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Viele rückständigen Länder der 3. Welt sind teilweise
mit einer sehr starken Sonneneinstrahlung ‚gesegnet’, obwohl
dies von ihnen selbst oftmals gar nicht so empfunden wird. Da diese Länder
häufig eine nur schwach entwickelte Infrastruktur besitzen liegt
es nahe, hier mit einer gezielt angepaßten und dezentralen Sonnenenergienutzung
vorzugehen. Denn diese erlaubt ein sehr breites und sehr unterschiedliches
Anwendungsspektrum umzusetzen – angefangen von sehr einfachen
Sonnenkollektoren und -pumpen bis hin zu Sonnenkochern, solaren Ziegelbrennereien
usw.
Unter dem Oberbegriff der 3.-Welt-Systeme versuche ich daher, hier alle jene Einfach-Systeme aufzuführen, die für eine Anwendung in sonnenreichen Ländern besonders gut geeignet sind. Einige der Vorhaben werden als gesonderte Modellbeispiele aufgeführt. Im Laufe der Recherchen zeigte sich deutlich, daß in der 3. Welt die Photovoltaik inzwischen die erste Priorität besitzt – was mir im Grunde zwiespältige Gefühle verursacht: Zum einen erleichtert die Elektrifizierung natürlich den Erwerb von Wissen, die Kommunikation, die medizinische Versorgungssicherheit usw., doch andererseits verbleiben die Länder bei dieser Technologie in ihrer (gewohnten) Abhängigkeit von den herstellenden Industriestaaten.
Meine eigene Erfahrungen in Syrien, das inzwischen allerdings schon als Schwellenland gilt, habe ich in einigen Artikeln veröffentlicht, auf die bereits hingewiesen wurde. Durch die Innovation eines befreundeten Ingenieurs in Damaskus, Maan Kaadan, bin ich dort auch in den Genuß eines Solarkochers gekommen, der aus einer umgebauten Satelliten-Schüssel besteht und absolut überzeugende Resultate erbracht hat – nicht zuletzt in Form eines untertellergroßen Brandloches in einem nassen T-Shirt, das ich zum Trocknen auf dem Kocher ausgebreitet ... und dort kurz vergessen hatte.
Auf der Erde kochen noch über 2 Mrd. Menschen mit Feuerholz – und verfeuern dabei jährlich mehr als eine Milliarde Tonnen Holz. Solarkocher sollen daher in erster Linie dabei helfen, das Abholzen von Savannen und Wäldern zu reduzieren. Außerdem müssen die Menschen in vielen afrikanischen Ländern teilweise stundenlange Märsche in Kauf nehmen, um ausreichend Brennholz zum Kochen zu sammeln. Aus diesen Gründen haben sich unzählige Initiativen, Vereine und Institute mit der Entwicklung von Solarkochern beschäftigt, von denen ich einige kurz vorstellen werde.
Die Vorteile von Solarkochern lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Das Essen schmeckt besser, weil es ‚rauchfrei’, langsam und schonend gekocht wird
- Das Essen bleibt nährstoff- und vitaminreich
- Man braucht das Kochen kaum zu beaufsichtigen, es brennt kaum an
- Das Kochen wird zum sozialen Ereignis
- Die Kochgeschwindigkeit baut Streß ab
Die meisten der einfachen Geräte sind isolierte und verglaste Kochkisten (Kochkoffer, Box-Kocher), wie sie im Sudan weit verbreitet sind – oder sie bestehen aus einem segmentierten, parabolischen Spiegel, der die Sonnenstrahlen bündelt und auf den Bodens des Kochgefäßes richtet (Reflektorkocher). Es gibt inzwischen aber auch zusammenklappbare Kocher aus polierten Aluminium- oder Edelstahlsegmenten, außerdem kann (wie bei dem o.g. syrischen Modell) eine mit Aluminium beschichtete Polyethylenfolie eingesetzt werden, die nur etwa 4 DM/m2 kostet (Stand 1991). Eine dritte Variante bildet der technisch und finanziell wesentlich aufwendigere Kollektorkocher, bei dem handelsübliche Flachkollektoren mit einem Ölkreislauf sowie doppelwandige Töpfe zu Einsatz kommen.
Die Anlagen bewähren sich in der 3. Welt vor allem deshalb, weil sie aus einfachster Technik und entsprechenden Bauteilen bestehen, die dort auch noch in der kleinsten Maschinenwerkstatt vorhanden sind. Es ist außerdem verhältnismäßig einfach, einheimische Handwerker zum Selbstbau derartiger Systeme zu animieren.
In China existiert bereits Anfang der 1980er Jahre eine Musterkommune mit 217 Familien, die das Kochen mit solaren Spiegelherden, welche eine Temperatur von bis zu 160°C erreichen, praktiziert. Insgesamt soll es zu diesem Zeitpunkt in China rund 80.000 Solarkocher geben, die dort etwa 50 DM kosten. Ein indisches Forschungsinstitut entwickelt einen Korb für Sonnenenergie, der trotz seiner Leistung von fast 1 kW umgerechnet nur fünf Mark kostet.
Die generelle Problematik der Sonnenkocher ist, daß häufig zu einer anderen Zeit gekocht und gegessen wird als der Zeit des höchsten Sonnenstandes (oft erst in den Abendstunden). Die Interdisziplinäre Projektgruppe für Angepaßte Technologie (IPAT) der TU-Berlin befaßt sich daher schon recht früh mit der Entwicklung transportabler Kochplatten, die es durch ein eingeschlossenes Latentspeichermedium erlauben, die eingefangene Sonnenenergie bei einer Temperatur von 150°C – 250°C über einige Stunden hinweg zu speichern.
1988 setzt die Firma Bomin-Solar eine Innovation des Mülheimer Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung um, in dem sie nachbaubare Solarkocher entwickeln, die Magnesiumhydrid als Übergangsspeicher für Sonnenergie nutzen. Die Kocher sollen von einer Staatsfirma in Mauretanien gebaut und für ein paar Mark Jahresgebühr an die Bevölkerung vermietet werden.
1990 entwickelt eine deutsch-schweizerische Gruppe einen Solarkocher mit einem elliptischen Facettenspiegel von 7 m2 und einer Wärmebox. Ein einfaches, manuell aufziehbares Uhrwerk auf einer Fahrradfelge ermöglicht eine automatische Sonnennachführung ohne zusätzliche Energiezufuhr. Die Gruppe installiert im nordindischen Kalol eine solare Großküche für die rund 100 Studenten eines Internats, wo drei Reflektoren zum Einsatz kommen, zwei zum Kochen und einer zum Erhitzen von Wasser. Die Jesuiten wollen daraufhin ihre sämtlichen 30 Schulen auf dem Subkontinent entsprechend umrüsten. Zu diesem Zeitpunkt gibt es derartige solare Großkochanlagen in Kenia, dem Sudan und anderen afrikanischen Ländern sowie in einem Kloster in Tibet.
Seit der Teilnahme am grenzüberschreitenden Saar-Solar-Cup 1991 engagiert sich das Europäische Altenwerk Saar-Lo-Lux Europe’Age bei der Förderung erneuerbarer Energien. 1993 unterstützt man mit dem Erlös einer Benefizveranstaltung von über 10.000 DM die Fabrikation von Solarkochern in Ghana. Das zugrundeliegende Modell wurde von der deutsch-französischen Ingenieurgruppe SYNOPSIS entwickelt. Ebenfalls mitengagiert hat sich die Züricher Versicherungstreuhand AG.
1991 entwickelt der Jülicher Professor Klemens Schwarzer einen Sonnenofen von 2 m2 Fläche, der zwei bis drei doppelwandige Töpfe auf bis zu 200°C erhitzen kann. Das Modell kann auch vor Ort hergestellt werden, da es nur aus Glas, Blech und Isoliermaterial besteht.
1992 stellt die Sunstove Organisation in Südafrika einen einfachen Solarkocher vor, der aus Altmetall und recyceltem Kunststoff hergestellt wird. China behauptet, bereits 100.000 Solarkocher im Einsatz zu haben, die von der Henan Academy of Sciences entwickelt worden sind.
1994 findet im spanischen Almeria der bereits zweite internationale Solarkochertest statt, bei dem 25 verschiedene Modelle verglichen und fast ausnahmslos für gut befunden werden. In Costa Rica findet eine Weltkonferenz zu Solarkochern statt – während Indien die Zuschüsse für die Kocher beschneidet, um den Verbrauch von Kerosine und Flüssiggas zu steigern (!).
1998 sind sogar in Deutschland Bausätze mit Preisen um die 300 DM erhältlich. Zu dieser Zeit sind hier Schätzungen zufolge etwa 2.000 – 3.000 Solarkocher im Einsatz, in der Schweiz sollen es sogar 8.000 Stück sein.
Im Jahr 2000 gibt das indische Ministerium für nichtkonventionelle Energiequellen bekannt, daß man mit stark subventionierten Preisen in den vergangenen Jahren bereits 475.000 Solarkocher verkauft hätte. Die Preise liegen mit 25 $ – 60 $ allerdings für viele Menschen immer noch zu hoch.
Der Österreicher Wolfgang Scheffler baut seinen ersten funktionstüchtigen Reflektor (1,1 m x 1,5 m) 1986 in einer Missionsstation in Nordkenya, wo dieser noch immer in Gebrauch ist. Später entwickelt er 8 m2 und 10 m2 Reflektoren für Großküchen, von den zwei Stück 1994 im Rahmen des GTZ-geförderten Projektes ‚Solarkocher für dörfliche Institutionen in Indien’ an der ‚Akademie für eine bessere Welt’ in Mt. Abu installiert und getestet werden. Im Mai 1997 wird dort außerdem ein Dampf-Kochsystem mit 24 Reflektoren gebaut.
Für ein weiteres solares Dampf-Kochsystem in Taleti wird das Reflektordesign komplett überarbeitet und die Fläche auf 9,5 m2 erhöht, wodurch eine Leistung von 4 kW erreicht wird, was einer Temperatur von 850°C auf dem Empfänger bedeutet. Mit Unterstützung des Ministry of Non Conventional Energy Sources in New Delhi werden insgesamt 84 Reflektoren aufgestellt, die ihre Strahlung auf 42 Empfänger richten, die aus im Brennpunkt verlaufenden 12-Zoll Rohren bestehen. Dieses System ist um 20 % effizienter als das in Mt. Abu, der Wirkungsgrad des Gesamtsystems wird mit 45 % beziffert.
2004 gibt es bereits ca. 750 Reflektoren in 21 Ländern – was etwa 200 Solarküchen mit 1 bis 3 Reflektoren entspricht, die hauptsächlich zur Versorgung von Internatsschulen in abgelegenen Gebieten errichtet werden – doch darunter auch 12 mit Dampf arbeitende Großanlagen mit 10 bis sogar 106 Reflektoren.
Die größte Solarküche der Welt in Abu Road, im indischen Rajastan, kocht inzwischen für die bis zu 18.000 Besucher eines Yoga-Zentrums der Brahma Kumaris. Diese erste Anlage mit ca. 800 m2 Spiegelfläche konnte dort aufgrund des hohen Anteils an Eigenleistungen für umgerechnet nur 100.000,- € realisiert werden, und täglich werden dadurch bis zu 400 l Diesel ersetzt. Bis 2006 werden 7 weitere derartige Anlagen, nicht alle so groß, gebaut. Zu diesem Zeitpunkt wird die Zahl der weltweit installierten Scheffler-Reflektoren bereits auf 950 geschätzt, da viele Werkstätten, welche die Technologie überall übernommen haben, unabhängig und stetig neue Anlagen bauen, ohne daß dies irgendwo registriert wird.
Während der Internationalen Solarkocher-Konferenz in Spanien 2006 berichtet Scheffler auch über das Thema "Development of a Solar Crematorium".
Im März 2008 können in Taleti, nahe dem Berg Abu und in 1219 m Höhe über dem Meeresspiegel, an Tagen mit besonders starker Sonne schon bis zu 38.500 Mahlzeiten bereitet werden.
Auf dem Markt gibt es inzwischen eine Fülle an Büchern zum Thema Solarkocher, ebenso findet man im Internet leicht die unterschiedlichsten Bauanleitungen.
Einen besonders schönen Solarkocher bieten die Lebenshilfe Werkstätten Bad Kreuznach gGmbH unter dem Namen Papillon an. Der Bausatz dieses zusammenklapp- und auch -rollbaren Solarkochers kann man beim Förderverein für die Entwicklungsländer e.V. in Burg Layen bei Bingen am Rhein bestellen, er kostet 2006 genau 598 €. Der Papillon wurde von Jochen Dessel in Zusammenarbeit mit Bernd Hafner, Klemens Schwarzer und Willi Heinzen entwickelt.
Der erste Prototyp des Papillon Solarkochers entstand 1997 nach einer Anforderungsliste, welche mit Hilfe von Solarkocherbenutzern in Burkina Faso erstellt wurde. Wichtige Kriterien waren:
- Einfache Konstruktion für eine Fertigung im Einsatzland
- Angepasste Leistung für Familien bis ca. 15 Personen, oder kleine Restaurants
- Gute Zugänglichkeit des Topfes
- Reduzierung der Blendgefahr des Benutzers
- Kleine Abmessung des Kochers bei Nichtbenutzung des Systems
Die Entwicklung des Papillon, der seine Namensgebung aufgrund der zwei klappbaren Spiegel hat, durchlief bis heute 4 Entwicklungsstufen, welche bei Familien in Burkina Faso getestet wurden. Am Ende der Entwicklung stand ein Bausatz, der es ermöglicht, den Papillon in die verschiedenen Länder zu verschicken, um ihn dort auf Akzeptanz in der Bevölkerung zu testen.
Ein weiteres interessantes Modell ist die solare Kochstelle MS-ST9 Primrose, nach einer Erfindung des Franzosen Roger Bernard, die außergewöhnlich windstabil ist und in der Handhabung sehr bequem. Die Arbeitshöhe ist stets gleich bleibend und man kann es zudem so einrichten, daß sich der Koch stets im Schatten befindet. Damit Speisen nicht anbrennen, müssen sie von Zeit zu Zeit umgerührt werden. Nur dieses Gerät erlaubt dies ohne umständliches aus-der-Sonne-drehen. Der Reflektor lässt sich hochklappen, was ein leichtes Transportieren und Verstauen gewährleistet.
Außerdem vereint diese Kochstelle die Vorteile eines Parabolkochers mit denen eines Kistenkochers, denn er verfügt auch über eine so genannte Wärmefalle: die Strahlen werden von dem Spiegel durch ein Fenster in einen Kochraum reflektiert. Dieser ist innen ebenfalls verspiegelt und gut isoliert. Somit kann die Energie nicht entweichen und steht vollständig zur Verfügung. Das Unternehmen Mueller Solartechnik aus Stadecken-Elsheim bietet die solare Kochstelle als Bausatz für € 218 und als Fertiggerät für € 358 an (Stand 2006).
Ein anderes System kommt aus China und stellt eher eine high-tech-Variante von Solarkochern dar: Neben dem Reflektor, der bis zu 800°C erreichen soll, ist das Gerät auch mit einer Solarzellen-betriebenen vollautomatischen Sonnennachführung ausgestattet!
Ab März 2006 sollen 1.000 solar betriebene Kocher des Klimaschutz e.V. aus Bonn den Brennholzbedarf auf den indonesischen Sabang-Inseln reduzieren. Mit dem ‚Solar Cooker Project Aceh 1 Indonesia’ hat das Klimasekretariat der Vereinten Nationen erstmals ein rein deutsches CDM-Projekt registriert (CDM: Clean Development Mechanism).
Ein aktuelles Projekt ist z.B. das Solar Fire-Projekt der gemeinnützigen kanadischen ASTRA Agency for Solar Technology Research and Application Inc., die neben ihrer Heimat auch in den USA, in Mexiko, Kuba, Frankreich und Mali aktiv ist, und deren Solarkocher einen Liter Wasser innerhalb von 5 Minuten zum Kochen bringen.
Die Technologie der bereits Anfang der 1990er Jahre von Fraser Symington entwickelten Systeme basiert auf einfachen, in 3.-Welt-Ländern vorhanden und leicht zu montierenden Ausgangsmaterialien. Es gibt den Vesta für zu Hause, den Helios für kleinere Gemeinschaften und den Apollo für semi-industrielle Zwecke.
Positive Nebeneffekte von Solarkochern auch in entwickelten Ländern sind u.a. reduzierte Stromkosten – dadurch, daß die Küche nicht mehr so stark aufgeheizt wird und die Klimaanlage wiederum weniger arbeiten muß, um diese Hitze zu entfernen.
Im Juni 2008 berichten einige Blogs von einer längst fälligen Innovation – zumindest für die südlichen Länder: Eine solar betriebene Hühnchen-Braterei in Thailand! Durch die speziellen Spiegel ist ein ‚Broiler’ in nur 10 Minuten durchgebraten. Die Braterei von Sila Sutharat, dem Erfinder der Anlage, steht rund 90 km von Bangkock entfernt und verkauft täglich 50 Brathendl. Nun soll die Technologie auch nach Japan exportiert werden.
Ein sehr empfehlenswertes Portal mit einer großen Fülle der verschiedensten Modelle und Entwicklungen ist die Seite von solarcooking.org. Eine Seite mit diversen Bauplänen von unterschiedlichen Solarkochern findet sich hier.
Die PROKOL-Gruppe in Berlin stellt bereits Anfang der 1970er Jahre einen Einfachkollektor von 2 m2 vor, der aus 50 alten Autoscheinwerfer-Reflektoren besteht, die zusammen auf einem hohlen Türblatt befestigt sind. Durch ihre Brennpunkte läuft ein Röhrensystem, in dem das zu erwärmende Wasser zirkuliert. Die Gruppe schlägt auch vor, halbierte Teerfässer mit Aluminiumfolie auszuschlagen, wobei das Röhrensystem hier durch die Brennlinien geführt wird.
Im Recycling-Verfahren können aber auch alte Kühlschränke verwendet werden, wobei das rückseitige Röhrensystem zum Leiten des Wassers, und der Schrank selber als gut isolierter Warmwassertank zu nutzen sind. Als Speicher kommen weiterhin Keramikbehälter, Tonröhren oder Badewannen mit guter Isolierung in Frage. Als Billigmaterialien für die Kollektor- und ggf. auch Speicherisolation werden Stroh und/oder Wolle genannt, doch genauso gut geht es auch mit Lumpen, Baumwoll- und anderen Agrarresten – solange diese nur schön trocken bleiben.
In den USA wird sogar ein Einfachstkollektor aus alten Bierdosen hergestellt.
Über ähnliche Systeme, die allerdings erst in der jüngsten Vergangenheit publiziert werden, habe ich in der allgemeinen Sonnenkollektoren-Übersicht schon berichtet. Ein weiteres Beispiel dafür, daß im Grunde sehr wichtige und sinnvolle Innovationen über 30 Jahre lang weitgehend verschwiegen worden sind.
1987 beschließen Jordanien und Ägypten die Kooperation bei der Entwicklung eines Billigsystems unter 250 $, wobei die Finanzierung vom BMFT übernommen wird – leider habe ich später nie wieder etwas von diesem Projekt gehört.
Die Nutzung der Solarwärme zum Kühlen hört sich zwar paradox an, wird jedoch schon seit altersher praktiziert, z.B. bei den überall in der arabischen Welt verbreiteten Wasserkrügen aus unglasiertem Ton. Die Verdunstung des transpirierenden Wassers an der Außenfläche des Kruges reicht aus, um die Temperatur des Wasser innen um mehrere Grad zu senken.
Im Prinzip ist es möglich, ohne den Einsatz von elektrischem Strom mit den folgenden Methoden zu kühlen:
- durch chemische Zusätze
- durch komprimierte Gase
- durch Aufbewahrung in kühler Umgebung
- durch Verwendung von Eis
- durch Verdunstung
Die induzierte Verdunstung wird auch bei sogenannten Sumpfkühlern genutzt, die große Gebläse besitzen, welche Luft durch mit Wasser getränkte Matten oder Gewebeanordnungen saugen bzw. eine Durchströmung induzieren. Solche Systeme werden z.B. im Irak schon seit vielen Jahrzehnten zur Klimatisierung von Wohnräumen eingesetzt. Einfache Verfahren kommen sogar ohne Gebläse aus, indem mittels Sonnenwärme ein entsprechender Sog erzeugt wird, wobei man hier von einer solaren Luftrampe spricht. Und je größer die Strahlungsintensität ist, um so größer ist auch das Saugvermögen dieser Solarrampe.
In Harare, der fast 1.500 m hoch gelegenen Hauptstadt Simbabwes, entsteht 1996 ein 9-stöckiges Bürohaus, dessen Belüftungs- und Kühlsystem der Technologie von Termitenbauten nachempfunden ist. Trotz Tagestemperaturen von 40°C und nächtlichem Absinken bis in Gefrierpunktnähe wird eine konstante Innentemperatur von 23°C – 25°C erreicht, ohne daß eine Klimaanlage notwendig wäre. Entwickelt wird der Termitenbau mit seinen Luftschächten in Form von doppelten Wänden, Decken und Fußböden von der Londoner Ingenieurfirma Ove Arup, gebaut wird es von dem simbabwischen Architekten Mick Pearce.
Auch Bomin-Solar beschäftigt sich mit der solaren Kühlung. Das Unternehmen setzt dabei auf den ‚doppelten Stirling’, einen Motor, bei dem ein zusätzlicher Kolben als Kälteaggregat fungiert. Hier kommt das auch bei Haushaltskühlschränken angewandte Funktionsprinzip der zyklischen Kompression bzw. Dekompression des Arbeitsgases zum Tragen. Das System wird auch als Entsalzungsanlage adaptiert (s.u.).
Eine sehr einfache Kühlmethode bildet der Holzkohlekühlschrank, dessen Baupläne schon Anfang der 1970er Jahre mittels verschiedener Alternativenergiepublikationen verbreitet werden, und der ebenfalls nach dem Prinzip der Verdunstungskälte arbeitet. Der Kühlschrank besteht aus Maschendraht-Wänden die mit Holzkohle befüllt sind, und auf die aus einer obenliegenden Wanne ständig Wasser tropft. Holzkohle wird deshalb benutzt, weil auf ihrer porösen, vergrößerten Oberfläche mehr Wasser verdunsten kann als bei einer kleinen Oberfläche. Holzkohle ist außerdem geruchshemmend, wasserbeständig, billig und überall zu finden. In den wärmeren Jahreszeiten kann die Innentemperatur auf bis zu 12°C gesenkt werden.
Die IPAT-Gruppe der TU-Berlin arbeitet ebenfalls an Techniken zur solaren Kühlung. Bereits Ende der 1980er Jahre wird in Zusammenarbeit mit dem Kreuzberger Ingenieurkollektiv Wuseltronic für das Impfprogramm der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Solarkühlschrank entwickelt, der sich besonders gut für die Aufbewahrung von wärmeempfindlichen medizinischen Seren bei konstant 4°C eignet. Selbst bei Außentemperaturen von 43°C hält der Solarkühlschrank innen die gewünschte Temperatur, er kommt drei Tage ohne Betriebsenergie aus und hat eine Lebensdauer von mehr als 10 Jahren. Das System wir photovoltaisch betrieben und besitzt eine präzise Steuerelektronik, außerdem ist die Vakuumisolation des Kühlbehälters aus Borsilikatglas etwa zehn mal so effektiv wie die handelsüblicher Kühlschränke. Als Wärmetauscher dienen zwei Peltier-Elemente.
Wie so häufig, wird der Entwicklung kurz vor Erreichen ihrer Marktreife 1990 die Förderung gestrichen, so daß die notwendigen Tests in den Tropen nicht mehr durchgeführt werden können. Auf einem zehn Jahre später von mir mitorganisierten Umweltfestival an der ufafabrik in Berlin wird der rucksackgroße Solarkühlschrank ausgestellt – als wertvolles, unersetzbares Einzelstück...
Ab Mitte der 1990er wird das Prinzip der solaren Kühlung wieder aktuell, diesmal in Verbindung mit der Siliziumverbindung Zeolith (s.u. Wärmespeicherung). Eine einfache Version, die sogar ohne Strom auskommt, entwickelt der Verein EG-Solar in Altötting. Hier wird der notwendige starke Unterdruck mittels einer Handpumpe erzeugt.
Eine weitere Kühlmethode ist die Strahlungskühlung, die hier nur kurz beschrieben werden soll, da es sich im Grunde ja um eine ‚Ohne-Sonne-Kühlung’ handelt: Metallplatten werden mit einer Kombination unterschiedlicher Isolationsmaterialien möglichst perfekt gegen eingestrahlte Energie abgeschirmt. Diese Abschirmung ist nur für eine mittlere Infrarot-Wellenlänge zwischen 8 µm und 13 µm durchlässig. Die Infrarotstrahlung transportiert die Wärme der Platten ab; und da das Licht dieser Wellenlänge von der irdischen Lufthülle nicht absorbiert wird, stellt es eine Verbindung zum Weltall her – und die Metallplatten können sich bis auf minus 50°C abkühlen. Statt Metallplatten sollen sich auch Folien aus schwarzem Polyäthylen und Cadmiumtellurid eignen, da diese Materialen für das kurzwellige und sichtbare Licht undurchlässig, für die längerwellige Strahlung, die beim Abkühlen unterhalb der Umgebungstemperatur auftritt, jedoch durchsichtig sind.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden sich im Kapitelteil Neuartige Kühlsysteme.
Angesichts der untragbaren Situation, daß noch immer ein großer Teil
der Menschen keinen oder nur sehr erschwerten Zugang zu sauberem Trinkwasser
hat, gleichzeitig aber genügend Fluß-, Brack- und Salzwasser vorhanden
ist, das sich entsalzen und aufbereiten ließe, sollte der solaren
Wasserentsalzung besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Ebenso wichtig ist es, die Informationen über die bereits existierenden
Methoden möglichst weit zu verbreiten.
Die solare Entsalzung arbeitet sowohl im nieder- wie auch im hochthermischen Bereich. Letztere Technologien und Umsetzungen, die zumeist auf industriellem Maßstab angesiedelt sind, behandele ich separat unter dem Oberbegriff Solare Meerwasser-Entsalzungsanlagen.
Hier geht es dagegen um die geschichtlichen Ursprünge und die späteren Umsetzungen in Form kleiner Anlagen und Geräte, die insbesondere für den Einsatz in Ländern der 3. Welt und/oder zur Katastrophenhilfe gedacht sind. Die solare Wasseraufbereitung von verschmutztem oder verkeimtem Wasser wird ebenfalls in einem späteren Kapitelteil separat behandelt.
Die Technologie der indirekten solaren Entsalzung läßt sich
sehr weit zurückverfolgen. Ihre Ursprünge liegen in prähistorischen
Methoden der Wasserversorgung in Wüsten und Trockengebieten, bei denen
der Effekt der Luftentfeuchtung genutzt wird. In Höhlen oder
künstlichen Kavernen im
Gebirge, wie sie z.B. in der nabatäischen Stadt Petra in
Jordanien zu finden sind, wirken die kühlen Steinoberflächen als Luftentfeuchter,
an denen die Luftfeuchtigkeit kondensiert und als Wasser in Becken
aufgefangen wird.
Bei einer weiteren Methode strömt feuchte Luft durch eine Anordnung von Steinen, die als luftdurchlässige Kuppel angeordnet sind. Da die Steine nachts auskühlen und ihre Temperatur unter den Taupunkt der einströmenden Luft fällt, kondensiert der Wasserdampf an der Innenseite der Tau- oder Luftbrunnen und das Destillat tropft in eine darunter ausgehobene, seitlich zugängliche Grube. Da es im Inneren der Kondensationskammer auch tagsüber kühler bleibt, kann damit kontinuierlich Wasser produziert werden.
Die bislang älteste bekannte Anlage dieser Art sind die 13 Luftbrunnen der ursprünglich griechischen Kolonie Theodosia auf der Krim aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. (andere Quellen: 6. Jahrhundert v. Chr.), die der russische Ingenieur Friedrich Zibold (o. Siebold) im Jahr 1900 entdeckt, der als Förster und Ingenieur für dieses Gebiet zuständig ist. Jeder Steinhaufen umfaßt etwas mehr als 900 m2 und ist etwa 10 m hoch, woraufhin Ziebold berechnet, daß jeder Luftbrunnen täglich mehr als 55.400 Liter produziert hätte.
Zur Überprüfung seiner Hypothese errichtet er auf dem Berg Tepe-Oba in der Nähe des antiken Theodosia in 288 m Höhe einen Kondensator aus Seesteinen, die er zu einem 6 m hohen Kegelstumpf mit einem Durchmesser von 8 m auftürmt – über einer schalenförmigen Auffangfläche mit einem Abfluß. Der 1912 in Betrieb genommene Luftbrunnen soll eine maximale Tagesproduktion von etwa 360 Litern erreicht haben.
Die Wasserspartechniken der nabatäischen Landwirtschaft, die neben den Kondensationshöhlen und -kammern auch steinerne Anlagen zur Regenwassersammlung und unterirdische Dämme umfassen, verbreiten sich im Laufe der Zeit nicht nur im Nahen Osten und im gesamten Mittelmeerraum, sondern auch bis in den Jemen. Ähnlich funktionieren die beispielsweise in den Trockengebieten Apuliens verbreiteten Strukturen, wo Steinhügel den nächtlichen Tau auffangen und den Boden mit Feuchtigkeit versorgen.
In den Quellen wird berichtet, daß die Perser die Destillation für die Herstellung von Rosenwasser bereits 3.500 v. Chr. erfunden haben, von wo aus sich die Technik in Asien, Nordafrika und Europa verbreitet, um zur Herstellung von Essenzen, zur Entsalzung von Meerwasser und in der Alchemie eingesetzt zu werden.
Die früheste Erwähnung einer Methode, um unreines Wasser gezielt zu verdampfen und anschließend zu kondensieren, um Trinkwasser zu gewinnen, wird Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) zugeschrieben: „Salzwasser, wenn es sich in Dampf verwandelt, wird süß, und der Dampf bildet kein Salzwasser, wenn er wieder kondensiert. Dies ist durch das Experiment bekannt“. Allerdings hatte schon Plato (428 – 347 v. Chr.) bemerkt: „Wasser ... geht, wenn es schmilzt und diffundiert, in Dampf und Luft über ... (und) Luft, wenn sie gesammelt und kondensiert wird, erzeugt Wolken und Nebel; und aus diesen, wenn sie noch mehr verdichtet werden, entsteht fließendes Wasser.“
Eine bereits vor Aristoteles angewandte Methode zur Entsalzung wird um 200 n. Chr. von Alexander von Aphridisias gezeichnet und zeigt Seeleute, die Meerwasser in einem Gefäß erhitzen. Der erzeugte Wasserdampf wird in großen Schwämmen aufgefangen, die an den Öffnung eines Messinggefäßes hängen und dann das entsalzte Trinkwasser liefern.
Was die Apparaturen zur Destillation anbelangt, so entwickelt eine vermutlich im 4. Jahrhundert n. Chr. in Alexandria, Ägypten, lebende griechische Alchemistin, die unter dem Decknamen Kleopatra bekannt wird, viele solcher Destillierapparate. In ihren Schriften findet sich übrigens auch die wohl älteste figürliche Darstellung der alchemischen Schlange.
Der Kopf des Gefäßes wird Ambix genannt, was im Griechischen eigentlich nur ‚Kopf des Destillierapparats‘ bedeutet, sehr oft aber auf den gesamten Apparat angewendet wird. Die arabische Alchemisten die im 7. Jahrhundert die Wissenschaft und insbesondere die Alchemie übernehmen, nennen die Destillateure Al-Anbiq, woraus sich der Name Alembik (o. Alembic) ableitet.
Das hier abgebildete, 77 cm hohe Modell eines Alembik stammt aus der Instrumentensammlung des Instituts für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften (IGAIW) an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Das Gerät wurde gemäß der Beschreibung von Abu Bakr al-Razi (865 – 925) nachgebaut.
Dem französischen Wissenschaftler A. B. Mouchot (s.u.) zufolge sind es eben diese arabischen Alchemisten, die im 15. Jahrhundert polierte Damaszenerstahl-Hohlspiegel verwenden, um die Sonnenstrahlung auf Glasgefäße mit Salzwasser zu fokussieren und Süßwasser herzustellen.
Der neapolitanische Wissenschaftler Giambattista (o. Giovanni Battista) della Porta beschreibt im 20. Band seines Werkes Magiae naturalis sive de miraculis rerum naturalium von 1558 drei Entsalzungssysteme. In der zweiten Auflage im Jahr 1589 nennt er im Band über die Destillation sogar sieben Entsalzungsmethoden. Die wichtigste von ihnen ist ein solarer Destillationsapparat, der Brackwasser in Süßwasser umwandelt.
Dabei werden breite irdene Töpfe verwendet, die der intensiven Hitze der Sonnenstrahlen ausgesetzt sind, um Wasser zu verdampfen, während das an der Innenfläche von Glasgefäßen sammelnde Kondensat in darunter stehenden Vasen aufgefangen wird. Mit dieser solaren Destillation lassen sich aber auch aus grünen Blättern oder Blüten Essenzen, Kräuterextrakte für medizinische Anwendungen, alkoholische Lösungen und Duftöle produzieren. Über moderne Umsetzungen berichte ich unter Destillation.
Um 1774 verwendet der französische Chemiker und Naturwissenschaftler Antoine Laurent de Lavoisier große Glaslinsen, die auf aufwendigen Stützkonstruktionen montiert sind, um die Sonnenenergie auf den Inhalt von Destillationskolben zu konzentrieren.
In diesem Kontext soll noch kurz auf einige wichtige Schritte bei
der konventionellen Entsalzung eingegangen werden. Demnach lassen sich
die modernen Umsetzungen auf die Zeit um 1600 zurückführen,
als die Seeleute auf vielen Ozeanschiffen (wieder) damit beginnen,
Meerwasser zu kochen und den Dampf in gekühlte Flaschen zu leiten,
um aus dem Salzwasser sauberes Trinkwasser zu gewinnen. Königin
Elizabeth I. von England (1533 – 1603), deren Segelflotten
häufig an Trinkwassermangel leiden, hatte eine Prämie in Höhe von
10.000 £ für denjenigen ausgesetzt , der auf den Schiffen aus Meerwasser
Trinkwasser machen könne.
Ende des 17. Jahrhunderts führt der irische Physiker Robert Boyle die erste Vakuumdestillation durch. 1758 entdeckt der britische Arzt James Lind, daß sich aus dem Dampf von erhitztem Meerwasser trinkbares Wasser gewinnen läßt. Und aus der Amtszeit von Thomas Jefferson – dem späteren dritten Präsidenten der Vereinigten Staaten – als Außenminister ab 1790 stammt eine Darstellung über den Stand der Technik der ‚Marine Stills‘ seiner Zeit: Report on the Method for Obtaining Fresh Water from Salt.
Die erste Meerwasser-Verdampfungsanlage in großem Maßstab wird 1869 am Golf von Aden von den Briten gebaut, um ihre Kolonialflotte mit Trinkwasser aus dem Roten Meer zu versorgen. Eine weitere kommerzielle (und konventionelle) Meerwasserentsalzungsanlage folgt 1881 in Sleima auf Malta.
Der französische Wissenschaftler und Solarpionier Augustin
Bernard Mouchot, über den im Geschichtlichen
Rückblick der Solarenergie mehr zu erfahren ist, experimentiert
ab 1860 mit konischen konzentrierenden Solarsystemen
zum Kochen und zur Destillation. Er beschreibt auch die Verwendung
von silber- oder aluminiumbeschichteten Glasreflektoren zur Konzentration
der Sonnenenergie. Und 1866 arbeitet seine solarbetriebene
Dampfmaschine, die wohl erste überhaupt.
Im Jahr 1870 wird Norman W. Wheeler und Walton
W. Evans aus dem Bundesstaat New York das erste amerikanische
Patent für die solare Destillation erteilt (US-Nr. 102.633).
Fast alles, was wir inzwischen über die grundlegende Funktionsweise der solaren Destillierapparate wissen, ist bereits in diesem Patent beschrieben, darunter den Treibhauseffekt, die Deckenkondensation und die Absorption dunkler Oberflächen. Ebenso wird empfohlen, das Destilliergerät zu drehen, um der einfallenden Sonnenstrahlung zu folgen.
Als ein besonders wichtiger Meilenstein in der Geschichte dieser Technologie
gilt die Errichtung der weltweit ersten industriellen solaren Meerwasserentsalzungsanlage
ab 1872 nahe der Stadt Las Salinas in
der Atacama-Wüste in Chile, die als die trockenste
Wüste der Welt betrachtet wird.
Das durch ein Technikerteam unter der Leitung des Schwedischen Ingenieurs Carlos Wilson gebaute Destillierwerk hat eine Fläche von 4.000 m2 (andere Quellen: 4.450 m2; etwa 4.700 m2), erreicht einen täglichen Ausstoß von 17.800 Litern (andere Quellen: 22.700 Liter; 24.000 Liter) Frischwasser und wird bis 1907 (andere Quellen: bis 1912) ununterbrochen problemlos betrieben, die ersten Süßwasserleitungen aus den Anden in Betrieb genommen werden.
Zum Hintergrund: 1870 verbreitet sich die Nachricht von der Entdeckung eines ‚Silberbergs‘ in der als Caracoles bekannten Atacama-Region, was viele Menschen in der Hoffnung dorthin treibt, auf ergiebige Adern zu stoßen. Um das Silber hinaus und die Vorräte hinein zu bringen, sind zwischen Caracoles und dem etwa 190 km entfernten Hafen Antofagasta rund 1.500 Maultier-Karren unterwegs. Der Zwischenstopp erfolgt auf halbem Weg in Las Salinas.
Hier verlaufen zwar Grundwasserleiter, die aber nur ungenießbare Sole führen. Um von dem Bedarf an Trinkwasser zu profitieren, errichtet ein Unternehmer eine dampfbetriebene Destillationsanlage, die mit Kohle aus Antofagasta betrieben wird. Der Transport des Brennstoffs ist aber sehr teuer, was der Wasserhändler an die durstigen Bergleute weitergibt, die deshalb enorme Summen für gutes Wasser zahlen müssen.
Wilson wiederum sieht seine Chance auf Reichtum nicht in den Minen, sondern in der Herstellung von Trinkwasser mit Hilfe der Sonnenenergie. Schließlich sind die Zutaten für die Herstellung von solar destilliertem Wasser, nämlich Sonnenlicht, Wind und Sole, reichlich vorhanden. Anderen Quellen zufolge wird die Anlage gebaut, um die Arbeiter und ihre Familien eines Salpeterbergwerks der Firma Lastenia Salinas und einer nahe gelegenen Silbermine mit Frischwasser zu versorgen.
Die solare Destillationsanlage, die Wilson baut, pumpt mit Hilfe einer Windmühle Sole aus dem Boden in einen Teich mit einer Kapazität von vier Tagen, um dann die 20 flachen Tröge zu füllen, die von niedrigen Holzrahmen mit Glasscheiben überdacht sind. Die dampfbeladene Luft – noch viel heißer als die Außenluft – kondensiert, wenn sie mit dem kühleren Glas in Berührung kommt und es bilden sich Tröpfchen, die zusammenfließen und an dem schrägen Glas in Auffangrillen hinunterlaufen und durch Rohre zu einem Frischwassertank geführt werden.
In einigen Quellen wird hingegen erwähnt, daß als Speisewasser für die Destillation die Abwässer des Salpeterbergwerks verwendet werden, die einen sehr hohen Salzgehalt von rund 140.000 ppm aufweisen.
An Spitzentagen wird der Fünftausend-Gallonen-Tank (~ 19.000 Liter) bis zum Anschlag gefüllt, was 2.000 $ einbringt und die anfänglichen Investitionen in weniger als einem Monat wieder einspielt. Denn während der Preis für das Wasser in der Region 20 – 40 US-Cent pro Gallone liegt, betragen die Produktionskosten mittels Sonnenenergie weniger als einen Cent pro Gallone. Dies bedeutet den Untergang für Wilsons Konkurrenten in Las Salinas und anderen nahe gelegenen Städten.
Diese versuchen zwar, Wilson töten zu lassen, der jedoch aufgrund der Warnung eines Freundes überlebt und den geständigen, verhinderten Attentäter sogar der Justiz übergibt. Die Anlage selbst wird von J. Harding in dem Artikel ‚Apparatus for solar destillation‘ beschrieben, der 1883 in der Ausgabe 73 der Proceedings of the Institution of Civil Engineers erscheint.
Anschließend scheint es jedoch keine weiteren Entwicklungen zu geben,
obwohl Koehlers Flottenkalender von 1908 notiert,
daß nun jedes der zwischenzeitlich mit Kohle betriebenen Schiffe mit
Destillierapparaten ausgestattet ist, die je nach Größe 2.000 – 60.000
Liter pro Tag liefern.
Die Verwendung von Solarkonzentratoren für die solare Destillation wird erst im Jahr 1928 durch den französischen Chemiker und Mediziner Louis Pasteur beschrieben, der selbst einen Konzentrator nutzt, um Sonnenstrahlen auf einen Kupferkessel mit Wasser zu fokussieren. Der vom Kessel erzeugte Dampf wird in einen herkömmlichen wassergekühlten Kondensator geleitet, in dem sich das destillierte Wasser ansammelt. Das einfachste Prinzip einer solarthermischen Verdunstungsanlage ist hingegen die sogenannte Gewächshausdestille (Greenhouse-Prinzip).
Das Interesse an der solaren Destillation lebt nach dem Ersten Weltkrieg wieder auf. So entwirft der US-Amerikanische Astrophysiker Charles Greeley Abbot im Jahr 1930 ein solares Destillationsgerät, das dem von Mouchot ähnelt. Abbot hatte übrigens schon 1916 einen Solarofen gebaut, der mit einen Öl-Zirkulationssystem ausgestattet ist und über 150°C erreicht. Um diese Zeit herum werden auch in der UdSSR einige Forschungen zur solaren Destillation durchgeführt, über die sich bislang aber keine Details finden ließen.
In den Jahren 1930 – 1940 weckt die Trockenheit in Kalifornien neues Interesse an der Wasserentsalzung. Einige Projekte werden zwar in Angriff genommen, aber die schlechte Wirtschaftslage zu dieser Zeit erlaubt keine tatsächliche Forschung oder Anwendung.
Noch mehr wächst das Interesse während des Zweiten Weltkriegs, als
Hunderte von alliierten Truppen unter Trinkwassermangel leiden, während
sie in Nordafrika, auf den Pazifikinseln und an anderen abgelegenen
Orten stationiert sind. Ein Team des MIT unter Leitung
der Solarpionierin Maria Telkes beginnt daraufhin
mit Experimenten an Solar-Destillatoren, während das U.S. National
Research Defense Committee zur gleichen Zeit Forschungen zur
Entwicklung solarer Entsalzungsanlagen für den militärischen Einsatz
auf See fördert.
In den 1940er Jahren werden daraufhin viele Patente für kleine und tragbare Solar-Destillierapparate aus Kunststoff angemeldet, die dann für Rettungsboote oder Schiffe angepaßt und von der US-Marine ausgiebig genutzt werden. Die Geräte sind so konzipiert, daß sie im aufgeblasenen Zustand auf dem Meerwasser schwimmen.
Die ersten entsprechenden Berichte und Anzeigen erscheinen allerdings erst Ende 1951, wie z.B. über das zusammenfaltbare Modell Sun Still, eine 61 cm durchmessende Kunststoffkugel aus Vinylit, deren schwarzer Innenbeutel die Sonnenwärme absorbiert und das Wasser verdampft. Ein seitlich angebrachter flexibler Schlauch dient als ,Strohhalm’.
Besonders clever an der Apparatur der Bakelite Co. ist, daß die Salzrückstände in den Ballastschlauch geführt werden, der dafür sorgt, daß die Einheit aufrecht an der Seite des Rettungsbootes oder -floßes schwimmt. Die Kugel soll bei idealer Sonneneinstrahlung täglich rund 2,5 Liter liefern, bei Bewölkung immerhin noch 1 Liter. Ähnliche Destillierapparate sind auch heute noch in einigen Rettungsinsel-Survival-Kits enthalten, obwohl sie meist durch manuelle Umkehrosmose-Entsalzungsanlagen ersetzt wurden.
Eine der einfachsten modernen Umsetzungen
der solaren Meerwasserdestillation sind durchsichtige kegelförmige
‚Schwimmhüte’ aus dem UV-resistentem Makrolon, die
eine nach innen gewölbte Auffangrinne besitzen, und die man auf der
Salzwasseroberfläche schwimmen lassen kann.
Das salzige oder verschmutzte Wasser verdunstet durch die Sonneneinstrahlung und kondensiert an der Innenseite des Kegels. Wassertropfen bilden sich und laufen auf der Innenseite der Kegelwand herab in die Auffangrinne. Diese wird entleert, indem man den Deckel an der Spitze abnimmt und den Inhalt durch langsames Drehen des Kegels um 180° ausschüttet.
Das 1999 von dem Münchner Designer Stephan Andreas Augustin erfundene und später unter dem Namen Watercone bekannt gewordene System kann ebensogut auf Sumpfflächen bzw. Schmutzwasserpfützen eingesetzt werden. Oder es wird über eine schwarze Bodenwanne gestülpt, in der sich das zu destillierende Wasser befindet – und funktioniert damit auch auf dem Trockenen.
Die Mini-Solardestille hat einen Durchmesser von 80 cm, eine erwartete Lebensdauer von bis zu fünf Jahren und liefert täglich 1 – 1,7 Liter sauberes Wasser. Die seitens der GTZ durchgeführten Messungen ergeben einen Wirkungsgrad von 40 %.
Über viele Jahre erscheinen die Watercones zwar immer wieder in der Presse, werden in Rundfunk und Fernsehen erwähnt, mehrfach ausgezeichnet und international ausgestellt – doch trotz ihres niedrigen Preises unter 20 €, der geringen Größe und der technischen Unkompliziertheit verbreiten sie sich lange Zeit nicht so schnell, wie man es sich gewünscht hätte.
Endlich engagiert sich die Hans-Hauer-Stiftung aus Deisenhofen finanziell und startet im Jemen zwischen November 2003 und Januar 2004 das erste Pilotprojekt zur Alltagstauglichkeit mit 100 Stück. Bei dem ‚Watercones – East of Aden’ genannten Vorhaben werden in einem kleinen Fischerdorf zehn Familien mit jeweils zehn Watercones zur Trinkwassergewinnung ausgestattet.
Mitbeteiligt sind CARE Deutschland (Schirmherr, ständiger Projektassistent), CARE Jemen (Hilfe in Verwaltungsangelegenheiten), das Wissenschaftszentrum Umwelt (WZU) der Universität Augsburg (wissenschaftliche Leitung), die BAYER AG (Material, PR), die Zeltec Distributions GmbH (Herstellungskosten) und die UNICEF Jemen (unabhängiger Beobachter).
Die Test-Ergebnisse zeigen, daß die Wasserqualität eindeutig den WHO-Normen entspricht, und nach Angaben der Nutzer übertrifft der Geschmack des mit dem Watercone gewonnenen Trinkwassers sogar den des käuflich erwerbbaren Flaschenwassers.
Auf seiner Hompage meldet mein Freund Stephan Augustin im Frühjahr 2008, daß er mit der Münchner TiNOX-GmbH nun einen erfahrenen und kompetenten Partner gefunden hat, der Ende Sommer 2009 mit der Massenfertigung und dem weltweiten Vertrieb der Watercones beginnt. Außerdem gewinnt Augustin verdientermaßen den internationalen, renommierten Energy Globe Award 2008 für das Pilotprojekt im Jemen.
Ich selbst bestelle mir 2010 einen Watercone, um ihn mit nach Syrien zu nehmen und einzusetzen – was sich aufgrund der dortigen Geschehnisse ab 2011 bislang aber noch umsetzen ließ.
Die seit 1995 bestehende TiNOX-GmbH (o. Almeco-TiNOX GmbH), die hochselektive Absorber für Flach- und Vakuumröhrenkollektoren sowie Aluminium-Spiegelschichten für Solarkraftwerke, Prozeßwärmeanlagen und Röhrenkollektoren herstellt, ist Teil der Almeco Group, welche ihre beiden Töchter TiNOX GmbH und Almeco GmbH Anfang 2012 zu einem Unternehmen unter dem Namen Almeco GmbH verschmilzt. Es läßt sich jedoch nichts darüber finden, daß sich dieses mit dem Watercone weiterbeschäftigt hat.
Im Zuge der Recherchen stieß ich auf einen Wasseraufbereiter namens AquaCone,
der auf die 1996 von dem Erfinder Frank Husson gegründeten
Firma Solar Solutions LLC aus San Diego in Kalifornien
zurückgeht, die sich mit der Entwicklung von fortschrittlichen Solarthermie-Technologien
befaßt. Das zumindest äußerlich ähnliche Produkt soll pro Tag 1,5 –
2,5 Liter Trinkwasser bereitstellen, scheint aber nie in Produktion
gegangen zu sein.
Dafür hat das Unternehmen mit einem kleinen solaren Wasser-Pasteurisierer aus Plastik mehr Erfolg. Der AquaPak, der für 22,5 $ angeboten wird, erreicht eine Temperatur von 65°C, bei der fast 100 % aller Pathogene abgetötet werden. Mehr darüber findet sich im Kapitelteil zur solaren Sterilisation.
Seit über 50 Jahren soll es schon den Aquamate
Solar Still (o.
Solar Destillator) geben – eine aufblasbare, leichte, kompakte, schwimmende
und sehr einfach zu bedienende Solar-Destille aus PVC, die an das obige
Modell Sun Still erinnert – oder sogar davon abgeleitet ist.
Das zusammengefaltet nur 36 x 22 x 6 cm große und 1,35 kg schwere Objekt kann pro Tag 0,25 – 1,8 Liter Trinkwasser produzieren und wird von verschiedenen Firmen zu Preisen von 150 – 250 $ angeboten. Hersteller ist die 1998 gegründete britische Firma Aquamate Products Ltd. aus Essex (zuvor: Auto-Marine Utilities Ltd.). Der aktuelle Preis der Solar-Destille, die auch eine NATO-Bestands-Nummer hat (4610-66-144-2646), liegt zwischen 230 € und 350 € (Stand: 2022).
Doch nun weiter mit der Chronologie erwähnenswerter Ansätze und Initiativen,
die sich mit der Lösung des Trinkwasserproblems mittels der Solarenergie
beschäftigen.
Im März 2007 will
das US-Unternehmen Open
Energy Corp. aus dem kalifornischen Solana Beach (früher:
Barnabus Energy, später: Applied Solar Inc.) seine Suncone genannten
Solarkonzentratoren auf den Markt bringen. Über diese Technologie
habe ich bereits im Kapitel Optimierungs-
und Verstärkungstechniken berichtet.
Es handelt sich dabei um eine Gruppe zusammenfaltbarer, konisch geformter thermischer Konzentratoren aus Aluminium-beschichtetem Kunststoff, welche die Sonnenstrahlen wie in einem Trichter bündeln. In Verbindung mit einer dampfbetriebenen ‚Kinetic Pump’ läßt sich die Anlage zur Meerwasserentsalzung einsetzen. Leider hört man später nichts mehr von dieser Entwicklung.
Im Mai 2007 präsentieren
Ingenieure der New
Mexico State University (NMSU) um Prof. Nirmala
Khandan eine weitere
preisgünstige Alternative um Meerwasser zu entsalzen, die sogar rund
um die Uhr funktionieren soll. Ein auf dem Campus der NMSU in Las
Cruces errichteter Prototyp kann einen 4-Personen-Haushalt versorgen.
Nähere Details dazu finde ich jedoch nicht.
Das Fraunhofer-Institut für
Solare Energiesystem (ISE)
in Freiburg stellt Anfang 2008 die dort im Laufe der
letzten Jahre mit EU-Förderung entwickelten kleinen und dezentralen
Entsalzungsanlagen mit autonomer Solarenergie-Versorgung vor, die auf
der Membrandestillation basieren.
Die Forscher haben bisher zwei unterschiedliche Systeme realisiert: Ein Kompaktsystem für etwa 120 Liter Frischwasser pro Tag mit 6 m2 thermischen Solarkollektoren, einem kleinen Photovoltaikmodul zur Versorgung der Pumpe und einem Entsalzungsmodul - sowie ein Zwei-Kreissystem, bei dem mehrere Entsalzungsmodule parallel geschaltet und dadurch auch mehrere Kubikmeter Wasser pro Tag aufbereitet werden können. Die Kosten für einen Kubikmeter Trinkwasser liegen allerdings noch bei etwa 10 €, was für die meisten Länder viel zu hoch ist.
Erste Testanlagen auf Gran Canaria und in Jordanien laufen bereits seit einiger Zeit erfolgreich, weshalb die Forscher nun planen, ihre Anlagen ab Mitte des Jahres über ihre neugegründete Firma SolarSpring zu vermarkten. Mehr darüber findet sich im Kapitelteil zu den solaren Meerwasser-Entsalzungsanlagen.
Die SolarSpring bietet übrigens auch ein vollständig solarbetriebenes, automatisches UV-Desinfektionssystem namens SolarUV Oryx an, das ohne den Einsatz von Chemikalien sauberes Trinkwasser für abgelegene und ländliche Gebiete liefert. Weitere solche Systeme finden sich unter Solare Wasseraufbereitung.
Ebenfalls in der Form eines Konus, aber
sehr viel größer, ist die patentierte WaterPyramid des
Niederländers Matijn Nitzsche, das Mitte 2008 in
den Blogs vorgestellt wird. se0015
Nitzsche gründet 2002 in Delft die Firma Aqua-Aero WaterSystems BV, um nachhaltige Lösungen für Probleme im Wasserbereich zu finden, wobei sich die Aktivitäten des Unternehmens insbesondere auf Curacao in Westafrika, auf die indischen Bundesstaaten Gujarat und Rajasthan sowie auf das indonesische Archipel konzentrieren.
Wichtigstes Produkt ist eine hybride Wasserpyramide, deren erstes Exemplar in der wasserarmen Kutch, in Gujarat, und das zweite (2005 ?) in der Thar-Wüste im Gebiet von Rajasthan errichtet wird. Die rund 1.000 Einwohner des dortigen abgelegenen Dorfes Roopji Raja Beri nahe Pachpadra, etwa 125 km von Jodhpur entfernt, bzw. deren Frauen, mußten bislang täglich 4 km laufen, um Trinkwasser heranzuschaffen, da das Dorf nur über eine Salzwasserquelle verfügt.
Die aufblasbare Struktur aus robuster Folie nutzt die Sonnenenergie um verschmutztes oder verunreinigtes Wasser zu verdunsten und anschließend zu Trinkwasser zu kondensieren. Und während die in Indien Shiv Jal Dhara bezeichnete WaterPyramid auf der Innenseite destilliertes Wasser erzeugt, wird die Außenseite verwendet, um während der Regenzeit Regenwasser zu sammeln. Dieses wird getrennt gesammelt, gereinigt und in einem großen Erdtank gespeichert.
Mit einer Höhe von 9 m, einem Durchmesser von 30 m und einer Grundfläche von rund 650 m2 produziert die Pyramide täglich bis zu 1.250 Liter destilliertes Wasser, was dem lokalen Verbrauch mehrerer Hundert Menschen entspricht. Die Menge des gesammelten Regenwassers wiederum ist abhängig von den Niederschlagseigenschaften des Standortes. Im Durchschnitt kann man mit 600 m3 pro Saison rechnen.
Die Energie, die für den Überdruck innerhalb der WaterPyramid benötigt wird, stammt von Solarzellen in Kombination mit einem Batterie-Backup-System. Sporadisch auftretender Spitzenbedarf, z.B. bei Löchern oder Wartungsarbeiten, werden mit einen kleinen Generator-System abgedeckt.
Unterstützt wird das Projekt vom dem niederländischen Jacob Soetendorp Institute for Human Values, der indischen Jal Bhagirathi Foundation (JCF) und dem US-amerikanischen Acumen Fund. Im Jahr 2006 zeichnet die Weltbank das Projekt mit dem Development Marketplace Award aus.
Ebenfalls im Jahr 2008 gründen fünf Studenten einer
Arbeitsgruppe der Leibniz-Universität Hannover (LUH)
den gemeinnützigen Verein Green Desert e.V. (Green
Desert – International Organisation e.V.), der sich zur Aufgabe macht,
autarke, dezentrale sowie möglichst einfache, technische Lösungen im
Bereich der Wasser-, Agrar- und Energieinfrastruktur zu entwickeln.
Als Kooperationspartner hat der Verein dabei den Bremer Windkraftexperten
Prof. Horst Crome.
Neben der Durchführung von Workshops zur Konstruktion von Windkraftanlagen, die als Wasserpumpen in ländlichen Gebieten südlich der Sahara eingesetzt werden sollen, baut der Verein drei Prototypen zur Entsalzung von Meerwasser mit Hilfe von Sonnenwärme. Die Details über die Entwicklung einer modularen, solaren Meerwasserentsalzungsanlage finden sich auf der Vereins-Homepage greendesert.eu.
Noch aktiver sind Studenten der Technischen Universität München (TUM),
die gleichfalls 2008 zusammenfinden, um auf das Wasserproblem
aufmerksam zu machen und vor allem junge Menschen dazu zu bewegen,
sich der Lösung dieser Frage zu stellen.
Bereits beim 1. TUM Mehrwasser Wettbewerb 2009 – veranstaltet vom Lehrstuhl für Thermodynamik unter der Leitung von Dr.-Ing. Markus Spinnler und gemeinsam mit Studenten der Arbeitsgruppe TUSun – treten 15 Teams aus Schülern und Studenten gegeneinander an, um eine kostengünstige und energieautarke Meerwasserentsalzungsanlage zu entwickeln. Die selbst konstruierte kompakte Kleinanlage soll ohne Zufuhr fossiler Energie funktionieren, wenig kosten, einfach zu bedienen sein und möglichst viel Wasser in trinkbarer Qualität liefern.
Nach dem Finaltag des Konstruktionswettbewerbs Anfang August 2009 werden die drei Siegerteams bekanntgegeben. An erster Stelle steht das ‚Team Konzentrix‘ der Technikerschule Allgäu, das besonders in den Kriterien ‚produzierte Wassermenge‘ und ‚Kostenplanung‘ überzeugt, gefolgt vom ‚Team Turbine‘ des Ruperti-Gymnasiums in Mühldorf am Inn sowie vom ‚Team Nebelhorn‘, ebenfalls von der Technikerschule Allgäu. Insgesamt kommen während der sieben Stunden, die alle 14 Anlagen in Betrieb sind, 25 Liter Trinkwasser zusammen.
Im Folgejahr wird der Wettbewerb international ausgeschrieben, wobei Bewerbungen aus Deutschland, der Schweiz, Österreich und Spanien eingehen. Diesmal werden die 15 Teilnehmer der Endrunde am Tag des Wassers (22.03.2011) bekanntgegeben. Die Teams haben anschließend kapp vier Monate Zeit, ihre Konzepte umzusetzen, bevor die fertigen Anlagen Ende Juli 2011 auf dem Campus in Garching präsentiert und einer eingehenden technischen Prüfung unterzogen werden.
Darüber hinaus veranstaltet der Lehrstuhl parallel erstmals eine TUM DESAL Konferenz, bei der wissenschaftliche Beiträge zur Lösung der Trinkwasserproblematik vorgestellt und diskutiert werden. Unterstützt wird der Wettbewerb von dem Deutsche MeerwasserEntsalzung e.V. und dem Solarenergieförderverein Bayern e.V., Sponsoren sind die BASF SE, die fischer eco solutions GmbH, die Omya AG, das Solarzentrum Allgäu GmbH, die Stadtwerke München GmbH und die VA TECH WABAG GmbH.
Eine der Anlagen, die im Juli gezeigt werden, ist die von Steffen Kustermann an der Hochschule Kempten entwickelte Meerwasserentsalzung durch Ausfrieren. Dabei stellt ein kostengünstiges Photovoltaiksystem die elektrische Energie für eine kompakte Kompressionskältemaschine bereit, die gefiltertem Meerwasser die enthaltene Wärme solange entzieht, bis die Erstarrung einsetzt. Da die Salzlöslichkeit mit sinkender Temperatur abnimmt, scheidet sich das enthaltene Salz während des Prozesses aus.
Gewinner des TUM Mehrwasserwettbewerbs 2011 ist ein Team aus den Reihen der TUM unter dem Namen Steam, das mit Parabol–Solarkonzentratoren arbeitet, während das Kältesystem der Hochschule Kempten nur auf Platz 14 kommt.
Im August 2013 sind es Schüler des Thomas-Mann-Gymnasium München unter der Leitung des Biologen Florian Kretzler, die den Innovationspreis des Wettbewerbs im Rahmen der DeSal Challenge gewinnen, indem sie sie Salzwasserverdampfung im Solarbetrieb mit einer Ultraschall-Zerstäubung verbinden.
Um die einfallenden Sonnenstrahlen zu bündeln, wird eine hochreflektive Spiegelfolie eingesetzt. In dem Destillationsgefäß selbst befindet sich eine Ultraschall-Zerstäuberdüse, die das vorher erhitzte Salzwasser mit Hilfe eines Heißluftgebläses in Zirkulation bringt. Wegen der starken Oberflächenvergrößerung kommt im Vergleich zu gewöhnlichen Feuchtraum-Destillationsanlagen ein deutlich schnellerer und effizienter Verdunstungsvorgang zustande, so daß die Anlage pro Tag 70 Liter Wasser entsalzen kann.
Die Vierte TUM DeSal Challenge wird im Jahr 2015 ausgelobt, wobei die Konzeptideen bis Anfang Januar 2016 eingereicht werden können. Dieses Mal ist der Wettbewerb besonders international, wobei die Jury zwölf Teams aus Deutschland, dem Iran, Polen und Kroatien auswählt, ihre Prototypen zu bauen und vorzustellen. Die fertigen Prototypen werden Mitte Juni präsentiert und bewertet.
Diesmal sind die drei Gewinner des Wettbewerbs, die insgesamt 3.000 € erhalten, das ‚Team Helios‘ der TUM, das ‚Team Alavi‘ der Sari Agricultural Sciences and Natural Resources University aus dem Iran und das ‚Team‘ Agribix, ebenfalls von der TUM. Damit scheint diese studentische Initiative allerdings ausgelaufen zu sein, denn nach 2016 sind keine weiteren Wettbewerbe mehr zu verzeichnen.
Zu den Beiträgen des Feel The Planet Earth 2008 Designwettbewerbs
gehört auch das Projekt sWell, eine mobile, aufblasbare
und solarbetriebene Filtrationseinheit, mit der Meerwasser in frisches
Trinkwasser verwandelt werden kann. Durch seine Fähigkeit, auf dem
Wasser zu schwimmen, bietet das System auch eine temporäre Zuflucht
vor steigenden Fluten.
Leider konnte ich außer der Abbildung aus dem Wettbewerb bislang keine weiteren Informationen darüber finden – auch nicht, wer der eigentliche Initiator oder Designer des Projekts ist.
Seol-Hee
Sohn, Seung-Hyun Yoon und Cheol-Yeon
Cho sind die Designer eines Ocean
Rescue genannten solaren Wasser-Entsalzers,
der ebenfalls eine konische Form aufweist und speziell für Schiffbrüchige
entwickelt worden ist.
Das erstmals im November 2008 gezeigte mehrteilige System soll von Rettungsinseln aus auf der Meeresoberfläche plaziert werden, um für Trinkwasser zu sorgen. Zusätzlich besitzt das Rettungsgerät ein Licht, um auch nachts Rettern seine Position zu signalisieren, während es tagsüber bunten Rauch ausstoßen kann, um über seinen Standort zu informieren. Bislang ist es allerdings bei dem reinen Design geblieben.
Eine ganze Rettungsinsel,
bei der die solare Wasserentsalzung gleich mit eingebaut ist, heißt SeaKettle und
stammt von der Design-Absolventin Kim Hoffman an
der Academy
of Art University in San Francisco. Sie gelangt damit in
die Endrunde des James Dyson Award 2010.
Mit einer kleinen Pumpe wird Meerwasser in ein Reservoir im oberen Bereich der Insel gepumpt, wo der solare Verdunstungsvorgang und die anschließende Kondensation stattfinden, bei der pro Tag 3 Liter Trinkwasser entstehen. Auch in diesm Fall gibt es bislang keine Umsetzung.
Ein wahres Multitalent, das es ebenfalls bislang leider nur
als Entwurf gibt, ist das Reborn Survival Kit des
Designers Xue Zhichao, das im April 2009 in
den Blogs präsentiert wird.
So unglaublich es klingt, aber das zusammengepackt leicht transportable, zylinderförmige Gerät kann wie ein ‚Transformer’ in einen Regenwasser-Sammler, eine solare Wasserdestille, einen Solarkocher, einen Dreifuß für Feuerstellen, einen Suchscheinwerfer oder in eine Satellitenschüssel verwandelt werden.
Auch wenn es bislang keine ausführlichen Leitungsdaten gibt, kann man diesem genialen Design nur die baldige Umsetzung wünschen.
Wie eine Ziehharmonika zusammen zu packen
ist das sehr einfache C-Water System von Chao
Gao,
der sich im November 2010 mit
diesem Entwurf am Incheon International
Design Awards beteiligt.
Der Beschreibung zufolge kann das schlanke und kompakte Objekt auf jeder beliebigen ruhigen Wasseroberfläche schwimmen und die Sonne zur Entsalzung nutzen, wobei das frische Wasser in einem eigenen Behälterteil gesammelt wird. Mehr ist darüber allerdings nicht zu erfahren.
Auch der Designer Joseph R. Kasper aus Kendall
Park, New Jersey, zeigt Ende 2010 den
Entwurf eines innovativen Solar-Destillators, der in südlichen Ländern
salziges oder verschmutztes Wasser reinigen kann.
Die Benutzer müssen das vorhandene Wasser in einen großen Behälter am Boden einfüllen, und es dann der Solarenergie überlassen, dieses durch Verdampfung und Kondensation zu reinigen. Das gefilterte Wasser wird in einen kleinen Behälter gespeichert, der abnehmbar ist, wenn man seinen Durst stillen möchte.
Mitte 2011 taucht das Design unter dem Namen Haitian Desal-A-Nation erneut in den Fachblogs auf, da es sich besonders für Katastrophenopfer auf Inseln eignen würde um diesen eine Grundversorgung mit sauberem und desinfiziertem Trinkwasser zu garantieren.
Im August 2011 stellen die Fachblogs das Design einer
innovativen solarbetriebenen Entsalzungsanlage von Phil Pauley aus
London vor, die den Namen Solar Cucumber trägt. Die
Idee ist, wasserarmen Gemeinden in Küstenregionen dabei zu helfen,
Meerwasser direkt an der Quelle in trinkbares Süßwasser umzuwandeln,
anstatt kilometerweit vom Ort des Mangels entfernt.
Von Pauley stammen übrigens auch der kurz darauf präsentierte Entwurf hybrider Solar- und Wellenenergie-Generatoren, die im Kapitelteil Schwimmende Solaranlagen vorgestellt werden – sowie das Konzept ,Sub Biosphere 2’, ein Unterwasser-Habitat für Aquanauten, Touristen und Wissenschaftler, das innerhalb einer Art Lastenaufzug von der Meeresoberfläche in die Tiefe bzw. wieder hoch fahren kann (s.u. Maritime Habitate).
Technische Daten liefert der Designer allerdings nicht. Es wird nur gesagt, daß die Entsalzungsanlage die Mehrfachbefeuchtung und die Umkehrosmose nutzt und zudem fortschrittliche Materialien verwendet, um den Wartungsaufwand zu verringern und ein selbstreinigendes System zu schaffen. Über eine Umsetzung ist nichts zu finden.
Im Mai 2012 stellen Studenten der Northeastern University (NU) in Boston ein solarbetriebenes Entsalzungssystem mit dem Namen Pyramid Desalinator vor, das im Rahmen eines Abschlußprojekts unter der Leitung von Prof. Mohammad Taslim entwickelt wurde. Die Idee dazu kam dem Studententeam, als es in Ägypten ein Programm zum Dialog der Zivilisationen im Bereich Strömungsdynamik absolvierte.
Das Entsalzungssystem besteht aus einem 1 m2 großen Aluminiumrahmen, einer Wasserschale und einem Wasserspeicher unter der Schale. Ein Stück Kunststoff in Form einer Pyramide deckt die gesamte Vorrichtung ab. Das Leistungsziel ist die Produktion von bis zu einem Liter Trinkwasser pro Tag. Mit den richtigen Materialien soll es sich für 20 $ herstellen lassen.
Die Teammitglieder Stephen Bethel, Douglas Dell’Accio, Matt Haffenreffer, Zach Modest und Michael Wegman, die bereits einen Prototyp nach Kamerun im westlichen Zentralafrika verschickt haben, hoffen nun auf eine Vertriebspartnerschaft mit Water.org oder dem Amerikanischen Roten Kreuz. Zudem bemühen sie sich um eine Finanzierung in Höhe von 10.000 $ durch Jola Venture, ein gewinnorientiertes Sozialunternehmen, um den Apparat unter Verwendung kostengünstigerer Materialien neu zu gestalten und ein automatisches Wasserzufuhrsystem zu entwickeln. Bislang ist darüber aber nichts zu erfahren.
Das Modell der NU hat frappierende Ähnlichkeit mit dem WetLand
pyramidal water desalinator, den vier Ingenieur-Studenten
und -Studentinnen der Humboldt State University in
Arcata im Norden des US-Bundesstaates Kalifornien im Herbst 2013 präsentieren.
Das Team mit dem Namen It’s Always Sunny hatte das
Ziel, ein langlebiges Entsalzungssystem zu entwerfen, das destilliertes
Wasser aus dem Delaware River für die Bewohner eines Kahns produziert.
Der Klient ist WetLand, ein kollaboratives Kunstprojekt in Philadelphia, das mit der in New York City lebenden Künstlerin Mary Mattingly zusammenarbeitet. Konkret handelt es sich um einen Flußkahn, der als öffentliche Demonstration der möglichen symbiotischen Beziehung zwischen Gesellschaft und Umwelt dienen soll. In den Sommermonaten 2014 wird WetLand als Bühne für gemeinschaftliche Bemühungen zur Umsetzung nachhaltiger Lebensstile genutzt. Weshalb die Anlage von Adrienne Agawin, Jake Coniglione, Loti Jones und Emily Klee wohl auch werbewirksam The Great Pyramid of Philadelphia genannt wird.
Die Materialkosten für ihre Herstellung betragen gut 500 $ und sind ebenso wie die Entwicklungsphasen detailliert auf appropedia.org dokumentiert. Mattingly war zudem im Jahr 2009 mit dem schwimmenden Öko-Habitat ,Waterpod’ auf dem East River unterwegs.
Bereits im Juli 2012 berichten die Blogs über ein
Gerät namens Eliodomestico, das der italienische Designer Gabriele
Diamanti aus Mailand während seines Studiums am Polytechnikum
Mailand im Jahr 2005 entwickelt hat - und
das bei den diesjährigen Core77 Design Awards mit dem Preis
der Kategorie ‚Professional Winner for Social Impact‘ ausgezeichnet
wird. Bereits im Vorjahr gehörte das Wasserfiltersystem zu den zwölf
Finalisten des Prix Émile Hermès 2011.
Der mit Solarenergie betriebene wannenartige Öko-Destillierapparat, dessen Herstellung von der Hermès-Unternehmensstiftung finanziert wird, ist vollständig aus Terrakotta und verzinkten Blechen gefertigt und als Open-Source-Produkt ausgelegt, um durch lokale Handwerker hergestellt und repariert zu werden. Er soll direkt vor den Häusern der Menschen aufgestellt werden.
Auf der Oberseite des Geräts befindet sich ein schwarzer Kessel mit einem wasserdichten Deckel. Morgens wird salziges oder schmutziges Wasser aus einer lokalen Quelle in einen Wassereinlaß gegossen, und dann der Deckel versiegelt, damit kein Dampf entweichen kann. Sowohl die Temperatur als auch der Druck im Kessel steigen im Laufe des Tages an, und der Deckel fungiert als Kondensator, der Dampf erzeugt, der dann durch ein Metallrohr in eine darunter plazierte Tonschale geleitet wird, in der sich abends das saubere Wasser entnehmen läßt.
In den Berichten ist die Rede davon, daß das Gerät ohne Filter und Elektrizität täglich bis zu bis zu 5 Liter Trinkwassers bereiten kann – was sich bei genauerer Recherche aber auf den Quadratmeter Anlagenfläche bezieht. Der Prototyp des Eliodomestico hat jedoch eine Fläche von nur 0,4 m2, weshalb die reale Produktion bei 2,5 – 3 Litern pro Tag liegt – und dies auch nur unter afrikanischer Sonne.
Im Oktober folgen Meldungen über eine Arbeit des von Antonio
Girardi und Cristiana Favretto im Jahr 2009 in
Venedig gegründeten Designbüros Studiomobile für die 13.
Architektur-Biennale 2012 in Venedig. Das Konzept beschäftigt
sich mit dem Anstieg des Meeresspiegels, indem es den immer größer
werdenden Ozean als neue Ressource begreift, die die Bereitschaft erfordert,
sich mit den neuen Ökosystemen zu arrangieren, die in dieser salzhaltigen
Welt entstehen werden.
Das Networking Nature genannte Konzept ist ein Ökosystem, das von Meerwasser lebt – und im Gegenzug frisches Trinkwasser produziert. In dem vorgeführten Modell ist ein Glastank mit Meerwasser gefüllt, das dann durch eine Reihe von solarbetriebenen Destillierapparaten in frisches Trinkwasser umgewandelt wird. Durch die von kleinen Lampen simulierte Sonnenwärme verdampft das Meerwasser, und der Dampf wird zu frischem Wasser kondensiert, das in Tanks gesammelt und dann abgegeben wird.
Dabei ist Networking Nature nicht nur dazu gedacht, Einzelpersonen oder Familien mit frischem Wasser zu versorgen, sondern auch Teil einer größeren lokalen Wasserinfrastruktur zu werden. Die Designer denken dabei an ein intelligentes Wassernetz (Smart Water Network, SWN), das von Sensoren gesteuert wird, die den lokalen Wassermangel messen und über Prozessoren die Pumpen aktivieren, die das Wasser dort bereitstellen, wo der Bedarf am größten ist. Über irgendwelchen weiteren Umsetzungsschritte ist nichts bekannt.
Der Designer Li Zhengkui stellt im August 2015 das Konzept einer Rettungsinsel vor, die gleichzeitig als Wasserfilter fungiert. Seine Solar Water Still ist eine Boje, die die Sonnenenergie und auch Meeresströmungen nutzt, um kontinuierlich Meerwasser in Süßwasser zu verwandeln. So können sich Schiffe und Boote mit Trinkwasser versorgen, auch wenn sie mitten auf dem Meer unterwegs sind.
Darüber hinaus verfügt die Rettungsinsel mit einem Durchmesser von mehreren Metern über ein SOS-Signalsystem und eine Grundausstattung an Hilfsgütern, die jedem das Überleben sichern, der auf See gestrandet ist. Über das Design hinaus scheinen noch keine Umsetzungsschritte unternommen worden zu sein.
Etwa von 2017 stammt ein Ansatz im kleineren Format,
der auf der genialen Idee basiert, konventionelle Rettungsringe einem
,Upgrade’ zu unterziehen.
Das von He Yue, Wang Dading und Yuan Huaiyu entworfene Konzept Life Buoy soll Schiffbrüchige davor bewahren, an Dehydrierung und Sonnenbrand zu sterben, weil ein längeres Eintauchen in Meerwasser den Wasserverlust des Körpers beschleunigt.
Indem ein Teil des Rettungsring transparent gestaltet und mit einer Zufuhrmöglichkeit für eine gewisse Menge Meerwasser ausgestattet wird, kann dieser Bereich trinkbares Wasser destillieren und die Chancen der Überlebenden erhöhen, gerettet zu werden. Zur Entnahme gibt es einen flexiblen Saugschlauch.
Zwar blieb es auch in diesem Fall bislang beim reinen Design – das allerdings mit einem reddot award 2018 ausgezeichnet wird.
Eine weitere innovative und kostengünstige Technologie, um Meerwasser
durch Sonnenenergie in Süßwasser zu verwandelt, wird in einer im
Dezember 2018 in der Fachzeitschrift Nature
Sustainability veröffentlichten Studie des Politecnico
di Torino beschrieben. Die Gruppe junger Ingenieure, die
aus Eliodoro Chiavazzo, Matteo Morciano, Francesca
Viglino, Matteo Fasano und Pietro
Asinari besteht, entwickelt am Clean Water Center (CWC)
der Universität einen Prototypen, der im Vergleich zu früheren Lösungen
in der Lage sein soll, die mit einer gegebenen Sonnenenergie produzierte
Wassermenge theoretisch zu verdoppeln.
Während herkömmliche ‚aktive‘ Entsalzungstechnologien kostspielige mechanische oder elektrische Komponenten benötigen, basiert der neue Ansatz auf spontanen Prozessen, die ohne zusätzliche Maschinen ablaufen und daher als ‚passive‘ Technologie bezeichnet werden können. Dem zufolge basiert das Funktionsprinzip auf dem Vorbild von Pflanzen, die das Wasser durch Kapillarwirkung und Transpiration von den Wurzeln zu den Blättern transportieren.
Das schwimmende Gerät nimmt das Meerwasser mit Hilfe eines kostengünstigen porösen Materials auf, was den Einsatz teurer und schwerfälliger Pumpen obsolet macht. Das Meerwasser wird dann durch Solarenergie erhitzt, denn die Membrandestillation (MD) ist ein thermisch angetriebenes Behandlungsverfahren, bei dem die Trennung durch einen Phasenwechsel ermöglicht wird. Dabei fungiert eine hydrophobe mikroporöse Membran als Barriere für die flüssige Phase und läßt Wasserdampf durch die Membranporen passieren, während alle Substanzen, die sich nicht verflüchtigen, einschließlich Salze, zurückgehalten werden.
Die treibende Kraft des Prozesses ist die Differenz zwischen dem Zufuhrstrom von 50 – 70ºC und der wesentlich niedrigeren Umgebungstemperatur. Ein bekannter Nachteil der ‚passiven‘ Entsalzungstechnologien war bisher ihre geringe Energieeffizienz im Vergleich zu den ‚aktiven‘ Technologien. Doch anstatt sich wie andere darauf zu konzentrierten, die Absorption der Sonnenenergie zu maximieren, richten die Forscher des Politecnico ihre Aufmerksamkeit auf ein effizienteres Management der absorbierten thermischen Sonnenenergie.
Indem die Sonnenwärme in mehreren Kaskadenverdampfungsprozessen ‚recycelt‘ wird, sollen sich pro Quadratmeter und Tag bis zu 20 Litern Trinkwasser gewinnen lassen, ein Rekordwert. Der im Laufe von gut zwei Jahren entwickelte Prototyp wird vor Varazze im ligurischen Meer erfolgreich getestet und erbringt den ersten Beweis, das das Multi-Effekt-Verfahren auch bei passiven Entsalzungstechnologien sehr effektiv sein kann.
Dem Stand von 2022 zufolge ist man am CWC dabei, einen MD-Laboraufbau mit einer aktiven Membranfläche von 50 × 10 cm mit Solarpaneelen und einem zweiachsigen parabolischen Solarkonzentrator mit einer Kollektorfläche von 10 m2 und einer solarthermische Leistung von 8 kW zu koppeln, um die Technologie in größerem Umfang zu demonstrieren. Zudem suchen die Forscher nach Industriepartnern, um ihren Prototyp haltbarer, skalierbarer und vielseitiger zu machen.
Eine besonders interessante Erfindung aus den Jahren 2019/2020 ist
das Solar Desalination Skylight, das auf den Architekten Henry
Glogau aus Neuseeland zurückgeht, der bei dem Architekturbüro 3XN mit
Sitz in Kopenhagen, Dänemark, arbeitet. Die Juroren der Lexus Design
Awards sind so beeindruckt von dem ganzheitlichen Ansatz des Geräts,
daß sie diesem die höchste Auszeichnung verleihen.
Da in Chile alle wesentlichen Dienstleistungen privatisiert sind und es keine öffentliche Wasserversorgung gibt, müssen viele chilenische Gemeinden exorbitante Preise für frisches Wasser zahlen. Eine von ihnen ist Mejillones, ein Küstendorf weit im Norden der Hauptstadt Santiago. Das Solar-Dachfenster von Glogau sorgt nicht nur für eine sanfte indirekte Beleuchtung von Innenräumen, ohne dabei Wärme hineinzulassen, sondern entsalzt darüber hinaus täglich bis zu 400 ml Meerwasser.
Der solare Entsalzer ist aber nur ein Anfang für die Menschen in dieser wasserarmen Gemeinde, denn der menschliche Körper benötigt etwa zwei Liter Wasser pro Tag. Für die Menschen von Mejillones ist das Gerät dennoch ein Wunder, bei dem Meerwasser von Hand über einen kleinen Schlauch in die Leuchte hineingepumpt wird, während das saubere Trinkwasser später von unten abgezapft werden kann.
Die runde Deckenleuchte, deren Form als Oberlicht vertraut ist und nicht wie ein Hightech-Gadget wirkt, ist zudem ein Hybrid, dessen LED-Lichtband tagsüber durch ein kleines Solarpaneel aufgeladen wird. Die Leuchte wird außerdem von der Salzsole gespeist, die bei der Verdunstung anfällt und zwölf Salzwasserbatterien bildet, welche das Oberlicht nachts durch eine chemische Reaktion in Kupfer- und Zinkröhren mit Strom versorgt.
Man kann das Solar Desalination Skylight als eine Erweiterung eines Selbstbau-Tageslichtsystems betrachten, das auf den brasilianischen Elektroingenieur Clivenor de Araujo Filho im Jahr 2002 zurückgehen soll. Dabei werden transparente Plastikflaschen mit frischem Wasser und etwas Bleichmittel befüllt, um dem Algenwachstum im Inneren vorzubeugen, dann gut verschlossen und in Löcher in dem Dachmaterial, z.B. Wellblech, eingesetzt.
Indem sie zur Hälfte außen dem Sonnenlicht ausgesetzt sind, strahlen sie im Durchschnitt so viel Licht wie eine 50 W Glühbirne in den Raum hinein – ohne Wärme hineinzulassen. Das Projekt unter dem Namen Liter of Light wird ausführlich im Kapitelteil der Solarleuchten beschrieben.
Ein spezielles Design wird im August 2021 in den Blogs
vorgestellt, nachdem es den James Dyson Award erhält. Der WaterPod ist
eine schwimmende Kapsel für den individuellen Gebrauch, die Meerwasser
durch einen natürlichen solaren Entsalzungsprozeß in Trinkwasser verwandelt.
Das Team hinter dem WaterPod – Bennie Beh Hue May, Yap Chun Yoon und Loo Xin Yang vom Asia Pacific Institute of Information Technology – entwickelt das Konzept als Reaktion auf den Mangel an sauberem Trinkwasser in Sandakan, in ihrer Heimat Malaysia. Es soll die Möglichkeit bieten, daß die dortige Seefahrergemeinschaft Zugang zu sauberem Trinkwasser erlangt, und dies unabhängig von der Plastikverschmutzung im Meer.
Das auf dem Wasser schwimmende Gerät arbeitet als selbstreinigendes solares Entsalzungssystem, das Meerwasser über ‚Unterwasserdochte‘ aufnimmt, die von Mangrovenbäumen inspiriert sind. Die künstlichen Wurzeln füllen die Gondel mit Meerwasser, bis der Wasserstand die schwarze Kuppel erreicht. Diese besteht aus einer transparenten Abdeckung, einer Lage aus schwarzem Stoff und einer darunter liegenden gewölbten Aluminiumplatte.
Im Inneren der Kuppel durchläuft das Meerwasser einen Verdampfungs- und Kondensationsprozeß, um die Salzpartikel aus dem Meerwasser zu entfernen, während die Wasserdämpfe allmählich aus der transparenten Hülle austreten und sich im Speicherfach des WaterPods sammeln, von wo aus der Benutzer das Trinkwasser abpumpen kann.
Der obere Teil des Geräts ist mit expandiertem Polyurethanschaum gefüllt, der die Wärmeisolierung und den Auftrieb verbessert, während darunter ein Zementsockel für die Auftriebsstabilität sorgt. Über entsprechende Verbindungen lassen sich mehrere Pods zu Gruppen zusammenfassen.
Zum Abschluß: Die wohl einfachste Form der solaren Destille ist die
Adaption einer Überlebenstechnik, die eigentlich zur Allgemeinbildung
gehören sollte: Um Trinkwasser aus der Bodenfeuchtigkeit zu gewinnen,
wird ein trichterförmiges Loch gegraben, das mit einer Plastikfolie
abgedeckt wird.
In deren Mitte wird ein Stein gelegt, um eine ebenfalls trichterförmige, aber flachere Form zu schaffen, und darunter (zuvor) ein Gefäß deponiert, welches das verdunstete und an der Folie kondensierende Wasser auffängt. Falls vorhanden, führt man einen Trinkschlauch von außen bis in das Gefäß.
Ist der Boden nicht feucht genug, kann man auch grüne Vegetation nehmen. Hat man Salz- oder Brackwasser zur Verfügung, ist die Ausbeute natürlich wesentlich höher.
Als nächstes werden solare
Wasseraufbereitungsgeräte und -methoden präsentiert,
die ebenfalls für den Einsatz in Ländern der 3. Welt gedacht sind.
Ich behandle sie separat, da es hierbei explizit um verschmutztes oder verseuchtes Wasser
geht, und nicht um ‚sauberes’ Salzwasser.
Weiter mit den solaren
Wasseraufbereitungsgeräten ...