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Angesichts ihrer Kraft könnte man fragen, ob die mehr als drei Millionen Blitze,
die weltweit pro Tag am Himmel aufleuchten, in einem Kapitel über Mikro-Energie
an der richtigen Stelle stehen. Da sich die bisherigen Erfolge jedoch
auf relativ geringe Mengen geernteter Blitz-Energie beschränken, werde
ich die Angelegenheit (vorerst) hier behandeln.
Inspiriert durch die wegweisenden Experimente von Franklin und Dalibard
(s.o.) beginnen die Naturphilosophen und Elektriker des achtzehnten
Jahrhunderts in sogenannten ,electrical cabinets’ mit Gewitter-Strom
zu spielen. Dies sind kleine Pavillons, in die das untere Ende eines
Blitzableiters oder eines Drahtes geführt wird, der an einem Drachen
hängt.
Der deutschbaltische Physiker Prof. Georg Wilhelm Richmann aus Petersburg, der gemeinsam mit dem russischen Universalgelehrten Michail Lomonossow auch die Ursachen der Reibungselektrizität erforscht, wird im Jahr 1753 zum ,ersten Märtyrer der Elektrizität’, als er vor und während eines Gewitters mit Hilfe einer Eisenstange, an deren Ende ein Elektrometer installiert ist, die elektrische Aufladung der Atmosphäre untersucht – und beim Ablesen des Geräts von einem Blitz getötet wird, der in die Eisenstange einschlägt.
Energiereiche künstliche Blitze erzeugt als erster der berühmte Nikola Tesla. In seinen Aufzeichnungen berichtet er zudem von Kugelblitzen in seinem Labor.
In den späten 1920er Jahren gibt es eine Reihe weiterer
Experimente, bei denen versucht wird, die atmosphärische Elektrizität
praktisch zu nutzen. An der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin
(heute: Humboldt-Universität) entscheiden sich die Physiker Arno
A. Brasch, Fritz Lange und Kurt Urban,
die Hochspannung (und nicht die Energie) des atmosphärischen Feldes
für ihre Pionierarbeit in der Kernphysik zu nutzen: die Spaltung von
Atomkernen mit Hilfe von Blitzentladungen.
Im Rahmen eines Projektes zur Erforschung der Luftelektrizität, das von der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft unterstützt wird, unternehmen die drei Wissenschaftler im Tessin, der an Blitzen reichsten Gegend Europas, Hochspannungsversuche mit ebendiesen Blitzen.
Auf dem Monte Generoso zwischen der Schweiz und Italien, wenige Kilometer südlich von Lugano, beginnen die Berliner im Sommer 1927 mit der Installation des ersten Blitzfängers. Dieser besteht aus einem 400 qm großen metallischen Netz, das an einem 800 m langen isolierten Kabel, welches ein ganzes Tal überspannt, 80 m über dem Boden des Tales hängt. Allerdings wird die zu Meßzwecken installierte Funkenstrecke von fast 5 m Öffnungsweite bei der Annäherung von Gewittern mühelos überschlagen – und ist für Meßzwecke mithin nutzlos.
Im folgenden Jahr werden daher eine bessere Antenne und eine größere Funkenstrecke installiert, wodurch man auf bis zu 18 m Schlagweite kommt, was etwa 16 Millionen Volt entspricht. Der mehrfache Abriß von Stahlkabeln, Entladungen, Blitztreffer während der Montagearbeiten und schließlich der tödliche Absturz von Kurt Urban beim Aufspannen eines Drahtnetzes im August 1928 erzwingen den Abbruch des Vorhabens. Brasch und Lange setzen ihre Forschung im Hochspannungs-Labor der AEG Berlin fort.
Ein Blitz ist nichts anderes als ein dichte Ansammlung
positiver und negativer Ladungen, die mehr als 5.000°C heiß und Plasma
genannt wird. Schon seit Ende der 1980er Jahre wird
ernsthaft versucht, diese Energie technisch nutzbar zu machen. Dabei
werden verschiedene Ansätze verfolgt und teilweise auch getestet: die
Herstellung von Wasserstoff; schnell erhitztes Wasser zur Stromerzeugung
nutzen; oder einen Teil der Energie durch Induktoren einfangen.
In einem einzelnen Blitz entlädt sich elektrische Energie von ca. 5 Milliarden Joule – was gerne mit dem Energiegehalt von rund 150 Litern Benzin verglichen wird. Neben dem Umstand, daß Blitze nur sporadisch auftreten, sind sie auf eine kleine Stelle konzentriert und geschehen während einer extrem kurzen Zeitperiode von nur wenigen Mikrosekunden. Eine Technologie, welche die Energie von Blitzen nutzt, muß diese also in einer sehr kurzen Zeitspanne speichern können.
Einige der auftretenden Probleme bestehen darin, daß sich die Kraft der Blitze immer wieder ändert. Zu hohe Energiemengen zerstören jedoch die Speicher, während sich zu niedrige kaum sinnvoll speichern lassen. Zudem müssen die extrem hohen Spannungen in speicherbare, niedrigere Spannungen umgewandelt werden.
Ein frühes Patent mit dem langen Namen ,Assembly for the induction
of lightning into a superconducting magnetic energy storage system’
stammt von Goren Mims aus Miami, Florida (US-Nr.
5.367.245, angemeldet 1992, erteilt 1994).
Eine Umsetzung ist nicht erfolgt.
Damit ein Blitz in einem vorhersagbaren Ort einschlägt, wird schon
seit einigen Jahren die Idee diskutiert, laserinduzierte Plasmen
als Blitzableiter zu verwenden. Möglich wäre dies mit ultrakurzen
Laserpulsen, nachdem Physiker der Universität Jena im
Jahr 1998 nachweisen konnten, daß innerhalb des
kilometerlangen Laserstrahls eine erhöhte elektrische Leitfähigkeit
besteht.
Seit den 1970er Jahren gelingt es zwar, Blitzschläge in Gewitterwolken auszulösen, indem kleine Raketen hinein geschossen werden, die mit der Erde verbunden lange Drähte abwickeln – doch das funktioniert in der Regel nur bei 50 % der Raketenstarts und ist zudem relativ teuer.
Bereits 1999 startet deshalb ein deutsch-französisches Vier-Jahres-Projekt, das gemeinsam von dem Centre national de la recherche scientifique (CNRS) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) durchgeführt wird. Beteiligt sind zudem die Universität Jena, die Freie Universität Berlin, die Université Lyon und die École Nationale Supérieure de Techniques Avancées in Paris. Die Finanzierung mit rund 2,5 Mio. € übernehmen die französische Agence nationale de la recherche (ANR), das französische und deutsche Außenministerien, der Fonds national suisse de la recherche scientifique und das schweizerische Secrétariat d’État à l’Éducation et à la Recherche.
Das primäre Ziel des Projekts ist allerdings die Entwicklung neuer Methoden der Fernerkundung atmosphärenrelevanter Substanzen und Parameter. Hierfür entsteht im Laufe der Folgejahre mit dem Teramobile das weltweit erste mobile Femtosekunden-Lasersystem, das Pulse von mehreren Terawatt Leistung liefert. Das insgesamt neun Tonnen schwere Equipment aus elektronischen und optischen Geräten ist in einem 6 m Standard-Frachtcontainer untergebracht.
Wie aus der 2004 veröffentlichen Dissertation von Miguel Rodríguez Langlotz an der Freien Universität Berlin zu erfahren ist (,Terawatt-Femtosekunden Laserpulse in der Atmosphäre’), gelingt es u.a. durch einen laserinduzierten Plasmakanal (LIPC) Megavolt-Blitzentladungen von bis zu 4 m Länge auszulösen und zu lenken. Damit bestätigt sich, daß ein Hochleistungslaser verwendet werden könnte, um eine ionisierte Gassäule zu bilden, die als atmosphärische Leitung für elektrische Entladungen handeln würde, um den Blitz zur Ernte direkt zu einer Bodenstation zu führen.
Eine weitere Anwendung betrifft die Blitzauslösung oder -führung, um sensible Anlagen wie Kraftwerke oder Flughäfen besser als mit den herkömmlichen Blitzableitern zu schützen. Diese beruhen noch heute auf der 1760 von Benjamin Franklin erfundenen Methode, den Blitz einzufangen und in den Boden zu leiten.
Der Experimentalphysiker Prof. Ludger Wöste von der FU Berlin, auf den die Entwicklung des Teramobile maßgeblich zurückgeht, hält sogar eine Steuerung meteorologischer Prozesse denkbar. In feuchte Luft gerichtet, kann ein kurzer Lichtimpuls Kondensation und die Bildung von Regentropfen bewirken. Das Verfahren ist das erste, das die FU als Universität zum Patent anmeldet (zuvor war es – die kostspielige – Sache der Professoren, Dozenten und wissenschaftlichen Assistenten, ihre Erfindungen anzumelden).
Zum ersten mal gezielt elektrische Aktivität in Gewitterwolken auszulösen, gelingt den Wissenschaftlern allerdings erst im April 2008, als sie von der Spitze des South Baldy Peak in New Mexico aus Laserimpulse von fünf Terawatt in vorbeiziehende Gewitter ,schießen’. Damit gelingt es zwar nicht, einen Luft-Boden-Blitz auszulösen, aber die Laserpulse erzeugen immerhin kleine lokale Entladungen in den Gewitterwolken selbst. Um im nächsten Schritt einen ausgewachsenen Blitzschlag zu erzeugen, will das Team den Laser auf Pulssequenzen umprogrammieren, aus denen langlebigere Plasmafäden entstehen. Zudem soll die Leistung der Laserpulse um einen Faktor von 10 erhöht werden.
Das Projekt veröffentlicht bis 2011 noch diverse Publikationen, über das Ernten von Blitzenergie ist aber nichts mehr zu hören.
Um das Phänomen der Kugelblitze wissenschaftlich zu
erklären und herauszufinden, ob bei ihrer Entstehung elektrische und
magnetische Felder oder chemische Energie eine Schlüsselrolle spielen,
versuchen Forscher weltweit Kugelblitze im Labor zu erzeugen und zu
vermessen. Experimentelle Ansätze sind Mikrowellen-Entladungen, elektrische
Funken, die über organische Materialien geleitet werden oder elektrische
Entladungen in Wasser.
Nachdem um das Jahr 2002 Forscher am Institut für Nuklearphysik in St. Petersburg mittels elektrischer Entladungen kugelförmige Leuchtgebilde über Wasseroberflächen produzieren, die dem Naturphänomen nahe kommen, laufen – durch die russischen Versuche angeregt – ab 2006 auch in Deutschland Untersuchungen, bei denen kugelblitz-ähnliche Plasmoide erzeugt werden.
Der gemeinsamen Arbeitsgruppe Plasmaphysik des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) in Garching und der Berliner Humboldt-Universität (HUB) unter der Leitung von Prof. Gerd Fußmann gelingt es, über einer Wasseroberfläche leuchtende Plasmabälle zu produzieren, die 0,3 – 0,5 Sekunden lang bestehen, einen Durchmesser von 10 - 20 cm haben und einen halben Meter hoch aufsteigen. Dazu werden in einem mit Salzwasser gefüllten Behälter 0,15 Sekunden lange Mikrowellen-Hochspannungsentladungen mit 50 – 130 A gezündet, nach deren Abklingen aus der Oberfläche leuchtende Plasma-Bälle emporsteigen, die aus einem ionisierten Gas bestehen.
Warum allerdings die hellen Leuchterscheinungen zustande kommen, nachdem der Strom bereits abgeklungen und die Energiezufuhr gekappt ist, ist noch alles andere als klar. Ende 2009 wird das Experiment daher ans IPP in Garching transferiert und neu konzipiert, wobei der Fokus nun auf den plasma-chemischen Prozessen liegt, aus denen das Plasmoid vermutlich seine Energie bezieht und die somit seine Lebensdauer bestimmen und zudem für den größten Teil des Leuchtens verantwortlich sind.
So entstehen aus dem Wasser bei den hohen Temperaturen um 5.000°C Hydroxid-Radikale, die wiederum mit Kalzium zu Kalziumhydroxid weiterreagieren. Diese Reaktion tritt auch in Flammen auf und führt zu einer Chemolumineszenz genannten Leuchterscheinung. Weshalb nun auch – zumindest in den Kommentaren – Überlegungen zu einer energetischen Nutzung dieses Effekts aufkommen.
Die im Jahr 2001 gegründete Firma Alternate
Energy Holdings Inc. (AEHI) aus Boise, Idaho, die sich im
Bereich grüner Energiequellen, vor allem Kernkraftwerke in den USA
(sic!), engagiert, gibt im Oktober 2006 bekannt, den
Prototyp einer Anlage entwickelt zu haben, mit der sich Blitze erfolgreich
einfangen lassen. Eine entsprechende Blitz-Farm soll in der Lage sein,
Strom für Gestehungskosten von 0,5 $-Cent/kWh zu produzieren. Bei der
Umsetzung will man nun mit der Entwicklung einer mobilen Blitz-Farm
in voller Größe beginnen, um diese in der nachfolgenden Blitzsaison
zu testen.
Die Idee zu dem System, das einen Turm zum Einfangen sowie einen Kondensator zum Speichern beinhaltet geht auf den Erfinder Steve LeRoy aus Illinois zurück, der behauptet, mit einem kleinen künstlichen Blitz eine 60 W Glühbirne 20 Minuten lang zum Leuchten gebracht zu haben. Tatsächlich kann AEHI das System, dessen Rechte von LeRoy gekauft worden waren, aber nicht zum Laufen bringen – und seit Mitte 2007 ist überhaupt nichts Neues mehr von dem Unternehmen zu hören.
Im November 2010 veröffentlicht Daniel S.
Helman an der California State University einen
Recherchebericht mit dem Titel ,Catching lightning for alternative
energy’, in welchem er die Quellen aufführt, die sich seit 1997 mit
den verschiedenen Methoden des Einfangens von Blitzen beschäftigt haben.
Dazu gehören neben der Quantifizierung von Blitzschlägen und den bereits erwähnten Methoden des Aussendens einer Rakete in einem Sturm und des Auslösens von Blitzen mit Hilfe eines Lasers auch der Vorschlag, einen Turm mit einem großen Metallhorn als Auftreffpunkt zu errichten (das sich vermutlich mit jedem Einschlag verbrauchen würde), mit einem sehr dicken Kabel, um die Energie zu übertragen. Von entsprechenden praktischen Versuchen berichtet der Autor allerdings nicht.
Das Design eines speziellen Gebäudes, welches die Energie von Blitzen
einfangen und verwerten soll, kursiert im März 2011 in
diversen Blogs. Das radikale architektonische Konzept namens Hydra stammt
von den Designern Milos Vlastic, Vuk Djordjevic, Ana
Lazovic und Milica Stankovic aus Serbien.
Der für eine Mischnutzung vorgesehene 500 m hohe Wolkenkratzer soll Energie von Gewittern ernten und in mehreren Mega-Batterien an der Basis speichern. Anschließend wird damit durch Elektrolyse Wasserstoff sowie als Nebenprodukt sauberes Wasser produziert. Als Baumaterial des Exoskeletts wird Graphen vorgeschlagen, das eine hohe thermische und elektrische Leitfähigkeit besitzt und zudem zweihundert mal stärker als Stahl ist.
Das Projekt umfaßt auch eine Forschungseinrichtung sowie Wohnungen und Erholungsbereiche für die Wissenschaftler und ihre Familien – die durch faradaysche Käfige vor den erwarteten Entladungen geschützt werden.
Ein Team um den Physiker Neil Palmer von der britischen University
of Southampton, das mit dem finnischen Handyhersteller Nokia zusammenarbeitet,berichtet
im Oktober 2013 über Versuche, ein Handy mit Blitz-Energie
aufzuladen.
Als Machbarkeitsstudie werden im Labor künstliche 200.000 V Blitze erzeugt, die durch eine lediglich 30 cm große Lücke gejagt werden und deren Energie mit einem speziellen Empfänger aufgefangen wird, der als ,kontrollierender Spannungswandler’ bezeichnet wird. Dabei gelingt es tatsächlich, mit dem Stromstoß ein Lumia-925-Smartphone aufzuladen, ohne das Handy zu zerstören. Palmer zufolge hätten die Schaltkreise des Handys „irgendwie das unruhige Signal stabilisieren können.“
Im einem Bericht vom Juni 2015 wird gemeldet, daß
es Matteo Clerici und seinen Kollegen am Institut
National de la Recherche Scientifique in Quebec gelungen ist,
die Bahn von Blitzen vollkommen zu kontrollieren – wenngleich erst
mit Zentimeter großen Entladungen.
Dies gelingt, indem die kanadischen Forscher den Laserstrahl optimieren und Speziallinsen einsetzen, um einen sogenannten Bessel-Strahl zu erzeugen. Während bei einem üblichen Laser die Wellen parallel verlaufen, kreuzen sich diese beim Bessel-Strahl mit sich selbst. Es erweist sich, daß sich der Blitz durch den im Querschnitt veränderten Laser wesentlich besser leiten läßt.
Dank des neuen Verfahrens können Blitze nicht nur in eine geradeaus verlaufende Bahn geführt werden, sondern auch die Gestalt gekrümmter Lichtbögen annehmen und sogar um Hindernisse herum geführt werden.
Deutlich einfacher sind Verfahren, bei denen die atmosphärische Ladung
direkt genutzt wird, also bevor sie sich in einem Blitz
entlädt. Siehe hierzu mehr unter dem nachfolgenden Absatz Hygroelektrizität.
Die Hygroelektrizität (o. Feuchtigkeits-Elektrizität)
ist eine Form der statischen Elektrizität, die sich an Wassertröpfchen
bildet und von diesen zu kleinen Staubpartikeln übertragen werden kann.
Das Phänomen ist in der Atmosphäre der Erde weit verbreitet, tritt
darüber hinaus aber auch bei Dampf auf, der z.B. aus Kesseln entweicht.
Die Reibungselektrifizierung von Tröpfchen wird 1840 durch Zufall entdeckt, als der Fahrer einer Dampflokomotive (die zu diesem Zeitpunkt selbst eine neue Technologie darstellt), die in einem Bergwerk in der Nähe von Newcastle im Nordosten von England arbeitet, seine Hand in der Nähe eines aus dem Kessel entweichenden Strahl von Hochdruckdampf hält und entdeckt, daß er, wenn er mit der anderen Hand den Kessel berührt, einen elektrischen Schlag erhält und einen Funken sieht.
Der Anwalt und spätere Ingenieur und Sprengkörper-Hersteller William Armstrong aus Newcastle untersucht das Phänomen systematisch, indem er den Kessel auf Beine aus Glas stellt und den Dampfstrahl auf einen isolierten metallischen Leiter lenkt. Er kann nachweisen, daß der Leiter dadurch positiv geladen wird, während der Kessel eine negative Ladung aufbaut.
Der hier abgebildete hydroelektrische Generator von Armstrong, den er bald nach der Entdeckung entwickelt, ist ungefähr 150 cm lang und 60 cm im Durchmesser. Er steht heute im Deutschen Museum in München. Eine spätere Maschine des Polytechnischen Instituts in London kann etwa 55 cm lange Funken produzieren.
Die hygroelektrische Ladung ist die wahrscheinliche Quelle der elektrischen
Ladung, die unter bestimmten Bedingungen in Gewittern, bei Vulkanausbrüchen
und bei einigen Formen von Staubstürmen auftritt und zu Blitzen führt.
Das Thema wird im August 2010 aktuell, als brasilianische
Forscher um Prof. Fernando Galembeck von der Universidade
Estadual de Campinas in Campinas über ihre Versuche berichten,
denen zufolge Paneele auf Hausdächern künftig elektrischen Strom aus
der Atmosphäre erzeugen sollen.
Die Wissenschaftler zeigen, daß sich Aluminium-Phospat-Partikel bei hoher Luftfeuchte positiv, Silizium-Partikel hingegen negativ laden. Dies beweist, daß Wasser in der Atmosphäre elektrische Ladung sammelt, umformt und an andere Materialien übertragen kann. Früher ging man davon aus, daß atmosphärische Wassertropfen stets neutral sind und dies auch bleiben, wenn sie auf elektrisch geladene Partikel treffen. Später wurde die Annahme verfochten, daß die Ladungen beim Kontakt von Wasserdampf mit Staubkörnchen entstehen. Wie das geschieht, war allerdings bis dato unbekannt.
Die entstehende hygroelektrische Ladung, wobei das Hygro für Feuchtigkeit steht, läßt sich den Wissenschaftlern zufolge in elektrischen Strom verwandeln, wobei die Technologie besonders für Gebiete mit hoher Luftfeuchtigkeit und vielen Gewittern geeignet ist. Ein positiver Nebeneffekt ihrer Anwendung sei, daß damit zugleich auch die natürliche Entladung der Atmosphäre durch Blitze verhindert oder zumindest verringert wird.
Die Brasilianer testen derzeit, welche Metalle sich für die Paneele am ehesten eignen, gehen aber davon aus, daß der Schritt zum Produkt noch in weiter Zukunft liegt. Ihre Arbeiten werden von dem National Council for Scientific and Technological Development (CNPq) und der Forschungsstiftung des Bundesstaates São Paulo (FAPESP) finanziert.
Siehe in der Einführung zu
diesem Kapitel.
Im Juli 2014 stellt ein Forscherteam des MIT ein
Konzept vor, um mit Kondenswasser Handys zu laden.
Die Wissenschaftler hatten sich ursprünglich damit beschäftigt, die Kondensation von Wasserdampf an kühlen Flächen zu verringern, welche die Effizienz von Kühlsystem vermindert und in Ländern mit einem hohen Anteil von Klimaanlagen nicht unerheblich zu höherem Stromverbrauch beiträgt. Es stellt sich heraus, daß sich der Effekt eindämmen läßt, wenn die betreffenden Oberflächen nicht nur wasserabweisende Eigenschaften besitzen, sondern superhydrophob sind.
Bereits in einem Bericht vom Dezember 2013 hatte das Team um Prof. Evelyn Wang die Entdeckung beschrieben, daß Wassertröpfchen eine elektrische Ladung erwerben, wenn sie von bestimmten Kondensorflächen wegspringen. Sie fanden damals zudem einen Weg, um diesen Effekt sinnvoll zu nutzen: Wird ein elektrisches Feld an das System angelegt, springen die Tröpfchen schneller von der Oberfläche weg. Auf diese Weise kann die Effizienz der Wärmeübertragung von der Oberfläche nahezu verdoppelt werden (electric-field-enhanced condensation).
Den superhydrophoben Zustand erreicht man, indem die Oberfläche mit einem winzigen Muster überzogen wird, das entstehende Wassertropfen sofort abstößt. Dabei besteht der Trick darin, die Oberfläche so zu verändern, daß sich nebeneinander bildende Tropfen vereinen müssen, denn dabei wird Energie frei, die zur Abstoßung der Tropfen führt. Um zu verhindern, daß die Tropfen auf die Oberfläche zurückfallen, installieren die Forscher in unmittelbarer Nähe negativ geladene Drähte, da die Tropfen im Moment ihres Absprungs eine positive Ladung erwerben.
Das neue Konzept geht nun noch einen Schritt weiter, indem es die Ladungen sammelt, um etwas Nützliches damit anzustellen. Dies geschieht mittels zwei Metallplatten, von denen die eine superhydrophob ist, während die andere Wasser anzieht, d.h. hydrophil ist und die Tröpfchen nebst der von ihnen mitgebrachten elektrischen Ladungen sammelt, nachdem sie von der ersten Platte abgestoßen wurden.
Obwohl das Ergebnis mit nicht mehr als 15 pW/cm2 recht bescheiden ist, könnte sich mit einer Kiste in der Größe einer typischen Camping-Kühltasche und einer Innenfläche von 1.500 cm2 in zwölf Stunden genug Energie erzeugen lassen, um ein Handy zu laden. Dies könnte im Outdoor-Bereich interessant sein, weil es auch nachts funktioniert, keine beweglichen Teile enthält, stabil und wartungsarm ist – und als Nebeneffekt auch noch sauberes Wasser produziert.
Die Forschung wird vom US-Department of Energy, dem Office of Naval Research und der National Science Foundation finanziert.
Im Juli 2014 kursieren in den Blogs Berichte über
eine neue Innovation namens Air HES (HydroElectric
Station), die auf den Russen Andrey Nikolaevich Kazantsev aus
St. Petersburg zurückgeht. Dabei handelt es sich um ein bodengebundenes
Luftschiff, das gleichzeitig Trinkwasser und saubere Energie produziert,
indem es ein Netz in die Höhe hievt, an dem sich Wasserdampf kondensiert.
Das gesammelte Wasser soll dann durch eine leichte Schlauchleitung
zum Boden herab geführt werden, wo es über eine Wasserturbine Strom
erzeugt.
Ein russisches Patent für das Konzept war bereits im April 2012 angemeldet worden (RU-Nr. 2500854, erteilt 2013; vgl. WO2013157991). Zudem legt das Team eine umfassende Machbarkeitsstudie vor.
Kazantsev baut einen Prototyp des Systems in kleinem Maßstab und testet diesen im Juli 2013 am Seligersee, wobei das nur einige Meter große Luftschiff in etwa 1.200 m Höhe über dem Boden pro Stunde und Quadratmeter des Netzes rund 4 Liter Wasser erzeugt. Eine Stromproduktion wird in diesem Fall nicht getestet.
Der Erfinder geht allerdings davon aus, daß sich an einem System in voller Größe, dessen Luftschiff mit einem Durchmesser von 18 m und einer Tragkraft von 3.175 kg auf einer Höhe von etwa 2.100 m positioniert und mit einem 1.000 m2 großen Netz ausgestattet wird, eine ausreichende Menge an Wasser kondensiert, um 185 kW saubere Energie zu produzieren.
Um nun einen voll funktionsfähigen Prototypen des kompletten Systems zu konstruieren, startet das Team eine Crowdfunding-Kampagne auf Indiegogo mit dem bescheidenen Ziel von 14.000 $. Leider kommen bis Ende September 2014 jedoch nur 2.926 $ von 22 Unterstützern zusammen – womit das Projekt erst einmal gescheitert ist.
Weiter mit der Verdunstungsenergie...