Blättern |
Da die folgenden Projekte das Meer nur als Wasser-Reservoir berücksichtigen und das abgezapfte Wasser in zwei Fällen auch über Land geleitet wird, sind diese Projekte nicht unter ‚Meereskraftwerke’ aufgelistet. Bei den aufgeführten Energieprojekten handelt es sich um ein Projekt in der Senke des Toten Meeres, um das Qattara-Projekt in Ägypten, sowie um den Atlantropa-Plan des deutschen Architekten Hermann Soergel.
Am 24. August 1980 wird mitgeteilt, daß die Regierung in Jerusalem das durch Kriegsgeschehen zeitweise zurückgestellte Kanalprojekt zwischen dem Mittelmeer und dem Toten Meer erneut wieder ins Auge gefaßt hat. Dieser Plan sieht vor, ein 100 – 130 km langes Kanal- und Tunnelsystem zu ziehen, wobei die nutzbare Fallhöhe zum Toten Meer hin etwa 400 m beträgt. Die Stromproduktion von 600 MW soll Israels Bedarf des Jahres 1990 zu 60 % decken. Ein Jahr später erfolgt sogar die offizielle Einweihung des Projektes durch den damaligen Ministerpräsidenten Menachem Begin.
Die Idee soll auf Theodor Herzels Buch ‚Altneuland’ von 1902 zurückgehen. Doch ich fand auch Hinweise darauf, daß bereits 1850 die Britische Regierung eine Kommission unter der Leitung von Admiral William Allen ausgesandt hatte, um die Möglichkeiten einer Verbindung zwischen dem Mittelmeer und dem Roten Meer zu prüfen. Es ist sehr gut möglich, daß man schon damals den Umstand im Auge hatte, daß sich mit dem ‚tiefsten Punkt der Erde’ noch einiges anfangen ließ. Eine weitere Ideenquelle soll der Franzose Pierre Gandrillon gewesen sein, dessen Plan zwei Kraftwerke südlich des (gestauten) Tiberias-Sees mit 300 m Fallhöhe und an der Mündung ins Tote Meer mit 208 m Fallhöhe vorsah, sowie einen Hochbehälter, in welchen das Mittelmeerwasser hinaufgepumpt wird.
Einen direkten Kanal zwischen Haifa und dem Toten Meer hatte 1899 der Schweizer Ingenieur Max Burkhard vorgeschlagen – und dieser Vorschlag war es auch, der bei Herzl auf starkes Interesse stieß.
1943 publizieren dann die beiden US-Amerikanischen Experten Walter C. Lowdermilk und John Savage einen weiteren Plan, durch einen Verbindungskanal zwischen Mittel- und Totem Meer mit angeschlossenem Kraftwerk etwa 100 MW Elektrizität zu erzeugen.
Es bleibt die Frage, ob nicht weitere Waffengänge mit den arabischen Nachbarn dazu beitragen werden, das Projekt in der Schublade zu lassen – ebenso, ob nicht von seiten arabischer und israelischer Umweltschützer starker Widerstand zu erwarten ist. Für Israel hätte das Projekt mehrere Vorteile:
1983 wird bekannt gegeben, daß die 1974 begonnenen Studien abgeschlossen seien und nun der Israelischen Regierung vorliegen würden. Als Starttermin für den Bau wird das Jahr 1993 vorgeschlagen. Doch schon am 02.03.1984 meldet die sowjetische Nachrichtenagentur TASS plötzlich den Beginn der Arbeiten, wobei eine Bauzeit von nur zwei Jahren genannt wird (!). Tatsächlich hatte bereits 1977 eine Regierungskommission vier verschiedene Trassenführungen für das Projekt erarbeitet, von denen eine vom Golf von Aqaba ausging, während die anderen drei das Wasser vom Mittelmeer heranführen sollten. Aus politischen Gründen wurde damals die südliche Route favorisiert.
Auf arabischer Seite wird ein dramatisches Ansteigen des Wasserspiegels des Toten Meeres befürchtet, was mehrere auf jordanischer Seite angesiedelte Industrieprojekte bedrohen würde. Auch auf der Arabischen Energiekonferenz in Algerien 1984 wird das Projekt scharf angegriffen, wobei erstmals neben den politischen auch ökologische Argumente ins Spiel gebracht werden. Möglicherweise aufgrund der schweren Wirtschaftskrisen in Israel wird Anfang Juni 1985 durch den Energieminister verkündet, daß man das Projekt vorläufig gestoppt habe.
Die Idee bekommt neues Gewicht, als die Regierungen Israels und Jordaniens auf dem Weltgipfel in Johannesburg im Jahr 2002 das Projekt Friedenskanal (‚Peace Conduit’) vom Roten zum Toten Meer vorstellen. Mittlerweile unterstüzen auch die Palästinensischen Behörden diesen Vorschlag, denn inzwischen redet man von 500 MW Energie, die sich Jordanien, Palästina und Israel dann teilen könnten, wobei ein Großteil dieser Energie zur Meerwasserentsalzung genutzt werden soll.
Im Dezember 2006 einigen sich Jordanien, Israel und Palästina darauf, eine Machbarkeitsstudie für das inzwischen auf 2 bis 4 Milliarden $ geschätzte Projekt in Auftrag zu geben. Diese Studie und die Umweltverträglichkeitsprüfung sollen zwei Jahre dauern und etwa 15 Mio. $ kosten. Über 10 Mio. davon sind von den USA, Kanada, Japan, Spanien, Frankreich und anderen europäischen Ländern übernommen worden (anderen Quellen zufolge hätten die USA, die Niederlanden und Japan signalisiert, sich an den Kosten zu beteiligen).
Im August 2007 gibt die jordanische Regierung bekannt, daß man Anfang Dezember mit einer Studie zum Bau eines 200 km langen Kanals zwischen dem Toten und Aqaba am Roten Meer beginnen werde. Man würde sich insbesondere über die Hilfe Chinas bei der Umsetzung des Projektes freuen, da dieses Land das entsprechende Know-how sowie die notwendige Technologie besitzen würde.
Bei der Veranstaltung ‚Technologie als Brücke’ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften im Februar 2008 spreche ich das Projekt Friedenskanal an, doch es stellt sich heraus, daß die Personen auf dem Podium noch nie davon gehört haben, so daß auch meine Frage nach der Rolle der EU bei diesem Projekt erst einmal nicht beantwortet werden kann. Einzig der Vorsitzende des Vereins ‚Deutsche Meerwasserentsalzung e.V.’ Claus Mertens wartet mit den jüngsten Entwicklungsschritten auf.
Der Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland, Dr. Gerhard Sabathil, schickt mir jedoch wenige Tage später eine eMail mit der Antwort eines seiner Mitarbeiter in Brüssel:
The ‚Peace Canal’ or ‚Red Dead Canal’ is indeed an old ‚idea’ which comes up regularly.
While the Commission has not been involved in any specific initiative, I recall the World Bank had planned to finance a technical, economical and environmental feasibility study.
Howeever, I do not know whether the WB eventually carried out this study.
As you can imagine, this is a highly controversial project which has been strongly criticised by several NGOs, notably Friends of the Earth Middle East.
Laut dem Magazin ZENITH Nr. 1/2008 gehört inzwischen
auch der israelische Staatspräsident Schimon Peres zu den überzeugten
Unterstützern des Projektes, das nun als ,Friedenstal’ präsentiert
wird. Und auch die Knesset setzt die Vision auf ihre Top-Agenda.
Im Juli 2008 meldet die Presse, daß das ‚Peace Conduit’ Projekt noch in diesem Sommer der israelischen Regierung vorgestellt werden soll – um eine offizielle Genehmigung zu erhalten. Die Entwickler planen bereits riesige Industrie- und Wohnbauten entlang der Strecke des Kanals auf beiden Seiten der israelisch-jordanischen Grenze. Der israelische Milliardär Yitzhak Tshuva will bis 2050 bis zu 3 Millionen Israelis in der Region Arava ansiedeln.
Während einer Konferenz der EU über die Mittelmeer-Region, die im Dezember 2008 auf der jordanischen Seite des Toten Meeres stattfindet, widersetzen sich israelische Aktivisten vehement dem Kanal-Projekt, ganz im Gegensatz zu den offiziellen Teilnehmern aus Jordanien. Bei Umsetzung des Projekts würden täglich 1,9 Mrd. m3 Wasser aus dem Roten Meer zum Toten Meer fließen. Was für die eine Seite eine Chance darstellt, wird von der anderen als gewaqltige Gefährdung betrachtet.
Im Mai 2009 gibt die jordanische Regierung auf dem Weltwirtschaftsforum für den Nahen Osten in Jordanien offiziell bekannt, daß man das Kanalprojekt auf jeden Fall umsetzen wird. Als Kosten werden Zahlen zwischen 5 Mrd. $ und 10 Mrd. $ genannt, die Bauzeit wird auf 20 Jahren geschätzt.
Ende Juni 2009 zieht Israel nach, indem der stellvertretende Ministerpräsident Silvan Shalom ankündigt, daß die Weltbank zugestimmt habe, eine (weitere!) Machbarkeitsstudie für den Kanal-Plan zu finanzieren, die 1,25 Mio. $ kosten soll. Einen Monat später wird bekannt, daß sich nun auch der Milliardär und Geschäftsmann Yitzhak Tshuva an dem Bau des geplanten Kanals beteiligen will, da er es als lukrative Geschäftsinvestition betrachtet.
Ende Juli 2009 treffen sich Vertreter aus Jordanien, Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde um unter der Leitung von Vertretern der Weltbank das weitere Vorgehen bei dem (gemeinsamen?) Projekt zu besprechen. Ziel ist die Bildung eines Ausschusses (Technical Steering Committee) zur Untersuchung der Umsetzungsmöglichkeiten.
Doch werfen wir nun einen Blick auf das zweite Projekt, den in Nordägypten geplanten Qattara-Kanal (o. Kattara). Das Projekt war bereits 1916 von einem Berliner Professor vorgeschlagen worden und beinhaltet die Ausnutzung der Qattara-Senke mit ihrer Tiefe von bis zu 137 m unter dem Meeresspiegel, was sie zum tiefsten Punkt Afrikas macht.
Es ist vorgesehen, die Senke durch einen etwa 76 km langen Kanal mit dem Mittelmeer zu verbinden und dann mit zufließendem Meerwasser zu füllen. Das im Durchschnitt 60 m betragende Gefälle soll dabei der Stromproduktion dienen – während der Füllphase mit 670 MW und danach, d.h. während der anschließenden Verdunstungsphase, mit 352 MW. Diese zweite Phase setzt ein, wenn sich der Wasserspiegel des neu entstandenen Salzsees auf 60 m unterhalb des Meeresspiegels einpendelt und durch die ständige Verdunstungsrate stabilisiert.
Nach etwa 60 Betriebsjahren würde die Anlage dann allerdings zum Stillstand kommen, da sich der Salzgehalt des ‚Sees’ der kritischen 27%-Grenze nähert, worauf die resultierende Krustenbildung eine weitere Verdunstung verhindert und die Senke ein für alle mal voll läuft (andere Quellen sprechen von einem kritischen Salinitätsgrad von 33 %, dieser wären erst nach 78 Betriebsjahren erreicht). Einige technische Daten können den Umfang des geplanten Projekts vielleicht verdeutlichen:
Projektkosten | bis zu 7,82 Mrd. DM |
Realisation | durch die Zündung von 213 ‚sauberen’ Atomsprengsätzen aus US-Beständen wird ein Kanal durch das 50 – 200 m hohe ‚Libysche Plateau’ gezogen. |
Vorarbeiten | 1960 erste Vorstudie, 1975 Durchführbarkeitsstudie, Konsortium unter der Federführung von ‚Lohmeyer Int. GmbH’ in Frankfurt, Kostenträger ist die Bundesrepublik Deutschland: bisher 11,5 Mio. DM (Stand 1976). |
Bauzeit | 10 Jahre, in drei Phasen. |
Betriebsdauer | 60 – 70 Jahre, Amortisation nach etwa 50 Jahren. |
Mitte 1978 meldete die Kairoer Presse, daß die Bundesrepublik vorgeschlagen hätte, die Kredite für weitere Vorstudien auf ca. 19 Mio. DM aufzustocken, obwohl die Arbeit des genannten Konsortiums schon ergeben hat, daß das Projekt ‚technisch durchführbar’ sei. Ägypten will das Projekt auch deshalb vorantreiben, um die stark wachsende Bevölkerung aus dem Nilgebiet wegzusiedeln. Auch soll in dem überfluteten Gebiet der Qattara-Senke die Ölexploration vorangetrieben werden, erleichtert durch eben diese Überflutung des jetzt aus Salzsümpfen und Wanderdünen bestehenden Gebietes.
Evakuierungspläne (während der Sprengungen) sprechen von 25.000 Menschen und einem Entschädigungsbetrag von rund 3 Mrd. DM – anderen Schätzungen zufolge müßten etwa 28 Mio. Menschen evakuiert werden! Nur 450 km von dem Sprenggebiet entfernt befindet sich der tektonisch instabile Rote-Meer-Grabenbruch, auf den die Druckwellen der Sprengungen nicht ohne Auswirkungen bleiben dürften. Es wird bei der Projektrealisation auch eine Versalzung und ggf. sogar eine Verseuchung des (süßen) Grundwassers befürchtet, welches sich genau unterhalb der Qattara-Senke in verschiedenen Strömungsrichtungen bewegt und die Lebensader der verschiedenen Oasen im gesamten Raum bildet. Auch besteht die Gefahr neu auftretender Strömungen im Mittelmeer, mit Erosionswirkungen selbst an entfernten Küsten – zu alledem müßten vor Baubeginn auch noch die alten Bomben und Minen des 2. Weltkrieges (z.B. in El-Alamein) beseitigt werden.
Doch das Projekt scheint inzwischen erst einmal eingefroren worden zu sein, denn schon Anfang 1980 waren die Kosten für weitere erforderliche Vorstudien auf fast 13 Mio. $ angewachsen – und die Atombomben-Idee wurde aus ökologischen Erwägungen fallen gelassen. Nachdem Bonn das Projekt mit inzwischen 18,3 Mio. DM genügend untersucht hatte, beschloß man von weiteren Zahlungen abzusehen. Im Februar 1981 mußte sich der damalige Außenminister Genscher daher bei einem Besuch in Ägypten die Frage gefallen lassen, ob der Rückzug von diesem Projekt eine ‚Herabstufung Ägyptens in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht’ bedeuten würde. Nichts desto weniger schien das Projekt damit bis auf weiteres gestorben zu sein – was bei Einwohnern Ägyptens und Umweltschützern in der ganzen Welt große Erleichterung hervorgerufen hat.
Aber solche Ideen sind langlebig – immerhin waren bis dahin schon 12 unterschiedliche Konzepte und 8 verschiedene Kanalrouten ausgiebig studiert worden. 1983 stellten die schwedischen Consultant-Firmen SWECO und Nitro Nobel die Praktibilität des Projektes fest – zu einem Preis von 5 Mrd. $. Die ‚Schwedische Kommission für Technische Zusammenarbeit’ war zwei Jahre zuvor für die Deutschen eingesprungen und hatte die weitere Studie finanziert. Nun wurden auch neue Daten vorgelegt:
Start des Zuflußkanals bei El-Alamein – Kanalbreite bis zu 350 m, Kanaltiefe bis zu 120 m – teilweise Auslegung als Tunnel – Termin der Inbetriebnahme 2001 – erzielbare Energie 1.800 MW.
Doch gleichzeitig wurde auch ein neues Problem benannt, nämlich die Stabilität der Erdkruste gegenüber dem Gewicht des neuen Sees. Außerdem gibt es Projekte, das unterirdische Süßwasser der Sahara in die durstigen Küstenstädte des Nordens zu pumpen – was durch den Qattara-Kanal möglicherweise verhindert werden kann. 1984 informierte der ‚New Scientist’ seine Leser jedenfalls darüber, daß das Projekt nun doch zurückgestellt worden sei – während im Sommer 1988 bekannt wurde, daß schwedische Experten an einer neuen Studie arbeiten... ein weiterer Pendelschlag.
Nicht zuletzt soll erwähnt werden, daß es auch weitere geeignete Stellen gibt, an denen Meerwasser-Stauwerke errichtet werden könnten, dazu gehören das kaspische Meer (- 26 m), der See von Assal in Somalia (- 174 m) sowie das Todestal (- 84 m) und das Tal Coahulla mit dem 'trockenen' See (- 90 m) in den USA.
Das Kattara-Projekt taucht auch in dem 2008 veröffentlichten Science-Fiction Roman Das letzte Theorem von Arthur C. Clarke und Frederik Pohl auf: Aliens wollen sich in der Region ansiedeln und bieten im Gegenzug die Umsetzung des gewaltigen Projekts zur Stromerzeugung an.
Ein weit gigantischeres Projekt stammt von dem deutschen Architekten Hermann Sörgel, der das Mittelmeer absenken, die Sahara bewässern und Europa für immer mit sauberem Strom versorgen wollte. Entstehen sollte dabei der neue Kontinent Atlantropa.
Daß die Zeit reif dafür war, als Sörgel mit seiner Idee im März 1928 erstmals an die Öffentlichkeit geht, beweist die technische Entwicklung: Etwa zeitgleich mit der Erfindung von Stromgeneratoren waren im 19. Jahrhundert auch moderne Wasserkraft-Turbinen entwickelt worden, und Anfang des 20. Jahrhunderts ist die Technik für die Stromerzeugung marktreif. Sofern die Fallhöhe des Wassers mindestens 50 m beträgt, lassen sich mit den modernen ‚Francis-Turbinen’ bereits Wirkungsgrade von bis zu 90 % erreichen.
Die zuvor auch Panropa-Projekt genannte Vision ist überwältigend: Das größte Kraftwerk Europas verschließt die Meerenge von Gibraltar, und bis zu 88.000 m3 Wasser schießen hier pro Sekunde durch die gewaltigen Turbinen und erzeugen 50.000 MW Strom. Für die Straße von Gibraltar, die an ihrer engsten Stelle nur 12 km breit, dafür aber bis zu 300 m tief ist, plant Soergel einen gigantischen, bogenförmigen Damm, der über weite Strecken im seichten Wasser steht, so daß nur ein Teilstück von 5 km im tiefen Wasser erbaut werden muß. Die Dardanellen werden ebenfalls durch einen Staudamm verschlossen, und auch hier erzeugen die Generatoren Strom. Durch ein gigantisches Verbundnetz, das natürlich die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Staaten erfordert, läßt sich so ganz Europa mit Strom versorgen – und wächst zu einem einheitlichen und friedlichen Wirtschaftsraum zusammen. Außerdem vereint der Gibraltardamm Europa mit dem prosperierenden afrikanischen Kontinent.
Hanns Günther beschreibt die Fernziele des Projektes in seinem 1931 erschienenen Kosmos-Büchlein In hundert Jahren: „Das Panropa-Projekt soll in einer großen und gemeinsamen Aufbau- und Friedensarbeit, an der alle Völker Europas teilnehmen müßten, das sich zersetzende Abendland wirtschaftlich heben und einigen.“ Die politischen Gegebenheiten widersprechen zu jener Zeit einer Verwirklichung des Planes, „aber in hundert Jahren wird er vielleicht längst verwirklicht sein, als erste große Gemeinschaftstat der Vereinigten Staaten von Europa.“
Sörgel beschäftigt sich jedenfalls ausführlich mit dem lokalen Klima und stellt fest, daß die warmen Sommer und die trockenen Westwinde am Mittelmeer dafür sorgen, daß ständig große Mengen an Wasser verdunsten, während die wenige Flüsse, die ins Mittelmeer münden, diese Verluste nicht ausgleichen können. Das Mittelmeer kann seinen Wasserspiegel also nur durch den ständigen Nachschub von Atlantikwasser halten. Würde man die Straße von Gibraltar schließen, dann würde der Meeresspiegel um über 1,65 m pro Jahr sinken.
Jahre später ist das Mittelmeer deutlich kleiner geworden, doch dafür hat Europa 233.000 km2 Neuland als Siedlungsfläche dazu gewonnen, etwa die Größe Frankreichs. Im Westen liegt der Wasserspiegel des Mittelmeers nun um 100 m tiefer, nach einer weiteren Staustufe bei Sizilien fällt er sogar auf 200 m ab. Und im Norden Afrikas erstrecken sich in der einst ausgedörrten Sahara nun ausgedehnte Plantagen. Inzwischen sind neue Häfen gebaut, und ganze Städte verlegt worden.
Sörgel gelingt es seine Popularität zu nutzen, um Mitstreiter für seine Idee zu finden. Einer von diesen ist der jüdische Architekt Erich Mendelsohn. Er ist er in der zionistischen Bewegung aktiv, die einen eigenen Staat Israel anstrebt, und durch das neue Küstenland, so glaubte er, würde auch genug Lebensraum entstehen, um Palästinensern und Juden ein friedliches Nebeneinander zu garantieren. Mendelsohn bietet Sörgel an, die Planung für dieses neue Palästina zu übernehmen.
Während der Weltwirtschaftskrise von 1929 bietet sich die Idee von Atlantropa für viele Menschen als realisierbares Utopia an, doch nachdem die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kommen, gerät die Idee in ihre schwerste Krise, denn die neue Regierung in Berlin mißtraut der pazifistischen Ausrichtung des Projektes. Erst nach dem Krieg blüht die Idee von Atlantropa noch einmal auf. Am Deutschen Museum in München wird ein ‚Atlantropa-Institut’ gegründet, von dem aus Sörgel um Mitstreiter für sein Projekt wirbt.
Der Atlantropa-Traum stirbt fast am selben Tag wie sein Schöpfer: Am Abend des 4. Dezember 1952 radelt Sörgel auf dem Weg zu einem Vortrag die Münchner Prinzregentenstraße entlang, als ihn auf der völlig geraden Straße ein Auto erfaßt. Wenige Wochen später erliegt er seinen Verletzungen, während der Fahrer nie ermittelt wird.
Heute geht man davon aus, daß Atlantropa in der Mittelmeerregion zu einem ökologischen Desaster geführt hätte. Computersimulationen lassen vermuten, daß eine Absenkung des Mittelmeers um 100 bis 200 m die Verdunstung und damit auch die Niederschläge stark verringen würde. Auch der Grundwasserspiegel in den Mittelmeerländern würde sich vermutlich senken, und eine ausgedehnte Dürre in der Region wäre die Folge – ein Resultat, das durch den inzwischen stattgefundenen Klimawandel anscheinend auch ohne Sörgel erreicht wird.
Möglicherweise wäre Atlantropa aber auch weltweit auf erbitterten Wiederstand gestoßen, denn das Mittelmeerwasser wäre ja nicht verschwunden, sondern in die anderen Meere geflossen. Damit würde der Meeresspiegel weltweit um einen Meter ansteigen und ganze Küstenregionen überfluten. Auch dies scheinen wir gerade ohne die Idee Sörgels zu schaffen...!
Trotzdem erfreut sich Herman Sörgels Atlantropa inzwischen neuen Interesses – aus historischen Gründen. So wird im Rahmen eines studentischen Seminars im Wintersemester 2003/2004 an der TU Darmstadt am Fachgebiet Architektur (IKA, Informations- und Kommunikationstechnologie in der Architektur) das Makroprojekt ‚Atlantropa’ mit CAD-Technik visualisiert.
Und am 13. Februar 2006 erfolgte die Erstausstrahlung der 45-minütigen Dokumentation des WDR von Michel Morales und Harald Rauser ‚Der Traum vom neuen Kontinent – Atlantropa’.
Denn Visionen sind nicht klein zu kriegen, und das ist gut so. Man muß sie ja nicht immer realisieren – aber darüber nachdenken, träumen und phantasieren sollte man schon dürfen!
Und so erscheint Ende 2007 im ‚International Journal of Global Environmental Issues’ der Aufsatz einer mehrköpfigen Autorengruppe um den Geologen Roelof Dirk Schuiling von der Universiteit Utrecht mit dem Titel: ‚Power from closing the Red Sea: economic and ecological costs and benefits following the isolation of the Red Sea’. Diesmal geht es nicht um das Mittelmeer, sondern um das Rote Meer, und die Wissenschaftler untersuchen die Kosten und den Nutzen eines Dammes, welcher an der zwischen Eritrea, Dschibuti und dem Jemen gelegenen Meerenge Bab-el-Mandab das Rote Meer sperren und damit 50 GW Strom produzieren könnte. Ein dort errichteter Staudamm würde nämlich das Einfließen von Meerwasser aus dem Indischen Ozean in das Rote Meer unterbinden, dessen Wasserspiegel aufgrund der Verdunstung sinken würde – allerdings mit katastrophalen ökologischen Folgen.
Schuiling und seine Kollegen hatten bereits vor zwei Jahren ein ähnliches Projekt für die Straße von Hormus, die den Iran vom nordöstlichen Zipfel der arabischen Halbinsel trennt, vorgeschlagen...
Diese Kraftwerke sind eine relativ neue Technik zugunsten des Netzausgleichs, und in Deutschland wurden die meisten großen Pumpspeicher Ende der 1930er Jahre gebaut. Allerdings hatte schon Gottfried Wilhelm Leibniz dieses System im Jahre 1685 als Energiespeicher für die wechselhafte Windnutzung im Oberharzer Bergbau postuliert. Fest steht, daß sich Energie über Pumpspeicherwerke problemlos und mit hohem Wirkungsgrad speichern läßt.
Die Funktion der Pumpspeicherwerke ist, daß in Zeiten geringen Strombedarfs die überschüssige (aus anderen Primärenergiequellen produzierte) elektrische Energie dazu verwendet wird, Wasser in ein hochgelegenes Speicherbecken zu pumpen. Zu Zeiten der Spitzenbelastung des Öffentlichen Netzes wird dann mit dem wieder hinabstürzenden Wasser auf konventionelle Weise Strom erzeugt. Das System ist damit kein eigentliches Energie-Separationssystem; aber sein Nutzen ist wirtschaftlicher Natur und dient dazu, große Reserven in Minutenschnelle einsetzen zu können.
Ein bestimmter Typ von Pumpspeicherwerken mit zusätzlichem natürlichen Wasserzufluß wird als Hybridspeicher bezeichnet.
Das bislang größte Pumpspeicherwerk Europas wurde in den 1980ern in Wales/Großbritannien gebaut. Es ist besonders für eine extrem schnelle Verfügbarkeit des Wassers konzipiert und kann innerhalb von 10 Sekunden dem Netz eine Leistung von 1.320 MW zur Verfügung stellen. Bei einer Höhendifferenz zwischen Unter- und Oberwasserspeicher von 500 m hat das ‚Dinorwic-Projekt’ einen Durchlauf von 400 t/s. Bei dem oben abgebildeten Kraftwerk handelt es sich um das Pumpspeicherkraftwerk Herdecke, das 1983 von Lahmeyer International errichtet worden ist.
Mit dem Bau des größten und modernsten Pumpspeicherwerk in den neuen Bundesländern wurde Ende 1997 begonnen, 2003 sollte es fertiggestellt sein. Für Baukosten in Höhe einer Milliarde DM wird die Anlage mit vier 265 MW Pumpturbinen ausgestattet, die das um 300 m höhergelegene Speicherbecken mit einem Nutzvolumen von 12 Mio. m3 mit Wasser befüllen – und bei Bedarf acht Stunden lang 1.060 MW Leistung zur Verfügung stellen können. Die ersten Arbeiten an diesem Projekt wurden bereits 1974/75 getätigt, doch 1981 wurde es von der damaligen DDR-Regierung aus wirtschaftlichen Gründen gestoppt.
Umweltspezifisch wirken sich Pumpspeicherkraftwerke durch die sehr großen erforderlichen Baumaßnahmen negativ aus, daneben treten auch nicht unbedeutende Arbeitsverluste auf. Der Wirkungsgrad (von aufgenommenen bis wieder abgegebenen Kilowattstunden gerechnet) liegt bei etwa 75 %.
Das Konzept einer inversen Form von Pumpspeicherkraftwerken veröffentlicht die bereits 1927 gegründete niederländische Firma KEMA aus Arnhem Anfang 2007. Ihr gemeinsam mit dem Bauingenieurbüro Lievense entwickeltes unterseeisches Kraftwerk ist technisch möglich, weil unter dem Boden der Nordsee eine mehrere Dutzend Meter dicke Tonschicht existiert. Auf dieser soll ein Art künstliches Riff aufgebaut werden, um ein von der umgebenden See abgetrenntes Areal zu schaffen. Sobald es einen Überschuß an Elektrizität gibt, wird Meerwasser aus dem künstlichen See in das umgebende Meer gepumpt. Bei Spitzenbedarfszeiten strömt das Meerwasser in den See zurück und betreibt dabei die Generatoren.
Die Speicherkapazität des ersten Entwurfs der Energie-Insel, die neben ihrem 50 m tiefen Speicher außerdem mit Windkraftwerken, künstlichen Stränden, Aquakulturen und vielem mehr ausgestattet werden soll, könnte mehr als 12 Stunden lang Strom mit einer Kapazität von 1.500 MW bereitstellen. Die Studie für dieses innovative Konzept wird mit finanzieller Unterstützung der Energie-Unternehmen Delta, Eneco, Nuon, E.ON Benelux, EPZ, Essent und TenneT sowie einem Zuschuß der We@Sea Foundation durchgeführt.
Die Architekturfirma Gottlieb Paludan aus Frederiksberg schlägt 2009 ein fast identisches Konzept vor, das insbesondere zur Speicherung der Windenergie in Dänmark eingesetzt werden soll. Dabei handelt es sich um eine künstliche Insel mit hohen ‚Spundwänden’ und tiefer Sohle, die als Wasserreservoir dienen soll und dementsprechend Green Power Island genannt wird. Das Speichervolumen beträgt über 30 Mio. m3 und kann mit seinen 2,75 GWh Stromabgabe den gesamten Verbrauch aller Haushalte in Kopenhagen decken.
Auch auf dieser Insel sollen 25 Windturbinen im 5 MW Format errichtet werden, außerdem kann das Meerwasser im Reservoir für den Anbau von Biomasse in Form von Makroalgen verwendet werden. Auf der Wasserfläche sollen ferner PV- oder andere Solaranlagen schwimmen.
Auf der Homepage des Unternehmens werden weitere Entwürfe für Florida, Manama, Tamil Nadu und Jiangsu vorgestellt – die zeigen, daß Gottlieb Paludan zumindest sehr gute Grafiker hat.
Vom Januar 2009 stammt das interessante Konzept eines Forumsteilnehmers namens Chris aus dem kanadischen Alberta, der auf cr4.globalspec.com diverse entsprechende Grafiken postet. Dabei geht es um gewaltige, ringförmige Pumpspeicherwerke im Meer, auf deren Kranz eine Vielzahl von Windkraftanlagen stehen. Diese haben die Aufgabe, den unten abgeschlossenen Großspeicher leerzupumpen, sodaß dieser bei erhöhtem Strombedarf wieder befüllt werden kann – wobei der quasi ‚negativ’ gespeicherte Strom erneut erzeugt und bereitgestellt werden kann. In seinen fortgeschrittenen Plänen entwirft Chris sogar Bebauungskonzepte für den künstlichen Ringwall, man findet sie unter dem Thread Alternative-Offshore-Hydroelectric-Plant.
Ein weiteres innovatives Konzept, von dem ich erstmals im September 2009 erfahre, stammt von der Start-up Firma Riverbank Power Corp aus Toronto, Ontario. Firmengründer John Douglas war im Jahr 2004 Mitbegründer der Ventus Energy Inc., die 2007 für rund 200 Mio. $ von der GDF Suez erworben wurde.
Das Aquabank genannte Speichersystem nutzt tiefgelegene Stollen und Kavernen, die mit Wasser befüllt werden. Mit Überschußstrom wird dieses in Speicherbecken an der Oberfläche gepumpt, während es in Zeiten erhöhten Strombedarfs über Turbinen wieder in die Tiefe stürzt. Jede Anlage würde eine Wasserquelle auf Bodenhöhe, eine Kaverne in rund 600 m Tiefe unter der Erde sowie vier 250 MW Generatoren benötigen. Die 1 Mrd. Gallonen Wasser eines derartigen Systems würden den Strom 6 Stunden lang produzieren können, für das anschließende Hochpumpen würden 8 Stunden benötigt.
Die Federal Energy Regulatory Commission der USA hat dem Unternehmen bereits drei Standorte genehmigt, weitere 15 im Nordosten der Staaten und in Kana sind ins Auge gefaßt. Während der erste Standort aufgrund unlösbarer Landfragen annuliert wurde, sollte am zweiten Standort in Sparta, New Jersey, ein 1.000 MW System für 2 Mrd. $ gebaut werden. Nach zwei Wochen Bohrzeit zeigte sich jedoch, daß die unterirdischen Felsformationen der Limecrest Quarry Gegend ungeeignet sind. Besser sieht es am dritten genehmigten Standort in der Back River Region in Wiscasset, Maine, aus. Dort sollen die vorbereitenden Untersuchungen bis 2011 abgeschlossen werden. Bei positiven Ergebnissen könnte das Projekt innerhalb von fünf Jahren verwirklicht werden.
Das Unternehmen hat inzwischen eine Absichtserklärung unterzeichnet, um mit der Firma Symbiotics Energy Corp. zu verschmelzen, einem US-Wasserkraft-Entwickler mit mehr als dreißig Jahren Erfahrung. Im Mai 2010 will es außerdem an die Börse gehen.
Im März 2010 meldet die Presse, daß die Schluchseewerk AG im Südschwarzwald bis 2018 das größte Pumpspeicherkraftwerk Deutschlands errichten will. Das Unternehmen, das zu 50 % RWE und zu 37,5 % EnBW gehört, betreibt zwischen Schluchsee und Hochrhein bereits mehrere Pumpspeicherkraftwerke. Nördlich von Bad Säckingen sollen nun für 1 Mrd. € zwei weitere Staubecken sowie ein Kavernenkraftwerk gebaut werden. In Zeiten von Stromüberschuß kann das neue Werk bis zu 13 Stunden lang Strom aus dem Netz ziehen, und dabei bis zu 10 Mio. m3 Wasser vom Unterbecken 600 m hoch ins 40 Hektar große Oberbecken pumpen.
Soll das auf 100 Jahre Lebensdauer angelegte Pumpspeicherkraftwerk wieder Strom ins Netz liefern, läuft das Wasser durch einen 8 km langen Stollen (und über die Turbinen) in den unteren, 60 Hektar großen See. Bei gefülltem Wasserspeicher reicht die erzeugbare Leistung aus, um 1,5 Millionen Haushalte 13 Stunden lang mit Strom zu versorgen.
Zur Eile motiviert ist die Schluchseewerk AG, da die Bundesregierung im Sommer 2009 als Anreiz beschlossen hat, daß Pumpspeicherkraftwerke die vor 2019 in Betrieb gehen für zehn Jahre vom Netznutzungsentgeld befreit sind. Für das neue 1.400 MW Projekt sind das 20 Mio. € für jedes dieser zehn Jahre und damit fast ein Drittel der geplanten Kraftwerksbaukosten von 700 Mio. €.
Zwischen Basel und Waldshut regt sich jedoch Protest gegen das Großprojekt. Die Gegner, darunter der Schwarzwaldverein, fürchten um das Landschaftsbild und die Trinkwasserqualität und sehen die Heilquellen im nahen Bad Säckingen bedroht.
Das Ingenieurbüro Matthias Popp in Wunsiedel entwickelt zur Speicherung von Windstrom den Ringwallspeicher, der speziell für Winderntegebiete auf dem flachen Land und in Offshore-Bereichen gedacht ist. Das Konzept sieht dabei Durchmesser von 20 km und Wallhöhen von 400 m vor – womit eine Kapazität von mehreren Terawattstunden erreicht wird. In Popp Dissertation an der TU Braunschweig vom April 2010 belegt er, daß sie Stromversorgung Europas allein mit Sonnen- und Windenergie gewährleistet werden kann, sofern entsprechend weiterentwickelte Speichertechniken zur Verfügung stehen. Diese Rolle sollen seine Ringwallspeicher übernehmen.
Die sehr interessante Version eines tatsächlich schon bestehenden Pumpspeicherkraftwerks, das auch eine passende Überleitung zu den Meereskraftwerken im nächsten Kapitel bildet, ist die Yanbaru Seawater Pumped Storage Power Plant - das weltweit erste Speicherwerk, das mit Meerwasser arbeitet.
Die Anlage im Norden der japanischen Insel Okinawa geht im März 1999 in Betrieb. Auftraggeber ist die Agency of Natural Resources and Energy des Handels- und Industrieministeriums MITI, das seit 1981 an dieser Technologie arbeitet. Errichtet wird die Anlage ab 1991 von der Electric Power Development Co. Ltd., die technische Ausstattung kommt von Toshiba. Für den Betrieb verantwortlich ist die Japan Commission on Large Dams (JCOLD).
Die Anlage nutzt einen effektiven Höhenunterschied von 136 m zwischen der Meeresobefläche und dem Speichersee, der etwa 600 m von der Küste entfernt auf der Hochebene liegt. Der künstliche See ist achteckig, 25 m tief und 252 m breit. Es hat eine effektive Speicherkapazität von 564.000 m3.
Zur Erhaltung der Umwelt und Landschaft sind die Druckleitung und das Maschinenhaus unter der Erde verlegt. Letzteres befindet sich etwa 150 m unter der Erde liegt und ist in einer 17 m breiten, 32 m hohen und 41 m langen Kaverne installiert. Die Maximalleistung von 30 MW kann mit einem Durchsatz von 26 m3/s erreicht werden. Bei dem Projekt werden verschiedene neue Technologien umgesetzt, wie z.B. die Auskleidung des Speichersees mit Ethylen-Propylen-Diene-Monomer (EPDM) Matten oder der Einsatz von mit Schutzschichten versehenen GFK-Rohren.
Um genügend Süßwasser für Sydney bereitzustellen, schlägt 2003 die Firma ShepHydro ein Seewasser-Pumpspeichersystem vor, das mit einer Entsalzungsanlage gekoppelt ist. Zwei Jahre später scheint man von dem Projekt wieder abgerückt zu sein. Statt dessen wird ab 2005 unter dem Namen HidroLinear Power Plant das Patent von James Kwok angepriesen, das bis 2010/2011 in Form einer kommerziellen Anlage umgesetzt werden soll. Zuständig für das von der Hidro+ Group weiterentwickelte System ist Kwoks Firma Etergen Limited in Chatswood, die Kosten pro installiertem MW werden mit rund 2,5 Mio. $ angegeben.
Bei der mir nicht ganz nachvollziehbaren Technologie handelt es sich um einen hydrodynamischen Kreislauf, bei dem der (simulierte) Druck in tiefen Gewässern zur Energieumwandlung dienen soll. Ob und wie das Ganze tatsächlich funktioniert, konnte ich bislang nicht herausfinden. Möglicherweise gibt es eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Hydrosphärengenerator am Ende dieses Kapitels. Die Technologie soll jedenfalls auf der UN-Klimakonferenz im Dezember 2009 in Kopenhagen präsentiert worden sein, eine Bestätigung steht allerdings noch aus.
Das System wird durch verschiedene Patente geschützt, ebenso die Kerntechnik namens Reverse Thruster Pressure Equalizer Chamber (RETPEC). Eine Anlage aus 13 Reaktortürmen von jeweils 12,5 m Höhe und 2,75 m Durchmesser soll 2 Mio. $ kosten. Auf Peswiki gibt es einen sehr langen Bericht über diese Technologie, die augenscheinlich primär mittels Auftrieb funktionieren soll.
2010 kann eine weltweite zunehmende Beschäftigung mit Pumpspeicherkraftwerken festgestellt werden. Einer Statistik von 2009 zufolge ist in allen Ländern gemeinsam bereits eine Kapazität von mehr als 127. 000 MW installiert. Im Laufe des Jahres 2010 kommen drei Anlagen hinzu:
Im Bau befinden sich derzeit 7 Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 4.100 MW:
Sehr viel Energie wird 2010 auch in die Sanierung und Modernisierung schon bestehender Anlagen investiert, um ihre Effizienz und Kapazität zu erhöhen. Als Beispiele nenne ich das Blenheim-Gilboa Projekt der New York Power Authority (NYPA), das für 135 Mio. $ doe bisherige Leistung von 1.040 MW auf 1.160 MW steigert, das 420 MW Capljina Projekt in Bosnien, die 800 MW Revin-Anlage der Electricite de France, sowie das österreichische Rodund II Speicherkraftwerk, das von 276 MW auf 295 MW erweitert wird.
Besonders interessant finde ich die 440 MW Taum Sauk Anlage in Missouri, die nach 5 Jahren Stillstand im Juni 2010 wieder in Betrieb geht (2005 war das Reservoir teilweise gebrochen und 5,3 Mio. m3 Wasser ergossen sich in den Black River). Das neue Reservoir hat 30,5 m hohe Wände aus verdichteten Beton und ein fassungsvermögen von 5,7 Mio. m3. Kosten tut das ganze 490 Mio. $.
In Portugal wird bis 2014 der Venda Nova Damm am Fluß Rabagao für 179 Mio. $ von 90 MW auf 435 MW erweitert, in Luxembourg wird die Vianden Anlage am Grenzfluß Our um 200 MW auf insgesamt 1.296 MW ausgebaut, was 150 Mio. € kostet, und das deutsche Pumpspeicherkraftwerk Waldeck 1 bekommt eine zusätzliche 74 MW Einheit für 52 Mio. €.
Konkrete Planungen gibt es bereits für ein 400 MW Iowa Hill Projekt in Kalifornien, dessen Bau 2011 begonnen und 5 Jahre später beendet sein soll, für eine 1.500 MW Anlage in Vietnam, Provinz Son La, die zwischen 2013 und 2018 errichtet werden soll, sowie für die Erweitung von drei bestehenden Anlagen in Spanien: zusätzliche 852 MW bei der 635 MW La Muela Anlage, 177 MW für die 263 MW San Esteban Anlage, sowie 25 MW für das 33 MW San Pedro Pumpspeicherkraftwerk.
Derartige Projektierungen betreffen in der Hauptsache Grönland und ähnliche Polargebiete. Als SchmelzwasserKraftwerke hätten die Anlagen sehr große Wassermengen bei Nutzfallhöhen zwischen 1.000 und 3.000 m zu ihrer Verfügung. Allein in Grönland sollen etwa 20 derartiger Anlagen technisch realisierbar sein, bei Dimensionierungen zwischen 90 und 120 · 109 kWh/j.
Der Schweizer Geologe und Grünlandexperte Hans J. Stauber hat bereits in den 1960ern die Idee der Gletscherkraftwerke formuliert. Damals rechnete er damit, daß sich mit diesen bis zu 2.000 TWh Elektrizität erzeugen lassen. Später meldete er sogar ein Patent an, das den Einbau von Großkraftwerken in die Steilwände des südgrönländischen Gebirges zum Inhalt hat. Das Sammel- und Speichersystem auf dem Inlandeis ließe sich mit relativ geringem Aufwand realisieren, wobei sich die Sonnenstrahlung mit Kunststoffbelägen absorbieren läßt, während Schneefräsen Kanalsysteme und Stauräume für das Schmelzwasser schaffen und instandhalten würden.
Anfang 1990 berichtete die Presse von ersten Planungen einer Arbeitsgruppe des Geologischen Dienstes von Grönland für ein derartiges Kraftwerk, das 50 bis 100 GW produzieren soll. Der Leiter dieser Arbeitsgruppe, Anker Weidick, rechnet im Gegensatz zu Stauber damit, daß sich in Grönland nur etwa 10 TW erzeugen lassen. Beginnen wollte die Projektgruppe in der Stadt Jakobshavn an der Diskobucht. Zwei Seen sollten mit Inlandeis befüllt werden, dann leicht gestaut und mit unterirdischen Stollen von der Sohle her angezapft werden (eine Methode, die in Norwegen bereits umweltschonend und erfolgreich erprobt wurde). Norwegen wiederum präsentiert im Jahr 2000 sein erstes Gletscherkraftwerk, über das mir allerdings noch keine weiteren Informationen vorliegen.
Ein großer Nachteil bei Wasserkraftwerken, die mit Gletscherwasser gespeist werden ist der im Schmelzwasser mitgeführte Sand. Ein Beispiel ist die hoch in den Alpen gelegene Talsperre Grande Dixence, die mit über 280 m eine der höchsten Staumauern der Welt ist und 20 % der Schweizer Stromreserven speichert. Das Gletscherwasser wirkt wie Schmirgelpapier, wenn es unter hohem Druck auf die Schaufelräder der Turbinen trifft. Der extrem harte Edelstahl wird dabei pro Jahr um 2 cm abgeschliffen – und die Wartung ist sehr aufwendig, denn auf jedes einzelne Schaufelblatt muß Schicht für Schicht neuer Stahl geschweißt werden.
Die wichtigsten Probleme bei einer Verwirklichung derartiger Bauwerke bilden daher die klimatischen Extremanforderungen gegenüber Bauwerk, Material und Besatzung. Außerdem ist noch nicht bekannt, wie die Schmelzwasserbewegung im Gletscher erfolgt. Hinzu kommen Schwierigkeiten bei der Energieübertragung über die jeweils mindestens 2.500 km betragende Entfernung bis nach Europa oder Nordamerika, wo der Strom gebraucht wird. Letztlich sei die verkehrstechnisch äußerst schlechte Lage dieser Kraftwerke erwähnt, was sowohl den Bau, als auch Betrieb und Wartung sehr erschwert.
Als nächstes kommen wir zu den Meereskraftwerken welche die Gezeiten, die ozeanischen Strömungen, die Wellenenergie oder verschiedene Gradientenunterschiede nutzen.