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ENERGIESPEICHERN

Schwungmassen und Schwungscheiben  


Bei Schwungmassen- und Schwungscheiben-Speichersystemen geht es um die Speicherung mechanischer Energie in Form von Rotation - sie bauen auf dem Gesetz der Erhaltung des Drehimpulses auf. Bereits in der Antike werden Räder mit großem Massenträgheitsmoment als Spinnräder oder Töpferscheiben verwendet.

Die erstmalige Nutzung der Massenträgheit in Form rotierender Massen läßt sich bis ins 6. Jahrtausend v.Chr. zurückverfolgen. In China und später in Mesopotamien wurden kleine Spindeln für die Herstellung von Fäden verwendet. Diese Spindeln bestanden aus einem hölzernen Stock als Achse und einer kleinen Scheibe mit zentraler Bohrung aus Stein, Holz, Metall, Ton, Glas oder Knochen als Schwungmasse. Die Spindel war dabei direkt an den zu spinnenden Fasern aufgehängt und wurde von Hand in Rotation versetzt.

Eine weitere frühe Anwendung von Schwungrädern ist die Töpferscheibe. Sie kam um 4.000 v.Chr. in Verwendung, vermutlich ebenfalls in Mesopotamien. Aufgrund von Funden wird heute vermutet, daß das Schwungrad früher als das Rad für die Fortbewegung erfunden wurde, und daß damit das Schwungrad die älteste Maschine der Menschheitsgeschichte ist. Den Weg nach Mitteleuropa fand es allerdings erst 400 v.Chr.

Schleifapparat

Schleifapparat

Später wurden die modernen, über ein Trittbrett und eine Welle angetriebenen Spinnräder mit einem großen Schwungrad ausgestattet. Überall bekannt waren auch die fahrenden Scherenschleifer, deren Schleifstein gleichzeitig ein schweres Schwungrad darstellte, das mit einem Pedalantrieb mühelos in Rotation gehalten wurde. Auch Optiker installierten bei ihren Schleifgeräten oft ein zusätzliches Schwungrad um die Rotationsbeständigkeit zu erhöhen.

Im Zuge der industriellen Revolution wird das Schwungrad bei Dampfmaschinen, Werkzeugantrieben und später auch bei Motoren vor allem dazu gebraucht, ungleichförmige Drehbewegungen, wie sie etwa bei Kurbeltrieben auftreten, zu harmonisieren und einen ‚runden’ und ,kräftigen’ Lauf zu garantieren. Beispiele sind die alten einzylindrigen Dampf- und Diesel-Straßenwalzen. Für die Ende des 19. Jahrhunderts aufgekommenen Verbrennungsmotoren waren (und sind heute noch) Schwungräder zur gleichmäßigen Übertragung der Kolbenkräfte auf den Antriebsstrang essentiell. 

Vermutlich erstmals als reiner Energiespeicher ist das Stahlschwungrad des Amerikaners John A. Howell von 1883 ausgelegt. Bei einer Masse von 160 kg, einem Durchmesser von 45 cm und einer maximalen Drehzahl von 21.000 U/min speichert es genug Energie, um ein Torpedo mit einer Geschwindigkeit von 55 km/h etwa 1,5 km weit durch das Wasser zu bewegen. Zum ‚Aufziehen’ innerhalb von 1 Minute wird eine Dampfmaschine eingesetzt.

1911 wird ein 44 t schweres Schwungrad mit einem Speicherinhalt von 34 kWh an einer elektrifizierten Bergeisenbahnstrecke in Italien installiert. 

In den zwanziger Jahren verwendet man dann Motorgeneratoren mit großen Schwungrädern, die sogenannten Ilgner-Umformer, zum Abfangen von Lastspitzen in Walzwerken und bei Fördermaschinen. 1924 liefert die AEG einen Ilgner-Umformer, dessen Schwungrad einen Durchmesser von 4 m und eine Breite von 1 m hat. Bei 750 min-1 speichert es rund 166 kWh. Ebenfalls 1924 (o. 1931) wird in Kursk in der ehemaligen Sowjetunion eine Schwungradenergiespeicheranlage in Verbindung mit einer Windkraftanlage betrieben (s.u.). 

Nicht unerwähnt bleiben soll die Verwendung des Schwungrades zum Stabilieren - sowohl bei Fahrzeugen, als auch bei Spielzeug wie zum Beispiel Kreisel, Jo-Jo und Diabolo. Auch Spielzeugautos werden häufig mit Schwungradenergiespeichern angetrieben.

Wer sich mit dem Kreiseleffekt etwas näher beschäftigen möchte, sollte sich auf der PESWiki-Seite die kurzen Videoclips von Eric Roberts Laithwaite anschauen. Man kann gut verfolgen, wie sich ein schweres Schwungrad – mit einer Bohrmaschine auf Touren gebracht – in Laithwaites Hand wie ein leichter Zweig benimmt... allerdings nur in rotationsbedingten, speziellen Bahnen. Es ist trotzdem beeindruckend und regt zum Nachdenken über die Trägheitskraft und ihre potentielle Anti-Schwerkraftwirkung an. Laithwaite ist übrigens kein unbekannter Spinner: Der britische Elektroingenieur gilt als einer der ‚Väter der Maglev’ (magnetische Levitation), für seine Entwicklung des Linearmotors und wesentlichen Elementen des Magnetschwebebahn-Systems.

Mechanischer Rasenmäher Momentum

Momentum

Zu den überraschenden Einsatzbereichen von Schwungscheiben usw., die mir bei meinen Recherchen begegnet sind, gehört zum einen der mechanische Rasenmäher Momentum der finnischen Firma Fiskar, dessen InertiaDrive-Technologie die Energie wie ein Schwungrad speichert, um bei widerborstigen und schwierigen Rasenflächen zusätzlichen Schwung zur Verfügung zu stellen.

Der InertiaDrive vereint eine Schneidtrommeleinheit mit großem Durchmesser (siehe linke Seite auf dem Foto) mit einem schweren Klingensatz, die zusammen genügend Energie aufnehmen, um die doppelte Energie (des Rasenmäher-Nutzers) abgeben zu können, wenn aufgrund kleiner Äste, Unkraut oder dichtem Gras eine zusätzlichen Schneideleistung benötigt wird. Durch eine fortschrittliche Technologie wird auch die Reibung des Schneidsystems reduziert, wodurch der Mäher auch bei hohem Gras um ein Drittel leichter zu schieben sein soll. Dank des StaySharp Cutting Systems gibt es keine Notwendigkeit für das jährliche Schärfen, dafür aber eine Vier-Jahres-Garantie. Für all das ist der offizielle Verkaufspreis von 250 $ mehr als angemessen, denke ich – auch wenn ich selbst keinen Rasen habe.

Bislang nur ein Konzept ist der Ring-Rasierer, für den die vier jungen chinesischen Designer Xiang Qin, Yin Qin, Yiyan Ge und Xinxin Sun im Jahr 2010 einen der renommierten Red Dot Concept Awards gewinnen. Der Ring-shaver ist nichts anderes als ein kleiner, rohrförmiger Rasierer, den man sich auf den Finger steckt, und der eine recht flexible Rasieraktion ermöglicht. Seinen Platz in dieser Aufzählung findet er, weil man mit einem Kippschalter das eingebaute Schwungrad aktiviert, das die notwendige Antriebskraft liefert. Ein Aufladen des Ring-Rasierers mit Strom ist nicht erforderlich, und das Gerät ist leicht zu tragen. Also ganz großartig für spärlichen Bartwuchs.

Schwungradspeicher werden aber auch bei Fahrgeschäften eingesetzt, beispielsweise bei der The Incredible Hulk Achterbahn auf der Islands of Adventure von Universal. Für den Start und die Beschleunigung bergauf werden kräftige Fahrmotoren eingesetzt, die sehr viel Strom benötigen – allerdings nur für kurze Zeit. Hierbei kommen mehrere Motor/Generator-Sets mit großen Schwungrädern zum tragen, da das lokale Energienetz ohne diese gespeicherte Energie möglicherweise bei jedem Start zusammenbrechen würde, sofern der Freizeitpark keine neue Unternetzstation errichtet. Im Vergleich dazu ist gewählte Lösung wesentlich günstiger.


Im folgenden sind nun die verschiedenen technischen Anwendungsbereiche der Flywheel Energy Storage (FES) Technologie aufgeführt, um einen Einblick in das aktuelle Nutzungsspektrum von Rotationsenergiespeichern zu geben. Besonders bemerkenswert sind die bis 30 Jahre lange Lebensdauer und die hohe Energieeffizienz dieser Systeme, verglichen mit Batterie- und/oder Superkondensator-Speichersystemen.


Selbstbalancierende Fahrzeuge


Die Speicherung mechanischer Energie in einem rotierenden System hat verschiedene Nebeneffekte, deren Grundlagen noch nicht umfassend verstanden und umgesetzt werden. Ich berichte darüber ausführlicher in Teil D.

Schon früh dagegen beschäftigt man sich mit der Nutzung des Beharrungsvermögens, das sich bei schnell drehenden Reifen und Rädern bemerkbar macht. Das einfache Beispiel, das wohl die meisten von uns schon aus der Jugend kennen, ist das abmontierte Vorderrad eines Fahrrads. Hält man es an der Achse, und jemand gibt ihm richtigen Schwung, dann fühlt man sehr deutlich, wie sich die rotierende Masse kraftvoll gegen jede Form von Lageveränderung sträubt.

Die Idee, daraus das Gyroskop (auch Kreiselkompaß) zu entwickeln, geht auf Prof. Johann Gottlieb Friedrich von Bohnenberger an der Universität Tübingen im Jahr 1817 zurück. Damit bekannt wird aber erst der französischer Physiker Jean Bernard Léon Foucault im Jahr 1852, nachdem er das Gerät zur Produktionsreife weiterentwickelt hatte.

Heute werden Kreiselkompasse, die sich parallel zur Rotationsachse der Erde orientierten und so unabhängig vom Magnetfeld der Erde die Nord-Südrichtung anzeigen, insbesondere bei Schiffen sowie in der Luft- und Raumfahrt eingesetzt. Bei der V2 Rakete (A4) im Zweiten Weltkrieg war erstmals ein Kreiselinstrument direkt an die Steuerung angeschlossen. Es gibt inzwischen auch schon kreiselstabilisierte Ferngläser. Nicht so bekannt ist, daß es eine ganze Reihe von Fahrzeugen gegeben hat, die ihre Balance durch Gyroskope aufrecht erhalten haben.

Einschienenbahn von Brennan

Einschienenbahn
von Brennan

Der irisch-australische Ingenieur Louis Brennan entwickelt ab 1903 eine kreiselstabilisierte Einschienenbahn, die auf Stahlrädern mit Doppelspurkränzen auf einer einzelnen Schiene fährt. Das 2,5 t schwere Fahrzeug wird von schnell laufenden Gyrostaten mit 8.000 U/min auf der Schiene im Gleichgewicht gehalten und kann sich mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h fortbewegen. Ein erstes Modell im verkleinerten Maßstab wird 1909 in Gillingham vorgeführt – und in den Ausstellungshallen am Berliner Zoo! Doch schon ein Jahr später kann Brennan in London eine Demonstrationsanlage in voller Größe präsentieren, mit einem Wagen, der etwa 40 Personen aufnehmen kann. Trotz einer Reihe erfolgreicher Demonstrationen vor Wissenschaftlern, Ingenieuren und militärischen Offizieren verhindert die Furcht, daß die Gyroskope ausfallen konnten, die Einführung von Brennans Erfindung.

Der Berliner Verleger August Scherl und der Landrat des Obertaunuskreises, Ritter von Marx, versuchen dieses ‚neue Schnellbahn-System’ in Deutschland einzuführen und propagieren die kreiselstabilisierte Einschienenbahn als ein Verkehrsmittel für den Nah- und Fernverkehr der Zukunft, das bald ganz Europa umspannen kann. Leider wird das Projekt Einschienenbahn am Taunusrand jedoch noch vor einer Entscheidung abgebrochen, und weitere Projekte gibt es nicht.

In den Jahren 1921 und 1922 versuchte der russische Graf, Jurist, Politiker und Erfinder Pjotr Petrowitsch Schilowski eine ähnliche einspurige Eisenbahn zu entwickeln, für die sogar eine 11 km lange Versuchsstrecke zwischen Sankt Petersburg und Detskoje Selo gebaut wurde, doch technische Probleme und fehlendes Geld beendeten das Projekt. Etwas erfolgreicher war Schilowski dagegen mit seinem zweirädrigen selbstbalancierenden Auto, das 1913 in Birmingham fertiggestellt wird, nachdem es dem Graf gelungen war, den Chefingenieur der Entwicklungsabteilung der Automobilfirma Wolseley für sein Projekt zu gewinnen.

Der 2,75 t schwere Gyrocar hat zwei im Abstand von 5 m hintereinander angeordnete Räder und bietet Platz für vier Personen. Unter dem Fahrersitz befindet sich ein gut 1 m durchmessender und 11,4 cm dicker Kreisel, der von einem Elektromotor auf 2.000 – 3.000 U/min beschleunigt wird. Damit das Fahrzeug nicht umkippt wird über ein Getriebe ein Ausgleichsgewicht bewegt. Als der Gyrocar 1914 in London vor Publikum vorgeführt wird, schwankt das Auto kaum, selbst als sich im Stand eine Person auf das Trittbrett stellt. Doch als im selben Jahr der Erste Weltkrieg ausbricht, kehrt Schilowski nach Rußland zurück, während die Engländer das Auto in der Erde vergraben.

Wie sehr das Thema damals die Gemüter beschäftigte kann man daraus entnehmen, daß 1910 oder 1911 sogar ein (fiktiver) Roman von Herbert Strang mit dem Titel ‚The Cruise of the Gyrocar’ erschien. Der reale Wagen wird 1938 zwar wieder ausgegraben und steht bis 1948 im werkseigenen Wolseley Museum, doch dann wird er verschrottet. Brennan hatte zwischenzeitlich, vermutlich ab 1926 oder 1927, ebenfalls einen Gyrocar gebaut, dessen zwei gegenläufige Kreisel mit 3.500 U/min in einer horizontalen Ebene unter den Vordersitzen rotierten – angetrieben von 24 V Elektromotoren, die aus Standard-Auto-Batterien versorgt werden. Das Auto wird im Jahr 1929 fertiggestellt und erweist sich als gut beherrschbar, doch die führenden britischen Automobilhersteller Austin, Morris und Rover fürchten ebenso wie andere Firmen das Risiko einer radikal neuen Technologie, und das Projekt wird aufgegeben.

Ford Gyron

Ford Gyron

Neues Interesse an dieser Technologie ist erst wieder in den 1960er Jahren auszumachen, als Ford die futuristische (allerdings nicht funktionstüchtige) Designstudie Ford Gyron (1961) vorstellt, und ein gewisser Louis E. Swinney in Kansas City seine Version eines Gyrocar (1962) präsentiert, über die jedoch nichts mehr herauszufinden ist. Swinney hat sich allerdings auch mit einer Umsetzung als Einenschienenbahn beschäftigt (s.d.).

1967 baut dann die Firma Gyro Transport Systems Inc. in Northridge, Kalifornien, den Gyro-X. Das Fahrzeug hat zwei Räder, ist 3,94 m lang und 1,07 m breit, und soll bis zu 200 km/h schnell sein. Der Kreisel hat einen Durchmesser von 508 mm und dreht sich mittels einer Hydraulik mit 6.000 U/min (min-1). Ungelöste Probleme bei der Kurvenfahrt mit hohen Geschwindigkeiten verhinderten dann jedoch die Serienproduktion, obwohl die Erfindung viel Presse bekommt. Ein reines Forschungsprojekt bleibt die Entwicklung der selbststabilisierenden Einräder mit innen liegendem Antrieb Gyrovers I und II, die am der Carnegie Mellon University gebaut werden.

Modernere Entwicklungen wie das einrädrige RIOT wheel, den inzwischen weit verbreiteten Segway, oder Konzepte wie Embrio, Uno, Winglet und U3-X finden sich in den Jahresübersichten zur elektrischen Mobilität (s.d.).

Eine schöne und sinnvolle Idee ist das gyroskopische Gyrowheel Fahrrad der Firma Gyrobike, mit dem Kinder ihre ersten Fahrversuche ganz ohne Stützräder durchführen können. Umzukippen tun sie trotzdem nicht, denn das Gyrowheel nutzt einen schnell drehenden Kreisel innerhalb des Vorderrades, um die Balance zu halten.

Das Kreiselrad hat drei unterschiedliche Geschwindigkeiten, einen NiMH-Akku für drei Stunden Betriebszeit und verträgt sogar ein paar Stöße. Das 12-Zoll-große Gyrowheel für 3 – 5jährige kommt im Dezember 2009 auf den Markt, und etwas später folgt auch eine 16-Zoll-Variante für 6 – 8jährige, jeweils mit schwarzer oder weißer Bereifung. Beim Update 2013 ist aber keines der Modelle lieferbar, so daß ich auch die Preise nicht herausfinden konnte.

C-1 von Lit Motors

C-1 von Lit Motors

Doch Erwachsene brauchen nicht neidisch zu werden, denn es gibt etwas Ähnliches auch für sie: eine Art zweirädriger Kabinenroller des kalifornischen Herstellers Lit Motors, der erstmals 2011 vorgestellt wird. Im futuristisch anmutenden C-1 können zwei (schlanke) Insassen hintereinander Platz finden und mit dem Energieinhalt eines 8 kW Akkus bis zu 320 km weit kommen, bei einer Höchstgeschwindigkeit von über 160 km/h.

Der Clou des Ganzen sind jedoch die beiden Gyroskope, die mit 12.000 U/min rotieren und den Roller im Stand senkrecht halten. Außerdem fungiert die Technik beim Anbremsen auch als ein Massendrehspeicher. Nachdem das Unternehmen mit Präsentationen seines Prototyps großen Erfolg hat, soll der C-1 nun Ende 2004 in einer ersten Kleinserie hergestellt werden und für 24.000 $ auf den Markt kommen. Bei einer Großserienproduktion des Gefährts könnte sich der Preis allerdings auf rund 16.000 $ reduzieren.

Ausgesprochen interessant sind auch die als Schiffsstabilisatoren bezeichneten Systeme, mit deren Hilfe vor allem das als Rollen bezeichnete Schwanken eines Schiffes um seine Längsachse verhindert oder zumindest verringert werden kann.

Dies wird mittels Kreiselstabilisatoren erreicht, bei denen ein oder mehrere große Kreiselinstrumente im Inneren des Schiffes der Rollbewegung entgegenwirken. Die erste Umsetzung scheint auf den deutschen Schiffbauingenieur Ernst Otto Schlick zurückzugehen, der 1904 einen als Dampfturbine konstruierten, großen Schiffskreisel erfindet und 1906 erstmals erfolgreich in der Praxis anwendet.

Seakeeper Kreiselstabilisator

Seakeeper Kreiselstabilisator

In Amerika entwickelt der Erfinder Elmer Ambrose Sperry in seiner Firma Sperry Gyroscope Co. ebenfalls einen Gyroskop-Stabilisator. Dieser Schiffskreisel kommt gegen Ende der 1920er Jahre zunächst in verschiedenen kleineren Schiffen und U-Booten zum Einsatz, darunter auf den Dampfern Seebär, Silvana und Lochiel – und in den frühen 1930er Jahren in großem Maßstab auf dem Passagierschiff Conte di Savoia.

Anders als bei Schlick werden die Kreisel im Inneren des Schiffes durch Elektromotoren ausgerichtet, wodurch es gelingt, das Rollen tatsächlich stark zu verlangsamen. Die Wirkung ist jedoch nicht zufriedenstellend, da sich das Schiff beim Aufrichten sehr träge verhält.

Heutzutage werden Stabilisatoren für Schiffe z.B. von der Firma kalifornischen Seakeeper Inc. hergestellt und vertrieben, die verschieden große Modelle für Boote bis zu 120 t anbietet. Bei noch größeren Schiffen lassen sich mehrere Einheiten installieren, um die gewünschte Stabilität zu erreichen.


Mechanische Stromspeicherung


Weder die wissenschaftlichen Entwicklungen noch die unternehmerischen Aktivitäten lassen sich exakt zuordnen. Oftmals werden verschiedene Konzepte parallel, oder diverse Einsatzbereiche gleichzeitig bearbeitet. In diesem Kapitelteil werde ich daher alle entsprechenden Institutionen und Firmen erwähnen, deren Fokus nicht eindeutig zu bestimmen – oder eben zu breit aufgefächert ist. Allen gemeinsam ist die Beschäftigung mit der Rotationsenergie-Speicherung.

An magnetisch gelagerten Schwungrädern – neben vielem Anderen – arbeitet das 1981  gegründete Technologie-Zentrum IK4-TEKNIKER in Eibar, Provinz Gipuzkoa, in der Autonomen Gemeinschaft Baskenland in Spanien, das seit 1996 rechtlich als private Non-Profit-Stiftung konstituiert ist und die Aufgabe hat, der Industrie dabei zu helfen ihre innovative Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Mit der Magnettechnik beginnt man sich im Jahr 2000 zu beschäftigen, und zwischen 2006 und 2009 folgen Entwicklungen im Bereich der kinetischen Energiespeicher-Systeme. Auf der Machine Tool Biennale Mitte 2010 in Bilbao wird neben einem Magnetlager für Werkzeugmaschinen auch ein Schwungrad-Energiespeicher vorgestellt, neuere Informationen konnte ich nicht finden.

Seit 1973 betreibt Prof. Richard F. Post am Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) in den USA Schwungradforschung. Von ihm wird das Konzept der Hochgeschwindigkeits-Schwungräder aus Verbundwerkstoffen anstelle von Metall sowie ein neuer Ansatz für das Rotor-Design entwickelt. Bis 1983 werden verschiedene Schwungrad-Designkonzepte mit Rotoren aus Verbundwerkstoffen hergestellt und validiert. Das Resultat sind wertvolle Daten über die Lebensdauer der Rotoren und ihre Ausfälle (Bursts). Mit kompakten Rotoren werden Leistungen über 100 kW und eine Speicherung von mehr als 1 kWh Energie erreicht.

Electromechanical Battery Grafik

Electromechanical Battery
(Grafik)

1992 beginnt das Team um Post mit der Entwicklung einer Electromechanical Battery (EMB) die aus ineinandergeschobenen Hohlzylindern besteht, welche durch elastische Separatoren voneinander getrennt sind. Das modulare Gerät enthält ein modernes Schwungrad, das von fast reibungsfreien Magnetlager stabilisiert wird. Hier wird erstmals ein sogenanntes magnetisches Halbach-Array eingesetzt, eine besondere Magnetanordnung, die den 1980er Jahren von Klaus Halbach entwickelt worden ist, ebenfalls am LLNL.

Gemeinsam mit einem integrierten eisenlosen Generatormotor ist das EMB-Schwungrad in einem 20 cm durchmessenden und 30 cm hohen versiegelten Vakuumgefäß untergebracht und rotiert mit einer Geschwindigkeit von 60.000 U/min. Die Effizienz beträgt 92 %, und wegen seinem einfachen Design und den fortschrittlichen Materialien, die genutzt werden, wird eine wartungsfreie Lebensdauer von mindestens einem Jahrzehnt erwartet. Die Forschungen am LLNL werden von den Unternehmen Trinity Flywheel, Westinghouse Electric Corp. und General Motors gefördert. 1994 erreichen sie die kommerzielle Phase, worauf die Technologie zur Herstellung an die im Vorjahr gegründete Trinity Flywheel Power Inc. lizenziert wird.

Westinghouse beginnt im Juli 1994 und im Rahmen eines mit 2,5 Mio. $ finanzierten Dreijahrevertrages zusammen mit der Firma General Motors (GM) ein Schwungrad-System zu entwickeln, das als Teil eines Hybridsystems in Zukunft Kraftfahrzeuge antreiben soll. Das Projekt wird vom DOE gefördert. Gemeinsam mit dem Partner Trinity Flywheel Batteries arbeitet Westinghouse gleichzeitig an der Entwicklung einer Schwungrad-Batterie zur Überbrückung von Stromausfällen. Westinghouse hatte bereits im Vorjahr mehrere entsprechende Patente angemeldet, die 1994 auch erteilt werden (z.B. US-Nr. 5.336.064 und Nr. 5.356.2739).

Ende 2000 entsteht aus Trinity Flywheel und der 1991 gegründeten American Flywheel Systems Inc. die neue Firma AFS Trinity, die sich weiterhin mit Schwungrädern im Verkehrswesen befaßt (s.u.).

Die Forschungsarbeit am Lawrence Livermore National Laboratory wird ebenfalls stetig weitergeführt, und 2009 wird die dort weiterentwickelte Technologie an die Firma Amber Kinetics Inc. lizenziert, welche vom DOE eine Förderung von 4 Mio. $ erhält, um die Schwungradspeicher-Technologie in Partnerschaft mit dem LLNL für Netz-Anwendungen weiterzuentwickeln und zu demonstrieren. Der Gesamtetat des Projektes beträgt 10 Mio. $. Ziel sind Systeme mit höherer Effizienz, die gegenüber Pumpspeicher-Technologien wettbewerbsfähig sind. Amber Kinetics lizenziert die Technologie später an die in Hawaii ansässige gemeinnützige Organisation The Arc of Hilo, um einen Energiespeicher für eine landwirtschaftliche Lebensmittelverarbeitungs-Anlage bereitzustellen. Die Stromversorgung erfolgt durch eine solarthermische Anlage, die ebenfalls am LLNL von Charles Bennett entwickelt wurde und auf einer modifizierten Dampfmaschine basiert. Hierbei werden über 25 % des einfallenden Sonnenlichts in elektrische Energie umgewandelt, um in der EMB gespeichert zu werden, während der Rest zur Warmwasserbereitung oder Raumheizung genutzt wird.

Im Juni 2010 berichtet das LLNL, daß man inzwischen gemeinsam mit der Firma Arnold Magnetic Technologies an der Kombination ihrer Erfahrungen bei der Anwendung der Technologie von Magnetlagern arbeitet, um Schwungrad-Energiespeicher mit hohem Wirkungsgrad zu entwickeln. Beim Einsatz von Magneten entfällt die Notwendigkeit von Schmierstoffen. Im Mai 2011 folgt die Meldung, daß das LLNL inzwischen an einer weiterentwickelten Version der EMB für kommerzielle Einsätze arbeitet. Der erste Konzeptnachweis wird ein 5 kWh Akku von der Größe einer Kaffeekanne – anschließend soll in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Industrie ein 25 kWh Speicher mit etwa 2 m Durchmesser und rund 30 cm Höhe entstehen. Das geplante serienreife Endprodukt ist dann eine 250 kWh Batterie, die etwa 1,8 m - 2,4 m hoch sein wird. Mehrere hundert EMBs sollen in einem unterirdischen Netzwerk Energie aus verschiedenen Energiequellen erfassen, speichern und bei Bedarf in das Stromnetz abgeben. Hierfür ist zwischenzeitlich ein neuartiger elektrostatischer (E-S) Generator/Motor entwickelt worden.

Die neueste EMB-Version ist in der Lage, 6 bis 8 Stunden lang Energie zu speichern, und diese über Zeiträume von 1 bis 4 Stunden wider abzugeben. Im Gegensatz zu früheren Modellen mit 20 % - 30 % internen Verlusten, konnte der Energieverlust nun auf 5 % verringert werden, womit man langsam wieder das Niveau der 1990er Jahre erreicht (s.o.). Im Rahmen einer Partnerschaft zwischen Regierung und Industrie ist der kommerzielle Einsatz von EMB Massenspeichern ab 2012 geplant.

Schwungradversuche am ORNL

Schwungradversuche
am ORNL

Bereits ab 1980 beschäftigt sich auch das Oak Ridge National Laboratory (ORNL) mit Studien zur mechanischen Schwungrad-Energiespeicherung in Automobilen. Als Präsident Reagan im März 1983 seine Raketenabwehr-Initiative verkündet (Strategic Defense Initiative, SDI; auch als ‚Star Wars’ bekannt), beginnt man am ORNL auch an Energiespeichern für die in diesem Zusammenhang benötigten Technologien zu forschen.

Eine fortschrittliche und wesentlich friedlichere Anwendung ist das 1988 an der University of Ottawa entwickelte Schwungradsystem zur Speicherung von Solarstrom zum Betrieb von Signaleinrichtungen im Küstenschutz. Das Schwungrad besteht aus einer Aluminiumnabe und einer Schwungmasse aus glasfaser- und kohlefaserverstärktem Kunststoff und wiegt 186 kg. Der Energieinhalt beträgt bei 23.000 min-1 rund 8,5 kWh. 2011 arbeitet ein Team um John Hsu an der Entwicklung einer kostengünstigen Technologie, die innerhalb eines Hybrid-Elektrofahrzeugmotors Energie speichert und wiederverwendet, die sonst verschwendet wäre.

Auch am Rutherford Appleton Laboratory in Großbritannien, eine von drei Einrichtungen des staatlichen Council for the Central Laboratory of the Research Councils (CCLRC), wird in den 1980er Jahren der Einsatz von Schwungrad-Energiespeichern in Verbindung mit dem Inselbetrieb von Windenergieanlagen getestet. Dabei werden in einer Versuchsanordnung eine Windkraftanlage mit einer Nennleistung von 45 kW, ein Dieselgenerator und ein Schwungradspeicher zusammen betrieben. Das Schwungradsystem mit Stahlrotor überbrückt Windlöcher im Minutenbereich und vermeidet dadurch häufige Starts des Dieselgenerators. Durch die kurzen Schaltzeiten des Schwungradspeichers, die im Millisekundenbereich liegen, werden zudem Leistungsfluktuationen aufgrund von Windböen vermindert. Mit seiner Drehzahl von 5.000 U/min hat das System eine Energiespeicherkapazität von 2,3 kWh.

Zwischen Januar 1996 und Oktober 1998 läuft hier auch ein Forschungsprojekt zur Entwicklung und Erprobung von elektronischen und mechanischen drehzahlgeregelten Antrieben für Schwungrad-Energiespeicher, um kurzfristige Energiespeicher mit schnellen Lade/Entlade-Zyklen für erneuerbare Energiequellen bereit zu stellen. Das Projekt unter der Leitung von Alan Ruddell, an dem auch die Firmen P.I.V. Antrieb Werner Reimers und Cegelec Industrial Controls sowie die University of Leicester beteiligt sind, wird von der Europäischen Kommission finanziert.

In Deutschland leistet das Forschungszentrum Karlsruhe einen wichtigen Beitrag zur magnetischen Lagerung von Schwungrädern, wo 1995 ein neues Versuchsschwungrad entwickelt wird., bei dem zwei Schwungscheiben aus Hochleistungsfaserverbundwerkstoff über eine Welle miteinander verbunden sind, die gleichzeitig als Rotor für die Homopolarmaschine dient. Oberhalb und unterhalb dieser hantelförmigen Anordnung sind die beiden Magnetlager angebracht, die den Kernpunkt des Forschungsprojekts bilden. Dabei handelt es sich um passive Magnetlager, die jeweils aus einem rotierenden Permanentmagneten und einem ruhenden Körper aus supraleitendem Material bestehen. Der Supraleiter verankert dabei das Feld des Magneten und stabilisiert ihn in alle drei Raumrichtungen. Dieser Supraleiter muß zwar auf 77°K gekühlt werden, dafür entfallen aber im Vergleich mit herkömmlichen Magnetlagern die Versorgung der Elektromagneten und die aktive Regelung. In Verbindung mit Kleinschwungrädern werden die Lager erfolgreich getestet, wobei dieses Schwungrad einer Drehzahl von 50.000 U/min 300 Wh speichert.

Vycon-System

Vycon-System

1998 gründen Vatche Artinian und Larry Hawkins im kalifornischen Cerritos die High-Tech-Firma Calnetix Technologies LLC, die schnell zu einem der Industrieführer für Hochgeschwindigkeitsmotoren, Magnetlager und Magnetantriebe für dezentrale Energiesysteme aufsteigt. Vatche erkennt recht früh, daß seine Hochgeschwindigkeitsmotoren aufgrund ihrer magnetischen Lager Energie sehr effizient speichern können. Das Team baut seine ersten Energiespeichersysteme auf Grundlage eines Magnetmotors für einen Wechselbetrieb in schnellem Rhythmus, sowie Magnetlagern, die das Schwungrad im Schwebezustand halten. Die Einheit schafft bis zu 60.000 U/min ohne Reibung oder Wärme.

Im Jahr 2004 folgt der Entschluß, die Schwungrad-Technologie auszugliedern und hierfür die Firma Vycon zu gründen, die ebenfalls in Cerritos ansässig ist und Hochgeschwindigkeits-Schwungräder zur Speicherung von Gleichstrom entwickelt und herstellt. 2010 gibt es von amerikanischen, dänischen und neuseeländischen Investoren 13,7 Mio. $ um die Produktion zu erweitern und auf die gestiegene Nachfrage nach sauberen Energiespeicherungsformen zu reagieren.

Ein sehr interessanter Bereich, mit dem Vycon sich beschäftigt, sind die mobilen Kräne, die innerhalb einer Minute einen Container vom LKW oder Waggon auf ein Frachtschiff oder umgekehrt heben. Sie werden durch Dieselgeneratoren an Bord betrieben, wobei die Kraft zum Anheben und die benötigte Energie zum langsamen Absetzen so viel Treibstoff erfordert, daß diese Aktionen nach dem Betreiben der Schiffe selbst den zweitgrößten Kostenfaktor im Containertransport darstellen.

Vycon entwickelte und vertreibt inzwischen Schwungräder, welche die beim Absetzen und Bremsen wiedergewonnene Energie auffangen und speichern, damit sie beim nächsten Anheben wieder eingesetzt werden kann – wodurch der Energieverbrauch um bis zu 35 % gesenkt werden kann. Das erste System wird im Mai 2006 am Containerterminal von Long Beach, Kalifornien, installiert und arbeitet so präzise und zuverlässig, daß Vycon seinen Kunden eine 20-jährige Garantie anbietet. Die Schwungrad-Technologie kann für 120.000 $ auch in bestehende Kräne eingebaut werden, womit sofortige Einsparungen möglich sind. 2011 stellt die Firma ein regeneratives Bremssystem für Bahnen vor (s.u.).

Die Firma LaunchPoint Technologies Inc. in Goleta, Kalifornien, wird 1992 unter dem Namen Magnetic Moments LLC gegründet und 2003 umbenannt. Bereits ein Jahr zuvor beginnt das Unternehmen im Rahmen eines Vertrages mit der US Navy mit der Suche nach einem alternativen Design für Schwungräder, da diese in der Größe bislang durch Fliehkräfte begrenzt werden, selbst wenn man sie aus Verbundwerkstoffen fertigt. Diese Kräfte erhöhen sich nämlich von der Achse bis zum Rand und neigen dazu, die konzentrischen Schichten auseinander zu ziehen. Das LaunchPoint-Team arbeitet daher daran, alles außer dem äußeren Rand zu entfernen, so daß nur ein hohler Zylinder übrig bleibt. Dies soll den Zug in radialer Richtung minimieren, so daß es möglich wird, viel größere Räder zu bauen, die bis zu 10 t wiegen.

LaunchPoint-Test

LaunchPoint-Test

Eine weitere Vereinfachung wird erreicht, indem das gesamte hybrid-elektromagnetische Lagerungssystem auf die Innenseite verlegt wird, statt wie bislang auf der äußeren Seite oder an der Unterseite des Randes plaziert zu sein. Ein kleiner 3 kWh Prototyp belegt, daß das Design einfach zu skalieren ist. Es soll daher möglich sein, damit Speicherkapazitäten von mindestens 1 MWh zu erreichen.

Die Entwicklungsarbeiten, um die Power Ring genannte Schwungrad-Technologie zur Reife zu bringen, werden ab 2003 von der New York State Energy R & D Authority (NYSERDA) gefördert, wobei das Interesse hier in erster Linie an Strom-Speichereinheiten für Netzanwendungen besteht. Weitere Entwicklungsaufträge folgen vom US Department of Energy, der National Science Foundation (NSF) und der NASA. Außerdem bekommt LaunchPoint (2006?) Investitionskapital um dieHochgeschwindigkeits-Schwungräder aus Kohlefaser-Verbundwerkstoff weiterzuentwickeln.

Im August 2009 gibt es weitere Mittel von der NSF – die allem Anschein trotzdem nicht dazu führen, daß ein entsprechender Prototyp gebaut und geprüft wird. 2010 wird dann die LaunchPoint Energy and Power LLC gegründet, die sich mit Batterie-Management-Systemen (BMS) für Lithium-Ionen Batterien befaßt. Das Thema Schwungräder scheint dagegen hier nicht weiter verfolgt zu werden. Nicht ganz klar konnte ich bislang die Verbindung mit der ebenfalls in Goleta beheimateten Firma LaunchPoint Innovations LLC nachvollziehen, aus der im Jahr 2008 die Firma Gravity Power entsteht, die sich wiederum mit Hubspeichern beschäftigt (s.d.).

Auch die 2007 gegründete Firma Velkess (= Very large Kinetic Energy Storage System), die sich weitestgehend bedeckt hält, will eine vielversprechende neue Speichertechnologie mit flexiblen, selbststabilisierenden Schwungrädern entwickeln, die ähnlich funktionieren wie ein Cowboy-Lasso, und dazu wesentlich billiger und sicherer sind als konventionelle Schwungräder. Es werden viel weniger teure Materialien gebraucht und auch keine annähernd so hohe Präzision benötigt wie bei den sonst üblichen starren Konstruktionen. Nachdem das Team über 50 kleine Prototypen gebaut und getestet hat, scheint man die Technologie der Selbststabilisierung endlich im Griff zu haben.

2009 arbeitet Velkess bereits an der Entwicklung und Erprobung von Prototypen in großem Maßstab für netzgekoppelte Anwendungen. Weitere Details gibt es noch nicht, außer daß der funktionierende Prototyp ib der Lage sei, 2 kW zu absorbieren und einen Energieinhalt von 0,5 kWh zu speichern.

In den Fachblogs taucht das Unternehmen erst wieder im März 2013 auf, als es auf der Crowdfunding-Förderplattform Kickstarter um einen Spendenbetrag in Höhe von 54.000 $ bittet, um einen 30 Mal größeren Prototypen zu bauen, der 15 kWh speichern kann. Es gelingt tatsächlich, die Summe in der festgelegten Zeit zusammen zu bekommen – so daß man auf die weitere Entwicklung gespannt sein kann.


Überbrückungsspeicher für elektrischen Strom


Als Überbrückungsspeicher für kurzzeitige Stromausfälle werden bislang fast ausschließlich Akkumulatoren oder Notstromaggregate eingesetzt, die eine ununterbrochene Stromversorgung zu garantieren (Uninterrupted Power Supply, UPS). Eine sehr sinnvolle Alternative hierzu bilden Schwungradspeicher.

Aufgrund der Wichtigkeit dieses Themas trenne ich die explizit als Überbrückungsspeicher deklarierten Technologien von den oben aufgeführten Schwungradspeichern – obwohl eine klare Abgrenzung nicht immer möglich ist. Heute sind schon mehrere Hundert Schwungmassenspeicher im Einsatz. Sie haben meist konventionelle, automatisch geschmierte Lager sowie Schwungräder aus Stahl. Entsprechend gering sind die Drehzahlen (2.000 – 3.000 U/min) und Energiedichten (ca. 3 kWs/kg). Damit werden Überbrückungszeiten von ungefähr 10 Sekunden erreicht. Die Leerlaufverluste machen ungefähr ein Prozent der Spitzenleistung aus, d.h. für 1 MW müssen permanent 10 kW investiert werden (Stand 2003).

Serienreife, magnetgelagerte Schwungradspeicheranlagen speziell für geregelte Notstromversorgungen von Fernmeldeeinrichtungen, Krankenhäusern und kerntechnischen Anlagen werden von der französischen Firma Aerospatiale angeboten, die sich auch schon mit der Stromversorgung von Satelliten beschäftigt hat (s.o.) und eine ganze Reihe von Patenten an dieser Technologie besitzt.

Die erste dieser vollmagnetisch gelagerten Anlagen wird im Oktober 1979 unterirdisch installiert und sichert einen Telefonnetz-Verteiler in Rochefort-en-Yvelines vor Stromausfällen. Das 370 kg schwere Gerät dreht sich mit 12.000 U/min, kann 1 kWh speichern und bis zu 3 kW über 20 Minuten lang abgeben. Für das 40 cm durchmessende Schwungrad aus Faserverbundwerkstoff wird mit einer Lebensdauer von 10 – 20 Jahren gerechnet. Nun soll eine Version mit 10 kWh entwickelt werden.

Magnetgelagerte Schwungradspeicher werden ebenfalls von dem 1992 gegründeten US-Unternehmen Active Power Inc. in Austin, Texas angeboten. Ab 1996 wird unter dem Label CleanSource eine zunehmend breiter werdende Palette von Speicherlösungen zwischen 100 kW und 2 MW vermarktet. Die Speicher haben leise und reibungsarm gelagerte Schwungscheiben aus Stahl sowie integrierte Motor-Generator-Systeme, und ihr Wirkungsgrad soll 99 % betragen.

Active Power System

Active Power System

Das Unternehmen, das ursprünglich Magnetlager entwickelt hat, arbeitet u.a. mit Caterpillar zusammen, um mit seinen patentierten Schwungrad-UPS-Systeme auf den Weltmarkt zu kommen. Einsatzgebiete sind neben der Überbrückung von Netzausfällen auch das ‚power quality – local tuning’, also die Kompensation von Spannungsschwankungen, Oberschwingungen oder Unsymmetrien im Drehsstromsystem, sowie der Ausgleich von schwachen Netzen oder fluktuierender dezentraler Energieerzeugung ohne andere Formen aufwendiger Netzverstärkungstechnologien. 

Im Jahr 2007 stellt Active Power eine Komplettlösung für kritische Infrastrukturen vor. Mit der Reihe CoolAir bietet das Unternehmen die einzige Lösung, die sowohl für Backup-Power als auch für Backup-Kühlung sorgt. Ein Einsatzbeispiel aus diesem Jahr sind drei 600 kVA N +1 CleanSource Systeme, die der Internationale Flughafen von Mexico City installiert, um die Beleuchtung der Start- und Landebahnen sowie andere kritische Operationen zu sichern. 2008 unterzeichnet die Firma einen Multimillionen-Dollar-Vertrag mit einem nicht näher genannten globalen Internet-Suchmaschinen Provider, um 12 Stück 1 MW CleanSource-UPS Systeme zu liefern.

Seit seiner Gründung hat das Unternehmen weltweit mehr als 100 Patente erhalten, und laut der Homepage von 2012 wurden bereits Tausenden von Schwungrädern in mehr als 40 Länder geliefert, die zusammen gerechnet eine Laufzeit von mehr als 100 Millionen Stunden nachweisen können.

Schon 1994 geben Wissenschaftler am amerikanischen Argonne National Laboratory (ANL) in Illinois bekannt, daß sie für die Stromspeicherung ein nahezu reibungsfreies Lager entwickelt haben, das aus einem Dauermagneten besteht, der über dem magnetischen Feld eines Supraleiters schwebt. Der Reibungskoeffizient hat einen Wert von 0,0000009 – was einige Tausend mal niedriger ist als der Koeffizient der reibungsärmsten mechanischen Kugellager. 1997 experimentiert man hier mit verlustarmen Lagern aus Hochtemperatur-Supraleitern, und ab 1999 beginnt die Arbeit an der Entwicklung eines mit solchen Lagern ausgestatteten 10 kWh Schwungrad-Energiesystems.

Demonstrator von Boeing

Demonstrator von Boeing

Im Jahr 2002 startet das vom DOE geförderte Superconductivity Partnership Initiative (SPI) Projekt, bei dem ein Konsortium um Boeing einen Schwungradspeicher realisieren soll, der mit einer supraleitenden Magnetlagerung ausgestattet ist. Als Resultat eines Vorläuferprojekts hatte Boeing gemeinsam mit Lockheed ab 1999 einen 2 kWh Schwungrad-Demonstrator gebaut. Nun soll das Unternehmen ein 10 kWh FES (Flywheel electricity systems) entwickeln, das für niedrigen Stromverbrauch und Lastausgleich optimiert ist, gefolgt von der Entwicklung und Installation eines bis zu 100 kW Motor/Generator-Systems für hohe Leistungen, das Stromausfälle von 5 – 10 Minuten überbrücken kann.

Ab 2004 forscht das ANL gemeinsam mit Boeing weiter (die Beziehung besteht seit 1988), man ist aber immer noch mit der Herstellung aller Komponenten für das 100 kW / 5 kWh UPS-Schwungrad-System beschäftigt. Trotz Einschränkungen der Finanzierung werden mit technischer Unterstützung des Prüfpersonals der Southern California Edison (SCE) im Laufe des Jahres alle Einzelkomponenten erfolgreich bei voller Geschwindigkeit getestet (bis zu 102 % der Betriebsdrehzahl, d.h. 22.900 U/min). 2005 folgt die erste erfolgreiche Erprobung des Gesamtsystems mit supraleitenden Lagern bei niedrigen Geschwindigkeiten, auch der kryogene Betrieb bei 70°K erweist sich als stabil. Im letzten Jahr des SPI-Projekt 2006 sollen die Tests von Boeing und SCE weitergeführt werden. Leider ist es mir bislang nicht gelungen, weiterführende Informationen darüber zu finden.

Im Rahmen des JOULE-Programmes der Europäischen Kommission erhält die University of Sussex im Januar 1998 eine Förderung in Höhe von 500.000 €, um die Speicherung von Windstrom in langsam laufenden (~ 5.000 U/min), 100 – 150 kg schweren Schwungrädern mit 1 – 1,5 m Durchmesser und Hybrid-Magnetlagern zu untersuchen. Die Forschungsergebnisse des drei Jahre laufenden Projektes mit einem Gesamtetat von 800.000 € sollen dabei helfen, als Speichersysteme in Verbindung mit bis zu fünf 10 – 30 kW Windkraftanlagen kleinen und isolierten Gemeinschaften in Entwicklungsländern und in Teilen Europas eine ununterbrochene Stromversorgung zu gewährleisten. Die Forschungsgruppe kooperiert dabei mit der Universität Patras in Griechenland und drei kleinen und mittleren Unternehmen: Proven Engineering Products Ltd., NelCo Systems Ltd. und Elettrorava SpA.

Das Schwungrad des ersten kleinen Prototyps besteht aus zwei ineinander steckenden Stahlzylindern, zwischen denen sich eine Schicht aus mit Ferrit beladenem flexiblem Kunststoff befindet (wie es als Material für Magnetdichtungen verwendet wird). Das letztendliche Ziel ist es, ein Schwungrad und Generator-Kombination zu bauen, die sich mit 6.000 U/min dreht, etwa 1 m groß ist und 100 kg wiegt, um 2 kWh (10 MJ) oder sogar noch mehr zu speichern.Um die Effizienz solcher Anlagen zu untersuchen wird die Errichtung einer Pilotanlage mit einer 6 kW Windenergieanlage und zwei parallel arbeitenden Schwungrädern vorgeschlagen. Ich habe jedoch nicht herausfinden können, ob es letztlich dazu gekommen ist.

Die 1997 gegründete Beacon Power Corp. in Wilmington, Massachusetts, entwickelt ein weiteres Schwungrad-Energiespeichersystem, wobei der Schwerpunkt hier anfänglich mehr auf der Stabilisierung des Stromnetzes liegt. Das Unternehmen, das aus der Energieabteilung der Bostoner Firma SatCon Technology Corp. entsteht und 1998 selbständig wird, legt für seine Smart Power M5 bzw. Smart Energy 25 (kWh) Systeme das Konzept einer Container-basierten Matrix von Speichern vor. Für die Backup-Stromversorgung von Kommunikationseinrichtungen werden ab 2000 Schwungscheiben aus Fiberglas und Karbonfasern eingesetzt, die mit 22.500 U/min rotieren. Im gleichen Jahr geht das Unternehmen an die Börse. Auf Anwendungsmöglichkeiten der Technologie im Stromnetz fokussiert man sich seit 2004, praktische Versuche beginnen 2005.

Im August 2006 beginnt am Forschungszentrum der Pacific Gas and Electric in San Ramon ein 4-monatiger Versuchslauf mit sieben 6 kWh Schwungscheibenspeicher, jeder von der Größe eines kleinen Kühlschranks, die innerhalb von 15 Minuten gemeinsam 100 kW Strom laden bzw. abgeben können. Der Test wird vom U.S. Department of Energy (DOE) mitfinanziert. Für größere Anlagen entwickelt Beacon ein 25 kW starkes Smart Energy 25 flywheel system, das zu Clustern in Größen von 1 MW bis 20 MW zusammengeschaltet werden kann. Das Unternehmen geht davon aus, daß eine in Schwungscheiben gespeicherte Strommenge von 100 MW ausreichen würde, um mit 90 % aller Spannungsschwankungen innerhalb des kalifornischen Stromnetzes fertig zu werden. Eine 1 MW Speicheranlage soll etwa 1,5 Mio. $ kosten. 

Anfang 2007 gibt die California Energy Commission (CEC) bekannt, daß man seit 2005 ein 100 kW Schwungspeichersystem von Beacon zur Stabilisierung des Stromnetzes einsetzt – als Prototyp für ein zukünftiges 20 MW System. Beacon beantragt in diesem Jahr die Zertifizierung und den Netzzugang für seine Technologie – der von Seiten der Independent System Operator (ISO), einer not-for-Profit-Organisation die Kaliforniens Hochspannungs-Stromnetz betreibt, auch erteilt wird.

Mitte 2008 eröffnet die Firma ihr neues Hauptquartier in Tyngsborough, Massachusetts, wo man auch gleich mit der Herstellung von Schwungscheiben beginnt. Und im September bekommt das Unternehmen reichlich Presse, als es den erfolgreichen Versuchsbetrieb seiner ersten 1 MW Smart Energy Matrix Anlage bekannt gibt, die am firmeneigenen Hauptquartier installiert ist. Sie besteht aus zehn Schwungrädern in Form von 1.270 kg schwerer Walzen aus Kohle- und Glasfasern, die mit Epoxydharz verklebt sind. Das einzelne 1,5 m lange Schwungrad mit einem Durchmesser von 91 cm besitzt eine Achse und eine Nabe aus Metall und ist in einem Stahlzylinder vakuumverpackt.

Beacon Power Kraftwerk Grafik

Beacon Power Kraftwerk
(Grafik)

Mit einem Motor-Generator-System auf die volle Geschwindigkeit von 16.000 U/min gebracht, kann jedes dieser magnetisch gelagerten 25 kWh Schwungräder genug Energie speichern, um einen typischen US-Haushalt einen ganzen Tag lang mit Strom zu versorgen. Pläne zum Bau eines 5 MW Speichersystems zieht Beacon aufgrund der Unsicherheit an den Aktien- und Kreditmärkten im November wieder zurück, statt dessen geht man von einem schrittweise erfolgenden Ausbau in 2 MW Phasen aus. Mit einen Nettoverlust von 23,6 Mio. $ weist das Unternehmen für das Jahr 2008 einen Gesamtumsatz von 70.000 $ aus. Doch der Silberstreif am Horizont läßt nicht lange auf sich warten.

Im Februar 2009 schließt Beacon einen 3 Mio. $ Vertrag mit dem US Naval Sea Systems Command ab, um sich mit Schwungrad-Speichern für Schiffe zu beschäftigen – und im Juni wird ein ‚Starter’-Vertrag in Höhe von 2 Mio. $ mit der New York State Energy Research and Development Authority (NYSERDA) unterzeichnet, um in Stephentown, Bundesstaat New York, das erste Schwungradspeicher-Kraftwerk der Welt im kommerziellen Maßstab mit einer Pufferleistung von insgesamt 20 MW zu errichten. Im Juli bekommt die Firma eine Kreditbürgschaft des DOE in Höhe von 43 Mio. $ zugesagt, die ca. 62,5 % des auf 69 Mio. $ geschätzten Finanzierungsaufwands für das Stephentown-Projekt deckt. Dafür hat Beacon im Laufe von drei Jahren allerdings 96 Formulare ausfüllen und ca. 1 Mio. $ ausgeben müssen.

Dem DOE zufolge wird die Anlage dem lokalen Stromnetz Energie entnehmen und wieder zurückgeben, um mehr variable erneuerbare Energiequellen zu nutzen. Gleichzeitig sei das Schwungradspeicher-Kraftwerk ein sauberes und nachhaltigeres Verfahren zur Frequenzregelung im Netz, um dieses zu stabilisieren und zu verbessern. Man erwartet, daß das Speicherwerk etwa 10 % der durchschnittlichen, täglichen Frequenzregulierung in dem Netzabschnitt übernehmen wird, um das Stromnetz vor ungewollten kurzfristigen Spannungs- und Frequenzschwankungen zu schützen. Im Oktober wird das Projekt auch von der New York State Public Service Commission (PSC) genehmigt, sodaß Beacon mit den Arbeiten beginnen kann. Setzt sich der Prototyp durch, sollen vergleichbare Kraftwerke in den gesamten USA gebaut werden.

Im Laufe des Jahres ist es dem Unternehmen auch gelungen, 20 Mio. $ an neuen Investitionsmitteln einzunehmen – und im Juli wird bei der ISO New England Inc. die zweite netzstabilisierende 1 MW Anlage in Betrieb genommen.

Im März 2010 gibt Beacon bekannt, daß für einen Windpark in Tehachapi, Kalifornien, das erste Smart Energy 25 (Gen 4) Schwungrad-Energiespeicherungssystem verschifft, installiert und angeschlossen worden ist. Das System ist Teil eines Demonstrationsprojekts, das im Auftrag der California Energy Commission (CEC) durchgeführt wird und dessen vorrangiges Ziel es ist nachzuweisen, daß eine fortschrittliche Steuerungstechnik in Verbindung mit Energiespeichern dabei helfen kann, durch eine effektive Erhöhung der Kapazität eingeschränkter Übertragungssysteme in der Region, die Belieferung der Kunden mit Strom aus Windenergie zu steigern. An dem Projekt sind neben der finanzierenden CEC und dem Generalunternehmer Alternative Energy Systems Consulting (AESC) auch der Netzbetreiber California Independent System Operator (ISO) sowie der Stromversorger Southern California Edison beteiligt.

Beacon Power Kraftwerk im Bau

Beacon Power Kraftwerk
im Bau

Im Mai ist die Stephentown Anlage mit ihren 200 Schwungrädern bereits im Bau, und es wird erwartet, daß 4 MW bis Ende dieses Jahres Online gehen, und der Rest bis zum Frühjahr des nächsten Jahres. Beacon hat bereits 14 Mio. $ in das Projekt gesteckt, d.h. schon mehr als die Hälfte der 26 Mio. $, welche den Eigenanteil des Unternehmens im Rahmen des DOE-Programms ausmachen. Die Auszahlung des Kredits ist allerdings noch immer nicht erfolgt. Beacon zufolge habe man seit der Gründung des Unternehmens rund 211,5 Mio. $ ‚verloren’. Andererseits gibt es aber auch zwei neue 20 MW-Projekte zu vermelden. Eine Anlage, die durch einen 24 Mio. $ Zuschuß im Rahmen des Smart Grid Stimulus Programms gesichert wird, ist für das regionale Stromnetz PJM Interconnection geplant, wahrscheinlich in der Gegend von Chicago. Und eine weitere soll in Glenville, New York, entstehen, wo Beacon bereits eine Landpacht-Option gekauft und eine Netzanbindung beantragt hat.

Im September wird gemeldet, daß Beacon nun mit der Advanced Research Energy Projects Agency - Energy (ARPA-E) der DOE zusammen an der Entwicklung der nächsten Generation von Schwungradspeichern arbeitet, die in der Lage sein soll, mit bis zu 25.000 U/min deutlich schneller zu drehen – und viermal so viel Energie zu speichern wie die derzeitigen Schwungräder des Unternehmens. Dabei sollen sie aber nur ein Achtel so viel kosten. Für das 2-jährige Programm sind 2,8 Mio. $ vorgesehen, von denen Beacon 20 % selbst trägt.

Mit geringer Verspätung geht im Juni 2011 das 20 MW Speichersystem in Stephentown in vollen Betrieb (andere Quellen: nur 18 MW). Im August gibt Beacon bekannt, daß es vom Büro des Gouverneurs einen staatlichen Zuschuß von 5 Mio. $ für den Bau einer zweiten 20 MW Schwungradspeicher-Anlage in Hazle Township, Pennsylvania, erhalten hat. Das 53 Mio. $ Projekt wird zusätzlich durch eine Smart Grid Stimulus Finanzhilfe des DOE in Höhe von 24 Mio. $ gefördert. Der Fachpresse zufolge hat Beacon bis zu diesem Zeitpunkt durch den Verkauf von Aktien rund 125 Mio. $ aufgebracht, braucht für seine nächsten Projekte aber deutlich mehr Mittel.

Ende Oktober meldet Beacon Power überraschend Konkurs an – und gibt die Schuld daran teilweise der eigenen Unfähigkeit, zusätzliche Investitionen zu sichern, die aufgrund der Finanzierungsbedingungen durch das DOE erforderlich gewesen wären. Beacon soll aus der Kreditbürgschaft des DOE in Höhe von 43 Mio. $ schon 39,1 Mio. $ in Anspruch genommen haben, würde der Regierung diesen Betrag aber zurückzahlen – noch vor Abfindung der privaten Investoren. Das Unternehmen habe 72 Mio. $ in Vermögenswerten und 47 Mio. $ Schulden. Die Schwungradspeicher-Anlage in New York, die alle peripheren Aufwendungen eingeschlossen 69 Mio. $ gekostet hat, bleibt in Betrieb. Im November sagt das Unternehmen einerseits, daß es den Verkauf der Stephentown-Anlage zum 30. Januar 2012 plant, um das DOE-Darlehen zurück zu zahlen, und andererseits, daß man versuchen wird, mehr Geld von privaten Investoren zu akquirieren, um die Firma zu reorganisieren und den Betrieb fortzusetzen.

Im Februar 2012 berichten die Fachblogs, daß die Beacon Power Corp. einen Käufer gefunden habe: Rockland Capital. Tatsächlich erhält die 2003 gegründete private Investmentgesellschaft im März den Zuschlag, Beacons Vermögenswerte einschließlich der 20 MW Anlage in New York zu kaufen – für 30,5 Mio. $ in bar und zusätzlichen Garantien und Finanzierungsverpflichtungen in Höhe von 6,6 Mio. $ gegenüber dem DOE, das dadurch mehr als 70 % seiner Investitionen durch das Bürgschaftsprogramms wieder hereinzuholen vermag. Rockland konzentrierte sich bislang auf Investitionen im Energiebereich in Nordamerika und Europa, vor allem auf Erdgas-Kraftwerke. Der Investor plant nun, die Mehrheit der ehemaligen Beacon-Mitarbeiter wieder einzustellen und genügend Geld für die Realisation der 20 MW Schwungrad-Anlage in Pennsylvania bereitzustellen. Die weitere Entwicklung und Vermarktung von der Schwungrad-Technologie soll unter den neuen Firmennamen Beacon Power LLC erfolgen.

Einer Pressemeldung im April 2013 zufolge hat die neue Firma zwischenzeitlich erhebliche technische und geschäftliche Fortschritte gemacht und betrachtet sich als der weltweit führende Hersteller von Schwungradspeicher-Systemen für Stromnetze. Die Produktion in Massachusetts sei im Dezember 2012 wieder aufgenommen worden, und im selben Monat ist auch mit dem Bau der 20 MW Frequenz-Regulierungsanlage in Pennsylvania begonnen worden. Die ersten 4 MW sollen im September dieses Jahres einsatzfähig sein, während der volle kommerzielle Betrieb für Mitte 2014 erwartet wird.


Auch die Firma Pentadyne Power Corp. in Chatsworth, Kalifornien, arbeitet an kompakten Schwungrädern (aktive Magnetlagerung, 0,67 kW/h = 120 kW x 20 sec). Das Unternehmen stellt 1997, nach 5 Jahren Entwicklungszeit und Investitionen in Höhe von 24 Mio. $, ein Schwungrad-betriebenes Fahrzeug vor. Ab 2001 wird die Technologie dann für den Einsatz zur Netzstabilisierung weiterentwickelt, die Feldtests erfolgen 2003.

Schon ein Jahr später wird das erste Produkt vorgestellt: Die Einheit VSSdc+ kann für 5 Sekunden 220 kW, für 12,5 Sekunden 190 kW, für 15 Sekunden 170 kW, für 22,5 Sekunden 120 kW, oder für 45 Sekunden 60 kW liefern. Für größere Bedarfsmengen oder längere Zeitspannen lassen sich die Einheiten zusammenschalten. Der Vertrieb erfolgt unter dem Label ‚Liebert FS’ über das gleichnamige weltweit agierende Distributionsunternehmen. In einer Finanzierungsrunde B werden 8 Mio. $ eingenommen, gefolgt von weiteren 10 Mio. $ in der Runde C im März 2005. Im Jahr 2007 investieren Loudwater Investment Partners sogar 14 Mio. $ in das Unternehmen, das auf dem Weltwirtschaftsforum dieses Jahres als Technologiepionier ausgezeichnet wird.

Im September 2008 gibt Pentadyne bekannt, daß man nun den Konkurrenten Active Power als größter Hersteller von Schwungrad-Energiespeichern übertroffen habe, in den vergangenen vier Jahren seien nämlich mehr als 500 Systeme verkauft und verschifft worden. In einer Finanzierungsrunde nimmt das Unternehmen 22 Mio. $ ein, um in neue Märkte zu expandieren. Die Investoren umfassen Nth Power, DTE Energy, Energy Innovations Portfolio AG, Sempra Energy, Electricité de France (EDF Group) und Ben Rosen.

Pentadyne-Schwungrad

Pentadyne-Schwungrad

2010 bringt Pentadyne das GTX Schwungrad heraus, welches leichte Kohlefaser-Komponenten mit der Magnetschwebetechnik auf einem hohen Niveau von Energieeffizienz kombiniert. Kern des neuen Schwungrads ist ein mehrschichtiger Zylinder aus Kohlenstoff-Faserverbundwerkstoff mit einer Titan-Nabe, der wesentlich leichter ist als die zuvor verwendeten großen Stahlscheiben. Da der Zylinder auch stärker ist, kann mehr Energie in einen kleineren Raum gespeichert werden, während die Magnetschwebetechnik die Stahllager ablöst, die früher alle paar Jahre ersetzt werden mußten. Durch Wegfall der Lagerreibung spart das magnetische System einen großen Teil der Energie, die bislang erforderlich war, um das Schwungrad kühl zu halten. Eine patentierte Vakuumumgebung ohne den Einsatz einer mechanischen Pumpe steigert die Energieeffizienz durch Eliminierung des Luftwiderstands.

Im Juli 2010 übernimmt die Firma Phillips Service Industries (PSI), ein internationales Service- und Produktionsunternehmen, die Pentadyne Power Corp., und bereitet den Aufbau einer Schwungrad-Produktion in dem firmeneigenen Werk in Livonia, Michigan, vor. Um die „verbesserte Qualität und Funktionalität widerzuspiegeln“ wird das Produkt in Zukunft den neuen Namen POWERTHRU tragen, unter dem auch der neue Hersteller als Tochter der PSI firmiert. Die Produktion soll Anfang 2011 beginnen. Tatsächlich wird das Schwungradsystem im Jahr 2012 ausschließlich für staatliche Anwendung hergestellt und soll nun zu Beginn des Jahres 2013 auch im öffentlichen Handel erhältlich sein

Im November 2010 gibt die neu gegründete Firma Kinetic Traction Systems Inc. (KTSi) bekannt, daß sie einen Teil der Vermögenswerte der Pentadyne erworben habe und die Schwungrad-Technologie nun auf den Eisenbahn-Markt tragen wird. Mehr dazu weiter unten im Kapitelteil über Umsetzungen im Verkehrswesen.


In Deutschland startet im Jahr 2000 mit Förderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) ein Leitprojekt unter dem Namen DYNASTORE, bei dem ein Konsortium aus Industrie, Energiewirtschaft und Forschung einen energieeffizienten 2 MW Schwungmassenspeicher der neuen Generation entwickeln soll.

Dessen 450 kg schwere Scheibe mit einer Kapazität von 11 kWh verfügt über eine Hochtemperatur-Supraleiter-Magnetlagerung (HTSL), die an der TU-Braunschweig entwickelt worden ist, dreht im Vakuum und soll binnen 20 Millisekunden für bis zu 20 Sekunden lang 2 MW Leistung in das Mittelspannungsnetz liefern können. Für die Supraleiter-Kühlung sorgt eine Stirling-Kältemaschine, wobei eine hocheffiziente Vakuumdämmung den Kühlaufwand begrenzt. Bei gleichzeitig reduziertem Wartungsaufwand will man die Lebensdauer mit der Zeit auf 20 Jahre erhöhen und die Stand-by-Verluste (hier hauptsächlich zur Kühlung der Supraleiter) um den Faktor 10 reduzieren. Im Vergleich zu konventionellen Schwungrädern entsprechender Leistung wird der DYNASTORE-Speicher kompakter, leichter und daher flexibler einsetzbar sein. Der Förderanteil beträgt 4 Mio. € – die andere Hälfte der Kosten tragen die beteiligten Industriepartner. 

In einem 2003 veröffentlichten Zwischenbericht wird bereits von der Realisierung einer skalierbaren Modellmaschine gesprochen, und daß bis Ende 2004 ein 1:1 Modell der supraleitenden Lagerung in Betrieb genommen werden soll.

Unter dem (kleingeschriebenen) Begriff Dynastore läuft ab 2004 (?) ein Projekt der Abteilung Faserverbundtechnologie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), bei dem der Prototyp des Schwungmassen-Speichers selbst entwickelt und hergestellt werden soll. Dazu gehören Definition, Dimensionierung, Detailoptimierung, Konstruktion und Verifikation, wobei für die Herstellung der in FV-Bauweise ausgeführten Teilstrukturen Stützring, Koppelstruktur, Schwungring sowie Tragstruktur für das HTSL-Lager neuartige Bauweisen und modifizierte Fertigungsverfahren entwickelt und erfolgreich erprobt werden. Die Herstellung und Erprobung eines Full-Scale-Rotorsystems ist für 2005 geplant.

Tatsächlich wird 2006 von der federführenden RWE-Piller GmbH ein komplett integriertes und marktverfügbares DYNASTORE-Speichermodul in Containergröße vorgestellt, das mit einem 1,67 MW Schwungmassenspeicher ausgestattet ist, eine Kapazität von 11 kWh besitzt und in Zukunft zahlreiche Diesel-Notstromgeneratoren überflüssig machen soll – denn die meisten Stromausfälle dauern nur wenige Sekunden. 

Powerbridge von Piller

Powerbridge von Piller

Das seit 1909 bestehende Familienunternehmen Piller in Osterode, nahe Hannover, hatte sich vom ursprünglichen Ventilatorenhersteller zum Weltmarktführer im Bereich rotierender USV-Systeme sowie zu einem der größten Hersteller von Frequenzumformern und Motoren/Generatoren für militärische Anwendungen entwickelt. 1993 wird die Anteilsmehrheit der ehemaligen Familie Piller von der Energietechnik RWE erworben – und ab 1996 wird ein Schwungrad-Energiespeicher mit dem Namen Powerbridge entwickelt. 2004 oder 2005 (?) wird die RWE Piller von der Langley Holdings plc übernommen, einer britischen, privaten, global und multidisziplinär agierenden Engineering-Gruppe.

Als integriertes System mit 6 MWs oder 16,5 MWs Speichervermögen sieht die Powerbridge/Uniblock-Serie dem DYNASTORE-Speichermodul verblüffend ähnlich. Im Jahr 2011 wird die Angebotspalette um ein System mit 21 MWs Speichervermögen erweitert. Die vertikale Schwungmasse dieses kinetischen Energiespeichers speichert genügend Energie, um bei einer Last von 2,4 MW eine Überbrückungszeit von 8 Sekunden zu garantieren. Bei geringen Lasten erhöht sich diese Überbrückungszeit natürlich. Damit stellt das Powerbridge 21 ausreichend Energie zum Ausgleich der Netzfehler oder bei vollständigem Netzausfall zur Verfügung – bis zum Start eines integrierten Diesel- oder Gasmotors, falls der Ausfall länger dauern sollte. Dem Unternehmen zufolge sind zu diesem Zeitpunkt weltweit schon mehr als 1.300 Powerbridge-Energiespeicher unter den unterschiedlichsten Umgebungsbedingungen im Einsatz.

Als Beispiel einer Installation im Jahr 2013 habe ich den neuen internationalen Flughafen Al Duqm in Oman ausgesucht, der im nächsten Jahr eröffnet werden soll. Das Ministerium für Transport und Verkehr des Sultanats bestellt drei rotierende Diesel-USV-Anlagen Typ UNIBLOCK UBTD, um damit eine unterbrechungsfreie Stromversorgung der 4 km langen Runway-Befeuerung sicherzustellen. Das System besteht aus dem UNIBLOCK Motor-Generator, der mittels Kupplung mit dem Dieselmotor verbunden ist, aufgebaut auf einem einzigen kleinen Grundrahmen. Kommt es zu kurzen Stromunterbrechungen oder sogar zum kompletten Stromausfall, wird die Last zunächst von einer Kurzzeitüberbrückung durch einen kinetischen Powerbridge-Energiespeicher übernommen.

In diesem Zusammenhang sollte darauf hingewiesen werden, daß es unter dem Namen DYNASTORE-Schwungradspeicher auch ein (registriertes) System gibt, das für eine optimale Rekuperation der Bremsenergie und eine effiziente Antriebsunterstützung gedacht ist und den Rotor der elektrischen Maschine selbst als Schwungmasse nutzt, wodurch keine zusätzliche Schwungmasse erforderlich ist. Mehr darüber weiter unten im Zusammenhang mit Schwungradspeichern im Verkehrswesen.


Die bereits Ende 1992 gegründete Adelwitz Technologiezentrum GmbH (ATZ) in Arzberg-Adelwitz (später in Torgau) ist ein bekannter europäischer Entwickler und Produzent von supraleitenden Materialien und Systemen. Während bis Ende der 1990er Jahre die Materialentwicklung erfolgt, konzentriert man sich ab 2000 auf Komponenten und Systeme. Im Jahr 2004 gehören neben Magnetlagern und magnetischen Systemen auch Schwungräder zum Angebot.

ATZ/MM-Schwungrad Grafik

ATZ/MM-Schwungrad
(Grafik)

Im Rahmen eines vom BMBF und VDI unterstützten zweijährigen Projekts wird Anfang 2005 mit der Entwicklung eines 5 kWh / 250 W Rotationsenergiespeichers mit HTS Magnetlager begonnen, der seine Energie in einem Zeitraum von 1 Sekunde bis 3 Stunden abgeben soll. Partner dabei sind die 1980 gegründete Firma Magnet-Motor GmbH (MM) in Starnberg, die für die Motor/Generator-Einheit, die Elektronik und andere Bereiche zuständig ist, sowie der Energieriese E.ON Kraftwerke aus Ingolstadt, der sich mit der UPS-Anwendung befaßt und das Testfeld zur Verfügung stellt.

Die Firma, die 2006 von der internationalen L-3 Commincations übernommen wird, meldet 2011, daß sie inzwischen mit Experten der Technischen Universität Braunschweig zusammenarbeitet, um die HTS-Magnetlager weiter zu optimieren. Die aufwendige thermische Isolierung, die zusätzlich benötigten Kältemaschinen und das Hochvakuum sind kompliziere Angelegenheiten, die zudem immer noch recht teuer sind. Der Effekt entsprechender Kostensenkungen wird insbesondere zum Tragen kommen, wenn die Entladezeiten der Schwungräder auf Zeiträume im Stundenbereich wachsen und die Speicher tatsächlich auch zur Deckung von Spitzenbedarfszeiten eingesetzt werden (s.u.). Die ATZ beschäftigt sich ansonsten bereits mit allen Einsatzgebieten von Schwungradspeichern. 


Seit 2004 entwickelt, produziert und vertreibt die US-Firma POWERTHRU aus Livonia, Michigan fortschrittliche Schwungrad-Energiespeicherungssysteme für Anwendungen auf der ganzen Welt. Das Tochterunternehmen der stark militärisch ausgerichteten Phillips Service Industries Inc. konzentriert sich dabei in erster Linie auf Überbrückungsspeicher und Systeme zur Spannungsstabilisierung. Eingesetzt werden zylindrische Kohlefaser/Verbundwerkstoff-Schwungräder mit Magnetlagerung, einem Synchron-Reluktanz-Motor/Generator und einer patentierten Vakuum-Hülse um die Schwungradwelle. Das Hochvakuum wird herbei nicht durch externes pumpen, sondern durch eine Kombination der Drehzahl und spiralförmigen Nuten an der Hülse erhalten. Der Homepage des Unternehmens zufolge werden die Schwungrad-Systeme noch 2012 ausschließlich für staatliche Anwendungen ausgeliefert – ab 2013 soll aber auch die breite Öffentlichkeit damit beglückt werden.

Im Juli 2012 wird in Hamburg von Unternehmern und Investoren die Firma Rotokinetik gegründet, um langfristig Hochenergie-Batterien mit einem Energieinhalt von mehr als 1 MWh auf Basis der Schwungradspeicher-Technologie zu entwickeln. Angedachter Einsatz der Einheiten ist ihre Funktion als Pufferspeicher für den Ausgleich der Stromverbrauchs-Fluktuation im Verlauf von 24 Stunden. Die RK-Akkumulatoren können direkt bei den Verbrauchern (Unternehmen, Gemeinden, Stadtwerke, Wohnviertel) installiert werden, und sollen neue Akzente setzen: Die Drehzahlen der Rotoren sollen bespielsweise in technisch leicht beherrschbaren Regionen von deutlich unter 8.000 U/min bleiben, wofür ein hohes Rotorgewicht sowie Durchmesser bis zu 3 m in Kauf genommen werden. Zum Einsatz kommen ferner konventionelle Lagertypen, allerdings intelligent aufgebaut und hoch optimiert, um einen störungsfreien, unbeaufsichtigten Dauerbetrieb zu gewährleisten.

Als geeignete Materialien für den Rotor kommen dem Unternehmen zufolge nur moderne Faserverbundmaterialien in Frage, wobei CFK (Kohlenfaserverstärkte Kunststoffe) wegen seiner extrem hohen Festigkeit in Faserrichtung die höchsten Energieinhalte erreicht, so daß ein CFK-Rotor mit einem Gewicht von 25 t – zumindest theoretisch – einen maximalen Energieinhalt von 5,6 MWh erreichen könnte.

Ein erster Prototyp dieser RK-Batterie (Modell RKB 250/25/500) soll im Jahre 2014 realisiert werden: Ein 25 t Rotor mit einem Durchmesser von 2,5 m und einem Energieinhalt von 0,5 MWh, der sich mit 4.200 U/min dreht und für eine typische Lade-/Entladezeit zwischen 3 und 20 Minuten konzipiert ist. Parallel zur Optimierung des Prototypen durch höhere Drehzahlen auf 0,75 und 1,0 MWh soll 2015 das erste verkaufsfähige Produkt auf den Markt kommen. Der Markteintritt der Einheit mit 1 MWh soll in 2016/2017 erfolgen, während als Fernziel sogar schon ein Modell mit einem Energieinhalt von 5 MWh ins Auge gefaßt wird. Nun fehlen nur noch die Investoren...


Speicher für Spitzenbedarfszeiten


Der oben bereits erwähnte Prof. Richard F. Post arbeitet zusammen seinem Sohn Stephen ab 1974 an der University of California an großen Speichereinheiten zur dezentralen Speicherung von lokal benötigter Spitzenzeit-Energie. Die möglichst unterirdisch zu installierenden Systeme mit Kapazitäten zwischen 10 MW und 20 MW sollen mit 100 – 200 t schweren und 4 – 5 m durchmessenden Schwungrädern in 7 x 7 m großen Radgehäusen ausgestattet werden, die sich mit 3.500 U/min drehen. Auch eine magnetische Lagerung der Schwungradspeicher wird angedacht.

Ein Physiker-Team der Johns Hopkins University in Baltimore, Maryland, verbessert die Radkonstruktion, die aus übereinandergeschichteten Fiberharz-Ringen besteht, die mit einer kautschukartigen Masse verklebt sind – die Gummifugen dämpfen den Fliehkraft-Streß. Mit den zugfesten Kunststoff-Fasern, eingebettet in Kunstharze, läßt sich die Kapazität der Räder drastisch erhöhen. Dem Nylon verwandte Kevlar-Fasern speichern beispielsweise gefahrlos siebenmal soviel Rotationsenergie wie ein gleiches Gewichtsquantum aus der härtesten Stahllegierung.

Mit einer Kaskade solcher Energiespeicher ist es daher möglich, Elektrizitätswerke rund um die Uhr mit gleichbleibender Leistung zu betrieben: Zur Zeit schwachen Strombedarfs werden die Schwungräder auf ihre volle Drehzahl beschleunigt; zu Zeiten des Spitzenbedarfs wird die gespeicherte Energie dann wieder abgerufen.

Auch Gulia (s. nächstes Kapitel) schwebt 1986 ein ‚Superschwungrad-Speicher’ für die Stromwirtschaft vor, das horizontal in die Erde eingelassen wird und mehrere 100 m Durchmesser hat. Es ist kein Rad im üblichen Sinne und hat auch keine Speichen, sondern besteht aus einem Rotor-Ring, der sich im Vakuum magnetisch gelagert mit rasender Geschwindigkeit innerhalb eines Stator-Ringes dreht. Bislang sind solche Großanlagen allerdings noch nicht realisiert worden.

Im Jahr 2011 beginnen die Forscher des Zentrums für Elektromechanik der University of Texas at Austin (UT-CEM) gemeinsam mit Kollegen am Nanotech Institute der University of Texas at Dallas (UTD) an verbesserten Designs und Materialien für Schwungräder zu arbeiten, die zur Stabilisierung und Energiespeicherung im Netz gedacht sind. An der UTD erforscht man schon seit einiger Zeit – und erfolgreich – die Herstellung mechanisch funktioneller Garne aus Nanoröhrchen, sowie ‚Blattstapel’ (sheet stacks), die zu über 95 % ihres Gewichts aus ferromagnetischen Partikeln oder MgB2 Hochtemperatur-Supraleiter-Material bestehen. Auch bei der Lagerung wird mit supraleitenden Systemen experimentiert. Das Forschungsprogramm, das von der Stanford University über das Global Climate & Energy Project (GCEP) finanziert wird, zielt auf die Entwicklung von Schwungrädern der nächsten Generation, um in 50 Jahren in der Lage zu sein, die Hälfte der im Netz vorhandenen Strommenge zu speichern.


Stromversorgung von Satelliten


Für die NASA entwickelt der Ingenieur Phillip A. Studer bereits 1972 magnetisch gelagerte Schwungräder zur Stabilisierung von Satelliten. Gemeinsam mit Harold Evans vom Goddard Space Flight Center der NASA arbeitet er in den Folgejahren daran, superleichte, magnetisch gelagerte Schwungscheiben zu entwickeln, die mehr Energie als die seinerzeit zur Verfügung stehenden Batterien speichern können. Sie nennen ihre Geräte, die mit Solarenergie aufgeladen werden, ‚mechanische Kondensatoren’ und bauen eine 2 kWh System, das 1984 seine ersten Flugtests absolvieren soll.

Schwungradversuch der NASA

Schwungradversuch
der NASA

Das NASA-Modell besteht aus zwei gegenläufig mit 17.000 U/min rotierenden Schwungmassen, um nach außen wirkende gyroskopische Wirkungen zu vermeiden. In dieser Größe könnte es einen der Kommunikationslaser des Space Shuttle mit Strom versorgen, während ein geplantes 25 kWh System sogar den Bedarf aller Systeme des Raumfliegers decken könnte. Auf dem Foto sieht man ein solarbetriebenes Versuchs-Schwungrad, das von dem bestrahlten Paneel links mit seinem Antriebsstrom versorgt wird.

Das Schwungradsystem der 2. Generation (im unteren Bild) erreicht bereits Umdrehungszahlen von 41.000 U/min.

Ab 1978 beschäftigt sich auch das französische Luft- und Raumfahrtunternehmen Aerospatiale mit der Stabilisierung und Stromversorgung von Satelliten, wobei es von dem internationalen Satelliten-Unternehmen Intelsat finanziert wird. Hier wird ebenfalls ein magnetisch gelagertes 2 kWh System entwickelt, das sich mit 20.000 U/min dreht und später in den Satelliten der Landsat-Serie zum Einsatz kommen sollen.

Parallele Entwicklungen ab 1981 von Alan A. Robinson bei der ESA führen 1986 zu den ersten magnetisch gelagerten Schwungrädern im Weltraum, an Bord des französischen SPOT Satelliten.

Auch die University of Maryland in den USA beschäftigt sich seit den 1970er Jahren mit Schwungrädern aus Faserverbundkunststoffen. Ab 1992 wird hier der Prototyp (Engineering Development Unit) einer Schwungradspeicheranlage für den Einsatz in einem Niedrig-Orbit-Satelliten entwickelt, der sich in einer erdnahen Umlaufbahn befindet. Während des rund 60-minütigen Intervalls, in dem der Satellit auf der sonnenzugewandten Seite der Erde fliegt, wird das Schwungrad mit Solarstrom aufgeladen – und versorgt die Bordgeräte während der gut 30-minütigen Dunkelheitsphase mit Strom. 

Das Schwungrad besteht aus einer hohlen Aluminiumnabe und fünf Hohlzylindern aus aufgewickeltem kohlefaserverstärktem Kunststoff. Mit einem Durchmesser von 25 cm und einer Höhe von 21 cm hat es eine Masse von 15,2 kg und bei einer Drehzahl von 80.000 U/min eine Kapazität von 1,3 kWh. Permanentmagnete halten das Schwungradgewicht in axialer Richtung und Elektromagneten regeln aktiv die radiale Position des Schwungrades.

Gemeinsam mit der Firma FARE Inc. wird später ein 5 kWh Schwungradenergie-Speicherungssystems namens Open Core Rotator (OCR) System entworfen, das auf der Engineering Development Unit basiert.

Die Tatsache, daß es in der Satellitenbranche noch keine magnetisch gelagerten Schwungräder für Kleinsatelliten gibt, führt ab Oktober 1994 zur Entwicklung eines entsprechenden Testmodells und drei Flugversionen durch die Universität Marburg und die TH Darmstadt. Inzwischen bieten weltweit zwar mehrere verschiedene Hersteller magnetisch gelagerte Schwungräder an, allerdings meist für wesentlich größere geostationäre Plattformen.

Nicht zur Energiespeicherung, sondern zur direkten, mechanisch betriebenen Lageveränderung im Orbit, sollen Gyroskope dienen, die bei Boeing von Michael Gamble entwickelt worden sind. Leider sind weiterführende Informationen äußerst schwer zu finden.

In den 1990er Jahren beginnen Ingenieure der Universität von Texas in Austin auf Anfrage der NASA mit der Entwicklung einer Schwungrad-Batterie, die doppelt so viel Energie wie chemische Batterien gleichen Gewichts speichern kann und völlig ohne Wartung auskommt. Obwohl das Team mit seinem Kohlefaser-Verbundwerkstoff-Schwungrad Drehgeschwindigkeiten von mehr als 50.000 U/min erreicht, fällt das Projekt Budgetkürzungen zum Opfer.

Im Oktober 1996 gibt die U.S. Flywheel Systems Inc. (USFS), die uns im Kapitelteil Schwungradspeicher im Verkehrswesen noch ausführlicher begegnen wird, bekannt, daß sie ihre patentierten, hochentwickelten Schwungradenergie-Speichermodule an die TRW Space and Electronics Group liefern wird. TRW kauft die Schwungräder, um sie im Rahmen eines Vertrags mit dem Lewis Research Center der NASA zu prüfen. Die patentierten Schwungrad-Systeme mit Magnetlagern, elektronischer Steuerung und fortschrittlichem System-Design sollen als Alternative zu chemischen Batterien zur Stromversorgung von Satelliten eingesetzt werden. Während die meisten aktuellen chemischen Batterien für Satelliten eine Lebensdauer von etwa fünf bis acht Jahren haben, soll die Schwungscheiben-Batterie eine Nutzungsdauer von mehr als 15 Jahre ermöglichen. TRW trifft die Entscheidung im Rahmen einer wettbewerbsorientierten Auftragsvergabe und nach Besuch der USFS-Anlage in Newbury Park, wo die funktionierenden Prototypen in Aktion vorgeführt werden. Ähnliche Verträge über die Lieferung von Schwungrad-Modulen für Anwendungstests werden auch mit verschiedenen anderen Branchen angeschlossen.

Schwungradspeicher von USFS

Schwungradspeicher
von USFS

Im Jahr 2000 behauptet USFS, mit einer Drehzahl von 60.000 U/min einen neuen Rekord aufgestellt zu haben. Man habe gemeinsam mit Forschungsingenieuren des NASA Glenn Research Center in Cleveland, Ohio, der TRW, der Texas A&M University, der University of Texas und der Boeing Company fünf Jahre daran gearbeitet und das Know-how kombiniert, um die Schwungrad-Technologie signifikant zu verbessern.

Das Team beschäftigte sich mit den verwendeten Materialien, den Typen von Lagern, effizienteren Motoren/Generatoren und neuen Algorithmen für die Systemsteuerung: Für den Rotor werden hochfeste Kohlefaser/Epoxid-Verbundwerkstoffe, verlustarme Magneten für die Lager, Hochgeschwindigkeits-Elektromotoren/Generatoren zur Energieumwandlung sowie Computer-Algorithmen zur Bewegungssteuerung entwickelt oder identifiziert.

Dies macht das Schwungrad zu einem brauchbaren Kandidaten für den Einsatz auf der Internationalen Raumstation (ISS), wo Strom aus den großen Solarpaddeln den Motor antreibt, der das Rad dreht. Während der 30-minütigen Schattenperiode des 90-minütigen Orbits treibt das Schwungrad den Motor an, nun als Generator, um Strom für die lebenserhaltenden Systeme und wissenschaftlichen Ausrüstungen zu liefern.

Das Verfahren ist sehr effizient, über 85 % der in das Rad eingespeisten Energie kommt wieder heraus. Bei voller Betriebsgeschwindigkeit erreicht das Schwungrad eine lineare Geschwindigkeit von zweieinhalbfacher Schallgeschwindigkeit. Die Auslaufzeit ohne Last beträgt mehr als 12 Stunden. Weitere Vorteile gegenüber chemischen Batterien sind, daß Schwungräder über einen weiten Temperaturbereich arbeiten, während chemische Batterien nur in einem engen Bereich effektiv betrieben werden können. Darüber hinaus können sie aufgrund ihrer höheren Energiedichte auch mehr Leistung abgeben. Nun sollen Härtetests beginnen, damit bis Ende 2004 ein Orbit-taugliches System gebaut und getestet werden kann. Es stellt sich jedoch heraus, daß die Technologie noch große Lücken hat.

Im Jahr 1985 wird in Cambridge, Massachusetts, die SatCon Technology Corp. aus der Taufe gehoben, eine Ausgründung des MIT/Draper Labs, um intelligente elektromechanische Produkte für die Luft- und Raumfahrt, sowie für Industrie-, Transport- und Stromversorger-Anwendungen zu entwickeln und vermarkten. Im Rahmen von mehr als 30 gemeinsamen Forschungsprojekten mit sieben NASA-Zentren, wird mit dem Lewis Research Center und dem Marshall Space Flight Center zusammen, und von diesen finanziert, insbesondere Energiespeicher-Forschung betrieben. Ein Großteil der Arbeit zielt auf die Entwicklung von Schwungrad-Systemen zur Lageregelung von Raumfahrzeugen, doch eine weitere Entwicklungslinie führt zu einer innovativen Technologie, bei der die Steuerungsfunktionen von Raumfahrzeugen und die Energiespeicherung in einem einzigen FES kombiniert werden. 1992 geht SatCon an die Börse.

Im August 1995 unterzeichnet SatCon, inzwischen mit Hauptsitz in Boston, Massachusetts, mit der Westinghouse Electric Corp. ein Abkommen zur weiteren Entwicklung und Vermarktung der Schwungrad-Technologie. Die beiden Unternehmen wollen zusammen an Niederspannungs-Lösungen für eine Vielzahl von industriellen und gewerblichen Nutzer arbeiten, einschließlich der Energiespeicherung.

Bei der Entwicklung einer unterbrechungsfreien Stromversorgung mit einem Hochgeschwindigkeits-Schwungrad aus einem Kohlenstoff-Faserverbund kooperiert SatCon mit dem Oak Ridge National Laboratory. Im Dezember gibt es Presseberichte darüber, daß das SatCon-System in dem Chrysler Patriot race car zum Einsatz kommen soll (s.u. Schwungradspeicher im Verkehrswesen).

Im Mai 1995 vereinbart SatCon mit der im Vorjahr gegründeten, und mit 600 Mio. $ von dem ehemaligen Chrysler-Manager Harold K. Sperlich finanzierten Firma Delco Remy America Inc., die Gründung eines Joint-Venture-Unternehmens, das unter anderem preisgünstige Schwungradsysteme zum Ausgleich von Spannungsunterschieden im Stromnetz herstellen soll. Im August berichtet die Presse davon, daß SatCon einen Vertrag in Höhe von 575.000 $ mit der TRW Space & Electronics Group, einer Abteilung der TRW Inc., abgeschlossen hat, in dessen Verlauf am NASA Lewis Research Center die Raumtauglichkeit der Schwungrad-Energiespeicher von SatCon untersucht werden soll. Im Oktober wird die Firma restrukturiert und eine eigene Abteilung für Energiesysteme geschaffen. Im Dezember folgt dann die Meldung, daß ein weiteres System im Bettis Power Laboratory von Westinghouse getestet und bewertet werden soll. Dieser Vertrag ist 100.000 $ schwer.

Im Oktober 1996 stellt SatCon auf der International Telecommunications Energy conference (Intelec) in Boston sein modulares UPS-Modell 20C1000 vor, das sich durch Einfachheit und niedrige Kosten auszeichnet und entwickelt wurde, um Kabel-TV- und Telefon-Anbietern, aber auch Krankenhäusern und Fabriken eine unterbrechungsfreie Stromversorgung zur Verfügung zu stellen. Das 2 kWh Schwungrad kann 1 kW Leistung für zwei Stunden abgeben – oder auch 250 W für 8 Stunden. Das System reagiert so schnell, daß sogar Geräte wie Bildschirme ohne Unterbrechung weiterarbeiten. SatCon hat bereits Bestellungen und Absichtserklärungen für 11 Mio. $ und will bis Ende 1997 die volle Produktivität erreichen. Das Unternehmen führt die Endmontage und den Test der Systeme aus zugekauften Komponenten durch. Daneben arbeitet man mit den wichtigsten Satelliten-Herstellern aber auch weiterhin an der o.g. innovativen Technologie, bei welcher die Steuerungsfunktionen von Raumfahrzeugen und die Energiespeicherung in einem einzigen FES kombiniert sind. Ebenfalls 1997 entsteht aus der Energieabteilung der SatCon die Beacon Power Corp., über die ich bereits unter Überbrückungsspeicher präsentiert habe.

Anfang 2000 beschäftigt sich SatCon auch mit Brennstoffzellen und versucht, sich als Lieferant für Firmen wie die Bell Atlantic Corp. zu etablieren, der zweitgrößten Telefongesellschaft der USA. Diese testet die Schwungradspeicher bereits seit zwei Jahren als Reserve-Stromquelle für Schaltanlagen, in denen die Telefon-Signale von Glasfasern in Kupferdrähte transferiert werden. Mitte 2002 unterzeichnet SatCon einen Vertrag, um eine neue Leistungselektronik sowie fortschrittliche Materialtechnologien für Hybrid-Elektrofahrzeuge zu entwickeln. Die Schwungrad-Technologie der SatCon spielt später tatsächlich eine Rolle in den Antriebssträngen experimenteller Elektro-Hybrid-Autos – doch irgendwann scheint man die Sache aufgegeben zu haben, denn spätestens ab 2003 beschäftigt sich das Unternehmen nur noch mit Solar-Wechselrichtern in unterschiedlichen Größen. Über Schwungscheiben ist dagegen nichts mehr zu finden.

Nach fortgesetzten Verlusten ab 2005 muß SatCon im Januar 2012 erstmals Personal entlassen. Im Oktober wird Insolvenz angemeldet, nachdem es nicht gelang, einen Käufer für die Firma zu finden, die mit 16 Mio. $ Schulden dasteht. Im Februar 2013 schließt das Unternehmen seine Tore endgültig.


Erzeugung extrem hoher Stromstöße


Am Princeton Plasma Physics Lab sind im Rahmen des Projekts Matterhorn ab 1961 drei jeweils 97,7 t schwere Schwungräder mit 5,5 m Durchmesser, sowie ein kleineres mit 9,4 t Gewicht, im Einsatz, hergestellt von der C. Stellarator Associates, eine Unternehmensgruppe, zu der Allis Chalmers, Radio Corperation of America (RCA) u.a. gehören. Ermutigt durch den Erfolg der Wasserstoffbombe im Jahr 1952 hatten die Wissenschaftler ein Programm zur Erzeugung sauberer Energie durch Kernfusion initiiert, das von der US-Regierung stark unterstützt wurde. Mit der geballten Energie der Schwungräder, abgegeben in einem sehr kurzen Zeitraum, soll eine ausreichend hohe Temperatur erreicht werden, um eine Fusionsreaktion auszulösen, doch alle Versuche verlaufen erfolglos. 2011 wird das seit 50 Jahren stillgelegte Equipment zur Verschrottung freigegeben – darunter auch die drei Schwungrad-Motor/Generator-Kombinationen, die damals über 6 Mio. $ gekostet haben.

Schwungradspeicher in Garching

Schwungradspeicher
in Garching

Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching bei München und das Forschungszentrum CERN bei Genf betreiben 1974 im Rahmen ihrer Plasmaforschung Speicherräder zur Erzeugung kurzzeitig extrem hoher Stromstöße für Fusionsexperimente. Die für diese Versuche benötigten Strommengen sind so groß, daß das öffentliche Stromnetz damit nicht belastet werden kann, ohne daß es sofort zusammenbrechen würde.  

Das Schwungrad in Garching besteht aus vier geschmiedeten Stahlscheiben konstanter Dicke, die auf eine gemeinsame Welle aufgezogen sind, hat einen Durchmesser von 3 m und wiegt 223 t (andere Quellen: 230 t). Es wird von der Bundesbahn im Kriechtempo auf einem Spezialtransporter mit 20 Achsen angeliefert.

Während der 20-minütigen Aufladezeit erreicht es eine Umdrehungszahl von 1.650 U/min, was den äußeren Kranz auf eine Geschwindigkeit von 900 km/h beschleunigt.

Die Nutzenergie von 1.450 MWs (= 400 kWh) kann ihm innerhalb von 10 Sekunden entnommen werden, womit eine sofortige Leistungsspitze von 155 MW für einen Zeitraum von 10 – 15 Sekunden zur Verfügung steht. Während der Energieentnahme sinkt die Drehzahl dabei auf 1.275 U/min. Aufgrund der kurzen Laufzeit und des vorherbestimmten Einsatzzeitpunktes der Anlage wird auf eine evakuierte Atmosphäre verzichtet, was allerdings zu Luftreibungsverlusten von 650 kW führt.

Das Schwungrad am CERN soll ebenfalls aus Stahl sein, etwa 200 t wiegen, und sich mit 1.600 U/min drehen.

Einen weiteren Einsatz finden Schwungrad-Energiespeicher bei dem Joint European Torus (JET) Projekt im britischen Oxfordshire, wo man an einem Tokamak-Fusionsreaktor bastelt. Hier gibt es seit 1981 zwei Schwungräder von jeweils 775 t Gewicht, die eine Umdrehungszahl von 225 U/min erreichen und jeweils 1.041 kWh abgeben können (3750 MJ) mit einem maximalen Output von 400 MW.



Die Übersicht geht weiter mit dem Einsatz von Schwungradpeichern im Verkehrswesen.


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