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Die Wasserhyazinthen, die im Stausee des Assuan-Dammes ein großes Problem bilden (s.u. Wasserenergie/Staudämme), können auch zur Biogas-Herstellung genutzt werden. Ein Kilogramm getrocknete Wasserhyazinthen soll rund 400 l Biogas ergeben. Doch landesweit soll es 2006 schon viele kleine Anlagen geben, jedenfalls wird das Land hinter China und Indien bereits an dritter Stelle genannt.
1996 arbeitet das führende australische Industrieunternehmen BHP daran, das als ‚Abfallprodukt’ aus dem Bergbau anfallende Methan als billigen Treibstoff einzusetzen. Ein Test-LKW legt selbst unter schwierigsten Bedingungen insgesamt 600.000 km zurück, Schwierigkeiten bereitet nur die Flüssighaltung des Methan bei minus 130°C.
Im Jahr 1999 läuft an der Kläranlage von Werribee in Melbourne das weltweit größte Projekt zur Verwertung von Methan aus Abwässern an. Der Investitionsaufwand beträgt 100 Mio. australische $ und beginnt mit dem Bau einer 200 kW Demonstrationsanlage, die später auf 800 kW erweitert wird. Alleine die Abdeckung der jeweils 3 ha großen Becken der Anlage mit einer 2,5 mm dicken Polyäthylen-Folie kostet etwa 30 Mio. $.
Bereits im ‚Spiegel’ vom 5. März 1949 erscheint ein Artikel mit der Überschrift, ‚Erfolgreiche Methangasgewinnung aus organischen Abfällen – eine Kuh gleich drei Kubikmetern Gas’. Denn schon 1948 nahm der Bauer Berthaloth in Rohrbach im Odenwald die erste landwirtschaftliche Biogasanlage Deutschlands in Betrieb, mit dem Dung von zwei Pferden und acht Kühen. Das Biogas wurde in der Küche zum Kochen und Backen verwendet. Täglich fielen 8 – 10 m³ Biogas an.
In den 1950er Jahren gibt es in Deutschland mehr als ein Dutzend Anlagen verschiedener Größe, die älteste steht in dem bayerischen Kloster Benediktbeuren. Doch durch das konkurrenzlos billige Öl der folgenden Jahre werden die meisten Anlagen wegen Unrentabilität wieder stillgelegt.
Das deutsche know-how kommt u.a. aus der ausgereiften Großanlage in Allerhop, einer ‚Bihuanlage’ (Biologisches Humus- und Gaswerk) nach dem System Schmidt-Eggersgluess. Eine robuste und einfache Kleinanlage wird außerdem 1952 von F. Reinhold entwickelt (‚Verfahren Darmstadt’). Eine weitere Anlage im Kleinformat ist das ‚System Berlin’ von A. Gärtner und S. D. Ikonomoff, das eine integrierte Gasspeicherung ohne besondere Gasglocke beinhaltet.
Seit 1958 nutzt der Bauer Resch aus Bernloch auf der Schwäbischen Alp den Dung seiner 12 Kühe – mit dem er bis 1986 etwa 400.000 m3 Gas und daraus wiederum 500.000 kWh Strom erzeugt. Das wichtigste Merkmal für diesen Erfolg ist ein Axialmixer, der aus dem flüssigen und dem festen Mist eine Art ‚Mus’ macht. Da Herr Resch nach dem Motto ‚Ehrgeiz ist Sünde’ lebte, blieb seine vorbildliche Biogasanlage jahrzehntelang völlig unbekannt, obwohl ihm jede seiner Kühe pro Jahr 300 l Heizöl einsparte, wie er errechnet hatte.
Im Jahre 1979 existierten in Deutschland etwa 10 Pilotanlagen, die – oftmals durch öffentliche Mittel unterstützt – verläßliche Daten beschaffen sollen. So förderte das BMFT z.B. mit 2,7 Mio. DM die Kläranlage Alfeld. Dort produziert das Methan neben seiner Verbrennungswärme, die zum Betreiben des Faulturmes und der Trocknungsanlage dient, über einen Gasmotor und nachgeschalteten Generator auch noch elektrischen Strom zur Versorgung anderer Teile der Kläranlage. Weiterhin ist eine 25 Mio. DM Anlage geplant, die einen Recyclingprozeß von Haushalts- und Industrieabfällen mit der ‚langsamen Verbrennung’ verbindet. Während auf der einen Seite das Metall der Abfälle zurückgewonnen werden soll, wird andererseits die Methan-Verbrennung Strom produzieren. Die Kapazität der Anlage soll 3 t/h betragen, die Höhe der erwarteten Verbrennungstemperatur beträgt etwa 500°C.
Die größte Biogasanlage 1981 steht in Ismaning bei München auf einem Hof mit 500 GVE (Großvieh-Einheiten) und ist hoffnungslos überdimensioniert – sie hätte leicht die vierfache Substratmenge verarbeiten können. Außerdem weiß keiner, wohin mit dem Gas. In dieser Anlage wird erstmals der 2-Phasen-Trennungsreaktor von MBB eingesetzt, der die säure- und essigbildende Phase von der Methanphase trennt – womit die Verweilzeit des eingebrachten Substrats von etwa 30 auf nur 3 bis 5 Tage reduziert werden kann. Der Eigenenergieverbrauch der Anlage beträgt im Winter rund 25 % und im Sommer etwa 10 %.
1983 gibt es bundesweit rund 60 Anlagen, weitere 40 befinden sich im Bau. In diesem Jahr startet im bayerischen Ochsenfurt eine Anlage der Zuckerfabrik Franken GmbH, die aus Abfällen der Zuckerproduktion Biogas und Ethanol (s.d.) gewinnt. Diese Anlage wird von der Bundesregierung mit 2,5 Mio. DM gefördert. Bei Vollast-Betrieb werden neben den 2.500 t Ethanol pro Jahr auch noch täglich rund 15.000 m3 Biogas erzeugt (was etwa 10 t Heizöl entspricht), welche die Energie für die Ethanolproduktion liefern.
Die größte Biogasanlage 1983 steht in Sythen bei dem Bauern Ewald Döpper, der 5.000 Stück Zuchtvieh als Energiequelle für Haus, Hof und Restaurant nutzt. Das Gas betreibt drei Blockheizkraftwerke mit jeweils rund 90 kW Leistung, deren Überschuß in das Öffentliche Netz eingespeist wird. Die Anlage selbst braucht etwa 9 % ihrer selbsterzeugten Energie, sie produziert außerdem täglich 500 kg ‚Biodünger’, den Döpper erfolgreich verkauft. Das BMFT stellte damals zwei Wissenschaftler ab, um diese Anlage noch weiter zu optimieren.
Bei einer internationalen Tagung in Bremen wird 1984 bekanntgegeben, daß der Preis für eine ‚Familienanlage’ in Kürze auf unter 1.000 DM fallen wird. Inzwischen stammen etwa 0,3% des landesweiten Gasaufkommens aus den großen Faultürmen der Klärwerke, diese Menge wird jedoch fast restlos in den Klärwerken selbst auch wieder verbraucht (Stand 1985). 1986 sollen sich bundesweit schon 120 Biogas-Anlagen in Betrieb befinden.
Der Ingenieur Ulrich Loll entwickelt ein System, das die Gasausbeute um 20 % steigern kann. Dieser Zuwachs wird durch eine horizontale Schaufelwelle erreicht, die in einem liegenden Stahlzylinder rotiert und die festen Bestandteile der Gärmasse zusammenhäuft und zurückhält, wodurch die den Gärprozeß behindernde Flüssigkeit leicht abfließen kann. Der für die Bewegung der Schaufelwelle nötige Strom beträgt dabei umgerechnet etwa 8 % der zusätzlich gewonnenen Energie.
Im Rahmen des Technologie-Transfers exportiert die Deutsche Entwicklungshilfe das Biogas-Know-how in Länder wie Ägypten, Äthiopien, Elfenbeinküste, Kamerun, Kenia, Obervolta, die Philippinen, Tansania, Thailand u.a. So entsteht im Sudan neben kleinen handgemachten Modellen auch eine Pilotanlage zur Ausnutzung von Wasserhyazinthen, an der auch die (damalige) Alternativenergie-Gruppe der TU-Berlin IPAT (Interdisziplinäre Projektgruppe für Angepasste Technologie) beteiligt ist. Diese Gruppe – wie auch ihre Vorgängerin ‚PROKOL’ – führt über mehrere Jahre Versuche und Entwicklungsarbeiten im Rahmen Angepaßter Modelle für Entwicklungsländer durch. Das Projekt zur Nutzung der Wasserhyazinthen muß allerdings als misslungen betrachtet werden, da sich herausstellt, daß sich die Wasserpflanzen, die rund 1.500 km an Schiffahrtswegen und Bewässerungssystemen verstopft hatten, gar nicht für die Gasproduktion eignen – möglicherweise aufgrund einer falschen Vergärungskonzeption.
1980 gibt die BORDA (‚Bremen Overseas Research and Development Association’ = Bremer Arbeitsgemeinschaft für Überseeforschung und Entwicklung) im Auftrage der GTZ und des Bremer Senators für Wirtschaft und Außenhandel ein Handbuch zur Durchführung von Biogas-Programmen heraus, das von jedem Interessenten über die GTZ-Zeitschrift ‚Gate’ angefordert werden kann.
Ab 1983 wird im BMFT aber kaum mehr ein Wort über das Thema Biogas verloren, auch andere Institutionen wie die KfA Jülich reduzieren ihre Tätigkeiten auf diesem Gebiet. Einzig die Daimler Benz AG arbeitet weiter an einem schrankgroßen Blockheizkraftwerk ‚Moewe WE3’, das aus Biogas Strom und Wärme erzeugen sollte, während sich MBB mehr mit Versuchs- und Großanlagen beschäftigte.
Bei der KfA Jülich wendet man sich mehr der Grundlagenforschung zu. 1985 wird eine Methode vorgestellt, mit der sich organische Verunreinigungen von Abwässern zu 95 % in Biogas umwandeln lassen. Ein Energiegewinn ist allerdings erst bei extremer Verschmutzung zu erwarten. Der Prozeß läuft bei 37°C ab, und die beteiligten anaeroben Bakterien bekommen als ‚Siedlungshilfe’ Glasschwämme, um nicht mit dem gereinigten Wasser weggespült zu werden. Ähnliche Anlagen werden auch in Holland und Finnland entwickelt.
Zwischen 1985 und 1997 speist eine Kläranlage im Stuttgarter Stadtteil Mühlhausen Gas in das städtische Netz.
Im Rahmen eines 1989 konzipierten Förderschwerpunktes ‚Umweltverträgliche Gülleaufbereitung’ leitet das BMFT dann doch wieder 20 Projekte ein, die mit insgesamt 40 Mio. DM gefördert wurden. In Deutschland fallen jährlich schließlich fast 200 Mio. t Gülle aus der Tierhaltung an (Stand 1992).
An einer Methode, das aus energetischer Sicht ‚minderwertige’ Methan in höherwertiges Synthesegas umzuwandeln, arbeiten Wissenschaftler der Deutschen Forschungsanstalt für Luft und Raumfahrttechnik 1991 im Testzentrum Almeria (s.d.).
Um die täglich anfallenden 90 m3 Gülle von über 1.300 Milchkühen nebst Nachzucht energetisch zu verwerten, wird von der Genossenschaft Uckermark agrar in Göritz bei Prenzlau 1992 eine weltweit einzigartige Anlage errichtet, deren Basistechnologie bereits zu Beginn der 1980er Jahre von der Gerätebau Schwarting AG und dem Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik entwickelt worden war. Ein zweistufiger Fermenter mit einem nachgeschalteten 260 kW Gasmotor erbringt dort jährlich rund 1,6 Mio. kWh Strom und 1,7 Mio. kWh Heizwärme. Nach der Gülle-Entgasung erfolgt mittels einer Feststoffseparation die Gewinnung des Kompostrohstoffes für Blumenerde – pro Jahr etwa 5.100 m3 – sowie von flüssigem Stickstoffdünger-Konzentrat, jährlich ca. 220 m3. Die Gesamtkosten betragen 8,1 Mio. DM, von denen das BMFT 4,9 Mio. übernimmt.
Die (inzwischen) Größte Biogasanlage Deutschlands geht nach einjähriger Bauzeit am 3. November 1995 in Gröden, Landkreis Elbe-Elster, in Betrieb. Mit einer Jahreskapazität von 110.000 t Biomasse erzeugt die Anlage der Schradenbiogas GmbH jährlich etwa 3,65 Mio. m3 Biogas, die zu 5,5 MW elektrischen Strom sowie zusätzliche Heizenergie umgewandelt werden. Die verarbeitete Biomasse setzt sich aus rund 80.000 t Schweine- und Rindergülle sowie 30.000 t biologischer Reststoffe aus Biotonnen und Kantinen, Lebensmittelresten, Schlachthofabfällen, Klär- und Fäkalschlamm zusammen. Nach der Vergärung kann diese Biomasse problemlos als Dünger in der Landwirtschaft verwertet werden. Die Gesamtkosten von 16 Mio. DM fördert das Umweltministerium Brandenburg mit 2,1 Mio. DM, das angegliederte Blockheizkraftwerk mit 564.000 DM.
Die Grödener Biogasanlage, eine von insgesamt acht Anlagen, die zum damaligen Zeitpunkt in Brandenburg betrieben wurden, ist auch eines der 110 Projekte, die zwischen 1991 und 1995 mit Mitteln aus dem Programm ‚Vorhaben des Immissionsschutzes und zur Begrenzung energiebedingter Umweltbelastungen’ des Umweltministeriums Brandenburg mit insgesamt 52 Mio. DM gefördert wurden. Diese Förderung hatte Gesamtinvestitionen von 260 Mio. DM ausgelöst.
Ab 1996 beginnt die erste Anlage des ‚Rottaler Modells’ mit der Biomüllverwertung. Dieses dezentrale Modell, bei dem verschiedene Betriebe mit täglich jeweils 10 – 12 t Biomüll aus den umliegenden Landkreisen versorgt werden, erhält den Solarpreis 1998 und wird als eines der ‚weltweiten Projekte’ für die EXPO 2000 ausgewählt. Die Vorteile der europaweit ersten Anlagen, die mit Pflanzenöl-Zündstrahlmotoren ausgerüstet sind und um die 80 kW elektrische Leistung erbringen, sind außerdem die geringen Entstehungskosten durch kurze Transportwege, das Schaffen von Nebenerwerbsarbeitsplätzen in der Landwirtschaft, und der Verbleib des Geldes, das die Bürger für die Entsorgung ausgeben, im jeweiligen Landkreis. Die Motoren verbrennen zu 10 – 15 % Pflanzenöl, der Rest ist Biogas. Als Wirkungsgrad werden 34 % angegeben.
1997 wird rund ein Viertel der in Deutschland aus Biogas gewonnenen Energie in Brandenburg erzeugt. Die acht Großanlagen des Bundeslandes erzeugen gemeinsam 3,8 MW Strom, während bundesweit 300 Anlagen insgesamt 15 MW erzeugen.
Die TU Cottbus untersucht ab 1998 in einer Kooperation mit dem Traktorhersteller John Deere den Einsatz von Biogas-betriebenen Traktoren als Blockheizkraftwerke. Denn wenn sie nicht auf dem Feld genutzt werden, können die Traktoren Strom und Heizenergie liefern und dem Hof dabei helfen, eine unabhängige Energieversorgung aufzubauen. Die Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät der Humboldt-Universität in Berlin übernimmt ihrerseits – in Kooperation mit dem experimentierfreudigen deutschen Hotelier Horst Walczok und dem Reiseveranstalter TUI – die Betreuung einer Biogasanlage auf der Kanareninsel Fuerteventura, welche die organischen Abfälle des Hotels ‚Risco del Gato’ in Düngestoffe und Energie umwandeln soll. Außerdem werden dabei pro Jahr gut 20.000 DM an Energie- und Entsorgungskosten gespart.
1999 wurden neue Fördergelder für kleine Biogasanlagen freigegeben – bis 2003 jährlich rund 30 Mio. DM. Je nach Anlagengröße können die Betreiber mit Fördersummen zwischen 30.000 DM bei 5 kW und 300.000 DM bei 250 kW Anschlußleistung rechnen. Ebenfalls 1999 erhält – wie bereits oben erwähnt – das Biokraftwerk der Schwabacher Abfallwirtschafts GmbH den bayerischen Energiepreis, da es energie- und umweltpolitisch als vorbildlich gilt. Die Energiebilanz des Jahres 1998 zeigte die Verarbeitung von 14.871 t organischer Abfälle an, aus denen 1,4 Mio. l Biogas entstanden sind. Diese wurden wiederum in 3.580 MWh Wärme und 2.630 MWh Strom umgewandelt, wodurch rundgerechnet 1,2 Mio. l Öl eingespart wurden.
Im Jahr 2000 gibt es laut Pressemeldungen bundesweit etwa 630 landwirtschaftliche Biogasanlagen mit einer Gesamtleistung von 30 MW elektrischer Energie. Eine Schätzung des Fachverbandes Biogas in Freising spricht dagegen von rund 1.250 Anlagen mit einer durchschnittlichen Leistung von 60 kW – und täglich käme eine neue Anlage hinzu. Theoretisch könnten mit der bereits heute verfügbaren Technik aus Biogas sogar 11 % des Strombedarfs Deutschland gedeckt werden. Der Verein fordert ein dem Stromeinspeisegesetz ähnliches ‚Gaseinspeisegesetz’, damit das Biogas nicht zwingend auf den erzeugenden Höfen selbst verbraucht werden muß, wo besonders im Sommer viel überschüssige Energie nutzlos verpufft.
Im Oktober 2002 berichtet das Fraunhofer IKTS (Institut für Keramische Technologien und Sinterwerkstoffe) in Dresden, daß mittels des dort entwickelten Ultraschall-Verfahrens die Biogas-Ausbeute aus Klärschlamm um bis zu 45 % gesteigert werden kann. Die ‚Klärschlamm-Teilstrom-Desintegration mit Hochleistungsultraschall’ wurde zusammen mit der Ingenieurgesellschaft für Wasser und Entsorgung mbH und der Dr. Hielscher GmbH entwickelt: Noch vor der Faulungsphase wird der Klärschlamm mechanisch zerkleinert und mit Ultraschall behandelt. Dadurch bilden sich im Schlamm Gasbläschen, die implodieren und so den Schlamm weiter zerkleinern, was zu geringeren Volumenmengen führt und die Gas-Ausbeute steigert. Das Verfahren wird bereits von 11 deutschen und einem österreichischen Klärwerk eingesetzt, es soll sich in nur vier Jahren amortisieren.
Ebenfalls im Oktober 2002 wird im Rahmen des EU-Projektes ‚Optimierung der Energieerzeugung aus Microturbinen’ (OMES) im Harburger High-Tech-Zentrum Channel Harburg eine der ersten ‚Microturbinen’ in Betrieb genommen – von der HEWContract und im Auftrag des Energiekonzerns Vattenfall. Die Kleinturbine vom Typ t100 der schwedischen Firma Turbtec ist ein kleines Kraft-Wärme-Koppelung-Heizkraftwerk von rund 3 m Länge mit einem Turbinenrad, das einen Durchmesser von nur 18 cm hat. Das Aggregat kostet 80.000,- € und kann pro Jahr 400.000 kWh ins Stromnetz einspeisen, was dem Bedarf von 150 Durchschnittshaushalten entspricht. In Harburg verbrennt die Turbine zwar Erdgas, sie ließe sich aber auch mit Biogas betreiben.
Bei der Biogasanlage Plank in Haimhausen wird im September 2003 im Rahmen des Projektes ‚Biogas in Brennstoffzellen’ das aus landwirtschaftlichen Abfällen stammende Gasgemisch so aufbereitet, daß es von einer Brennstoffzelle (s.d.) direkt in elektrischen Strom umgewandelt werden kann. Bisher bereitete dabei neben dem Kohlendioxid vor allem der Schwefelgehalt des Biogases Probleme, da für den Brennstoffzellenbetrieb ein Schwefelanteil von unter 0,1 ppm (= 0,1 Millionstel) erreicht werden muß. Die in Hainhausen eingesetzte Karbonat- bzw. MCFC-Labor-Brennstoffzelle des Unternehmens MTU arbeitet bei Temperaturen von über 600°C – was die Nutzung der entstehenden Wärme deutlich erleichtert – und hat keine Probleme mit dem Kohlendioxid. Für die Entschwefelung arbeitet man an einem einfachen, kostengünstigen und zuverlässigen Verfahren. Für den Praxiseinsatz soll das neue Prinzip auf eine 220 kW MCFC-Brennstoffzelle übertragen werden. Dann soll der Bio-Brennstoffzellen-Strom in Konkurrenz zu den über 2.000 Biogasanlagen treten, die 2003 bereits etwa 250 MW Strom produzieren.
In einem von der European Science Foundation (ESF) finanzierten Workshop treffen sich Ende Februar 2004 Experten aus dem In- und Ausland in der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL), um die neuesten Ergebnisse auf dem Gebiet der Nutzung von Biogas in Brennstoffzellen auszutauschen. Es werden die technischen Möglichkeiten einer Umwandlung von Biogas in biogenen Wasserstoff diskutiert, und die bestehenden Probleme bei der Bereitstellung elektrischer Energie unter Einsatz von Brennstoffzellen analysiert. Dieser zukunftsträchtige Weg wird derzeit vom FAL-Institut für Technologie und Biosystemtechnik zusammen mit dem Anlagenhersteller farmatic biotech energy ag im Pilotmaßstab auf dem Forschungsgelände der FAL erprobt. Bei diesem von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. geförderten Projekt wird Biogas zunächst biologisch gereinigt und im Anschluss zu hochreinem Wasserstoff aufbereitet. Dieser biogene Wasserstoff wird in Polymer-Elektrolyt-Membran Brennstoffzellen (PEMFC) unterschiedlicher Bauart zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt (s.d.). Das große Interesse, dass Vertreter aus Industrie und Wissenschaft anlässlich des ESF-Workshops an dem Pilotvorhaben zeigen, ist für die Wissenschaftler vom FAL-Institut ein Beweis dafür, daß diese Nutzungsform von Biogas völlig neue Perspektiven für eine nachhaltige Energieerzeugung eröffnet. Trotz der bereits erzielten Erfolge ist jedoch noch ein erheblicher Forschungs- und Entwicklungsaufwand notwendig, bevor Brennstoffzellen in der landwirtschaftlichen Praxis eingesetzt werden können.
Um die Entscheidung zu erleichtern, bietet die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) seit 2004 Interessenten kostenlos die neue Veröffentlichung ‚Biogas – 12 Datenblätter’ an. Dieser Vergleich von zwölf verschiedenen Typen beruht auf einem umfangreichen, wissenschaftlichen Biogas-Messprogramm, welches die Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) durchgeführt hat.
Während der internationalen Konferenz renewables 2004 im Juni in Bonn werden die Mobilitäts-Dienstleistungen mit Biogas-PKWs und -Bussen erbracht, die ihren Treibstoff aus einer Biogas-Anlage in Soltau/Niedersachsen beziehen. Gewinner der entsprechenden Ausschreibung des Umweltbundesministeriums war ein internationales Konsortium aus mehreren Auto-, Erdgas- und Mineralöl-Konzernen unter Führung der avacon AF aus Helmstedt/Niedersachsen.
In Deutschland existieren 2005 mehr als 2.500 landwirtschaftliche Biogas-Anlagen mit einer Gesamtleitung von über 450 MW. Aufgrund verbesserter Rahmenbedingungen (höherer Einspeisevergütung für die Stromerzeugung, Investitionsförderung, Nutzung der Kofermentation) wird für die nächsten Jahre mit einem starken Ausbau der Biogas-Nutzung in der deutschen Landwirtschaft gerechnet. Die Einspeisevergütung von Strom aus Biogas beträgt 10,23 Cent/kWh bis 500 kWh (bis 5 MWh 9,21 Cent/kWh) und ist auf zwanzig Jahre bis 2020 festgeschrieben. Als wirtschaftlich werden Biogas-Anlagen in der Landwirtschaft ab 60 bis 100 Großvieheinheiten (GV) angesehen.
Das Ergebnis einer noch unveröffentlichten Studie der des Bundesverbandes der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) über die das Handelsblatt im Januar 2006 berichtet, an der auch das Fraunhofer Institut und das Wuppertal Institut mitgewirkt haben, ist, daß bis zum Jahr 2030 in Deutschland Biogas, das derzeit nur einen Bruchteil in der Versorgung ausmacht, jährlich 17 % des derzeitigen deutschen Erdgas-Jahresbedarfs liefern könnte.
Durch den Transit anläßlich der Fußball-WM werden in Deutschland 100.000 t zusätzliche Treibhausgase in die Atmosphäre geblasen, wird bereits im März 2006 vorgerechnet. Die Organisatoren investieren deshalb 1,3 Mio. € in Klimaschutzprojekte. Davon zahlt der Deutsche Fußball Bund 500.000 €, der Weltfußballverband Fifa 400.000 €, und den Rest teilen sich Sponsoren. Mit 500.000 € werden z.B. in den Dörfern der vom Tsunami betroffenen Region Tamil Nadu Biogasanlagen gebaut. Damit sollen bereits ein Drittel aller WM-Klimagase kompensiert sein. Indirekt zahlen natürlich die Fans die Zeche: Auf jedes der 3 Millionen WM-Tickets entfallen rund 3,30 € für den Klimaschutz.
Einer Studie des Bundesverbandes der Deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) zufolge, die im April 2006 veröffentlicht wird, kann Biomethan rasch die Hälfte der derzeitigen Gasimporte aus Russland ersetzen. Wenn auf 10 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche Energiepflanzen für Biogas angebaut werden, könnten bis 2020 mindestens 10 Milliarden m³ Erdgas ersetzt werden. Berücksichtigt man zusätzlich die aktuellen Ergebnisse der Saatgut- und Pflanzenbauoptimierung für Energiepflanzen, dann sind sogar 16 Milliarden m³ möglich. Auf der Basis des heutigen Werts dieser Erdgasimporte könnten so in Deutschland jährlich fast 7 Mrd. € im Inland investiert statt ins Ausland überwiesen werden. Legt man eine mäßige Erdgas-Wertsteigerung zugrunde, dann beträgt diese Summe in 2020 mit 14 Mrd. €. sogar das Doppelte.
Die erste Biogasanlage der Hansestadt Hamburg wird im April 2006 in Betrieb genommen. Die 2 MW Anlage erzeugt pro Stunde rund 330 m³ Biogas, das ein angeschlossenes Blockheizkraftwerk in Strom und Fernwärme umwandelt, um die Rasenheizung und die Duschen des Hamburger WM-Stadions mit Wärme zu versorgen. Betreiber der neuen Biogasanlage ist die Biowerk Hamburg GmbH & Co. KG, an der die Stadtreinigung Hamburg Beteiligungsgesellschaft und die Bio Cycling GmbH mit jeweils 47,5 % sowie die ETH Umwelttechnik mit 5 % beteiligt sind.
In Pliening im Münchner Osten (Landkreis Ebersberg) entsteht Mitte 2006 Deutschlands erste von der RES Renewable Energy Systems GmbH initiierte und konzipierte Biogasanlage, bei der Biogas direkt in das Erdgasnetz eingespeist wird. Das Investitionsvolumen beträgt ca. 9,8 Mio. €. In dieser Ablage wird das aus vergorener Biomasse gewonnene Biogas im Druckwechselverfahren zu Biomethan in Erdgasqualität aufbereitet. Zum Betrieb der Anlage werden jährlich mehr als 30.000 t Biomasse benötigt. Die Energiepflanzen werden auf ca. 500 – 550 ha Anbaufläche rund um Pliening von örtlichen Landwirten angebaut, für die sich dadurch eine zusätzliche Einnahmequelle erschließt. Die Pflanzen für das erste Produktionsjahr 2007 sind bereits angebaut und werden noch dieses Jahr schrittweise in den neu errichteten Siloanlagen der Biomethananlage eingelagert. Die Inbetriebnahme der Anlage zur Produktion von Biomethan erfolgt im Dezember 2006.
Der heißeste Juli seit Beginn der Wetteraufzeichnungen bringt 2006 auch die Biogasanlagen-Betreiber in Bedrängnis. Die Ernteausfälle bei Mais und Sommergetreide führen dazu, daß ihnen ihr Rohstoff ausgeht. Beim Winterweizen beispielsweise geht der Deutsche Bauernverband von regionalen Rückständen bis zu 45 % und Mehrkosten von mehr als einem Euro pro Dezitonne aus.
Die Stadtwerke Aachen AG (Stawag) nehmen noch vor dem Jahresende 2006 gleich zwei Biogasanlagen mit Erdgaseinspeisung in Betrieb, im Laufe der kommenden Jahre sollen es bis zu zehn Biogasanlagen werden. Ab 2007 wollen dann auch die Stadtwerke in Rotenburg an der Wümme im Osten Bremens in einer 12 Mio. € Biogasanlage das bei der Vergärung gewonnene Methangas auf Erdgasqualität aufbereiten und dann in das Netz einspeisen. Unternehmen wie die EWG AG, die Stadtwerke aus Düsseldorf, Munster (Lüneburger Heide) und Passau, die Kölner RheinEnergie AG, E.ON Mitte, die EMB Erdgas Mark Brandenburg oder die Gasversorgung Westfalica GmbH, die zur Gelsenwasser-Gruppe gehört, haben ebenfalls Projekte angekündigt oder sich an ersten Anlagen beteiligt.
Ende 2006 werden nach Angaben der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in diesem Bundesland bereits 650 Biogasanlagen in Betrieb sein. Ausgelöst wurde dieser Boom durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), aufgrund dessen Strom aus regenerativen Energien zu einem festen Preis abgenommen wird, was den Betreibern bis 2025 Planungssicherheit garantiert.
In Sachen Biogas gehört Deutschland (neben Dänemark) zu den führenden Ländern in Europa. Etwa 1.900 Biogasanlagen produzieren hier in Verbindung mit der Kraft-Wärme-Kopplung Strom und Wärme.
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