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MICRO ENERGY HARVESTING

Felder und Wellen

WÄrme (I)


Über die verschiedenen Effekte, die im Bereich von Temperatur, Elektrizität und/oder Elektromagnetismus wechselwirken, spreche ich ausführlich im Kapitel Wärmeenergie.

Im Zusammenhang mit dem Micro Energy Harvesting sollen hier die aktuellen Entwicklungen der vergangenen Jahre präsentiert werden, wobei es einmal um die Ausnutzung sehr geringer Temperaturunterschiede geht, und zum anderen um Technologien, die bislang allgemein kaum bekannt sind.

Bei den thermischen Energiesammlern (häufig für Anwendungen am menschlichen Körper) handelt es sich zumeist um thermoelektrische Generatoren (TEG), die den Seebeck-Effekt nutzen, um die Temperaturdifferenz zwischen dem Körper und seiner Umwelt in elektrische Energie umzuwandeln. Thermoelektrische Elemente werden aber auch schon seit vielen Jahrzehnten in Satelliten eingesetzt, wo sie das extrem starke Temperaturgefälle zwischen ihrer von der Sonne beschienenen heißen, und ihrer kalten, dunklen Seite nutzten. Eine ausführliche Betrachtung dieser Technologie findet sich in dem entsprechenden Kapitelteil über den thermoelektrischen Effekt.

In der hier vorliegenden Übersicht werden dafür andere interessante, aber weitgehend unbekannte Effekte und Technologien dokumentiert, wie Thermomagnetismus und Thermoakustik, auch wenn die Umsetzungen in einigen Fällen über die Größenordnung des Micro Energy Harvesting hinausgehen.


Sehr interessant finde ich auch, daß sich der Hubschrauberentwickler Haviland Hull Platt schon im August 1924 darüber Gedanken macht, wie die atmosphärische Wärme als Energiequelle angezapft werden könnte. Der entsprechende Artikel ist unter dem Titel ,Atmospheric Heat as a Source of Power’ im Magazin Scientific American zu finden (Volume 131, No. 2). Es scheint aber nicht zu irgendeiner Form von Umsetzung gekommen zu sein.


Eine Technologie, die sich bis Ende des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen läßt und gegenwärtig erneut Interesse findet, ist die der Thermomagnetischen Motoren (TMM, auch: Curie-Räder, Curie-Motoren, pyromagnetische Motoren), die Wärme in kinetische Energie umwandeln und dabei den thermomagnetischen Effekt nutzen, d.h. die Tatsache, daß ferromagnetische Materialien ihre magnetischen Eigenschaften verlieren, wenn sie über eine kritische Temperatur hinaus erhitzt werden, die als Curie-Temperatur bezeichnet wird.

Eisen z.B. hat eine hohe Curie-Temperatur von etwa 700°C, was die Konstruktion erschwert, während das später weitgehend genutzte Gadolinium seinen Magnetismus schon bei 19,3°C verliert. Folglich reicht bei diesem Material ein Wechselbad mit kaltem und warmem Wasser, um den Magnetismus an- und auszuschalten.

Eine Reihe von Wissenschaftlern melden Patente für diese sogenannten pyro-magnetischen Generatoren an, so auch Thomas Alva Edison (US-Nr. 380.100 von 1888 sowie US-Nr. 476.983 von 1892), dessen ehemaliger Mitarbeiter Edward Goodrich Acheson  (US-Nr. 375.408 von 1889) sowie Nikola Tesla (US-Nr. 396.121, ebenfalls 1889), dessen Patent mehrere Variationen der Idee zeigt, einschließlich der Verwendung eines Elektromagneten anstelle eines Permanentmagneten. Ein weiteres Patent reicht Tesla 1890 ein (US-Nr. 428.057). Die kommerzielle Nutzung bleibt jedoch aus, vermutlich weil die Experimente nur äußerst ineffiziente Prototypen hervorbringen.

Neuere thermodynamische Analysen deuten jedoch darauf hin, daß TMMs bei kleinen Temperaturunterschieden um die Curie-Temperatur des magnetischen Materials herum einen hohen Wirkungsgrad aufweisen, der mit dem Carnot-Wirkungsgrad vergleichbar ist. Das Prinzip des thermomagnetischen Motors wird daher als möglicher Aktuator in intelligenten Materialien untersucht - und erweist sich bei der Erzeugung von elektrischer Energie aus ultraniedrigen Temperaturgradienten als erfolgreich.

Spätere Patente werden eingereicht von Morris A. Schwartz  (US-Nr. 1.431.545, angemeldet 1920, veröffentlicht 1922); Erich Schwarzkopf (US-Nr. 2.016.100, angemeldet 1932, veröffentlicht 1935); George G. Merkl (US-Nr. 3.445.740, angemeldet 1968, veröffentlicht 1969); A. Pirc (US-Nr. 3.743.866, angemeldet 1972, veröffentlicht 1973); Aisuke Katayama (US-Nr. 4.447.736, angemeldet 1982, veröffentlicht 1984) und John Hazelwood (US-Nr. 8.242.662, angemeldet 2010, veröffentlicht 2012).


Darüber hinaus gibt es auch Beispiele für die praktische Beschäftigung mit thermomagnetischen Motoren bzw. thermomagnetischen Generatoren (TMG). So wird im November 2015 berichtet, daß der Ungarn stammende Augenarzt Nikolaus Vida gemeinsam mit Prof. Kurt Heiniger von der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) einen thermomagnetischen Motor entwickelt habe, der Strom im Kilowatt-Bereich liefert.

Vida hatte im März 2013 einen Demonstrator der Maschine vorgestellt, die 18°C und 36°C warmes Wasser nutzt und eine mechanische Leistung von 80 W produziert. Mitte des Jahres sagt das Bundesamt für Energie dem Projekt eine Unterstützung in Höhe von 200.000 SFr zu, um einen ersten industrietauglichen Prototypen zu entwickeln. Diese Anlage TMM K2 wird im ersten Quartal 2015 in der Energiezentrale einer Aargauer Klinik aufgebaut und seither im Teilbetrieb erfolgreich getestet. Sie nutzt 53°C warmes Abwasser der Klinik (10 m3/h) und 14°C kühles Wasser der Aare (4 m3/h), um aus der Temperaturdifferenz eine elektrische Leistung von 1 - 1,4 kW zu generieren.

Die Anlage soll in einem nächsten Schritt in einer industriellen Umgebung und im Dauerbetrieb von 4.000 Stunden ihre Praxistauglichkeit beweisen. Zu dem Zweck wird der Prototyp in einem Holcim-Zementwerk aufgestellt, wo er als Wärmequelle das Abwasser aus der Zementproduktion nutzt, das bisher über einen Kühlturm gekühlt wird.

Darüber hinaus wird mit Ekkes Brück von der Technischen Universität Delft zusammengearbeitet, um mittelfristig effiziente und preisgünstige Alternativen zum derzeit verwendeten Gadolinium zu finden, einem teuren Lanthanoid, das ferromagnetisch ist. Im Juni 2022 erscheint der 50-seitige Schlußbericht ,Realisierung des Funktionsmusters K2 des Thermo-Magnetischen Motors (TMM)’, der im Netz einsehbar ist.

In einem gemeinsamen Projekt mit dem Paul-Scherrer-Institut in Villigen wird zudem untersucht, wie sich das thermomagnetische Material verhält, wenn es das externe Magnetfeld betritt. Und zusammen mit dem Chemiekonzern BASF wird erforscht, wie man die thermomagnetischen Materialien für den Motor optimieren kann.

Außerdem gründet Vida Ende 2012 die Firma Swiss Blue Energy AG mit Sitz in Bad Zurzach, die innerhalb von fünf Jahren ein marktfähiges Produkt mit einer Leistung im Megawatt-Bereich entwickeln will. Zwar lassen sich noch Spuren eine Zusammenarbeit mit der Schweizer Firma Carbomill AG zur Wahl der richtigen Materialien für das System finden - doch später ist die Homepage der Swiss Blue Energy nicht mehr erreichbar und es läßt sich auch nichts über eine kommerzielle Umsetzung finden. Es scheint, als seien die Prototypen bisher an Materialverschleiß und instabilen Zyklen bei Dauerbetrieb gescheitert.

Generator der IFW

Generator
der IFW

Im Dezember 2018 veröffentlichen Forscher des Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstofforschung Dresden (IFW) um Sebastian Fähler die Studie ,Energy harvesting near room temperature using a thermomagnetic generator with a pretzel-like magnetic flux topology’, in der sie einen neu entwickelten thermomagnetischen Generator beschreiben, dessen elektrische Ausbeute mit einer Spannung von 0,2 V und einer Leistung von 1,24 mW „um Größenordnungen besser ist als die früherer Ausführungen.“

Die in Kooperation mit der TU Dresden und der Bundesanstalt für Materialforschung (BAM) in Berlin durchgeführte Entwicklung verwendet eine clevere Anordnung der einzelnen Komponenten, wobei der magnetische Kreislauf aus zwei magnetischen Quellen und zwei Elementen einer thermomagnetischen Legierung aus den Elementen Lanthan, Eisen, Kobalt und Silizium besteht, die unterhalb von ca. 27°C magnetisch ist und bei höheren Temperaturen unmagnetisch wird.

Die einzelnen Komponenten sind mit magnetisch leitendem Material verbunden, das an zwei Stellen mit einer Spule umwickelt ist. Ein kalt-warmes Wechselbad der thermomagnetischen Elemente führt nun dazu, daß sie den Magnetfluß abwechselnd leiten oder unterbrechen. Dies hat eine ständige Umpolung des Magnetflusses in den Kreisläufen zur Folge, wodurch in den Spulen eine elektrische Spannung induziert wird.


Im Januar 2019 erscheint die Studie ,Energy scavenging from ultra-low temperature gradients’ von Wissenschaftlern der Pennsylvania State University, der Virginia Tech und der US Army um Shashank Priya, in welcher ein auf dem thermomagnetischen Effekt basierendes Gerät namens PoWER demonstriert wird, das mit einer Wärmequelle bei Temperaturen von nur 24°C arbeitet und die Umgebungsbedingungen als Wärmesenke nutzt.

Dieses Konzept kann Temperaturgradienten von nur 2°C in Elektrizität umwandeln, während es nahe der Raumtemperatur arbeitet. Es weist eine Leistungsdichte von 105 μW/cm3 bei einer Temperaturdifferenz von 2°C auf, die bei einer Temperaturdifferenz von 10°C auf 465 μW/cm3 ansteigt. Die Abbildung zeigt den Axialflußgenerator, der in den PoWER-Geräten verwendet wird: (a) Der tropfenförmige Aufbau der Spule des Generators, (b) zwei Hälften des Ständers des Generators mit jeweils vier Spulen, (c) einer der zwei Rotoren des Generators und (d) die Stator-Rotor-Baugruppe, wobei nur eine Hälfte des Stators dargestellt ist.


Wissenschaftlern des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Universität Tōhoku in Japan gelingt es einer Veröffentlichung vom Dezember 2020 zufolge, die elektrische Leistung von thermomagnetischen Generatoren, die auf Dünnschichten der Heusler-Legierung Ni2MnGa basieren, im Verhältnis zur Grundfläche um den Faktor 3,4 zu steigern, indem sie die Dicke der Magnetron-gesputterten Legierungsschicht von 5 auf 40 µm verachtfachen.

Generator des KIT

Generator
des KIT

Heusler-Legierungen – magnetische intermetallische Verbindungen – ermöglichen als Dünnschichten in thermoelektrischen Generatoren eine große temperaturabhängige Änderung der Magnetisierung und eine schnelle Wärmeübertragung. Auf dieser Grundlage fußt das neuartige Konzept der resonanten Selbstaktuierung: Selbst bei geringen Temperaturunterschieden lassen sich die thermomagnetischen Generatoren zu resonanten Schwingungen anregen, die effizient in Strom gewandelt werden können.

Die im Netz einsehbare Arbeit ,Upscaling of Thermomagnetic Generators Based on Heusler Alloy Films’ des Teams um Prof. Manfred Kohl beschreibt, wie die Generatoren eine maximale elektrische Leistung von 50 µW/cm2 bei einer Temperaturänderung von nur 3°C erreichen, wodurch sie erstmals mit etablierten thermoelektrischen Generatoren konkurrieren.


Hinweis: Der thermomagnetische Effekt funktioniert auch umgekehrt, um also aus elektrischem Strom eine Temperaturdifferenz zu erzeugen. Seit einigen Jahren arbeiten Techniker daran, diesen Effekt für einen magnetokalorischen Kühlschrank zu nutzen - was unter Neuartige Kühlsysteme dokumentiert wird (in Arbeit). Ähnliche Umsetzungen wie die hier und weiter unten aufgeführten, die aber auf dem thermoelektrischen Effekt basieren, werden in einem eigenen Kapitelteil dokumentiert. Allerdings mit einigen Ausnahmen, wie z.B. Uhren, Ringe und Armbänder, die durch die Körperwärme ihrer Träger betrieben werden - oder Schrauben mit eingebauten Thermogeneratoren, die Batterien in Drahtlos-Sensoren ersetzen sollen, um nur einige Beispiele zu nennen.


Noch eine Technologie, die zunehmend an Interesse gewinnt, ist die Thermoakustik. Bemerkt wurde der physikalische Effekt schon vor Jahrhunderten durch Glasbläser, denen auffiel, daß ein lauter Ton mit konstanter Frequenz entsteht, wenn sie heißes Glas am Ende einer kalten Röhre blasen.

In der Neuzeit wird das Phänomen der ,singenden Flamme’ erstmals von dem irischen Naturphilosophen und Chemiker Byran Higgins im Jahr 1802 beobachtet, während er eine Wasserstofflamme an unterschiedlichen Positionen in einem beidseitig geöffneten Glasrohr brennen läßt. Aufgrund der schlechten Wärmeleitfähigkeit des Glases entsteht eine inhomogene Temperaturverteilung, welche wiederum zur Schwingungsanregung der Luftmoleküle führt und als akustisches Signal wahrgenommen wird.

In den 1850er Jahren werden Experimente durchgeführt, bei denen man herausfindet, daß der Temperaturunterschied für diesen Effekt ausschlaggebend ist. Lautstärke und Intensität des Geräusches verändern sich außerdem mit der Länge des Blasrohres und der Menge an Glas. Die ersten experimentell aufgezeichneten Daten zu thermisch angeregten Schwingungen gehen aus der Arbeit von des in Breslau geborenen Physikers Karl Friedrich Julius Sondhauß im Jahr 1850 hervor, der Untersuchungen anhand der Glasbläserei durchführt und dabei eine Abhängigkeit der Schallfrequenz von der Glasgeometrie feststellt.

Thermoakustische Rohre Grafik

Thermoakustische Rohre
(Grafik)

Der niederländische Physikers Pieter Leonhard Rijke modifiziert 1859 den Versuchsaufbau von Higgins und plaziert anstatt der Wasserstoffflamme ein beheiztes Drahtgitter in der unteren Hälfte des Rohres. Mit seinem ,Rijke-Rohr’ von 80 cm Länge und 3,5 cm Durchmesser ist es möglich, Wärme direkt in Töne umzuwandeln. Dies geschieht, indem dem System von einer Seite Wärme zugeführt wird, welche die Luft in dem Rohr in Schwingungen versetzt.

Die physikalische Erklärung des Phänomens liefert 1878 der englische Physiker und Nobelpreisträger John William Strutt (3. Baron Rayleigh), der postuliert, daß eine akustische Schwingung verstärkt wird, wenn im Moment der größten Kompression Wärme zugeführt wird und im Moment der größten Entspannung Wärme abgeführt wird. Durch das Ausbilden einer stehenden Welle bewegt sich während eines Teils der Schwingung Luft von beiden Enden des Rohres zur Mitte des Rohres. Dabei wird diese durch das Metallgitter erwärmt, während sich der Druck erhöht. In der darauffolgenden Expansionsphase bewegt sich die Luft wieder zu den Enden, wo sie dann während der Expansion abgekühlt wird.


Erwähnenswert an dieser Stelle ist auch die Erfindung eines orgelartigen Tasteninstruments namens Pyrophon durch den elsässischen Physiker Georges Frédéric Eugène Kastner (o. Georg Friedrich Eugen Kastner) im Jahr 1875 - denn bei diesem Instrument werden gläserne Pfeifen durch Wasserstofflammen zum Schwingen angeregt.

Als Nachfolger des Pyrophons kann das Thermophon betrachtet werden, das die Töne nicht durch Flammen, sondern durch einen elektrischen Strom an einem Widerstand erzeugt. Auch hier läßt die Wärme die Luft in oder um Glasröhren expandieren und schwingen, was die Töne erzeugt. Eine Variante besteht aus mehreren Glasröhren unterschiedlicher Länge, die durch Heizelemente erwärmt werden. Es gibt aber auch noch andere Varianten.

Die Theorie und Praxis der Tonerzeugung durch elektrische Wärme entsteht, als der walisische Elektroingenieur und Erfinder Sir William Henry Preece im April 1880 über seine Beobachtung berichtet, daß beim Anschluß eines Mikrofonsenders an einen Platindraht Töne entstehen (,On Some Thermal Effects of Electric Currents’).

Die Ingenieure Harold D. Arnold und Irving B. Crandall von den Bell Labs entwickeln dann 1917 eine quantitative Theorie für das Thermophon, gefolgt von Edward C. Wente im Jahr 1922. Seitdem wird das Thermophon vor allem als Präzisionsschallquelle zur Mikrofonkalibrierung verwendet. Darüber hinaus finden die Geräte aufgrund ihres geringen Wirkungsgrads jedoch keine breite Anwendung.

Erst um die Jahrtausendwende herum nimmt die Forschung im Bereich der Thermophone neuen Aufschwung. So stellen Shinouda et al. im Jahr 1999 ein poröses, dotiertes Sillizium-Thermophon für Ultraschallemissionen vor, und 2008 berichten Wissenschaftler der Tsinghua University über ein Thermophon aus Kohlenstoffnanoröhrchen (s.u.).

Zudem gibt es gegenwärtig immer wieder Musiker, die Pyrophone konstruieren, die mit Propangas arbeiten, oder elektrisch betriebene Thermophone, die jeweils mit MIDI-Schnittstellen ausgerüstet sind. Als Beispiel sei der Pariser Künstler Jacques Rémus genannt, der ab 2011 in Verbindung mit Steve Garret und mehreren Forschern, die in französischen Labors arbeiten, ein Instrumentarium mit elektrisch beheizten Rohren entwickelt. Die beeindruckenden Fortschritte sind auf seiner Homepage gut nachzuverfolgen.


In diesem Kontext ist zu erwähnen, daß Thermophone auch von einem Forscherteam der University of Exeter verwendet werden, um Lautsprecheranordnungen zu bauen, die kleiner sind als je zuvor und dazu auch noch flexibel und transparent. Der Artikel ,Coupling and confinement of current in thermoacoustic phased arrays’ vom Juli 2020 ist im Netz einsehbar.

Lautsprecherarray Grafik

Lautsprecherarray
(Grafik)

Lautsprecherarrays werden bereits in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt, z.B. in Ultraschall- und Beschallungssystemen. In der Abbildung ist die schematische Darstellung eines Arrays mit (nur) zwei Elementen zu sehen. Mit derartigen Arrays können Töne aus mehreren Quellen in eine bestimmte Richtung gelenkt werden, um eine bessere Kontrolle und Klarheit des erzeugten Klangs zu erreichen.

Lautsprecheranordnungen, die den Klang ausschließlich durch Wärme erzeugen, haben gegenüber ihren mechanischen Gegenstücken jedoch eine Reihe von Vorteilen - u.a. keine beweglichen Teile und die Möglichkeit der Massenproduktion aus kostengünstigen, nachhaltigen Materialien. Zudem erzeugen sie ein viel reicheres Klangfeld als herkömmliche Arrays.

Im Zuge ihrer Studie finden die Forscher um Alastair Hibbins und Steven Hepplestone heraus, daß Thermophone, wenn sie zu einem Array kombiniert werden, die gleiche Kontrolle über Schallfelder ausüben können wie herkömmliche Arrays. Letztlich zeigt sich, daß mit der Thermophontechnologie ein vollständig kontrolliertes Array geschaffen werden kann - aus nichts weiter als einem dünnen Metallfilm, der an einigen Metalldrähten befestigt ist.


Zurück zur Thermoakustik: Kernelement eines heutigen thermoakustischen Resonators ist ein Zylinder, der Luft und ein Material mit großer Oberfläche enthält, z.B. Glasfasern oder Stahlwolle, welche zwischen zwei Wärmetauschern plaziert werden.

Wird dem System nun Wärme zugeführt, bis ein bestimmter Grenzwert erreicht ist, beginnt die Luft im Innern zu vibrieren und erzeugt einen einfrequenten Ton wie eine Flöte. In der abgebildeten Montage, die das Foto einer Wärmebildkamera nachahmt, sind die warme (rot) bzw. kalte (blau) Zonen zu sehen, die mit einer Frequenz von ca. 20 Hz schwingen.

Dabei verhält sich der 1 m lange und 10 cm durchmessende und an beiden Seiten offene Zylinder, in dessen unterer Hälfte sich bei etwa 1/4 der Länge ein Heizgitter befindet, ähnlich wie der Resonanzkörper einer Geige und verstärkt eine bestimmte Tonhöhe. Hierdurch gelingt es, Hitze in einen Ton zu verwandeln, also die chaotische Bewegung der Luftmoleküle in regelmäßig schwingende Luftteilchen, die ihrerseits (in den modernen Systemen) eine piezoelektrische Elektrode in Schwingung versetzen, welche wiederum den elektrischen Strom erzeugt.


Weitere Forschungen lassen lange auf sich warten, bis sich Nikolaus Rott im Jahr 1969 erneut damit beschäftigt und 1980 die mathematischen Grundlagen der Thermoakustik vorlegt.

Bell-Patent Grafik

Bell-Patent
(Grafik)

Die zeitlich davor liegenden Patente der Firma Bell Telephone Labor Inc. aus New York unter den Namen ,Electric power source’ (US-Nr. 2.549.464, angemeldet 1947, erteilt 1951, Erfinder: Ralph V. L. Hartley) sowie ,Heat-controlled acoustic wave system’ (US-Nr. 2.836.033, angemeldet 1953, erteilt 1958, Erfinder: Warren A. Marrison) scheinen nie umgesetzt worden zu sein, ebenso wenig wie das Patent ,Traveling wave heat engine’ von Peter Hutson Ceperley aus Annandale, Virginia (US-Nr. 4.114.380, angemeldet 1977, erteilt 1978).

Weitere Patente aus dieser Zeit sind ,Sound production using large volume plasmas’ von Alan E. Hill aus Albuquerque, New Mexico (US-Nr. 4.219.705, angemeldet 1978, erteilt 1980) – sowie ein Patent der Schweizer Firma Sulzer Brothers Ltd. aus Winterthur, in welchem als Erfinder ein Heinz Baumann genannt wird (US-Nr. 4.584.840, angemeldet 1984, erteilt 1986). Als Priorität wird ein Schweizer Patent aus dem Jahr 1983 aufgeführt (CH-Nr. 335/83).

Unter dem Titel ,Cooling machine or heat pump’ ist hier eine Kältemaschine oder Wärmepumpe beschrieben, die ein thermoakustisches Arbeitssystem mit einer Wärmequelle und einer Wärmesenke besitzt. Die Maschine kann in einem Kühlsystem verwendet werden, in welchem die aus einer Kältekammer entfernte Wärmeenergie als Wärmequelle des thermoakustischen Arbeitssystems dient. Ebenso ist eine Wärmepumpen-Heizungsanlage machbar, deren thermoakustisches Antriebssystem mit Wärmeenergie aus einer Wärmeaustauschfläche am Brenner versorgt wird.

Ein weiteres Patent des Unternehmens trägt den Namen ,Thermoacoustic device’ und nennt als Erfinder einen Ulrich A. Muller (US-Nr. 4.625.517, angemeldet und erteilt 1986). Es läßt sich nichts darüber finden, daß die Firma je ein Produkt daraus gemacht hat.

Ebenfalls im Jahr 1986 erteilt wird das Patent ,Thermoacoustic magnetohydrodynamic electrical generator’ das 1984 im Namen der Vereinigten Staaten von Amerika angemeldet wurde und als Erfinder John C. Wheatley und Gregory W. Swift aus Los Alamos, sowie Albert Migliori aus Santa Fe nennt – und vermutlich auf das Los Alamos National Laboratory zurückgeht, das uns weiter unten noch ausführlicher begegnen wird (US-Nr. 4.599.551).


Ein Unternehmen, das sich schon früh mit thermoakustischen Systemen beschäftigt, ist die im Jahr 1986 von Kees de Blok gegründete niederländische Firma Aster Thermoacoustics (Aster Thermoacoustische Systemen) in Veessen, die als unabhängiges Forschungsunternehmen theoretische und experimentelle Arbeiten auf dem Sektor der thermischen Energieumwandlung durchführt.

Aufbau des vierstufigen TAP Grafik

Aufbau des vierstufigen TAP
(Grafik)

Auf die Thermoakustik war de Blok 1985 in einem wissenschaftlichen Artikel gestoßen, als er in seiner Rolle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter des staatlich-niederländischen Post- und Telekommunikationsunternehmens PTT (später: KPN) auf der Suche nach einer Möglichkeit war, für Entwicklungsländer einen auf Solarenergie basierenden Kühlschrank zu bauen.

Der erste funktionsfähige Prototyp besitzt einen Gasbrenner, ein mehr als 3 m langes, mehrfach geknicktes PVC-Rohr und einen invertierten Lautsprecher, um den durch Wärme erzeugten Schall in Elektrizität umzuwandeln. Dem Prototyp folgen jahrelange Versuche und Studien, und als sich beim Thema der Wiederverwendung industrieller Abwärme zeigt, daß herkömmliche Wärmepumpen keine hohen Temperaturdifferenzen nutzen können, bietet sich als Alternative eine thermoakustische Wärmepumpe an, die  Schallwellen statt eines Kühlmittels verwendet.

Diese Art der thermoakustischen Kühlung wird bereits seit Mitte der 1970er Jahre entwickelt - und ein thermoakustisches Kühlgerät wird 1992 zur kryogenen Kühlung des Space Shuttle Discovery eingesetzt - in diesem Fall mit einer beweglichen Lautsprechermembran.

Das erste Patent der Aster Thermoacoustics wird unter dem Titel ,Thermo-acoustic system’ im Jahr 1998 angemeldet (EP-Nr. 1025401, erteilt 2000; vgl. US-Nr. 6.314.740, angemeldet 2000, erteilt  2001). Der Name des Erfinders wird hier mit Cornelis Maria de Blok angegeben, Miterfinder ist ein Nicolaas Adrianus Hendrikus Jozef Van Rijt.

In Zusammenarbeit mit dem ECN, dem Energieforschungszentrum der Niederlande, wird im Jahr 2000 ein Prototyp gebaut, auf dessen Grundlage die Firma Bronswerk Heat Transfer B.V. (BHT), ein Hersteller von Wärmetauschern und Kühlgeräten, eine kommerzielle Wärmepumpe entwickelt, die etwa zwei Jahre später auf den Markt kommen soll. Dies scheint aber nicht geklappt zu haben, denn in der Chronologie tut sich eine mehrjährige Lücke auf. Mehr dazu siehe unten.

Erst im Jahr 2010 ist wieder etwas von Aster zu hören, als im Rahmen des europäischen Gemeinschaftsprojekts THATEA (THermoAcoustic Technology for Energy Applications) und mit Förderung des Niederländischen Wirtschaftsministeriums ein thermoakustischer Generator (thermoacoustic power, TAP) gebaut wird, der auf dem Konzept einer vierstufigen Wanderwelle und mehreren Energiewandlern (Thermoacoustic Energy Converters, TEACs) basierend 100 kW Abwärme bei 130 – 150°C in Strom umwandeln soll.

Die Firma arbeitet bei dem TAP-Projekt mit den Unternehmen Huisman Innovations B.V. und Innoforte zusammen. Installiert werden soll der TAP in einer Pappenherstellungsanlage der Smurfit-Kappa Group in Nieuweschans. Nach dem erfolgreichen Abschluß dieses Pilotprojekts will de Blok im Jahr 2012 mit der Vermarktung und Lieferung von thermoakustischen Stromerzeugern für industrielle Wärmerückgewinnung im Leistungsbereich von 100 kW - 1 MW beginnen. Ein im Netz abrufbarer 48-seitiger Schlußbericht des THATEA-Projekts erscheint im Februar 2012.

Das gleiche Konzept eines 4-Stufen-Wanderwellenmotors wird auch in einer thermoakustischen Kochvorrichtung für Entwicklungsländer umgesetzt, die bei Atmosphärendruck betrieben wird und neben Warmwasser bis zu 50 W Strom erzeugt. Zugleich will de Blok aber auch an seinem ursprünglichen Plan weiterarbeiten, dem auf Solarenergie basierenden Kühlschrank.

Im November 2010 wird zudem ein in Zusammenarbeit mit der Nottingham University entwickelter und gebauter 2-stufiger thermoakustischer Motor erfolgreich auf einem Prototyp-Holzofen installiert, der an der City University London entworfen und gebaut wurde, wobei das Ganze auf Anhieb funktioniert.

Bei einem Druck von 150 kPa und der Verwendung eines Standard-Lautsprechers als Lineargenerator wird die höchste elektrische Leistung bei einer Regenerator-Temperaturdifferenz von 350°C gemessen: 23 W. Da der akustisch-elektrische Umwandlungswirkungsgrad dieses Lautsprechers nur 35 % beträgt, ist an der Universität Nottingham bereits ein besseres Gerät mit einem Wirkungsgrad von 60 % im Bau, mit dem sich die elektrische Leistung auf fast 40 W erhöhen soll.

Der Bau des 100 kW-TAP beginnt im April 2011, die ersten Tests folgen im Juni, und schon im Juli kann die Pilotanlage zum Kunden transportiert werden, wo sie bis Ende September installiert wird. Die Inbetriebnahme erfolgt im März 2012.

Die hauptsächlichen Ziele dieses Pilotprojekts sind es, die Skalierbarkeit der Thermoakustik vom Labormaßstab zu industriellen Temperatur- und Leistungsstufen sowie die wirtschaftliche Machbarkeit der TAP zu beweisen. Während das erste Ziel erreicht werden kann und dabei einen Wirkungsgrad von 38 % erreicht, trifft dies für das wirtschaftliche Ziel nicht zu.

Als Grund werden die hohen Kosten der Lineargeneratoren angegeben, welche zur Umwandlung der Schallleistung in Strom zum Einsatz kommen, und die mit 3.000 € pro installierten Kilowatt bereits die Zielkosten der komplett installierten TAP übersteigen. Die für 2012 beabsichtigte Markteinführung wird daher verschoben.

Zwischenzeitlich, im November 2011, meldet Aster, daß der im Zuge des Projekts THATEA entwickelte mehrstufige Wanderwellenmotor erfolgreich mit dem thermoakustischen Teil eines Kühlschranks verbunden wurde, der von den französischen Projektpartnern Hekyom und CNRS entworfen und gebaut worden ist.

Das integrierte System ähnelt dem 4-stufigen Niedertemperatur-Motor, nur daß hier eine der Motorphasen von der Kühlzelle ersetzt wird. Das Ergebnis ist ein 3-stufiger thermoakustischer Motor, der einen einstufigen thermoakustischen Kühlschrank betreibt. Wird der Motor mit 211°C heißem Thermoöl versorgt, erreicht die Temperatur des Kühlschranks -40,5°C. Die Wirkungsgrade des Motors und der Kühlzelle betragen 34 % bzw. 29 %.

Aster beginnt zudem, diese Konfiguration zu einem solarbetriebenen Kühler zu entwickeln – in Form einer Ergänzung der auf Vakuumröhren basierende Solaranlagen. Die Ausgangstemperatur dieses Kollektortyps beträgt bis zu 160°C, was für den Antrieb eines mehrstufigen thermoakustischen Motors ausreichend ist. Aufgrund der jüngsten Verbesserungen, und weil sich die Preise von Vakuumröhrenkollektoren seit den ersten Versuchen im Jahr 2004 um fast eine Größenordnung reduziert haben, geht das Unternehmen von einer Amortisationszeit von 5 – 8 Jahren aus. Ein erster Prototyp und eine Demonstration der Technik ist für den Sommer 2012 geplant.

Achsial-Generator

Achsial-Generator

Im August  2012 berichtet Aster, daß man als Option sowohl für Low-Cost-Generatoren für den ländlichen Raum, wobei die Firma hierbei mit der FACT-Stiftung in den Niederlanden und dem britischen SCORE Project kooperiert (s.u.), als auch für industrielle Anwendungen mit hoher Leistung daran arbeitet, die akustische Wellenbewegung in Rotation zu konvertieren, um statt der teuren Lineargeneratoren die allgemein üblichen und günstigen Achsialgeratoren zu nutzen.

Eine Möglichkeit, um die durch die Druckänderung der akustischen Welle entstehende bidirektionale Strömung in Rotation zu verwandeln, ist die von Wellenkraftwerken bekannte Technologie der oszillierenden Wassersäule (OWC). Hier treibt das von Wellen verursachte periodische Ein- und Ausströmen von Luft eine bidirektionale Turbine, deren Drehrichtung von der Strömungsrichtung unabhängig ist. Für die Prüfung und Validierung dieser Option werden sowohl eine radiale als auch eine axiale bidirektionale Turbine entwickelt und mittels 3D-Rapid Prototyping hergestellt.

Die mit einem bürstenlosen Elektromotor als Generator ausgestatteten Geräte zeigen ermutigende Ergebnisse. Die kleine Turbine mit einem Durchmesser von 80 mm, die akustische Wellenenergie in Rotation wandelt, arbeitet bei akustischen Frequenzen bis > 100 Hz und erreicht einen akustisch-zu-mechanischen Wirkungsgrad von etwa 40 %. Auf einen Durchmesser von 300 mm skaliert wird ein Wirkungsgrad von 70 – 80 % erwartet.

Im September folgt die Meldung, daß man als nächsten Schritt nun eine bidirektionale Turbine in voller Größe gebaut habe, die mit einer serienmäßigen Kfz-Lichtmaschine (28 V/80 A) ausgestattet in dem bestehenden 100 kW-TAP getestet wird. Bei einer akustischen Energie von 629 W und einer Drehzahl von 377 U/min kann eine mechanische Ausgangsleistung von 478 W gemessen werden, was einem Umwandlungswirkungsgrad von 76 % entspricht.

Als noch wichtiger wird die Wirtschaftlichkeit der Turbine betrachtet, die bei Umgebungstemperatur arbeitet, mit einer relativ niedrigen Geschwindigkeit läuft und keine kritischen Toleranzen hat. Im Vergleich zu den Anschaffungskosten der Lineargeneratoren reduziert dies die Kosten pro kW elektrische Leistung auf eine Größenordnung von weniger als 300 €/kW, was die TAP-Technologie für die Abwärmenutzung im industriellen Maßstab wieder interessant macht.

Bei dem von der FACT-Stiftung organisierten Bioenergy Innovaton Program 2012 Partnertag in den Niederlanden zeigt Aster im November einen funktionalen Prototypen des kombinierten Warmwasserbereiters und Thermo-Generators für den Einsatz in ländlichen Gegenden. Um die visuelle Beobachtung des Turbinenrotors zu ermöglichen, wird der Nachweis mit Luft bei atmosphärischem Druck durchgeführt, weshalb nur 5 W für die Versorgung einiger LEDs erzeugt werden können. Im Normalbetrieb mit Druckluft (bei 2 - 3 bar Überdruck) sollen allerdings 50 W elektrische Leistung erreichbar sein.

Gleichzeitig wird durch ein Joint Venture mit den polnischen Unternehmen Watt Sp. z o.o und Thermo Acoustic Solutions Sp. z o.o die Markteinführung vorbereitet. Hierzu werden zwei Prototypen gebaut: einer mit einem Fluid/Gas-Wärmetauscher zur Prüfung in Kombination mit Vakuum-Röhrenkollektoren unter realistischen Bedingungen, sowie das weiter oben abgebildete transportable Gerät zu Demonstrationszwecken, das der Einfachheit halber ohne Flüssigkeitskreislauf arbeitet.

Fluid/Gas-Wärmetauscher

Fluid/Gas-
Wärmetauscher

Nach einem ganzen Jahr ohne weitere Neuigkeiten ist erst im September 2013 wieder etwas von dem kostengünstigen, mit Holzöfen zum Kochen oder Erhitzen von Wasser kombinierbaren thermoakustischen Generator zu hören, als de Blok ein 18-seitiges Dokument veröffentlicht (das auf der Firmenseite abrufbar ist), in welchem er den Design-Ansatz und die zugrunde liegenden Physik beschreibt.

Zudem werden lokalen Projekten, Studenten, Wissenschaftlern und Firmen, die mit dieser Technologie experimentieren möchten, Hintergrundinformationen und Konstruktionszeichnungen angeboten. Die geschätzten Kosten eines entsprechenden Demonstrationsmodells liegen bei knapp 3.200 €.

Im Mai 2014 präsentiert Aster die Ergebnisse der bisherigen Versuche auf dem 2. Internationalen Workshop über Thermoakustik an der Sendai Tohoku University in Japan. Und nach fast 30 Jahren der Pionierleistungen werden de Blok und seine Firma im Februar 2015 als einer von vier Gewinnern der ersten Phase der Ecomagination Innovation Challenge von General Electric gekürt, was neben einem Geldpreis in Höhe von 25.000 $ das Angebot einer Co-Finanzierung von weiteren 100.000 $ für die Entwicklung einer alternativen Verwendung für Abwärme aus der Ölgewinnungs-Technologie ,Steam Assisted Gravity Drainage’ (SAGD) bedeutet, um die Treibhausgasemissionen bei der Verarbeitung der kanadischen Ölsande zu reduzieren.

Die nächste Meldung stammt vom Oktober 2015, als Aster während des 3. Internationalen Workshops über Thermoakustik an der Universität Twente in den Niederlanden einige Ergebnisse der laufenden Arbeiten an bidirektionalen Turbinen und der Schnittstelle zu thermoakustischen Motoren vorstellt. Vielleicht charakteristisch: Das Eröffnungsreferat trägt den Titel: ,Thermoakustische Maschinen: von dem, was wir wissen, zu dem, was wir nicht verstehen’.

Es ist nicht ganz klar, wann die Aster Thermoacoustics aufgelöst wird - aber Kees de Blok gründet im Jahr 2015 die Firma SoundEnergy B.V. mit Sitz in Enschede, welche die bei Aster entwickelten Technologien und das Know-how übernimmt und die thermoakustische Forschung und Entwicklung fortsetzt, um sie zur Marktreife zu führen.

In die Presse kommt das Unternehmen Anfang 2019 mit einer THEAC genannten Kühlungsanlage, deren Merkmale sind, daß sie nicht mit externem Strom versorgt werden muß, ohne schädliche Chemikalien, CO2 oder teure Edelmetalle  auskommt und keine beweglichen mechanischen Teile hat, was ihren Betrieb sehr leise macht. Zudem ist die Anlage skalierbar und hat einen Wirkungsgrad von 40 - 50 %.

Die Anlage nimmt Wärme –  industrielle Abwärme, Sonnenwärme oder jegliche andere Wärmequelle – und wandelt diese in eine Schallwelle um, die dann in einer geschlossenen, mit Argon-Gas gefüllten und unter einem Druck von 12 bar stehenden Rohrschleife immer weiter verstärkt wird. Dadurch wird, ähnlich wie bei einem Stirlingmotor, aus der Hitze mechanische Energie gewonnen, wobei der Unterschied zum Stirlingmotor ist, daß in der THEAC der Effekt noch einmal umgekehrt wird und mittels der mechanischen Energie die gewünschte Kälte erzeugt wird.

Anders ausgedrückt nutzt das Gerät ein Wärmegefälle, um eine akustische Welle in einer Endlosschleife zu erzeugen, und verstärkt diese Welle, bis sie eine hohe Intensität erreicht. Dann wird die Wärmedifferenz in eine Druckdifferenz umgewandelt, und die Druckdifferenz wird wieder in eine Wärmedifferenz umgewandelt, diesmal in umgekehrter Richtung.

THEAC-25

THEAC-25

Die Demo-Anlage namens THEAC-25 hat eine Kapazität von 25 kW und kann Kühltemperaturen von bis zu -25° Celsius erreichen. Der Firma zufolge ist ein Exemplar bereits in Dubai in Betrieb. Die Anschaffungskosten betragen 45.000 €, dafür fallen aber nur geringe Betriebskosten an und die  Lebensdauer wird mit bis zu 30 Jahren angegeben. Dem Unternehmen zufolge soll es jedoch möglich sein, Produkte für Privathaushalte zu viel niedrigeren Preisen herzustellen.

Im März 2020 wird berichtet, daß eine weitere thermoakustische Kühlanlage auf dem Dach des neuen Schulgebäudes der IKC Magenta in Delden installiert wurde. Hier wird Solarenergie von PV-Paneelen über Strom auf die internen Wärmetauscher der THEAC übertragen, wodurch die Verwendung von heißen Flüssigkeiten wie Thermoöl oder Heißwasser/Dampf vermieden wird. Diese THEAC ist eine Version mit erhöhter Sicherheit für den Einsatz in Schulen und öffentlichen Gebäuden.

In Entwicklung befinden sich zudem ein Gerät für maritime Anwendungen und kleine Industrieanlagen mit einer Leistung von 75 - 100 kW, sowie ein Gerät mit 200 - 250 kW, das für MW-Leistungen gestapelt werden kann. Weitere Neuigkeiten gibt es bislang nicht.


An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, daß das oben genannte Energieforschungszentrum ECN sowie die Firma Bronswerk Heat Transfer B.V. (BHT) in Nijkerk, die im Jahr 2000 mit der Aster Thermoacustics zusammengearbeitet haben, zwischenzeitlich äußerst aktiv gewesen sind. Mit dabei im Team sind zudem die Firmen DOW Benelux B.V., Howden Thomassen Compressors B.V.  sowie Smurfit Kappa Paper Services. Gefördert wird das Projekt mit knapp 0,5 Mio. € vom niederländischen Ministerium für Wirtschaft.

Im März 2014 wird am ECN der Prototyp einer neuen Wärmepumpe getestet, die der niederländischen Industrie in wenigen Jahren zu enormen Energieeinsparungen verhelfen soll. Insbesondere dort, wo aufgrund hoher Temperaturen keine der üblichen Kältemittel eingesetzt werden können, welche in einem Kühlschrank oder einer Klimaanlage verdampfen und wieder kondensieren.

Die Wärmepumpe ohne beweglichen Teile ist ca. 6 m lang und hat einen Durchmesser von 0,5 m. In dem Rohr ist Helium bei einem Druck von 60 bar. Die ECN-Technologie kann über einen weiten Temperaturbereich von -50°C bis +250°C betrieben werden, wobei der Prototyp für 60 – 100°C ausgelegt ist und eine thermischen Kapazität von 10 kW erreichen soll. In zwei Jahren will man dann eine 100 kW Wärmepumpe prüfen, und wieder zwei Jahre später soll eine Wärmepumpe mit einer Leistung von 1 MW installiert werden, wie sie für den Einsatz in der Industrie benötigt wird.

Bislang läßt sich darüber aber nichts finden – und eine Suche auf der BHT-Homepage erzielt gar keine Treffer mehr (Stand: 2016).


Doch zurück zur allgemeinen Chronologie der Thermoakustik: Ende der 1980er Jahre lassen sich zunehmend mehr Patente nachweisen, angefangen von einem ,Acoustic cryocooler’, den die Vereinigten Staaten von Amerika anmelden, da er im Rahmen eines Vertrags mit dem Department of Energy entwickelt wurde (US-Nr. 4.953.366, angemeldet 1989, erteilt 1990); über ein ,Vibration of systems comprised of hot and cold components’, das von dem Erfinder Frantisek L. Eisinger und der Firma Foster Wheeler Energy Corp. in Clinton, New Jersey, im Jahr 1992 angemeldet wird (US-Nr. 5.349.813, erteilt 1994); einen ,Heat exchanger for a thermoacoustic heat pump’, den die Firma Modine Manufacturing Co. aus Racine, Wisconsin, ebenfalls im Jahr 1992 anmeldet und als dessen Erfinder ein Michael J. Reinke genannt wird (US-Nr. 5.339.640, erteilt 1994); bis hin zu einem ,Thermoacoustic refrigerator’, der auf die University of California in Oakland zurückgeht (US-Nr. 5.673.561, angemeldet 1996, erteilt 1997).


Auch die 1993 gegründete Firma Sierra Lobo aus Fremont, Ohio, die u.a. der NASA und dem Department of Defense Dienstleistungen im technischen Bereich und bei der Technologieentwicklung bietet, beschäftigt sich mit einer kompakten, skalierbaren und hocheffizienten thermoakustischen Stirling-Wärmekraftmaschine, die einen thermischen Wirkungsgrad von 36,4 % aufweist.

Da das System, das gleichzeitig elektrische und Kühlleistung erzeugt, unabhängig von der Gravitation betrieben werden kann, ist auch eine Anwendung in der Raumfahrt möglich. Es läßt sich aber nichts darüber finden, ob es zu einer tatsächlichen Umsetzung gekommen ist.

1. Patent der Penn State Grafik

1. Patent der
Penn State
(Grafik)


Im Jahr 1999 beginnt der ex-Drummer der australischen Rockband Midnight Oil und Akustiker Prof. Steven L. Garrett an der Pennsylvania State University (Penn State) mit der Thermoakustik zu experimentieren.

Ab 2002 entwickelt er gemeinsam mit seinen beiden Kollegen Robert W. M. Smith und Matthew E. Poese – gesponsort von dem umweltbewußten Speiseeis-Hersteller Ben & Jerry und dessen Mutterkonzern Unilever – verschiedene Prototypen von Kühlgeräten, die ausschließlich mittels eines 100 Hz/190 dB Resonators betrieben werden und außer Helium keine anderen Chemikalien oder Gase benötigen. Der nach außen dringende Schall liegt dabei unterhalb von 60 dB.

Das 2003 angemeldete Patent der Penn State Research Foundation unter dem Namen ,Thermoacoustic device’ nennt als Erfinder neben Garrett, Smith und Poese auch noch einen Ray S. Wakeland (US-Nr. 6.725.670, erteilt 2004). Ein weiteres, späteres Patent der Penn State trägt den Titel ,Thermoacoustic piezoelectric generator’ (US-Nr. 7.081.699, angemeldet 2004, erteilt 2006, Erfinder: Robert M. Keolian und Kevin J. Bastyr; vgl. US-Nr. 7.772.746, erteilt 2010).

Über weitere Schritte ist mir bislang nichts bekannt. Allerdings veröffentlicht Garrett im Mai 2014 – diesmal zusammen mit Michael D. Heibel von der Firma Westinghouse Nuclear Services, James A. Smith vom Idaho National Laboratory sowie Randall A. Ali von der University of the West Indies in St. Augustine auf Trinidad – einen Aufsatz über den Einsatz thermoakustischer Motoren als energieautarke Sensoren in einem Kernreaktor (Thermoacoustic Engines as Self-powered Sensors within a Nuclear Reactor).

Darin wird auch berichtet, daß das Team eine Labor-Version dieses Geräts gebaut habe, bei dem die Umgebung eines Kernreaktor durch einen elektrischen Glühdraht simuliert wird. Als nächster Schritt soll ein entsprechende Sensor im Breazeale-Forschungseaktor der Penn State getestet werden.

Garret beschäftigt sich auch in den Folgejahren mit der Thermoakustik - und veröffentlicht beispielsweise im Januar 2022 den Artikel ,Using the Design Environment for Low-amplitude Thermoacoustic Energy Conversion in the Classroom’, in welchem er über das kostenlose Softwarepaket DeltaEC (Design Environment for Low-amplitude Thermoacoustics Energy Conversion) berichtet, das die Modellierung mehrdimensionaler akustischer Netzwerke ermöglicht und ein 300-seitiges Benutzerhandbuch enthält. Dieses Programm wurde vom Los Alamos National Laboratory (LANL) erstellt (s.u.).


Eine interessante Quelle bildet auch  die Diplomarbeit des Marokkaners Moulay El Hassan Tijani an der Technischen Universität Eindhoven im Jahr 2001 über eine Methode der lautsprechergesteuerten thermoakustischen Kühlung (,Loudspeaker-driven thermo-acoustic refrigeration’), die im Netz einsehbar ist.


Zu den weiteren Patenten gehört ,Thermoacoustic electric power generation’, den die Konzerntöchter Shell Internationale Research Maatschappij B.V. und Shell Canada Ltd. im Jahr 2002 anmelden, wobei als Erfinder ein Alexander Michael Van Der Spek aus Rotterdam genannt wird (EP-Nr. 1448867, erteilt 2003 mit Priorität von 2001). Doch auch in diesem Fall läßt sich nichts darüber finden, daß das Unternehmen ein Produkt daraus gemacht hätte.


Das Los Alamos National Laboratory (LANL) in New Mexico und die Firma Northrop Grumman Space Technology stellen im August 2004 einen kompakten, einfachen und langlebigen Wärmewandler mit einem Wirkungsgrad von 14 % vor, der insbesondere für den Einsatz in der Raumfahrt gedacht ist. Wichtigstes Systemelement ist eine kleine Version des thermoakustischen Stirlingmotors (Thermoacoustic Stirling Engine, TASE), der 1999 von Gregory ,Greg’ W. Swift und Scott Backhaus in Los Alamos entwickelt wurde. Dieser besitzt im Gegensatz zu den üblichen Stirlings keinerlei beweglichen Teile, da die Umwandlung von Wärme in Schallwellen ausschließlich durch einen Kreislauf aus komprimiertem Helium zwischen Wärmetauschern erfolgt.

Im Generator treibt der Schall anschließend einen Kolben an, der eine Kupferdrahtspule innerhalb eines magnetischen Feldes bewegt und den Strom erzeugt. Die bislang in der Raumfahrt genutzten thermoelektrischen Energiewandler erreichen Wirkungsgrade um 7 % und liefern pro Kilogramm Masse 5,2 W, während der neue thermoakustische Stirlingmotor bis zu 8,1 W pro Kilogramm produzieren kann. Ein raumtaugliches Modell soll innerhalb von 2 – 5 Jahren bereitstehen.

Die Vorgeschichte dieser Umsetzung geht bis ins Jahr 1989 zurück, als Swift in Los Alamos – gemeinsam mit Ray Radebaugh vom National Institute of Standards and Technology (NIST) – erstmals einen kryogenen Pulsrohrkühler ohne bewegliche Teile vorstellt, der unter der Bezeichnung TADOPTR (thermoacoustically driven orifice pulse tube refrigerator) bekannt wird.

1994 läßt sich die Firma Cryenco die TADOPTR-Technologie vom LANL lizenzieren und schließt Forschungs- und Entwicklungsvereinbarungen mit dem LANL und dem NIST zur Weiterentwicklung der thermoakustischen Motore und Pulsrohrkühler. 1997 geht Cryenco an die Firma Chart Industries – und im Februar 2001 erwirbt der seit 1907 bestehende US-Gasproduzent Praxair Inc. das gesamte Entwicklungsprogramm samt der Rechte an dem Pulsrohrkühler, an einer thermoakustischen Stirling-Technologie namens TASHE (Thermoacoustic Stirling Heat Engine) u.a.

Bei dem in drei Phasen unterteilte Programm wird bereits in der ersten Phase ab Januar 1997 ein mit Erdgas befeuerter TADOPTR gebaut und ab dem März 1998 erfolgreich betrieben, der eine Methan-Verflüssigungskapazität von 140 gpd (gallons per day) aufweist, was 2 kW Kälteleistung bei -140°C entspricht. Diese Kälteleistung ist etwa 400-mal größer als die des ersten TADOPTR von 1989. Zudem wird ein Rekordwirkungsgrad von 41 % erreicht. Später erhalten Swift und Backhaus einen R&D 100 Award für ihre Leistung.

500 gpd TASHE-OPTR

500 gpd
TASHE-OPTR

Im Zuge der zweiten Phase, die Mitte 1999 beginnt, wird trotz diverser technischer Schwierigkeiten ein 500 gpd-TASHE-OPTR entwickelt, dessen vollständige Systemprüfung bis Ende 2001 abgeschlossen sein soll. Außerdem will man Systeme mit Verflüssigungskapazitäten von 10.000 - 20.000 Gallonen pro Tag entwickeln.

In Zusammenarbeit mit den Lizenzgeber LANL setzt Praxair die Arbeiten an den TADOPTR- und TASHE-Technologien weiter fort, und bereits im März 2002 legen Backhaus und Swift gemeinsam mit ihrem Kollegen David L. Gardner sowie John J. Wollan von Praxair einen ausführlichen Bericht über ihre Entwicklung vor (,Development of a thermoacoustic natural gas liquefier). In diesem Jahr erscheint zudem das Buch Thermoacoustics: A Unifying Perspective for Some Engines and Refrigerators von Swift.

Im Jahr 2003 wird die kostengünstige Methode zur Verflüssigung von Erdgas mit dem New Horizons Idea Award des World Oil Magazine ausgezeichnet, und 2004 veröffentlicht die NASA eine im Netz zugängliche 40-Seiten-Studie über den Entwurf einer hocheffizienten Energiequelle, die auf der thermoakustischen Technologie basiert (High Efficiency Power Source, HEPS). Die Autoren sind neben Backhaus noch Michael Petach und Emanuel Tward von der Firma Northrop Grumman Space and Technology.

Der darin skizzierte thermoakustische Wanderwellen-Leistungswandler enthält einen thermoakustischen Treiber, der ohne bewegliche Teile Wärme zu Strom umwandelt. Die akustische Energie treibt ein Paar biegsam gelagerter Kolben, die mit Schwingspulen in einem schwingungsymmetrischen Paar von sich bewegenden Spulengeneratoren verbunden sind und die elektrische Leistung erzeugen. Wie sich erweist, wird die Technologie später von anderen Akteuren übernommen, um kommerzielle Produkte zu entwickeln, wie z.B. der Firma Nirvana Energy Systems Inc. (s.u.). Mehr darüber sowie über weitere, ähnliche Technologien findet sich im Kapitelteil Stirlingmotoren.

Eine umfassende Veröffentlichung des LANL stammt vom November 2007: Unter dem Titel ,Design Environment for Low-amplitude Thermoacoustic Energy Conversion (DeltaEC)’ beschreiben die Autoren Swift, William ,Bill C. Ward und John P. Clark ein Computerprogramm, das die Details berechnen kann, wie thermoakustische Geräte agieren, um Anwendern zu helfen, Geräte mit gewünschter Leistung zu entwickeln. Das Programm ist kostenlos von der LANL-Homepage downloadbar.


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