal in Baden-Württemberg
(s.o.) das erste Monitoringsystem zur Messung radioaktiven
Edelgases Radon-222 und weiteren natürlichen Radionukliden. Die aus
den Messungen gewonnenen Daten erlauben Rückschlüsse auf die geologische
Beschaffenheit des geothermischen Reservoirs in großen Tiefen.
Einzigartig ist das neue System schon wegen der Bedingungen, unter denen gemessen wird: Bei einer Temperatur von etwa 120°C und einem Druck von rund 20 bar wird mit zwei unterschiedlichen Detektoren kurz hinter der Förderbohrung kontinuierlich die Konzentration des Radon-222 im Thermalwasser ermittelt. Bislang sind Meßsysteme, die unter derart extremen Bedingungen zuverlässig arbeiten, kommerziell nicht verfügbar.
Die GRS forscht, gefördert durch das Bundeswirtschaftsministerium, gemeinsam mit der EnBW und dem Geowissenschaftlichen Zentrum der Universität Göttingen seit 2014 an der Entwicklung von Monitoringsystemen für Geothermiekraftwerke. Das Projekt, das voraussichtlich im Frühjahr 2018 abgeschlossen wird, trägt den sperrigen Titel ,Anlagenmonitoring als Schlüsseltechnologie für den erfolgreichen Betrieb von Geothermiekraftwerken in Deutschland’ (Anemona).
Das schon mehrfach erwähnte Leibniz-Instituts für Angewandte
Geophysik (LIAG) startet im August 2017 das
international ausgerichtete Forschungsprojekt Play Type,
das auf eine geowissenschaftlich fundierte, weltweit anwendbare Charakterisierung
geothermischer Ressourcen und damit auf eine verbesserte Ressourcenabschätzung
abzielt. Die Beschreibung und Klassifizierung von Erdwärme-Vorräten
erfolgt bisher nämlich nicht nach einheitlichen Kriterien und Merkmalen.
Im Mittelpunkt der neuen Standardisierung steht die ,Fündigkeit’, die für die Wirtschaftlichkeit von Geothermie-Projekten von hoher Bedeutung ist – weshalb nun eine Typisierung geothermischer Ressourcen nach dem Konzept des ,Fündigkeitstyps’ (Play Type) erfolgen soll. Exemplarisch werden der Oberrheingraben und der Ostafrikanische Graben, das Norddeutsche Becken und das Pariser Becken sowie das Süddeutsche Molassebecken und das amerikanische Alberta Becken gegenübergestellt, untersucht und verglichen.
Forschungspartner des LIAG sind das Internationale Geothermiezentrum (GZB) der Hochschule Bochum sowie die Storengy Deutschland GmbH aus Berlin, einem Unternehmen für Energiespeicherung (Tochtergesellschaft der ENGIE-Gruppe). Für das über drei Jahre laufende Projekt stellt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ein Fördervolumen von gut einer Mil1 Mio. € bereit.
Im September 2017 gründet der Stadtrat von Puchheim gemeinsam
mit der Geysir Europe GmbH die Kommanditgesellschaft geopex
Gmbh & Co. KG, um die kommunale Haftung bei der Errichtung
eines Heizwerks mit einer thermischen Leistung von ca. 4,4
MW zu begrenzen. Der Zeitplan sieht vor, im Jahr 2018 erstmals
nach Thermalwasser zu bohren. Die Bohrung bis in eine Tiefe von voraussichtlich
2.300 m soll durch die Daldrup & Söhne AG ausgeführt werden. Für
eine Stromerzeugung aus dem geschätzt 85°C warmen Tiefenwasser reicht
die Temperatur aber nicht aus.
Ein besonders anspruchsvolles Programm in Deutschland ist unter dem Namen KTB bekannt – das wir uns deshalb etwas näher anschauen werden, bevor es mit der Länderübersicht weitergeht.