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Etwas größer als ihre bakteriellen Arbeitskollegen sind die Insekten,
die nun ebenfalls antreten müssen, um mit ihren Kräften Strom zu
produzieren, genauso wie verschiedene Weichtiere.
Eine der ersten Gruppen, die sich mit der direkten Energierzeugung
durch Insekten befaßt, arbeitet am Massachusetts
Institute of Technology (MIT) und wird von Prof. Anantha
P. Chandrakasan geleitet.
Das MIT ist zusammen mit der University of Michigan und
dem Boyce
Thompson Institute for Plant Research in Ithaca, New York,
einer der drei großen Auftragnehmer eines entsprechenden Projekts der
DARPA (s.u.), an welchem zudem die University
of California, Berkeley,
die University of Arizona und die Washington
University in St. Louis,
Missouri, beteiligt sind.
Dieses Team meldet im Februar 2009 erste Erfolge bei der ,Erschaffung’ kybernetischer Käfer-Hybriden, deren Flug sich durch Funksysteme mit extrem niedriger Leistung steuern läßt. Dabei wird auch an einem piezoelektrischen Energy-Harvesting-System gearbeitet, um diese Schaltungen durch Gewinnung von Energie aus der Bewegung der Insekten zu betreiben, die zwischen zehn und mehreren hundert Mikrowatt Leistung liefern könnten. Chandrakasan wird uns nochmals in den Absätzen Elektrostatik, Licht und Wärme begegnen (s.d.).
Einem Bericht vom November 2011 zufolge arbeiten
Forscher der University of Michigan um Prof. Khalil
Najafi und den Doktoranden Erkan Aktakka an
einer Reihe von Cyborg-Insekten, welche mit der eigenen Flügelbewegung
Energie erzeugen, um damit Sensoren zu betreiben, die in winzigen ,Insekten-Rucksäcken’
installiert sind. Dabei probieren die Wissenschaftler unterschiedliche
Versionen von Energiegewinnungssystemen aus, um die Käferbewegungen
sinnvoll zu nutzen. Der gewonnene Strom dient wiederum der neuronalen
Beeinflussung der Tiere.
Für die Versuche mit den Käfern werden neben balkenförmigen auch spiralförmige piezoelektrische Generatoren entwickelt, um trotz der begrenzten Größe die Ausgangsleistung zu maximieren. Ihre Herstellung aus piezoelektrischen Substraten erfolgt mit einem Femtosekunden-Laser und einem Minimum an Beschädigung des Materials. Mit diesen Generatoren können jeweils rund 45 µW gewonnen werden. Je näher sie an den Flügelwurzeln verankert sind, desto effizienter nutzen sie die Bewegungen; als Spitzenwert werden 115 µW erreicht. Von einer direkten Anbindung an die Flügel wird die 10-fache Energiemenge erhofft, da erst diese ausreichen würde, die neuronalen Implantate zu versorgen.
In dem Bericht dargestellt wird allerdings auch ein Konzept, das neben dem ,Mind-Controller’ (mit dem die Insekten ferngesteuert werden) und den Sensoren ein ganzes Kraftwerk umfaßt, bestehend aus Dünnschicht-Solarzellen, piezoelektrischen und thermoelektrischen Harvestern sowie einer Dünnschichtbatterie. Auf dem Labor-Foto ist wiederum ein Insekt zu sehen, das mit einem balkenförmigen piezoelektrischen Generator ausgestattet ist.
Durch das Abfangen der Energie können potentiell Kameras, Mikrofone, Gas- oder andere Sensoren sowie Kommunikationstechnik betrieben werden, um die ,verwanzten’ Käfer in Zukunft als Ersthelfer in für den Menschen gefährliche oder geschlossene Umgebungen zu schicken. Die kleinen, fliegenden Insekten-Roboter könnten dann die ersten sein, die Landmassen nach Naturkatastrophen wie Vulkanausbrüchen oder Tsunamis überblicken – oder auch nach von Menschen verursachte, wie Atom- oder Chemiekatastrophen.
Es ist daher auch nachvollziehbar, daß die Forschung durch einen Zuschuß aus dem Hybrid Insect Micro Electromechanical Systems (HI-MEMS) Programm der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) unterstützt wird. Diese hatte bereits Anfang 2006 zu entsprechenden Forschungsvorhaben auf dem Gebiet der Schnittstellen zwischen Insekten und Mikroelektromechanischen Systemen aufgerufen. Die Universität verfolgt nun den Patentschutz ihrer Entwicklung und sucht Partner, um die Technologie auf den Markt zu bringen.
Schon im Januar 2012 folgt die nächste Nachricht aus
der Welt der Energie-Insekten. Demnach ist es Forschern der Case
Western Reserve University in Cleveland, Ohio, gelungen, Strom
aus Kakerlaken mittels einer Methode abzuzapfen, die
nur auf der normalen Nahrungsaufnahme des Insekts beruht.
Aufgrund der Erkenntnis, daß es viel einfacher ist, ein echtes Insekt zu verwenden, als eine Vorrichtung zu schaffen, die wie ein Insekt arbeitet, entwickelt ein Team um die Professoren Roy E. Ritzmann, Daniel Scherson und Irene Lee im Laufe von fünf Jahren eine implantierbare Biokraftstoffzelle, die genug nutzbare Leistung erbringen soll, um verschiedenen Sensoren, Aufnahmegeräte oder die Elektronik zur Steuerung eines Insekten-Cyborgs zu betreiben.
Um die chemische Energie aus den Insekten zu ernten und in Strom zu wandeln, verwendet das Team als Anode zwei Enzyme in Serie. Das erste Enzym spaltet den Zucker Trehalose, den eine Kakerlake ständig aus ihrer Nahrung erzeugt, in zwei einfachere Monosaccharid-Zuckerformen, während das zweite Enzym die Monosaccharide oxidiert, um Elektronen freizusetzen. Der Strom fließt, wenn die Elektronen zu der Kathode gezogen werden, wo Luftsauerstoff die Elektronen aufnimmt und zu Wasser reduziert wird.
Nach der Prüfung des Systems mit einer Trehalose-Lösung führt das Team Prototyp-Elektroden in eine Nebenhöhle im Bauchraum einer weiblichen Gemeinen Küchenschabe (Blaberus discoidalis) ein, fern von kritischen Organen. Dabei erleidet das Insekt keine langfristigen Schäden, was den Forschern zufolge ein gutes Zeichen für eine ebenfalls langfristige Nutzung sei. Da die Insekten ein offenes Kreislauf-System haben, steht ihr Blut nicht unter so starkem Druck wie bei Wirbeltieren, was die Umsetzung viel einfacher macht.
Mit einem Instrument namens Potentiostat kann das Team feststellen, daß die maximale Leistungsdichte der Brennstoffzelle ca. 55 µW/cm2 bei 0,2 V erreicht, was sich nach ca. 2,5 Betriebsstunden um nur rund 5 % verringert. Die Forscher arbeiten nun daran, die Zelle soweit zu miniaturisieren, daß sie vollständig in ein Insekt implantiert werden kann, ohne es dabei zu hindern, wie normal zu laufen oder zu fliegen. Dabei wird auch getestet, welche Materialien für eine lange Zeit in einem Insekten überdauern können. Die Wissenschaftler glauben, daß es möglich sei von Kakerlaken einige hundert Mikrowatt zu erhalten.
Gemeinsam mit anderen Forschern arbeitet das Team zudem an der Entwicklung eines Signalgebers, der mit wenig Energie auskommt, wobei auch untersucht wird, wie sich ein leichter Akku zu dem System hinzufügen ließe. Und auch hier hat man bereits konkrete Vorstellungen, wie ein Einsatz aussehen könnte: Ein mit einem entsprechenden Sensor ausgestattetes Insekt soll beispielsweise die Menge eines schädlichen Gases in einem Raum messen, die Ergebnisse senden, dann für eine Stunde pausieren, um den Akku aufzuladen, und schließlich eine neue Messung durchführen und wieder ausstrahlen.
Die Forscher des Biorobotics Laboratory der Universität hatten übrigens schon 2006 eine große Roboterschabe aus Metall gebaut, die nicht nur die Anatomie der Insektes nachahmt, sondern auch die Art und Weise, wie dessen Gliedmaßen gesteuert werden. Gemeinsam mit Neurowissenschaftlern, die mit den Originalen arbeiten, will man die neuronalen Mechanismen ergründen, die es den Insekten erlauben, auf Hindernisse richtig zu reagieren. Die Wissenschaftler kooperieren dabei mit der NASA, da das Kakerlaken-Knowhow einmal Robotern für einen Einsatz auf der Mondoberfläche dienen soll.
Im Oktober 2013 folgt noch eine Publikation des Ritzmann-Teams mit dem Titel ‚Wireless Communication By an Autonomous Self-Powered Cyborg Insect‘, die im Netz einsehbar ist.
Im März 2012 berichtet eine Forschergruppe um
Prof. Evgeny Katz an der Clarkson University in
Potsdam, New York, daß sie in braune Gartenschnecken (Deroceras
reticulatum) eine
winzige Bio-Brennstoffzelle implantiert
habe, die zur Stromerzeugung Glukose und Sauerstoff aus dem Blut
der Schnecke extrahiert. Die Elektroden bestehen aus dünnen Folien,
die aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen (Buckypapier) hergestellt sind.
Mit einer Lebensdauer der Schnecken von etwa einem Jahr sei ihre Arbeit das erste Beispiel für eine erfolgreiche, nachhaltige Stromerzeugung im Körpers ein lebendes Wesen über mehrere Monate. Nicht überraschend also, daß sich das U.S. Department of Defense auch für diese Arbeiten interessiert und sie finanziert.
Die Menge an Energie, die dabei zur Verfügung gestellt werden kann, ist durch die Größe der Elektroden begrenzt, sowie davon, wie schnell Zucker und Sauerstoff dem Blut entnommen werden können – bzw. der als Hämolymphe bekannten glukosehaltigen Flüssigkeit im Fall der Schnecken, die bis zu 7,45 µW produzieren, wobei die Energie aber schon nach 45 Minuten um 80 % zurückgeht. Um eine Dauerleistung zu erreichen, muß das Team die Energieextraktion auf 0,16 µW herunterfahren.
Bei bedarfsgerechter Fütterung und mit Erholungszeiten ist die ,elektrifizierte’ Schnecke als biotechnologisches, lebendes ,Gerät’ in der Lage, Glukose zu regenerieren und dann eine neue Portion elektrischer Energie zu erzeugen. Dabei kann sie in ihrer natürlichen Umgebung operieren und elektrische Mikroleistung für verschiedene bioelektrische Geräte aktivieren, die militärischen und Umweltzwecken dienen. Den Forschern zufolge sind die Tiere sehr fit - sie fressen, trinken und kriechen augenscheinlich recht zufrieden herum.
Im April folgt der Bericht über der weiteren Versuch mit einer lebenden Batterie, der diesmal mit Venusmuscheln durchgeführt wird und die von diesen hergestellte Glukose als Brennstoff nutzt, wobei die Aktivitäten der Muscheln stark von den Umgebungsbedingungen abhängig sind, die ihre physiologische Prozesse beeinflussen. Das einzelne der Weichtiere erzeugt eine Spannung von ca. 800 mV, einen Kurzschlussstrom von 25 μA und eine Maximalleistung von 5,2 μW, während mit der seriellen und parallelen Verbindung von 3 elektrifizierten Muscheln bei 360 mV etwa 300 μA bzw. 37 μW erreicht werden.
Eine derartige Muschel-Batterie wird mit einem Kondensator verbunden, der auf 240 mV aufgeladen wird und eine akkumulierte elektrische Energie von umgerechnet 28,8 mJ bereitstellt. Durch Entladen des Kondensators kann sogar ein kleiner Elektromotor in Drehung versetzt werden.
Katz stößt nun zu größeren Tieren vor, deren Stoffwechsel mehr Leistung zur Verfügung stellt, wie beispielsweise Hummer. Und so werden auch diese Krebstiere ins Labor geholt, wobei der Forscher betont, daß die Tiere keine Schmerzen fühlen, da Hummer dort, wo man sie aufschneidet, keine Nervenenden besitzen. Außerdem beanstandet Katz, daß trotz jahrelanger Arbeit bislang noch keines der involvierten Teams Versuche unternommen hätte, mit den enzymatischen Brennstoffzellen echte elektronische Geräte mit Strom zu versorgen.
In einem im September 2012 veröffentlichten Artikel wird dann beschrieben, wie in zwei lebende Hummer Bio-Brennstoffzellen implantiert und in Reihe geschaltet werden. Die Technik hat sich nicht geändert, auch hier katalysieren Enzym-modifizierte Elektroden in den Zellen die Glukoseoxidation und Sauerstoffreduktion in der Flüssigkeit innerhalb des Hummer-Körpers um Strom zu erzeugen. Bei dem erfolgreichen Experiment wird mit 12 µW bei 1,2 V immerhin genug Strom produziert, um eine Digitaluhr zu betreiben.
In einem zweiten, separaten Versuch schalten die Forscher fünf Bio-Brennstoffzellen in Serie und plazieren sie in einer fließenden Humanserum-Lösung. Das entsprechende fluidische System ahmt den menschlichen Blutkreislauf nach. Um reale Bedingungen zu replizieren, wird die Lösung mit verschiedenen Konzentrationen von Glukose versetzt, wie sie einem hungrigen gesunden Menschen entspricht, einer normalen gesunden Person und einer Person mit Diabetes.
Zudem lassen sie die Serumlösung in unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten zirkulieren, um darzustellen, daß eine Person ruht oder aktiv ist. Die fünf verknüpften Zellen sind in der Lage, mit 3 V genug Strom zum Betrieb eines Herzschrittmachers zu liefern.
Bevor diese Geräte wirklich in den menschlichen Körper implantiert werden, gibt es noch zwei Probleme zu lösen. Der erste ist, den Spannungsausgang der Zellen zu erhöhen, weshalb das Team an einer entsprechenden Ladungspumpe arbeitet. Das andere Problem ist die Stabilisierung der biokatalytischen Elektroden für Langzeitbetrieb, was als große Herausforderung gilt und noch einige Jahre dauern kann. Mehr über solche Systeme findet sich unter Flüssigkeiten (s.o.).
Im August 2019 veröffentlicht das Team um Katz unter dem Titel ‚A Microelectronic Sensor Device Powered by a Small Implantable Biofuel Cell‘ einen weiteren Bericht über die Arbeit an den Schnecken. Diesmal wird eine 2 × 2 × 3 mm große enzymbasierte Biobrennstoffzelle in einer glukosehaltigen wäßrigen Modellösung, in menschlichem Serum und als implantiertes Gerät in einer lebenden grauen Gartenschnecke getestet, wo sie je nach Glukosequelle elektrische Leistung von 2 – 10 μW erzeugt.
Speziell für die Aktivierung durch die Biobrennstoffzelle wird zudem ein mikroelektronischer Temperaturfühler mit wiederaufladbarem Superkondensator, internem Datenspeicher und der Möglichkeit zum drahtlosen Herunterladen von Daten entwickelt, dessen Stromverwaltungsschaltkreis die optimale Nutzung der von der Biobrennstoffzelle bereitgestellten Energie in Abhängigkeit von der Sensoraktivität ermöglicht.
Im Mai 2012 folgt die Meldung, daß Sameer
Singhal und seine Kollegen bei der CFD Research
Corp. in Huntsville, Alabama, gemeinsam mit der bereits
bekannten Shelley D. Minteer (die inzwischen an der University
of Utah gelandet ist) ebenfalls Bio-Brennstoffzellen in Käfer implantieren.
Unter Verwendung von Kohlenstoff-Nanoröhrchen werden zwei verschiedene Enzyme auf den Elektroden einer Brennstoffzelle immobilisiert, um aus Glukose Elektronen freizusetzen, wobei bislang nur zwei der in einem einzigen Glukose-Molekül verfügbaren 24 Elektronen nutzbar gemacht werden können, was durch Verfeinerungen der Technik in Zukunft aber gesteigert werden soll.
Nachdem Singhal den Prototypen in Größe eines Cents in die Insekten implantiert hat, die den Prozeß auch überleben, erzeugen diese für mehr als zwei Wochen lang über 20 µW. Das ist zwar nur etwa ein Fünftel der Energie, die ein Herzschrittmacher benötigt, doch die Wissenschaftler rechnen damit, daß eine Version der Zelle in ,Menschengröße’ genug Strom liefern könnte.
Probleme bilden zudem ein Biofouling genannter Prozeß, bei dem im Körper implantierte Fremdkörper mit Proteinen und Gewebe verkrusten, was die Bio-Brennstoffzellen schon nach wenigen Monaten außer Betrieb setzen könnte. Ebenso beunruhigend sind die Enzyme, die im Laufe der Zeit zu Ausfällen neigen.
In einem im Juni veröffentlichen Bericht bieten Rahul Sarpeshkar und
seine Kollegen vom Massachusetts Institute of Technology (MIT)
eine Lösung für beide Probleme an. Zum einen eine Glukose-Brennstoffzelle,
die sich aufgrund ihres Platin-Katalysators mit der Zeit nicht verschlechtert.
Der Nachteil ist hier, daß Platin ein weniger effizienter Katalysator
ist als die von Singhal verwendeten Enzyme – und daß die damit gebaute
Zelle auch dementsprechend weniger gut funktioniert.
Die Lösung für das Problem mit dem Biobewuchs ist wiederum, die Brennstoffzelle in der Cerebrospinalflüssigkeit (CSF) zu implantieren, die das Gehirn umgibt. Zwar weist die CSF nur die Hälfte der Glukosekonzentration des Blutstromes auf, ist dafür aber praktisch frei von den Proteinen und Zellen, die in anderen Bereichen des Körpers implantierte Vorrichtungen verunreinigen würden.
Ein weiterer Ansatz des MIT könnte sogar quantativ mehr Energie liefern. Einige im Boden lebende Bakterien werden so verändert, daß sie die Elektronen aus der Glukose-Oxidation auf Eisen-Moleküle übertragen, was den Forschern ermöglicht, sie zu überlisten, auf der Anode einer Brennstoffzelle zu leben. Eine derartige Mikrobenkolonie, die in geeigneter Weise vom Immunsystems des Wirts isoliert ist, könnte dazu genötigt werden, mit Elektronen aus dem Blutstrom zu ,handeln’. Da die Bakterien ihre eigenen Enzyme erneuern können, würde ein solches System auf unbestimmte Zeit funktionieren. Vermutlich wird die Idee, eine Bakterienkolonie in einem Patienten zu implantieren, jedoch auf Widerstand der medizinischen Regulierungsbehörden stoßen, ganz zu schweigen von der öffentlichen Meinung.
Alternativ ließen sich aber auch einige der körpereigenen Zellen trainieren, die Arbeit zu tun. Ähnlich dem veralteten Verfahren der Kardiomyoplastik, bei dem ein selten verwendeter oberer Rückenmuskel durchtrennt und um das Herz gewickelt wird, um dieses beim Pumpen von Blut zu unterstützen, könnten entsprechende Muskelfasern ,umgeschult’ werden, um einen elektromechanischen Generator anzutreiben. Mehr zu solchen Vorrichtungen weiter unten.
Im Februar 2014 ist zu erfahren, daß auch an der Osaka
University und der Tokyo University of Agriculture
and Technology daran gearbeitet wird, energetisch selbstbetriebene Cyborg-Schaben zu
entwickeln, die dabei helfen sollen, Katastrophenopfer zu lokalisieren.
Die japanischen Wissenschaftler zeigen in diesem Zusammenhang eine
kleine Trehalose-Brennstoffzelle, mit welcher die Insekten in ein drahtloses
Sensornetzwerk mit eigener, batterieloser Stromversorgung verwandelt
werden können, und dies zu einem Bruchteil der Kosten und des Wartungsaufwands
im Vergleich zu den sonst üblichen Netzwerken.
Die Körperflüssigkeit mit der Trehalose strömt durch den Prozeß der Diffusion in ein kleines, nadelförmiges Rohr, das in den Rumpf des Insekts eingesetzt und mit einem Tank verbunden ist. Dort wandeln Enzyme die Trehalose in Glukose, die dann von den Elektroden oxidiert wird. Tests mit 3D-gedruckten Prototypen ergeben, daß eine der kleinen, aber kräftigen Schaben bis zu 50,2 μW Strom erzeugen kann.
Im Fall der Osaka University gibt es erst im September 2022 einen weiteren Bericht bezüglich der Schaben, deren elektronische Lasten inzwischen allerdings durch eine winzige organische Dünnschicht-Solarzelle mit Energie versorgt werden.
Hierzu werden Madagaskar-Schaben ausgewählt, die in der Regel etwa 6 cm groß sind und damit mehr Platz für die Anbringung der Solarzelle bieten. Zudem haben sie eine relativ lange Lebensdauer und auch keine Flügel, so daß sie nicht außer Reichweite fliegen können.
Über eine ähnliche Arbeit ist im Januar 2017 zu erfahren. Demnach haben Forscher des Charles Stark Draper Laboratory und des Howard Hughes Medical Institute (HHMI) um Jesse J. Wheeler ein System entwickelt, das eine lebende Libelle wie einen Rucksack tragen kann und das es den Ingenieuren ermöglicht, sie aus der Ferne zu steuern, um Nutzlasten auszuliefern, Aufklärungsarbeit zu leisten und sogar die Bestäubung zu steuern.
Das DragonflEye ist eine völlig neue Art von Mikro-Luftfahrzeug, das kleiner, leichter und getarnter ist als alles andere, was bislang von Menschenhand geschaffen wurde. Details über die Stromversorgung gibt es keine, doch auf der Tragelast ist eine Solarzelle zu sehen.
Die Arbeiten zur externen Steuerung von Insekten gehen übrigens auf
das Jahr 2012 zurück, als Wissenschaftler der North
Carolina State University unter der Leitung von Prof. Alper
Bozkurt mit Mikrocontrollern ausgestattete Madagaskar-Schaben
fernsteuern, indem sie sich die Systeme die äußeren Organe und das
Verhalten der Insekten zunutze machen: Die Schaben werden durch die
Stimulierung ihrer Zerkarien zur Vorwärtsbewegung veranlaßt – und
durch ihre Fühler gesteuert, denen das Gefühl vermittelt wird, gegen
ein Hindernis zu stoßen, so daß das Insekt seinen Kurs ändert.
Da diese Entwicklungen aber – zumindest bislang – nichts mit Micro Energy Harvesting zu tun haben, sollen sie hier nicht weiter behandelt werden.
Eine Meldung vom Januar 2020 mag an dieser Stelle
passend sein: Demnach arbeiten Forscher des California Institute
of Technology (Caltech) um John O. Dabiri daran, lebende und
mit Sensoren auszustattete Ohrenquallen (Aurelia
aurita) fernzusteuern, um in den Ozeanen Daten über die Temperatur,
den Salz- oder den Sauerstoffgehalt zu sammeln – schließlich sind
sie in den Weltmeeren fast überall zu Hause.
Die Wissenschaftler statten die Quallen hierfür mit einer Art Turboantrieb aus, indem sie ihnen elektronische Regler implantieren, die ähnlich wie Herzschrittmacher funktionieren, und mit deren Hilfe die Schwimmgeschwindigkeit fast um das Dreifache gesteigert werden kann, wobei die Bewegungen der Tiere auch noch effizienter ablaufen. An der Richtungssteuerung wird allerdings noch gearbeitet.
Dem Bericht ‚Low-power microelectronics embedded in live jellyfish enhance propulsion‘ läßt sich leider nicht entnehmen, wie die Stromversorgung des biohybriden Roboters abläuft, dessen Mikroelektronik 10 mW externer Energie erfordert. Dabiri wird uns später bei den muskulären Systemen wiederbegegnen.
Daß man Strom sogar aus einem Seidenspinner-Kokon erzeugen
kann, berichten Wissenschaftler des Indian Institute of Technology
Kanpur um Brindan Tulachan und Sunil
Kumar Meena im August 2014. An dem großen
Team sind auch Kollegen der Delhi University, des Sanjay
Gandhi Postgraduate Institute of Medical Sciences und der Defense
Research Development Organization in Delhi beteiligt.
Die Kokon-Membranen eines Seidenspinners (Bombyx mori) enthalten Spurenmengen von Elementen wie Natrium, Chlor, Kalium, Magnesium, Schwefel, Kalzium und Kupfer, sowie Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff. Die indischen Wissenschaftler haben nun einen Weg entdeckt, diese Elemente zu ernten und mit Hilfe von Wasser Strom aus ihnen zu machen.
Das Benetzen des Kokons läßt die Spurenelemente mobile, ladungstragende Ionen bilden, die einen elektrischen Strom über die Membran des Kokons produzieren. Indem sie eine Aluminiumelektrode auf der Innenfläche und eine Kupferelektrode auf der Außenfläche der Kokons anbringen, und dann drei davon in Reihe geschaltet dem Wasserdampf aussetzen, gelingt es ihnen, genügend Strom für ein LED-Licht zu gewinnen.
Das Team plant nun, den Einsatz von Seidenspinner-Kokons als Batterie zu vermarkten und hofft, daß sich die Batterien auch aus dem Seidenprotein Sericin herstellen lassen, das im Zuge der gewerblichen Textilproduktion bislang verschwendet wird.
Weiter mit den muskulären Systemen...