allTEIL C

MICRO ENERGY HARVESTING

Mechanische Systeme

Weitere Technologien (I)


Zu diesen gehört z.B. der große Bereich der Energie-Rückgewinnung, den ich jedoch weitgehend unterteilt habe. So wird die Wärmerückgewinnung gesondert behandelt, während die dieversen Methoden zur Rückgewinnung von Bewegungsenergie oben bereits ausgeführt wurden. Die bislang am häufigsten umgesetzten Technologien betreffen die Rückgewinnung von Bremsenergie, die deshalb im Kapitel zur elektrischen Mobilität aufgeführt wird.

Nur als Beispiel sei an dieser Stelle erwähnt, daß es neben der Vielzahl kommerzieller Systeme auch Sonderanwendungen gibt - wie beispielsweise für die Formel 1. So gibt die Firma Freescale Semiconductor im November 2008 bekannt, daß man in Zusammenarbeit mit McLaren Electronic Systems ein regeneratives Bremssystem entwickelt, das dem Wagen beim Beschleunigen zusätzliche Kraft verleiht und bereits in der Rennsaison 2010 zum Einsatz kommen soll.


In diesem Kapitelteil werden nun diverse, zum Teil äußerst interessante Technologien und Konzepte aufgeführt, die sich gegen eine Zuordnung zu den vorangegangenen Bereichen sträuben.

Dazu gehört beispielsweise eine Technik die belegt, daß man die langsame Abwärtsbewegung fester Massen energetisch gut nutzen kann, und dies sogar in industriellem Maßstab. Bewieses wird dies anhand der 3.200 m hoch in den Anden gelegen Kupfermine Los Pelambres, Chile, die mit Automatisierungs- und Antriebslösungen von Siemens ausgestattet ist. So erzeugt das 13 km lange abwärtsfördernde Bandanlagensystem für Kupfererz eine große Menge an elektrischer Energie, die in das Netz eingespeist wird.

Ab einer bestimmten Beladung arbeiten die Antriebe der Bandanlage im Generatorbetrieb, wodurch die potentielle Energie des abgebauten Kupfererzes in Strom umgewandelt wird. Bei seiner nominalen Beladung erzeugt das Förderband 17 MW. 2007 beträgt die so erzeugte Strommenge 90 Mio. kWh – so daß man hier wahrlich nicht mehr von einem ‚Micro Energy Harvesting’ sprechen kann (ich wüßte allerdings nicht, wo ich diese Energieerzeugungsmethode sonst einordnen sollte...).

Nanoröhre-Eigenoszillation

Nanoröhre-Eigenoszillation


Doch zurück zu den kleinen Dimensionen: Im August 2007 teilen Wissenschaftler des französischen Centre national de la recherche scientifique (CNRS) mit, daß sie einen ersten NEMS (Nano-Electro-Mechanical System) Stromgenerator in der Größe einiger Nanometer entwickelt haben, der die Energie für künftige Nanomaschinen liefern könnte. Bislang war dies nur in der Größenordnung der MEMS (Micro-Electro-Mechanical Systems) möglich, also im Bereich von Mikrometern.

Bei dem aktiven NEMS handelt es sich um eine oszillierende Nanoröhre aus Silizium, die ohne äußere Energiequelle ein periodisches elektrisches Signal erzeugen kann. Angestoßen durch ein elektrisches Feld, wird eine Instabilität erzeugt, die Schwingungen zur Folge hat, welche wiederum die Spannung beeinflussen und sich so aufrechterhalten.

Inspiriert werden die Forscher um Prof. Emmanuel de Langre und Olivier Doare von einem gut bekannten hydrodynamischen Phänomen: Wenn man eine Flüssigkeit durch eine elastische Röhre oder einen Schlauch preßt, erzeugt dies eine kräftige Oszillation – wie man sie von einem umherhüpfenden Gartenschlauch kennt.


Der Schweizer Uhrenhersteller Ulysee Nardin entwickelt in Zusammenarbeit mit der europäischen Gesellschaft SCI Innovations das weltweit erste mechanische Mobiltelefon, dessen Stromversorgung auf einem mechanischen Rotor basiert, wie er bislang automatischen Uhren vorbehalten war. Entsprechend hoch ist auch der Preis.

Bei der ersten Vorstellung des Chairman genannten Smartphone auf der Baselworld 2008 Armbanduhr-Messe erwartet das Unternehmen 300 bis 400 Vorbestellungen – tatsächlich gehen jedoch über 8.000 Vorbestellungen ein. Und dies, obwohl bis dato noch nicht viele Details zu erfahren sind. Bekannt wird nur, daß der Chairman einen integrierten Akku enthält, der die kinetische Energie des Rotors speichert. In seiner Gestaltung integriert das Gerät diesen Rotor so, daß er an der Rückseite des Telefons gut sichtbar ist.

Einem Bericht vom Juni 2010 zufolge wird das GSM 3G Handy mit 32 GB internem Speicher, einem 3,2-Zoll-Touchscreen-Display aus Saphirglas und einem Daumenabdruck-Leser auf der Vorderseite für die individuelle Entriegelung zu Preisen von 12.000 - 50.000 $ angeboten. Eine Deluxe-Sonderedition namens Diamond, die mit mehr als 3.000 handgeschnittenen 17-karätigen Diamanten geschmückt ist, schlägt mit rund 130.000 $ zu Buche. Trotzdem besteht aufgrund der hohen Nachfrage eine siebenmonatige Wartezeit dafür.

Da Ulysse Nardin von jedem Design nur 1.846 Kopien macht (eine Hommage an das Gründungsjahr des Uhrmachers, 1846), ist die erste Partie, ein mitternachtsschwarzes Modell mit Edelstahl, das Mitte Januar 2012 ausgeliefert wird, schon einen Monat später ausverkauft.


Im Juli 2017 erscheint auf Kickstarter das Projekt einer Smartwatch namens Sequent, die über die Bewegungen des Trägers betrieben wird. Dahinter steht das gleichnamige Schweizer Start-Up Sequent Ltd. aus Zug. Die Smartwatch, die sich für umgerechnet 136 € vorbestellen läßt, verfügt über ein analoges Ziffernblatt, neben den inzwischen wohl als Standard geltenden Funktionen wie Kopplung mit dem Mobiltelefon, optischer Pulsmesser, GPS Modul usw.

Die Technik, mit der die kinetische Energie abgegriffen wird, entspringt einer Zusammenarbeit mit der Firma Kinetron: Im Inneren der Uhr pendelt bei Bewegung ein rundes Gewicht, das mit Zahnrädern verknüpft ist. Ein sogenanntes Micro Generator System generiert daraus Energie, die in einem Akku gespeichert wird.

Die anvisierte Summe von 80.000 SFr wird schnell überschritten – und bis zum Ende der Kampagne kommen von fast 4.000 Unterstützern über 1 Mio. SFr zusammen. Die ersten Exemplare der Sequent werden im Dezember 2017 ausgeliefert. Einige Jahre später folgen die Modelle Supercharger und Supercharger 2, die ebenfalls durch Kickstarter-Kampagnen finanziert. Eine kinetisch betriebene Smartwatch war übrigens schon im Februar 2015 von Swatch angekündigt worden, kam damals aber nicht auf den Markt.

Atlas Kinetik Grafik

Atlas Kinetik
(Grafik)


Auf einem ähnliches Konzept basiert auch die aus Aluminium und Glas bestehende Designstudie Atlas Kinetik des Designers Ricardo Baiao aus der Umgebung von Lissabon, Portugal, die im Februar 2008 in den Blogs vorgestellt wird.

Das Handy, dessen Energieversorgung ebenfalls über kinetische Energie erfolgen soll, ist ein simples Telefon ohne MP3-Player, Kamera, WLAN, Browser und ähnlichen Multimedia-Schnickschnack, der den Akku nur unnötig belasten würde. Stattdessen steckt ein rotierendes Gewicht im Inneren der Konstruktion aus Glas und Alu, das bei Bewegungen einen Generator antreibt und die Energie im integrierten Akku speichert.

Geht dem Atlas Kinetik der Saft aus, muß man es nur etwas schwenken und schütteln – schon kann man wieder telefonieren. Leider handelt es sich dabei bislang nur um eine Studie.


Ein weitere Designstudie für ein zukünftiges zusammenklappbares Handy, das ebenfalls mit kinetischer Energie betrieben wird, präsentiert im April 2009 der japanische Konzern Kyocera.

Das von der Industriedesignerin Susan McKinney entworfene EOS-Handy besteht aus einer nachgiebigen, halbsteifen Polymer-Hülle, die das flexible OLED-Display umgibt. Beim Aufklappen tritt zusätzlich eine QWERTY-Tastatur zum Vorschein.

Seine Energie erhält das EOS durch menschliche Interaktion, etwa durch das Auf- und Zuklappen. Je mehr es also benutzt wird, desto mehr kinetische Energie wird freigesetzt, die in einem piezoelektrischen Generator von Nano-Größe in Strom umgewandelt wird und den Akku des Handys lädt.

Genauere technische Details sind noch nicht bekannt, auch wann und ob die Handy-Studie die Marktreife erreicht, bleibt abzuwarten. Bislang ist davon jedenfalls noch nichts zu sehen.


Im Juni 2010 präsentieren die Blogs eine seltsame Vorrichtung, die von den brasilianischen Designern Martina Pagura und Pedro Nakazato Andrade im Rahmen eines zweiwöchigen Workshops zu tragbaren Kleidungsstücken, die interaktiv auf Umweltveränderungen reagieren, entwickelt wird.

Bei dem W/Air handelt es sich um eine ,atmende Halskette’, die Kohlendioxid aus der Luft filtert, in einer Kartusche speichert und in Strom umwandelt, um ein Mobiltelefon oder einen tragbaren Musik-Player mit Strom zu versorgen.

W/Air überwacht auch die Qualität der Umgebungsluft. Erreicht die Schadstoffbelastung eine Spitze, ertönt aus der Maske ein Alarm, um ihrem Träger zu sagen, daß es Zeit ist die Nasen/Mund-Haube vor das Gesicht zu ziehen. Dann pumpt die Maske lebenswichtigen Sauerstoff hinein, während sie gleichzeitig Kohlendioxid aus der Atmung und Umwelt einlagert.

Kanaldeckel von unten Grafik

Kanaldeckel von unten
(Grafik)


Ebenfalls Gase nutzen und diese in Strom verwandeln soll ein Kanaldeckel, dessen Konzept die Designer Wang Yi und Ji Ze im März 2012 vorstellen.

Nach Angaben der Innovatoren neigen Methan und andere schädliche Gase dazu, sich im Laufe der Zeit zu konzentrieren, was möglicherweise zu Explosionen führt – weshalb der autonome Kanaldeckel auch rot zu blinken beginnt, sobald er gefährliche Werte detektiert.

Der ,intelligente Kanaldeckel’ ist aber nicht nur in der Lage, Autofahrer und Fußgänger vor Methan- und Schadgaskonzentrationen in den Leitungen unter der Straße zu warnen – sondern er kann das Methan aus dem Untergrund auch zu seiner eigenen Stromversorgung einsetzen.

Zudem existiert im Inneren die entsprechende Hardware, um die kinetische Energie von Autos und Menschen zu erfassen, die darüber fahren und laufen, und diese ebenfalls als Strom zu speichern. An seiner Unterseite besitzt der Deckel eine normale Steckdose, sodaß Arbeiter, die unter der Erde oder in der Nähe tätig sind, den Strom dann für ihre Ausrüstung verwenden können. Bislang ist die Idee jedoch nicht verwirklicht worden.


Ebenfalls im März 2012 zeigt das Chung-Shan Institute of Science and Technology (CIST) auf einer Ausstellung im Lung-Yuan Research Park in Taoyuan, einem Bezirk im Norden von Taiwan, drei neue Energie-Kreationen.

Neben einem durch Solarenergie und Wärmerückgewinnung angetriebenen Dünebuggy sowie einer unterbrechungsfreien Stromversorgung wird eine mobile Hühnchen-Braterei präsentiert, welche die Abgase aus dem Bratvorgang in Strom umwandelt, um damit den Bedarf des Wagens für seine Beleuchtung, das Filtern des Küchenqualms und die Versorgung des Schutzsystems und der Werbetafeln zu decken.

Die Idee für den Wagen entstammt dem Stromerzeugungsprozeß durch die Rückgewinnung der Wärme, die von Militärfahrzeugen emittiert wird. Dem CIST zufolge kostet das Hühnchen-Wagensystem, das auch dabei hilft, die Abgase zu reduzieren, knapp 1.700 $.


Eine sehr sinnvolle Umsetzung, die auch im März 2012 erstmals in den Blogs erscheint, stammt von dem 2010 gegründeten Startup Aperia Technologies Inc. in Burlingame, Kalifornien. Hinter dem Unternehmen stecken die beiden Ingenieure Josh Carter und Brandon Richardson, die sich an der Stanford-Universität kennengelernt haben, als sie dort ihre Master-Abschlüsse machten.

Der Halo Tire Inflator ist ein neues Gerät, das die Umdrehungen eines Reifens nutzt, um diesen selbsttätig auf einem optimalen Niveau aufgeblasen zu halten – was bei großen Fahrzeugflotten durch die Verringerung Reifenrollwiderstands zu beträchtlichen Kraftstoffeinsparungen führen kann. Das Teil in einem Reifen zu installieren, dauert nur 5 – 10 Minuten, eine Wartung ist danach nicht erforderlich.

Nachdem die Firma im Jahr 2011 Investitionsmittel von dritter Seite bekommt, folgen im gleichen Jahr die ersten Feldtests. 2012 und 2013 wird die Entwicklung weiter optimiert, zusammen mit Flottenbetreibern werden Langzeittests durchgeführt und es werden Patente angemeldet, z.B. ,Tire inflation system’ (US-Nr. 8.763.661, angemeldet 2011, erteilt 2014); ,Energy extraction system’ (US-Nr. 9.080.565, 2013/2015) oder ,Passive pressure regulation mechanism’ (US-Nr. 9.222.473, 2013/2015).

Als das automatische Reifenfülldruck-Gerät 2014 auf den Markt kommt, verspricht das Unternehmen bei Traktoren und Lastwagen jährliche Einsparungen von bis zu 2.400 $.


Überraschenderweise – denn bislang ist diese Institution erst ein einziges Mal in Erscheinung getreten (bei den Blitzen) – erfährt man im November 2012, daß Wissenschaftler der Freien Universität Berlin zeigen konnten, wie Energie aus der stochastische Bewegung einzelner Wasserstoffmoleküle extrahiert werden kann, um eine ,mechanische Maschine’ anzutreiben.

Dem Team um Prof. Felix von Oppen gelingt es, zufällige Fluktuationen, denen viele Vorgänge in der Natur unterliegen - wie etwa der Strömung von Flüssigkeiten oder elektromagnetischer Strahlung, und die oftmals als ,Rauschen’ bezeichnet werden -, auf künstliche Nanostrukturen zu übertragen. Die Forschungsergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten zur Entwicklung molekularer Motoren.

In ihrem Versuch können die Wissenschaftler mit der stochastischen Bewegung – dem Rauschen – eines einzelnen Wasserstoffmoleküls periodische Oszillationen einer makroskopischen Stimmgabel antreiben, was bedeutet, daß das kleinste Molekül der Elemente eine 1.019 mal größere Masse in Schwingung versetzen kann.

Das FU-Experiment beruht auf dem Prinzip der Stochastischen Resonanz, nach dem das Zusammenspiel der zufälligen Bewegung des Wasserstoffmoleküls mit der periodischen Bewegung des Oszillators zu einer verstärkten Energieübertragung von Molekül zu Oszillator führt. Hierzu wird das Wasserstoffmolekül in einer winzigen Lücke zwischen einer flachen Metalloberfläche und der atomar scharfen Drahtspitze eines Rasterkraftmikroskops eingeschlossen, die an einer Stimmgabel angebracht, deren genaue Frequenz von Kräften auf der Nanometerskala abhängt.

Die stochastische Bewegung des Moleküls übt eine antreibende Kraft auf die Spitze aus, während die Oszillation der Stimmgabel (und damit der Spitze) wiederum die Moleküle in Bewegung versetzt. Dieses Wechselspiel führt zu einem gemeinsamen ,Tanz’ von Molekül und Spitze, bei dem sich die Schwingung der Stimmgabel weit über die Ausdehnung der Moleküle hinaus aufschaukelt.

Die stochastische Bewegung der Moleküle wird im Experiment durch einen aufgeprägten Stromfluß zwischen Spitze und Metalloberfläche ausgelöst, doch prinzipiell sind auch andere Anregungsmechanismen denkbar, etwa Licht. In der Natur ist die Energieumwandlung via Stochastischer Resonanz auch von molekularen Maschinen in der Zelle bekannt. Nun sollen weitere Quellen molekularen Rauschens wie elektronische oder magnetische Fluktuationen gefunden werden, um die Effizienz der Energieübertragung auf den mechanischen Oszillator zu optimieren.

Disney-Papierstromgenerator

Papierstromgenerator
von Disney


Im Oktober 2013 meldet die Presse, daß Experten des Forschungs- und Entwicklungslabors Disney Research Pittsburgh eine Technik entwickelt haben, bei der Energie gewonnen wird, indem einfach auf einem Stück Papier gerieben wird. Die Energie-Harvester sind flexibel, leicht und preiswert, und sie nutzen – ja nach Ausführungsform – Gesten des Benutzers wie Klopfen, Berühren, Reiben oder Gleiten um die Energie zu erzeugen.

Der Papierstromgenerator basiert auf Elektreten aus PTFE (Teflon), die eine quasi-permanent gespeicherte elektrische Ladungen enthalten. Reibt man ein mit einer leitenden Tinte bedrucktes Papier auf dem negativ geladenen Teflon, generiert man damit eine schwache Spannung. Als Zwischenspeicher wird ein kleiner Kondensator verwendet.

Damit ließe sich beispielsweise der Strom gewinnen, um Kinderbücher interaktiv zu machen, bei denen LEDs angehen, ein kleines Display Texte und Animationen zeigt und vieles mehr. Mehr über Geräte auf der Grundlage von Elektreten findet sich im Kapitelteil Elektrostatik.


Und um im Zusammenhang zu bleiben: Über die Entwicklung einer ähnlichen Technik wird im Juli 2015 berichtet. Diesmal sind es ein internationales Forscherteam um Liangbing Hu von der University of Maryland und Jun Zhou von der University of Science & Technology im chinesischen Wuhan, dem ein großer Schritt in Richtung in Papier eingebetteter Elektronik gelingt.

Das Team entwickelt ein Elektronik-Gerät, das aus Nanopapier besteht und selbst mit Strom versorgt, indem Energie über das Prinzip der elektrostatischen Induktion gewonnen wird. Wird das Papier zusammengedrückt und losgelassen, fließt entsprechend Strom. Nanopapier ist ein verstrickte Matte aus Cellulosefasern, die nur Nanometer breit sind, statt Mikrometer groß, wie in normalem Papier.

Die feineren Fasern machen das Nanopapier transparent und auch glatt wie Kunststoff, wodurch es ideal zur Abscheidung von ultradünnen Schichten elektronischer Materialien für Schaltungen wird. Verschiedene Teams haben bereits organische Leuchtdioden, Transistoren und Antennen auf Nanopapier gemacht. Diese Geräte benötigen jedoch alle eine externe Stromquelle.

Für ihren funktionsfähigen Nano-Generator versehen die Forscher zwei Lagen des Nanopapiers mit Kohlenstoff-Nanoröhren als Elektroden und bedecken zusätzlich einen der beiden Nanopapier-Bögen mit einer nur 30 µm dicken Schicht des transparenten Kunststoffs Polyethylen (PE), der zuvor in einem Hochspannungsfeld negativ geladen wurde. Beim Übereinanderstapeln der Nanoschichten fungiert die Polyethylen-Schicht als Trennung. Zwischen der PE-Schicht und dem Nanopapier befindet sich außerdem eine dünne Luftschicht, die wiederum für die Trennung der Ladung elementar wichtig ist.

Wird das Nanopapier zusammengedrückt, verringert sich der Luftspalt, so daß sich die negativ geladene PE-Schicht dem unteren Nanopapier-Bogen nähert, wodurch ein Ungleichgewicht innerhalb der Ladungen erzeugt wird. Da das Material versucht, das Ungleichgewicht aufzuheben und wieder ein Ladungsgleichgewicht herzustellen, stellt sich ein Stromfluß ein, der über die auf dem Papier angebrachten Leiterbahnen abgeführt und für den Betrieb eines LCD-Displays oder ähnliches genutzt werden kann.

Bei den ersten Tests wird ein 2 x 2 cm großes transparentes Stück Nanopapier mehrfach gedrückt, wodurch sich tatsächlich ein kleines und wenig Strom benötigendes LCD-Display betreiben läßt. Das stromproduzierende Nanopapier, das den Forschern zufolge ohne Verluste mehr als 54.000 Zyklen von Drücken und Loslassen übersteht, sei sehr attraktiv für die Massenproduktion und würde auch eine umweltfreundliche Entsorgung erlauben.


Im August 2017 veröffentlichen Prof. Ramses V. Martinez und seine Kollegen der Purdue University den Bericht über die Entwicklung eines neuen medizinischen Diagnosegeräts aus Papier, das Biomarker erkennt und Krankheiten durch elektrochemische Analysen identifiziert, die nur durch die Berührung des Benutzers ausgelöst werden. Es soll ungeschulten Menschen in abgelegenen Dörfern dabei helfen, eine Vielzahl von Krankheiten zu testen, ohne daß sie eine Stromquelle, sauberes Wasser oder zusätzliche Geräte benötigen.

Die batterielosen elektrochemischen Geräte auf Papierbasis (self-powered, paper-based electrochemical devices, SPEDs) sind kostengünstig, leicht, flexibel und einfach zu bedienen. Die unterste Schicht des SPED ist ein triboelektrischer Generator (TEG), der den für die Durchführung des diagnostischen Tests erforderlichen elektrischen Strom durch einfaches Reiben oder Drücken erzeugt.

Die Forscher entwickeln zudem ein kostengünstiges Handgerät, einen so genannten Potentiostaten, der einfach an den SPED angeschlossen wird, um die farbcodierten Testergebnisse vorzulesen, so daß diese für Laien leicht zu verstehen sind. Und auch die Batterie des Potentiostaten kann mit dem im SPED eingebauten TEG wieder aufgeladen werden.

 

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