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Wellenenergie (XIII) - Ausgewählte Länder

Mexiko

SIBEO Prototyp

SIBEO Prototyp


Die erste Wellenenergieanlage, die mir aus diesem Land bekannt ist, stammt aus dem Jahr 1995. Die Luftkammer dieser wellenbetriebenen OWC Meereswasser-Pumpe ist teilweise evakuiert, weshalb das Meerwasser mit einer Quantität von 200 l/s über eine Sandbarriere gepumpt wird. Entwickelt wird das System von Steven Czitrom und seinem Team an der National University of Mexico.

2011 wird eine Studie veröffentlicht, bei der die Wellenpumpe namens SIBEO (Sistema de bombeo por Energía de Oleaje) genutzt werden soll, um für den Hafen von Ensenada, dessen Wasser stark mit Schadstoffen belastet ist, sauberes und sauerstoffreiches Meerwasser von außerhalb des Hafens zu fördern und als ‚Spülung’ in die besonders schwer betroffenen Bereiche zu injizieren.

Über eine tatsächliche Umsetzung habe ich bislang nichts finden können, obwohl es einige Fotos gibt, auf denen ein Prototyp im Maßstab 1:7 zu sehen ist, der erfolgreich in der Lagartero Lagune an der mexikanischen Südpazifik-Küste getestet worden sei. Die Kosten des Einzelsystems werden auf rund 250.000 $ beziffert.


Im August 2012 meldet der Wissenschaftler Alejandro Díaz Bautista vom Colegio de la Frontera Norte, daß noch vor Ende des Jahres das erste mexikanische Wellenkraftwerk bei Rosarita im Bundesstaat Baja California, etwa 23 km südlich von Tijuana, fertiggestellt sein wird. Die Anlage wurde von der nationalen Stromgesellschaft Comisión Federal de Electricidad (CFE) in Auftrag gegeben.

Das Unternehmen Mareomotrices de Energías Renovables (Marersa) errichtet die umgerechnet ca. 4,4 Mio. € teuren Anlage, die eine installierte Kapazität von 3 MW haben wird, gemeinsam mit der Integragas Telcorz und der Grupo Nuhe.

Das System besteht aus 48 an Scharnieren befestigten Schwimmern, welche die Wellenbewegung durch die Schaffung von hydraulischem Druck in Strom konvertieren. Der Generator in dem mit Öl gefüllten geschlossenen System rotiert mit 1.200 U/m. An jedem der sechs Module der Anlage, die auf einem bereits bestehenden Deich am Strand der Stadt installiert ist, sind acht Bojen angebracht. In Fällen sehr starker Wellen bewegen sich die Bojen automatisch in eine stationäre aufrechte Position.

Aus der nur in Spanisch vorliegenden Beschreibung geht allerdings hervor, daß die Wellenenergie primär durch piezoelektrische Generatoren erfaßt wird – und daß der hydraulische Kreislauf nur die zweite Phase der Energienutzung darstellt. Es wäre nett, wenn jemand – des Spanischen mächtig – die Darstellung auf der Homepage des Unternehmens ins Deutsche übersetzen und mir zusenden würde.

Rosarita-Wellenkraftwerk Grafik 2

Rosarita-Wellenkraftwerk
(Grafik)

Im Oktober erfährt man, daß die Pilotanlage, die über ein 600 m langes Kabel mit dem bereits bestehenden gasbefeuerten 900 MW Kraftwerk Rosarito verbunden ist, mit einem Wirkungsgrad von rund 85 % arbeitet. Marersa verkauft den Strom aus der Anlage an die CFE und an andere private Verbraucher zu einem Preis, der um 20 % niedriger liegt als der normale CFE-Strompreis.

Marersa verhandelt zudem mit einer italienischen Energie-Design-Firma, um das geschlossene Hydrauliksystem zu einem rein mechanischen System umzuwandeln. Außerdem ist das Unternehmen bereits in Gesprächen, um seine Wellenenergie-Technologie an Standorten in Kolumbien, Costa Rica, Guatemala, Panama und der Dominikanischen Republik zu implementieren.

Im Dezember 2012 wird gemeldet, daß Marersa seine Aktivitäten im Bereich der Wellenenergie ausbauen will. Als nächsten Schritt plant das Unternehmen eine Farm mit einer Leistung von 30 MW zu installieren, ebenfalls in Baja California. Hier sollen, möglicherweise schon ab Februar 2013, insgesamt 450 schwimmende Bojen installiert werden. Ob es sich dabei um selbst entwickelte oder zugekaufte Systeme handeln wird, ist nicht bekannt. Weiter scheint die Angelegenheit aber nicht gediehen zu sein, denn später ist nichts mehr darüber zu hören.


Ein weiteres, mehr konzeptionelles Wellenenergie-Projekt in Baja California, wird 2014 vvon einem Team um Rodger Evans am Center for Scientific Research and Higher Education (Cicese) in Ensenada verfolgt. Hier wird eine dreieckige schwimmende Plattform konzipiert, die jeweils zweifach an einem von drei Punkten auf dem Meeresboden verankert ist, während sich die Verbindungsarme unabhängig voneinander bewegen können. Ein Prototyp wurde noch nicht gebaut, doch mit Hilfe deutscher Forscher wird am Cicese bereits an der Entwicklung eines linearen Generators gearbeitet, der die mechanische Bewegung von jedem der sechs Arme aufnehmen soll.

Das Zentrum verfügt derzeit über neun Bojen vor der Pazifikküste, um Daten zu erfassen und eine detaillierte neue Karte des Wellenaufkommens in der Region zu zeichnen, die voraussichtlich 10-mal genauer als die bisherigen Karten sein wird.


Im November 2015 unterzeichnen der mexikanische Entwickler für Erneuerbare Energien ENAL und das finnische Wellenenergie-Unternehmen AW-Energy Oy (AWE) eine Absichtserklärung zur Entwicklung, Planung und Inbetriebnahme einer 10 MW Wellenfarm vor der Pazifikküste Mexikos, die mit der WaveRoller-Technologie aus Finnland ausgestattet werden soll. Es wäre eine der größten Wellenfarmen der Welt, doch bislang sind noch keine Schritte zur Umsetzung erfolgt.


Im April 2016 berichtet die Presse, daß der mexikanische Forscher Efraín Carpintero Moreno, der mit Prof. Peter Stansby an der University of Manchester in Großbritannien zusammenarbeitet, an der Entwicklung und Optimierung eines Wellenenergie-Prototypen mitwirkt, dessen Spitzenwirkungsgrad 45 % beträgt, und der damit wesentlich effizienter sein soll als andere bislang entwickelten Modelle. Tatsächlich handelt es sich dabei um die Doktorarbeit Morenos aus dem Jahr 2015.

Die schwimmende Vorrichtung besteht aus drei stählernen Schwimmern und verwendet ein hydraulisches System, das einen elektrischen Generator aktiviert. Um die Machbarkeit der Installation dieses Prototyps vor der Küste von Ensenada in Baja California zu analysieren, werden entsprechende Studien durchgeführt. Moreno zufolge erreichen die Wellen in dieser Region eine Höhe zwischen 0,5 und 1,5 m im Sommer und 1,5 – 4 m im Winter, womit der Prototyp unter Spitzenbedingungen durchschnittlich 1 – 2 MW erzeugen könnte.

Die geschätzten Kosten für einen Prototypen in voller Größe, dessen Entwicklung gemeinsam mit Forschern des Cicese erfolgt, betragen umgerechnet gut 850.000 €. Bis dahin wird das System im Wellenkanal der Universität durch Experimente an einem Modell im Maßstab 1:40 mit unterschiedlichem Schwimmerabstand, Durchmesser, Tiefgang u.a. optimiert. Weitere Versuche werden mit einem Modell im Maßstab von 1:8 an der University of Plymouth durchgeführt. Doch auch in diesem Fall läßt sich bislang nichts über eine Umsetzung finden.


Im Juli 2016 beauftragt die israelische Firma Eco Wave Power (EWP) das neuseeländische Beratungsunternehmen MetOcean Solutions mit der Erstellung von Wellenstatistiken für einen küstennahen Standort in Cuyutlan, Manzanillo. Die Wellenenergiebewertung wird im Mai 2017 abgeschlossen und verweist auf drei Örtlichkeiten, die für den Standort des geplanten Wellenkraftwerks in Wassertiefen von 4, 6 und 8 m repräsentativ sind.

Nach dem Erhalt einer Genehmigung durch das Nationale Energiekontrollzentrum in Mexiko (CENACE) kündigt die EWP im Juni konkrete Pläne für ein Wellenenergieprojekt am Strand von Cuyutlán/Tepalcates bzw. im Hafen von Manzanillo an. Die Genehmigung umfaßt eine Gesamtleistung von 25 MW, die das Unternehmen schrittweise umsetzen will, beginnend mit einem 4,1 MW Wellenkraftwerk. Hierfür sind bereits 5.000 m2 Land gekauft und alle relevanten Studien durchgeführt worden.

Bevor mit der Umsetzung begonnen werden kann, sind noch Genehmigungen des Ministeriums für Kommunikation und Verkehr sowie der Energie-Regulierungsbehörde erforderlich. Um die genannten Schritte durchzuführen, hat die EWP die ersten 1 Mio. $ für das Projekt gesammelt und beabsichtigt nun, innerhalb der nächsten sechs Monate weitere 12 Mio. $ zu beschaffen.

Im August 2018 wird das insgesamt mit rund 15 Mio. $ bezifferte Projekt nochmals in der Presse erwähnt, da man in den kommenden Wochen mit endgültigen Genehmigungen rechnet. Ein Großteil der Finanzierung soll von dem lokalen Venture-Partner Eco Wave Power Mexico aufgebracht werden.


Neuseeland


Neuseeland verfügt über einige der besten maritimen Energieressourcen der Welt. In einer Studie aus dem Jahr 2008 wird das nutzbare Potential der Wellenenergie auf 7 - 8 GW geschätzt, und das von Gezeitenströmen auf 1 GW.


Mitte 2004 beginnt ein staatlich gefördertes, vierjähriges ,Wave Energy Technology Research and Development Program’, das von einem Konsortium des National Institute of Water & Atmospheric Research (NIWA) in Wellington, der staatlichen Industrial Research Ltd. (IRL) in Christchurch (ab 2013: Callaghan Innovations in Lower Hutt) und der privaten Technologie- und Beratungsfirma Power Projects Ltd. (PPL) in Wellington durchgeführt wird. Finanziert wird das Programm vom Ministry for Business, Innovation and Employment.

Zur Umsetzung wird das Konsortium Wave Energy Technology – New Zealand (WET-NZ) gegründet, und als Projektleiter wird die in Portland beheimatete US-Firma Northwest Energy Innovations LLC (NWEI) engagiert, eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Pacific Energy Ventures.

Im Rahmen des Programms soll eine effizienzmaximierte Wellenenergie-Anlage für Tiefen von 20 – 100 m entwickelt werden, die auf der Verwendung neuartiger Direktantriebe und der adaptiven Reaktion auf Veränderungen der Wellenbewegungen beruht. Dabei wird versucht, sowohl die kinetische als auch die potentielle Energie der vorbeilaufenden Wellen zu nutzen. Die kompakten, leichten und modularen Systeme sollen jeweils bis zu 500 kW leisten.

Zusätzliche Projektziele sind die Evaluation, Anpassung und Vermarktung weiterer Wellenenergie-Technologien, die hydrodynamischen Modellierung von Wellenstrukturen, die Analyse von Wellenenergiepotentialen und die Entwicklung eines direkt angetriebenen Funktionsmodells der oben erwähnten neuen Technologie. Im Juni 2006 beginnt die NIWA mit der Aufnahme von Daten, indem eine Datawell wave rider Boje rund 4 km vor der Küste von Northland ins Wasser gebracht wird.

Im selben Jahr erfolgen erste Tests im Wellentank der University of Auckland sowie der Bau von zwei 2 kW Versuchsanlagen im Maßstab 1:5 und 1:4, welche die Funktionsfähigkeit des Systems belegen. Im Dezember wird einer der 6 m langen Wellenenergiewandler im Hafen von Lyttelton erstmals zu Wasser gelassen, und Anfang 2007 beginnen die praktischen Feldtests, bei denen das Gerät im Laufe von zwei Jahren mehrfach Einsätze von bis zu 35 Tagen absolviert - in der Pegasus Bay, Canterbury, und in der Evans Bay, Wellington.

WET-NZ 1:4 Versuchsanlage

WET-NZ 1:4 Versuchsanlage

Das Entwicklungsteam verfolgt ein einzigartiges Konzept, das auch schon zum Patent angemeldet ist. Es besteht aus einem kleinen, schlanken Gerät, das an der Oberfläche pendelt, wobei die Stromerzeugung durch die Rotation des Geräts um seinen Drehpunkt zwischen dem unter Wasser befindlichen Hauptholm und dem Schwimmer erfolgt. Dabei kann die Anlage drei Wellenbewegungen nutzen (auf und ab, vor und zurück, sowie die rollende Bewegung).

Für Transportzwecke kann der Schwimmer festgestellt werden, wodurch die flach im Wasser liegende Anlage leicht abgeschleppt werden kann. Zur Installation wird sie wiederum mit Seewasser geflutet.

Nach den Tests in Lyttelton wird sie nach Wellington überführt, damit das NIWA mit Verankerungsversuchen beginnen kann. Außerdem startet die IRL mit dem Bau einer Anlage in voller Größe, während die Datawell-Boje zu anderen Standorten versetzt wird, um weitere Messungen durchzuführen. Am ihrem ersten Standort registrierte sie Wellen bis zu 8 m Höhe.

Im Oktober 2008 erhält das WET-NZ Konsortium eine staatliche Finanzierung über einen Zeitraum von mehr als sechs Jahren für weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeiten. Mit diesem Zuschuß wird die Anlage im Maßstab 1:4 weiter optimiert, außerdem werden damit die entsprechenden Tests finanziert.

Eine weitere Förderung in Höhe von 760.000 $ gibt es im Mai 2009 aus der 2. Runde des im Oktober 2007 aufgelegten und insgesamt mit 8 Mio. $ ausgestatteten staatlichen Marine Energy Deployment Fund (MEDF), der im Auftrag der neuseeländischen Regierung von der Energy Efficiency and Conservation Authority (EECA) verwaltet wird ($ = Neuseeländische Dollar). Diesmal wird mit den Mitteln ein Modell im Maßstab 1:2 und einer Leistung von 20 kW hergestellt und getestet.

WET-NZ 1:2 Versuchsanlage

WET-NZ 1:2 Versuchsanlage

Der 2 kW Prototyp wird zwischen 2009 und 2011 in der Pegasus Bay und im Hafen von Wellington weiter untersucht, wobei Einsätze von bis zu 163 Tagen erfolgen.

Im März 2010 meldet die Presse den Plan der Industrial Research, im Sommer 2011 eine experimentelle Wellenkraft-Anlage rund 4,5 km vor der Küste von Waitara in einer Wassertiefe von 25 m installieren zu wollen. Das Gerät von halber Größe (18 m) soll in New Plymouth gebaut werden, 20 kW leisten und für rund 5 Jahre betrieben werden.

Mit Unterstützung der WET-NZ reicht die NWEI 2010 ein Projekt beim US-amerikanischen Department of Energy (DOE) ein, das eine Ausschreibung über marine hydrokinetische Projekte veröffentlicht hatte. Im Oktober erhalten 27 Projekte Zuschüsse in Höhe von insgesamt 37 Mio. US $, wobei WET-NZ eine Förderung in Höhe von mehr als 2 Mio. $ bekommt, um das Wellenenergiesystem in den USA einzusetzen.

Als Ergebnis werden im Wellenbecken der Oregon State University detaillierte, skalierte Prüfungen durchgeführt und ein zweites Gerät im Maßstab 1:2 gebaut, das im Meerestestgelände des Northwest National Marine Renewable Energy Centre vor der Küste von Oregon in den Versuchsbetrieb geht. WET-NZ hofft, dadurch bald zu einem 100 kW System vorstoßen zu können, das für den kommerziellen Einsatz geeignet ist.

Ebenfalls aus den DOE-Mitteln finanziert, werden im Oktober 2011 am O.H. Hinsdale Wave Research Laboratory in Oregon Wellentank-Tests an einem Modell im Maßstab 1:30 durchgeführt.

Ein zweiter MEDF-Zuschuß im Jahr 2011 wird für den Kauf und die Installation eines Unterwasser-Stromkabels genutzt, um die gewonnene Energie an Land zu führen. Außerdem beginnen die mehrjährigen Tests der 20 kW leistenden Anlage im Maßstab 1:2 vor Akaroa Heads, Canterbury, bzw. bei Moa Point, Wellington, wobei die Einzeleinsatzzeiten bis zu 3 Monate betragen.

Im Mai und Juni 2012 erfolgt beispielsweise ein dreiwöchiger Einsatz vor Moa Point, bei dem allerdings Probleme mit der Verankerung auftreten, die nach gründlicher Untersuchung und Analyse entsprechend verändert wird.

Zwischen August und Oktober 2012 wird die 20 kW Anlage insgesamt sechs Wochen lang am Northwest National Marine Renewable Energy Center (NNMREC) vor der Küste von Oregon in Betrieb genommen, wo sie Wellenhöhen von bis zu 3,75 m ausgesetzt ist.

Anschließend folgt eine weitere Finanzierung durch das DOE, die es der WET-NZ ermöglicht, ihren Prototyp TRL 5/6 im Jahr 2013 an der Wave Energy Test Site (WETS) der US-Navy in Kaneohe Bay, Hawaii, zu implementieren und ein Jahr lang zu testen. Während dieser Zeit ist die University of Hawaii für die Erhebung und Analyse der Daten verantwortlich. Die geförderte Forschung an dem neuerdings auch Azura genannten Gerät endet offiziell im September 2013.

Im Oktober 2014 bekommt die NWEI weitere 5 Mio. $ vom DOE, und Mitte Juni 2015 erfolgt die erneute Installation vor der hawaiischen Küste, wo der 45 Tonnen schwere und netzverbundene 20 kW Azura-Wellengenerator für die nächsten zwölf Monate Erkenntnisse liefern soll, um seine Leistung weiter zu optimieren und die bestehenden Wellenenergie-Computersimulationen zu verfeinern. Anschließend will man ein neues Design testen, das in voller Größe für eine Leistung zwischen 500 kW und 1 MW und eine Tiefe von 60 – 80 m ausgelegt ist. Es soll Ende 2017 installationsbereit sein. Bislang läßt sich darüber aber nichts finden.


Zwischen 2005 und 2009 werden landesweit rund 26 Meeresenergie-Projekte vorgeschlagen, die von konzeptionellen Ideen über Forschungsprojekte von Universitäten bis zu Inbetriebnahme-Projekten reichen. Eines dieser Projekte betrifft eine Gezeitenenergie-Turbine der Firma Crest Energy, die 2008 als erste Begünstigte eine Förderung des Marine Energy Deployment Fund in Höhe von 1,85 Mio. $ erhält und an einer Versuchsanlage arbeitet, die in der Hafenzufahrt von Kaipara im Norden Aucklands installiert werden soll (s.d.).

Im Juli 2010 wird das Chatham Island Projekt als das dritte ausgewählt, das eine Förderung des Fonds erhält, diesmal sind es rund 2,16 Mio. $ (das zweite Projekt ist die o.g. Anlage der WET-NZ; die restlichen 880.000 $ des Fonds werden im September 2010 ausgelobt).

Der Vorschlag der Chatham Islands Marine Energy Ltd. (CHIME) aus Aukland beinhaltet den Bau eines landbasierten OWC-Wellenkraftwerks mit zwei 110 kW Wells-Turbinen an der Südwestküste von Chatham Island, das mehr als die Hälfte des Strombedarfs der 650 Inselbewohner decken und den bisherigen Gebrauch von Dieselgeneratoren teilweise ersetzen soll. Die 5 Mio. $ teure und 220 kW leistende Anlage nahe Point Durham im Südosten der Stadt Waitangi soll bereits im Juli 2012 in Betrieb gehen. Im Erfolgsfall stellt dies einen Technologiewechsel dar, der auch leicht auf anderen Inseln umsetzbar ist.

Im Laufe des Jahres 2010 werden zwar diverse Genehmigungen eingeholt, und Anfang 2011 am geplanten Standort sogar ein Wellenmeßgerät installiert. Die Umsetzung verzögert sich jedoch gewaltig. Erst im Mai 2012 werden die Systemintegrations-Studien abgeschlossen, die zeigen, daß die Wellenenergieanlage den Strom zum halben Preis des Diesel-generierten anbieten und Chatham Islands damit pro Jahr Hunderttausende von Dollar einsparen kann.

Als im September „unerklärliche Schwierigkeiten“ mit der Chatham Islands Electricity Ltd. auftreten, gerät das Projekt in Frage. Ende des Jahres stellt sich heraus, daß der seitens der Elektrizitätsgesellschaft mit der Bewertung des Wellenenergieprojekts beauftragte ‚unabhängige’ Ingenieur eigene Pläne hat und den Dieselbetrieb der Insel auf Biogas umstellen will, das durch Anbau und Nutzung exotischer Gräser erzeugt werden soll. Neuere Informationen über das Projekt gibt es bislang keine.


Im Jahr 2006 wird in Neuseeland die Aotearoa Wave and Tidal Energy Association (AWATEA) gegründet, wobei die Kurzfassung einem sehr gut passenden Wort in der Maori-Sprache entspricht: ‚neue Dämmerung’ oder ‚neuer Anfang’. Aufgabe der Organisation ist die Unterstützung und Beschleunigung der Entwicklung einer marinen Energiewirtschaft. Die AWATEA engagiert sich primär im Bereich der Gezeitenenergie, ist aber auch in das o.e. Projekt der Firma WET-NZ involviert.

Die letzten Presseinformationen der AWATEA stammen vom März 2012, danach scheint es keine Aktivitäten mehr gegeben zu haben.


Als das Ministerium für Energie und Ressourcen im Oktober 2011 Finanzhilfen für drei Meeresenergieprojekte ankündigt, sind dies neben der WET-NZ und der Community Leisure Management Ltd. (CLM), welche auf der Tamaki Drive Road Bridge bis zu drei Gezeitenturbinen installieren will, auch noch die 2009 gegründete Firma Tangaroa Energy Rakia Amps Ltd., die 312.000 $ für die Herstellung eines 20 kW Wellenenergiegeräts bekommt, das in den östlichen Gewässern von Stewart Island installiert und eingesetzt werden soll.

Die Firma ist ein Joint-Venture der neuseeländischen MCG Consultants Ltd. und der norwegischen Langlee Wave Power AS (s.u.). Geplant ist, das Gerät zuerst in halbem Maßstab von etwa 8 x 8 m zu testen. Ist der Versuch erfolgreich, will das Unternehmen 2012 ein vollwertiges kommerzielles Gerät mit 50 kW entweder in Southland, an der Westküste oder in Canterbury untersuchen. Zur Finanzierung des Projekts werden 1,8 Mio. $ benötigt. Es läßt sich jedoch nicht das Geringste über weitere Schritte finden.


Im September 2017 legt die Grüne Partei Neuseelands einen Plan zur Schaffung eines Forschungsinstituts für Meeresenergietechnologie mit Sitz in der Region Taranaki vor, das sich auf die Gezeiten- und Wellenenergie im Westen der Nordinsel Neuseelands konzentrieren soll. Umgesetzt wurde der Plan bislang noch nicht.


Norwegen


Forschungen zur Wellenenergie werden hier ab 1973 an der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens (NTNU) in Trondheim durchgeführt (vor 1996: Norwegian Insitute of Technology, NTH). Die Initiatoren dieser Arbeiten sind die Dozenten Kjell Budal und Johannes Falnes, die bereits 1974 das erste Patent anmelden.

Die Trondheim-Gruppe kooperiert bei ihrer Arbeit mit Industrieunternehmen wie der Kværner Brug AS (19751983) sowie den Firmen Lysøysund Industrier AS und Brødrene Langset AS während einiger Jahre Mitte der 1980er und 1990er. Ab 2003 wird die Forschung von anderen Abteilungen der NTNU weitergeführt, wie auch beim Centre for Ships and Ocean Structures (CeSOS) und weiteren Institutionen.

Die Wissenschaftler hatten errechnet, daß die Wellenenergie an den 2.500 km langen Felsfjorden des Landes eine Leistung von 600 Mio. MW besitzt. Ab 1978 erhält die Wellenenergie-Forschung daher erhebliche finanzielle Unterstützung durch das norwegische Ministerium für Erdöl und Energie von insgesamt rund 13 Mio. NOK. Das Ziel ist, die Wellen für die regionale und nationale Energieversorgung zu nutzen.

Die Förderung wird jedoch drastisch reduziert, als 1982/1983 der Ölpreis sinkt und das öffentliche Interesse an Umwelt und Ressourcen sich verringert. Als Resultat verschiebt sich das Ziel mehr in Richtung Mini- und Klein-Geräte (1 - 100 W) für Navigationsbojen und Offshore-Meßgeräte.

Trondheim point absorber

Trondheim
point absorber

Wesentliche Forschung und Entwicklung wird in drei verschiedene Varianten (Typ E, M2 und N2) eines phasengesteuerten Punkt-Absorbers gesteckt. Die Typ E Boje hat eine hydraulische Energieabnahme, während die beiden anderen Typen pneumatische Systeme besitzen. M2 fällt durch eine konische Schwimmerform auf. Ab 1981 wird ein Modell des Typs N2 (später als Trondheim point absorber bekannt) im Schiffsmodell-Tank der Trondheimer Universität getestet.

Der Rumpf der Boje mit einem Durchmesser von 1 m ist fast kugelförmig und aus Plexiglas konstruiert. Bevor man das Modell im Trondheim-Fjord testet, wird der Rumpf durch glasfaserverstärkten Kunststoff abgedeckt. Die Schwimmboje oszilliert entlang einer Strebe, die an ihrem unteren Ende mit einem Gelenk an einem Anker auf dem Meeresboden verbunden ist. Die Wassertiefe liegt im Bereich von 4 bis 7 m.

Auf der Oberseite der Kugel sind der Verriegelungsmechanismus und einer der Führungs-Laufwagen sichtbar. Da der Boden der Kugel offen ist, fließt Meerwasser in eine innere Kammer hinein und aus dieser wieder hinaus, wobei die Wasseroberfläche wie der Kolben einer Luftpumpe wirkt. Verteilt auf sechs Perioden zwischen 1981 und 1983 ist das Versuchskraftwerk insgesamt 170 Tage lang im offenen Meer im Testbetrieb.

In den 1980er Jahren läßt die norwegische Regierung auf der Insel Toftestallen, in der Nähe der Stadt Bergen an der Westküste des Landes, zwei weitere unterschiedliche Verfahren erproben.


Die o.e. Firma Kvaerner Brug AS aus Oslo, die sich seit 1975 mit dem Thema Wellenenergie befaßt, beginnt Mitte 1984 und nach vierjähriger Entwicklungszeit die Arbeiten an einem OWC-Pilotkraftwerk, das einer mächtigen Orgelpfeife gleicht, die in einer Felsnische hängt.

Bei der Anlage (Kværner Brug’s wave-power converter) handelt es sich um einen stabilen Betonbau von etwa 16 m Höhe mit einer seewärts offenen Kammer, in welche die Wellen einlaufen. Unter der Wasseroberfläche befindet sich eine 3,5 m breite Öffnung, die in einen senkrecht stehenden Betonschacht mündet, in dessen oberem Teil eine Luftturbine mit einem Durchmesser von 2 m und einem Gewicht von 9 t sitzt.

Die in der Kammer aufgestaute Welle treibt Wasser in den Schacht, worauf der Wasserspiegel steigt. Wenn die Welle abläuft und ausströmt, sinkt der Wasserspiegel wieder. Er oszilliert mit der Frequenz des Seegangs bis zu 7 m auf und ab und wirkt wie ein Kolben, der Luft aus der Kammer durch die Turbine treibt bzw. wieder durch die Turbine in die Kammer saugt.

Die eingesetzte Wells-Turbine behält unabhängig von der Strömungsrichtung der Luft immer die gleiche Drehrichtung bei, und dies mit einer relativ gleichmäßigen Drehzahl von 1.000 bis 1.500 U/min. Die Leistung der OWC-Anlage beträgt 500 kW. Beanstandet wird allerdings die extrem hohe Lautstärke des Luftpropellers, der eher wie eine Sirene klingt. Offiziell eingeweiht wird der Prototyp auf der Insel Toftoy, Øygarden, Hordaland, im November 1985.

Anfang 1989 gibt das Unternehmen bekannt, daß ein heftiger Sturm in der letzten Woche des Vorjahres die Versuchsanlage losgerissen und aufs offene Meer hinausgetrieben habe, wo sie gesunken sei. Es ist nicht vorhersehbar, ob das 106 Mio. DM teure Gerät überhaupt wieder geborgen werden könne.


Zeitgleich mit der Einweihung der OWC-Anlage im November 1985 wird auf Toftestallen auch die zweite Pilotanlage eingeweiht, welche die Regierung in Auftrag gegeben hatte.

Diese Anlage, die am Senter for Industriforskning im Laufe mehrerer Jahre der Forschung und mit rund 45 Mio. NOK aus dem Öl- und Energieministerium entwickelt wurde und im Folgejahr in Betrieb geht, besteht aus einem langen Betondamm, der so konstruiert ist, daß hohe Fluten und Wellenkronen über die Barriere schwappen. Das Wasser wird in einem 3 m über dem Meeresspiegel gelegenen Reservoir aufgefangen, von wo aus es durch einen Abfluß ins Meer zurückgeleitet wird und dabei eine herkömmliche Niederdruck-Wasserturbine antreibt.

Der Rechtsinhaber am geistigen Eigentum dieser Technologie ist Even Mehlum, ehemaliger Verlobter von Gro Harlem Brundltand, der dreimaligen norwegischen Ministerpräsidentin. Um die Technologie zu kommerzialisieren, gründet Mehlum die Firma Norwave AS.

Die Nachteile der Tapchan genannten Methode (Tapered Channel = spitz zulaufender Kanal) sind der aufwendige Betondamm und der niedrige Wirkungsgrad. Zudem schleudern die Wellen immer wieder Geröll über die Staumauer, das den Abfluß des Auffangbeckens verstopft. Umgekehrt besteht ein Vorteil darin, daß die eigentlichen Maschinen zur Energieproduktion nicht den Ozeanbedingungen ausgesetzt sind, wodurch eine längere Haltbarkeit und bessere Wartungsmöglichkeiten erreicht werden.

Das Tapchan-Wellenkraftwerk verfügt über eine installierte Leistung von 350 kW und ist an das lokale Netz angeschlossen. Den Betreibern zufolge werden bis zu 43 % der einfallenden Wellenenergie, die auf den 55 m breiten Wellen-Sammler stoßen, in Strom umgewandelt. Die Anlage arbeitet ungefähr sechs Jahre lang zufriedenstellend, bevor sie 1991 bei dem Versuch, die Form des Kanals zu verbessern, versehentlich beschädigt wird. Aus Mangel an Finanzierung wird sie jedoch nicht mehr vrepariert (für das Foto – es zeigt den teilweise zerstörten Zufluß – bedanke ich mich bei Gangolf Jobb).


Es gibt in Norwegen außerdem Versuche zur ‚Bündelung’ von Wellen bis zu einer Tiefe von 30 m mittels sogenannter ‚Wellen-Linsen’. Schätzungen zufolge könnte eine 150 km lange Kette aus 1 kW Wellengeneratoren den gesamten Jahresbedarf des Landes von 70 Mrd. kWh decken (Stand 1980). Das System erinnert an die HydroPowerLens aus Holland (s.d.). Nähere Details konnte ich bislang jedoch nicht herausfinden.


In den frühen 1990er Jahren erlebt die Finanzierung der Wellenkraft-Forschung eine Belebung durch die norwegischen Forschungsräte NAVF und NTNF, doch 1995 ist das letzte Jahr, in dem die Wellenenergie-Gruppe am NTH direkte finanzielle Unterstützung erhält – in den späten 1990er erfolgt die Unterstützung dann indirekt über die beteiligten Partnerfirmen.

ConWEC Versuch

ConWEC-Versuch


In Zusammenarbeit zwischen der NTNU und dem Unternehmen Brødrene Langset AS entsteht ab 1994 ein weiteres OWC-System, bei dem die sonst übliche Luftturbine allerdings durch einen Schwimmer mit hydraulischer Energieabnahme ersetzt ist. Der Schwimmer des ConWEC (Controlled Wave Energy Converter) genannten Geräts ist starr mit dem Kolben einer Pumpe verbunden, die Wasser in ein höher gelegenes Reservoir oder in einen Druckbehälter fördert.

Wenn das hydraulische System als geschlossener Kreislauf konzipiert wird, kann auch eine andere Hydraulikflüssigkeit als Meerwasser verwendet werden. Kleinmodelle mit Schwimmer-Durchmessern von 0,14 m und 0,44 m werden im Labor und im offenen Meer getestet. ConWEC-Einheiten in voller Größe sollen Schwimmer-Durchmesser von 3 - 8 m erreichen, und damit Leistungen von 10 - 300 kW.

Im Jahr 1998 wird die Firma ConWEC AS gegründet, um die weitere technische Entwicklung, Demonstration und Vermarktung des Wellenenergiewandlers zu verfolgen. Leider ist später nichts mehr darüber zu hören.


Etwas ominös ist die Geschichte der norwegischen Firma Indonor AS, die von Mehlum zu dem alleinigen Zweck gegründet wird, die Tapchan-Technologie nach Indonesien zu exportieren, obwohl das Projekt gezeigt hatte, daß es keinen kommerziell wettbewerbsfähigen Weg darstellt, in Norwegen Energie zu produzieren.

Erste Kontakte zwischen norwegischen und indonesischen Stellen in Bezug auf das Wellenenergie-Projekt sollen bereits 1989 erfolgt sein, und bald nach dem offiziellen Besuch von Brundtland in Indonesien im Jahr 1995 unterzeichnet die Indonor mit dem indonesischen Technologieministerium einen Vertrag in Höhe von 53,3 Mio. NOK, um bei Baron Beach, in der Nähe von Yogyakarta an der Südküste von Java ein 1,1 MW Wellen-Kraftwerk zu errichten, bei dem mit einer Wasserstandserhöhung um 4 m gerechnet wird. Im Gegensatz zu einem ursprünglich diskutierten Plan umfaßt der neue Vertrag nicht nur eine Vorstudie, sondern gleich die Lieferung einer schlüsselfertigen Anlage.

Im Dezember wird daraufhin zwischen der Republik Indonesien und der norwegischen Eksportfinans ein Darlehensvertrag in Höhe von 37,3 Mio. NOK unterzeichnet, der von der norwegischen Export Credit Agency (GIEK) garantiert wird. 10 Mio. NOK kommen als Zuschuß der norwegischen Entwicklungsagentur Norad, um den marktüblichen Zinssatz von 6,08 % per annum auf einen subventionierten Zinssatz von 3,5 % zu senken, während die restlichen 6 Mio. NOK für lokale Kosten, wie z.B. die Vorbereitung einer Zufahrtsstraße, von der indonesischen Seite zu tragen sind.

Doch noch bevor der Bau der Anlage startet, findet Indonor heraus, daß weitere Forschungen vor Ort notwendig sind: Irgendwie hatte sich die Richtung der Wellen verändert, und diese waren auch nicht so hoch wie zunächst angenommen, sodaß nun mit einer wesentlich geringeren Ausgangsleistung gerechnet werden muß. Dazu kommen Bedenken, daß die Klippe am geplanten Standort der Anlage zu zerbrechlich sei und leicht erodieren könnte, zum Beispiel bei einem der in dieser Gegend nicht seltenen Erdbeben. Aufgrund der Fehleinschätzungen würden die Kosten laut Indonor deutlich höher liegen als die ursprünglichen Schätzungen, auf denen der Vertrag beruhe.

Die neuen Erkenntnisse führen zu Streitigkeiten und verlangsamen das Projekt erheblich – während gleichzeitig zwei Drittel des Darlehens ‚versickern’ – Stichwort Korruption. Die Anlage wird jedenfalls nicht realisiert, und bevor eine neue Einigung erzielt werden kann, trifft Indonesien die Asienkrise von 1997. In den Folgejahren gibt es zwar viele Versuche eine Lösung zu finden, doch ohne Erfolg. Einige der Experten betrachten die Tapchan-Technologie noch immer als interessant für Indonesien und planen, das Wellenkraftwerk ohne norwegische Hilfe selbst zu bauen. Dies wird ihnen seitens Indonor jedoch mit der Antwort verwehrt, daß das Recht am geistigen Eigentum der Technologie bei Mehlums Norwave AS liege, und die Indonesier für dessen Nutzung zu zahlen hätten.

Letzlich muß Indonesien 2/3 des Darlehen zurückzahlen, und 2009 ist das Land noch immer mit 2,5 Mio. $ aus diesem Projekt verschuldet. Was nichts anderes heißt, als daß die Menschen in Indonesien dem norwegischen Staat auch weiterhin Geld für ein Wellenkraftwerk zahlen müssen, das nie geliefert wurde. Kritiker betrachten die ganze Sache aus einem anderen Blickwinkel: Die Technologie, deren Entwicklung Norwegen eine Menge Geld gekostet hatte, hatte bereits bewiesen, daß sie zumindest in Norwegen nicht wettbewerbsfähig ist. Die Gründung der Indonor und die Zuweisung von Haushaltsmitteln, um die Technologie nach Asien zu exportieren, schien daher ein guter Weg, um das investierte Geld sozusagen rückzufinanzieren. Es war nie realistisch zu glauben, daß dieses Projekt den Menschen in Indonesien zugute kommen würde.


Einige anderen Projekte werden in Norwegen jedoch ernsthafter verfolgt - und auch ohne besondere Nähe zu maßgeblichen Politikern oder Politikerinnen.


Der Erfinder des Seawave Slot-Cone Generators (SSG) beispielsweise, Egil Andersen aus Haugesund, verkauft im Herbst 2003 sein Patent an Stig Bakke und Leif Inge Slethi, die daraufhin im April 2004 in Tananger, nahe der Stadt Stavangar, die Firma WAVEenergy SSG, gründen, um die Technologie weiter zu entwickeln und zu kommerzialisieren. Dieses Wellenkraftwerk, das sich relativ leicht in bestehende Deiche integrieren läßt, besteht aus drei übereinander angeordneten Reservoirs, die von überspülenden Wellen gefüllt werden, sowie einer ebenfalls patentierten Mehrstufen-Turbine (Multi Stage Turbine, MST) die durch das hinauslaufende Wasser betrieben wird.

Seawave Slot-Cone Generator (Grafik)

Seawave Slot-Cone Generator
(Grafik)

Ähnlich wie bei der o.e. Tapchan-Anlage auf Toftestallen wird das Wasser der auflaufenden Wellen über einen ansteigenden, spitz zulaufenden Kanal in ein erhöhtes Becken geleitet, aus dem es durch eine Turbine wieder in das Meer zurücklaufen kann. Das rubuste System benötigt aufgrund des Speicherbeckens mehr Platz als die meisten anderen Wellenenergiesysteme und kann wegen der Einlaufverluste (einschließlich der Flachwassereffekte) nur einen begrenzten Teil der zur Verfügung stehenden Energie nutzen. Durch die ,Abflußvergleichmäßigung’ (so wird das wirklich genannt!) des Speicherbeckens und den Einsatz einer Niederdruckwasserturbine ist diese Anlagenform aber wesentlich problemloser zu betreiben als andere Systeme. 

Ab 2005 erfolgen verschiedene Simulationen, und gemeinsam mit der NTNU wird das Konzept der patentierten Mehrstufen-Turbine weiterentwickelt – mit Förderung aus dem Renergi-Programm des Norwegischen Forschungsrates in Höhe von 715.000 NOK. Man plant nun, an der Westküste der norwegischen Insel Kvitsøy eine Pilotanlage zu errichten, da die Wellen dort eine durchschnittliche Energiedichte von 19 kW/m aufweisen. Die WAVEenergy arbeitet außerdem am Konzept einer kreisförmigen, schwimmenden Offshore-Anlage, die z.B. zur Versorgung von Ölbohrplattformen genutzt werden kann.

Ebenfalls 2005 folgt eine 1 Mio. € Förderung durch die EU, welche die Durchführung von Versuchen an der Universität von Aalborg im Maßstab 1:25 und die Planung einer Anlage in voller Größe erlaubt. An diesem Projekt sind unter der Koordination der WAVEenergy acht weitere europäische Partner beteiligt. Anfang 2006 wird bekanntgegeben, daß die Firma ENOVA 23,5 % der Bau- und Installationskosten übernehmen wird.

Bis Ende 2006 gelingt es der WAVEenergy, zusätzliches Investitionskapital in Höhe von 22,5 Mio. NOK einzuwerben, womit die Finanzierung der Pilotanlage gesichert ist. Im Oktober 2007 erhält die Firma den 200.000 NOK schweren Preis der Næringslivets Internasjonaliseringsstiftelse (NORINT). Zu dieser Zeit verhandelt das Unternehmen bereits über Projekte in Norwegen, Dänemark und den USA.

Im Februar 2009 zeichnet sich ein besonders interessantes Projekt ab, und zwar die Einbindung einer SSG-Anlage mit 10 MW Leistung in das Modernisierungskonzept des dänischen Hafens Hanstholm, das ab 2012 umgesetzt werden soll.

SSG Hanstholm Konzept Grafik

SSG Hanstholm Konzept
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Für die Vorbereitung des Markteintritts in den USA, Großbritannien und Kanada startet die WAVEenergy im Juli 2009 eine Kooperation mit der staatlichen Innovation Norway. Im Oktober stellt das Unternehmen den Antrag, seinen Prototyp in der Gemeinde Eigersund an der Südwestküste des Landes zu testen (Svaaheia-Projekt). Die Gesamtinvestionen für dieses Projekt werden auf 15 – 20 Mio. NOK geschätzt, alleine für die 1. Phase bis September 2010 sind 1 Mio. NOK angesetzt. Die geplante Anlage ist 10 m breit und soll eine Leistung von rund 150 kW erreichen (andere Quellen: 200 kW).

Im März 2010 unterzeichen die WAVEenergy, der Hafen Hanstholm und Innovation Norway eine Finanzierungsvereinbarung für ein gemeinsames Entwicklungsprojekt, bei dem es um eine umsetzbare Lösung für die Einbindung der SSG-Technologie geht. Die Kosten in Höhe von 1,8 Mio. NOK sollen gedrittelt werden. Für die Machbarkeitsstudie eines ähnlichen Projekts im Hafen von Garibaldi in Oregon, USA, werden die Ausgaben von rund 800.000 NOK ebenfalls fast zur Hälfte von Innovation Norway übernommen. Weitere Informationen lassen sich jedoch nicht finden, vermutlich sind die Projekte inzwischen eingestellt worden.


Die in Vanvikan im Bezirk Leksvik in Nord-Trøndelag beheimatete Firma Pelagic Power AS wird Ende 2005 gegründet. Sie ist das Ergebnis einer Kooperation der Firmen Leskvik businesses Lycro AS (30,8 %), Innovtive Development & Marketing AS (9 %) und Leksvik Industrial Vekst (6,9 %), sowie der NTNU (9,5 %) und dem Nord-Trøndelag Elektrisitetsverk fkf (33,8 %). 

Pelagic Versuchsanlage

Pelagic Versuchsanlage
(im Bau)

Geschäftsinhalt der Firma ist die Entwicklung und Vermarktung einer besonders günstig herzustellenden Wellenpumpen-Anlage des Ideengebers und Patentinhabers Dagfinn Røyset. Eine kommerzielle Installation soll aus 50 – 100 schwimmenden Einzelpumpen bestehen, die 20 - 40 m unterhalb der Wasseroberfläche angebracht sind und Seewasser zum Stromgenerator an Land pumpen.

Schon 2005 werden Untersuchungen an verschiedenen Modellen am Forschungsinstitut Sintef Marintek in Trondheim und in einem Dock außerhalb von Trondheim durchgeführt, und im März/April 2007 wird ein 1:3 Modell mit sechs Pumpen namens Pelagic Power 1 unter realen Gegebenheiten bei Lauvsnes im Bezirk Flatanger in Nord-Trøndelag getestet. Es zeigt sich jedoch schon bald, daß bis zum Erreichen der Produktreife noch weitere Entwicklungsarbeiten notwendig sind.

Neben einem Re-Design des Systems wird ab 2009 auch an einem zweiten Konzept gearbeitet, das unter dem Namen W2-POWER Wind und Wellen gemeinsam nutzen will (später: W2Power). Es kombiniert hierfür Offshore-Windenergieanlagen mit einer innovativen, robusten Wellenenergie-Umwandlungstechnik auf einer einzigen, dreieckigen, leichten und schwimmenden Halbtaucherplattform.

Die 3 x 6 Stück Wellenpumpen des Systems arbeiten mit Bojen, welche der vertikalen Bewegung der Wellen folgen. Diese bewegen einen Kolben, der Meerwasser in eine zentrale Druckkammer mit angeschlossener Pelton-Turbine pumpt. Durch die Verwendung einer einzigen Turbine für das gesamte Array sinken die Kosten – und es gibt weniger potentielle Fehlerquellen. Die Anlage erstreckt sich nur 10 m unter dem Meeresspiegel und soll ihren optimalen Einsatz bei Wassertiefen von 40 m oder mehr haben.

Eine mit zwei 3,6 MW Offshore-Windenergieanlagen ausgestattete W2Power-Einheit soll in Gebieten mit gutem Wellenaufkommen mehr als 10 MW Gesamtleistung erreichen. Besonders sinnvoll ist, daß die Einheiten in Häfen oder Werften montiert und anschließend an ihre Offshore-Standorte gezogen werden können, was sowohl die Kosten als auch die Komplexität der Logistik verringert.

Gemeinsam mit Partnern aus Forschung, Entwicklung und Industrie beabsichtigt Pelagic, die neue Lösung für Windpark-Entwickler ab 2015 anbieten zu können. Seit Ende 2010 gibt es jedoch keine neuen Informationen mehr über das Projekt oder das Unternehmen – mit Ausnahme einer kurzen Meldung vom Juni 2012, daß Pelagic weiterhin an den Detailplänen der W2Power-Einheiten arbeiten würde. Ein Prototyp soll in zwei Jahren zu Wasser gelassen werden. Dazu scheint es jedoch nie gekommen zu sein.

 

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