allTEIL C

MICRO ENERGY HARVESTING

Mechanische Systeme

StrÖmungen (II)


Im selben Jahr kann sich die Schweizer Firma Amphiro AG aus Zurich schon über die erste Bestellung freuen. Die 2009 von Thomas Stiefmeier und Thorsten Staake gemeinsam mit ihren Doktorvätern Gerhard Tröster und Elgar Fleisch als Spinoff der ETH gegründete Firma entwickelt eine Verbrauchsanzeige für die Dusche, deren Energie durch einen integrierten patentierten Mikro-Generator gewonnen wird. Der vom Wasserfluß angetriebene Generator versorgt die Elektronik mit Strom und dient gleichzeitig als Sensor für die Wassermenge.

Die vom Zürcher Energieversorger ewz eingegangene Bestellung über 6.000 Verbrauchsanzeigen kommt noch bevor die grundsätzliche Herausforderung gelöst ist: Das Ersetzen der sonst üblichen Batterie durch eine andere und ,nachhaltige’ Energiequelle. Nun werden Patente eingereicht und zahlreiche Prototypen entwickelt.

Zudem gelingt es im Jahr 2012 durch ein Projekt der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) zusammen mit der ETH Zürich und der Hochschule Luzern (HSLU) den Bereich Forschung und Entwicklung auszubauen – und mit der Firma Flextronics mit Sitz in Singapur ein Großunternehmen als Produktionspartner zu gewinnen.

Ebenfalls 2012 unterstützt das Bundesamt für Energie die erste ETH/HSLU-Studie, bei der die Wirkung von Echtzeit-Feedback auf den Verbrauch untersucht wird. Die damit belegten dauerhaften Einsparungen von 452 kWh pro Jahr und durchschnittlichem Haushalt (2,1 Personen) übertreffen deutlich die Erwartungen. Das Standardgerät amphiro a1 basic wird für knapp 70 € angeboten.

In den Folgejahren weden gemeinsam mit großen Unternehmen Pilotprojekte in der Schweiz (mit der Schweizerischen Mobiliar), in Singapur (mit dem Public Utility Board), den Niederlande (mit PWN) und Südkorea (mit KEMCO) durchgeführt, die alle die Ergebnisse bestätigen.

Eine im November Jahr 2013 gestartete Crowdfunding-Kampagne auf indiegogo, bei der 50.000 $ für die Weiterentwicklung eingesammelt werden sollen, erbringt aber nur rund ein Fünftel dieser Summe (10.841 $). Statt dessen kann Amphiro 2015 die bereits genannte Schweizerische Mobiliar als Investor gewinnen, um den Bereich Smart Home sowie den Vertrieb weiter auszubauen.

Als im Mai 2016 das Modell amphiro b1 connect als zweites Produkt auf den Markt kommt (knapp 80 €), das Daten mit Smartphones und der amphiro cloud synchronisiert, blickt das junge Unternehmen bereits auf über 30.000 verkaufte Produkte zurück – die besonders im Blick auf Kinder mit einer Eisbär-Animation auf dem Display aufwarten.

Driblet 3D-Modell

Driblet (3D-Modell)


Ein vom Einsatzzweck her fast identisches Konkurrenzprodukt aus Mexiko namens Driblet, das aber noch lange nicht so ausgereift ist wie die vorangestellten Modelle, geht auf die drei Gründer Rodolfo P. Ruiz, Carlos Mosqueda und Mario García zurück.

Auch in diesem Fall ist eine Ende 2013 durchgeführte Crowdfunding-Kampagne auf DragonInnovation nicht besonders erfolgreich: Statt der 98.000 $ als Zielvorgabe kommen bis zum Dezember gerade einmal 6.899 $ zusammen. Bis zum fertigen Produkt scheint es daher noch ein längerer Weg zu sein.


Ein interessanter Bericht im April 2011 betrifft den Prototypen einer neuen Windkraft-Technologie, der von Hyung-Jo Jung und Seung-Woo Lee vom Korea Advanced Institute of Science and Technology (KAIST) in Daejeon, Südkorea, entwickelt und gebaut worden ist. Lee leitet gleichzeitig auch die Firma TESolution Co. Ltd. (Total Engineering Solution) in Gyeonggi-do (s.u.).

Neben ihrer Nutzung in Form anmutiger Segelboote, riesiger Turbinen und hoch fliegender Drachen, kann die Windenergie auch großen Schaden anrichten und mit ihren Turbulenzen Brücken und andere Bauwerke zerstören – wofür als Beispiel immer wieder die Tacoma-Narrows-Hängebrücke aufgeführt wird, welche im November 1940 durch einen quer zur Brücke verlaufenden Starkwind dermaßen stark in eine sich aufschaukelnde Schwingung geriet, daß sie letztlich einstürzte (wakegalloping phenomenon).

Genau diese zerstörerischen Kräfte wollen die koreanischen Forscher nun verwenden, um Energie zu erzeugen, indem sie eine bestimmte Art instabiler Luftströmungen nutzen, die zylindrische Objekte in Schwingung versetzen. Wenn der Wind beispielsweise einen horizontalen Zylinder passiert, entstehen auf der Lee-Seite (d.h. der windabgewandten Seite) Wirbelströme, die im allgemeinen als Wirbelschleppen bezeichnet werden.

Diese induzieren eine Hubkraft auf einen Zylinder im Weg dieser Verwirbelungen - jedoch nur, wenn die beiden den gleichen Durchmesser haben und der zweite Zylinder 3 – 6 Durchmesserlängen von dem ersten entfernt ist. Das Gewicht des leeseitigen Zylinders wirkt dem Auftrieb entgegen, indem es ihn wieder nach unten zieht. Dadurch bewegt sich der Zylinder immer wieder auf und ab, solange der Wind bläst. Es ist diese Bewegung, die Jung und Lee als Energiequelle zu nutzen hoffen.

Basierend auf Windkanal-Versuchen, um die Bedingungen beim Auftreten des Phänomens besser zu verstehen, wird ein Prototyp aus zwei 85 cm langen und 5 cm durchmessenden Stangen aus Plexiglas, die in einem entsprechenden Abstand voneinander angeordnet sind, entwickelt und hergestellt. An dem Stab auf der Leeseite wird ein Magnet angebracht, der sich innerhalb einer Kupferspule frei bewegen läßt. Sobald sich der zylindrische Stab bewegt – und damit auch der Magnet –, wird in die Spule ein Strom induziert.

Das Team stellt fest, daß das System auch bei Windgeschwindigkeiten von 2,5 – 4,5 m/s, bei denen traditionelle Windturbinen ineffizient sind, ein Strom von etwa 370 mW erzeugt wird, was den Wissenschaftlern zufolge durch eine Optimierung der Magnete und Spulen verbessert werden könnte. Zudem versuchen sie effizienteste Größe des Geräts herauszufinden, bevor sie daran gehen wollen, es zu vermarkten.

Als eine der vielversprechendsten Anwendungen wird die Überwachung der strukturellen Integrität von Bauwerken wie Brücken oder Hochhäuser genannt, indem das neue Gerät die entsprechen drahtlosen Sensoren mit Strom versorgt. Werden genug von den Generatoren zusammen gruppiert, könnten sie aber auch Strom für die Straßenbeleuchtung einer Brücke liefern.

Die oben genannte, im Jahr 2001 gegründete Firma TESolution befaßt sich in erster Linie mit Windkanal-Test für Brücken und Gebäude sowie der Entwicklung und Herstellung aktiver Schwingungsdämpfer für diese. Daß sie sich kommerziell mit der neuen Windkraft-Technologie beschäftigt, ist noch nicht festzustellen (Stand 2016). Eine sehr ähnliche Umsetzung im Bereich der Meeresströmungen ist unter dem Namen VIVACE bekannt. Ich berichte darüber im entsprechenden Kapitelteil (s.d.).


Eine Mini-Turbine, die den Blutstrom im menschlichen Körper nutzt, um diesen in elektrische Energie umzuwandeln und damit beispielsweise Herzschrittmacher zu betreiben, wird von dem Schweizer medizintechnischen Ingenieur Alois Pfenniger im Rahmen seiner Doktorarbeit gemeinsam mit Kollegen der Berner Fachhochschule sowie der Universität Bern entwickelt, wie im Mai 2011 zu erfahren ist. Die Funktion der Turbine ist dabei im Prinzip dieselbe wie bei einem Wasserkraftwerk, schließlich verfügt das menschliche Herz über eine Leistung von 1 – 1,5 W hydraulischer Leistung.

Blutstrom-Turbine Grafik

Blutstrom-Turbine (Grafik)

Die Idee, die am Artificial Organ Center for Biomedical Engineering (ARTORG) entwickelt wurde basiert darauf, die winzige Turbine direkt in eine kleine Arterie einzubauen, die nah dem zu versorgenden Implantat liegt. Den produzierten Strom speichert ein Kondensator und gibt ihn dann an das Implantat ab. Um die Leistung des Geräts zu prüfen, wird es in einen Schlauch eingebaut und im Rhythmus des Herzens Wasser hindurch gepumpt.

Die Entwickler stellen im Rahmen der Konferenz Microtechnologies in Medicine and Biology in Luzern drei verschiedene Modelle der Mini-Turbinen vor, deren effizienteste Ausführung rund 800 µW zur Verfügung stellt. Ein allerdings noch zu lösendes Problem ist, daß durch Turbulenzen, die von der Turbine erzeugt werden, Blutgerinnsel entstehen können. Zudem muß die Form der Turbine in Computersimulationen noch optimiert und der gegenwärtig 10 mm betragende Durchmesser verkleinert werden, um in menschlichen Arterien Platz zu finden, deren Innendurchmesser nur etwa 3 mm beträgt.

Im Februar 2013 folgt ein Papier, an dem auch Rolf Vogel, Volker M. Koch und L. N. Wickramarathna beteiligt sind, das einige wesentliche Aspekte der Gestaltung und Umsetzung  von Mikrogeneratoren beleuchtet, die intrakorporale Energie verwenden. Im Gegensatz zur Strömung als Energiequelle, wird hier die Energie der arteriellen Expansion und Kontraktion abgefangen, um ein implantiertes medizinisches Gerät zu betreiben.

Nach Auswertung verschiedener potentiell realisierbarer Transduktionsmechanismen wird ein Prototyp hergestellt, der einen elektromagnetischen Übertragungsmechanismus verwendet. Dabei wird die Arterie in eine laborgefertigte, flexible Spule eingesetzt, die sich in einem Magnetfeld frei verformen kann. Außerdem wird eine theoretische Modellierung des Prototyps entwickelt, um mit den experimentellen Ergebnissen verglichen werden zu können.

In der Arbeit werden auch die Auswirkungen der Materialeigenschaften der Arterienwand auf das Energiegewinnungspotential untersucht. Zu diesem Zweck testet man zwei Arten von Arterien: einen sogenannten Penrose-Schlauch (wie er für die postoperative Drainage eingesetzt wird), der sich elastisch verhält, sowie die Arterie eines Göttinger Minischweins, die sich viskoelastisch verhält. Ein erkennbarer Unterschied kann dabei nicht beobachtet werden. Die durchschnittlich erntebare Leistung der Schweinearterie beträgt 42 nW, ein Spitzenwert wird mit 2,38 µW erreicht.

m März 2014 veröffentlicht das Team, diesmal gemeinsam mit Magnus Jonsson vom ARTORG, einen Bericht über die Leistungsanalyse eines Miniatur-Turbinen-Generators zum intrakorporalen Energy Harvesting. Dabei geht es um die technische Machbarkeit, 1 mW zu ernten, durch Verwendung einer Mini-Turbine, die von etwa 1 % des aus dem Herzen in eine periphere Arterie strömenden Bluts betrieben wird.

Zu diesem Zweck werden eine numerische Modellierung der Strömungsmechanik sowie die experimentelle Überprüfung der Gesamtleistung einer Reibungsturbine im Maßstab 1: 1 in vitro durchgeführt. Das numerische Strömungsmodell wird in Bezug auf die hydromechanische Effizienz einer Reihe von Turbinenkonfigurationen und Strömungsbedingungen validiert (bis zu 250 ml/min), während mit der noch nicht optimierten Konfiguration der Studie bis zu 15 % erreicht werden. Über eine praktische bzw. kommerzielle Umsetzung verlautete bislang noch nichts.


Wie sich eine geringvolumige Strömung sinnvoll auch für ganz andere Zwecke als nur für die Energieerzeugung nutzen läßt, belegen im Mai 2011 die Meldungen über einen Roboter, der Wände hinauf klettern und sich sogar mühelos an Decken halten kann.

Der von Forschern der Canterbury University in Neuseeland entwickelte Roboter verwendet spezielle Greifer, die eine auf nahezu jeder Oberfläche wirkende Haftkraft erzeugen. Diese entsteht durch sich mit Überschall bewegende, extrem komprimiert Luft, die einen Niederdruck-Wirbel erzeugt, die den Roboter in die Richtung von Oberflächen zieht, ohne diese aber tatsächlich zu berühren. Um entlang dieser Oberflächen zu gleiten bzw. zu rollen, macht der Roboter Gebrauch von Rädern, obwohl die Greifer mit diesen nie in direkten Kontakt kommen.

Putzender Robot

Putzender Robot


Eine ähnliche Gecko-inspirierte Version, die fast zeitgleich von Forschern der Zhejiang University in China vorgestellt wird, wird fast vollständig durch die Wasserströmung betrieben, was sehr sinnvoll ist, da dieser ebenfalls senkrecht kletternde Roboter dafür gedacht ist, Fensterscheiben zu waschen – wofür ja auch Wasser benötigt wird.

Auch diese Version erzeugt einen Unterdruck, der sie in Richtung Oberflächen zu ziehen hilft, wobei dies im vorliegenden Fall unter Verwendung von Wasser geschieht. Saugnäpfe an den Beinen des Roboters tragen dazu bei, daß der Roboter an Fenstern kleben und sich bewegen kann.

In beiden Fällen umgehen diese Roboter eines der Hauptprobleme ihrer batteriebetriebenen Verwandten, die unnötig viel Energie verbrauchen, um ihre eigene, durch die Batterien beschwerte Masse zu bewegen.


Im Juli 2011 wird bekannt, daß Forscher um Prof. Nikhil Koratkar am Rensselaer Polytechnic Institute in Troy, New York, eine neue Methode entwickelt haben, um mittels einer Graphen-Beschichtung Energie aus fließendem Wasser zu gewinnen. Da die neue Technologie nur geringe Mengen an Strom erzeugt, soll sie primär für selbstversorgende Mikrosensoren in der Ölförderung und Mikro-U-Boote verwendet werden, welche ihre Energie durch eine Graphenschicht auf dem Rumpf ernten.

Für ihre Arbeit verwenden die Forscher Graphen, das durch chemische Dampfabscheidung auf einem Kupfersubstrat zum wachsen gebracht und dann auf Siliziumdioxid übertragen wird. Durch Anwendung von Molekulardynamik-Simulationen entdecken sie, daß wenn Wasser über das Graphen fließt, mitgeführte Chlorionen an dessen Oberfläche haften bleiben.

Da das Wasser fließt, bewirkt die Reibungskraft zwischen dem Wasserstrom und der Schicht aus adsorbierten Chlorionen, daß diese entlang der Strömungsrichtung driften. Die Bewegung dieser Ionen zieht die freien Ladungen im Graphen mit sich, was zu einem internen Strom führt. Mit einem Graphen-Blatt von 0,03 x 0,05 mm kann das Team 85 nW Leistung erzeugen. Ein ähnlicher Effekt war schon zuvor bei Kohlenstoff-Nanoröhrchen beobachtet worden, doch die Energie-Erntefähigkeit von Graphen liegt zumindest eine Größenordnung höher.

Obwohl dies eine sehr geringe Menge ist, sollte es ausreichen um winzige Sensoren mit Strom zu versorgen, die in Wasser oder anderen Flüssigkeiten eingebracht in eine potentielle Ölquelle gepumpt werden könnten. Wenn sich das injizierte Wasser tief in der Erde durch natürlich auftretende Risse und Spalten bewegt, sollen die Sensoren das Vorhandensein von Kohlenwasserstoffen erkennen und damit helfen, Erdöl und Erdgas zu finden.

Koratkars Gruppe hatte im März 2010 eine Förderung in Höhe von 1 Mio. $ durch das Advanced Energy Consortium erhalten, einer Vereinigung zur Entwicklung neuer Öl- und Gasgewinnungstechnologien, der Firmen wie BP, Shell und Halliburton sowie Forschungseinrichtungen wie das Rennsselaer Polytechnic Institute angehören.


Ebenfalls im März 2010 erscheint in den Blogs das Konzept für eine neue Methode, mit einer Flüssigkeitsströmung für die Beleuchtung in Gebäuden zu sorgen.

Die Idee der Designer von Hrieve mit Büros in Mexico und London basiert darauf, Gebäude als Lebewesen mit Energiefeldern zu verstehen, die durch Adern wie Wasserleitungen, die Kanalisation und Strom gespeist werden, die durch Wände und Decken führen.

Auch zur Energieversorgung der Hydroelectric Lamp werden Ströme genutzt, die durch unsere Wände laufen – und zwar die des Wassers. Verwendet wird die gleiche Technik wie bei einer herkömmlichen Wasserturbine, aber in einem sehr viel kleineren Maßstab.

Dabei wird eine Box mit einer Mikroturbine in das bestehende Leitungsnetz installiert, dort wo das Wasser aus der Hauptleitung kommt, und bevor es bei den Verbrauchspunkten austritt. Jedes Mal, wenn jemand den Wasserhahn aufdreht um zu duschen, das Geschirr zu spülen oder wenn er die Toilettenspülung betätigt, wird die Strömung des Wassers durch die Rohrleitungen verwendet, um die Turbine zu drehen, welche die Bewegung in elektrischen Strom umwandelt. Dieser wird in einer Batterie in der Wand gespeichert, bevor er die Glühbirne zum Erleuchten bringt.


Im Mai 2012 berichten Forscher um Zhaochu Yang am Vestfold University College in Norwegen, daß sie eine einfache, effiziente Energiegewinnungsvorrichtung geschaffen haben, welche die Bewegung eines einzelnen Tropfens verwendet um elektrische Energie zu erzeugen. Die neue Technologie sei besonders geeignet für die Gewinnung von Energie aus Niederfrequenzquellen wie den Bewegungen des menschlichen Körpers. Die weiteren Teammitglieder sind Einar Halvorsen vom University College Southeast Norway und Tao Dong von der University of Jinan in China.

Der kleine Ernter erzeugt Strom, wenn ein elektrisch leitendes Tröpfchen (Quecksilber oder eine ionische Flüssigkeit) an dünnen, mikrostrukturierten Material entlang gleitet, das Elektret-Film genannt wird. Diesem wird während der Abscheidung eine permanente elektrische Ladung eingebaut. Zyklisches Kippen der Vorrichtung bewirkt, daß das Tröpfchen über die Filmoberfläche beschleunigt, wobei die maximale Ausgangsspannung (und Leistung) auftritt, wenn es an einem Ende des Films seine maximale Geschwindigkeit erreicht.

Ein Prototyp der fluidischen Vorrichtung zeigt eine Spitzenausgangsleistung von 0,18 µW, wobei ein einzelner Tropfen von 1,2 mm Durchmesser verwendet wird, der entlang eines 2 µm dicken Elektret-Films gleitet.


Die drei Studenten der Universidad Tecnológica de México (UNITEC) Omar Enrique Leyva Coca, Romel Brown und Gustavo Rivero Velázquez stellen im April 2014 ein Mikroturbinen-basiertes System vor, das zur Erzeugung von Strom bei einkommensschwachen Familien verwendet wird.

Ihr Pluvia genanntes System nutzt den Fluß von Regenwasser aus der Dachrinne, um eine Mikroturbine in einem zylindrischen Gehäuse zu drehen. Der Generator mißt 51 x 254 mm und erhält das Wasser durch ein Halbzoll-Rohr. Der erzeugte Strom wird verwendet um 12 V Batterien aufzuladen, deren Energie dann zum Betrieb von LED-Lampen oder anderen kleinen Haushaltsgeräten genutzt wird.

Sobald das Wasser durch die Mikroturbine geflossen ist, passiert es einen Aktivkohlefilter, der das Dachwasser reinigt, und landet dann – ebenso oder sogar sauberer als das Wasser im Versorgungsnetz von Mexico City – in einem Lagertank zum späteren Gebrauch. Das Pluvia-System wurde bereits in der Iztapalapa community getestet. Die Universität hofft nun, die Leistung des Systems zu erhöhen, daß es eine größere Menge an Strom erzeugt. Zahlen werden nicht genannt.

WMAT Grafik

WMAT (Grafik)


Einen ähnlichen Ansatz verfolgt ein Team von Forschern der Seoul National University und des Korea Electronics Technology Institute (KETI) in Südkorea, wie im April 2014 berichtet wird. Nur daß es diesmal nicht um Regenwasser geht, sondern um das Spülwasser von Toiletten.

Auch im Fall des neuen Water Motion Active Transducer (WMAT) soll ein Teil der mechanischen Strömungsenergie in Strom umgewandelt werden. Es darf aber nicht vergessen werden, daß diese Energie im Unterschied zu der vorausgegangenen Version ja erst von den Wasserwerken aufgebracht werden muß – ein ,Gewinn’ ist damit also nicht zu machen.

Der Schlüssel zu den Experimenten liegt darin, die Vorteile einer Eigenschaft dielektrischer Materialien wie Poly-4-vinylphenol (PVP) zu nutzen, welche eine elektrische Ladung entwickeln wenn sie in Wasser gelegt werden, indem sich um die Außenseite des Materials eine elektrische Doppelschicht bildet.

Durch Verwendung aktiver kapazitiver Wandler, die aus mehreren Schichten bestehen, welche um strukturierte, transparente Elektroden gewickelt sind, gelingt es den Wissenschaftlern um Youn Sang Kim, unter Verwendung von einem einzigen Leitungswassertropfen mit einem Volumen von 30 µl eine kleine grüne LED zu versorgen.

Die Technik befindet sich gegenwärtig in der Phase eines Machbarkeitsnachweises, soll sich aber auch für große Wasserbewegungen wie Regen, Flüsse und sogar Meereswellen einsetzen lassen.


Fast zeitgleich meldet ein Team chinesischer Wissenschaftler um Wanlin Guo an der Nanjing University of Aeronautics and Astronautics, daß es ebenfalls Strom produziert hat, indem es ein Tröpfchen Salzwasser über eine Schicht des extrem leitfähigen Graphen geleitet hat. Die Technik ähnelt der Umsetzung am Rensselaer Polytechnic Institute im Jahr 2011 (s.o.).

Wenn die Salzwasser-Tröpfchen statisch auf dem Graphen sitzen, tragen sie auf beiden Seiten eine gleichstarke Ladung. Werden sie hingegen über die Oberfläche des Graphen verschoben, werden die Elektronen in dem Salzwasser an einem Ende des Graphen desorbiert und auf der anderen Seite absorbiert, wobei sie entlang ihres Weg  eine meßbare Spannung erzeugen. Je schneller sich das Wasser bewegt, desto höher ist die erzeugt Spannung, auch wenn die bislang erzielte Gesamtspannung mit etwa 30 mV noch ziemlich niedrig ist.


Im August 2014 kursieren in den Blogs Fotos aus der Abschlußarbeit der Industriedesignerin Naomi Kizhner am Hadassah College in Jerusalem.

Über ihre Idee, das Blinzeln der Augenlider mittels einer Vorrichtung namens Blinker zur Energieerzeugung zu nutzen, habe ich bereits bei den muskulären Systemen vorgestellt (s.d.).

Ein zweites Schmuckstück, das seinen Platz im Bereich der Strömung hat, erhält der Titel Blood Bridge, da es Energie aus den Fluß des menschlichen Bluts gewinnt. Das Teil beinhaltet Nadeln, die in die Haut eingeführt werden, um das Blut durch eine Miniatur-Turbine zu leiten, welche den elektrischen Strom erzeugt.

Als Beispiel zeigt die Designerin eine Umsetzung, bei der die Enden der Blood Bridge – als eine Art Bypass – in die Venen am Unterarm eingeführt werden, sodaß das fließende Blut das Turbinenrädchen dreht. Auch dieses Objekt ist aus Gold und einem 3D-gedruckten Biopolymer hergestellt. Ein drittes Stück namens E-pulse Conductor wird in die Venen in der Nähe der Wirbelsäule eingesetzt und erntet dort elektrische Impulse, die vom neurologischen System in der Wirbelsäule der Trägerin erzeugt werden.

Schweiß-Sensor

Schweiß-Sensor


Forscher der Eindhoven University of Technology und dem Holst Centre/Imec in den Niederlanden berichten im April 2016 über die Entwicklung eines Sensors, der davon inspiriert ist, wie Pflanzen Wasser aus der Erde ziehen. Der Sensor des Teams um Prof. Jaap den Toonder und seinem Doktoranden Chuan Nie, der aus dem Schweiß von Patienten medizinische Meßwerte liefert, benötigt dabei keine externe Stromversorgung. Um analytisch brauchbare Meßwerte zu erhalten, müssen die Ablesewerte jedoch frisch gehalten werden, indem die Flüssigkeit ständig durch den Sensor fließt, anstatt nur statische Proben zu nehmen.

Die Vorrichtung wird durch das Laminieren von drei dünnen Schichten aus Polyethylenterephthalat (PET) hergestellt, in welche unter Verwendung der Lasermikrofabrikation fluidische Strukturen eingearbeitet werden. Neben der flexiblen Kunststoff-Folie, umfaßt der Sensor einen Mikrokanal mit einer porösen Struktur an einem Ende und einem Stück Papier am anderen. Das Papier saugt den Schweiß auf, der dann durch den Mikrokanal gezogen und am porösen Auslaß ausgeschieden wird. Diese Konstruktionsform ermöglicht eine konstante Strömung ohne ein einziges bewegliches Teil – genauso wie in Pflanzen und Bäumen.

Sobald ein konstanter Fluß von Schweiß erreicht wurde, fügten die Forscher einen Mikrochip hinzu, dessen Elektroden in den Kanal eingeführt werden. Da die Flüssigkeit dort hindurch fließt, kann der Sensor fortlaufend analysieren. So gelingt es dem Team, mit einem Prototypen beispielsweise den Säuregehalt zu messen.

Nun soll die Entwicklung des Sensors fortgesetzt werden, wobei das Augenmerk auf reale Anwendungen im medizinischen und sportlichen Bereich gerichtet wird. Das Team glaubt, daß die Bauweise aus Kunststoff dabei helfen wird, die Kosten niedrig zu halten. Als nächster Schritt wird daran gearbeitet, eine Lösung für die drahtlose Übertragung der aufgenommenen Daten zu integrieren.


Die Idee, Strom aus abfließendem Regenwasser zu gewinnen, taucht ein weiteres mal im Mai 2016 auf – in einer gestalterisch anspruchsvollen Form.

Das REGN genannte Gerät des Industriedesign-Studenten Benjamin Koh aus Singapur, der dieses am Savannah College of Art and Design in den USA entwickelt und auch prompt einen Red Dot Design Award des Jahres 2015 gewinnt, ist modular aufgebaut und paßt in jedes bestehende Regenrinnensystem.

Die Strömung des Wassers zwingt eine innere Spindel sich zu drehen und mittels elektromagnetischer Induktion eine Ladung zu erzeugen. Der modulare Aufbau bedeutet, daß auch mehrere Geräte hintereinander installiert werden können, um neben sauberer Energie auch frisches Wasser zu ernten.

Yang

Yang-Wang-Nanogenerator


Der fast schon notorisch aktive Zhong Lin Wang vom Beijing Institute of Nanoenergy and Nanosystems bzw. dem Georgia Institute of Technology (Georgia Tech) in Atlanta, der sich zusammen mit seinem Team mit den verschiedensten MEH-Technologien beschäftigt, kommt im Mai 2016 ein weiteres mal in die Presse, als er gemeinsam mit Ya Yang und weiteren Kollegen ein integriertes System, vorstellt, das eine Silizium-Solarzelle sowie einen Nanogenerator umfaßt, der die Windströmung in Elektrizität umwandeln kann.

Während die Solarzellen-Komponente des Systems 8 mW Leistung liefert, steuert die Windenergie-Komponente bis zu 26 mW dazu. Vermutlich handelt es sich dabei um ein piezoelektrisches System – doch dies ließ sich bislang nicht verifizieren.

Unter simulierten Sonnen- und Windbedingungen werden vier Geräte auf dem Dach eines kleinen Hausmodells gemeinsam genutzt, um die im Inneren installierten LEDs zu betreiben und Strom für einen Temperatur/Feuchte-Sensor zu liefern.

 

Weiter mit der Vibration...