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Das Jahr 2003 scheint für Innovationen auf dem Windsektor
besonders attraktiv zu sein, weshalb die ich die vorliegende Auflistung
ab diesem Zeitpunkt nach Jahren unterteile. Es lohnt sich!
Das holländische Unternehmen Venturi Wind BV & Aerolift Patent
BV entwickelt im Jahr 2003 eine neue und fast
lautlose Windturbine, die insbesondere in bewohnten Gebieten eingesetzt
werden soll.
Die sehr kleine Venturi Turbine ist ballförmig und könnte auch als eine waagrechte Abart des Darrieus-Rotors betrachtet werden. Als Folge der außergewöhnlichen Aerodynamik wird die Luft innerhalb des Rotors komprimiert und beschleunigt, was auch als Venturieffekt bekannt ist. Dadurch soll eine deutlich höhere Effizienz erreicht werden als mit konventionellen Windkraftanlagen. Der Generator befindet sich in der Rotornabe.
Windtunnel-Messungen an der Delfter Universität im Jahr 2003 zeigen, daß eine dreiblättrige Venturi Turbine eine aerodynamische Effizienz von 85 % erreicht – was immerhin um fast 25 % höher liegt als das Betzschen Gesetz eigentlich erlaubt (demnach maximal 59 % der Windkraft umsetzbar sind).
Das 30 kg schwere Gerät ist für 12/24 V ausgelegt, und besitzt 6 flache Rotorblätter aus Polyester. Es hat einen Durchmesser von 110 cm und bedarf keiner Drehzahlregelung. Die Venturi Turbine startet bereits bei einer Windgeschwindigkeit von 2 m/s, und ab 10 m/s leistet sie 100 W. Der maximale Output von 500 W wird bei 17 m/s erreicht, doch aushalten kann die Anlage bis zu 40 m/s. Auf dem Markt kommen will man nun im Jahr 2005.
2008 taucht die Innovation als Produkt der schwedischen Firma Huvudkontor Home Energy AB aus Malmö erneut in der Presse auf – diesmal unter dem Namen Energy Ball, und mit nur minialen Änderungen des Designs.
Zwei Modelle stehen zur Verfügung: ein 0,5 kW Energie-Ball V100 mit einem Durchmesser von 110 cm und einem Preis von knapp 30.000 Schwedischen Kronen (~ 4.600 $), sowie ein 2,5 kW System V200 mit einem Durchmesser von knapp 2 m. Diese Anlage kostet rund 53.000 SKr (~ 8.100 $). Gefertigt werden sollen die Anlagen in McKinney, Texas.
Bei späteren Updates ist von der Firma nicht mehr zu finden, auch wenn verschiedene Fotos belegen, daß eine ganze Reihe dieser Anlagen verkauft worden sind.
Ebenfalls 2003 fördert die California Energy Commission
den Erfinder Douglas Spriggs Selsam mit 75.000 $, damit
er den 3 kW Prototypen einer von ihm erfundenen, einachsigen mehrfach-Rotor-Windturbine
bauen und testen kann.
Die Besonderheit der Turbine besteht darin, daß sich hier gleich mehrere Rotoren – in relativ weitem Abstand voneinander – auf derselben Achse drehen, wobei diese auch noch flexibel im Wind schwingen kann.
Die Idee hierzu kam Selsam bereits während seiner Studienzeit an der University of California in den frühen 1980er Jahren, und ernsthaft daran zu arbeiten begann er 1999. Sein erstes Patent trägt den Titel Serpentine wind turbine, und beinhaltet eine schier endlose Zahl möglicher Umsetzungsvarianten (US-Nr. 6.616.402, beantragt 2001, erteilt 2003).
In den nächsten Jahren folgen diverse weitere Patente. Im Vergleich zu konventionellen Windkraftanlagen soll die Schlangen-Turbine mit ihrer flexiblen Achse aus Karbonfaser-Materialien um 90 % weniger Material benötigen, insbesondere wegen des Wegfalls des sonst meist erforderlichen Turmes.
Schon bald darauf leistet eine Prototyp-Anlage mit sieben 2,1 m durchmessenden Rotoren 5,3 kW, was Selsam als Weltrekord betrachtet und verkündet. Es wäre interessant sich vorzustellen, welchen Zuwachs man erhalten würde wenn diese Technologie mit fortschrittlichen Rotoren umgesetzt werden würde, denn bislang installiert der Erfinder ausschließlich konventionelle Dreiblattrotoren.
Da das Projekt der Selsam Superturbine eines der wohl am besten dokumentierten der gesamten Branche ist, soll ihm hier die Ehre eines links zuteil werden. Eine fast schon erschlagende Menge an Fotos belegt die langjährige engagierte Arbeit des gesamten Teams. Kommerziell angeboten wird bereits ein ST 1.2 American Twin Dual-Rotor mit einer Leistung von 1 kW.
In der Ausgabe vom Juli/August 2005 des holländischen Fachmagazins Windtech International Magazine, schreibt Selsam zwar die Coverstory, doch es dauert noch einige Jahre, bis die Superturbine auch international häufiger in die Presse kommt.
Dies geschieht im Grunde erst, als die Erfindung von dem US-Magazin Popular Science zur ‚Invention of the Year 2008’ gekürt wird.
Immerhin hat die Firma Selsam Innovations aus Fullerton bis zu diesem Teitpunkt schon mehr als 20 Stück ihres 2 kW Doppelrotor-Systems verkauft. Die Standardversion mit Zweiblatt-Rotoren von 3 m Durchmesser kostet 2.600 $, eine Schwachwind-Version mit 3,6 m Durchmesser 3.000 $. Man kann sich das gesamte System als einfach zu montierenden Bausatz direkt bestellen.
Inzwischen designt Selsam eine Fülle weiterer Umsetzungen, bei denen viele Dutzend Rotoren an sehr langen Achsen sitzen, deren Ende mittels Tragflächen, Ballonen oder Luftschiffen emporgehoben werden. Der äußerst kreative Innovator sieht schon riesige Offshore-Windfarmen mit seinen ‚Sky Serpent’ Systemen entstehen, die an verankerten ‚Generator-Boyen’ befestigt sind, und deren Installation im Vergleich zu konventionellen Offshore-Anlagen um ein etliches einfacher ist.
Wirtschaftlichen Erfolg scheint der Erfinder aber noch immer nicht zu haben.
Mitte 2003 wird auch die Aeroturbine von Wiliam
,Bil’ Becker erstmals öffentlich vorgestellt, eine Entwicklung
an der University of Illinois in Chicago, die nun von der Firma Aerotecture
International Inc. aus Park Forrest, Illinois, vermarktet werden
soll.
Das System läßt sich senkrecht wie waagrecht betreiben, ist sehr leise und nutzt so gut wie jeden Windhauch. Schon in Oktober werden zwei Rotoren auf einer Anwaltskanzlei in Round Lake installiert, gefolgt von diversen weiteren Einzelprojekten im Gebiet des Bundesstaates Illinois.
Anfang 2006 werden Pläne bekannt, denen zufolge der Stararchitekt Helmut Jahn in seinen neuen Entwürfen auch waagrecht auf dem Dach liegende Aeroturbine-Windgeneratoren integrieren will.
Die Aeroturbine gehört im Grunde zu den spiralig verformten Savonius-Rotoren, gewinnt in den Folgejahren aber eine gewisse Eigenständigkeit wegen ihrer zunehmende Verbreitung im Bereich der sogenannten Windarchitektur, die ich weiter unten noch gesondert behandeln werde.
Im April 2007 melden die Blogs, daß Aerotecture bereits zwei Modelle der Aeroturbine anbietet: das 15.000 $ teure Modell 510V mit 1 kW bei 48 km/h Windgeschwindigkeit, sowie das Modell 520H mit 1,8 kW, das 21.000 $ kosten soll (wobei die Buchstaben vermutlich für vertikal bzw. horizontal stehen, und die Preise zu diesem Zeitpunkt noch Schätzpreise sind).
Immerhin hat das Unternehmen bereits erste Anlagen an ein paar Teststandorten rund um Chicago installiert, wie beispielsweise im August 2006 auf dem Dach der Near North Apartments, einer von Murphy/Jahn Architects entworfene Wohnsiedlung im Mercy Lakefront Wohngebiet.
Die Geometrie und Ausrichtung des Gebäudes wurde speziell entwickelt, um die Geschwindigkeit des Windes zu erhöhen, während dieser über das Dach strömt, womit die acht horizontal montierten 520H Aeroturbinen ein schönes Beispiel der gebäudeintegrierten Windenergietechnik bilden.
Später bietet Aerotecture die Modelle 610V und 712V an, die beide vertikal ausgerichtet sind. Zwei dieser 610V Anlagen werden im Dezember 2008 auf der Katamaran-Fähre San Francisco Hornblower Hybrid installiert (s.u. Elektro- und Solarschiffe III), die allerdings schon im Herbst 2009 durch zwei spiralige 2,5 kW Savonius-Rotoren aus versteiftem Aluminium der Firma Helix Wind ausgetauscht. Zu diesem Zeitpunkt scheint es die Aerotecture International Inc. schon nicht mehr zu geben, denn die letzten Meldungen des Unternehmens von Ende 2008.
Nach immerhin 23 Jahren Entwicklungszeit betrachtet der Australier Arthur
Benjamin O’Connor aus Sunbury seine Hush Turbine im
Jahr 2003 als endlich ausgereift.
Sie ist leise, für eine große Bandbreite unterschiedlicher Windstärken ausgelegt und sehr preisgünstig. Es sind Durchmesser zwischen 1 m und 5 m möglich, wobei mit dem 1 m Modell bis zu 6 kWh pro Tag erwirtschaftet werden sollen, während bei einem Durchmesser von 5 m sogar schon 100 kWh eingefahren werden können.
Eine 5 m Testanlage auf einem 18 m hohen Mast in Diggers produziert ab September 2003 genug Strom um mehrere Häuser oder eine kleine Fabrik zu versorgen.
Die international zum Patent angemeldete Hush Turbine, als deren Miterfinder ein Tom Lundgaard Pedersen aus South Yarra genannt wird (z.B. US-Nr. 20030223585), die sich durch eine große Zahl schräg nach vorne gerichteter, umringter Rotorblätter auszeichnet, wird im September 2005 im Windkanal der RMIT University getestet.
Es zeigt sich, daß die Turbine tatsächlich relativ leise ist und auch kaum Vibrationen verursacht. Durch die visuell solide wirkende Struktur bildet sie auch kaum eine Gefahr für Vögel. Der Erfinder plant nun, mit seiner neu gegründeten Firma O’Connor Wind Energy Pty Ltd. die Anlage ab September 2007 auf den Markt zu bringen, das Modell von 1 m Durchmesser soll etwa 7.000 $ kosten.
Auch hier läßt sich nichts finden, was nach einer erfolgreichen Kommerzialisierung aussieht - und weder von dem Erfinder, noch von seiner Flüsterturbine ist später wieder etwas zu hören. Erst im Jahr 2021 erfahre ich von dem Bruder des Erfinders, daß dieser bereits 2014 verstorben sei, im Alter von nur 47 Jahren. Die Windturbine befindet sich wahrscheinlich bei O’Connor in Australien.
Im Jahr 2003 beginnt auch ein Nobuhiro
Murakami mit der Arbeit an einer Windkraftanlage ohne konventionelle
Rotorblätter.
Statt dessen hat sein Spiral Magnus fünf mit spiralförmigen Lamellen versehene Röhren. Der in Gemeinschaft mit mehreren Universitäten entwickelte Rotor ist dadurch besonders leise.
Der Name wird deshalb gewählt, weil das System auf dem Magnus-Effekt beruht, dem zufolge ein in einer Strömung rotierender Körper eine Querkraft entwickelt. Um diesen Effekt optimal zu nutzen, sind die Walzen mit den spiralförmigen Lamellen versehen.
Auf der japanischen Leitmesse für erneuerbare Energien im Oktober 2007 wirbt Murakamis zwischenzeitlich im japanischen Katagami gegründete Firma Mecaro Co. Ltd. für die Windkraftanlage, und Ende des Jahres wird bei der Ortschaft Ogata in der Präfektur Akita die erste in Japan selbstentwickelte Anlage mit einem Durchmesser von 11,5 m und 12 kW Leistung bei 11 m/s installiert.
Ich behandle dieses System ausführlicher in der Länderübersicht Japan, wo die Geschichte auch etwas anders erzählt wird (s.d.).
Ebenfalls 2003 beginnt das neugegründete japanische
Unternehmen Loopwing Co. Ltd. mit Windkanalversuchen
an dem 1 m durchmessenden Modell eines selbstentwickelten, besonders
leisen Rotors, die am National Institute of Advanced Industrial Science
and Technology durchgeführt werden.
Beim Loopwing-Rotor haben die drei Rotorblätter eine schlaufenartige Form, wodurch er stark dem oben beschriebenen Venturi-Rotor ähnelt. Als Wirkungsrad werden 43 % angegeben. Das Unternehmen tourt mit dem Rotor auf Messen und kassiert eine Reihe von Designpreisen.
Ab 2006 wird der Loopwing-Rotor mit einem Durchmesser von 1,40 m hergestellt und zehn Stück davon werden für Parkbeleuchtungen verkauft.
Im Oktober 2007 gibt das Unernehmen bekannt, daß im Folgejahr Windkraftanlagen mit einem Durchmesser von 2,85 m (Modell 2850 mit 2 kW), und später von 4,8 m (Modell 4800 mit 5,1 kW) auf den Markt kommen sollen, wobei das große Modell dann auch nach Europa exportiert werden soll. Ebenfalls 2007 gewinnt das Unternehmen den Tokyo Technical Venture Award.
Für gutes Marketing sorgt derweil ein dreirädriges Selbstbau-Modellauto von Loopwing/Tamiya für 30 $, das sich mittels des mitgelieferten Loopwing-Windrades innerhalb von 5 Minuten wieder aufladen läßt - wenn der Wind geht, um dann 3,5 Minuten lang herumzufahren.
Nach 2008 ist die Website des Unternehmens allerdings nicht mehr erreichbar, und auch sonst gibt es keine Informationen mehr unter dem Stichwort Loopwing.
Überraschenderweise taucht der Rotor im September 2010 erneut in den Blogs auf, wobei diesmal von einem Produkt aus Korea geredet wird, während das involvierte Unternehmen unter dem Namen Loopwing Korea firmiert.
Neben der µ-Serie, die der obigen Abbildung entspricht und im Fall des Modelltyps 6670 bis zu 11 kW leistet, wird nun auch noch eine stärkere Baureihe Theta 1500 angeboten, deren Rotor einen Durchmesser von 150 cm hat, und die mit einem zusätzlichen PV-Paneel verbunden ist. Unter dem Namen Tronic soll das System als autonome Straßenlampe fungieren.
Doch auch diesmal ist dem Entwurf kein langes Leben beschieden, jedenfalls hört man anschließend nichts mehr davon.
Ab 2003 wird in den USA ein neu patentiertes SpiralMax Turbo Exhaust Tube vertrieben (US-Nr. 6.536.420, angemeldet 1999). Erfinder ist ein Theodore Y. Cheng.
Es handelt sich um ein kleines Windrädchen, das am Auspuffrohr eines Fahrzeugs die Abluft energetisch nutzen soll.
Anbieter des auch ‚Turbo Air Twister’ genannten Systems ist die 1996 gegründete Firma SpiralTech USA Inc. aus San Gabriel, Kalifornien.
Eine weitere Version soll innerhalb des Luftfilters dafür sorgen, daß sich die Drehzahl des Motors erhöht. Die Installation ist sehr einfach – der Nutzen allerdings ziemlich umstritten.
Das Modell aus gebürstetem Aluminium für Rally Racer ist 12,5 cm lang, hat einen Durchmesser von 9 cm und kostet pro Stück knapp 100 $, günstigere Modelle gibt es bis ru nd 40 $.
Auch hier ist später nur noch herauszufinden, daß die Firma zwischenzeitlich aufgelöst wurde.
Ebenso im Jahr 2003 wird die australische 2-Mann-Firma Katru
Eco-Inventions Pty Ltd. in Baulkham Hills, New South Wales,
gegründet, die mit der Katru Eco-Energy Group Pte Ltd. auch
einen Ableger in Singapur hat.
In späteren Jahren wird versucht, ein recht seltsames Teil namens IMPLUX-Turbine zu vermarkten, das auf den Erfinder und Gründer Vaheisvaran (Varan) Sureshan aus Sydney zurückgeht und auf einem sogenannten ,Fluid Dynamic-Gate, basiert. Die 2007 von dem Maschinenbau-Ingenieur erdachte Anlage wird 2008 patentiert (US-Nr. 7.400.057, angemeldet 2007; vgl. AU-Nr. 2004907279, angemeldet 2004). Auch ein Patent unter dem Titel Omni-directional wind power station wird 2007 angemeldet (AU-Nr. 2007283443).
Statt großer vertikaler Blätter verwendet die IMPLUX-Turbine eine Reihe von kreisförmigen Schaufelblättern, die nahezu den gesamten Wind mittels einer horizontal drehende Blattanordnung empfangen und aufwärts lenken. Die Turbinenkonstruktion erfaßt bis zu 87 % der in sie hinein kanalisierten Luft, welche daraufhin beschleunigt, und durch die zentrale Kammer mit horizontaler Turbinenschaufel hindurch gezwungen wird. Davon sollen wiederum 50 % in Strom umgewandelt werden können. Experimente werden mit einem Modell im Maßstab 1:10 durchgeführt.
Der Machbarkeitsnachweis mit einem 4 m großen 2 kW Testmodell I225 kann allerdings erst im Jahr 2010 erbracht werden, das von Dolphin Engineering in Singapore gebaut und getestet wird. Das Modell mit einem Stahlrahmen und Strukturelementen aus GFK wird von der britischen Spzialfirma Aerotrope Ltd. entwickelt, die u.a. durch das seinerzeit schnellste Segelboot der Welt bekannt wird, der Sailrocket II (s.u. Segelschiffe III).
Eigentlich will Katru bereits Mitte 2012 mit den ersten Produktionseinheiten vom Typ I175 auf den Markt kommen, zu einem Preis von 20.000 $. Diese sind als 1,2 kW Anlagen mit einem Durchmesser von 2,7 m geplant, gefolgt von 3 - 6 kW Systemen zu einem nicht genannten Zeitpunkt in der Zukunft.
Doch auch hier geht alles nicht so schnell, wie erhofft, und mit Praxistests an einem Prototyp in voller Größe kann erst im Januar 2014 begonnen werden, als das Unternehmen mit 189.377 $ aus dem Clean Technology Innovation Program der australischen Bundesregierung gefördert wird. Die Kosten des gesamten Testprogramms werden von der Firma auf 400.000 $ beziffert.
Katru beginnt nun mit der Montage seines I225 Prototyps in New South Wales, und beabsichtigt, die Tests bis Juni 2014 abzuschließen. Die ersten gewerblichen Einheiten sollen dann ab 2015 verfügbar werden.
Im Jahr 2004 beginnt Shawn Frayne aus dem kalifornischen Mountain View mit der Entwicklung seines genialen Windbelt, der den luftelastischen Effekt nutzt, um Strom zu erzeugen.
Es ist der allseits bekannte Effekt, der auftritt, wenn ein stark gespanntes Band oder Seil im Luftstrom zu vibrieren beginnt und zu einem oszillierenden System wird.
Inspiriert dazu hat das MIT-Mitglied Frayne eine Reise in das Fischerdorf Petite Anse auf Haiti, das nicht ans Stromnetz angeschlossen ist - und der Zusammenbruch der Tacoma Narrows Hängebrücke im Jahr 1940, die während eines Sturmes in immer stärkere Schwingung geriet.
Ich betrachte diese Erfindung, die sich im Grunde auch dem Bereich Strömungen im Kapitel Micro Energy Harvesting zuordnen ließe, als eine der unkonventionellsten und zukunftsträchtigsten Erfindungen im Windsektor!
Das 2007 erstmals öffentlich vorgestellte System ist besonders gut dazu geeignet, Energie unterhalb von 100 W zu erzeugen. An der schwingenden Membran ist in Nähe des Verankerungspunktes ein Magnetpaar befestigt, das zwischen festen Spulen oszilliert.
Diese Methode soll 10 bis 30 Mal so effizient sein wie die besten Kleinwindturbinen, außerdem kostet ein Gummiband-Windbelt für die wenigen Watt, wie sie in der 3. Welt häufig für Lampen oder Radios benötigt werden, nur ein paar Dollar. Es gibt im Grunde keine Verschleißteile, und der Aufbau ist so einfach, daß er unter so gut wie allen Umständen umsetzbar ist.
Um sein Projekt voranzutreiben, gründet Frayne Anfang 2007 die Firna Humdinger Wind Energy LLC mit Sitz in Honolulu und einer Tochtergesellschaft in Hong Kong. Seine kleinen Prototypen erzeugen bei einer 16 km/h Brise schon 40 mW.
Auf der Seite popularmechanics.com wird im November 2007 ein Video über Fraynes Windbelt veröffentlicht, auf das ich hier verlinken möchte (2015 nicht mehr Online, stattdessen gibt es diesen YouTube-Clip). Das gleichnamige Magazin verleiht Frayne berechtigterweise auch den 2007 Breakthrough Award.
Im September 2008 startet der Erfinder eine Kooperation mit der Non-Profit-Organisation Appropriate Infrastructure Development Group (AIDG) aus Weston, Massachusetts, um das System in Guatemala als Ersatz für Kerosin-Lampen einzuführen.
2009 stellt Fraynes Unternehmen eine ‚Mikro-Version’ des Windbelt vor. Der MicroBelt mit den Maßen 12,7 x 2,5 cm beginnt ab einer Windgeschwindigkeit von 3 m/s an zu funktionieren, liefert bei 5,5 m/s einen Output von 2 mW, und soll im Laufe seiner auf 20 Jahre veranschlagten Lebensdauer 100 – 200 Wh liefern.
Eine als Konzept veröffentlichte ,Medium-Version’ ist 1 – 3 m lang und weist ein Oszillationsprofil von 5 – 10 cm auf. Hiermit können 3 – 10 W erzeugt werden.
Noch größere Versionen sollen in Zusammenarbeit mit der AIDG sowie einer weiteren NGO namens XelaTeco entwickelt werden. Eine der ersten Selbstbauanleitungen für einen Windbelt wird im lowtechmagazine veröffentlicht (s.d.).
Besonders aktuell ist ein fortgeschrittenes Konzept von Frayne, das etwa 1 $/W kosten würde. Unter dem Namen Windcell Panel stellt er ein System vor, das ähnlich wie Solarpaneele aufgebaut ist und aus jeweils 20 Reihen einzelner Windbelts in einem gemeinsamen Rahmen besteht, die zusammen 3 – 5 W liefern. Dadurch kann die erzielte Gesamtenergie bei einer Windgeschwindigkeit von 6 m/s bis auf 100 W pro Quadratmeter Paneelfläche addiert werden. Verglichen mit piezoelektrischen Rotor-basierten Systemen ist die produzierte Leistung in Abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit etwa zehnmal so hoch.
Nun schlägt das Humdinger-Team vor, an besonders windstarken und trotzdem leicht zu erreichenden Standorten mehrere 100 m lange Reihen von Windcell-Paneelen zu installieren, beispielsweise an den Seiten von Brücken. Da die Systeme zeitsparend hergestellt, einfach transportiert, und problemlos installiert werden können, rechnet das Unternehmen mit einer schnellen Umsetzung. Die ersten Demonstrationsprojekte sind bereits in Planung und das Start-Up Unternehmen Humdinger erhält Investitionen und Zuschüsse der Regierung von Hongkong.
Für städtische Anlagen bieten die Windbelts viele Vorteile. Gegenüber rotierenden Generatoren können sie viel besser auf den unsteten, böigen Wind in einem städtischen Umfeld reagieren – und ohne gefährlich schnell bewegte Teile gibt es auch keine allgemeinen Gefährdungen, auch nicht für Fledermäuse oder Vögel.
Um die Technologie demonstrieren zu können, bestelle ich mir einen Windbelt von Frayne. Es ist eine fein gearbeitete Version aus Plexiglas, die etwa 50 $ kostet. Allerdings gibt es inzwischen auch schon diverse Selbstbauanleitungen im Netz.
Für mich ist daher sehr überraschend, daß es bis Ende 2010 sehr viele Pressemeldungen über die Innovation gibt - worauf anschließend und schlagartig völlige Ruhe einkehrt. Auch auf der Homepage der Firma gibt es keinerlei aktuelleren Meldungen mehr.
Einzige Ausnahme bislang: Marko Müller, Industrie-Designstudent der Hochschule Darmstadt, adapiert die Windbelt-Technologie – um sie in modernem Design und unter dem Namen WOLT beim James Dyson award einzureichen, wo er im Deutschlandentscheid im September 2011 den ersten Platz belegt. Das Projekt war im Vorjahr Müllers Diplomarbeit.
An den Pfosten in den Weinberghängen montiert und vernetzt, wird eine effiziente ganzjährige Doppelnutzung moderner Weinberganlagen möglich, mit der neben Trauben auch Strom geerntet werden kann, wobei die Leistung pro Element bei etwa 3 W liegt. Durch Verschaltung der Elemente können damit pro Hektar mehr als 3 kW erzeugt werden.
Frayne selbst beschäftigt sich inzwischen mit einem neuen Projekt namens ,Solar Pocket Factory’, eine kleine, automatisierte Maschine, die Mikrosolar-Paneele produziert, welche für eine Vielzahl von Anwendungen eingesetzt werden können, wie das Laden von Handys oder Akku-Packs. Gemeinsam mit Alex Hornstein initiiert Frayne im August 2012 eine Kickstarter-Kampagne zur Finanzierung des Projekts – und bekommt von 1.174 Unterstützern statt der benötigten 50.000 $ sogar 77.504 $ zur Verfügung gestellt. Mehr darüber berichte ich (bei Gelegenheit) im Kapitelteil zur Solarenergie.
Seit 2004 aktiv ist auch die Firma DyoTech LLC von David
Raines in San Marcos, Kalifornien, deren konventioneller, kleiner
3-Blatt-Rotor nur deshalb hier Erwähnung findet, weil er auf seiner
Windfahne ein ebenfalls kleines Solar-Paneel besitzt, das zusätzlichen
Strom liefert.
Der Rotor namens SolAir wiegt rund 27 kg, hat einen Durchmesser von 160 cm, Rotorblätter aus Aluminium, und das PV-Paneel besitzt eine Fläche von 260 cm2. Der Betriebsbereich liegt zwischen 10 km/h und 100 km/h Windgeschwindigkeit. Bei 40 km/h soll das Gerät über 400 W abgeben.
Besonders in San Diego sind die Mikro-Windkraftanlagen sehr beliebt, was die Firma auch mit diversen Referenzfotos belegt. Das Design soll auch ein Schlüsselfaktor bei dem einstimmigen Beschluß des San Diego County Board of Supervisors im Herbst 2010 gewesen sein, statt bislang nur die Installation von zwei, nun bis fünf kleine Windenergiesysteme auf Wohnungen zu genehmigen.
Nicht so erfolgreich ist dagegen eine 2013 durchgeführte Kickstarter-Kampagne zugunsten eines Modells SolAir 400 II, bei der statt der erhofften 42,320 $ nur 6,536 $ zusammenkommen.
Ein neuartiger ‚Spiralrotor’ wird 2004 von dem Bochumer Gernot
Kloss präsentiert, der sich später auch mit Systemen zur Nutzung
der Wellenenergie beschäftigt (s.d.).
Jeweils zwei, diametral zueinander stehende Spiralen winden sich um einen Masten, unter dem sich der Generator befindet.
Die Spiralen ähneln im Querschnitt auf den Kopf gestellten Spielplatz-Rutschen, die von lenkbaren Querblechen unterbrochen werden. Damit kann die Anlage Wind aus allen Richtungen einfangen. Die geringe Steigung der Spiralen minimiert den Luftwiderstand, so daß der Rotor schon bei schwachem Wind anläuft.
Die lenkbaren Querbleche ermöglichen den Einsatz selbst bei Starkwind. Außerdem erzeugen die Spiralen weniger Lärm als konventionelle Rotorblätter, und sie werfen keine Schlagschatten.
Eine kleine Version ist für den schwimmenden Einsatz konzipiert und soll auf Bojen installiert werden. Dies hat den Vorteil, daß sich der gesamte Schwimmkörper samt Mast im Wind zur Seite neigen kann, ohne daß die Funktion davon beeinflußt wird. Umgesetzt wurde das Konzept bislang aber nicht.
Gleichfalls 2004 präsentiert das kalifornische Unternehmen Wind
Energy Group aus Orange County den ersten Prototypen einer horizontalen
Windturbine, die man im Grunde auch als liegenden Savonius betrachten
kann.
Das System mit dem Namen WEGI-100 wird bis April 2006 an den Underwriters Laboratories in Cheyenne, Wyoming, getestet.
Die 100 kW Anlage ist für den urbanen Einsatz auf Hausdächern konzipiert, hat einen Rotor mit einem Durchmesser von 5,5 m, und soll Ende 2007 bereits in 149 Ländern patentiert worden sein. Tatsächlich ist jedoch später nichts mehr davon zu hören.
Dee James Delong aus Atlanta wiederum beantragt im Jahr 2004 das
Patent für eine Windmühle, bei der die Segelfläche je nach Windaufkommen
angepaßt werden kann.
Die flexiblen Segel lassen sich in drei (oder mehr) aerodynamisch geformte, hohle Rotorarme einrollen, während eine gleiche Zahl von Armen die Funktion des Mastes übernehmen.
Auf der Abbildung aus dem Patent sind die Segel zum Teil eingerollt (US-Nr. 7.396.207, erteilt 2008).
Von Versuchen oder Umsetzungen ist bislang nichts bekannt.
Im August 2004 plant die bereits 1997 in
Stemwede gegründete deutsche Firma SeeBA Energiesysteme GmbH die
Umsetzung des so innovativen wie auch umstrittenen Konzepts Windpower
’n Rail, bei dem konventionelle Rotoren auf Gittermasten stehen,
die direkt über vorhandenen und meist auch elektrifizierten Eisenbahngleisanlagen
errichtet werden. Ein Markenschutz dafür wird bereits 2002 beantragt
(DE-Nr. 302204962).
Das Unternehmen gilt in Deutschland als erste Adresse für Gitter- oder Fachwerkstrukturen. Nun will man einen 2,5 MW Prototyp mit 160 m Nabenhöhe errichten, allerdings noch nicht direkt über einer Gleistrasse.
Durch die zusätzliche Höhe, die mit der Gittertechnik realisierbar ist, wird eine Ertragsteigerung um bis zu 25 % erwartet.
Gemeinsam mit der im Mai 2003 gegründeten Firma Wind to Energy (W2E), einem Rostocker Entwickler neu konzipierter 2,5 MW Windenergieanlagen, werden im 4. Quartal 2005 in Küstennähe zwei Prototypen mit geringeren Nabenhöhen errichtet.
Im September 2006 wird dann in Laasow, Brandenburg, die bislang höchste Windkraftanlage der Welt aufgestellt, denn die Rotorblätter dieser Fuhrländer-Anlage erreichen eine Höhe von 205 m.
Im Jahr 2007 tut sich SeeBA mit der 2002 gegründeten EFI Energy Farming International AG aus Mülheim a.d. Ruhr zusammen, nachdem die beiden Unternehmen bereits bei verschiedenen Projekten zusammengearbeitet haben.
Bis Ende 2007 ist die SeeBA Energy Farming Gruppe an der Planung und/oder Errichtung von über 900 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von über 1.300 MW im In- und Ausland beteiligt. Von diesen Windenergieanlagen stehen etwa 30 % auf SeeBA-Fachwerktürmen, ein Großteil davon auf Türmen mit Nabenhöhen über 100 m.
Von dem ‚Windpower ’n Rail’-Projekt wird allerdings nicht mehr gesprochen.
Weiter mit der Chronologie der neuen Designs und Rotorformen...