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Die älteste urbane Luftseilbahn in Nordamerika, die im öffentlichen
Personennahverkehr im Einsatz ist, ist die Roosevelt
Island Tramway (The Tram) in New York City, die Roosevelt Island
mit Manhattan verbindet und 1976 vom Schweizer Unternehmen
Von Roll erbaut wird.
Sie soll als provisorische Transportlösung dienen, bis der Bau der U-Bahn fertig ist, der sich jedoch immer weiter verzögert. Als die U-Bahn im Oktober 1989 endlich eröffnet wird, ist die Luftseilbahn bereits so populär, daß man sie nicht mehr stillzulegen kann, obwohl sie inzwischen hauptsächlich eine Touristenattraktion ist (2010 von POMA durch vollständig neues System ersetzt).
Die zweite Luftseilbahn der USA, die im ÖPN eingesetzt wird, ist der Mississippi Aerial River Transit (MART), die in New Orleans, Louisiana, den Mississippi River überquert. Die 700 m lange Gondelbahn wird im April 1984 im Rahmen der Louisiana Weltausstellung 1984 eröffnet und verkehrt zwischen der Weltausstellung im Warehouse District und dem Stadtteil Algiers am Westufer.
Nach nur einjähriger Betriebszeit wird die Strecke wegen zu geringer Passagierzahlen jedoch wieder eingestellt. Zwar wird die Gondelbahn 1989 für 1,6 Mio. $ an einen Geschäftsmann versteigert, der sie in Corpus Christi, Texas, aufbauen will, doch juristischen Streitigkeiten lassen das Projekt scheitern. Im Jahr 1994 erfolgt dann der endgültige Abbau dieser Anlage.
Wer auf der Insel Thira (Santorin) nicht 566 Treppenstufen in einem Stück bewältigen möchte oder kann (und noch einmal soviel zurück!), um über rund 250 Höhenmeter im Zickzack von der Kreuzfahrtschiff-Anlegestelle zum Hauptort Fira hinauf zu kommen, kann den Weg auf dem Rücken eines Maulesels zurücklegen – oder in wenigen Minuten mit einer Seilbahn. Da deren Kabinen überwiegend aus Glas sind, hat man außerdem noch eine prächtige Sicht in alle Richtungen.
Die 1979 von Doppelmayr errichtete Seilbahn ist der großzügigen Spende des griechischen Reederehepaars Loula und Evangelos Nomikos zu verdanken. Der von der Insel stammende Schiffseigner will damit die Entwicklung der Inselorte vorantreiben, indem mit der Seilbahn mehr Tagestouristen von den Kreuzfahrtschiffen in die malerischen Siedlungen auf der Vulkanklippe von Santorin gebracht werden können.
Die Bahn kann pro Stunde 1.200 Personen befördern und gehört den 14 Gemeinden der Insel gemeinsam. Einen Teil der Erlöse erhalten die Maultiertreiber, die bisher immer Touristen mit den Maultieren hinaufbefördert haben, und die durch den Bau ihre Einnahmen verloren haben. Auf dem Foto ist gut zu erkennen, daß es sich hier um eine Gruppenbahn handelt, bei der üblicherweise mehrere Gruppen von 2 - 6 Kabinen in knappem Abstand voneinander an das Förderseil gehängt werden, weshalb diese Beförderung auch als intermittierend oder gepulst bezeichnet wird.
Ende der 1970er Jahre wird von der Südtiroler Firma
Hans Trojer eine selbstfahrende Personenseilbahn entwickelt
und patentiert. Im Gegensatz zu den üblichen Seilbahnwagen werden im
vorliegenden Fall diese nicht durch eine Antriebstation über Zugseile
betrieben, sondern mittels zweier thermischer Motoren, die an der Kabine
selbst angebracht sind. Im Dezember 1979 wird das
System während der internationalen Erfindermesse in Genf als beste
ausländische Erfindung mit der Goldmedaille und dem Pokal des Genfer
Verkehrsbüros ausgezeichnet.
Gebaut wird jedoch nur eine einzige selbstfahrende Personenseilbahn zum Josefsberg (Algund), die den dortigen Sessellift ersetzt. Die Gründe sind wirtschaftlicher Natur: Da die Firma Trojer durch den Bau des Skigebiets Meran 2000 in finanzielle Schwierigkeiten gerät, fehlt das für die vollständige Entwicklung nötige Kapital, und das Unternehmen zieht sich nach über 40 Jahren endgültig aus dem Seilbahnsektor zurück. Im Jahre 1980 soll auch das Tragseil einer der von Trojer neu gebauten Seilbahnen von Terroristen gesprengt worden sein – wofür ich aber noch keine Bestätigung finden konnte.
Das 1892 gegründete
österreichische Familienunternehmen Doppelmayr baut 1913 seinen
ersten Lastenaufzug, und 1937 den ersten Skilift am
Arlberg. Ab 1955 wird die Weiterentwicklung seilgezogener
Systeme forciert, und im Jahr 1996 erwirbt Doppelmayr
den florierenden Seilbahnbereich der traditionsreichen schweizerischen
Firma Von Roll in Thun, die 1945 in Flims die erste
kuppelbare Sesselbahn der Welt, und 1991 in Saas-Fee
die erste Dreiseilumlaufbahn gebaut hatte. 2002 fusioniert
Doppelmayr mit der ursprünglich 1928 entstandenen
Firma Karl Garaventa’s Söhne für Seilbahn- und Maschinenbau, die international
vor allem im Bereich der großen Pendelbahnen erfolgreich ist.
Die neue Doppelmayr/Garaventa Gruppe erwirtschaftet 2011/12 einen Umsatz von 628 Mio. € und ist mit einem Marktanteil von 60 % Weltmarktführer im Seilbahnbereich. Bislang hat das Unternehmen über 14.000 Anlagen in mehr als 80 Ländern errichtet (Stand 2013) und ist auch weiterhin sehr innovativ. Es ist z.B. 2004 für die welterste Sitzheizung für Sessellifte verantwortlich – und eröffnet 2012 auch die erste Cabriobahn der Welt, die aufs Schweizer Stanserhorn hinauf führt. Bei den doppelstöckigen Gondeln für 60 Fahrgäste können sich bis zu 30 Personen auf dem offenen Oberdeck aufhalten, das man über eine Wendeltreppe erreicht.
Der Cable Liner Shuttle der 1996 gegründeten Tochter Doppelmayr Cable Car GmbH (DCC) ist eine automatisierte schienengebundene seilgezogene Anlage zur Personenbeförderung, die ähnlich einer Pendel- oder Standseilbahn funktioniert, d. h. zwei Fahrzeuge pendeln entgegengesetzt zwischen den beiden Endstationen hin und zurück – auf ebenen und relativ kurzen Strecken. Das System ist ideal für die Verbindung von zwei Terminals größerer Flughäfen mit geräumigen Fahrzeugen und einer hohen Personenförderleistung.
Im praktischen Einsatz befinden sich Anlagen in Las Vegas (Mandalay Bay Tram, eröffnet 1999), am Flughafen Birmingham (AirRail Link, 2003, als Ersatz des vorherigen Birmingham Maglev Systems, s.o.), am Flughafen Toronto (LINK Train, 2006), am Flughafen Mexiko-Stadt (2007) sowie in Venedig (2010), als Verkehrsverbindung zwischen der Insel Tronchetto und der Piazzale Roma am Rand der Altstadt.
Eine weitere der 100 %-igen Töchterfirmen ist die Doppelmayr Transport Technology GmbH in Wolfurt, die Materialtransportsysteme für die unterschiedlichsten Einsatzgebiete entwickelt, plant und baut. Etwa 2004 wird hier ein neuer Langstreckenförderer für den Stück- und Schüttguttransport entwickelt, der die Vorteile von Seilbahn und Gurtförderung miteinander verbindet und vorzugsweise für schwieriges Gelände geeignet ist. Der RopeCon (Rope way Conveyor) besteht aus einem Spezialgurt mit an den Seiten aufvulkanisierten Wellkanten und am Gurt befestigten Seilrollen, die sich auf Tragseile abstützen. Mit dem neuen System können Förderstrecken von über 20 km realisiert werden – bei Masseströmen bis 25.000 t/h. Durch Stützenabstände von bis zu 2.000 m können Hindernisse wie Straßen, Eisenbahnlinien, Flüsse usw. sehr einfach überwunden werden.
Eine temporäre RopeCon-Installation wird für den Bau des 5.851 m langen Strenger Tunnels in Tirol, Österreich, genutzt, wo sie bis zur Inbetriebnahme des Tunnels Ende 2005 rund 850.000 m3 Aushubmaterial mit 600 t/h abtransportiert. Die 270 m lange Materialbahn mit einem Höhenunterschied von 23 m erzeugt zwar nur rund 30 kW – erlaubt es aber, insgesamt 115.000 Lkw-Fahrten zu vermeiden!
Die erste große Umsetzung des innovativen Systems erfolgt auf der Insel Simberi, Papua Neuguinea, wo ein RopeCon System ab Mai 2008 goldhaltiges Erz von einer Mine der australischen Firma Allied Gold Ltd. im Landesinneren bis zur Verhü̈ttung am Hafen transportiert, wobei die Transportstrecke über undurchdringlichen tropischen Regenwald und zerklüftetes Gelände verläuft. Die 2.665 m lange Förderstrecke mit einem Massenstrom von 600 t/h überwindet einen Höhenunterschied von 237 m – abwärts. Über die Bremsleistung werden dabei stündlich 266 kWh Energie gewonnen, ein äußerst willkommener positiver Nebeneffekt des Systems. Die Gurtgeschwindigkeit beträgt 3,3 m/s.
Weitere bemerkenswerte Installation sind eine 665 m lange abgedeckte RopeCon-Linie des östereichischen Faserherstellers Lenzing AG, die für den Transport von Hackschnitzeln aus dem Lagerbereich zur Verarbeitungsanlage verwendet wird (350 t/h), sowie die RopeCon-Anlage der sudanesischen Firma Berber Cement, die Kalkstein über den an dieser Stelle 850 m breiten Nil fördert – was wohl mit keiner anderen Technologie ohne massive Störungen des Schiffverkehrs möglich wäre. Die horizontal 3.465 m lange Strecke wird vertikal auf 14 m angehoben und wieder abgesenkt und fördert 700 t/h.
Der Transport von Baumaterial geht selbstverständlich auch drei Nummern kleiner. Der Geschichte einer kleinen Lastenseilbahn, die zum Bau des Ferienhauses Casa Berti in den Apuanischen Alpen installiert wurde, habe ich den interessanten Hinweis entnehmen können, wie man günstig an Kabel herankommt! Solche selbstgebaute Seilbahnen zur Versorgung von Häusern, zum Transport von Holz, Oliven oder Baumaterial findet man doert an zahlreichen Stellen in den Bergen.
Die Lastenseilbahn, die das genannte Ferienhaus von unten erschließt, hat eine nutzbare Seilstrecke von ca. 70 m, die einen Höhenunterschied von 30 m überwindet. Das 1 cm dicke Standseil hält eine Last von mindestens 8.600 kg aus, während die vier Seilbahntore aus handelsüblichen Gerüstrohren gefertigt sind. Angetrieben wird die Seilbahn von einer elektrischen Winde, die ursprünglich zu einem Dachdeckerlift gehörte. Eine Funk-Fernbedienung erleichtert den Einsatz. Während der Bauzeit von Casa Berti fährt die Seilbahn rund 1.000 Mal den Berg hinauf und transportiert dabei rund 150 t.
Das wichtigste Element einer Seilbahn, das Drahtseil, gibt es an der Versilia-Küste der Apuanischen Alpen häufig kostenfrei. Für kleine und nicht schwer belastete Teleferiche, wie sie auf italienisch heißen, reicht nämlich ein Marmor-Schneideseil, mit dessen Hilfe bis heute Marmorblöcke aus dem Berg geschnitten werden. Irgendwann werden diese ‚Sägen’ ausgemustert und finden dann ihre Nutzung als Tragseil privater Seilbahnen, deren Erbauer sich nicht mit langwierigen Berechnungen beschäftigen, sondern auf Erfahrungswerte, ein Gefühl für die Technik und auf die Haltbarkeit des Materials vertrauen.
Als das österreichische Bundesministerium für Verkehr,
Innovation und Technologie (BMVIT) im Jahr 2008 mit
dem Ideenwettbewerb Createch nach innovativen Lösungen für Verkehrstechnologien
und Kreativwirtschaft sucht, wird zum Siegerprojekt in der Kategorie
Straight Forward die Diplomarbeit City Air Way des
Industriedesigners Johannes Geisler an der FH JOANNEUM in Graz gekürt
– eine ansprechend gestaltete Stadtschwebebahn als innovative Nahverkehrslösung
für kleinere Städte, wo der Bau einer U-Bahn nicht angebracht ist,
sowie für bevölkerungsdichte Städtegebiete mit sehr engem Straßennetz.
Im Folgejahr startet das Ministerium unter dem Namen CCC - City Cable Car ein Projekt unter der Leitung der Doppelmayr Seilbahnen GmbH, bei der eine konventionelle Seilbahn durch das neuartige, urbane Design zum besonders umweltfreundlichen Transportmittel in der Stadt umfunktioniert werden soll. Außerdem soll die Akzeptanz und Einsetzbarkeit von Seilbahnen als alternatives Verkehrssystem im urbanen Bereich durch die Versorgung von Einkaufszentren/-straßen mit Gütern und Waren erweitert werden, was mit dem CCC-System auch in der Nacht automatisiert erfolgen kann. Hierfür wird auf dem Doppelmayr-Testgelände beim Stammwerk Hohe Brücke in Wolfurt/Vorarlberg ein Seilbahn-Prototyp des prämierten City Air Way Fahrzeugdesigns errichtet, der der technischen Weiterentwicklung des Gesamtsystems dient. Dem Stand von 2013 zufolge vermarktet Doppelmayr unter dem CCC-Label inzwischen seine seilgezogenen, schienengebundenen People-Mover, von dem City Air Way ist dagegen nicht mehr zu hören.
Doppelmayr baut zur BUGA 2011 in Koblenz eine der größten Seilbahnen Europas über den Rhein (eine Art Neuauflage der BUGA 1957 in Köln, s.o.). Die Seilbahn Koblenz (auch BUGA-Seilbahn o. Rheinseilbahn) verbindet seit Juni 2010 die Rheinanlagen in Höhe der Basilika St. Kastor mit dem Plateau vor der Festung Ehrenbreitstein. Die Baukosten betragen rund 12 Mio. €. Mit einer Förderkapazität von 7.600 Personen pro Stunde besitzt Deutschlands erste Dreiseilumlaufbahn die zu diesem Zeitpunkt die weltweit größte Leistungsfähigkeit. Um den UNESCO-Welterbe-Status der ‚Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal’ nicht zu gefährden, ist eigentlich vorgesehen, die Seilbahn im November 2013 wieder abzubauen. Nach zwischenzeitlicher Zustimmung der UNESCO kann die Seilbahn bis zum Ende ihrer technischen Betriebsdauer im Jahr 2026 weiterbetrieben werden.
Noch interessanter ist der Bau der ersten regulären Stadtseilbahn in Großbritannien durch Doppelmayr, die fristgerecht zu den Olympischen Spielen im Juni 2012 eröffnet wird. Um die kommunalen Kosten zu senken, wird ein Sponsor gesucht, der dafür als Namensgeber fungieren darf. Da die Baukosten statt anstatt der ursprünglich veranschlagten 25 Mio. ₤ letztlich auf ca. 60 Mio. ₤ anwachsen (zum Zeitpunkt der Eröffnung rund 76 Mio. €), zahlt die Fluggesellschaft Emirates ca. 46 Mio. € für dieses Recht.
Die Emirates Air Line ist eine etwa 1.000 m lange Gondelbahn, die in London die Stadtteile Greenwich und Docklands verbindet und dabei in ca. 50 m Höhe die Themse überquert. Im Einsatz sind 34 Stück rollstuhlgeeignete Gondeln für je zehn Personen und zwei Fahrräder, die je Stunde und Richtung 2.500 Personen befördern können. Betreiber der Seilbahn, die in ihrem ersten Betriebsjahr 2,41 Mio. Passagiere befördert und dabei die beachtliche technische Verfügbarkeit von 99,91 % zeigt, ist die städtische Verkehrsgesellschaft Transport for London (TfL).
Weiter mit der Chronologie. Die erste Seilbahn, welche im Norden Algeriens
den Ort Blida (Meereshöhe
260 m) mit dem 1.500 m hoch im Tellatlas gelegenen Ski- und Sommer-Erholungsort
Chréa verbindet, der pro Jahr von mehr als 2,5 Millionen Personen besucht
wird, wird 1984 von Poma errichtet.
Wegen des algerischen Bürgerkriegs wird ihr Betrieb 1993 eingestellt – und später wird die Anlage zerstört. Erst nach mehr als 15 Jahren wird im Januar 2009 eine neue Gondelbahn eröffnet, die ebenfalls von Poma gebaut ist.
Die neue Seilbahn hat in mehr als 900 m Höhe eine Mittelstation (Beni Ali), ist insgesamt 7,15 km lang und gehört damit zu den längsten Einseilumlaufbahnen der Welt. Sie hat 138 Kabinen mit je 6 Plätzen.
Auch der Betrieb der Seilbahn, welche die Küstenstadt Annaba mit dem in 850 m Höhe auf dem Djebel Edough gelegenen Ort Seraïdi verbindet, und im Jahr 1987 ebenfalls von Poma gebaut worden ist, muß 1991 wegen des algerischen Bürgerkriegs eingestellt werden. Einem privaten Konzessionär gelingt es zwar, sie zwischen 1997 und 1999 wieder zu betreiben, doch verschiedene Streitigkeiten führen zu ihrer erneuten Einstellung. Im September 2008 wird die 4 km lange und von Poma grundlegend erneuerte Gondelbahn wiedereröffnet. Sie hat insgesamt 68 Kabinen und wird von der städtischen Transportgesellschaft von Annaba betrieben.
Auch in der Hauptstadt Tiflis sind
öffentliche Hängeseilbahnen eine Besonderheit des Nahverkehrs. Sie
verbinden das Stadtzentrum und tiefer gelegene Teile der Stadt mit
den Bezirken auf den Plateaus oberhalb der steilen Berghänge.
Im Juni 1990 geschieht auf einer Seilbahn-Strecke zwischen der Rustaveli Avenue und Mount Mtatsminda ein tragischer Unfall mit 20 Toten und 15 Verletzten, darunter auch Kinder, die gerade ihren ‚Tag des Kindes’ feiern. Als Grund wird Mißwirtschaft angegeben.
Technisch gesehen ist das Unglück leicht zu erklären: Nur wenige Tage zuvor waren die bisherigen russischen Standard-Gondeln durch größere Modelle aus Finnland ersetzt worden – ohne daß dabei jegliche Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden. In den Unfall sind 2 Gondeln verwickelt. Als ein Zugseil reißt, rollt die untere Gondel zurück und schlägt gegen die Wand der Talstation, was einige Menschen verletzt. Währenddessen rast die obere Gondel immer schneller nach unten, ohne daß die Bremsen funktionieren. Bei Erreichen des unteren Stützmastes zerreißt die Gondel ein weiteres Zugseil, das wiederum die Gondel zerlegt, so daß die Insassen aus 20 m Höhe auf Dächer und Straßen hinunterfallen. Die betreffende Seilbahn wird daraufhin endgültig geschlossen.
Wegen fehlender Mittel zur Instandhaltung ist 2009 von ehemals einem Dutzend Linien nur noch eine einzige im Stadtteil Vake in Funktion, die zum Schildkrötensee hinauf führt und eher touristischen Zwecken dient. 2010 geht auch diese Bahn außer Betrieb. Erst im Juni 2012 wird eine von Leitner neu errichtete Seilbahn eröffnet, die den Rike-Park mit der Nariqala-Festung verbindet, dabei über die Vere-Schlucht führt und ebenfalls primär touristischen Ziele dient.
Aus den 1990er Jahren stammen die Seilbahn Taormina-Mazzarò in Italien, die seit 1993 die Altstadt mit den Badestränden verbindet – sowie die 1995 eröffnete Skyrail Rainforest Cableway zwischen Cairns und Kuranda in Australien, die von Anfang an als reine Besichtigungsbahn gedacht ist: Die 7,5 km lange Seilbahn führt durch tropischen Regenwald und soll phantastische Ausblicke bieten.
Die britische Hilfsorganisation Practical Action, über deren Aktivitäten
ich bereits bei den Gravitationsbahnen berichtet
habe, arbeitet in Nepal ab 1998 auch am Bau von Kabel-Flußüberquerungen
(Tuin). Die erste große Seilbahn in diesem Land soll
bereits in den 1920er Jahren installiert worden sein,
gefolgt von einem verbesserten und erweiterten System im Jahr 1964.
Über diese habe ich bislang noch nichts finden können.
Die muskelbetriebenen Tuins dagegen sind eine indigene Technologie und bilden eine der häufigsten Methoden für Flußüberquerungen in den hügeligen Regionen des ländlichen Nepal. Es gibt mehr als 6.000 Flüsse in Nepal, die meisten von ihnen ohne Brücken oder andere Hilfen zum überqueren. Und jährlich sterben Menschen, die dies während der Monsunzeit trotzdem versuchen.
Practical Action optimiert die Tuin-Technik, ohne sie zu verkomplizieren, und testet sie erstmals im Dorf Mahestar, etwa 60 km westlich von Kathmandu. Inzwischen sind alleine entlang des Flusses Trisuli schon mehr als 15 Tuins in Betrieb, von denen jeder rund 50 Haushalten dient. Es muß nur immer jemand auf der anderen Seite sein, um am Seil zu ziehen.
Auch die seit 1996 bestehende Firma Ecosystems Pvt. Ltd. von David und Haydi Sowerwine mit Standort in Afuldol, Lalitpur, südlich der Stadt Katmandu, beschäftigt sich mit dem Bau von Seilbahn-Flußüberquerungen im Nepal, die in diesem Fall allerdings TarPul genannt werden (tar = Seil, pul = Brücke) und im Durchschnitt 15.000 $ pro Stück kosten. Bis zum Jahr 2005 hat das Unternehmen mit privaten und öffentlichen Hilfsgeldern bereits 32 verschiedene TarPuls mit Längen zwischen 47 m und 172 m installiert, weitere sind in Arbeit oder Planung.
Das Unternehmen beschäftigt sich auch mit einer pedalbetriebenen Hängebahn (TarBato), die ich unter den Einschienenbahnen bereits vorgestellt habe (s.o.). Dieses System basiert auf den ursprünglich in Costa Rica entstandenen, sehr erfolgreichen und inzwischen weltweit verbreiteten kleinen, zumeist unmotorisierten Transportseilbahnen, mit denen auf Bananenplantagen die abgeernteten Stauden schnell und einfach zu den Verladestationengeschafft werden. Die hängenden Stauden, deren Transport damit äußerst schonend erfolgt, werden manuell an den Seilbahnen entlang gezogen. In Costa Rica gibt es übrigens in dem 1978 gegründeten Nationalpark Braulio Carillo eine kleine Djungelseilbahn, aus der man die verschiedenen Vegetationszonen und Höhenstufen des tropischen Regenwaldes erleben kann.
Das Jahr 1998 ist mit einer weiteren Seilbahn-Katastrophe
verbunden – ausgerechnet in dem südtiroler Ort Cavalese, Italien, wo
schon 1976 beim Riß eines Tragseils eine Kabine 50
Meter tief stürzte und bis auf eine 14jährige alle 43 Insassen starben.
Nun gerät die zum Monte Cermis führende Luftseilbahn sogar in die internationalen
Schlagzeilen, als im Februar 1998 ein US-amerikanisches
Kampfflugzeug im Tiefflug das Tragseil der Seilbahn 110 m über dem
Boden durchtrennt. Die daran hängende Gondel stürzt in die Tiefe, was
zum Tod der 20 Insassen führt, während das Flugzeug beschädigt zum
Luftwaffenstützpunkt Aviano Air Base zurückkehren kann.
Im Jahr 1999 wird in Künzelsau, Baden-Württemberg, das Wohngebiet Taläcker mit dem Stadtzentrum durch eine Standseilbahn verbunden. Die Künzelsauer Bergbahn ist als Linie 31 in den Verkehrsverbund Nahverkehr Hohenlohekreis (NVH) integriert, der seit dem Jahre 2005 tariflich zum übergeordneten Heilbronner Hohenloher Haller Nahverkehr (HNV) gehört.
Mitte 2001 geht eine von Poma-Otis gebaute Abenteuer-Seilbahn
namens SkyTrail in Betrieb, die ausgehend vom Hotel
über Trees of Mystery auf einer Strecke von 470 m, die durch das Zentrum
des Redwood Nationalparks an der Nordküste Kaliforniens führt, die
Mammutbäume aus nächster Nähe erlebbar macht.
Ebenfalls etwas Besonderes ist der in den Jahren 2002/2003 durch POMA erbaute Vanoise Express in Savoyen, Frankreich. Die zwei unabhängigen, parallelen Seilbahnsysteme haben jeweils zwar nur eine Kabine – die allerdings zwei Stockwerke hat und 200 Personen plus den Kabinenbegleiter faßt. Es sind die bislang größten zweistöckigen Kabinen der Welt.
Die Scenic Skyway, eine seit 2004 betriebene Luftseilbahn des privat betriebenen Touristenkomplexes Scenic World in den australischen Blue Mountains südwestlich von Katoomba, New South Wales, die in etwa 270 m Höhe horizontal über eine Schlucht des Jamison Valley hin- und herfährt. In die Kabine der Bahn passen 84 Personen.
Eine weitere hauptsächlich touristische Seilbahn, die sich ca. 2 km lang entlang der Halbinsel bzw. über den Strand von Mamaia in Rumänien erstreckt, ist die Mitte 2004 gestartete Telegondola. Sie führt in einer maximalen Höhe von 50 m vom Ortsanfang von Constanța über dem Aqua Magic Park bis etwa zur Mitte des Langstrands.
Im Jahr 2003 wird im VW-Werk Bratislava die Autoseilbahn Bratislava in Betrieb genommen, die einzige Luftseilbahn der Welt, auf der regelmäßig Automobile von der Montagehalle zur Teststrecke transportiert werden. Die Doppelmayr-Seilbahn ist insgesamt 455 m lang und überquert unter anderem eine Eisenbahnlinie. Zum Transport stehen acht Transportplattformen zur Verfügung, die mit 10 km/h bewegen, pro Stunde können 67 Fahrzeuge transportiert werden.
Und wie es bei Bundesgartenschauen inzwischen anscheinend Usus ist, wird 2005 auch in München eine Seilbahn errichtet. Diese war zuvor auf der IGA 2003 in Rostock aufgebaut und wird von der Skyglide Event Deutschland GmbH, einer 100 %-igen Tochter der Doppelmayr-Gruppe, in nur 4,5 Monaten für die BUGA adaptiert und neu aufgebaut. Die 8plätzige Gondel-Seilbahn führt auf einer Gesamtlänge von knapp 3 km und einer Höhe von bis zu 28 m im Dreieckskurs über BUGA-Gelände und kann bis zu 2.500 Personen pro Stunde und Richtung befördern. Nach Ende der BUGA werden 40 % des verwendeten Materials für den Bau einer Seilbahn am Ski-Ort Steibis im Bayerischen Allgäu verwendet, die dort einen 54 Jahre alten Sessellift ersetzt.
In regem Betrieb sind auch die Metrocable-Linien K, J und L der seit 1996 bestehenden Metro de Medellín, der einzigen Hochbahn Kolumbiens. In den Jahren 2004, 2007 und 2010 werden dem städtischen Nahverkehrsnetz drei Seilbahn-Linien hinzugefügt, wobei die jüngste Linie L, die zum Parque Natural Arví auf einem Hochplateau führt, speziell für den Tourismus gebaut wird und nicht in das städtische Metro-Netz integriert ist - um gesondert kassieren zu können. Was auch nötig ist, denn die Hochbahn Medellín ist mit umgerechnet ca. 1,23 Mrd. € verschuldet (Stand 2013).
Obwohl die Metro Cable in der Hauptverkehrszeit oft überlastet ist, ist das geordnete Verhalten der Fahrgäste auffällig, und es gibt auch keine Vandalismusschäden, Graffiti oder mutwillige Verschmutzungen. Das Wort ‚Cultura Metro’ ist in Medellin schon ein fester Begriff und steht für den pfleglichen Umgang der Bürger mit öffentlichem Eigentum. Um dem Nachdruck zu verleihen, wird die Metro von Soldaten mit Gummiknüppeln bewacht (es besteht die Möglichkeit seinen Wehrdienst bei der Metro zuleisten).
Eine ganz spezielle Luftseilbahn ist die Portland Aerial Tram in Portland, Oregon. Sie verbindet den südlich des Stadtzentrums gelegenen Stadtteil South Waterfront mit der Oregon Health and Science University auf dem oberhalb der Stadt gelegenen Marquam Hill.
Die Seilbahn wird im Dezember 2006 exklusiv für das Klinikpersonal und die Studenten eröffnet, zwei Monate später aber auch für das allgemeine Publikum.
Die im selben Jahr eröffnete und 5,7 km lange Ngong Ping 360 in Hongkong, die den Stadtteil Tung Chung an der Nordküste von Lantau Island – mit einem Naturpark im Zentrum – mit dem Ngong Ping Plateau verbindet, auf dem sich der ‚Big Buddha’ befindet, ist wiederum eine Besichtigungsbahn, wobei aber auch ein Besuch beim Buddha möglicherweise heilende Aspekte haben kann.
Weiter mit den Innerstädtischen Seilbahnen...