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Der Thermoelektrische Effekt / Seebeck-Effekt (TEGs) (X)


Ein weiteres Unternehmen ist die 2008 als Start-up der University of Illinois at Urbana–Champaign (UIUC)  gegründete MC10 Inc. mit Hauptsitz in Cambridge, Massachusetts. Die Firma will eine dehnbare Silizium-Technologie vermarkten, die auf den Forschungen der Gründer Prof. John A. Rogers von der UIUC und Prof. George Whitesides von der Universität Harvard basiert.

Die Technologie, bei der die üblichen Halbleiter mit den mechanischen Eigenschaften von dehnbaren Elastomeren verbunden werden, ermöglicht diverse neue Anwendungen, da sie der Elektronik erlaubt, Räume und Geometrien zu besetzen, die in einer traditionellen, starren Form gar nicht möglich sind. Ein Produktbeispiel ist eine Art ‚elektronische Haut’, die in Form eines dünnen Aufklebers alles messen kann, was sich im Körper abspielt, beginnend mit der Herzfrequenz.

Silizium-Nanoröhren

Silizium-Nanoröhren

Gestützt auf eine großen Zahl von Patenten durch Lizenzierungen (die dehnbare Silizium-Technologie wird von der UIUC für einen ungenannten Betrag lizensiert) und hauseigenen Weiterentwicklungen, will das Unternehmen nun Anwendungen in den Bereichen Unterhaltungselektronik, medizinische Geräte, industrielle Produkte und Verteidigungssysteme umsetzen.

Die MC10 wird hier erwähnt, weil sie im Oktober 2009 aus dem ARPA-E Programm einen Förderzuschuß in Höhe von gut 1,7 Mio. $ für die Entwicklung einer thermoelektrischen Vorrichtung erhält, die mit Silizium-Nanoröhren Wärme in Elektrizität umwandeln soll. Die Nanoröhren sind im Grunde eindimensionale Strukturen, die aus physikalischer Sicht zwar eine Länge, aber keine Breite oder Höhe haben. Damit sind sie ideal für die Durchleitung von Wärme oder Strom, weil es schwierig ist das zu streuen oder abzulenken, was gerade transportiert wird. Gerne werden sie daher auch mit einer ‚Magnetschwebebahn für Moleküle’ verglichen.

In einer Finanzierungsrunde A im Dezember 2009 nimmt MC10 6 Mio. $ von North Bridge Venture Partners und Osage University Partners ein, und im Mai 2010 erhält das Unternehmen eine Förderung durch die Bill & Melinda Gates Foundation in Höhe von 100.000 $, die allerdings in diagnostische Anwendungen der MC10-Technologie fließen sollen.

Anfang 2011 zeigt das Unternehmen, wie das für hocheffiziente Solarzellen genutzte Galliumarsenid auf dehnbare Folien aus halbleitendem Silizium aufgesetzt werden kann, und Mitte des Jahres wird der MC10-Mitgründer Rogers mit dem 500.000 $ schweren Lemelson-MIT-Preis für Innovationen im Bereich der Gesundheit und der Energie ausgezeichnet.

In einer Finanzierungsrunde B gelingt es dem Unternehmen im September weitere 14,85 Mio. $ einzunehmen, u.a. von Windham Venture Partners, Braemar Energy Ventures, Aberdare Ventures und Terawatt Ventures. Zu den Kooperationspartnern der Firma gehören derweil neben der University of Illinois auch das Massachusetts General Hospital, die US Navy und der Sportschuhe-Hersteller Reebok International Ltd. Im Laufe dieses Jahres stellt MC10 auch das erste flexible thermoelektrische Modul mit einem ZT-Wert über 1,2 vor.

Im Januar 2012 kommen weitere 2 Mio. $ von Aberdare Ventures hinzu, und im August wird ein Vertrag mit der US-Army unterzeichnet, um einen dehnbaren Solarpaneel-Prototypen hochzuskalieren und gemeinsam mit dem Natick Soldier RD&E Center als Batterieladegerät zu testen, das in die Jacken und Rucksäcke von US-Soldaten eingenäht werden kann.

Dem Stand von 2016 zufolge scheint man sich inzwischen aber davon verabschiedet zu haben – denn die einzigen Produkte, welche die MC10 jetzt anbietet, sind die BioStamp Diagnospflaster, die durch Funkwellen von einem nahen Handy oder Tablet gespeist werden. Da diese ursprünglich eine integrierte Solarzelle besaßen, habe ich sie ausführlich im Kapitel Micro Energy Harvesting unter Licht vorgestellt (s.d.).

E/2 Sensor

E/2 Sensor


Einen außergewöhnlichen Einsatz von thermoelektrischen Generatoren stellt der im Topfdeckel integrierte Sensor des nach 12 Jahren wissenschaftlicher Forschung und Entwicklung im Jahr 2008 gegründeten und in Stein beheimateten schweizerischen Unternehmens MSX Technology dar – der den Energieverbrauch beim Kochen stark reduzieren soll. Das grundlegende Patent wird 2010 beantragt (US-Nr. 9.027.469, erteilt 2015), Erfinder und Entwickler der Technologie ist Albin Smrke aus Ljubljana in Slovenien, wo die Firma auch ein Labor unterhält.

Der drahtlose Sensor, der seine Energie aus einem TEG-Chip bezieht, übermittelt akustische Daten und die Temperatur an den Herd, welche die Wärmeabgabe auf ,genug zum Weiterkochen’ verringert, sobald der Sensor die Flüssigkeit im Topf sieden hört. Unabhängige Tests mit einem System-Prototypen bestätigen, daß sich auf diese Weise beim Kochen rund 50 % Energie und bis zu 80 % Zeit sparen läßt.

Nach Anpassung der MSX-Technologie bietet die Firma unter dem Modellreihennamen E/2 nun diverse Versionen an, darunter auch eine mobile, die wie ein Eishokey-Puck aussieht und sich bequem bei fast jeder Topfform einsetzen läßt. Sondermodelle gibt es als Pfannengriff, für Woks und Druckkochtöpfe.

Auch kommerzieller Erfolg stellt sich ein – und die MSX Technology kann eine lange Liste an OEM-Partnern wie B/R/K, Gorenje, Tefal, Zepter, AMC und WMF vorweise. Einer der Entwürfe wird 2013 zudem mit einem reddot design Award ausgezeichnet.

tPod5 Kochtopf

tPod5


Ab dem Jahr 2009 bietet die bereits 1986 von Charles J. Cauchy gegründete Firma Tellurex Corp. mit Stammsitz in Traverse City, Michigan, verschiedene thermoelektrische Module in einer Vielzahl von Größen an, wobei es die Stromerzeugungsmodule zu Preisen von 25 – 110 $ gibt. Das „marktführende Pionierunternehmen in thermoelektrische Anwendungen“, wie es sich selbst bezeichnet, entwickelt eigene Hochleistungsprodukte und kooperiert auch mit dritten Seiten, wie dem Pacific Northwestern National Laboratory sowie diversen Universitäten in Michigan, um die thermoelektrische Technik in einer Vielzahl von Anwendungen umzusetzen.

Ein thermoelektrischer Stromerzeuger PG-1 ist als Demonstrationsanlage für Wissenschaftler, Pädagogen oder Hobbyisten gedacht, hat eine einstellbare Ausgangsspannung zwischen 3 V und 14 V und kostet 249 $, während es den tragbaren Stromgenerator tPod5 (Thermoelectric Power on Demand), der über einem Lagerfeuer, Gaskocher oder Küchenherd durchgängig 5 W produziert, 1,3 kg wiegt und einen USB 2.0-Anschluß besitzt, für 139 $ gibt.

Für die 3. Welt war auch kurz von einem Tellurex World Pot die Rede, einem handelsüblichen Teekessel mit eingebautem thermoelektrischen Modul und USB-Anschluß, von dem man später aber nichts mehr hört.

Im Juli 2011 präsentiert die Tellurex einen winzigen thermoelektrischen Generator, der von einer einzigen Kerze betrieben wird. Der tPod1 wandelt die Hitze eines Teelichts in 0,25 W Strom um, der per USB nicht nur eine Lampe mit 25 LEDs betreiben, sondern auch externe USB Akkus aufladen kann. Im Koffer, samt LED-Leseleuchte und 20 Teelichtern, soll der knapp 350 g schwere tPod1, der so groß ist wie eine kleine Konservendose, etwa 90 $ kosten.

Ein Jahr später, im Mai 2012, stellt Tellurex die Innovation auf Kickstarter vor, um das portable Minikraftwerk ab dem Sommer in Serie produzieren zu können. Benötigt werden dafür 85.000 $. Tatsächlich zahlen 1.342 Förderer in kurzer Zeit über 110.000 $ ein – ein 131 %-iger Erfolg.

Dem aktuellen Stand von Ende 2016 nach bietet die Firma einstufige thermoelektrische Kühlmodule, Kühlgeräte, mehrstufige TE-Module und thermoelektrische Generatoren an.


Auf der IAA 2009 zeigt BMW mit dem Modell ,Vision Efficent Dynamics’ eine Hochleistungs-Hybridantrieb-Konzeptstudie, die von einem Turbodiesel und zwei Elektromotoren angetrieben wird. Mit an Bord ist auch ein ATEG, welcher aus der Abgasanlage Energie zurückgewinnt.

Der von BMW und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam entwickelte wassergekühlte thermoelektrische Auspuff-Generator erreicht maximal 200 W und soll bereits erfolgreich auf einer Strecke von 12.000 km eingesetzt worden sein. Ein weiterer Kooperationspartner des Autobauers ist die NASA. Seriell eingeführt werden sollen die TEGs allerdings erst ab etwa 2014 in der Serie 5.

Das Interesse nimmt aber auch allgemein zu: So sind etwa in dem im September 2009 ausgeschriebenen Förderprogramm ,ThermoPower – Strom aus Wärme mit thermoelektrischen Generatoren’ des Bundesforschungsministeriums nach drei Jahren bereits 41 Unternehmen und 26 Forschungseinrichtungen aktenkundig, die thermoelektrische Materialien und Generatoren entwickeln, darunter fast alle großen Autohersteller, die sich mit Hinweis auf das frühe Stadium der Entwicklungsarbeiten aber noch nicht in die Karten schauen lassen.

In einer Pressemitteilung vom August 2011 vermeldet BMW, daß die neue Generation von TEGs in der Abgasanlage eines BMW X6 schon 600 W erzeugen könne, womit das ursprünglich hochgesteckte Ziel von 1.000 W näher rückt, auch wenn davon ausgegangen wird, daß es noch mindestens fünf Jahre dauern wird, bevor ein TEG-System ein Serienfahrzeug bereichert.

Und tatsächlich werden im Juni 2014 die ersten acht Serienfahrzeuge des Modells Vision Efficent Dynamics an die Kunden übergeben, jedoch noch ohne den TE-Generator, wie es scheint. Über die Arbeiten des DLR berichte ich weiter unten ausführlicher.

Thermoelektrische Wärmepumpen der Phononic Devices

TE-Wärmepumpen
der Phononic Devices


Und auch im Jahr 2009 kommt es zu mehreren Firmengründungen. Eine davon ist die Phononic Devices Inc. von Tony Atti mit (späterem) Hauptsitz in Raleigh, North Carolina, welche die Thermoelektrik viel effizienter und kostengünstiger machen will – durch eine nanotechnologische Umsetzung, die aus dem Technologie-Transfer-Programm der University of Oklahoma stammt und dort von Prof. Patrick McCann entwickelt worden war. Das Credo des neuen Unternehmens lautet: Thermoelektrik ist eine reine Materialfrage. Aber - wie man auf dem Foto im Vergleich zu einem herkömmlichen Kompressor sieht - auch der Größe.

Nach einer ersten Finanzierungsrunde Anfang 2009 mit einem Ertrag von 1 Mio. $ von Venrock and Oak Investment Partners sowie der in Peking beheimateten Tsing Capital erhält Phononic im Oktober weitere 3 Mio. $ aus ARPA-E Mitteln zum Zweck der Produkt-Kommerzialisierung. Damit gelingt es bis Ende 2010 den Funktionsnachweis der thermoelektrischen Umsetzung zu erbringen.

Bei einer zweiten Finanzierungsrunde im Februar 2011 kommen noch einmal 11 Mio. $ von Venrock in die Kasse. Technische Details sind bislang nicht zu erfahren, das Unternehmen sagt aber, daß es nicht mit Bismut-Tellurid oder Bismut-Selenid arbeitet, sondern mit neuen und „geschützten Materialien aus einer anderen Klasse von Elementen [im Periodensystem], die es überall und kostengünstig gibt, und die leicht in bestehende Betriebe der Halbleiterindustrie integriert werden können.“ Man hofft, bereits Ende 2012 mit dem Verkauf beginnen zu können.

Tatsächlich dauert es dann aber bis Mitte 2014, bis die Phononic Devices in Durham, North Carolina, eine Fertigungsanlage aufbaut und ihre ersten Produkte auf den Markt bringt. Die Herstellung im Industriemaßstab beginnt erst 2015. Neben TEG-Modulen werden nun auch thermoelektrische CPU-Kühler sowie Evolve-Kühlschränke auf Grundlage des SilverCore Kältesystems angeboten.


Auch die Firma Alphabet Energy Inc. (anfänglich: ABC Inc.) von Matthew L. Scullin und Prof. Peidong Yang wird 2009 gegründet, mit Sitz in Berkeley, Kalifornien. Das Unternehmen entsteht als Resultat der Forschungen, die der oben bereits genannte Prof. Arun Majumdar, der von 20092012 auch als ARPA-E-Direktor fungierte, zuvor am Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL) durchgeführt hatte – und nach Lizenzierung der Schlüsselpatente von dessen effizienter thermoelektrischer Silizium-Nanodraht-Technologie.

Die Firma, die auch neue Herstellungsverfahren für die modernen Nanomaterialien entwickelt, behauptet, daß ihre Chips bei Serienproduktion Strom für einen Preis von 1 $/W produzieren könnten, während traditionelle Abwärmekonverter rund 20 $/W kosten.

Neben der Entwicklung von Silizium-basierten thermoelektrischen Materialien arbeiten die Ingenieure des Unternehmens auch daran, modulare Produkte zu entwerfen, welche Abwärme in Strom umwandeln. Ende 2009 hofft das Unternehmen, eine Prototyp-Anlage in etwa 18 Monaten zum Laufen zu bekommen. Die Massenherstellung könnte dann theoretisch anderthalb bis zwei Jahre später starten. Doch auch hier geht es dann nicht ganz so schnell. Immerhin kann Alphabet Energy 2009 beim Cleantech Open Wettbewerb gleich drei Preise einheimsen.

Im Mai 2010 erhält das Start-Up eine Startfinanzierung in Höhe von 1 Mio. $ von Claremont Creek Ventures (CCV) und dem CalCEF Angel Fund, nachdem die Firma zuvor schon 320.000 $ an Zuschüssen der US-Army, der US-Air Force und des DOE erhalten hatte.

Im Laufe der beiden Folgejahre gelingt es der Alphabet Energy, eine Reihe überraschend hochkarätiger Experten in ihre Reihen aufzunehmen. Sylvain Muckenhirn soll die Entwicklung der Prototyp-Technologie bis 2013 zur Serienfertigung führen, und als Berater werden Lon Bell (Gründer der Amerigon Inc., s.o.), Graham Fisher (bisher Forschungsleiter bei MEMC, dem globalen Pionier bei Wafer-Technologien und einem der größten Anbieter von Polysilizium und Silizium-Wafer) sowie Robert C. McFarlane gewonnen (unter Präsident Ronald Reagan Nationaler Sicherheitsberater, Gründer der Global Energy Investors LLC und Mitglied des American Council on Renewable Energy, ACORE).

Im Februar 2011 sichert sich die Firma zwei weitere Verträge von der US-Air Force und der US-Army in Höhe von 730.000 $ bzw. 750.000 $ für die Lieferung thermoelektrischer Produkte, einschließlich mobiler Stromerzeugungsgeräte. Zu diesem Zeitpunkt kann das Unternehmen allerdings nur den Prototyp seines ersten Produkts vorweisen, einer einfachen, schlüsselfertigen Lösung für die Erzeugung von Strom aus Abwärme.

Im September werden in einer Finanzierungsrunde A von TPG Biotech und den bisherigen Investoren insgesamt weitere 12 Mio. $ eingenommen, was es Alphabet Energy ermöglicht, die Produktentwicklung zu beschleunigen, erste Pilotprojekte anzugehen, das Team zu erweitern und die Arbeit in die San Francisco Bay Area zu verlagern. Nach Erreichen der Produktreife und Beginn der Serienfertigung sollen dann 2012 und 2013 Erstkunden beliefert werden.

Im März 2012 kommen noch mal 2 Mio. $ von Hercules Technology Growth Capital dazu, die  mithelfen sollen, den Aufbau der Produktionsanlage in Hayward, an der Bucht von San Francisco, fortzusetzen. Und genau ein Jahr später, im März 2013, gibt es im Rahmen einer Finanzierungsrunde B, die von dem strategischen Investor Encana geleitet wird, weitere 16 Mio. $. Auch diesmal sind die bestehenden Investoren wieder mit dabei.

Als Anfang 2014 auf dem in Davos stattfindenden World Economic Forum (WEF) 36 junge Firmen als ,Technology Pioneers 2014’ gekürt werden, gehört auch Alphabet Energy dazu.

Eine Presseartikel vom Juli 2014 ist zu entnehmen, daß die Firma Tetrahedrit nutzt, ein reichlich vorhandenes, natürlich vorkommendes Mineral, das im Durchschnitt auch noch effizienter ist als andere thermoelektrische Materialien und zudem keine teure Fertigungsverfahren erfordert. Nach Angaben von Alphabet Energy kostet das Kilogramm rund 4 $, während andere thermoelektrische Materialien zwischen 24 $/kg und 146 $/kg kosten. Neben dem p-Typ-Tetrahedrit kommt n-Typ-Magnesiumsilizid (Mg2Si) zum Einsatz, womit ein durchschnittlicher ZT-Wert von etwa 1 erreicht wird.

E1

E1

Das Unternehmen arbeitet deshalb auch mit Autofirmen zusammen, um herauszufinden, ob Tetrahedrit verwendet werden kann, die Hitze von Autoabgasen zu nutzen. Hierbei soll ein Wirkungsgrad von 5 – 10 % erreicht werden, im Gegensatz zu anderen thermoelektrischen Materialien, die in Autos typischerweise einen Wirkungsgrad von etwa 2,5 % erreicht haben.

Tatsächlich dauert es jedoch bis zum Oktober 2014, bis das erste Produkt, ein für die Schwerindustrie gedachter eigenständiger Generator, öffentlich vorgestellt wird. Die Anlage in der Größe eines 20-Fuß-Containers, die als der „weltweit stärkste thermoelektrische Generator“ bezeichnet wird, trägt den Namen E1, erzeugt bis zu 25 kW, erfordert praktisch keine Wartung und braucht auch keinen Betreiber. Der Wirkungsgrad soll rund 2,5 % betragen.

Der E1, für den die Firma bereits mehrere Aufträge haben will, basiert auf den solid-state PowerBlocks, die wiederum zu PowerModules zusammengefaßt sind. Diese nehmen Abwärme mit einer Temperatur von 350 - 600°C auf und wandeln sie in Gleichstrom mit bis zu 850 W Leistung. In einem E1 befinden sich 32 PowerModules.

Im Juni 2015 gibt Alphabet Energy die Verfügbarkeit der PowerModules als eigenständiges Produkt bekannt. Außerdem wird angekündigt, gemeinsam mit der Auspuff-Firma Borla ein auf den PowerModules basierendes Abgassystem der nächsten Generation zu entwickeln und für kommerzielle Flotten zu vermarkten.

Weitere Produkte für die Abwärmerückgewinnung, die sich Ende 2016 auf der Homepage der Firma finden lassen, sind neben der PowerCard-γ für Leistungen von 4,19,2 W auch noch ein Power Generating Combustor (PGC), der in drei Modellen angeboten wird (2,5 / 5,0 / 12,5 kW).


Die Entwicklung besonders kleiner thermoelektrischer Generatoren, die sich zudem kostengünstig herstellen lassen, stand auch im Fokus der Doktorarbeit von Wulf Glatz in der Gruppe für Mikro- und Nanosysteme an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, wo man sich seit 2002 damit beschäftigt.

Im Jahr 2009 wird Glatz für seine äußerst dünnen und flexiblen Mini-Thermo-Generatoren, die sich auch auf gekrümmten Oberflächen anbringen lassen und Temperaturunterschiede schon ab 10°C zur Stromerzeugung nutzen können, mit dem swisselectric research award ausgezeichnet. Die Technologie basiert auf der elektrochemischen Abscheidung von Halbleitermaterialien, die in die Löcher einer spezifischen Kunststoff-Folie gefüllt werden. Die auf diese Weise produzierten TEG sind deutlich günstiger als solche, die z.B. auf Silizium basieren.

Im Juli des gleichen Jahres gründet er auf der Basis vielversprechender Prototypen zusammen mit Etienne Schwyter, Lukas Durrer und Peter Stein die Firma greenTEG AG in Zürich, um seine Entwicklung zu vermarkten. Das Jungunternehmen startet mit einem bescheidenen Kapital von 50.000 Franken, profitiert aber auch von Fördergeldern, die es im Rahmen von Ausschreibungen und Wettbewerben einholen kann. Dies hilft auch bei der 2010 durchgeführten Finanzierungsrunde, Investoren wie die Zürcher und die Aargauische Kantonalbank sowie die Axpo Holding AG zu überzeugen.

Nach der Produktionsaufnahme 2011 werden noch zahlreiche andere Produkte entwickelt und erfolgreich umgesetzt, wie z.B. thermische Heat Flux Sensoren und TE-Laser-Detektoren. Als erstes kommerzielles Produkt wird im Frühjahr 2013 ein Wärmeflußsensor angeboten, der sowohl Wärmeleistung, Konvektion wie auch Strahlung messen kann. Bereits Ende des Jahres kann auch der erste Vertrag zur Belieferung eines Großkunden abgeschlossen werden.

Im März 2014 ist das ETH-Spin-off so weit, daß auf der Produktionslinie in den eigenen Labors einige zehntausend TEG und Sensoren jährlich produziert werden können. Nun soll die Prozeßtechnologie für die TEG auf größere Serien und Formate ausgerichtet werden, um eine vom Bundesamt für Energie unterstützte Anwendung zu testen: Die Stromernte in Wärmetauschern.

Das Bundesamt für Umwelt BAFU vergibt im Juni 2016 eine nicht näher bezifferte Darlehensbürgschaft an die greenTEG, damit diese ein intelligentes, energiesparendes Heizungsventil auf den Markt bringen kann. Reine TEG sind dem Stand von 2016 nach keine mehr im Angebot der Firma.

 

Das Jahr 2010 beginnt mit einer Meldung der Universität Duisburg-Essen (UDE) im Januar, der zufolge die Wissenschaftler des universitätseigenen Nano-Netzwerks CeNIDE nun über eine Technologie verfügen, mit der sich Nanomaterialien in großem Maßstab herstellen lassen – eine entscheidende Voraussetzung dafür, daß die entsprechend effizienten Thermogeneratoren überhaupt zur Serienreife gebracht werden können.

Das CeNIDE-Netzwerk koordiniert die Forschung im Bereich Nanotechnologie und hat über 200 Forscher aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften als Mitglieder. Forschungsschwerpunkt sind dabei Verfahren, welche die Herstellung von Nanopulver in größeren Mengen ermöglichen. An erster Stelle steht dabei die Suche nach alternativen Materialien, da die gegenwärtig genutzten Tellur-haltigen Verbindungen auf einem Element basieren, das extrem selten und sehr teuer ist.

Nano-Silizium-Generator

TE-Generator
aus Nano-Silizium

Die Erforschung neuer Materialien wird parallel auch in einem von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen Otto von Guericke e.V. (AiF) geförderten Verbundprojekt bearbeitet, das einen überaus detaillierten Titel trägt: ,Wandlung von Abwärme in elektrische Energie: Entwicklung und Herstellung eines thermoelektrischen Generators aus nanokristallinem Silizium unter Berücksichtigung ökologischer Gesichtspunkte’.

Projektleiter ist Stefan Peil, und die involvierten Kooperationspartner sind das Institut für Energie- und Umwelttechnik e.V. (IUTA), das Institut für Verbrennung und Gasdynamik (UDE), die Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalt (SLV) und die Gesellschaft für Schweißtechnik International mbH in Duisburg.

Tatsächlich kann im Mai 2012 ein neuer thermoelektrischer Generator aus Nano-Silizium vorgestellt werden, der im Rahmen des Verbundprojekts entwickelt worden ist und nun auf der Kongreßmesse InnoMateria in Köln mit dem InnoMateria Award ausgezeichnet wird. Das Minikraftwerk hat die Maße 18 x 21 mm und ist nur 6 mm hoch. Als Basismaterial wird das unbegrenzt verfügbare und umweltfreundliche Silizium verwendet.

Um dieses für solche kleinen Generatoren nutzen zu können, entwickelt das Forscherteam ein Syntheseverfahren für Nanopartikel, das erstmalig im Kilogramm-Maßstab produzieren kann. In einem anschließenden Sinterprozeß werden die Partikel in die benötigte Form gebracht. Als nächstes wollen sich die Forscher bemühen, ihren Demonstrator so zu optimieren, so daß er bei gleichem Wirkungsgrad kostengünstiger wird und sich für die Massenproduktion eignet. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert. Irgendeine Umsetzung scheint daraus bislang aber nicht hervorgegangen zu sein.


Ebenfalls im Januar 2010 berichtet die Fachpresse über ein Team des Berkeley Lab um Junqiao Wu, dem es mit Hilfe eines Cray XT4 Supercomputers namens ,Franklin’ gelungen sei zu bewiesen, daß die Implementierung von Sauerstoffverunreinigungen in eine besondere Klasse von Halbleitern, die als hochgradig nicht übereinstimmende Legierungen bekannt sind (highly mismatched alloys, HMAs), die thermoelektrische Leistung dieser Halbleiter dramatisch erhöhen können, ohne dabei die elektrische Leitfähigkeit zu beeinträchtigen, wie dies bei anderen Materialien der Fall war.

In Zuge ihrer theoretischen Arbeit entdecken Wu und seine Kollegen Joo-Hyoung Lee und Jeffrey Grossman (s.u.), die inzwischen beide am MIT sind, daß diese Art der elektronischen Strukturtechnik für die Thermoelektrizität von großem Nutzen sein kann. Mit dem Halbleiter Zinkselenid simulieren sie die Einführung von zwei verdünnten Konzentrationen von Sauerstoffatomen (3,125 bzw. 6,25 %), um Modell-HMAs zu erzeugen, was in beiden Fällen zu Peaks in der elektronischen Dichte führt. Ebenso führen die Simulationsszenarien zu einer beträchtlichen Zunahme sowohl der Thermokraft als auch der elektrischen Leitfähigkeit im Vergleich zu Sauerstoff-freiem Zinkselenid.


Über die im März 2010 gemeldete Entdeckung der sogenannten Thermopower-Wellen bei Kohlenstoff-Nanoröhrchen durch Prof. Michael Strano et al. am MIT berichte ich im Kapitel Micro Energy Harvesting unter Wärme (s.d.). In diesem Zusammenhang sind hier jedoch Berichte der Fachpresse vom September 2011 wichtig, denen zufolge Wissenschaftler des australischen Royal Melbourne Institute of Technology (RMIT University) um Prof. Kourosh Kalantar-Zadeh und seinen Doktoranden Sumeet Walia gemeinsam mit Forschern des CSIRO und der University of New South Wales nun erforscht haben, wie diese Thermopower-Wellen in thermoelektrischen Materialien die Wärme von festen Brennstoffen in elektrische Energie umwandeln.

Als Ergebnis ihrer Arbeit skizzieren die Forscher die Entwicklung von neuen halbleitenden Strukturen für die Erzeugung von Thermopower-Wellen in der Mikroskala. Die neue Technologie könnte demnach als Mikro-Stromquelle mit einer noch nie dagewesenen Kapazität für eine breite Palette von miniaturisierten Anwendungen verwendet werden und die Vision von ,Smartdust’ und anderen wirklich autonomen Mikro- und Nanomaschinen näher an die Realität bringen.

Im Juni 2012 folgt die Veröffentlichung ,ZnO based thermopower wave sources’, an der neben Strano, Kalantar-Zadeh und Walia noch weitere sieben Teammitglieder beteiligt sind. In dieser wird beschrieben, wie exotherme chemische Reaktionen von Nitrocellulose auf thermoelektrische Zinkoxid-Schichten gekoppelt werden, um sich selbst ausbreitende Thermowellen zu erzeugen, die zu einer starken Oszillationsspannung in der Größenordnung von 500 mV führen. Dabei wird eine spezifische Spitzenleistung von etwa 0,5 W/kg erreicht. Über irgendwelche praktischen Umsetzungen ist bislang nichts bekannt.


Auf dem Genfer Autosalon im März 2010 stellt der Autobauer Hyundai das Konzeptfahrzeug i-flow vor, das sich neben seiner Form aus fließenden Linien, einem Kraftstoffverbrauch von nur 3 Liter auf 100 km und einem Diesel-Hybrid-Antriebsstrang auch durch die Anwendung neuer Materialien und Technologien auszeichnet, die in Zusammenarbeit mit dem Chemieunternehmen BASF entwickelt worden sind.

Dazu gehören flexible und halbtransparente farbstoffsensibilisierte Solarzellen (s.u. Grätzel-Zellen) sowie ein thermoelektrischer Generator, welche den Kraftstoffverbrauch um 5% senken sollen. Der in den Abgaskrümmer eingepaßte Generator kann alleine bis zur Hälfte der elektrischen Energie von 250 W decken, welche das Fahrzeug bei 80 km/h verbraucht.


Ebenfalls im März 2010 wird aus den USA gemeldet, daß das Department of Energy (DOE) und die National Science Foundation (NSF) Projekte zur thermoelektrischen Abfallwärmerückgewinnung bei Kraftfahrzeugen mit bis zu 9 Mio. $ über 3 Jahre fördern werden. Die Agenturen fordern zum Einreichen von Vorschlägen auf, um das Verständnis für die effiziente Umwandlung von Abwärme zu vertiefen sowie technologische Verbesserungen zu entwickeln, damit die Technologie auch kommerziell lebensfähig wird.

Das DOE und die NSF gehen davon aus, daß noch im Laufe des Jahres sechs oder mehr Projekte durch Zuschüsse gefördert werden, wobei jedes Projektteam mit einer Gesamtsumme von bis zu 500.000 $ pro Jahr unterstützt werden kann.

Wie im Oktober 2010 zu erfahren ist, besteht eines dieser Teams aus Ingenieuren der Virginia Polytechnic Institute and State University, die mit den 1,5 Mio. $, die sie während der Projektlaufzeit erhalten, neue thermoelektrische Materialien und spezielle Designs entwickeln wollen, um die Kraftstoffeffizienz zu verbessern und damit die Umweltverschmutzung zu reduzieren. Ins Auge gefaßt werden Skutterudite und Silicide, die in großem Maßstab und mit niedrigen Kosten hergestellt werden können. Als industrieller Partner wird die Firma Romny Scientific genannt (s.o.), zudem ist auch noch das Naval Undersea Warfare Center mit an Bord.

 

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