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Elektro- und Solarfluggeräte

2020 (E)


Personentragende Fluggeräte


Auch in diesem Jahr beginne ich mit dem Volocopter, denn das Flugtaxi-Unternehmen erhält frisches Kapital, als die Finanzierungsrunde C vom September 2019 in Höhe von 50 Mio. € um weitere 37 Mio. € erweitert wird. Zu den aktuellen Investoren gehört DB Schenker, die Logistiktochter der Deutschen Bahn, außerdem sind der japanische Versicherer Mitsui Sumitomo Insurance und das kalifornische Risikokapitalunternehmen Translink als Neuinvestoren hinzugekommen.

Das frische Kapital will Volocopter  vor allem in die Zertifizierung des Lufttaxis VoloCity und in die Weiterentwicklung der Lastendrohne VoloDrone stecken, an der besonders der Neuinvestor DB Schenker interessiert ist, der sich auch an der technischen Entwicklung beteiligt. Das Startup ist damit mit insgesamt 122 Mio. € finanziert.

Im Mai unterzeichnet Volocopter einen Vertrag mit der Diehl Aerospace, einem Unternehmensbereich des Luftfahrtzulieferers Diehl Aviation, über die Entwicklung und Produktion von Flight-Control-Computern (FCC). Der Vertrag gilt als Einstieg von Diehl Aviation in das Marktsegment Urban Air Mobility (UAM). Die Zertifizierung der Diehl FCCs für Volocopter wird für 2021 erwartet.

Eine Meldung, die Mitte September international viel Presse bekommt, ist der Beginn des Verkaufs von 15-minütigen Lufttaxi-Flügen für Frühbucher, der während dem Greentech Festival in Berlin eingeläutet wird – auch wenn noch kein genauer Termin für deren Durchführung genannt wird. Das VoloFirst Ticket kostet 300 € und kann mit einer 10 %-igen Anzahlung reserviert werden. Im Preis inbegriffen sind ein personalisiertes Zertifikat sowie ein Video des Fluges. Die Anzahl der Reservierungen ist auf 1.000 begrenzt, die innerhalb kürzester Zeit ausverkauft sind.

Daß der Flugplatz Bruchsal der Firma Volocopter zukünftig die Möglichkeit bieten wird, die eigenen Fluggeräte zu testen, wird Ende Oktober bekannt, als die Stadt einen entsprechenden neuen Bebauungsplan auf den Weg bringt. Zeitgleich gibt die Firma eine Kooperation mit Japan Airlines bekannt, gefolgt von einer weiteren Kooperation mit Lufthansa Industry Solutions, bei der die integrierte Plattform VoloIQ entwickelt wird, die auch KI einsetzt.

Die Plattform wird als digitales Rückgrat für das gesamte System der Volocopter Urban Air Mobility Services und als Leitsystem für die Flugtaxi-Dienste fungieren.

Im Dezember wird mit Singapur eine feste Vereinbarung für einen künftigen Flugtaxi-Service geschlossen – eine globale Premiere. Ab spätestens 2023 sollen die elektrischen Senkrechtsstarter zahlende Gäste fliegen, wobei zunächst eine ‚touristische Strecke‘ entlang der südlichen Küste gegenüber Sumatra angeboten wird. Volocopter hofft zudem darauf, von Singapur aus grenzüberschreitend fliegen zu können – Möglichkeiten dazu böten z.B. die Großstadt Johor Bahru in Malaysia oder die gegenüber Singapur liegende Fertigungs- und Freizeitinseln Bintan und Batam, die zu Indonesien gehören.

VoloCity des ADAC

VoloCity des ADAC

Für diese Projekte wird die Firma in den kommenden drei Jahren ein Team von rund 50 Piloten, Ingenieuren und Führungskräften in Singapur aufbauen, das bis 2026, wenn ein Netz von Routen ausgearbeitet sein wird, auf 200 Mitarbeiter anschwellen soll. An den Forschungs- und Entwicklungsprojekten vor Ort wird gemeinsam mit lokalen Institutionen wie dem Fraunhofer Singapur an der Technischen Universität Nanyang gearbeitet.

Ebenfalls im Dezember wird gemeldet, daß die gemeinnützige ADAC Luftrettung gGmbH die ersten zwei VoloCitys reserviert hat. Die ADAC Luftrettung entschied sich aufgrund der positiven Ergebnisse der weltweit ersten Machbarkeitsstudie zum Einsatz von bemannten Multikoptern im Rettungsdienst zu dieser Investition (s.u. 2018). Der nächste Schritt sind gemeinsame Flugtests, denen ab dem Jahr 2023 operative Tests folgen sollen.


Die nächste Firma, die sich energisch an die Spitze des Feldes voran arbeitet, ist die chinesische EHang (EHang Holdings Ltd.), über die zuletzt ausführlich in der Jahresübersicht 2018 berichtet wurde, und deren zweisitziges autonomes Lufttaxi im Januar den ersten Flug in den USA absolviert. Dabei gehen mit Genehmigung der FAA im Vorfeld des North Carolina Transportation Summit 2020 zwei EHang 216 in die Luft, allerdings ohne dabei Personen zu befördern. Der nächste Schritt wird nun sein, die FAA-Zulassung für Flüge mit Passagieren an Bord zu erwirken.

Nach eigenen Angaben hat EHang bislang schon mehr als 2.000 Flugtests mit seinen autonomen Luftfahrzeugen durchgeführt, unter anderem bei Windgeschwindigkeiten von 70 km/h und bei Nebel mit einer Sichtweite von etwa 50 m. Außerdem habe man bereits fast 40 Lufttaxis zu Test-, Schulungs- und Demonstrationszwecken an Kunden ausgeliefert, während noch fast 50 weitere Aufträge zu erfüllen sind.

Die Werte des zweisitzigen EHang 216 lauten aktuell: eine Gesamtnutzlast von 220 kg, eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h bei einer Reisegeschwindigkeit von etwa 100 km/h, sowie eine Flugdauer bis zu 21 Minuten. Ähnliche Spezifikationen hat auch die neue einsitzige EHang 116.

Anfang März erteilt die Zivilluftfahrtbehörde von Norwegen eine Flugbetriebsgenehmigung für Langzeittests des Multikopters – und Mitte des Monats wird mit der Stadt Sevilla eine Kooperationsvereinbarung geschlossen, um dort das erste Urban Air Mobility (UAM)-Pilotprogramm in Spanien zu entwickeln. Im Rahmen dieser Vereinbarung wird EHang in der Stadt Plattformen für die Passagierbeförderung, die Luftlogistik sowie die Kommando- und Kontrollsysteme errichten. Die Stadtverwaltung wird mit dem Unternehmen auch zusammenarbeiten, um Fluggenehmigungen für Testflüge und die Routenplanung zu erhalten. Eine weitere Vereinbarung wird mit der spanischen Stadt Llíria getroffen.

EHang am LN Garden Hotel

EHang am
LN Garden Hotel

EHang hat sich zudem bereit erklärt, seine (kleinen) Drohnen für eine Lichtshow aus der Luft zu verwenden, um den 500. Jahrestag der Weltumsegelung von Ferdinand Magellan zu feiern, die 1519 in Sevilla begann. Dies ist ein neuer Geschäftsbereich namens Aerial Media, bei dem die Firma selbst konstruierte Leucht-Drohnen und ein eigens entwickeltes Flugkontrollsystem einsetzt. Die Drohnen namens GD2.0X sind mit Hochgeschwindigkeitsmotoren und 4.500 mAh Polymer-Lithium-Ionen-Akkus ausgestattet, die eine Flugdauer von 25 Minuten gestatten.

Daneben bietet EHang noch die kleine Multikopter-Drohne Falcon B an, die eine Nutzlast bis 5 kg tragen kann und damit eine Flugzeit von 17 Minuten erreicht.

Im April tut sich das Unternehmen mit der Stadt Hezhou in der chinesischen Provinz Guangxi zusammen, um einen auf den Tourismus ausgerichteten Terminal für seine Lufttaxis zu bauen, das den Namen E-Port erhält. Das Terminalgebäude wird drei Stockwerke hoch und eine Grundfläche von 2.500 m2 haben. Im ersten Stockwerk wird es eine Empfangshalle geben, im zweiten einen Wartebereich für die Passagiere und im dritten die Abflug- und Ankunftshalle. Auf dem Dach sind vier Landeplätze vorgesehen, wobei der Plan vorsieht, daß in der Anlage 20 zweisitzige EHang 216 eingesetzt werden.

Hierzu paßt auch die im Mai eingegangene strategische Partnerschaft mit der LN Holdings, einem Unternehmen für Tourismusplattformen in Shenzhen, um die Passagierdrohnen durch die Integration von UAM-Lösungen in das Hotel-/Tourismusgeschäft der LN Holdings breiter zu vermarkten. Die Partnerschaft wird mit einem Pilotprogramm im LN Garden Hotel in Nansha, einem Küstenbezirk in Guangzhou, beginnen, um das weltweit erste UAM-Themenhotel zu errichten.

Zeitgleich erhält die Firma von der Civil Aviation Administration of China (CAAC) die weltweit erste Genehmigung für den kommerziellen Pilotenbetrieb. Die Genehmigung wird auf der Grundlage der vorläufigen Regeln für den Pilotbetrieb erteilt, die von der CAAC im Februar 2019 für verschiedene Kategorien spezieller unbemannter Luftfahrzeuge, einschließlich solcher für Passagiere, veröffentlicht wurden.

Dabei handelt es sich um eine bahnbrechende Verordnung, für welche die CAAC die spezifische Betriebsrisikobewertung (SORA) der Joint Authorities for Rulemaking of Unmanned Systems (JARUS) anwandte, einer Gruppe von Experten der nationalen Luftfahrtbehörden von 61 Ländern, darunter China und die USA, sowie der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) und EUROCONTROL.

Mit dieser Genehmigung wird nun ein Luftlogistikversuch mit der EHang 216 für den Transport von Fracht zwischen Boden und Hügeln sowie zwischen Küste und Inseln an einem Kundenstandort in Taizhou durchgeführt. Sobald Betriebsdaten und Erfahrungen gesammelt wurden, soll der Versuch schrittweise auf andere Standorte in China ausgeweitet werden.

Zwei EHang 216F in Yunfu

Zwei EHang 216F
in Yunfu

Mitte Juli bringt eine EHang 216 in Yantai, einer Küstenstadt im Osten Chinas, im Rahmen von Testflügen vier Passagiere zu Rundkursen über das Meer in die Luft. Und Ende des Monats erhält die Drohne ein Special Flight Operations Certificate (SFOC) der kanadischen Zivilluftfahrtbehörde Transport Canada Civil Aviation (TCCA).

Ebenfalls Ende Juli präsentiert die Firma in Yunfu die „weltweit erste intelligente Lösung für die Brandbekämpfung aus der Luft mit großer Nutzlast“. Bislang wurden nur kleine, unbemannte Drohnen für die Brandbekämpfung eingesetzt, wie weiter oben beschrieben wurde. Einige noch nicht umgesetzte Designs sind zudem in der Übersichten 2018 und 2019 präsentiert.

Die neue Version mit der Bezeichnung EHang 216F basiert auf dem Flaggschiff des Unternehmens und ist speziell für die Brandbekämpfung in Hochhäusern konzipiert. Da es in China Hunderttausende davon gibt, ist das Unternehmen davon überzeugt, daß die neue Drohne für viele tausend Feuerwachen in ganz China und schließlich weltweit zu einer unverzichtbaren Ausrüstung werden kann. Laut dem China Fire Magazine wurden 2019 landesweit 233.000 Brände gemeldet, davon 6.974 in Hochhäusern.

Bei der Einführungszeremonie demonstriert die 216F ihre Fähigkeit, einen Hochhausbrand zu löschen. Mit einer maximalen Flughöhe von 600 m kann sie in einem einzigen Flug bis zu 150 Liter Löschschaum sowie sechs Feuerlöschbomben transportieren. Um den Brandherd schnell zu erkennen, wird eine Zoom-Kamera mit sichtbarem Licht verwendet, dann schwebt die 216F genau in Position und feuert schließlich mit einem Laserzielgerät nacheinander einen Fensterbrecher, die Feuerlöschbomben und dann den Löschschaum ab.

Im August folgt eine Partnerschaft mit der Linz AG, um in Österreichs drittgrößter Stadt Linz einen Versuchsbetrieb mit den Passagierdrohnen durchzuführen – außerdem wird die Firma ausgewählt, um sich an Ambular zu beteiligen, einem von der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) unterstützten Projekt zur Entwicklung eines fliegenden Krankenwagens für den medizinischen Notfalleinsatz. Die EHang 216 diente bereits im Februar diesen Jahres während des COVID-19-Ausbruchs in China als Ambulanzflugzeug für den Transport von medizinischem Material und Personal zu einem Krankenhaus.

EHang 216L

EHang 216L

Als nächstes wird Ende September die Logistikversion EHang 216L für Kurz- bis Mittelstrecken in städtischen und ländlichen Gebieten vorgestellt. Sie verfügt über eine Nutzlastkapazität von 200 kg und soll beispielsweise zur autonomen Lieferung von Versorgungsgütern an Offshore-Ölplattformen oder zum groß angelegten Transport von Hilfsgütern eingesetzt werden.

Im November absolviert die EHang 216 ihren Erstflug in Korea auf der Open the Urban Sky Demonstrations-Veranstaltung im Zentrum von Seoul. Flüge in mehreren anderen koreanischen Städten folgen. Nach Erhalt des Lufttüchtigkeits-Zertifikats durch die koreanische Luftfahrtbehörde MOLIT war die die Passagierdrohne von der Stadtverwaltung Seoul gekauft und unter dem Zeichen HL008X registriert worden.

Die österreichische Zivilluftfahrtbehörde gibt im Dezember grünes Licht für die Durchführung von Flugtests, nachdem die EHang 216 mit dem Kennzeichen OE-VFA im Vormonat über St. Martin im Innkreis trotz starker Kälte und hoher Windgeschwindigkeit abgehoben, mehrere Minuten lang geflogen und wieder sicher gelandet war. Zudem wird im Dezember gemeinsam mit dem Partner Greenland Hong Kong Holdings Ltd. der Start urbaner Luftmobilitätsdienste in der Touristenstadt Zhaoqing bekannt gegeben.


Das US-amerikanische Luftfahrtunternehmen Joby Aviation (anfangs: Joby Aero) mit Sitz in Santa Cruz in Kalifornien entwickelt seit seiner Gründung durch den Unternehmer JoeBen Bevirt im September 2009 ein elektrisch angetriebenes, senkrecht startendes und landendes Luftfahrzeug, mit dem ein Lufttaxidienst betrieben werden soll. Nachdem in den ersten Jahren verschiedene Komponenten potentieller Elektroflugzeuge erforscht wurden, beteiligt sich Joby Aviation an den NASA-Projekten LEAPTech und X-57 Maxwell (s.u. 2014).

Prototyp 1 von Joby Aviation

Prototyp 1
von Joby Aviation

Später entwickelt die Firma ihr eigenes Lufttaxikonzept, das mit dem ursprünglichen Design aber nichts mehr gemein hat. Dieses hatte acht Kipp-Propeller, die entlang der Vorderkante der Tragfläche angeordnet sind, sowie vier weitere am V-förmigen Heck. Im Jahr 2015 nimmt das Unternehmen einen Prototypen seines eVTOL-Flugzeugs in verkleinertem Maßstab in Betrieb, der 2017 zu einem unbemannten Prototypen in Originalgröße führt, über den sich aber keine näheren Angaben finden lassen, da das Unternehmen die meiste Zeit seines Bestehens im Verborgenen operiert. Vermutlich handelt es sich um die oben abgebildete Version.

Toyota AI Ventures, Intel Capital und JetBlue investieren – nach vorherigen 30 Mio. $ Venture Capital – Anfang 2018 in einer Finanzierungsrunde B weitere 100 Mio. in das Unternehmen. Dieses kann im Jahr 2019 einen Produktionsprototyp vorstellen: Ein Verkehrsflugzeug mit vier Passagieren und einem Piloten, das pro Akkuladung bis zu 200 km (andere Quellen: 240 km) weit fliegen kann, und dies bei einer Höchstgeschwindigkeit von über 320 km/h. Aufgrund der sechs Schwenkantriebe mit jeweils 1,8 m durchmessenden Fünfblatt-Propellern sei das Flugzeug im Flug geräuscharm und soll beim Start und der Landung 100-mal leiser sein als ein Hubschrauber.

Jetzt, im Januar 2020, gibt Joby Aviation neben einer Produktionspartnerschaft mit der Toyota Motor Corp. eine weitere Finanzierungsrunde C in Höhe von insgesamt 590 Mio. $ bekannt, die wiederum von Toyota (394 Mio. $) und Intel Capital angeführt wird. Den Prototyp des wohl S2 genannten Flugtaxis hat die Firma bereits getestet und präsentiert ihn auch gegenüber den vielen Investoren. Allzuviele Details darüber sind allerdings nicht zu finden, auch über die Batterie oder den Antriebsstrang werden keine Angaben gemacht.

Für den Autohersteller ist die Kooperation mit der Joby Aviation der praktische Eintritt in das immer umfangreicher werdende Segment der fliegenden Autos, auch wenn Toyota bereits 2017 das Patent für ein Auto angemeldet hatte, das sowohl auf dem Boden fahren als auch fliegen kann (US-Nr. 20180257447, erteilt 2018). Einen Prototypen hat das Unternehmen jedoch nicht entwickelt. Joby baut derweil neue Produktions- und Testeinrichtungen in Marina, Kalifornien, nicht weit von seinem Hauptsitz in Santa Cruz entfernt.

Einen gewaltigen Schritt macht das Unternehmen, als es im Dezember 2020 die Firma Uber Elevate (o. UberAIR) übernimmt, die Lufttaxi-Sparte von Uber, die zu diesem Zeitpunkt etwa 80 Mitarbeiter hat und einen Hubschrauberdienst in New York betreibt. Zusätzlich investiert Uber noch 75 Mio. $ in Joby Aviation, wodurch sich deren Gesamtfinanzierung auf 820 Mio. $ erhöht. Uber hatte nur einen Tag zuvor auch sein Roboterauto-Projekt abgestoßen.

Außerdem erteilt die US-Luftwaffe im Rahmen ihres Agility-Prime-Programms in diesem Monat der Joby Aviation die erste eVTOL-Lufttüchtigkeitszulassung. Diese ist zwar noch nicht vergleichbar mit einer offiziellen Zertifizierung durch die FAA, aber ein wichtiger Schritt Richtung Markteinführung.


Ab Anfang des Jahres 2020 arbeiten 45 Wissenschaftler aus 20 Instituten des Deutsche Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) um Johannes Hartmann innerhalb des auf vier Jahre angesetzten Projekts EXACT (Exploration of Electric Aircraft Concepts and Technologies) an der Entwicklung neuer Technologiebausteine für ein ökoeffizientes Verkehrsflugzeug.

CoCoRe Grafik

CoCoRe
(Grafik)

Übergeordnetes Ziel ist es, bis zum Jahr 2040 ein ein solches Luftfahrzeug mit mindestens 70 Sitzen und einer Reichweite von 2.000 km zur Einsatzreife zu bringen. Hierfür werden im ersten Schritt unterschiedliche hybrid-elektrische Antriebskonzepte und mögliche Flugzeugkonfigurationen untersucht.

Schon Mitte Februar stellen das DLR und der Verein Bauhaus Luftfahrt e.V. eine Konzeptstudie namens CoCoRe vor (Cooperation for Commuter Research), die belegt, daß batterieelektrisch angetriebene Jets der Commuter-Klasse schon heute grundsätzlich möglich wären. Über den 2005 gegründeten Verein hatte ich erstmals in der Übersicht 2012 berichtet (s.d.).

Im Kern handelt es sich bei dem Konzept um eine Konversion konventioneller Flugzeugtypen wie dem 19-Sitzer Do-228 oder dem Jetstream 31 zum E-Flieger. Änderungen an den Fahrwerksgondeln könnten Platz für schnell austauschbare Batterieblöcke schaffen, wobei die Akkus zwei Tonnen wiegen sollen, bei einer Gesamtflugmasse von 8,6 Tonnen. In einer solchen Konfiguration mit zwei E-Propellern als Antrieb wird eine rein elektrischer Reichweite von 200 km möglich, die sich mit Hilfe von Gasturbinen als Range Extender auf bis zu 1.000 km erhöhen ließe.

Eingesetzt werden sollen solche Commuter-Jets, von denen rund 3.000 weltweit auf Strecken im Einsatz sind, die kürzer als 200 km sind, als Zubringerflieger zwischen kleinen und großen Flughäfen, etwa zwischen Bremen und Berlin oder Münster und Leipzig. Bei zukünftig weiteren Verbesserungen der Speicherkapazität von Batterien ist auch eine rein elektrische Reichweite von über 400 km denkbar.

Neben Batterien haben auch Brennstoffzellen oder Wasserstoff das Potential, Antriebskonzepte für Kurzstreckenflugzeuge mit erheblich verringerten Emissionen und weniger Lärm im Betrieb zu bieten. So analysiert und bewertet das DLR-Institut für Technische Thermodynamik bereits seit einigen Jahren Brennstoffzellen für die Luftfahrt. Nähere Details über die entsprechenden Entwicklungen einschließlich des seit 2015 bestehenden viersitzigen Passagierflugzeugs Hy4 – dem weltweit ersten mit Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologie und Elektroantrieb – werden im Kapitelteil Wasserstoff aufgeführt (in Arbeit).

Daneben arbeiten die Forscher der diversen Fraunhofer-Institute noch an vielen  anderen Entwicklungen, welche die Luftfahrt verbessern, vereinfachen und ökologisch unbedenklicher machen sollen. So wird beispielsweise im Januar über das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) berichtet, das sich mit der Frage beschäftigt, ob Flugtaxis schon reif zum Abheben sind. Die englischsprachige Studie ‚Quo vadis 3D mobility‘ ist von der Homepage des Instituts downloadbar.

Die Arbeit von Daniel Duwe beschäftigt sich sowohl mit allgemeinen Zielen urbaner Mobilität als auch mit konkreten technologischen Fragestellungen rund um 3 D-Mobilität, mit organisatorischen Aspekten wie dem Aufbau einer adäquaten Infrastruktur sowie den Stakeholdern, die für die Umsetzung von Flugtaxis an einen Tisch gebracht werden müssen. Um den sogenannten ‚Realitätscheck‘ zu machen, werden verschiedene Anwendungsszenarien durchgespielt, wie der Alltag mit einem Flugtaxi von der Buchung bis zum Aussteigen aussehen könnte.

Letztlich stellen gesetzliche Vorgaben, die Steuerung des Flugverkehrs sowie die Errichtung von urbaner Infrastruktur, insbesondere von Vertiports zum Starten und Landen, die größten Hürden bei der Umsetzung der Produkttechnologie dar, weshalb es Duwe zufolge noch einige Jahre dauern könnte, bis Flugtaxis tatsächlich abheben.


Im März 2020 wird wiederum über einen Ansatz des Fraunhofer-Instituts Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) in Dresden berichtet, wo gemeinsam mit dem Flugzeugbauer Airbus und der TU Dresden ein Verfahren entwickelt wird, welches das Anhaften von Eis an Flugzeugen verhindert. Diese werden bei Bedarf vor dem Start zwar manuell enteist, was aber lange dauert und zudem kostspielig und umweltschädlich ist.

Außerdem kann sich während des Fluges neues Eis bilden, da die Temperaturen bei einer Höhe von mehr als 10.000 m oft unter - 50°C fallen, was das Gewicht erhöht und den Auftrieb reduziert, weshalb gefährdete Regionen beheizt werden, was wiederum zu erhöhtem Kerosinverbrauch führt.

Bei der neuen Lösung wird die Oberfläche der Regionen, an denen sich Eis bilden kann, mit einem Verfahren namens direkte Laserinterferenzstrukturierung gezielt aufgerauht, wobei regelmäßig angeordnete ‚Hügel‘ im Mikrometer- und Submikrometerbereich entstehen. Diese verhindern, daß Eis sich festsetzen kann beziehungsweise vom Luftzug abgerissen wird, wenn es sich doch einmal bildet. Erste Versuche im Windkanal zeigen Erfolge, und die Methode ist bei einem Airbus 350 bereits im realen Einsatz.


Im April melden die Fachblogs, daß das bislang im ‚Stealth-Modus‘ agierende, von Adam Goldstein und Brett Adcock gegründete und in Palo Alto ansässige Startup Archer Aviation Inc. an Elektroflugzeugen arbeitet und Ingenieurstalente von anderen Unternehmen für urbane Luftmobilität abwirbt, wie Kitty Hawk, Joby Aviation, Airbus Vahana und Wisk Aero.

Flugzeug von Archer Aviation

eVTOL der Archer Aviation
(Grafik)

Goldstein und Adcock hatten ihre 2013 aufgebaute Firma Vettery, ein ‚Marketing-Software-as-a-Service‘-Unternehmen, im Jahr 2018 für 100 Mio. $ an den Schweizer Personaldienstleister Adecco Group verkauft, was wohl Quelle für die Finanzierung des Startup darstellt. Größter Investor ist Marc Lore, der CEO von Walmart eCommerce.

Gemäß Recherchen hat Archer Aviation bereits ein Flugzeug, das im Juli 2019 als N213A-001 im Flugzeugregister der Federal Aviation Administration (FAA) registriert wurde. Hier wird es als ein ‚unbekanntes‘ Flugzeugmuster mit Elektromotor(en) beschrieben. Anderen Quellen zufolge hat das mysteriöse Lift-plus-Cruise-Flugzeug 16 Motoren und wiegt etwa 5,7 Tonnen. Als Hersteller wird in den Zulassungsunterlagen das Unmanned Aircraft Systems Research Program (UASRP) Labor der University of Florida angegeben.

In einer Pressemitteilung im April werden Einzelheiten zum Plan der Archer Aviation bekannt, ein eVTOL-Flugzeug mit einer Reichweite von 96 km mit einer einzigen Ladung zu bauen. Es soll vier Passagiere mit einer Geschwindigkeit von bis zu 240 km/h befördern – und dies mit den heutigen Batterietechnologien. Einen Zeitplan für die Serienreife des Flugzeugs oder für den elektrischen Lufttaxidienst, der mit damit betrieben werden soll, nennt das Unternehmen noch nicht.

Im Juni folgen weitere Details: Demnach verfügt das Flugzeug über sechs vordere Rotoren entlang des festen Flügels, sowie weitere sechs Rotoren für den vertikalen Auftrieb an der Rückseite, die sich im Vorwärtsflug zusammenklappen. Das 143 kWh Akku-Paket, bestehend aus sechs unabhängigen Einheiten, das ein Drittel des Gesamtgewichts ausmacht, läßt sich laut Archer in 26 kWh VTOL- und Schwebeenergie, 80 kWh hocheffiziente Reiseenergie und eine 37 kWh Notfallreserve aufteilen.

Das Unternehmen verspricht, im Folgejahr einen Demonstrator in 80 %-igem Maßstab fliegen zu lassen, an dem gegenwärtig noch gearbeitet werde.

Im Januar 2021 geht die Archer Aviation eine Forschungs- und Entwicklungspartnerschaft mit dem neugegründeten Autokonzern Stellantis (zuvor: Fiat Chrysler Automotive, FCA) ein, durch die der eVTOL-Lufttaxi-Entwickler von der kostengünstigen Lieferkette, den fortschrittlichen Verbundwerkstoffkapazitäten und der Konstruktions- und Designerfahrung des Konzern profitieren möchte. Ziel von Stellantis wiederum ist eine jährliche Produktion von 5.000 eVTOLs.

eVTOL der Archer Aviation Grafik

eVTOL der Archer Aviation
(Grafik)

Bereits einen Monat später stellt die Archer neue Grafiken ihres inzwischen Maker genannten Flugzeugs vor – und gibt Pläne für einen Börsengang durch Fusion mit der SPAC-Firma Atlas Crest Investment Corp. bekannt (SPAC = Special Purpose Acquisition Company), was zu einem Pro-forma-Unternehmenswert von 2,7 Mrd. $ (andere Quellen: 3,8 Mrd. $) führen würde.

Ebenfalls im Februar wird eine Vereinbarung mit der Fluggesellschaft United Airlines geschlossen, um die Produktion der Kurzstrecken-Elektroflugzeuge zu beschleunigen. Gemäß der Absichtserklärung wird die United ihr Know-how im Bereich Luftraummanagement einbringen und dann – sobald das Flugzeug in Betrieb ist und den Anforderungen von United entspricht – zusammen mit der Regional-Fluggesellschaft Mesa Airlines eine Flotte von bis zu 200 dieser Elektroflugzeuge erwerben, die zusammen rund 1,5 Mrd. $ kosten werden.

Allerdings wird die Archer Aviation im April von der Firma Wisk Aero LLC beschuldigt, deren eVTOL-Konstruktionen und drei ihrer wichtigsten Mitarbeiter ‚gestohlen‘ zu haben. Diese sollen zahlreiche vertrauliche Dateien heruntergeladen und zu ihrem neuen Arbeitgeber mitgenommen zu haben, die eine Vielzahl von Geschäftsgeheimnissen für Flugzeug- und Komponentendesigns, Systemdesigns, Fertigungs- und Testdaten enthalten.

Archer/Wisk-Vergleich Grafik

Archer/Wisk-Vergleich
(Grafik)

Nach Angaben von Wisk ist das Design des Archer Maker mehr oder weniger von einem vertraulichen vorläufigen Patententwurf gestohlen, den Wisk Anfang 2020 beim US-Patent- und Markenamt eingereicht hatte und der über dieselbe 12-Rotoren-Konfiguration, fünfblättrige Rotoren und ein unkonventionelles V-Leitwerk verfügt, wie das Archer-Flugzeug. Als Beweis wird ein visueller Vergleich vorgelegt, doch Archer bestreitet jegliches Fehlverhalten.

Im Mai beantragte Wisk eine einstweilige Verfügung, um Archer die Verwendung der von Wisk behaupteten gestohlenen Geschäftsgeheimnisse zu verbieten, die im Juli jedoch abgelehnt wird. Doch auch dem Antrag von Archer, die Klage abzuweisen, wird nicht zugestimmt und der Fall weiter vor dem U.S. District Court in San Francisco verhandelt.

Der Rechtsstreit zwischen den beiden Lufttaxi-Rivalen eskaliert im August erheblich, als Archer von der Wisk einen Schadenersatz in Höhe von 1 Mrd. $ verlangt, da diese eine Verleumdungskampagne gegen Archer gestartet hatte. Schließlich wird ein Geschworenenprozeß für Ende Januar 2023 angesetzt.

Im Juni 2021 stellt Archer auf dem Hawthorne Municipal Airport in Los Angeles einen maßstabsgetreuen, zweisitzigen, autonomen Prototypen des Maker vor, der noch in diesem Jahr mit Boden- und Flugtests beginnen soll.

Der Maker entspricht in etwa den bisher gezeigten Grafiken mit einer recht konventionellen Flugzeugform, einem großen Hauptflügel und einem V-Leitwerk. Entlang des Flügels befinden sich sechs Antriebskapseln mit jeweils einem zweiblättrigen hinteren Auftriebsrotor und einem fünfblättrigen vorderen Rotor, der im Horizontalflug nach vorne kippen kann. Die hinteren Rotoren lassen sich nicht ganz wegklappen, um den Luftwiderstand zu verringern, sorgen aber für größtmögliche Effizienz, indem sie sich „an der Luftströmung orientieren.“

Zwar ist der eVTOL-Flieger für Einsätze zwischen 20 und 40 Meilen ausgelegt, doch die speziell entwickelte Langstreckenbatterie kann mehr als das, weshalb die Maschine nicht nach jeder Fahrt erst wieder voll aufladen werden muß. Pro Flug sollen nur etwa 30 % des Akku-Inhalts verwendet werden, wobei der Akku so konzipiert ist, daß er am Boden in etwa 10 Minuten aufgeladen werden kann und für den nächsten Flug bereit ist. Dadurch soll das Archer-Flugzeug über 40 Flüge pro Tag absolvieren können.

Bereits kurz nach der Vorstellung gibt es Meldungen über zwei getrennte Geschäfte mit Unternehmen in Großbritannien und Brasilien, die elektrische Senkrechtstarter herstellen. Details dazu lassen sich aber nicht finden. Außerdem kündigt Archer eine Vertiport-Partnerschaft mit dem Parkplatzbetreiber REEF Technology an, der mehr als 5.000 Standorte in Nordamerika und Europa besitzt. Die Vereinbarung sieht eine „leichte Nachrüstung bestehender Parkhäuser“ vor, um sie in Los Angeles und Miami, den beiden für 2024 geplanten Startmärkten von Archer, als Vertiports zu betreiben.

Eine Woche vor der geplanten SPAC-Fusion Mitte September folgt die Bekanntgabe einer Vereinbarung mit der US Air Force im Rahmen des AFWERX Agility Prime Programms, bei der Archer Daten aus den anstehenden Flugtests zur Verfügung stellen wird, um das Verständnis der USAF für die Fähigkeiten, Systeme und den Entwicklungsfortschritt des Flugzeugs zu fördern und die Eignung des eVTOL-Flugzeugs für Zwecke der USAF zu eruieren.

Die Fusion mit der o.e. SPAC-Firma Atlas Crest Investment Corp. (ACIC), die nur zu dem Zweck gegründet wurde, durch die Hintertür an den Aktienmarkt zu gelangen, geht dann glatt über die Bühne, als die Mehrheit der Aktionäre der ACIC dafür stimmen – und Archer umgehend an der New Yorker Börse gehandelt wird. Es wird erwartet, daß das Unternehmen etwa 857 Mio. $ an Bruttoerlösen erhält, einschließlich 600 Mio. $ aus einer PIPE-Transaktion, obwohl 48,5 % der berechtigten Aktionäre ihr Rücknahmerecht ausgeübt haben.

Zu den Investoren von Archer gehören die United Airlines, Stellantis, Exor, die Baron-Kapitalgruppe, der Federated Hermes Kaufmann Fonds, Mubadala Kapital, Putnam Investments, Access Industries, Ken Moelis und Marc Lore.

Im November 2021 erhält der Maker von der FAA die MIDO-Zulassungsbescheinigung und Luftfahrzeugbeschränkungen, die als wichtige Bestandteile der besonderen Lufttüchtigkeitsbescheinigung der FAA gelten und als Grundlage für die Aufnahme von Testflügen gelten werden. Archer verlegt den Maker daraufhin von seinen Hauptsitz in eine neue Flugtestanlage, um Vorbereitungen für den ersten Schwebeflug noch in diesem Jahr zu treffen.

Tatsächlich wird die Lufttüchtigkeitsbescheinigung im Dezember erteilt, und die Firma kann Mitte des Monats mit den Schwebe- und Flugtests des Maker-Prototyps beginnen. Archer wird den kommerziellen Betrieb wahrscheinlich mit einer größeren, viersitzigen Version mit Pilot starten, deren Vorstellung im Jahr 2023 erfolgen soll, aber sobald der autonome Betrieb von der FAA genehmigt ist, will das Unternehmen auch kleinere Zweisitzer wie den Maker betreiben.

Im August 2022 erhält Archer Aviation von der United Airlines eine Anzahlung in Höhe von 10 Mio. $ für 100 eVTOL-Flugzeuge aus der Erstproduktion eines nun Midnight genannten  pilotierten Flugzeugs für vier Passagiere, das den aktuellen Daten zufolge eine Nutzlast von mehr als 450 kg und bietet.

Midnight

Midnight

Midnight ist die Weiterentwicklung des Maker und übernimmt die firmeneigene Konfiguration mit zwölf Propellern, die an sechs Auslegern an einem festen Flügel befestigt sind und alle für vertikalen Auftrieb bei Start und Landung sorgen. Die vorderen sechs Propeller lassen sich nach vorne in die Reiseflugposition kippen. Das eVTOL erreicht Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 240 km/h und kann mit einer Akkuladung bis zu 160 km weit fliegen. Allerdings ist die Maschine für den Stadtverkehr und Flüge über 32 km optimiert, mit einer Ladezeit von etwa 10 Minuten dazwischen.

Die Firma hat den Plan, nach der bis Ende 2024 angestrebten Zertifizierung im Folgejahr 250 Exemplare der batterieelektrischen Lufttaxis zu bauen und die Produktion im zweiten Jahr auf 500 Flugzeuge, im dritten Jahr auf 650 und anschließend auf etwa 2.000 Stück pro Jahr zu steigern. Archer beabsichtigt, hierfür in den nächsten zehn Jahren 118 Mio. $ zu investieren.

Im November kündigen Archer und United Airlines die erste kommerzielle elektrische Lufttaxiroute in den USA an: Vom Stadtzentrum Manhattans zum Newark Liberty International Airport über 10 km und in weniger als 10 Minuten. Zudem  werden Pläne für den Bau einer Produktionsstätte in Nähe des städtischen Flughafens Covington in Georgia bekannt – und eine neue Partnerschaft mit der taiwanesischen Firma E-One Moli Energy Corp. (Molicel) geschlossen, die die Li-Io-Batteriezellen für die Midnight-eVTOLs liefern soll.

Im Rahmen einer Open-House-Veranstaltung im November wird das Midnight-eVTOL erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt – und Ende des Monat absolviert der Maker seinen ersten vollständigen Übergangsflug, bei dem er mit einer kalibrierten Geschwindigkeit von knapp 170 km/h fliegt.


Ebenfalls im April 2020 stellt die von Alex Ivanenko u.a. im Jahr 2018 gegründete US-Firma HyPoint Inc. in Menlo Park, Kalifornien, ihren neuen luftgekühlten Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antriebsstrang vor (‚turbo air-cooled‘), der speziell für den Einsatz in hybriden VTOLs entwickelt worden ist und eine spezifische Leistung von 1.000 W/kg mit einer Energiedichte von 530 Wh/kg erreicht.

Ich erwähne dies hier, weil mehrere Unternehmen den Einsatz von Brennstoffzellen gegenüber den gegenwärtigen Lithium-Ionen-Batterien bevorzugen, vor allem in Bezug auf die Energiedichte und die Lebensdauer. Und weil ich das Kapitel Wasserstoff vermutlich nicht mehr updaten kann, wohin die diese Informationen eigentlich gehört. Ähnlich wie die in der Jahresübersicht 2017 vorgestellte Firma Bartini Inc. geht auch die Hypoint auf das Skolkovo Innovation Center in Moskau zurück, wo sie noch BMPower hieß.

Die nächste Version der Brennstoffzelle wird eine spezifische Leistung von 2.000 W/kg und eine Energiedichte von 960 Wh/kg erreichen. HyPoint befindet sich derzeit in der Prototyp-Phase und geht davon aus, daß das System Anfang 2022 für Tests bereit sein wird und 2023 zu einem Preis von 100 – 500 $/kW auf den Markt kommen wird.

Im März 2021 gibt die Hypoint die Eckdaten ihrer neuen Hochtemperatur-Protonenaustauschmembran-Brennstoffzelle (HTPEM) bekannt, die eine spezifische Leistung von bis zu 2.000 W/kg und eine Energiedichte von bis zu 1.500 Wh/kg erreicht. Im Oktober berichten die Fachblogs, daß die HyPoint eine strategische Entwicklungsvereinbarung mit der BASF New Business (BNB) unterzeichnet hat, einer Tochtergesellschaft des Chemiekonzerns BASF, um die Entwicklung und Erprobung einer neuen protonenleitenden Celtec-Membran voranzutreiben. Das neue Brennstoffzellensystem soll nun Mitte 2024 für Kunden verfügbar sein. Bislang beliefert die Firma  u.a. das Flugzeugunternehmen ZeroAvia sowie die Piasecki Aircraft Corporation (PiAC).


Die schon häufig – und zuletzt in der Übersicht 2017 – erwähnte slowenische Firma Pipistrel meldet im Juni 2020, daß das batteriebetriebene Flugzeug SW 128 Velis Electro das weltweit erste Elektroflugzeug ist, das von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) die Musterzulassung erhalten und damit Luftfahrtgeschichte geschrieben habe. Diese Zulassung bestätigt die Lufttüchtigkeit des Fliegers in seiner speziellen Flugzeugkategorie und bedeutet einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur kommerziellen Nutzung. Weil EASA und Pipistrel dabei eng zusammengearbeitet haben, war die Zertifizierung innerhalb von drei Jahren möglich.

Der in erster Linie für die Schulung entwickelte Zweisitzer ist das Herzstück des Velis-Trainingssystems. Seine aktuellen technischen Daten lauten: eine Spannweite von 10,7 m bei einer Länge von 6,47 m, ein Gesamtgewicht von 600 kg, eine Reisegeschwindigkeit von 181 km/h und eine Fluggipfelhöhe von 3.700 m. Das Leergewicht inkl. Batterien beträgt 428 kg. Als Antrieb dient ein einzelner flüssigkeitsgekühlter Pipistrel E-811 Elektromotor mit einer Maximalleistung von 57,6 kW, der von zwei ebenfalls flüssigkeitsgekühlten 11 kWh Lithium-Akkus gespeist wird, die eine Flugdauer von bis zu 50 Minuten plus 10 Minuten Reserve erlauben.

Der in Kooperation mit den Firmen EMRAX und EMSISO entwickelte Elektromotor, den Pipistrel bereits im Vormonat separat typenzertifiziert hat, ist auch für andere Flugzeughersteller verfügbar. Die erste Tranche von 31 Velis Electros soll noch in diesem Jahr an Kunden in sieben verschiedenen Ländern ausgeliefert werden. Zunächst gehen zwölf Exemplare an die AirAlpin GmbH, die sie an zehn Flugplätzen in der Schweiz stationieren will, wobei jede Basis mit Solarpaneelen von 150 m2 Fläche ausgestattet werden sollen, die zusammen jedes Jahr genug Strom für bis zu 12.000 Flugstunden produzieren sollen.

Pipistrel ist derzeit das weltweit einzige Unternehmen, das gleich vier verschiedene Elektroflugzeugmodelle anbietet: die Taurus Electro, die Alpha Electro, die Alpha electro LC, sowie nun die Velis Electro. Daneben entwickelt die Firma elektrische und hybridelektrische eVTOL-Lufttaxis, unbemannte Frachttransportdrohnen sowie ein mit Wasserstoff-Brennstoffzellen betriebenes 19-sitziges Kurz-/Mittelstrecken-Flugzeug. Und gemeinsam mit der Schweizer Firma Green Motion SA ist geplant, eine universelle und zukunftsorientierte Ladetechnologie für Elektroflugzeuge zu entwickeln.

Ende August fliegen Elektromobilisten mit einer Velis Electro in drei Tagen von den Alpen bis zur Nordsee und stellen dabei mehrere Weltrekorde auf. Dazu bedurfte es allerdings einer minutiösen Planung, da auf der gesamten Strecke keine Infrastruktur für Elektroflugzeuge existiert. Als Lösung fahren zwei Bodencrews mit Ladegeräten in Elektroautos vor dem Flieger her, der in direkter Luftlinie mit etwa 120 – 150 km/h fliegt, während sich die Autos den Straßengegebenheiten anpassen müssen.

Die von der schweizerischen ElectroSuisse dokumentierten Ergebnisse für die Anerkennung als Weltrekord, die bei der Fédération Aéronautique Internationale (FAI) eingereicht werden, sind neben dem geringsten Energieverbrauch (190 kWh für eine Distanz von 839 km, gerundet); die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit über 700 km (125,2 km/h ); die schnellste Durchschnittsgeschwindigkeit über 100 km (136 km/h); die geringste Anzahl Zwischenstopps auf 700 km Distanz; und die längsten elektrisch geflogenen Strecken in 24 / 48 / 56 Std.

Das erfolgreiche Projekt der sieben Elektroflug-Enthusiasten, darunter der Zukunftsforscher Morell Westermann, der Schweizer Pilot Marco Buholzer und der Podcaster Malik Aziz, die dafür den Verein ‚Freude der Elektromobilität‘ gegründet haben, ist auf die Homepage elektro-weltrekordflug.eu umfassend dokumentiert. Der Flieger wird anschließend beim Electrifly-In-Symposium im September auf dem Flugplatz im Schweizer Grenchen ausgestellt.

Nuuva V20 + V300 Grafik

NUUVA V20 + V300
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Ebenfalls im September wird über die autonome, hybride VTOL-Frachtdrohne NUUVA berichtet, die es als zwei Modelle geben soll: die V20 und die größere V300. Beide werden acht batteriebetriebene Pipistrel-Elektromotoren verwenden, um die acht horizontalen Propeller, die für den vertikalen Schub sorgen, unabhängig voneinander anzutreiben. Der Horizontalschub wird von einem hinteren Schubpropeller erzeugt, der von einem Verbrennungsmotor angetrieben wird.

Der kleinere, 4,5 m lange V20 ist für leichtere Lieferungen auf der letzten Meile konzipiert und kann Nutzlasten von bis zu 20 kg über eine Entfernung von etwa 250 km transportieren. Sie könnte bereits im nächsten Jahr einsatzbereit sein. Die V300 mit einer Gesamtlänge von 11,3 m und einer Spannweite von 13,2 m soll die mit einer ‚typischen‘ Nutzlast von 300 kg und einem vollen 410-Liter-Tank mit Flug- oder Autokraftstoff eine Reichweite von etwa 300 km haben.

Mit einer Nutzlast von nur 50 kg soll die Drohne sogar bis zu 2.500 km weit fliegen können, während die umgekehrt bis zu 460 kg transportieren kann, wenn die Reichweite nicht so wichtig ist. Für den sicheren und effizienten autonomen Betrieb wird das Fly-by-Wire-System von Honeywell ausgewählt. Die Firma plant, die V300 in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 in Betrieb zu nehmen, Bestellungen werden ab sofort angenommen.

Im November wird die Velis Electro vom Plane&Pilot Magazine als ‚Flugzeug des Jahres 2020‘ ausgezeichnet, zusammen mit der Epic E1000, einem einmotorigen, sechssitzigen Turboprop-Leichtflugzeug, das von Epic Aircraft aus Bend, Oregon, entwickelt wird.

Im gleichen Monat führt die im kalifornischen San Diego beheimatete Firma Beam, ein führender Hersteller von Infrastruktur für die Elektrifizierung des Verkehrs, den „weltweit ersten Flying on Sunshine-Flug“ mit einer Alpha Electro von Pipistrel durch. Der vom Reedley Municipal Airport in Fresno County ausgehende Flug wird vollständig mit Strom aus der solarbetriebenen Ladestation EV ARC von Beams versorgt.

Die später Skycharge genannte Lösung wird im September 2021 als weltweit erste Elektroflugzeug-Ladestation von der Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit (EASA) zertifiziert.

Der Entwicklungspartner Green Motion war zwischenzeitlich von dem irisch-amerikanischen Energiemanagement-Unternehmen Eaton aufgekauft worden, von dem die eingesetzte Gleichstrom-Ladetechnik stammt. Die Ladelösung kommt erstmals im April 2022 am Flughafen Bern-Belp zum Einsatz.

Bereits im März 2022 wird die Firma Pipistrel zu einem ungenannten Preis von der schon mehrfach erwähnten Textron Inc. übernommen, unter deren Dach u.a. die Flugzeughersteller Cessna, Beechcraft und Bell produzieren. Pipistrel soll allerdings eigenständig bleiben, erhält nach der Übernahme aber Zugang zu konzernweiten Ressourcen, soll es dem Unternehmen ermöglicht werden, die Entwicklung und Zertifizierung seiner Elektro- und Hybridflugzeuge zu beschleunigen. Fertigung und Weiterentwicklung bleiben in Slowenien und Italien.

Darüber hinaus plant die Textron, nach der Übernahme einen eigenständigen Geschäftsbereich namens Textron eAviation aufzubauen, der sich auf die Entwicklung einer Vielzahl neuer Elektro- und Hybridflugzeuge konzentriert. Pipistrel soll ebenfalls Teil der neuen eAviation werden.


Im Juli 2020 erscheinen die ersten Presseberichte über die Entwicklung eines senkrecht startenden und landenden Cyclokopters (o. Cyclocopter, Zyklokopter) durch den russischen Advanced Research Found, eine 2012 gegründete Forschungs- und Entwicklungsorganisation, die das Militär und die staatlichen Sicherheitsorganisationen mit innovativen Hightech-Technologien und -Produkten modernisiert und auch innovative Produkte für die zivile Nutzung bereitstellt. Demnach hat nun ein Drohnen-Demonstrator zum ersten Mal erfolgreich abgehoben.

Cyclokopter-Design Grafik

Cyclokopter-Design
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Dem Projektleiter Yan Chibisov zufolge sind die hauptsächlichen Vorteile eines Cyclokopters im Vergleich zu einem Hubschrauber seine bessere Manövrierfähigkeit, die wesentlich geringeren Abmessungen und die abgeschirmten Rotoren. Insbesondere benötigt ein Cyclocopter bei gleichen Abmessungen und gleichem Startgewicht eine geringere Motorkapazität, während seine Nutzlastmasse fast doppelt so groß sei. Hinzu kommt ein niedriger Geräuschpegel im Vergleich zu einem Hubschrauber oder einem Quadrokopter.

Eine ausführliche Entwicklungsübersicht der Zykloidalrotoren, Cyclokopter, Cyclolettes und Cyclogyros ab den 1910er Jahren bis 2011 – wie z.B. der sehr ähnliche D-Dalus der österreichischen Firma Innovative Aeronautical Technology GmbH (später: Cyclotech) – findet sich unter Antriebs-Varianten als Teil der Darrieus-Rotoren. Der kleinste funktionierende Cyclokopter, der bislang entwickelt wurde, stammt von einem Team der Texas A&M University und ist in der Jahresübersicht 2016 zu sehen.

Die Konstruktionsgrundlage des aktuellen Systems geht auf den Wettbewerb Free Takeoff der Russian Foundation for Advanced Study (FPI) im Jahr 2017 zurück, um das beste senkrecht oder ultrakurz startende und landende Flugzeug für die urbane Luftmobilität zu entwickeln. Das siegreiche Team der Firma Flash-M aus Krasnoyarsk schlägt zyklische Propeller für das VTOL vor,  Cyclic Mover, bei denen es sich um einen Satz von fünf Schaufeln mit begrenzter Länge handelt, die zwischen den Seitenscheiben installiert sind und sich frei um die Längsachse drehen können.

Cyclone 2020

Cyclone 2020

Ende 2018 genehmigt der wissenschaftlich-technische Rat der Stiftung das Projekt zur Entwicklung einer vertikalen Auftriebs- und Landedrohne mit vier Zykloidalrotoren, die paarweise an den Seiten des stromlinienförmigen Rumpfes angeordnet sind.

Das aktuelle kleine Versuchsmodell der Flash-M ist 60 kg schwer, kann eine Nutzlast von bis zu 20 kg tragen und wird bereits Flugtests unterzogen, einschließlich der Fähigkeit, das Flugzeug im VTOL-Flug und im Vorwärtsflugmodus zu fliegen, um das automatische Steuerungssystem zu verbessern. Es ist zudem geplant, einen Hybridmotor einzubauen, damit die Drohne mehr als 60 Minuten lang fliegen kann.

Als der Advanced Research Fund im August den nun Cyclone 2020 genannten Cyclocopter-Flugdemonstrator auf dem internationalen Militär- und Technikforum Army-2020 in der Nähe von Moskau vorstellt, wird auch mitgeteilt, daß man beabsichtigt, bis 2024 ein fliegendes Passagierfahrzeug in voller Größe für das russische Verteidigungsministerium zu entwickeln, das bis zu sechs Personen befördern kann, die auf beiden Seiten des Flugzeugs und am Heck ein- und aussteigen können. Hier gelten als besondere Vorteile, daß ein derartiger Cyclocar problemlos zwischen Hindernissen fliegen, an vertikalen Flächen andocken und auch von schrägen Flächen mit einer Neigung von 30° aus zu starten und darauf zu landen vermag.

Die Höchstgeschwindigkeit des Cyclocar, der statt Tragflächen Antriebstrommeln mit einen Durchmesser von 1,5 m hat und über ein Fahrwerk mit vier festen Rädern verfügt, wird auf 250 km/h geschätzt, seine Reichweite soll 500 km betragen, die maximale Nutzlastkapazität 600 kg. Der erste autonome, sechssitzige Cyclocar in voller Größe von 6,2 x 6,0 m und mit einem Gewicht von bis zu 2 Tonnen soll im Jahr 2022 als vollelektrischer Prototyp fliegen. Eine Hybridversion wird später folgen.

Im April 2021 wird der Beginn einer neuen Arbeitsphase angekündigt. Die Cyclone-Entwickler planen, eine ganze Reihe von Geräten zu entwickeln. Fracht bis zu 20 kg wird von einer 60 kg schweren Cyclodron übernommen, größere Ladungen, einschließlich Passagiere, werden von dem 2 Tonnen schweren Cyclocar befördert, und in fernerer Zukunft könnte ein schwerer Cyclotruck (o. Cyclotrac) erscheinen, der bei einem Startgewicht von 10 Tonnen bis zu 4 Tonnen Fracht befördern kann.

CycloTech-Demonstrator

CycloTech-Demonstrator


In diesem Zusammenhang – und im Vorgriff auf die Chronologie – soll auch die österreichische Firma CycloTech GmbH vorgestellt werden, die auf Grundlage derselben Technologie an einem  Cyclogiro-VTOL arbeitet, wobei sie sich dabei explizit auf die o.e. Konzeptstudie D-Dalus von 2011 bezieht, die damals von der ebenfalls österreichischen Vorläufer-Firma Innovative Aeronautical Technology GmbH bis zum Stand eines unbemannten Prototypen entwickelt worden war.

Im Oktober 2021 veröffentlicht die CycloTech das zwei Monate zuvor aufgenommene erste Flugvideo ihres 83 kg schweren, 2,4 m lang und 1,9 m breiten, elektrisch betriebenen Technologie-Demonstrators beim gefesselten Indoor-Start-, Schwebe- und -Landetest. Das stabil wirkende Fluggerät, das eine Reisegeschwindigkeit von 50 km/h erreichen kann, ist mit vier CycloRotoren mit 360°-Schubvektorsteuerung ausgestattet, wodurch der Schub auch gerade nach unten, vorwärts, rückwärts oder irgendwo dazwischen ausgerichtet werden kann. Die Ausdauer beträgt allerdings nur zwei bis fünf Minuten.

Die Maße und Werte der eingesetzten Rotorprototypen mit fünf Flügeln lauten: Durchmesser 350 mm, Spannweite 420 mm, Umdrehungszahl bis 3.100 U/min, maximale Schubkraft 247 N. Die CycloTech hatte zuvor seit 2016 neun verschiedene Rotorprototypen getestet. Erste statische Prüfstandstests für Leistung und Schub der aktuellen Design-Iteration, die in der Flugdemonstration verwendet wird, wurden 2019 durchgeführt, einschließlich Tests in einem Windkanal an der Universität Glasgow.

Der jüngsten Meldung vom April 2022 zufolge hat die CycloTech gemeinsam mit der Firma Yamato Holdings Co. Ltd. eine Machbarkeitsstudie über die Anwendung der neuen CycloRotor-Antriebstechnologie abgeschlossen, um eine eVTOL-Transportdrohne der Mittelklasse zu entwickeln, die in der Lage ist, in engen Bereichen mit einem Durchmesser von 5 m präzise zu landen und auch mit schwierigen Windverhältnissen umzugehen. Sie soll 45 kg Nutzlast über eine Entfernung von 40 km transportieren. Die 35-seitige Studie ist im Netz abrufbar (‚CycloRotors for Advanced Aerial Logistics‘).

Das aktuelle, kompakte Design mit einer Grundfläche von nur 2,7 x 2,5 m, das auf umfangreichen Berechnungen, Windkanal-Tests und den ersten Flügen eines Technologie-Demonstrators basiert, besitzt ein batteriebetriebenes Antriebssystem mit sechs CycloRotoren, die eine Stabilität auch bei Seitenwinden von bis zu 18 m/s gewährleisten.

CycloTech-Airtaxi Grafik

CycloTech-Airtaxi
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Neben den Rotoren von CycloTech umfaßt die Studie das von Yamato entwickelte PUPA701 (Pod Unit for Parcel Air-transportation). Dieses Pod ist Teil der PUPA-Familie von abnehmbaren und kompatiblen Frachtbehältern, die von eVTOL-Flugzeugen oder anderen modernen Luftfahrzeugen mitgeführt werden können. Er ermöglicht eine vom Prozeßzyklus des Flugzeugs getrennte Be- und Entladesequenz, um eine sichere und schnelle Bodenabfertigung und einen effizienten Frachtlogistikprozeß zu gewährleisten.

Daneben gibt es Planungen für ein 7 m langes und 5 m breites, 4-sitziges, vollelektrisches CycloTech-Airtaxi mit einem Gewicht von 2,2 Tonnen und einer Zuladung von 400 kg. Bei einer Reichweite von 85 km bzw. einer Flugzeit von 40 Minuten soll es eine Reisegeschwindigkeit von 150 km/h erreichen. Hier sind Rotoren in den Maßen 100 x 120 cm  und einer Umdrehungszahl bis 1.600 U/min vorgesehen.


Ebenfalls im Juli 2020 berichtet die Presse im Zuge der virtuellen Farnborough Airshow, daß das von Kamran Iqbal gegründete Ingenieur- und Entwicklungsunternehmen Electric Aviation Group (EAG) mit Sitz in Bristol einen elektrisch-hybrid betriebenen Passagierjet konzipiert hat, der bereits im Jahr 2028 (andere Quellen: 2030) auf den Markt gebracht werden soll.

H2ERA Grafik

H2ERA
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In dem neuen Jet namens H2ERA (hybrid electric regional aircraft) werden 70 – 90 Passagiere Platz finden, und er soll bis zu 1.500 km weit fliegen können. Bislang arbeitet kein Startup und auch keines der etablierten Luftfahrtunternehmen an einem so großen Passagierflugzeug mit elektrisch-hybridem Antrieb.

Da die Experten davon ausgehen, daß solche Flugzeuge zunächst nur im unteren Marktsegment Realität werden, also in Größen mit bis zu 19 Sitzen, sind bereits signifikante Summen in die Entwicklung solcher Modelle geflossen – was laut Iqbal aber die falsche Strategie sei, da solche kleinen Flugzeuge nicht die Nachfrage nach großvolumigem Luftverkehr bedienen können.

Mit der Hera sollen die Treibhausgasemissionen pro Passagier und geflogenem Kilometer um 70 % sinken, außerdem soll das Flugzeug mit sehr kurzen Start- und Landebahnen auskommen. Es soll auf der Flugzelle und dem Leitwerk zudem mit Solarzellen belegt werden. Gleichzeitig ist es modular aufgebaut, so daß es ohne großen Aufwand in einen Frachter umgewandelt werden kann und/oder künftige Antriebstechnologien – z.B. mit Wasserstoff – integriert werden können. Um die Idee zusammen mit Zulieferern umzusetzen, sind allerdings ca. 5 Mrd. $ erforderlich.


Hierzu paßt auch eine Meldung vom September 2020, der zufolge die Firma Carbon Footprint Ltd. und ihr Gründer John Buckley den Freedom Flight Prize ins Leben gerufen haben, einen Wettbewerb, bei dem es darum geht, den Atlantik zu 100 % mit erneuerbaren Energien zu überqueren – in einem Passagierflugzeug mit Sitzplätzen für 100 Personen. Den Bedingungen nach muß das Flugzeug einen Hin- und Rückflug von London nach New York in weniger als zehn Stunden absolvieren und den Rückflug innerhalb von 24 Stunden nach dem Start der Hinreise beenden.

Der Wettbewerb steht Herstellern, Forschungs- und Hochschulgruppen sowie Erfindern offen, wobei der oder die Gewinner einen ausschließlich von Sponsoren aufgebrachten Preis erwarten können, der zum Zeitpunkt des Gewinns – wohl nicht vor 2029 – voraussichtlich mehr als 10 Mio. £ wert sein wird. Im Februar 2021 werden die ersten Teilnehmer bekanntgegeben: die bekannte ZeroAvia mit Sitz in den USA und Großbritannien, die erst 2019 gegründete Okulu Aerospace Ltd. mit Sitz in Indien, sowie die The ePlane Company, ebenfalls mit Sitz in Indien. Bislang ist über diese beiden Firmen aber noch nichts Näheres zu finden.


Ebenfalls im September 2020 ist zu erfahren, daß nun auch General Motors (GM) die Optionen auf dem Lufttaximarkt prüft, einschließlich des Baus der entsprechende Fahrzeuge. Dem in Detroit ansässigen Unternehmen zufolge würde dies gut mit der Entwicklung von Elektrofahrzeugen und der firmeneigenen, fortschrittlichen Elektrobatterie Ultium zusammenpassen.

Die GM-Studie über den Markt für Luftmobilität ist Teil des Vorstoßes der GM-Innovationsgruppe, andere Transportmärkte mit absehbarem Wachstum zu erkunden. Immerhin haben Unternehmens- und Privatinvestoren bis zu diesem Zeitpunkt schon mindestens 2,3 Mrd. $ in mehr als 100 elektrische Lufttaxi- und Drohnen-Startups investiert.

Tatsächlich präsentiert  GM auf der Consumer Electronics Show (CES) im Januar 2021 in Las Vegas, die in diesem Jahr ausschließlich online stattfindet, die Konzeptstudie eines fliegenden, futuristischen Cadillac, bei dem sich die Entwickler ein ganzes Stück weit vom klassischen Design eines Automobils entfernt haben. In die Luft gehoben wird der Senkrechtstarter von vier Rotoren, die jeweils von einem 90 kW Elektromotor angetrieben werden.

Aktuell könne allerdings jeweils nur eine Person mit dem besonderen Cadillac fliegen, doch GM hat bereits angekündigt, auch an einer Studie mit zwei Sitzplätzen zu arbeiten.

Kiwigogo

Kiwigogo

Der von Alibaba (Alibaba Group Holding Ltd.) unterstützte und 2013 (o. 2014) gegründete Elektroautohersteller XPeng Motors Inc. in Guangzhou, der seit 2018 zwei Elektro-Fahrzeuge auf den Markt gebracht hat, präsentiert auf der Beijing Auto Show im September das erste einer Reihe von fliegenden Elektrofahrzeugen, die das Start-Up entwickelt. Die Firma war im  Sommer diesen Jahres an die New Yorker Börse gegangen und hatte dabei 1,5 Mrd. $ eingesammelt.

Mit acht Propellern und einem kapselartigen Rahmen ähnelt das Kiwigogo genannte Fahrzeug eher einer Drohne, die einen Menschen trägt, als einem fliegenden Auto. Der ursprüngliche Name des Fluggeräts, das seinen Erstflug im Juni 2018 machte, lautete Kiwigogo T-One (o. T-1 bzw. A-1), wird jetzt aber im September 2020 wird der Name des Flugzeugs auf Kiwigogo verkürzt. Das Fluggerät mit offenem Cockpit – es gibt eine Frontscheibe, aber die Seiten sind offen - besitzt acht Propeller mit acht Elektromotoren à 80 kW, hat ein maximales Abfluggewicht von 800 kg, eine Höchstgeschwindigkeit von 72 km/h und eine Reichweite von 30 km oder 30 Minuten.

Der Prototyp wurde von XPeng Heitech entwickelt, einer Technologieeinheit, die sich mehrheitlich im Besitz von XPeng und dessen CEO He Xiaopeng befindet und Teil der langfristigen Forschungs- und Entwicklungsarbeit des Unternehmens ist. Das Kiwigogo befindet sich der Firma zufolge im siebten Jahr seiner Entwicklung und verfügt über 15 Patente.

Das Fluggerät kann einen Passagier aufnehmen und ist für niedrige Flughöhen von 5 – 25 m konzipiert. Die Landung erfolgt auf drei Kufen. Bislang sollen schon etwa 10.000 ‚Sicherheitstests‘ durchgeführt worden sein. Für die Firma ist dies aber keine Abkehr von ihrem Kerngeschäft, der Herstellung von Elektrofahrzeugen, weshalb sich die Bemühungen en im Bereich der luftgestützten Elektromobilität bis auf Weiteres auf Forschung und Entwicklung sowie auf experimentelle Designs konzentriert.

Auf der Shanghai Auto Show im April 2021 stellt die XPeng Huitian, eine Abteilung von XPeng Motors, den Prototypen eines fliegenden Autos der vierten Generation namens Voyager X1 vor, das etwa so groß ist wie ein Elektroautos, aber senkrecht starten und in einer Parklücke landen kann. Das Fluggerät soll bereits mehr als 15.000 bemannte Testflüge absolviert haben und bis Ende des Jahres auf den Markt gebracht werden. Doch daraus wird nichts.

Während sich der X1 noch in der Entwicklung befindet, werden im Juli Aufnahmen eines neuen fliegenden Autos mit autonomen Fähigkeiten veröffentlicht. Das Modell Voyager X2 (o. XPeng X2) ist ein Quadrokopter mit geschlossenem Cockpit für zwei Personen, wird als Flugfahrzeug der fünften Generation bezeichnet und mit einem 1,5-minütigen Video in Aktion gezeigt, allerdings ferngesteuert und ohne menschliche Passagiere.

Das elektrisch betriebene X2, das auch eine autonome Flugbahnplanung durchführen kann, wiegt inklusive Batterien 560 kg, hat eine Nutzlastkapazität von 200 kg, eine Flugdauer von 35 Minuten und kann eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h erreichen. Es geht dank acht Propellern auf vier Achsen in die Luft und verfügt über acht unabhängige Batteriegruppen, die eine redundante Stromversorgung bieten, falls eine der Zellen ausfällt. Zur Sicherheit soll es zudem mit einem Schleuderfallschirm geliefert werden.

Design der HT Aero Grafik

Design der HT Aero
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Ende August wird berichtet, daß der X2 aktuell Tests in extremen Umgebungen unterzogen wird, darunter in großen Höhen über Städten wie Xining und Yushu in der nordwestchinesischen Provinz Qinghai. Bereits im Juni hatte er mehrere interne Flugtests auf Flugplätzen in Guangzhou, Dongguan und Jiangmen absolviert. Er wird auch in der Lage sein, auf der Straße zu fahren, und soll dort mit einer einzigen Ladung über 600 km weit kommen. Die Firma plant, die Fluggeräte ab 2024 an ihre Kunden auszuliefern.

Im Oktober 2021 stellt die XPeng auf ihrem jährlichen Tech Day eine Reihe von technologischen Innovationen vor, darunter das Design eines neuen straßentauglichen fliegenden Autos, das von der Tochtergesellschaft HT Aerospace Technology Co. Ltd. (HT Aero) entwickelt wurde. Der neue zweisitzige Multikopter der sechsten Generation namens X3 zeichnet sich durch ein leichtes Design und zwei riesigen, automatisch faltbaren Doppelrotoren aus, die eine fast nahtlose Umstellung vom Fahr- auf den Flugmodus ermöglicht.

Wenn es an der Zeit ist, in die Luft zu gehen, fahren die beiden gegenläufigen Propeller auf Knopfdruck aus dem übergroßen Heck heraus, dessen lange Abdeckung dem Deckflügel eines Käfers ähnelt (und auf den Abbildungen dezent versteckt wird). Trotzdem wird der Entwurf in den Kommentaren mit einem Bugatti-Hypercar verglichen, welcher Propeller im Stil des VTOL V-22 Osprey von Bell-Boeing besitzt.

Außerdem wird in diesem Monat bekanntgegeben, daß die HT Aero in einer A-Finanzierungsrunde mehr als 500 Mio. $ eingesammelt habe – was im November 2022 noch übertroffen wird, als die XPeng Aeroht, eine vor neun Jahren gegründete Tochtergesellschaft der XPeng Motors, von vier lokalen Banken eine Kreditfazilität in Höhe von rund 828 Mio. $ erhält, um die zukünftige Forschung und Entwicklung sowie die Produktion von fliegenden Autos zu unterstützen. Hierfür geht die XPeng Aeroht eine strategische Partnerschaft mit der Agricultural Bank of China, der China Construction Bank, der China CITIC Bank und der Pudong Development Bank ein.

Zwischenzeitlich waren im Juni 2022 Abbildungen aus dem jüngsten Patent der Xpeng veröffentlicht worden, auf denen die Rotoren in einer Art Dachcontainer zusammengefaltet erscheinen, der fast so groß ist wie das Auto selbst. Der Flugmechanismus sitzt auf einem Rahmen und ist mit Einrast- und Verriegelungsteilen, Auslegern usw. ausgestattet, von denen einige auf den Patentbildern des Klappmechanismus zu sehen sind.

Außerdem erscheinen einige Spionagefotos des Flugautos auf den Straßen von Chongqing, die belegen, daß XPeng das Fahrzeug wirklich testet. Verwendet wird die Karosserie einer stark modifizierten Elektro-Limousine XPeng P7, bei der die Vorderräder nach vorne versetzt und die Spur beträchtlich verbreitert wurde. Außerdem ist das Auto länger als der ursprüngliche P7.

Testflug des X3

Testflug des X3

Zudem wird im Juli ein Video des Voyager X2 veröffentlicht, das eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h sowie eine Art ‚Notbremsung‘ in der Luft zeigt – sowie bekanntgegeben, daß die XPeng Aeroht in der Stadt Hualong in Guangzhou eine Testproduktionsanlage für das Fluggerät in Betrieb genommen habe. Dies soll hauptsächlich für die Vorproduktion, die Prozeßvalidierung und die Leistungstests des fliegenden Autos vor der Massenproduktion verwendet werden.

Im September absolviert der X3 mit seinen vier Rotor-Auslegern den ersten öffentlichen Testflug, bei dem er perfekt zu funktionieren scheint, wie das einen Monat später veröffentliche Video zeigt. Dabei steigt das unbemannte und ferngesteuerte Flugauto auf 10 m Höhe, schwebt etwa 30 Sekunden herum, fliegt vorwärts, dreht sich und landet wieder sanft. Das Fluggewicht wird mit 1.963 kg angegeben. Auch mehrere Tests mit dem Ausfall eines einzelnen Motors werden erfolgreich bewältigt.

Auf der Technologiemesse Gitex Global in Dubai im Oktober erfolgt wiederum der weltweit erste öffentliche Flug des zweisitzigen X2, der mit seinen Design und den vertikal öffnenden Türen an den DeLorean aus dem Film Zurück in die Zukunft erinnert. Obwohl das Video mit einer Aufnahme beginnt, in der Xiaopeng in den X2 einsteigt, scheint das Fahrzeug in den nachfolgenden Flugaufnahmen unbemannt zu sein. Die aktuelle Version des eVTOL mit Kohlefaserkörper mißt 4,97 m in der Länge, 4,78 m in der Breite und 1,36 m in der Höhe, wobei die Ausleger zusammengeklappt werden können, wodurch sich die Breite auf 1,83 m verringert.

Alérion M1h

Alérion M1h


Im November 2020 stellen die Blogs einen Zweisitzer namens Alérion M1h vor, der von der französischen Firma Avions Mauboussin in Belfort in Zusammenarbeit mit der Université de Technologie de Belfort-Montbéliard (UTBM) und anderen Industriepartnern seit 2016 entwickelt wird. Das Fluggerät startet und landet mit einem Elektromotor, während es im Reiseflug auf einen Verbrennungsmotor umschaltet.

Dieser Antriebsstrang und die Verwendung leichter natürlicher Verbundwerkstoffe – dabei ist von einer hölzernen Flugzeugzelle und Verkleidungen aus Flachs und Hanffasern die Rede – sollen eine Reichweite von mehreren hundert Kilometern und eine Reisegeschwindigkeit von 250 km/h ermöglichen. Am Ende soll das Flugzeug ausschließlich von einer Wasserstoff-Brennstoffzelle angetrieben werden.

Das Projekt zielt auf einen ersten Flugtest noch im Jahr 2020, den Verkauf von Bausätzen im Jahr 2021 und die industrielle Vermarktung ab 2022 mit etwa sechzig Verkäufen pro Jahr. Später ist zu hören, daß das Jahr 2020 verschiedenen Materialtests und der Vorbereitung des Zusammenbaus des Prototyps gewidmet ist, der für 2021 geplant ist, bevor der Erstflug für 2022 vorgesehen ist.

Ein zweites Flugzeug mit dem Namen Alcyon M3c wird Platz für fünf Passagiere bieten, eine Reichweite von 1.500 km und eine Reisegeschwindigkeit von 370 km/h erreichen. Wie der Alérion M1h wird auch diese zunächst mit einem Hybridantrieb ausgestattet sein, der später auf Wasserstoffantrieb umgestellt werden soll. Die Doppelpropeller an den Enden der Flügel sind dafür gedacht, „Energie zurückgewinnen, die sonst im Wirbel der Flügelspitzen verloren geht.“

Der Erstflug der Hybridversion der Alérion M1h ist für das Jahr 2022 geplant, gefolgt von der Markteinführung im Jahr 2024, in dem dann auch der Erstflug der Wasserstoffversion erfolgen soll. Die Kommerzialisierung des Alcyon M3c soll im Jahr 2026 folgen.

Zum Hintergrund des Firmennamens: Von 1928 bis 1948 war der französische Hersteller Avions Mauboussin für seine leichten Sportflugzeuge bekannt, die sich durch hervorragende aerodynamische Leistungen auszeichneten. Der Name wurde durch das von David Gallezot im Jahr 2011 gegründete Unternehmen quasi wiederbelebt.

Vertiia Grafik

Vertiia
(Grafik)


Ebenfalls im November wird ein weiteres senkrecht starten und landendes Fluggerät gezeigt, das sich ansonsten aber wie ein normales Flugzeug bewegt, und mit dem ab 2023 Kranke und Verletzte in Australien transportiert werden sollen. Der schalenförmige Ambulanzflieger Vertiia hat im Normalfall Platz für vier Passagiere nebst Pilot oder für 500 kg Fracht und erreicht eine Geschwindigkeit von 300 km/h, weitaus mehr als ein üblicher Hubschrauber. Wenn Kranke transportiert werden müssen, reicht der Platz für zwei Krankenliegen.

Der Einsatz ist besonders in ländlichen Gebieten gedacht, wo Patienten oft mit einem Krankenwagen zum Flughafen gebracht, in ein Flugzeug verladen und dann per Krankenwagen ins Hospital transportiert werden müssen, während der Vertiia die Patienten von Tür zu Tür bringen kann.

Der Ambulanzflieger wird von dem im Juni 2017 von Andrew Moore (AM) und seiner Frau  Siobhan Lyndon (SL) gegründeten australischen Flugzeughersteller AMSL Aero Pty Ltd. entwickelt, gemeinsam mit einem Team um Prof. Dries Verstraete von der University of Sydney, dem Autonomie- und Sensorspezialisten Mission Systems sowie der australischen flugmedizinischen Organisation CareFlight.

Aus dem Programm Cooperative Research Centres Projects (CRC-P) der australischen Regierung gibt es einen Innovationszuschuß in Höhe von 3,3 Mio. AU$, von der Regionalregierung von New South Wales kommen weitere 950.000 AU$, und die in London ansässige IP Group investiert 3,3 Mio. AU$ in das Unternehmen.

Angetrieben wird der Zwitter aus Hubschrauber und Flugzeug von acht elektrischen, umschaltbaren Multirotoren, die auf zwei breiten Kohlefaserstangen am oberen Heck und an der unteren Front montiert sind. Die Propeller können beim Start, im Schwebeflug und bei der Landung senkrecht nach oben und im Reiseflug vollständig horizontal ausgerichtet werden, wobei die Hauptblattflächen mit den Propellern kippen. Sie beziehen ihren Strom aus handelsüblichen Batterien mit 22 Wh/kg, wobei die Reichweite bei dieser Betriebsart etwa 250 km beträgt.

Wenn die Wasserstoff-Brennstoffzelle an Bord zugeschaltet wird, reicht der Strom für mindestens 800 km. Nach einem Entwurf in einem Fünftel der Größe ist inzwischen auch ein Prototyp in Originalgröße weitgehend fertiggestellt, der bald auf dem Narromine Airport in New South Wales getestet werden soll. Autonome Fähigkeiten werden folgen, sobald „das effizienteste eVTOL der Welt“ vollständig fertig ist bzw. sobald derartige Systeme zugelassen werden.

Im Dezember 2020 laufen Tests mit dem inzwischen fertiggestellten Prototypen am Flughafen von Narromine, die ersten offiziellen Flüge sind ab 2023 geplant.


Nach den technisch fortgeschrittenen Projekten sollen nun eine Übersicht über die neuen Designs sowie über weitere Themen in Bezug auf personentragende Fluggeräte folgen.


Im Januar 2020 unterschreiben der Ultraleichtflugzeug-Hersteller Breezer Aircraft und der Elektrofahrzeug-Umrüster eCap Mobility einen Kooperationsvertrag über die Entwicklung eines Brennstoffzellen-Antriebs, mit dem einmotorige Flugzeuge nachgerüstet und elektrifiziert werden können, wie z.B. kleine Sportflieger. Im ersten Schritt ist ein Batterie-elektrischer Prototyp geplant. Bei dem ein von Breezer Aircraft entwickelter E-Antrieb in ein Kleinflugzeug vom Typ Breezer B440-6 eingebaut werden soll. Der Strom dafür kommt aus einem Hochleistungsbatteriespeicher von eCap.

In einer zweiten Projektphase soll neben dem Akku eine Brennstoffzelle eingebaut werden, um den Strom an Bord zu erzeugen, während die Batterie als Pufferspeicher weiter Teil des Antriebssystems bleibt. Zeitpläne für die beiden Projektphasen sowie Leistungsangaben von E-Motor, Batterie und Brennstoffzelle oder die geplante Reichweite des E-Flugzeugs werden in der Mitteilung nicht genannt.


Ebenfalls im Januar findet in San Jose, Kalifornien, die jährliche Weltkonferenz Transformative Vertical Flight 2020 der Vertical Flight Society (VFS) statt, die u.a. das siebte jährliche Electric Vertical Takeoff and Landing (eVTOL) Symposium sowie die International Powered Lift Conference umfassen, die sich mit den Technologien, Versprechungen und Fortschritten von motorisierten Auftriebssystemen beschäftigt.

Die VFS hatte Anfang Dezember des Vorjahres das 230. eVTOL-Flugzeugmuster in das seit 2016 bestehende World eVTOL Aircraft Directory aufgenommen (www.eVTOL.news/aircraft). Die NASA sowie Finanzinvestitions- und Analyseunternehmen gehen zu diesem Zeitpunkt davon aus, daß in den kommenden Jahrzehnten bis zu 100.000 eVTOL-Flugzeuge kommerziell fliegen könnten, und dies im Rahmen des neu entstehenden eVTOL-Marktes im Wert von 500 – 2.000 Mrd. $.

FutPrInt50-Konzepte (Grafik

FutPrInt50-Konzepte
(Grafik)


Im Januar startet zudem die bis zum Dezember 2022 laufende und von der EU finanzierte Initiative FutPrInt50 (Future Propulsion and Integration towards a hybrid-electric 50-seat regional aircraft), die ein internationales Konsortium aus Universitäten, KMUs, Erstausrüstern und Organisationen zusammenbringt, um die Entwicklung der Technologien zu beschleunigen, die für die Bereitstellung eines kommerziellen Hybrid-Elektroflugzeugs für 50 Passagiere erforderlich sind, das zwischen 2035 und 2040 in Dienst gestellt werden könnte.

Das im Rahmen des EU-Programms HORIZON 2020 geförderte Projekt soll eine offene Forschung betreiben, um die Ergebnisse mit der Öffentlichkeit und anderen Forschern zu teilen und so sicherzustellen, daß jeder an der Entstehung der Geschichte teilhaben kann. Der Fokus liegt dabei auf den Bereichen Energiespeicherung, Energierückgewinnung und Thermalmanagement hybrider Systeme.

Die EU-Förderung beträgt 4,7 Mio. €. Durch weitere Mittel, die von internationalen Projektpartnern aus der EU, Brasilien, Kanada, Russland und den USA bereitgestellt werden, beträgt das Gesamtbudget für das von der Universität Stuttgart koordinierte Vorhaben insgesamt 7,63 Mio. €. Bis zum Ende des Projekts soll ein Technologiefahrplan für die verschiedenen benötigten Komponenten sowie einer für die Normen, die für die Zertifizierung erfüllt werden müssen, entwickelt werden. Parallel dazu wird der Entwurf für ein Hybridflugzeug erstellt, der an einen Flugzeughersteller übergeben werden könnte, um ihn in die Tat umzusetzen.


Im Februar wird berichtet, daß der staatliche schwedische Flughafenbetreiber Swedavia noch in diesem Jahr einen der Flughäfen des Landes für elektrisch betriebene Flugzeuge fit machen will. Was den Klimaschutz in der Luftfahrt angeht, ist Schweden bereits ein Vorreiter: Das Land plant eine Biotreibstoffpflicht für Airlines und die Flughäfen begnügen sich nicht damit, nur mit Hilfe von Kompensationsmaßnahmen CO2-neutral zu arbeiten. Luleå, Ronneby und Visby schaffen das schon – und die anderen Airports sollen im Laufe dieses Jahres auch soweit sein, inklusive Stockholm-Arlanda.

Im nächsten Schritt steht nun eine Elektroflugstrategie an, die vorsieht, alle zehn Flughäfen von Swedavia auf elektrisch betriebene Flugzeuge vorzubereiten. Im Herbst soll als Test der Airport Åre Östersund entsprechend ausgerüstet werden. Dabei geht es um Ladestationen für Flieger, aber auch um formale Anforderungen wie die nötigen Genehmigungen. Anschließen sollen Testflüge mit Flugzeugen und Drohnen im Luftraum zwischen Åre Östersund und dem Flughafen Røros in Norwegen erfolgen. 2025 soll dann der erste E-Linienflug folgen und bis 2045 will Schweden nur noch CO2-freien Luftverkehr abheben lassen.


Eine sehr interessante technische Entwicklung wird im Mai veröffentlicht. Demnach haben die Wissenschaftler Dan Ye, Jau Tang und Jun Li von der Universität Wuhan eine elektrische Strahlturbine konstruierte, die in etwa denselben Schub wie ein herkömmliches, kerosinbetriebenes Düsenstrahltriebwerk erzeugt. In der ‚Brennkammer‘ der Turbine befindet sich ein Magnetron, das elektromagnetische Wellen im Mikrowellenbereich erzeugt. Diese konzentrieren sich derart, daß aus komprimierter Luft ein heißes Plasma entsteht, das sich stark ausdehnt und damit den Schub erzeugt.

Die chinesischen Wissenschaftler betonen, daß ihre Erfindung ein echter Mikrowellen-Düsenantrieb sei, der real für die Luftfahrt nutzbar sei. Im Versuch wird die Stärke des Schubs mit einer Stahlkugel gemessen, wobei die Ergebnisse den Schluß zulassen, daß dieser Antrieb mit einem regulären Düsentriebwerk konkurrieren kann. Zu lösen ist allerdings noch ein gewichtiges Problem, woher nämlich die beträchtliche Energie kommen soll, um das Magnetron am Laufen zu halten.

Der Artikel unter dem Titel ‚Jet propulsion by microwave air plasma in the atmosphere‘ ist im Netz einsehbar.


Mitte Mai 2020 stellt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer in Berlin den Aktionsplan der Bundesregierung für ‚unbemannte Luftfahrtsysteme und innovative Luftfahrtkonzepte‘ mitsamt dem entsprechenden Rechtsrahmen vor. Ein gängiger Einsatz von Flugtaxis könne Scheuer zufolge schon drei Jahren möglich sein.

Zeitgleich wird berichtet, daß das vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau geförderte Testfeld eFliegen BW weiter Gestalt annimmt, wo an zwei Standorten in Lahr im Schwarzwald und Mengen bei Sigmaringen in Zukunft das elektrische und autonome Fliegen unter realitätsnahen Umgebungsbedingungen erprobt werden soll. Aktuell befindet sich das Testfeld in der Aufbauphase, die bis zum Jahresende abgeschlossen sein wird. Den Aufbau des mit insgesamt 1,3 Mio. € geförderten Testfelds koordiniert das Institut für Flugmechanik und Flugregelung der Universität Stuttgart.

Nachdem einzelne der mehr als zehn Projektpartner bereits im vergangenen Herbst erste Erprobungsflüge durchgeführt haben, soll das Testfeld nach Lockerung der Corona-Beschränkungen in wenigen Wochen auch für Erprobungsflüge von externen Partnern zur Verfügung stehen.

H2PlasmaRay Grafik

H2PlasmaRay
(Grafik)


Das erste außergewöhnliche Design, das im Juni 2020 in den Blogs erscheint, stammt von dem Ingenieurbüro (IB) Göksel Electrofluidsystems aus Berlin, das u.a. Ingenieurdienstleistungen zur Entwicklung und Integration neuer Elektrohydrodynamischer (EHD)- und Magnetohydrodynamischer (MHD)-Antriebssysteme in Flugzeugen und Luftschiffen anbietet. Das hybride eVTOL-Konzept H2PlasmaRay nutzt sowohl LiPo-Batterien als auch Wasserstoff-Brennstoffzellen als Antrieb, was dem Stachelrochen-förmigen Flugzeug eine viel größere Reichweite verleiht als anderen eVTOL-Konkurrenten.

Gründer Berkant Göksel war bereits 1998 Initiator der ‚Zukunftswerkstatt Elektrofluidsysteme‘ an der Technischen Universität Berlin (TUB), die sich mit der Vision beschäftigte, plasma-unterstützte Flugzeuge für zukünftige Generationen zu entwickeln. Auf der Firmenhomepage sind der Werdegang und die weiteren Entwicklungsfortschritt gut dokumentiert.

Eine praktische Umsetzung erfolgt beispielsweise im Jahr 2006 in Zusammenarbeit mit der Automatisierungstechnik-Firma Festo AG & Co. KG aus Esslingen, die damals eine strömungsoptimierte pneumatische Struktur namens b-IONIC Airfish vorstellte (s.d.). Der mit Helium befüllte ferngesteuerte Flugkörper wird zum einen durch einen Plasmawellenantrieb in den Stummelflügeln, und zum anderen durch einen Ionenstrahlantrieb im Heck angetrieben, der mit luftionisierenden hohen Gleichspannungsfeldern arbeitet.

Im selben Jahr 2006 gründet Göksel die Firma Electrofluidsystems Ltd., die allerdings 2010 in die Insolvenz geht, als ein EU-Projektvorschlag namens PLASMASOL zur Entwicklung eines luftatmenden Plasma-Jetantriebs abgelehnt wird. Das 2012 neu gegründete Ingenieurbüro beginnt sich im Folgejahr mit Barriereentladungs- und Magnetoplasma-Aktuatoren zur Strömungskontrolle und für Plasma-Antriebe zu beschäftigen, die später auch auf den firmeneigenen Nurflügel- und Luftschiff-Produkten angewendet werden.

Das nun gezeigte Design des H2PlasmaRay ist ein Flugzeug für zwei Passagiere mit einer Flügelspannweite von etwa 6,6 m und einem maximalen Startgewicht von etwa 900 kg. Die Konstruktion umfaßt 48 elektrische Gebläse mit einem Durchmesser von 20 cm. Achtunddreißig davon sind für den Senkrechtstart und die -landung vorgesehen, während die restlichen zehn für den Vorwärtsflug bestimmt sind. Daneben verfügt das Fluggerät über ein einziehbares Fahrwerk und einen ballistischen Fallschirm für Systemausfälle.

Göksel zufolge soll die erste Version eine Geschwindigkeit von etwa 250 km/h und eine Reichweite von etwa 1.000 km haben, während die nächste Generation eine Geschwindigkeit von etwa 300 km/h erreichen soll, mit einer Reichweite von etwa 1.280 km.

Bis es soweit ist, zeigt er detaillierte Designs der Vorserien-UAVs PlasmaFalcon und PlasmaRay Mini für ISR- und Logistik- oder Pakettransport-Missionen. Beide Systeme mit einer Spannweite von 1,11 m werden mit 12 EDF-Düsen und bürstenlosen Elektromotoren ausgestattet und sollen ihre ersten öffentlichen Flüge im Jahr 2021 absolvieren. Der Markteintritt ist für Anfang 2022 geplant.


Das US-Energieministerium gibt im August 2020 die Finanzierung von 17 Projekten bekannt, die im Rahmen der ARPA-E-Programme ASCEND (Synergistically Cooled Electric-motors with iNtegrated Drives) und REEACH (Range Extenders for Electric Aviation with Low Carbon and High Efficiency) umgesetzt werden sollen. Insgesamt wird für die Phase 1 ein Betrag in Höhe von 33 Mio. $ bereitgestellt.

Die acht ausgewählten ASCEND-Projekte (14,5 Mio. $) befassen sich mit der Entwicklung leichter und hocheffizienter vollelektrischer Antriebsstränge für Passagierverkehrsflugzeuge, während die neun REEACH-Projekte (18,5 Mio. $) auf die Entwicklung kosteneffizienter und leistungsstarker Energiespeicher- und Stromerzeugungs-Subsysteme für Elektroflugzeuge abzielen, wobei der Schwerpunkt auf Technologien zur Umwandlung von Treibstoff in elektrische Energie liegt. Für die Phase 2 des Programms sind bereits weitere 18 Mio. $ vorgesehen.

Flying V Modell der TU Delft

Flying V
(Modell der TU Delft)

Ebenfalls im Juli 2020 hebt vom deutschen Fliegerhorst Faßberg in Niedersachsen das skalierte Modell eines futuristischen Nurflüglers ab, dessen Konzept von Justus Benad stammt, der heute an der TU Berlin bei Prof. Valentin Popov am Institut für Mechanik forscht. Die Idee war Benad 2015 gekommen, als er Praktikant bei Airbus in Hamburg war: Ein Passagierflugzeug mit der Kapazität eines Airbus und einer Spannweite von 65 m, bei dem die Passagiere direkt in den Flügeln sitzen und das auf diese Weise mindestens 20 % an Kerosin oder anderem Treibstoff spart.

Anderen Quellen zufolge hatte Benad bereits in der 11. Klasse für seinen Nurflügler beim Bundeswettbewerb Jugend forscht einen Sonderpreis vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt bekommen. 2015 gewinnt das Flying V zudem die Young Researcher Competition 2015 der Royal Aeronautical Society. Die weiteren Schritte und Erfolge sind auf der Homepage von Benad gut dokumentiert.

Das von Airbus patentierte Passagierflugzeug, von dem der daran beteiligte Benad bereits ein kleines flugfähiges Modell mit einer Flügelspannweite von etwa 130 cm gebaut hatte, wird zwischen 2016 und 2019 von Ingenieuren um Prof. Roelof Vos an der TU Delft in den Niederlanden weiterentwickelt, woraus neun Studienarbeiten resultieren – und die Luftfahrtgesellschaft KLM finanziert 2019 den Bau eines 3 m breiten und 22,5 kg schweren skalierten Modells.

Der aktuelle Jungfernflug des zweimotorigen Modells der TU Delft, das sogar ein einziehbares Fahrwerk besitzt, dauert zwar nur rund fünf Minuten, demonstriert aber klar die flugphysikalische Machbarkeit der Konstruktion und liefert ausreichend Daten, um ein aerodynamisches Software-Modell zu entwickeln und die Flugeigenschaften im Flugsimulator untersuchen und verbessern zu können.


Ein weiteres Design erscheint im Oktober in den Fachblogs. Bei dem futuristischen „Luftmobilitätssystem für das Jahr 2050“ handelt es sich um die Diplomarbeit von Hemanth Kumar Sudhakaran an der britischen Coventry University, der davon ausgeht, daß im Jahr 2050 schätzungsweise 2,5 Mrd. Menschen in Städten, und zwei Drittel der Weltbevöِlkerung in städtischen Gebieten leben werden. Was eine Mobilität erfordert, die über die Fläche hinausgeht.

Das Design des elektrischen VTOL mit seiner fast rhombischen Flügelform, das den Namen AVEM trägt (lat. Vogel), ist von den Kِörpereigenschaften des Wanderfalken inspiriert, der mit einer Spitzengeschwindigkeit von mehr als 320 km/h das schnellste Tier des Planeten ist. Dadurch will Sudhakaran eine Balance zwischen den perfekten Proportionen der Natur und neuen experimentellen Ideen für das Elektrozeitalter erreichen, weshalb sich seine Designsprache auch durch eine klare, einfache Oberflächengestaltung und aerodynamische Effizienz auszeichnet.

Die beiden Flügel des Hochdeckers sind in den hinteren Teil integriert, der sie gestalterisch mit dem Fahrzeug verbindet und Verwirbelungen reduziert. Die insgesamt zehn Mantelgebläse pro Flügel sind horizontal in zwei Einheiten über die angewinkelte Tragfälche verteilt, wobei sich die vier Einheiten mit insgesamt 20 Gebläsen wنhrend des vertikalen Start- und Landevorgangs entsprechend ausrichten.

Der vordere Teil des Fahrzeugs ist für zwei Fahrgäste konzipiert, die diesen Service gemeinsam buchen, während die hinteren Einheiten – ebenfalls für zwei Fahrgäste – wie Gondeln getrennt sind, um die Privatsphäre zu gewährleisten.


Im November 2020 veröffentlicht BMW das Video des Premierenfluges in einem Wingsuit mit Elektroantrieb, den das Entwicklungsteam der Submarke BMW i (für Innovation) und dem Beratungsunternehmen Designworks gemeinsam mit dem österreichischen Profi-Wingsuit-Piloten und Ideengeber Peter Salzmann in rund drei Jahren entwickelt hat. Dabei waren viele Tests und Simulationen erforderlich, bevor ein Sprung aus einem Helikopter in 3.000 m Höhe tatsächlich durchgeführt werden konnte.

Bei den klassischen Flügelanzügen ohne externen Antrieb gilt die Faustformel: Ein Meter Sinkflug wird benötigt, um drei Meter Horizontalflug zu ermöglichen. Die Innovation von Salzmann besteht nun darin, daß in den Anzug zwei 7,5 kW Elektromotoren mit Carbon-Propellern integriert sind, die bis zu 25.000 U/m erreichen und den Piloten auf bis zu 300 km/h beschleunigen. Außerdem erhält der Pilot neue Möglichkeiten der Steuerung und die Kraft der Motoren kann auch genutzt werden, um während des Flugs wieder an Höhe zu gewinnen.

So ist auf dem Video unter anderem zu sehen, wie Salzmann den Zusatzantrieb vor seiner Brust nutzt, um über einen Berggipfel zu fliegen und anschließend wieder in den Sinkflug zu gehen. Ohne den Elektroantrieb ist ein solches Flugmanöver nicht möglich. Die Kraft der Motoren wird allerdings durch den mitgeführten Akku begrenzt, der schon nach rund fünf Minuten Flugzeit leer ist. Gemeinsam mit BMW will Salzmann die Entwicklung nun weiter vorantreiben und die gewonnenen Erkenntnisse auch in andere Projekte des Konzerns einbringen.

Kite Grafik

Kite
(Grafik)


Ein weiteres eVTOL-Konzept wird im November vorgestellt. Es wird hier insbesondere aus dem Grund aufgeführt, weil es sich strukturell um das bislang grundlegendste  Design handelt – das einfach aus einer Box besteht, die an vier Rotoren hängt. Das Flugtaxi stammt von dem in Hongkong ansässigen Ponti Design Studio Ltd., das im Jahr 2013 von dem italienischen Produkt- und Industriedesigner Andrea Ponti und der japanischen Designberaterin Shiori Kuroiwa gegründet worden war.

Das vollelektrische, autonome Flugtaxi ist von Hongkongs populärem Raubvogel, dem schwarzen Drachen (Black Kite), inspiriert, weshalb das Konzept auch Kite genannt wird. Es verfügt über ein Quadrokopter-Ähnliches Antriebssystem; technische Details dazu gibt es jedoch keine. Das fliegende Auto kann vier Personen bequem an ihr Ziel bringen, die durch eine einzelne Hecktür Zugang zum luxuriِsen Innenraum erhalten. Für eine sanfte Landung gibt es einziehbare Allwetterkufen.

Gemäß den Prioritäten der Designer wird mehr auf die Innenausstattung geachtet. Demnach soll es hier ein Infotainment-System geben, mit dem man den Überblick über Dinge wie das aktuelle Wetter und die Entfernung zum Zielort behält – oder das eine Sammlung der Lieblingsfilme enthält. Es gibt ausziehbare Tabletts zum Arbeiten, und unter den Sitzen ist Stauraum für Gepäckstücke wie Taschen oder Aktenkoffer.


In diesem Jahr ist auch erstmals von dem Schweizer Start-Up Manta Aircraft S.r.l. mit Hauptsitz in Lugano (später: Sesto Calende, Italien) zu hören, dessen Gründungsdatum sich bislang aber nicht herausfinden ließ. Die Firma will gleich mehrere hybrid-elektrische V/STOL-Flugzeuge auf den Markt bringen. Die ANN-Serie z.B. besteht aus dem ANN1, einem Fluggefährt für einen Piloten, und dem ANN2 für zwei Personen.

ANN2 Modell

ANN2
(Modell)

Das gut 7 m lange und mit einer Spannweite von knapp 5,5 m ausgestattete Modell ANN1 ist als eine Art Rennflugzeug für Sportwettkämpfe konzipiert und soll mit einer Geschwindigkeit von 300 km/h eine besondere Steigleistung nebst außergewöhnlicher Manövrierfähigkeit bieten, sowie eine Reichweite von gut 600 km besitzen.

Der Doppelsitzer ANN2 ist für die allgemeine Luftfahrt gedacht und mit 8,7 m Länge und einer Spannweite von 6,8 m auch sichtbar größer. Er ist mit 8 schwenkbaren Propellern ausgestattet, von denen sich vier an der Front sowie am Heck befinden. Weitere vier sind seitlich an den Flügeln angebracht. Damit kann der ANN2 auf einem Hubschrauberlandeplatz starten und landen.

Bislang existiert ein erster, fast 3 m langer Prototyp des ANN2  im Maßstab 1:3, der ausgiebig getestet wird. Erste bemannte Flüge sollen dann bis 2022 folgen. Bislang gibt es außer schönen Grafiken aber noch keine Fortschritte zu vermelden.


Im Jahr 2020 fließen über 1 Mrd. $ Risikokapital in den Zukunftsmarkt der Flugtaxis, mehr als je zuvor. Nach Schätzungen des Branchenmagazins Electric VOTL News arbeiten inzwischen weltweit über 200 Firmen an dem Thema - und jedes Automobilunternehmen, das etwas auf sich hält, hat mindestens ein elektrisches Lufttaxi gebaut, um es zusammen mit den E-Scootern, Taxi-Pods und Carsharing-Apps an seinem CES-Stand in einer Videoschleife zu zeigen. Und laut dem Deutschen Patent- und Markenamt sind in diesem Jahr 583 neue Flugtaxi-Patente angemeldet worden.

 

Weiter mit den Elektro- und Solarfluggeräten 2021 ...