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Ethanol (Äthanol)

Ausgewählte Länder (III)

Kanada

Ethanol-Tankstelle von IOGEN

Iogen Ethanol-Tankstelle


Das kanadische Biotechnologieunternehmen Iogen verkauft ab 2004 kleinere Mengen an Ethanol aus Weizenstroh-Zellulose, die von den Enzymen eines genetisch verbesserten tropischen Pilzes ‚verdaut’ wird.

Obwohl diese Technologie noch sehr teuer ist will Iogen 2007 den Grundstein für ein erstes roßes Werk legen, in dem Ethanol industriemäßig aus Zellulose hergestellt wird.

Mit 300 Mio. $ kostet die Anlage allerdings rund fünf mal soviel wie eine vergleichbare Standard-Ethanol-Fabrik, die Mais als Ausgangsmaterial verwendet.

Österreich


Es besteht der Plan, die jährlichen Getreideüberschüsse – statt sie an Polen zu verkauen – in drei neu zu erstellenden Werken zu Alkohol umzuwandeln (Stand 1980).

Paraguay


Auch hier gibt es – ähnlich wie in Brasilien – nationale Maßnahmen zur Entwicklung eigener Energieressourcen, allerdings in weit geringerem Umfang.

Russland


Im November 2006 beginnt ein russisch-tschechisches Konsortium mit dem Bau einer Bioethanol-Anlage in Sibirien, die 166 Mio. € kosten, und deren Jahresleistung von 150.000 t in die EU und nach Asien exportiert werden soll.

Schweden


Das Land will sich bis 2020 vom Erdöl unabhängig machen. Schon direkt nach der Ölkrise der siebziger Jahre begann man dort mit der Abkehr vom fossilen Brennstoff. Der Anteil von Erdöl an der Gesamtenergieversorgung sinkt in drei Jahrzehnten von 77 % auf 34 %. Gleichzeitig steigt der Anteil der erneuerbaren Energien auf 24,7 %, womit das Land einen Spitzenplatz in Europa einnimmt (Stand 2005).

1995 wird davon gesprochen, 82 Nahverkehrsbusse in Stockholm mit Ethanol zu betreiben, der aus importiertem südeuropäischen Billigwein hergestellt wird.

Eine Pilotanlage der Bioethanol-Stiftung BAFF dient dem Verfahren der Bioethanolgewinnung aus Zellulose: Sie soll künftig praktisch alles schlucken, was wächst und gedeiht – Stroh, Baumrinden, Maispflanzen oder Reste aus dem Weinanbau.

In Schweden beginnt die Revolution an der Zapfsäule mit einem politisch geförderten Pilotprojekt Ende 2001. Da zu diesem Zeitpunkt kein anderer Hersteller die Umrüstung auf sich nehmen will, entwickelt Ford – durch eine Abnahmegarantie für 3.000 Autos abgesichert – seinen Ford ‚Focus’ in Deutschland zum Flexible Fuel Vehicle (FFV) weiter. Bei diesem Modell ist es egal, ob Benzin, Alkohol oder Gemisch getankt wird, denn der Motor ist ‚FLEXibel’. Das Auto wird im Ford-Werk Saarlouis ausschließlich für Schweden produziert, ist mit einem 1,6-Liter-Motor ausgerüstet, und der Kaufpreis ist vergleichbar mit dem von Benzinfahrzeugen.

Bis Mitte 2005 verkauft Ford über 15.000 Fahrzeuge, dann kommt auch der ‚9-5 2.0t BioPower’ von Saab auf den Markt, zum Jahresende gefolgt von einem entsprechenden ‚9-3’ in den drei Modellvarianten Limousine, Kombi und Cabriolet – während Ford die Ethanol-Technik wiederum der Tochter Volvo für den ‚S40’ und den ‚V50’ weitergibt.

Bis 2006 entstehen in Schweden rund 600 Ethanol-Tankstellen, und ab 2008 sind alle Tankstellen des Landes verpflichtet, auch Bioethanol anzubieten. Der Treibstoff E85 (85 % Bio-Ethanol und 15 % Benzin) wird aus den Abfällen der holzverarbeitenden Industrie so günstig hergestellt, daß er rund ein Viertel weniger kostet als Benzin.

Der zu General Motors gehörende schwedische Hersteller Saab zeigt auf den US-Automessen in Los Angeles und Detroit Anfang 2006 erstmals die Studie eines Luxuskombis mit Ethanolantrieb, das zu einem Flexi-Fuel-Fahrzeug umrüstete Sportkombi-Topmodell ‚9-5 Turbo Aero’, während beim Auto-Salon in Genf im März das Saab-Coupé ‚Aero X’ vorgestellt wird, das seine 400 PS ebenfalls aus dem alternativen Kraftstoff Bio-Ethanol bezieht.

Im August 2006 sind in Schweden landesweit zahlreiche Ethanolfabriken in Bau oder in Planung, die bis 2010 mit der Produktion beginnen sollen. Die Kapazität der einzelnen Produktionsstätten variiert dabei zwischen 15.000 und 210.000 m³ Bioethanol pro Jahr, während sich die Gesamtkapazität auf rund 1 Mio. m³ beläuft. Als Gründe für die Entwicklung werden die Steuerbefreiung für Bio-Treibstoffe, die Einführung eines Schutzzolls für Ethanol in Schweden, sowie die EU-Richtlinie, wonach bis 2010 Ethanol 5,75 % der in der Union verwendeten Treibstoffe ausmachen soll, aufgezählt.

Ford plant, umweltfreundlichere Autos verstärkt bei Volvo zu produzieren, sowie in Göteborg eine Forschungsabteilung für Hybridmotoren anzusiedeln. Der neue Prototyp eines ‚Volvo Kombi V70’ verträgt gleich mehrere Kraftstoffe und kann wahlweise mit Benzin, Bio-Ethanol, Erdgas, Bio-Methan oder ‚Hythan’ (10 % Wasserstoff, 90 % Methan) betrieben werden.

Als einer der ersten ausländischen Investoren engagiert sich die staatliche chinesische National Bio Energy, die sich an einer Bioethanolfabrik im mittelschwedischen Sveg beteiligen will.

Bei den Bioethanol-Autos sieht sich Ford in Europa als Pionier. In Schweden werden bis Ende 2006 mehr als 24.000 Bioethanol-Fahrzeuge verkauft.

Schweiz


Ein Schweizer Unternehmen entwickelt im Jahr 2000 ein System, mit dem auch Gras für die Alkoholproduktion genutzt werden kann. Aus einer Tonne trockenem Gras können bis zu 230 l Ethanol gewonnen werden. Der Literpreis würde bei etwa einer DM liegen. Die anfallenden Eiweißstoffe werden zu Hühnerfutter verarbeitet.

Biofuel-Zapfsäule

Biofuel-Zapfsäule

2005 wird im Kanton Solothurn eine Pilotanlage in Betrieb genommen, welche aus Nebenprodukten der Zelluloseproduktion Ethanol herstellt. In Zukunft soll die einheimische Produktion aus der Verwertung von landwirtschaftlichen Überschüssen und Abfällen in einer ersten Versuchsanlage und durch die Verwertung von Gras und Holz in einer zweiten Anlage rund 50 % des Bedarfs gedeckt werden. Die restlichen 50 % werden von Brasilien und europäischen Ländern importiert.  

In Winterthur eröffnet im Juli 2006 die erste Bioethanol E85 Tankstelle von Agrola. Gewonnen wird der Treibstoff aus Zuckerrüben, Kartoffeln oder Holzschnitzeln, und  ausschließlich aus Rohstoffen aus der Schweiz. Allerdings sind in der Schweiz noch keine Fahrzeuge auf dem Markt, die für E85 geeignet sind. Erst ab September wird ein erstes E85-taugliches Fahrzeug erhältlich sein, Modelle von anderen Autoherstellern werden in den nächsten drei Jahren nachfolgen.

Am Eröffnungstag der Tankstelle kostet ein Liter Bioethanol E85 1.395 Franken, also über 20 % weniger als Benzin. Vorerst plant der zur Fenaco/Landi-Gruppe gehörende Tankstellenbetreiber, schweizweit 14 Tankstellen für E85 umzurüsten.

Südafrika


Es gibt Planungen, für den Testbetrieb eine Ödlandbepflanzung mit Maniokknollen anzulegen, die pro Jahr etwa 0,5 Mio. l Ethanol produ­zieren soll.

Ein Team der University of Stellenbosch, das mit Forschern der Dartmouth University zusammenarbeitet, meldet im Mai 2006 einen Erfolg bei der Entwicklung eines Hefe-Organismus, der nur von Zellulose lebt, die komplexen Moleküle herunterbricht und die Einfachzucker dann zu Ethanol umwandelt. Gleichzeitig arbeitet die Gruppe an einem Bakterium, das hohe Temperaturen liebt und das Stoffe allein zu Ethanol fermentiert.

Ethanol Africa in den kommenden Jahren acht Anlagen zur Ethanol-Herstellung vor allem aus Mais aufbauen (Stand 2006).

Thailand


Hier sollen die Erntereste von Maniok, Mais, Reis, Zuckerrohr und Melasse verwendet werden.

USA


Das amerikanische ‚GASOHOL’ besteht aus einer Mischung von 10 % Ethanol und 90 % Benzin. 1980 gibt es schon 2.000 Tankstellen im ganzen Land, die diese Mischung anbieten. Die Anwendung wird aus Gründen höherer Produktionskosten – im Vergleich zum einfach herzustellenden Benzin – steuer­lich begünstigt, der Gallon-Preis beträgt 1979 zwischen 2,80 und 5,00 $, war damit also 3 bis 6 Mal so teuer wie normales Benzin.

Für dem Kleinverbraucher ist inzwischen eine Heimdestille mit dem schönen Namen ‚Victory Still’ auf den Markt gekom­men, ihre Produktionskapazität beträgt etwa 3,5 l pro Stunde, und als Grundmaterial dienen allerlei Grünzeug, Getreide und biologische Abfälle. Außerdem beginnt das Landwirtschaftsministerium im Februar 1980 damit, Anleitungen für den Selbstbau von Heimdestillen herauszugeben. Eine ehemalige Whisky-Destille wird umgebaut und produ­ziert bald darauf täglich 2.200 Gallonen Alkoholtreibstoff. Tankstellen in Indiana, Illinois und Iowa verkaufen aus Weizen destillierten Alkohol. In Verbindung mit dem Handelsboykott gegenüber der UdSSR aufgrund der Afghanistan-Krise wird in Amerika beschlossen, daß die eigentlich für russisches Mastvieh geplanten 5 Mio. t Mais nun in 1,75 Mio. l Treibstoff umgewandelt werden sollen.

Die Produktionsraten für 1981 werden mit knapp 2 Mrd. l Alkohol angegeben – doch mit einer Investition von 500 Mio.­ $ sollte dieser Ertrag bis 1985 verdrei­facht werden.

Ebenfalls 1981 beteiligen sich 50 Personen an einer Wettfahrt über 5.440 km quer durch die Vereinigten Staaten. Die Teilnahmebedingung für die umgebauten oder komplett selbstgebauten Fahrzeuge erforderten einen Betrieb ohne das herkömmliche Benzin. Unter anderem fährt auf der Strecke ein Golf-Diesel mit gebrauchten Friteusen-Speiseöl, ein anderer Wagen fährt mit einer Ethanol-Terpentin-Mischung, und ein Holzgas-Fahrzeug sogar mit Sägemehl, Kirschkernen und Fischabfällen. Ein Jeep mit einem Peugeot-Dieselmotor fährt mit purem Sonnenblumenöl.

Auf biotechnologischer Ebene wird am staatlichen Sonnenenergie-Forschungsinstitut in Golden, Bundesstaat Colorado, daran gearbeitet, mittels der Gentechnik die Ethanolproduktion noch wirtschaftlicher zu machen. Die Forschungen und der Bau neuer Anlagen werden in erster Linie von den Unternehmen Ashland Oil, Standard Oil of California und Standard Oil of Indiana unterstützt und durchgeführt – die auch gerne den neuen alternativen Treibstoff kontrollieren möchten.

Seit der Ölkrise in den 70ern wird Ethanol in den USA mit Steuervorteilen subventioniert, die Produktion steigt bis 2005 auf über 15 Milliarden Liter im Jahr, etwa 3 % des in den USA verbrauchten Benzins.

Im Mai 2005 zeigt sich bei der Einführung des ‚E85’ Ethanoltreibstoff in den USA ein Flaschenhals, denn nur 600 der insgesamt 170.000 Tankstellen des Landes bieten den Alkoholsprit an. GM, Chrysler und Ford haben bislang aber schon über 4 Mio. Alkoholautos auf die Straße gebracht – nun fordern sie, daß die Umrüstung von Tankstellen von staatlicher Seite mit bis zu 30.000 $ pro Station gefördert wird. An Tausenden Tankstellen bereits gut eingeführt ist hingegen die Light-Version des Alkoholkraftstoffs, genannt ‚E10’ (10 % Ethanol und 90 % Benzin).

Der Energy Policy Act von 2005 sieht vor, im Kalenderjahr 2012 rund 28 Mrd. Liter Biotreibstoff an die Tankstellen zu bringen, und Anfang 2006 gibt die US-Regierung bekannt, innerhalb von sechs Jahren innovative Methoden zur Ethanol-Produktion zu fördern, um neben Mais auch Holzabfälle, Pflanzenstengel und das in Nordamerika weit verbreitet vorkommende Switchgras zur Ethanolerzeugung einsetzen zu können. Man setzt sich auch das Ziel, bis 2025 mit Hilfe alternativer Energiequellen und neuer Technologien mehr als 75 % der US-Ölimporte aus dem Nahen Osten zu ersetzen. Das dann im September 2006 vom ‚US-Department of Energy’ vorgelegte Programm sieht bis zum Jahr 2030 eine Beteiligung von 30 % Alkohol am Kraftstoff-Markt vor, was 230 Milliarden Liter entspricht – bzw. das 14-fache der jetzigen Alkoholproduktion Brasiliens.

Die USA wandelten 2006 rund 14 Mio. t Getreide in Treibstoff um. Zu diesem Zeitpunkt gibt es verschiedene große Alkohol-Produzenten innerhalb der Vereinigten Staaten, die hier entsprechend ihrer Jahreskapazitäten aufgelistet sind:

ADM
4.000 Mio. l
VersaSun Energy
871 Mio. l
Aventine Renewable
783 Mio. l
Hawkeye Renewables
757 Mio. l
ASAlliances Biofuels
757 Mio. l
Abengoa Bioenergy
750 Mio. l
Midwest Grain
575 Mio. l
US Bioenergy
549 Mio. l
Cargill
454 Mio. l


Die US-Fabriken erzielen zu diesem Zeitpunkt mit Alkohol aus Mais 3.200 Liter pro Hektar, im Vergleich zu Brasilien mit bis zu 6.800 Liter pro Hektar aus Zuckerrohr. Und während US-amerikanische Alkohol aus Mais pro Liter 47 US-Cent kostet, kann ihn Australien aus Zuckerrohr bereits für 32 US-Cent herstellen.

Solarer Algenbrüter

Solarer Algenbrüter

Im Dezember 2006 gewinnen die Partnerunternehmen Arizona Public Service Co. (APS) und GreenFuel Technologies Co. (GFT) in Cambridge den Platts Global Energy Award für ihre Technologie, mit der sie die CO2 Emission eines 1.040 MW Kohlekraftwerks neutralisieren. Dabei wird das Gas in große, der Sonne ausgesetzte und transparente Algentanks geleitet, wo es von den Wasserpflanzen verarbeitet wird. Diese werden anschließend geerntet und teilweise zu Ethanol, teilweise zu Biodiesel und der Rest zu Tierfutter oder Dünger umgewandelt. Die Produktivität wird zur Zeit auf jährlich 5.000 – 10.000 Liter pro Quadratmeter Algen geschätzt

Mit Unterstützung des DOE verbindet GFT 2004 eine erste Versuchseinheit mit dem 20 MW Kraftwerk des MIT, ein Jahr später wird die größere Anlage an dem 1040 MW Kraftwerk im Südwesten der USA angeschlossen. Als nächster Schritt soll im ersten Quartal 2007 ein industrieller Anlagen-Prototyp gebaut werden, bei dem die Algen in einem 150 m langen und etwa 10 m breiten gewächshausähnlichen Kollektor untergebracht sind.

[Anm.: Im Mai 2009 endet das kurze Leben von GFT, da man trotz einer Gesamtinvestition von mehr als 70 Mio. $ die gesteckten Ziele nicht erreicht hat.]

Ich werde das Thema Algen als Modellfall zu einem späteren Zeitpunkt noch in einem eigenen Kapitel behandeln (in Arbeit).

Und den allerneuesten Trend Ende 2006 gibt am besten ein Börsenzitat wieder:

„Bill Gates hat sich in eine Firma eingekauft, die schon bald 750 Millionen Liter Fusel zum Fahren produzieren will. Wenn Bill Gates, Gründer von Microsoft und reichster Mann der Welt, 84 Millionen Dollar in Pacific Ethanol steckt, deutet das auf eine spannende Investmentidee hin“.


Doch im Dezember 2006 gibt es noch eine interessante Meldung, die hier nicht unerwähnt bleiben soll: Tetsu Emori, Chef-Stratege für Rohstoffe bei Mitsui Bussan Futures in Tokio, der für verrückt erklärt wurde als er vor einigen Jahren prognostizierte, der Ölpreis werde bis auf 90 $ steigen, rechnet nun damit, daß der Preis für ein Barrel Rohöl im kommenden Jahr auf 40 $ fallen wird. Grund sei die zunehmend Konkurrenz durch das wachsende Angebot an Biokraftstoffen. Emori stützt sich dabei auf drei wesentliche Entwicklungslinien: Erstens unterstütze der neu gewählte US-Kongreß, der von den Demokraten kontrolliert wird, die Ethanolproduktion aus Mais, zweitens will die japanische Regierung den Verbrauch von Biotreibstoff bis zum Jahr 2010 auf 3,15 Mio. Barrel steigern, während bis dahin schon 20 % des Kraftstoffs mit Ethanol versetzt werden sollen, und drittens steigerte Brasilien den Export von Ethanol laut Auskunft des Handelsministerium im Jahresvergleich im November um 91 % auf 545 Mio. Liter.

[Anm.: Mir liegen inzwischen mehrere Hundert Seiten Material über die Entwicklung in den Folgejahren vor, die als Update zusammengefaßt und veröffentlicht werden sollen, sobald sich auch Koautoren an dem Buch der Synergie beteiligen.]

Zu den Grenzen der Nutzung komme ich im Anschluß an den nun folgenden zweiten Alkohol-Treibstoff, dem Methanol.


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