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SolarhÄuser und solare Bauelemente (2018)


Zu den interessantesten Entwürfen in diesem Jahr gehören die im Januar veröffentlichten Pläne des in Sydney beheimateten und von Zayad Motlib gegründeten Architekturbüros AmorphouStudio für ein Hochhaus-Ensemble namens Symbiotic Towers, das für Jumeirah Gardens in Dubai geplant ist, wo das Büro auch eine Dependance besitzt. Die Voronoi-Muster, die das Designteam bei dem Ensemble umsetzt, sind von der Bildung erodierter Gesteinsmuster inspiriert, wie sie in natürlichen Systemen und Wüstenoasen zu finden sind.

Symbiotic Towers (Grafik

Symbiotic Towers
(Grafik)

Das Projekt umfaßt einen Wohn-, einen Hotel- und einen Büroturm, die im Erdgeschoß durch eine doppelstöckige Fußgänger-Einkaufspassage miteinander verbunden sind. Der Verbindungsplatz bildet zwei unterschiedliche mikroklimatische Zonen, die zu verschiedenen Jahreszeiten genutzt werden können. Die untere Ebene ist für Fußgänger von allen Seiten zugänglich und bietet eine üppig begrünte, halbschattige Oase mit Bäumen und Wasser, die in der heißen Sommerzeit als Aufenthaltsbereich dient.

Die obere Ebene besteht aus einem gespannten, perforierten Deck, das von beiden Enden des Geländes aus sanft ansteigt und einen erhöhten Platz bildet, der über mehrere Rampen mit der darunter liegenden Oase verbunden ist. Hier profitiert der Platz von der teilweisen Beschattung durch Bäume, die sich durch die Perforationen hindurch erstrecken, ergänzt durch photovoltaische Sonnenschirme auf baumähnlichen Strukturen, deren Energie genutzt wird, um das Querlüftungssystem der Oasenebene zu betreiben.

Der Einsatz nachhaltiger Designverfahren minimiert die Abhängigkeit von traditionellen Klimatisierungs-Systemen und schafft eine symbiotische Beziehung zwischen der Architektur und der natürlichen Umgebung. Ein weiteres sehr ähnliches Projekt trägt den Titel Sandscapes und soll von der Form einer kontinuierlichen Sanddüne inspiriert sein.


In der klimatisch genau gegensätzlichen Umgebung soll ein Gletscherhotel am Polarkreis in Norwegen Menschen Erholung bieten und zudem sehr viel mehr Strom erzeugen, als es selbst benötigt. Hinter dem im Februar vorgestellten Plan steht das norwegische Architekturbüro Snøhetta, das mit dem ersten Unterwasserrestaurant Europas bekannt geworden ist. Das nachhaltige Hotel namens Svart (o. Svart House; Six Senses Svart) nutzt die spektakuläre Umgebung, indem es Gäste in einer ringförmigen Struktur mit Panoramablick beherbergt, während es gleichzeitig darauf abzielt, die natürliche Schönheit zu erhalten, indem es seinen ökologischen Fußabdruck auf ein Minimum beschränkt.

Das ringförmig angelegte Hotel über dem Wasser des Holandsfjordes, am Fuße des gleichnamigen, zweitgrößten Gletschers Norwegens soll auf Stelzen aus Holz errichtet werden und wie die Fischerhäuschen (Rorbues) dieser Region teilweise ins Wasser ragen. Die Anfahrt muß per Boot erfolgen, denn Straßen gibt es hier keine. Die großen Fenster des Gebäudes liegen hinter überdachten Terrassen, damit die tiefstehende Wintersonne ungehindert hineinscheinen und die Räume erwärmen kann.

An den extrem langen Sommertagen sollen die Solarzellen auf dem Dach so viel Energie liefern, daß sie das Hotel, die angrenzenden Betriebe und den Bootsshuttle abdeckt. Daneben werden die zahlreichen heißen Quellen in der direkten Umgebung als Wärmelieferanten dienen. Außerdem wird sich das Gebäude selbst versorgen, mit eigener Abfall- und Wasserwirtschaft, Recycling und erneuerbarer Infrastruktur.

Das Svart-Hotel mit seinen 94 Zimmern wäre das erste Hotel, das nach dem energiepositiven Powerhouse-Standard gebaut wird. Diese Initiative wurde von Snøhetta in Zusammenarbeit mit anderen Bauunternehmen, Immobiliengesellschaften und Umwelt-NGOs ins Leben gerufen und soll beweisen, daß energiepositive Gebäude auch im eiskalten Norwegen errichtet werden können. Snøhetta möchte das Plusenergiehaus in Zusammenarbeit mit der Tourismusagentur Arctic Adventure of Norway errichten, die bei ihren Angeboten besonders auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit setzt.

Das Projekt wird wird 2021 zum Best Futura Project Winner, kommt im April 2022 nochmals breit in die Presse, und auf der Website von Snøhetta steht, daß das Svart im Jahr 2024 eröffnet werden soll, bislang gibt es aber nichts Genaueres dazu.


Im März kündigten die norwegischen Büros Haptic Architects und Nordic - Office of Architecture Pläne für eine nachhaltige, intelligente Stadt in der Nähe des Osloer Flughafens an, die vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Die Oslo Airport City (OAC) wird die erste energiepositive Flughafenstadt der Welt sein und die Möglichkeit haben, überschüssige Energie an umliegende Gebäude und Gemeinden zu verkaufen. Weitere technische Details darüber gibt es allerdings nicht.

Die Stadt mit einem autofreien Zentrum und Gewerbeflächen von rund 1 Mio. m2 wird viele Grünflächen für die wachsende Belegschaft des Flughafens bieten, die bis 2050 von 22.000 auf 40.000 Menschen anwachsen soll. Zudem soll sie als Testgebiet für technologiegestützte Stadtplanung dienen, einschließlich der Integration von selbstfahrenden Elektroautos, automatisierter Straßenbeleuchtung und intelligenter Technologie für Dienstleistungen wie Mobilität, Abfall und Sicherheit.

Für das von der norwegischen Regierung unterstützte Projekt, das im Jahr 2022 fertiggestellt werden soll, wurde bereits eine vorläufige Baugenehmigung erteilt.


Ebenfalls im März veröffentlichen das Architekturbüro Skidmore, Owings and Merrill (SOM) und die Landschaftsarchitekten Ateliers 2/3/4/ den Masterplan für ein neues Quartier in Charenton-Bercy, im Osten der französischen Hauptstadt, als eines von 52 Projekten von Grand Paris zur Reform der Struktur des Ballungsraums Paris.

Charenton-Bercy Grafik

Charenton-Bercy
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Auf einer Gesamtfläche von 360.000 m2 werden 1.000 neue Wohnungen konzipiert, einschließlich 30 % sozialer Wohnungsbau und 42.000 m2 Studenten- und Seniorenunterkünfte. 167.000 m2 sollen als kommerzielle Büroflächen entstehen. 43.000 m2 sind für Shopping und Freizeitaktivitäten reserviert. Zusätzlich sieht der Plan eine neue Grundschule, ein Schwimmbad und ein Fitneßcenter vor.

Kernstück der Quartiersentwicklung ist ein 180 m hoher Turm mit  Nutzungsmischung – einem Hotel im unteren Bereich und Wohnungen in den oberen Stockwerken. Der ebenfalls Charenton-Bercy genannte Wolkenkratzer ist als eines der nachhaltigsten Gebäude in Europa konzipiert und soll zahlreiche umweltfreundliche Funktionen umfassen, darunter Regenwassernutzung, Grauwasserrecycling, begrünte Dächer und Systeme zur Umwandlung von Abfall in Energie.

Wie inzwischen üblich, soll viel Grün in das Hochhaus integriert werden, sowohl vor den Wohnungen als auch im Kopfbereich des Gebäudes, wo ein öffentlich zugänglicher Garten mit Blick auf Paris geplant ist. Die Fassade des Turms wird zudem einen begrünten Streifen aufweisen, der in einen baumbestandenen Platz am Fuß des Turms mündet. Zusätzlich zum modernen Wohnturm wird mit Neo ein digitaler VR-Technologie-Hub entstehen.

Bis wann der Masterplan und die Bauten umgesetzt werden, ist bisher noch offen. Dem gegenwärtigen Stand zufolge sollen die Entwurfsstudien und die Einleitung der administrativen und regulatorischen Schritte bis 2027 erfolgen, gefolgt von den Abrißarbeiten für die Durchführung der ersten Projektphase.


Zu den weiteren erwähnenswerten Bauplanungen gehört der Entwurf Light Up des in Melbourne ansässigen Büros NH Architecture, das damit den diesjährigen Designwettbewerb Land Art Generator Initiative (LAGI 2018) gewinnt. Der internationale Wettbewerb suchte nach großformatigen Kunstwerken im öffentlichen Raum, die auf sichtbare Weise erneuerbare Energie für das St. Kilda-Dreieck in der Stadt Port Phillip erzeugen.

Der im Oktober veröffentlichte Vorschlag nutzt Solar-, Wind- und mikrobielle Brennstoffzellentechnologien, um jährlich 2.200 MWh Energie zu erzeugen - genug, um fast 500 Haushalte zu versorgen. Dabei zielt der Entwurf darauf ab, den öffentlichen Raum zu maximieren, ohne die Aussicht zu beeinträchtigen, wofür erprobte, auf dem Markt erhältliche Komponenten verwendet werden, wie z.B. eine leichte, gespannte Schattenstruktur mit 8.600 effizienten, flexiblen Photovoltaik-Paneelen, die über dem Jacka Boulevard angebracht werden sollen.

The Tulip Grafik

The Tulip
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Im November folgt ein konzeptioneller Aussichtsturm namens The Tulip für London, den  Foster + Partners in Zusammenarbeit mit der J. Safra Group entworfen haben. Das von der Natur inspirierte Gebäude soll eine Höhe von 300 m erreichen und aus einem hochfesten Betonschaft mit stahlgerahmten Aussichtsplattformen bestehen. Herzstück des Entwurfs ist jedoch ein himmelhohes Klassenzimmer, das jährlich 20.000 kostenlose Plätze für Londons staatliche Schulkinder bieten soll.

Die markanten und futuristische Attraktion und kulturelle Bildungseinrichtung bietet Anwohner und Touristen einen 360°-Blick auf London, wobei die Aussichtsgalerien mit Himmelsbrücken, internen Glasrutschen und sogar Gondelfahrten entlang der Gebäudefassade verbunden sind. Zudem gibt es eine Sky-Bar und Restaurants. Durch integrierte Photovoltaikzellen sowie eine verbrennungsfreie Technologie soll das Bauwerk die BREEAM-Bewertung ,Excellent’ erhalten.

Im Juli 2019 wird allerdings bekannt, daß der Londoner Bürgermeister Sadiq Aman Khan das Tulip-Projekt mit der Begründung abgelehnt hat, daß es „nicht dem hohen Designstandard entspricht, der für ein hohes Gebäude an diesem Standort erforderlich ist.“


Das letzte der hier vorgestellten Designs stammt von den britischen Projektberatern Melody Won und Nicholas Stafford und steht auf der Auswahlliste des Dezeen x MINI Living Future Urban Home Wettbewerbs, die im Dezember veröffentlicht wird. Der Wettbewerb ist eine Erweiterung der laufenden Dezeen x MINI Living Initiative, einer Zusammenarbeit zwischen Dezeen und MINI Living, die Ideen untersucht, die unsere Städte in den kommenden Jahren prägen könnten.

Die Initiatoren des Sky Nuclei genannten Konzepts stellen sich eine Zukunft vor, in der aufgrund des begrenzten Platzes am Boden eine neue Schicht von schwebenden Häusern den Raum direkt über den Städten einnimmt.

Ohne im Detail auf die technische Machbarkeit einzugehen, werden die solarbetriebenen Wohnkapseln als unempfindlich gegenüber Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Tsunamis am Boden beschrieben. Dabei ist jedes Haus mit einer eigenen Mini-Transportdrohne ausgestattet, die es den Bewohnern ermöglicht, bei Bedarf den Boden zu erreichen.


Neben diesen und vielen weiteren Konzepten gibt es aber auch Bauwerke, die 2018 realisiert werden. So wird beispielsweise in Ungershausen in Bayern ab dem April schrittweise die Green Factory 2.0 in Betrieb genommen, die als das weltweit größte fast energieautarke Produktions- und Bürogebäude bezeichnet wird.

Green Factory 2.0

Green Factory 2.0

Die bereits seit 2012 bestehende ca. 4.000 m2 große Green Factory der Alois Müller GmbH wird im Zuge der aktuellen Baumaßnahmen nochmals um 10.000 m2 an Produktions- und Lagerflächen sowie weiteren 4.000 m2 für Büro, Verwaltung, Schulung und Kantine erweitert. Der Bau wird von der EU finanziell gefördert.

Im Zentrum der Green Factory 2.0 steht eine rund 10.000 m2 große 1,1 MW PV-Anlage, die rund 90 % der benötigten Energie für Strom, Kälte, Wärme und Druckluft liefern wird. Die letzten 10 % deckt ein Blockheizkraftwerk (BHKW) ab. Integriert in das Energiekonzept ist auch eine 200 kW Pelletheizanlage. Überschüssige Kälte- und Wärmeenergie geht in ein gemeinsames Netz, das die benachbarten Firmen mitversorgt. Damit die Fabrik und ihre Maschinen zu jeder Zeit zuverlässig mit Energie versorgt werden, werden große Pufferspeicher installiert. Erzeugter Strom, der in der Green Factory nicht benötigt wird, wird in das allgemeine Stromnetz eingespeist und vergütet.

Mit ihrer CO2-neutralen Fabrik gewinnt die Firma den Handelsblatt Energy Award 2020/2021, als Sieger in der Kategorie Industrie.


Ebenfalls im April 2018 erscheint das AirShip 002 erstmals in den Blogs, ein einzigartiges, kurviges Kapselhaus, das von dem schottischen Büro Roderick James Architects LLP vorgestellt wird. Es ist ein Fertighaus aus Aluminium und Edelstahl, das weder verrottet noch rostet, sich leicht und ohne Beschädigung demontieren läßt und als kleines Haus, Büro oder Studio in abgelegenen Gegenden, auf Stadtdächern oder an Flußufern aufgestellt werden kann.

AirShip 002

AirShip 002

Das Standardmodell des AirShip wiegt etwa 3,5 Tonnen, ist 9,2 x 4,4 m groß und 3,9 m hoch. Es kann aber fast jede gewünschte Länge haben, da es eine modulare Konstruktion ist, die entweder mit einer Breite von 4,4 m oder 6,0 m und mit zwei Schlafzimmern geliefert werden. Durch Bullaugen und gebogene Glasfenster hat man einen Blick auf die Landschaft, und ein kleiner Balkon an der Seite bietet sich bei gutem Wetter an, um im Freien zu essen.

Zur Ausstattung gehören eine komplett eingerichtete Küche, ein Holzofen mit doppelwandigem, isoliertem Schornstein, und bei Bedarf ein Propangasherd. Bei freistehenden Häusern ohne Strom- oder Wasseranschluß kann der Holzofen mit einem Boiler für Warmwasser zum Waschen und Duschen ausgestattet werden. Alternativen sind eine thermische Solaranlage oder eine mit Propan betriebene Gasheizung, PV-Paneele und Batterien, oder ein kleiner Honda-Benzin-Generator bzw. eine Kombination aus diesen Elementen. Das Dach ist so konzipiert, daß es Regenwasser auffängt, welches in Speicherbehälter unter dem Boden geleitet wird. Hinzu kommen eine LED-Beleuchtung und eine Kompost-Toilette.

Die Kosten für ein voll ausgestattetes, von der Syspal Ltd. hergestelltes AirShip belaufen sich auf etwa 125.000 $ (andere Quellen: 180.000 $), aber die aktuelle 002 ist für alle auf Airbnb verfügbar. Bereits 2020 gilt der ideale Rückzugsort für zwei Personen in Drimnin an der Westküste Schottlands als die meistgewünschte Airbnb-Vermietung in Großbritannien. Daneben gibt es Anfragen für weitere AirShips aus Australien und Neuseeland.


Bereits einen Monat zuvor hatte im spanischen Bilbao das Hochhaus Bolueta (o. Torre Bolueta) des Passivhaus-Zertifikat verliehen bekommen. Der Turm, dessen Bau im Juni 2015 begonnen hatte, ist 88 m hoch, hat 28 Stockwerke, 4 Kellerebenen, beherbergt 171 Sozialwohnungen und gilt zu diesem Zeitpunkt als das „höchste Passivhaus der Welt“. Der zweite Teile besteht aus einem Baukörper mit 21 Stockwerken.

Das mit rund 12,5 Mio. € bezifferte Gebäude (beide Türme: 26 Mio. €) ist Teil des im Bau befindlichen Stadtentwicklungskomplexes Bolueta Homes im Stadtteil Bolueta, das noch ein angrenzendes neunstöckiges Gebäude mit 63 Wohnungen für den sozialen Wohnungsbau umfaßt. Den Architekturwettbewerb für den Entwurf und die Projektleitung hatten der Architekt Germán Velázquez und das Büro VArquitectos im Jahr 2012 gewonnen, die endgültige Fertigstellung ist für 2019 geplant.

Um mit nur 3 % Mehrkosten den Passivhaus-Standard zu erreichen, werden fünf Prinzipien umgesetzt: eine hohe Isolierung, die Eliminierung von Wärmebrücken, hochwertige Fenster, eine hohe Luftdichtheit sowie eine mechanische Doppelstromlüftung mit Wärmerückgewinnung. Zudem ist die äußere, isolierte Hülle durchgängig ohne Balkone und vergleichsweise schwierige Formen ausgeführt. Nach ihrem Einzug fordern die Bewohner des Torre Bolueta allerdings eine Lösung für die übermäßige Hitze in ihren Wohnungen, worauf nach alternativen Möglichkeiten zur Senkung der Temperatur gesucht werden muß.

Living Garden

Living Garden


Im September stellt das in Peking ansässige Architekturbüro MAD Architects den Prototyp für das ,Haus der Zukunft’ fertig, einen Pavillon mit Null-Energieversorgung, der die Grenzen zwischen Innen- und Außenbereich verwischen soll. Der in Zusammenarbeit mit dem chinesischen Unternehmen für erneuerbare Energien Hanergy entworfene Living Garden verfügt über ein geschwungenes, vergittertes Dach, das mit Hanergy-Solarpaneelen bedeckt ist, die genug Strom für den täglichen Bedarf eines dreiköpfigen Haushalts erzeugen.

Die als experimentelles Modell konzipierte futuristische Struktur wird im Rahmen der China House Vision Exhibition 2018 neben dem berühmten ,Vogelnest-Stadion’ im Olympiapark von Peking installiert. Das von der Natur inspirierte Haus ist wie ein luftiger Pavillon gebaut, der mit üppigem Grün und Sitzgelegenheiten gefüllt ist. Es besteht aus drei Hauptteilen: einer Reihe von abgewinkelten PV-Paneelen, einer gitterartigen Holzdachkonstruktion, die mit lichtdurchlässigem, wasserdichtem Glas ausgekleidet ist, sowie verschiedenen Wohnräumen und Gärten im Erdgeschoß.

In ihrer Projektbeschreibung erklären die Architekten, daß „Living Garden das Leben, die (Solar-)Energie und die Natur nahtlos ineinander übergehen sieht, um eine architektonische, lebende Landschaft zu schaffen, die die emotionale Verbindung des Menschen mit der Natur betont.“


Auf dem Campus Vaihingen der Universität Stuttgart findet im Oktober 2018 der Spatenstich für das „erste adaptive Hochhaus der Welt“ statt. Wissenschaftler werden hier unter realen Bedingungen im Maßstab 1:1 untersuchen, wie sich Gebäude aktiv an wechselnde Umwelteinflüsse anpassen können. Der Prototyp ist das Ergebnis einer interdisziplinären Zusammenarbeit von 14 Instituten der Universität, die im Vorjahr auf Initiative von Prof. Werner Sobek ins Leben gerufen wurde.

Das Bauwerk entsteht im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereichs 1244 ,Adaptive Hüllen und Strukturen für die gebaute Umwelt von morgen’', das sich mit der Frage beschäftigt, wie angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung und schrumpfender Ressourcen künftig mehr Wohnraum mit weniger Material geschaffen werden kann.

Das Demonstrator-Hochhaus umfaßt zwölf Geschosse bei einer Höhe von 36,5 m und einer Grundfläche von 5 x 5 m. Die Größe wird mit 540 m2 angegeben. Der angrenzende Treppenturm enthält sämtliche vertikalen Versorgungsleitungen sowie die vertikale Erschließung.

Adaptives Hochhaus D1244

Adaptives Hochhaus
D1244

Das Besondere ist die Integration von aktiven Elementen in die Tragstruktur, die gezielt und in Echtzeit aktiv auf äußere Einwirkungen wie Wind oder Erdbeben reagieren können. So ermöglicht ein Zusammenspiel aus Sensorik und Aktorik, zum Beispiel die durch Windkräfte auftretenden Schwingungen im Turm durch ein intelligentes Regelungskonzept auszugleichen. Hierbei erfassen Sensoren die auftretende Verformungen, während Hydraulikaktoren im Tragwerk dafür sorgen, daß die Schwingungen durch Gegenkräfte gezielt gedämpft werden – so kann deutlich leichter gebaut werden. Mit der Technologie der Adaptivität in Tragwerken sollen Einsparungen an Ressourcen und Emissionen im Lebenszyklus eines Gebäudes von bis zu 50 % möglich sein.

Die Fassade des Gebäudes besteht zunächst aus einer einlagigen, rezyklierten Membrane, die nach und nach durch Hüllelemente ersetzt wird, die den Licht- und Energieeintrag in das Gebäude, den Luftaustausch sowie den Wärmedurchgang aktiv beeinflussen können.

Die Gesamtbaukosten belaufen sich auf ca. 2 Mio. €, von denen die Universität selbst rund 1,3 Mio. € trägt. Eröffnet wird das adaptive Hochhaus im Oktober 2021, die Laufzeit des Projekt geht bis 2028. Das Demonstrator-Hochhaus namens D1244 wird außerdem von der Internationalen Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBA’27) als IBA-Projekt ausgewählt.


Ebenfalls im Oktober berichten die Fachblogs über die gemeinnützige Organisation Green New World mit Sitz in La Mesa, Kalifornien, die mit ihrem House of PeacE (HOPE) ein dezentrales, autonomes und regeneratives Wohnmodell entwickelt hat - durch die Kombination von biophilem Design, erneuerbaren Energiesystemen und natürlichen Materialien. Es integriert die Wasser-, Energie- und Nahrungsmittelproduktion sowie die Abfallverarbeitung und ist an verschiedene Klimazonen anpaßbar.

Der im Bau befindliche Prototyp HOPEone hat die Form einer Gruppe von Kuppeln und wird aus lokal beschaffter Erde mit der umweltfreundlichen und erschwinglichen Superadobe-Bauweise errichtet. Die Geometrie der Kuppeln ist so konzipiert, daß sie eine energieeffiziente Wärmeregulierung ermöglicht und den Prinzipien der passiven Heizung und Kühlung folgt.

Zusätzlich zu den Maßnahmen zur Energie- und Wassereinsparung wird der Prototyp auch seine eigenen Ressourcen ernten und erzeugen. Je nach Standort und Klimabedingungen werden verschiedene Wassergewinnungssysteme installiert und so dimensioniert, daß sie den Verbrauch der Bewohner decken. Das gewonnene Wasser wird mit Ozon behandelt und einem dreistufigen System zur Reinigung, Mineralisierung und Alkalisierung unterzogen. Die Gebäude werden außerdem mit PV-Paneelen und einem Bioreaktor zur Erzeugung von Biogas für Heizung und Kochen ausgestattet. Der Prototyp soll bis 2019 fertiggestellt werden.

Intercontinental Shanghai Wonderland

Intercontinental
Shanghai Wonderland


Im November wird das Intercontinental Shanghai Wonderland (auch: Tianma Pit Hotel, Shimao Quarry Hotel, Pit Pegasus Hotel) offiziell eröffnet, dessen Projektierung 2006 begann, und dessen Bau nach zahlreichen Verzögerungen im Jahr 2013 startete. Die Idee für das 555 Mio. $ teure Hotel entwickelte das Hongkonger Unternehmen Shimao Group.

Das 18-stöckige Gebäude des Büros JADE+QA unter der Leitung des britischen Architekten Martin Jochman, der auch den Burj Al-Arab in Dubai entworfen hat, ist in die Wände eines 88 m tiefen, stillgelegten Steinbruchs nahe Shanghai hineingebaut, der teilweise zu einem künstlichen See geflutet wurde. Die obersten zwei Stockwerke befinden sich oberhalb des ehemaligen Steinbruchs, die unteren zwei Stockwerke unterhalb des Wasserspiegels - samt einem Unterwasser-Restaurant.

Das S-förmig angelegte Hotel verfügt über 337 Zimmer, einen Konferenzsaal für bis zu 1.000 Personen, einen weiteren großen Ballsaal und Restaurants und Cafés im Erdgeschoß sowie in den obersten Etagen. Mit Hilfe von Solarzellen und Erdwärme will das Hotel außerdem genug Energie produzieren, um den täglichen Bedarf zu decken. In den Augen der UNESCO ist das Hotel ein Paradebeispiel für nachhaltige Entwicklung: Ein bereits bestehendes Bergwerk wird genutzt, um ein nachhaltiges Hotel zu bauen.


In der kanadischen Hafenstadt Hamilton in Ontario wird im November mit dem neuen Joyce Centre for Partnership and Innovation auf dem Fennel Campus des Mohawk College das erste institutionelle Gebäude mit Netto-Null-Energieversorgung der Stadt in Betrieb genommen, das auch als das größte in Kanada gilt. Das solarbetriebene Zentrum ist das erste von 16 ausgewählten Gebäuden des Landes, das im Rahmen des neuen Pilotprogramms des Canada Green Building Council (CaGBC) für eine Netto-Null-Energieeffizienz fertiggestellt wurde.

Das Gebäude, ein Entwurf der Architektur- und Ingenieurbüros mcCallumSather und B+H Architects, ist als lebendes Labor für Nachhaltigkeit konzipiert und wird nun das Zuhause des künftigen Centre for Climate Change Management. Die Studenten werden hier in den besten Energiepraktiken geschult und lernen, wie sie die Echtzeit-Energieleistungsdaten des Gebäudes interpretieren können, um dem Zentrum zu helfen, seine Netto-Null-Energieziele zu erreichen.

Das 54 Mio. $ teure Bauwerk erstreckt sich über eine Fläche von knapp 9.000 m2 und verfügt über modernste Forschungs-, Lern- und Laboreinrichtungen, die alle mit Solarenergie betrieben werden. Ein großes, lichtdurchflutetes Atrium minimiert die Abhängigkeit von künstlicher Beleuchtung, und 2.000 PV-Paneele, die auf einer Reihe von ,Flügeln’ installiert sind, decken den gesamten Bedarf des vierstöckigen Gebäudes. Die Überhänge spenden auch Schatten und Schutz für die Außenterrassen.

Zusätzlich zu den Sonnenkollektoren und der optimierten Gebäudehülle ist das Gebäude mit 28 geothermischen Brunnen, einem Regenwassersammelsystem, das bis zu 342.000 Liter speichern kann, sowie mit einer über Anwesenheitssensoren gesteuerten Heizung, Kühlung und LED-Beleuchtung ausgestattet.

WHAO House Grafik

WHAO House
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Im Zuge der Übersicht soll auch der diesjährige Solar Decathlon erwähnt werden, bei dem 22 Teams aus 38 Hochschulen und zehn Ländern antreten (andere Quellen: 21 Teams aus 43 Hochschulen und elf Ländern; bzw. 34 Hochschulen aus acht Ländern), um das beste Solarhaus zu bauen. Der Wettbewerb findet diesmal in Dezhou in der chinesischen Provinz Shandong statt, die Gewinner des Solar Decathlon China (SDC) werden im August bekanntgegeben.

Den ersten Platz belegt das Team SCUT-POLITO der South China University of Technology und der Polytechnischen Universität Turin (China-Italien) mit LONG-PLAN; das Team THU der Tsinghua-Universität (China) wird mit dem WHAO House zweiter; und das Team TUBSEU, das aus Teilnehmern der Southeast University und der TU Braunschweig besteht (China-Deutschland), steht mit seinem C-House an dritter Stelle - gleichauf mit dem Haus Nature • Between des Teams JIA+, an dem neben der Shandong University und der Xiamen University mehreren Hochschulen aus Rennes beteiligt sind (China-Frankreich).

Die umfangreichste Berichterstattung erhält jedoch das gemeinsame Projekt von 60 Studenten und Lehrkräften der McGill University und der Concordia University aus Kanada, das den ersten Preis in den drei Kategorien Architektur, Marktattraktivität und Kommunikation gewinnt und zudem den dritten Platz sowohl in der Kategorie Technik als auch in der Kategorie Innovation. Das Team hatte fast 80 Unternehmen, Behörden und Institutionen gewonnen, um das Projekt zu unterstützen; das kanadische Ministerium für Umwelt und Klimawandel vergab einen Zuschuß in Höhe von 50.000 $; und mit einer Spende von 250.000 $ wurde Hydro-Québec zum Hauptsponsor.

Das zweistöckige Deep Performance Dwelling (DPD) des TeamMTL hat eine Netto-Null-Energieversorgung und eine kohlenstoffarme oder -freie Bauweise. Mit einem vom Passivhaus inspirierten Design und einem gebäudeintegrierten Photovoltaik-Thermalsystem (BIPV/T) gewährleistet es durch passive und aktive Systeme eine hohe Leistungsfähigkeit und eine hervorragende Raumluftqualität, wobei es 70 - 80 % weniger Energie verbraucht als herkömmliche Häuser. Zudem kann es ein Elektrofahrzeug aufladen und ist mit einer Technologie zur Datenvisualisierung ausgestattet, die den Ressourcenverbrauch verfolgt.

Das städtebauliche Modell mit einer Grundfläche von 120 - 200 m2 ist für den Kontext von Montreal entworfen und basiert auf der bewährten Reihenhaustypologie, die mit dem in China üblichen Hof im Siheyuan-Stil verschmolzen wurde. Es ist auf maximale Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ausgelegt, um ein Leben zu ermöglichen, bei dem sich die Familienzusammensetzung erweitert, ebenso wie Wohn-/Arbeitsszenarien, Sharing-Economy-Möglichkeiten und generationenübergreifendes Wohnen möglich werden.

Es ist geplant, nach dem Wettbewerb 1 - 3 Versionen des DPD in Montreal zu bauen, und zwar mit den Beiträgen der Partner und dem Erlös aus dem Wettbewerb, einschließlich des Verkaufs des Hauses an die Stadt Dezhou. Diese Gebäude sollen an Familien vergeben werden, die erschwinglichen Wohnraum benötigen und einverstanden sind, und in einem Forschungsprogramm zur Langzeitüberwachung (Living Lab) eingesetzt zu werden.

Nachdem der erste SDC 2013 in Datong in der Provinz Shanxi stattfand, ist der dritte SDC im Jahr 2022 in Zhangjiakou in der Provinz Hebei geplant.

Im November 2018 findet auch der Solar Decathlon Middle East in Dubai, Vereinigte Arabische Emirate, statt, an dem 22 Teams (andere Quellen: 15 Teams aus elf Ländern) teilnehmen und die Virginia Tech aus den USA den ersten Platz belegt. Studierende der University of Wollongong und der TAFE NSW bilden zusammen mit der University of Wollongong in Dubai das Team UOW, das auf den 2. Platz kommt, während das Team BaityKool mit Teilnehmern aus Frankreich, Palästina und den VAE an 3. Stelle steht.


Abschließend gibt es noch einige erwähnenswerte periphere Informationen:

Im August 2018 wird berichtet, daß Forscher der Universität Lancaster um Prof. Mohamed Saafi gemeinsam mit Kollegen der University of Technology Sydney eine neue Zementmischung entwickelt haben, die in der Lage ist, elektrische Energie zu speichern und ihren eigenen strukturellen Zustand zu überwachen. Der Artikel ,Inherently multifunctional geopolymetric cementitious composite as electrical energy storage and self-sensing structural material' wird im Oktober veröffentlicht.

Die neuartigen, aus Flugasche und chemischen Lösungen hergestellten Kalium-Geopolymetrie-Verbundstoffe (KGP) sind billiger als gewöhnlicher Portlandzement, das am häufigsten verwendete Baumaterial. Sie beruhen auf der Diffusion von Kaliumionen innerhalb der Struktur, um elektrische Energie zu speichern und mechanische Spannungen zu erkennen. Sie lassen sich zudem leicht herstellen und benötigen keine komplexen oder teuren Zusatzstoffe wie Graphen und Kohlenstoff-Nanoröhrchen, auf die alternative ,intelligente’ Betone angewiesen sind.

Mit den neuen Zementmischung lassen sich Gebäude, Brücken, Bordsteine und sogar Straßenlampen in Batterien verwandeln. Bei vollständiger Optimierung besteht das Potential, zwischen 200 und 500 W/m2 zu speichern und abzugeben. Ein Haus mit Außen- oder Trennwänden, die mit KGPs gebaut sind, kann tagsüber Solarstrom speichern, wenn es leer ist, und ihn abends abgeben, wenn die Bewohner zu Hause sind. Aber auch bestehende Gebäude können mit KGP-Paneelen nachgerüstet werden.

Eine weitere Einsatzmöglichkeit bildet die Abkopplung der Straßenbeleuchtung vom Stromnetz. Ein typischer Straßenlaternenmast verbraucht jede Nacht 700 W, doch ein 6 m hoher Laternenpfahl aus KGP kann genug erneuerbare Energie speichern, um sich den ganzen Abend über selbst zu versorgen. Und KGP-Bordsteine können die Energie speichern, um intelligente Straßensensoren zur Überwachung von Verkehr, Entwässerung und Umweltverschmutzung zu betreiben.

Da die KGP-Mischungen selbständig reagieren, können sie darüber hinaus zur Überwachung des baulichen Zustands von Gebäuden, Brücken und Straßen eingesetzt werden. Änderungen der mechanischen Belastung, z.B. durch Risse, verändern den Mechanismus des Ionensprungs durch die Struktur und damit die Leitfähigkeit des Materials. Dies bedeutet, daß der bauliche Zustand durch die Messung der Leitfähigkeit automatisch überwacht werden kann, ohne daß zusätzliche Sensoren erforderlich sind. Die Forscher führen nun Studien durch, um die Leistung der KGP-Mischungen zu optimieren, und untersuchen auch den 3D-Druck als Möglichkeit, den Zement zur Herstellung verschiedener architektonischer Formen zu verwenden.


Im Oktober folgt der Bericht über Ingenieure der Universität Kapstadt um Dyllon Randall, die nach eigenen Angaben den weltweit ersten biologischen Ziegelstein entwickelt haben, der aus menschlichem Urin hergestellt wird und dessen Stärke und Zugfestigkeit für verschiedene Zwecke angepaßt werden kann. Das Material kann zu massiven Säulen und Zylindern geformt werden, aber auch zu rechteckigen Ziegelsteinen.

Die Technologie basiert auf einem ähnlichen natürlichen Prozeß, der zu Muscheln führt, der sogenannten mikrobiellen Karbonatausfällung. Granulat aus losem Sand wird von Bakterien besiedelt, die ein Enzym namens Urease produzieren. Bei Kontakt mit Urin spaltet die Urease den darin enthaltenen Harnstoff ab, wodurch Kalziumkarbonat entsteht, das die Struktur bildet.

Durch verschiedene Rezepturen können Ziegel in verschiedenen Stärken hergestellt werden, die auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sind. Wünschen diesen einen Ziegelstein, der stärker ist als ein 40 %-iger Kalkstein, erlaubt man den Bakterien, den Feststoff stärker zu machen, indem man ihn länger ,wachsen’ läßt. Die Herstellung dieser Ziegel hat auch Vorteile für die Umwelt, da sie bei Raumtemperatur geformt werden, während die herkömmliche Herstellung von Ziegeln eine Temperatur von etwa 1.400°C erfordert, bei der als Nebenprodukt Kohlendioxid entsteht.

Das Team bezeichnet Urin als ,flüssiges Gold’ und verweist auf die großen Mengen an Stickstoff, Phosphor und Kalium, die darin enthalten sind und als Bestandteile von Handelsdünger verwendet werden können, was im Wesentlichen einem Herstellungsprozeß gleichkäme, bei dem kein Abfall entsteht.

Flora Robotica

Flora Robotica


Ebenfalls im Oktober berichtet eine Gruppe von Informatikern, Robotikern, Zoologen, Zellbiologen, Mechatronikern und Architekten aus Deutschland, Dänemark, Österreich und Polen über ihre neuesten Ergebnisse im Rahmen des europäischen Projekts Flora Robotica, das seit 2015 von der EU gefördert wird. Der Artikel ,Autonomously shaping natural climbing plants: a bio-hybrid approach’ ist im Netz einsehbar. Unter der Leitung von Prof. Heiko Hamann von Institut für Technische Informatik der Universität zu Lübeck steuern Roboterschwärme das Entstehen einer neuartigen, natürlichen Architektur.

Die Idee dahinter lautet: Die künstlichen Materialien, die wir benutzen, um Produkte und Gebäude herzustellen, altern, zerfallen, erfüllen schließlich nicht mehr ihre Funktion und müssen ersetzt werden. Im Gegensatz dazu gewinnen Pflanzen durch ihr Wachstum und das sich festigende Gewebe beständig an Größe und Stärke und erneuern laufend ihre Bestandteile.

Pflanzen sind komplexe Organismen, die ihre Umwelt wahrnehmen und auf Umweltveränderungen reagieren. Es besteht eine lange Historie von Gärtnern und Kunsthandwerkern, die sich dieser natürlichen Stärke der Pflanzen bedient haben, indem sie Hecken und Bäume beliebig formten. In Meghalaya, Indien, hat man lebende Pflanzen sogar Brücken bilden lassen, die sich im feuchten Klima bedeutend besser halten als Stahlbrücken. Was auch eine Art ,solarer Architektur’ darstellt.

Im Projekt Flora Robotica werden nun bio-hybride Roboter entwickelt, die mit Pflanzen kooperieren, um ihre Formung zu automatisieren. Sie erweitern die natürlichen Fähigkeiten der Pflanzen, Entscheidungen zu treffen, und eröffnen Möglichkeiten der Kommunikation zwischen Mensch und Pflanze, so daß ein Benutzer ihr Wachstum steuern und formen kann. Dies geschieht, indem die Roboter die natürliche Reaktion der Pflanzen auf ihre Umwelt nutzen und gezielt Lichtreize an die Pflanzen senden. Dadurch wird deren Wachstum in Formen und Muster geleitet, die ansonsten so nicht entstehen würden.

In ihrem Artikel berichten die Wissenschaftler, wie eine Gruppe von immobilen Roboterknoten Kletterpflanzen ein Muster entlang einem ca. 2 m hohen Klettergerüst wachsen läßt. Mittels einer durchgehenden Beeinflussung des Wachstums können so neuartige architektonische Gebilde entstehen, indem Roboterschwärme zu Baumeistern von ,lebendigen Mauern’ über Möbel bis hin zu ganzen Häusern werden, als sich permanent ändernde, ressourcenschonende architektonische Systeme.


Wie im November 2019 gemeldet wird, untersucht auch Prof. Ferdinand Ludwig von der Technischen Universität München (TUM) die besonderen Bauwerke aus lebenden Luftwurzeln des Gummibaums Ficus elastica, die Jahrhunderte überdauern können, während Holzbrücken bald vermodern oder von den Fluten weggerissen werden. Er schlägt daher vor, die spezielle Bautechnik in die moderne Architektur zu integrieren.

Ludwig, der selbst Architekt ist, bezieht Pflanzen bereits schon länger als lebende Baustoffe in sein Planen und Bauen mit ein und begründete daher 2007 das neue Forschungsgebiet Baubotanik. Eines seiner Argumente lautet, daß Stein, Beton und Asphalt sich bei hohen Temperaturen schnell aufheizen, so daß besonders in den Städten Hitzestreß entsteht. Pflanzen als integrale Bestandteile von Bauwerken sorgen hingegen für Kühlung und ein besseres Klima.

Hinweis: Über das faszinierende Konzept TeReForm, bei dem es darum geht, wie man lebende Baum-Häuser aus Birkenfeigen (Ficus Benjamini) bauen bzw. anbauen kann, welche um Rahmenstrukturen herum geformt werden, veröffentlichte der Öko-Architekt Mitchell Joachim bereits 2005 ein Video (s.d.).

 

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