TEIL C
Solarhäuser und solare Bauelemente
(2012 B)
Neben den vielen Designs gibt es aber auch diverse Umsetzungen, die in diesem Jahr erfolgen bzw. bekannt werden, und die es verdienen, hier erwähnt zu werden.
Im Januar wird über eine Öko-Bäckerei in Chur berichtet, die von dem Schweizer Architekturbüro Clavuot entworfen wurde und als erste den Grad MINERGIE-Grün erreicht. Fertiggestellt wurde sie bereits Mitte 2011.
Damit ein Brot/ein Kuchen nicht als Industrieprodukt empfunden wird, plant das Büro einen ‚Antibau‘ zu den umliegenden industriellen Gebäuden: Ein farbiger und gut riechender Hügel, der die Natürlichkeit und die Handarbeit zum Thema hat und so sich mit den Feldern und dem Mensch verbrüdert. Begrüßt werden die Gäste von einem hellen, glasverkleideten und luftigen Restaurant. Auch der Innenraum ist mit Fenstern ausgekleidet, so daß der Backprozeß gut einsehbar ist.
Da die Gesamtnutzung (Bäckerei, Konditorei, Café, Traiteur, Reinigung) auch auf dem neuesten Stand der Technik sehr viel Energie braucht, wird ein hoher zentraler Innenraum konzipiert, der als funktionelles und als energetisches Herzstück dient. Die ölbefeuerten Hauptöfen sind dort plaziert, um die Strahlungswärme im Winter optimal zu nutzen. Hier treffen sich zudem nur alle Produkte zum Ausbacken, hierhin fließt ohne technische Hilfe auch die heiße Luft der umgebenden Räume zur Wiederaufbereitung. Das geneigte Dach generiert so einen kostenlosen Energieaustausch, während die lichtdurchlässige Pyramide in der Mitte Tageslicht in den Backbereich strömen läßt. In Zukunft kann auf dem derzeit begrünten Dach auch ein riesiger Solarkollektor angeschlossen werden.
Zeitgleich gibt es Berichte über das Ende 2010 neu
eröffnete und erweiterte Romantik Hotel Muottas Muragl in Engadin
St. Moritz, das als das erste Plusenergie-Hotel der Alpen
gilt. Dafür hat es neben dem Schweizer Solarpreis 2011 noch
diverse weitere Umweltpreise gewonnen. Das Hotel liegt 2.456 m über
dem Meeresspiegel und ist nur mit dem Hubschrauber oder mit einer
historischen Standseilbahn aus
dem Jahr 1907 erreichbar, die nach einem genauen
Zeitplan vom unten gelegenen Dorf Muragl hinauffährt.
Das Gebäude erzeugt erneuerbare Energie aus fünf Quellen und erfüllt damit die grünen Standards des Schweizer Minergie-Umweltlabels. Das Warmwasser-System des Hotels wird von 56 m2 Röhrenkollektoren vor den Scheiben der Fenster des Sockelgeschosses gespeist, während der Strom für das gesamte Haus von einer 228 m langen Solaranlage entlang der Bahntrasse zum Hotel stammt. Die dort installierten PV-Paneele sind die effizientesten, die es in der Schweiz gibt.
Daneben versorgen 16 Erdsonden mit einer mittleren Länge von 200 m, insgesamt 3.200 m, das gesamte Gebäude mit Erdwärme. Überschüssige Sonnenenergie wird über diese Erdsonden im Erdreich gespeichert, damit sich die Erdspeichermasse regeneriert. Die Nutzung der Abwärme von Kühlanlagen sowie die Wärmerückgewinnung aus der Abluft und der Abwärme des Maschinenraums sind weitere umweltfreundliche Maßnahmen. In der Jahresbilanz produziert der Standort mehr Energie, als das Gebäude benötigt.
Als die größte Netto-Null-Schule der USA kommt die Lady Bird
Johnson Middle School in Irving, Texas,
in die Presse. Um die ‚grünen‘ Eigenschaften der Schule zu betonen,
ragen neben dem Gebäude zwölf Windturbinen in die Luft, die allerdings
nur 1 % des Strombedarfs der Schule produzieren. Die restlichen 99
% werden durch 2.988 Solyndra-Paneele auf dem weißen Dach erzeugt,
die zylindrische Röhren enthalten, welche das Sonnenlicht aus allen
Winkeln einfangen. Überschüssige Energie wird in das regionale Stromnetz
zurückgespeist.
Die erneuerbare Energieerzeugung ist mit einem hocheffizienten Gebäude gekoppelt, das isolierte Wandpaneele, Sonnenschutz-Einrichtungen und sogenannte Lichtregale aufweist, die Tageslicht tief in das Gebäude reflektieren. Zudem tragen 105 geothermische Sonden mit Wärmepumpen dazu bei, daß das Heizung-, Lüftungs- und Klima-System etwa 30 % weniger Energie verbraucht als bei vergleichbarem Gebäuden.
Um zu verhindern, daß die heiße texanische Sonne das Gebäude überhitzt, wird an zwei Seiten des Gebäudes ein großes Vordach errichtet, das die Fenster beschattet. Die Breite des Vordachs wurde durch die Analyse der Sonnenwinkel während der Zeiten und Monate bestimmt, in denen sich die Schüler in ihren Klassenzimmern aufhalten.
Ebenfalls im Januar berichten die Blogs über das supereffiziente
Solar-Passivhaus Equinox des Büros Ignatov
Architects, das in einen steilen Hügel hineingebaut ein
verringertes Profil besitzt. Es ist dadurch stark mit seinem Standort
in der Nähe des Ufers und der Stadt Kavarna in Bulgarien verbunden.
Dabei sorgen ein begrüntes Dach und natürliches Mauerwerk dafür,
daß das Design nicht von seiner Umgebung ablenkt. Die großflächige,
dreifache Hochleistungs-Verglasung zur Südseite mit Blick auf das
Schwarze Meer ist sorgfältig ausgerichtet, um den Passivhaus-Standard
zu erfüllen.
Im tiefen Winter saugen die parallel zur Mittagssonne ausgerichteten, gekippten Fenster die solare Wärmeenergie auf, die von der Betonkonstruktion absorbiert und in der Nacht allmählich wieder abgegeben wird. Im Sommer blockieren die tief angewinkelten oberen Fenster die Sonnenwärme und ein Sonnenschirm schützt das untere Stockwerk, während er im Außenbereich für Schatten am Pool sorgt. Eine hochisolierte und dichte Hülle hält die Innentemperaturen das ganze Jahr über angenehm und sorgt für eine Reduzierung des Heizbedarfs um 90 %.
Das Equinox-Haus erntet auch Wasser und Energie, um seinen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Aufgefangenes Regenwasser wird für den Hausgebrauch genutzt, und wiedergewonnenes Abwasser aus einem bioaktiven Klärsystem wird für die Bewässerung verwendet. Solarkollektoren helfen bei der Beheizung des Pools, und wenn die Sonne nicht scheint, ergänzt eine Erdwärmepumpe den Bedarf des Hauses.
Nach rund dreimonatiger Bauzeit wird im Februar 2012 in Entringen,
westlich von Tübingen, das zweigeschossige House Unimog bezogen,
dessen Gesamtbaukosten nur rund 150.000 € betragen haben. Das von
den Architekten Christoph Wezel und Fabian
Evers für einen Privatkunden konzipierte Gebäude hat eine
sehr eigene Raumaufteilung, bei der Werkstatt und Wohnhaus trotz
geringer Abmessungen und geringen Budgets in einem Hybrid übereinander
zusammenfinden.
Während die Werkstatt/Garage im EG (für den Unimog-Lkw des Bauherrn und Bewohners, daher auch der Name) mit halbtransparenten, gewellten Polycarbonatplatten beplankt ist, wird an den Außenwänden sowie den geneigte Dachflächen der Zweizimmerwohnung im OG anthrazitfarbenes Wellblech aus Aluminium verwendet. Im Grunde handelt es sich um eine neuzeitliche Interpretation der in der Gegend üblichen historischen Bauernhaus-Typologie, bei der die Wohnräume der Bauernfamilie meist über dem Stall im EG liegen.
Ich führe das Gebäude hier auf, obwohl es bislang kleine erneuerbaren Energien nutzt – außer „Holz aus eigener Ernte“ für den Kaminofen im Wohnraum –, weil es ein großes Potential für ein energetisch autarkes Haus hat und durch seine große Loggia und die unterschiedlich dimensionierten Fenster auch noch interessant aussieht.
Im März ist es das Projekt E+ Green Home in der
südkoreanischen Hauptstadt Seoul, das von der Unsangdong
Architects Cooperation, der Firma Kolon Engineering
and Construction und dem Kolon Institute of Technology entworfen
wurde, welches die Aufmerksamkeit der Fachpresse weckt. Der nachhaltige
und schön gestaltete Prototyp wurde als Musterhaus mit einer Projektfläche
von 1.733 m2 auf dem Gelände des Hauptsitzes des Ingenieurbüros
errichtet.
Die Architekten und Ingenieure verfolgen bei dem Entwurf einen dreigleisigen Ansatz, der auf Energieeffizienz, umweltfreundliches Wohnen und die Emotion des Kunden abzielt. So werden bei der Konstruktion des Hauses 95 (!) umweltfreundliche Technologien eingesetzt, die alle darauf abzielen, den Energieverbrauch zu minimieren. Dazu gehören verschiedene hochleistungsfähige Isolierungen, dreifach verglaster Fenster und natürliche Beleuchtungssysteme mit Belüftung. Um diese verschiedenen Technologien zu überwachen, sind 450 Sensoren installiert.
Der Prototyp nutzt zur Energiegewinnung und um die Innenräume im Sommer kühl zu halten Solarzellen auf dem Dach, solarthermische Kollektoren und ein Gründach, dessen verschiedene begrünten Plattformen sich über mehrere Ebenen des Hauses erstrecken. Die großen Glastüren und Fenster erleichtern die Luftbewegung, was den Bedarf an Heiz- und Kühlenergie weiter reduziert.
Dadurch benötigt das E+ Green Home nur 27 % des Stroms im Vergleich zu einem durchschnittlichen koreanischen Haus. Daneben erzeugt es 37 % der Wärme, die in einem vergleichbaren Haus verbraucht wird. Da das Haus auch Energie wiedergewinnt, erhält es das Passivhaus-Zertifikat vom Passivhaus Institut in Deutschland.
Rechtzeitig zu den Olympischen Sommerspielen wird im März die grundlegend
renovierte und erweiterte Kings Cross Station im
Norden Londons eröffnet. Im Zuge der Arbeiten an dem Bahnhof, der
ursprünglich aus dem Jahr 1851 stammt, wird in
das neue Glasdach eine aus 1.392 Paneelen bestehende Solaranlage
eingebaut, die mindestens 10 % (andere Quellen: mehr als die Hälfte)
des Strombedarfs des Bahnhofs deckt, und deren Anschaffung und
Installation 1,3 Mio. £ kostet.
Die Elemente der 240 kW Anlage, die sich über mehr als 2.300 m2 des denkmalgeschützten Gebäudes erstreckt, sind in Glaslaminateinheiten eingebettet, die nun Teil der beiden neuen gewölbten Dachstrukturen sind, die die Hauptbahnsteige überspannen. Das Glaslaminat, aus dem die Paneele bestehen, ist außerdem so konstruiert, daß es viel stärker ist als gewöhnliche Solaranlagen, um mögliche terroristische Bombenanschläge zu überstehen. Das System soll jährlich über 175.000 kWh Strom produzieren.
In der Romanreihe Harry Potter von Joanne K. Rowling ist die Haupthalle des Bahnhofs King’s Cross übrigens Ausgangspunkt des Hogwarts-Express, mit dem Harry ins Internat fährt (Bahnsteig 9 3/4).
Im April berichten die Fachblogs über ein im Februar beendetes und
nun eingeweihte neues Gebäude des Tokyo Institute of Technology -
das als die prestigeträchtigste Universität in Japan gilt
- bei dem jede Wand und jeder Zentimeter des Daches mit Solarzellen
bedeckt ist. Die Luftaufnahme des beeindruckenden, im Stromverbrauch
nahezu autarken Bauwerks läßt es daher undurchlässig und ziemlich
skurril erscheinen.
Das Environmental Energy Innovation (EEI) Building auf dem Ookayama Campus in Meguro Ward verfügt über rund 4.570 Solarpaneele entlang der gesamten Außenfassade und auf dem Dach, die eine Gesamtleistung von 650 kW erreichen. Dabei werden unterschiedliche Solarmodule verbaut: mit einkristallinen Silizium-Solarzellen, polykristallinen Silizium-Solarzellen, Dünnschicht-Silizium-Solarzellen, amorph/kristallinen Silizium-Solarzellen und CIS-basierten Dünnschicht-Solarzellen.
Das dicht installiertes Mosaik aus Solarmodulen enthält flache und geneigte Paneele (angewinkelt, um die direkte Sonneneinstrahlung zur Wintersonnenwende zu maximieren), um die größte potentielle jährliche Energiemenge zu gewinnen. Auf Etagen mit Versuchslaboren, wo eine Lichtabschirmung erforderlich ist, sind an den Außenwänden flach liegende Solarpaneele installiert.
In Etagen mit Forschungsbüros werden die Lamellen zwischen den Solarzellen entsprechend der Tagesleuchtdichte in Innenräumen optimiert. Zusätzlich sorgt der Abstand zwischen der Solarmodulhülle und dem Gebäude für eine ausreichende Belüftung, wodurch ein Temperaturanstieg verhindert wird, der die Effizienz der Module verringern würde.
Da das siebenstöckige Gebäude (das zusätzlich zwei Untergeschosse hat) zudem nur halb so viel Strom verbraucht wie ein normales, nicht-grünes Gebäude gleicher Größe, reicht dies – zusammen mit weiteren 100 kW aus Phosphorsäure-Brennstoffzellen – daß es sich fast komplett selbst mit Strom versorgen kann. Außerdem wird die Hochtemperatur-Abwärme der Brennstoffzellen von einer Absorptionskältemaschine genutzt, die Energie für eine Außenklimaanlage liefert.
Anfallende Niedertemperatur-Abwärme wird wiederum für eine Trockenmittel-Klimaanlage genutzt, die die Luftfeuchtigkeit kontrolliert und das Wasser für die Toiletten des Gebäudes erwärmt.
Als das grünste Bundesgebäude in den USA wird NASA Sustainability
Base im Ames Research Center auf dem Moffet Field in Mountain
View, Kalifornien, bezeichnet, deren Frontfassade sich am Design
der Internationalen Raumstation ISS orientiert. Benannt ist es nach
Tranquility Base, dem Namen, den der Apollo-11-Astronaut Neil Armstrong
dem Ort der ersten Mondlandung gab.
Das im Mai enthüllte und 25 Mio. $ teure Bauwerk ist von dem grünen Architekten und Gründer von Cradle to Cradle, William McDonough, gemeinsam mit dem stellvertretenden Direktor Steven Zornestzer entworfen worden, um die neuesten energiesparenden Technologien auszustellen und zu testen.
Dazu gehört auch, daß es mit seiner Umgebung verschmilzt und das verfügbare Tageslicht, die natürliche Belüftung und die Beschattung optimal nutzt. Hierfür ist das gesamte Gebäude von einem Exoskelett umhüllt, das Schatten spendet, während Licht und Luft ins Innere des Gebäudes strömen können. Das Exoskelett bietet auch eine große seismische Stabilität und ermöglicht im Inneren einen stützenfreien Grundriß.
Die 432 PV-Paneele auf den beiden Gebäudeteilen können 87 kW erzeugen, womit sie bis zu 30 % des Strombedarfs des Gebäudes decken können. Daneben liefern Sonnenkollektoren Warmwasser. Zu den weiteren energiesparenden Merkmalen gehören Wasserrecycling, Brennstoffzellen-Stromerzeugung und ein geothermisches Brunnensystem mit 106 Bohrungen und vier Wärmepumpen.
Die Einrichtung wird als lebendes Labor genutzt, um Methoden und Werkzeuge für das Verständnis und die Kontrolle dynamischer Energie- und Wassersysteme hier auf der Erde zu entwickeln. Sie wird als eine der ersten US-Bundeseinrichtungen mit dem LEED Platin-Zertifikat ausgezeichnet.
Im Juli wird berichtet, daß die Blackfriars Railway Bridge über
der Themse auf halbem Weg ist, die größte Solarbrücke der Welt zu
werden. Die 1886 erbaute Eisenbahnbrücke in London wird
im Rahmen einer Modernisierung durch Network Rail, dem Nachfolger
der staatlichen Eisenbahngesellschaft Großbritanniens, sowie First
Capital Connect, den Betreiber des Objekts, umgebaut.
Die Firma Solarcentury hatte im vergangenen Herbst mit dem ehrgeizigen Projekts begonnen, die Brücke mit einer 1,1 MW Solaranlage auszustatten, die jährlich gut 900.000 kWh sauberen Strom liefern wird, was rund die Hälfte des Strombedarfs für den Betrieb des Verkehrsknotenpunkts deckt. Einer anderen Aussage zufolge reicht der Ertrag aus, um pro Tag 80.000 Tassen Tee zu kochen.
Die gewölbte und vergitterte historische Brücke beherbergt die U-Bahn-Station Blackfriars, deren Bahnsteig nun verlängert wurde, um die mehr als 6.000 m2 große Photovoltaikanlage unterzubringen, die aus über 4.400 Solarmodulen der Firma Sanyo Electric Co. Ltd. besteht und die das Dach wie Schuppen von einem Ufer zum anderen glitzern läßt.
Der Bau, der eigentlich bis zum Sommer 2012 fertiggestellt werden sollte, wird auch auf andere Weise Energie sparen: Lichtröhren werden den Bahnhof mit Sonnenlicht beleuchten, und Regensammelsysteme Verschmutzungen aus dem Regenwasser filtern. Tatsächlich wird das Projekt erst im Januar 2014 abgeschlossen.
Der 140 m2 große Endesa-Pavillon in Barcelona,
der im August in den Blogs gezeigt wird, ist eine Entwicklung der
Architekten Rodrigo Rubio und Miguel Guerrero vom
Institute for Advanced Architecture of Catalonia (IAAC) und aus Holz
gebaut, um dessen natürliche Dehnungseigenschaften und hohe Wärmedämmung
zu nutzen. Um den Abfall zu minimieren, werden werkseitig hergestellte
modulare Abschnitte verwendet.
Inmitten der vielen Cafés und Bars, die die Küstenlinie schmücken, sieht der eigenwillige Solar-Prototyp eines mehrstufigen Bausystems, der im Rahmen des internationalen BCN Smart City Kongresses im Marina Dock im vergangenen November errichtet wurde, eher wie eine Blockhütte aus, die in ein skandinavisches Waldgebiet gehört, als ein hochtechnologisches, solarbetriebenes und energieautarkes Testzentrum. Über einen Zeitraum von einem Jahr wird es als Kontrollraum für die Überwachung verschiedener Projekte im Zusammenhang mit intelligentem Energiemanagement genutzt.
Die dreieckigen Abschnitte optimieren die Effizienz der Photovoltaik-Paneele, die in ihrer Größe variieren und je nach Sonnenausrichtung eingestellt werden können. Durch dieses System stellt das IAAC sicher, daß die Solarpaneele die maximal mögliche Energiemenge einfangen, während die Seitenpaneele und Visierstrukturen einen passiven Schutz für das Gebäude während der heißesten Monate bieten.
Rathaus von Seoul
Als im August 2012 in Südkorea das neue, 13-stöckige Rathaus
von Seoul eröffnet wird, löst das geschwungene, moderne
Glasgebäude eine heftige Kontroverse aus, weil es stilistisch nicht
mit dem früheren Rathaus harmonisiert, einem erhaltenen Steinbau
aus der japanischen Kolonialzeit, der nebenan steht und inzwischen
zu einer öffentlichen Bibliothek umgestaltet wurde.
In der Hoffnung, das Glas/Stahl-Erscheinungsbild abzumildern und das umweltfreundliche und energiesparende Design des neuen Gebäudes zu unterstreichen, errichtet die Stadt im darauffolgenden Jahr eine riesige Grünwand, mit einer Fläche von 1.516 m2, so groß wie ein Fußballfeld, die sich im Inneren sieben Stockwerke weit hinauf erstreckt und im Guinness-Buch der Rekorde als der derzeit größte vertikale Garten der Welt aufgeführt wird.
Die Grünwand besteht aus kaskadenförmig angeordneten Kübeln mit über 70.000 Pflanzen von 14 verschiedenen Arten und dient als Innenraumluftfilter, der Schadstoffe und Feinstaub aufsaugt. Der vertikale Garten hilft auch, Energiekosten zu sparen, indem er die Innentemperatur und die Luftfeuchtigkeit reguliert.
Zu den weiteren energieeffizienten Merkmalen des Rathauses gehört ein komplexes Wärmetauscher- und Pumpensystem, das fast die Hälfte des Heiz- und Kühlbedarfs des Gebäudes deckt. Etwa 28 % der im Gebäude verbrauchten Energie stammt aus integrierten PV-Modulen und Solarthermie-Panelen auf dem Dach, während die perforierten Böden mit geothermischer Energie beheizt werden.
Zudem verkleiden fast 7.000 dreifach verglaste Low-E-Glasscheiben das Gebäude und sorgen für eine hervorragende Isolierung, um Wärmeverluste zu verringern, während sie gleichzeitig Sonneneinstrahlung zulassen.
Ende September wird das solarbetriebene Crystal Building von Siemens offiziell
eröffnet, das die städtische Nachhaltigkeit in London verbessern
soll. Inspiriert vom Londoner Crystal Palace, in dem 1851 die
neuesten Technologien der industriellen Revolution präsentiert wurden,
zeigt das von Wilkinson Eyre entworfene Crystal
die neuesten nachhaltigen Technologien und gilt als ein zeitgemäßes
Wahrzeichen des Elektronikkonzerns.
Das Zentrum befindet sich direkt neben der nach ihrem Sponsor benannten Emirates Air Line, einer städtischen Seilbahn, die im östlichen Teil Londons die Stadtteile Greenwich und Docklands verbindet und zwischen den Haltestellen Greenwich Peninsula und Royal Docks die Themse überquert. Das Gebäude beherbergt öffentliche Ausstellungsflächen, Konferenzräume, Forschungsbüros sowie ein Restaurant, ein Café und einen Shop.
Das Crystal beinhaltet zahlreiche integrierte Nachhaltigkeitsstrategien. Das vollelektrische Gebäude nutzt Photovoltaikanlagen auf dem Dach sowie 200 geothermische Bohrungen nebst Wärmepumpen für eine energieeffiziente Heizung und Kühlung, die durch eine solarhermische Warmwasserbereitung ergänzt wird.
Ein hochmodernes Gebäude-Energiemanagement stellt sicher, daß der Strom effizient genutzt wird, während die natürliche Belüftung und die Tageslichtbeleuchtung zur Reduzierung des Energieverbrauchs beitragen. Die Anlage, die auch eine riesige Batterie beinhaltet, bietet auch die Möglichkeit, Elektrofahrzeuge aufzuladen, und speist überschüssige Energie in das Netz zurück.
Siemens will das 30 Mio. £ teure Gebäude nutzen, um Bürgermeister, Stadtplaner, Architekten, Ingenieure, politische Entscheidungsträger und Experten aus aller Welt zusammenzubringen, um das Wissen zu erweitern und die urbane Nachhaltigkeit zu verbessern.
Zu den weiteren Bauwerken, die in diesem Monat präsentiert werden,
gehört die Oxygen Villa des ägyptischen Architekturbüros Studio
House. Das relativ große und solarbetriebene Mashrabiya-Fertigteilhaus
besteht aus modularen Boxen mit vertikalen und horizontalen Schirmen
und bietet alles, was eine durchschnittliche arabische Familie
benötigt.
In der volkstümlichen arabischen Architektur erfüllt die Mashrabiya mehrere Funktionen: Die hölzernen Schirme bieten Schatten gegen die Sonne, natürliche Belüftung und Privatsphäre, die in der arabischen Kultur besonders wichtig ist. Die auskragenden Mashrabiya-Kästen erlauben nicht nur, daß drei Seiten davon die vorherrschende Brise einfangen, sondern sie schaffen auch eine Art Sonnen- und Regenschutz für die Passanten auf der Straßenebene. Bei schönem Wetter können die vertikalen Schirme geöffnet werden, damit Tageslicht und Luft durch das Haus zirkulieren können.
Im Inneren des sehr modern gestalteten und luxuriös ausgestatteten Gebäudes gibt es einen großen komfortablen Wohnbereich mit vielen privaten Räumen für Männer und Frauen. Der Empfangsbereich, in dem die Gäste begrüßt werden, ist besonders gut ausgestattet.
Das Team hat all diese Aspekte in ein Modulhaus integriert und die alten passiven Designtechniken mit Spitzentechnologien wie photovoltaischen Solarmodulen, die etwa 25 % des Bedarfs liefern, und einem dreistufigen Abwasser-Recyclingsystem kombiniert. Zu den weiteren Maßnahmen gehören z. B. unterirdische Glaskugeln, die tagsüber Wärmeenergie sammeln, um das Haus abends warm zu halten, womit der Energiebedarf des Hauses drastisch gesenkt wird.
Außerdem findet im September in Madrid der Solar Decathlon
Europe 2012 statt, bei dem Studententeams aus aller Welt
je ein solares Wohnhaus entwerfen, bauen und für zwei Wochen bewohnen
müssen.
Insgesamt nehmen in diesem Jahr 18 Teams aus elf Nationen teil, darunter auch aus China, Brasilien und Japan. Den Bewerberzahlen zufolge hätten es noch mehr Teilnehmer sein können, doch nicht alle interessierten Hochschulen sind auch in der Lage, das für den Solar Decathlon notwendige Gesamtbudget von meist über 1 Mio. € mit Hilfe von Sponsoren aufzubringen.
(Grafik)
Ein gutes Beispiel dafür bildet das Team der American University of Cairo (AUC), das sich ebenfalls an dem diesjährigen Solar Decathlon beteiligen wollte, mit einem Projekt namens SLIDES, das altägyptisches Design mit modernster Technologie zu einem markanten solarbetriebenen Haus verbindet.
Dieses besitzt eine doppelschichtige Fassade aus ineinandergreifenden perforierten Teilen, wobei die gitterartigen Perforationen ein klassisch-arabisches architektonisches Merkmal darstellen, das die Sonneneinstrahlung kontrolliert und Schatten erzeugt. Die Paneele können verschoben werden, um den Grad der Sonneneinstrahlung zu regulieren, sollen aber auch an die ineinandergreifenden Steine der altägyptischen Bauweise erinnern.
Doch sogar dieser renommierten Universität fehlen die Mittel für eine Umsetzung. Was sehr schade ist, denn das AUC-Team wäre das erste aus dem Nahen Osten bzw. Nordafrika gewesen, das an dem internationalen Designwettbewerb teilnimmt.
Sieger (fast) aller Klassen ist diesmal das Team Rhone-Alpes der Ecole Nationale Supérieure d’Architecture aus Grenoble mit ihrem Projekt Canopea. Dies ist weit mehr als ein Einfamilienhaus für zwei Personen, denn es handelt sich um den Prototyp, oder genauer: die obersten beiden Geschosse eines neuartigen Wohnhochhauses für verdichtete urbane Lagen.
Diese ‚Nanotowers‘ genannten Wohntürme bestehen aus sowohl vertikal als auch horizontal gestapelten, durch außen liegende Treppen und Laubengänge erschlossenen Einfamilienhäusern. Bekrönt werden sie jeweils von einem wintergartenartigen Gemeinschaftsraum mit Waschküche und gemeinschaftlichem Koch- und Speiseplatz, über dem sich das Lamellendach der Solarpaneele befindet. Organisiert durch ein intelligentes Netz, das Heizung, Kühlung, Mobilität, Dienstleistungen und soziale Netzwerke überwacht, sind die Nanotürme so konzipiert, daß sie vollständig in die Stadt integriert werden.
Einen solchen Turm in Madrid zu errichten, hätte allerdings sowohl die Wettbewerbsregeln als auch jedes vertretbare Budget gesprengt. Doch auch mit ihrem auf nur zwei Geschosse verkürzten Hochhaus – das mit Baukosten von 700.000 € übrigens das teuerste aller Solar-Decathlon-Häuser – belegt das Team die erste Plätze in den Kategorien Architektur, Innenraumkomfort, Funktionalität und Innovation.
Den zweiten Platz belegt das Team Andalucía – ein Kooperationsprojekt von vier südspanischen Hochschulen aus Sevilla, Jaén, Grenada und Malaga – mit seinem Patio 2.12 House. Dieses Gebäude besteht aus vier vorgefertigten, geschlossenen Baukörpern, zwischen denen sich ein mit Photovoltaikglas eingedeckter Innenhof als nicht klimatisierter Pufferraum befindet, der eine sehr entspannende Umgebung schafft. Bei heißem Wetter läßt sich die Dachverglasung öffnen, um eine Überhitzung zu vermeiden.
Da das mit 500.000 € ebenfalls nicht gerade billige Haus auf einem Sockel und nicht auf einem Standardfundament steht, eröffnet dies Möglichkeiten als temporäre Struktur auf Baustellen, Schulen oder sogar in Katastrophengebieten. Besondere Stärken zeigt es vor allem in den Kategorien Energieeffizienz und elektrische Energiebilanz.
Auf Rang drei folgt das italienische Team Med in Italy, das Teilnehmer der Università degli Studi di Roma, der Tre/Sapienza Università di Roma, der Freien Universität Bozen und der Fraunhofer Italia Research scarl umfaßt. Der Name ist ein cleveres Wortspiel, das sich auf die Tatsache bezieht, daß das Haus in Italien hergestellt wurde, aber auch auf das mediterrane Klima, um das herum das Haus entworfen wurde.
Die Außenwände des Gebäudes bestehen aus Holz-Hohlkastenelementen, die vor Ort mit schwerem Füllmaterial (wie z.B. Kies oder Sand) befüllt werden, um die thermische Masse zu steigern. Damit eignet sich das Haus sowohl für horizontal verdichtetes Bauen als auch für eine vertikale Stapelung. Der zentrale Innenhof entspricht nicht nur dem typisch mediterranen Lebensstil, sondern dient auch als Pufferzone zwischen dem Schutzschild und dem restlichen Haus.
Die Photovoltaik-Paneele auf dem Dach erzeugen rund 9.330 kWh Energie pro Jahr, fast doppelt so viel wie nötig, während Röhren aus ‚thermischem Sand‘ die überschüssige Energie speichern, die zum Heizen des Hauses über Nacht verwendet wird. Das italienische Team siegt u.a. in der Kategorie Nachhaltigkeit.
Aus Deutschland beteiligen sich übrigens zwei Hochschulen an dem internationalen Wettbewerb: die HTWG Konstanz und die RWTH Aachen. Sie belegen immerhin den 4. und den 5. Platz.
Der Solar Decathlon des Jahres 2013 wird im Orange County Great Park in Irvine, Kalifornien, stattfinden. Standort ist das Gelände der ehemaligen Marine Corps Air Station El Toro, wo die Teams ihre Häuser auf der gepflasterten Landebahn installieren werden. Angemeldet sind bereits 20 Teams, von denen allerdings nur vier nicht s den USA stammen. Mehr darüber in der Übersicht des kommenden Jahres.
Im Oktober informieren die Blogs über ein weitläufiges Gebäude mit
grünem Dach, das die Tradition der Maori mit nachhaltiger Architektur
und einem modernen, nachhaltigen und energieeffizienten Design
verbindet.
Collingridge and Smith Architects, die das Te Mirumiru genannte Bauwerks entwerfen, orientieren sich bei der Gestaltung des Komplexes am Genius Loci, dem Geist des Ortes der Maori. Die daraus resultierende unterirdische Struktur wird demzufolge in der Tradition von ‚Te Whare Whenua‘ gebaut, was Haus der Erde bedeutet. Durch diese Bauform sollen die Bewohner und Besucher der Mutter Erde näher sein.
Der Baukörper hat eine geschwungene Form, die einer Gebärmutter nachempfunden ist. Das Gebäude selbst befindet sich im Inneren eines künstlichen Hügels, dessen innerer Bogen durch raumhohe Glaswände auf das das natürliche und üppige Sumpfland der Umgebung blickt. Der Innenraum wird dadurch von natürlichem Licht durchflutet. Das mit Gras bewachsene Dach isoliert die Räume im Inneren das ganze Jahr über.
Die gewölbte Decke sorgt für eine natürliche Luftzirkulation im Innenraum, so daß es im Sommer frisch und kühl bleibt, während im Winter die warme Luft umgewälzt wird. Der Betonboden absorbiert die Sonnenstrahlen und sorgt im Winter für Strahlungswärme, während der Dachüberstand im Sommer die direkte Sonneneinstrahlung blockiert.
Im Dezember wird offiziell das Seoul Energy Dream Center eröffnet,
ein Zentrum für Erneuerbare Energien, das als das erste Null-Energie-Gebäude
in Korea gilt. Das Gebäude widmet sich diesem Thema
mit Ausstellungen und einem breiten Informationsangebot auf 3.500
m2. Die Stadtregierung von Seoul hatte für das Projekt
ein Grundstück in dem beliebten Naherholungsgebiet World Cup Park
bereitgestellt.
Das Zentrum entworfen und den Bau begleitet hat ein interdisziplinäres Team aus deutschen und südkoreanischen Projektpartnern unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE. Dabei ist ein Leuchtturmprojekt für die Umsetzung neuester Techniken und die Nutzung erneuerbarer Energien entstanden – allerdings mit einer etwas streng wirkender Ästhetik.
Die optimale Konstellation von Gebäudehülle und technischen Anlagen des ansonsten stimmigen Konzepts, das Energieeinsparung und -effizienz mit architektonischen und funktionalen Ansprüchen verbindet, war in umfangreichen Simulationen und Berechnungen ermittelt worden. Das architektonische Konzept baut auf einem quadratischen Grundriß auf. Der dreigeschossige Baukörper weitet sich durch eine 45°-Drehung nach oben konisch aus und wird von einem ebenfalls quadratischen Flachdach abgeschlossen.
Schräg über die Geschosse verlaufen keilförmige Vordächer, die wie Flügel an der Fassade angebracht sind und als Witterungsschutz für die Eingangsbereiche und als feststehender Sonnenschutz für die Verglasungen dienen.
Um den Energiebedarf auf ein Minimum zu senken, wird die Gebäudehülle nach Passivhausstandard konzipiert, während die aussteifenden, massiven Geschoßdecken als thermische Speichermassen genutzt werden, um Lastspitzen bei der Kühlung auszugleichen. Zu den weiteren energiesparenden Elementen gehört eine Erdsondenanlage, die im Sommer das Flächenkühlsystem mit Kälte versorgt und ganzjährig als Wärmequelle für eine Wärmepumpe dient.
Der verbleibende Energiebedarf wird in der Jahresbilanz durch regenerative Energieträger bereitgestellt: Neben der Nutzung geothermischer Energie erzeugen netzgekoppelte Photovoltaikanlagen auf dem Dach, den Vordächern und einer kleinen Freifläche die Gesamtmenge der benötigten elektrischen Energie.
Ebenfalls im Dezember 2012 wird in Wien der
Bau des ersten Büroturms abgeschlossen, der den Passivhaus-Standard
erreicht. Das 21-stöckige Bürogebäude RHW.2 ist
fast 80 m hoch und hat ein Energiekonzept, bei dem Photovoltaik ebenso
zum Einsatz kommt wie die Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung. Auch die Abwärme
aus dem Rechenzentrum wird genutzt, und die Kühlung des Gebäudes
erfolgt teilweise über den Donaukanal.
Für das Erzielen des Passivhaus-Standards entscheidend ist aber die radikale Steigerung der Energieeffizienz bei der Klimafassade, die in Kombination mit einer optimierten Verschattung den Heizwärme- und der Kühlenergiebedarf um 80 % gegenüber herkömmlichen Hochhäusern reduziert.
Neben den Entwürfen und Umsetzungen gibt es auch in diesem Jahr
einige Meldungen, die peripher von Interesse sind. So wird bereits
im Januar über die Firma EcovativeDesign aus New
York berichtet, die von Pilzen ein innovatives Material
herstellen läßt, aus dem man von Isolierungen bis
zu Verpackungen alles mögliche konstruieren kann, das auch im ökologischen
Hausbau Anwendung finden könnte.
(Montage)
Im Juli wird dieser Ansatz in einer fiktiven Dokumentation des in London lebenden Designers und Künstlers Tobias Revell aufgegriffen: Wie organische Solarpaneele erzeugen in der Sci-Fi-Stadt New Mumbai Schnell wachsende Pilze Energie und sorgen für Strom, Wärme und Beleuchtung. Einige wachsen stark genug, um als Unterkunft, Teil von Gebäudestrukturen und als Oberfläche für den Anbau lokaler Nutzpflanzen verwendet zu werden. Zudem absorbieren die porösen Oberflächen Wasser aus den saisonalen Regengüssen, das aufgefangen und zum Trinken und Baden verwendet wird.
Der Film ermutigt zu kreativen umweltfreundlichen Problemlösungen im großen Stil – und gewinnt u.a. den ersten Preis in der Kategorie Dokumentarfilm bei den Bio-Fiction Awards 2014.
Ein weiteres interessantes Material ist Seegras,
dessen Einsatz als natürliche Wärmedämmung für nachhaltiges Bauen
von dem Architekten Manthey Kula erforscht wird.
Sein Ansatz ist eines von fünf Challenger-Projekten, die während
des norwegischen Architekturfestivals 2011 vorgestellt
wurden. Kulas Untersuchung der Materialeigenschaften und Methoden
zur nachhaltigen Trocknung von Seetang, um diese natürlichen, erneuerbaren
Ressourcen in nachhaltige Baumaterialien umzuwandeln, wird von der
unabhängigen europäischen Forschungsorganisation SINTEF unterstützt.
Im März folgen Berichte über eine handbetriebene Maschine, die Plastikflaschen in
‚Strohdächer‘ für tropische Klimazonen verwandelt. Obwohl sie primitiv
erscheinen, sind gewebte Strohdächer ein effektiver Weg den Regen
fernzuhalten und gleichzeitig das Haus durchzulüften. In Ecuador,
wo Gräser für die Landwirtschaft wichtig sind, sollen weggeworfene
Plastikflaschen als Alternative dienen.
Hinter der Innovation steht David Saiia, Professor für strategische Ökonomie und Nachhaltigkeit an der Duquesne University, einer privaten katholischen Universität in Pittsburgh, Pennsylvania. Später wird Mitbegründer des Reuse Everything Institute Inc. (REII), das sich als gemeinnützige Organisation dafür einsetzt, Wege zur Nutzung von Wissen und Ressourcen für ein besseres ökologisches Management zu finden.
Die aus Plastikflaschen hergestellte Kunststoffdachbedeckung (Plastic Thatch, PT) sind wesentlich effektiver und günstiger als Stahl- und Glasfaserplatten. PT ist in tropischen Klimazonen ein deutlich überlegenes Dach, da es Wasser und Wärme effizienter ableitet und zudem 10-mal länger als natürliches Stroh hält und für einen helleren Innenraum durch das Eindringen von Tageslicht sorgt. Ein weiterer Vorteil ist die Schalldämpfung bei Regen im Vergleich zu konventionellen Dächern.
Für die Umsetzung konstruiert Saiia ein muskelbetriebenes Gerät, das eine 3-Liter-Plastikflasche in Sekundenschnelle in Streifen schneiden kann, und entwickelt und testet anschließend mehrere Möglichkeiten, um aus den Streifen eine Dachbedeckung für Häuser herzustellen.
Über eine neue Nachrüsttechnologie, die Wärmedämmung zusammen mit
Solarstrom verspricht, wird im April berichtet. Das gebäudeintegrierte
Photovoltaik-Thermalsystem (BIPVT) ist ein gemeinsames
Projekt der University of Wollongong, der Firma BlueScope
Steel und des Fraunhofer-Instituts und
zielt darauf ab, die Dächer vieler bestehender Gebäude zu verändern,
die eine ‚grüne‘ Überholung vertragen könnten. Das Neue dabei ist,
daß Dachhaut und Solarmodul in einem einzigen Bauelement verarbeitet
sind. Dahinter steht die Idee, daß es wesentlich günstiger ist
das bereits vorhandene Dach zu ergänzen, anstatt es abzureißen
und ein ganz neues Solardach zu bauen. Außerdem soll mit dem BIPVT
eine natürliche Wärmedämmung für das Haus geschaffen werden.
Bei der Sanierung des vorhandenen Daches wird eine Schicht BIPVT zusammen mit den PV-Anlagen auf das Dach aufgebracht. Aufgrund der Lücke, die zwischen der alten und der neuen Dachkonstruktion entsteht, wirkt die Luft, die sich dazwischen befindet, als perfekte natürliche Installation und hält den Bedarf an künstlicher Heizung und Kühlung auf einem absoluten Minimum. Auf diese einfache, aber hocheffektive Weise lassen sich in Zukunft viele bestehende Häuser und Büros in Null-Energie-Strukturen verwandeln.
Auch der bereits mehrfach erwähnte Einsatz von Phase Change
Materials (PCM), um im Winter die Wärme effektiv zu speichern
und im Sommer die Hitze zu regulieren, wie er z.B. im Schwerpunkt Solarfassaden erwähnt
wird (s.d.), kommt in diesem Jahr wieder in die Presse.
Die mit Paraffin-Perlen versetzten neuen Trockenbauplatten, die an der spanischen Universidad Politécnica de Madrid entwickelt worden sind, sollen nämlich in der Lage sein bis zu 40 % Wärmeenergie einsparen zu können. Die verbesserte Effizienz des Materials wurde durch die Erhöhung des Paraffinanteils erreicht, indem man bei den neuen Platten 45 % des Gipses durch Paraffin-Perlen ersetzte.
Ende des Jahres veröffentlicht die Universitat Politècnica
de Catalunya (UPC) einen Bericht über die Entwicklung einer
neuen Art von biologischem Beton, dessen Hauptinnovation
ist, daß er sich sehr gut als Basis für das Wachstum bestimmter Familien
von Mikroalgen, Pilzen, Flechten und Moosen eignet und den Begrünungsprozeß
vereinfacht.
Die Schlüsseleigenschaften des Materials sind sein spezifischer pH-Wert, seine Porosität, seine Oberflächenrauhigkeit und eine sandwichartige Struktur aus drei Schichten: Die erste ist eine Abdichtungsschicht auf dem strukturellen Fundament, die vor Feuchtigkeitsschäden schützt. Die nächste ist die biologische Schicht, die die Ansiedlung von Organismen unterstützt und als interne Mikrostruktur fungiert, die auch bei der Wasserrückhaltung hilft. Die letzte Schicht ist eine diskontinuierliche Beschichtung mit einer umgekehrten Abdichtung, die es dem Wasser erlaubt, durchzusickern und es im Inneren des Betons zu halten.
Der ‚lebendige Beton‘ wurde mit der Idee entwickelt, als Fassade für Gebäude in mediterranen Klimazonen eingesetzt zu werden, da er den thermischen Komfort des Gebäudes verbessert, beim Einfangen von Sonnenwärme und bei der Isolierung hilft, und außerdem auch noch atmosphärisches CO2 absorbiert.
Ohne die Notwendigkeit tragender Strukturen sind auch vertikale Gärten aus dem Verbundwerkstoff einfacher und kostengünstiger zu bauen oder bestehende Fassaden zu ergänzen. Ein ästhetisches Element dieser Fassaden sind Farbveränderungen je nach Jahreszeit und den vorherrschenden Organismenfamilien – als Alternative zu statischen und potentiell giftigen Farben.
Derzeit arbeiten die Forscher daran, die Besiedlung des Betons durch die natürlich vorkommenden Organismen so zu beschleunigen, daß die Oberfläche in weniger als einem Jahr sehr gut bewachsen ist. Der biofreundliche Beton, der auch für eine breite Palette anderer Zwecke nützlich sein könnte, wird an der Universität Gent in Belgien getestet und ist zum Patent angemeldet.
Weiter mit den Solarhäusern und den solaren Bauelementen 2013 ...