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Mit Fahrrad-Autos meine ich muskelbetriebene Fahrzeuge auf vier Rädern
– im Gegensatz zu den Drei-, Zwei- und Einrädern, die weiter unten
aufgeführt werden. Einige pedalbetriebene Frühformen wie z.B. das Feuerwehr-Mannschaftsrad
von 1898 oder die Konstruktionen von Charles Mochet
Anfang des 20. Jahrhunderts habe ich bereits erwähnt.
Darüber hinaus gibt es aber noch viele andere Gefährte, die teilweise
auch mit ganz anderen Antriebsmethoden vorwärts bewegt werden.
Der Arzt, Erfinder, Segler und Buchautor Manfred Curry aus
München, Sohn US-Amerikanischer Eltern, meldet 1926 ein Landskiff genanntes,
vierrädiges Fahrzeug zum Patent an, das durch ruderartige Bewegungen
von den auf Rollsitzen sitzenden Fahrern angetrieben wird (z.B. US-Nr.
1.735.601, erteilt 1929, sowie 1.845.044, erteilt 1932).
Mit dem Mechanismus, der dem Holländer für Kinder ähnelt, lassen sich
Geschwindigkeiten bis zu 40 km/h erreichen. Pro Zug an der Mechanik
rollt das Fahrzeug auf ebener Strecke 10 – 12 m weit.
Das Vehikel, das im angelsächsischen Raum als Rowmobile bekannt wird, erregt einiges an Aufsehen und insbesondere die Fotos der Pressevorstellung auf der AVUS in Berlin im Mai 1926 sind in den darauffolgenden Jahren immer wieder zu sehen. Zur Kommerzialisierung gründet Curry in New York die Curry Landskiff Corp., welche das Landskiff ein- und zweisitzig, verkleidet und unverkleidet herstellt und vertreibt.
Einiges an Presse bekommt der 19-jährige Deutsche Johann Fischer aus Dudweiller, der nach dem Krieg nicht für einem mageren Lohn in den Minen der Gegend arbeiten will – und sich daher im September 1927 ohne einen Pfennig in der Tasche, dafür aber auf einem Landskiff rudernd in die weite Welt aufmacht. Bis Mitte August 1930 hat er bereits Deutschland, Finnland, Schweden, Holland, Belgien, Frankreich, Luxemburg, die Schweiz, Italien, Österreich, Ungarn und die Tschechoslowakei besucht und ist auf dem Weg nach Spanien, wobei er bis zu diesem Zeitpunkt 56.000 Gesamtkilometer zurückgelegt hat.
Ebenso viel Publicity bekommt das Vehikel durch die Veröffentlichung von Willy Göpferich mit dem schönen Namen ,Landskiff: Ein Beitrag zur Förderung der Handfertigkeit in der Familie’ von 1930. Ein Originalfahrzeug befindet sich heute in den Sammlungen des Deutschen Museum München.
Weitere pedalbetriebene, vierrädrige Kleinfahrzeuge sind z.B. der Pedalwagen H5 (o.
Muskelkraftwagen) Konstrukteurs F. Hrubesch, der ca. 1930 von
der 1. Österreichischen Pedal-Wagen-Fabrik (ÖPEWAF) hergestellt wird,
oder der hier abgebildete und vermutlich Anfang der 1940er Jahre
während der deutschen Okkupationszeit in Frankreich gebaute Neocar mit
einer Karosserie aus Duraluminium, der auch schon sehr französisch
aussieht. Es soll von dem ehemaligen Citroën-Ingenieur Maurice-Alexandre
Julien konstruiert worden sein (der nach dem Krieg aber umgehend
wieder motorisierte Autos baut).
Ein anderes französisches Unternehmen, das aufgrund des damaligen Herstellungsverbots von Brennstoffmotoren auf zuerst batterie-, und nach deren Verbot ab 1942 auf muskelbetriebene Kleinstwagen umsteigt, ist die Firma Automobiles Ardex in Nanterre.
Dreirädrige Versionen, die z.T. mit nur einem Sitz ausgestattet sind,
gibt es etliche. Als Beispiele seien das britische Pedelux aus
dem Jahr 1929 genannt, sowie das Modell Clonier,
das zu Beginn der 1940er Jahre in Frankreich auf
den Markt kommt.
Bekannt wird auch das offene Sportplex des Erfinders Victor
Sironval aus den später 1930er Jahren, das
als Miet-Zweisitzer gerne an den Stränden von Sommerbädern wie Ostende
oder Heyst in Belgien eingesetzt werden.
Daneben stellt Sironval das Sportplex auch als einspuriges Sesselrad mit Lenkstange oder Lenkrad her. Zudem sichert er sich ab 1937 mehrere Patente für zweisitzige Versionen mit Motorantrieb.
Aus dem Jahr 1938 datiert ein Bericht des US-Magazins
Modern Mechanix über ein Familiengefährt namens Cyclemobile,
das sich ein A. Martin aus Dracutt, Massachusetts,
selbst gebaut hat.
Das als neues und billiges Transportmedium bezeichnete Velomobil besteht aus zwei, mittels eines speziell konstruierten Rahmens miteinander verbundenen Fahrrädern, die von einer stromlinienförmigen und wasserdichten Segeltuchhaube bedeckt sind. Mann und Frau bearbeiten darin einen doppelten Satz von Pedalen.
Das einem Automobil mit radikalem Design ähnelnde Cyclemobile besitzt Fenster und ist mit Kofferräumen und einem Liegeplatz für die 18 Monate alte Tochter der Martins ausgestattet. Eine Trockenbatterie liefert den Strom für die Front- und Heckleuchten.
In Schweden wurden in den 1930er und 1940er Jahren
viele tausend Selbstbauanleitungen für ein vierrädriges Zwei-Personen-Velomobil
mit Sperrholzkörper namens Fantom verkauft, von dem
aber nur sehr wenige Fahrzeuge dann auch tatsächlich gebaut wurden.
Das Fantom wird nie als Fertigprodukt vertrieben, sondern ausschließlich als ein Satz Zeichnungen, die zudem nicht exakt sind und nur als Richtlinie verwendet werden sollen. Die Rechte an den Zeichnungen werden später an eine Firma Hobbex verkauft, welche die Sätze seit den 1940er Jahren – abgesehen von einer kurzen Unterbrechung in den 1990er Jahren – kontinuierlich weiter vertreiben und zwischenzeitlich schon über 100.000 Kopien verkauft haben. Doch auch hier sollen nur sehr wenige Bauvorhaben abgeschlossen worden sein.
In den 1980er Jahren wird das Fantom von Carl-Georg Rasmussen wiederentdeckt, der daraus eine eine überarbeitete Version entwickelt, die er Leitra nennt (s.u.).
Bis dahin scheint es auf diesem Sektor über zweieinhalb Dekaden nichts
Neues mehr gegeben zu haben, und erst Anfang der 1970er Jahre
sind wieder Weiter- und Neuentwicklungen zu verzeichnen.
Der junge Luftfahrtingenieur Robert L. Bundschuh und
sein Partner Lionel C. Martin melden 1973 das
Patent für ein geschlossenes Pedalauto ohne Motor an, das bald darauf
unter dem Namen Pedicar bekannt wird (US-Nr. 3.871.243,
erteilt 1975). Die Ausgangsidee ist, daß sich Menschen
mit dem kleinen Tretwagen in den vielen riesigen Industriegebieten
bewegen sollen.
An der Entwicklung arbeitet Bundschuh schon länger. Nach vielen Prototypen hat das endgültige Design im Jahr 1972 vier 20" Reifen sowie ein Sechsgang-Getriebe mit einem Rückwärtsgang, wiegt gut 55 kg und erreicht eine Maximalgeschwindigkeit von 24 km/h. Die aufrechte Körperhaltung des Fahrers in der Plastikkabine soll es ihm erleichtern gut zu sehen und gesehen zu werden. Besonders interessant ist die Sachlage, daß der Pedicar durch Kabel angetrieben wird, in einer Art Linearantrieb. Dabei drückt der Fahrer die Pedale, die sich unabhängig voneinander vorwärts und rückwärts bewegen können. Rotierende Kurbeln oder große Kettenräder gibt es keine.
Endlich mit einem ausgereiften Produkt in der Hand macht sich der Erfinder auf den Weg, um Kapital für den Aufbau eines Werkes in Windsor, Connecticut, zu sammeln und reist dabei bis nach Japan. Als genug Geld zusammen ist, gegründet er die Firma Environmental Tran Sport Corp., welche mit der begrenzten Produktion von etwa 20 Pedicars beginnt und diese für 550 $ das Stück auf den Markt bringt.
Bald darauf trocknet jedoch die Finanzierung aus, das Benzin ist wieder reichlich und billig zu haben – und der ökologische Ansatz bricht zusammen. Auch ein potentieller Vertrag mit der Army für 10.000 Fahrzeuge kommt aufgrund von Fertigungsproblemen nicht zustande. Bundschuh verkauft die Patente zwar an die japanische Firma Matsui mit der Vereinbarung, daß sie die Produktion fortsetzt, doch auch daraus wird später nichts.
In den 1990er Jahren fährt auf diversen Events in
Deutschland auch das Hallesche Leicht Fahrzeug (HALF)
von Prof. Eberhard Scharnowski mit, das damals in
zwei Versionen gebaut wurde, aber nie in Serie gegangen ist.
Nähere Informationen darüber scheint es aber nicht zu geben.
Ein weiteres der neuzeitlichen Modelle ist das FM-4 HumanCar (Fully
Manual - 4 people) genannte muskelbetriebene Fahrzeug von Prof. Charles
Samuel Greenwood und seiner Firma Humancar aus
Seattle, in dem man zu viert Rücken an Rücken sitzt und das mittels
seiner Ruderhebel-Technik auf gerader Strecke eine aberwitzige Geschwindigkeit
von 100 km/h erreichen kann. Selbst an Steigungen sollen noch bis zu
50 km/h erreicht werden. Greenwood sei bereits 1968 auf
die Idee dazu gekommen und habe 2000 mit der konkreten
Umsetzung begonnen.
Ansonsten befaßt sich Greenwood mit seinem Konzept Synchronous Guideway, für das er einen 200-Jahres-Geschäftsplan entwickelt, bei dem ein globales Netz für schienengeführte Fahrzeuge entstehen soll. Über solche Projekte berichte ich ausführlicher im Kapitelteil Andere elektrische Fahrzeuge.
Soll der HumanCar dagegen nur von einer Person genutzt werden, wird die Energie, die ansonsten der Muskelkraft weiterer Mitfahrern entstammen würde, von zwei Elektromotoren geliefert, die von einem Li-Ion-Akku versorgt werden und den Wagen auch antreiben, sobald die Passagiere etwas verschnaufen wollen. Beim Weiterfahren wird der Akku dann von den vier Fahrgästen wieder aufgeladen.
Die ersten Fotos dieses sehr speziellen Hybridfahrzeugs, bei dem man die Richtung nicht per Lenkrad, sondern durch Gewichtsverlagerung und das seitliche Verschieben der Hebelstange wechselt, erscheinen im September 2007 in den Blogs. Ab Januar 2008 wird als Prototyp ein fortgeschrittenes Design namens Imagine_PS gebaut, das auf Stephen Brand zurückgeht.
Der Verkauf des Fahrzeugs mit Straßengenehmigung soll am Earth Day im April 2009 beginnen – zu einem Preis von ca. 15.000 $. Mit einer Anzahlung von 99 $ kann man ein Exemplar des als LMV-Fahrzeug (Low Mass Vehicle) bezeichnete Gefährt aus der limitierten Start-Serie bereits vorbestellen, und sobald 1.000 Exemplare verkauft sind, soll die Massenproduktion beginnen. Angemeldet wird das Fahrzeug in den USA als sogenanntes Neighbourhood Electric Vehicle (NEV).
Zwar gibt es im März 2010 tatsächlich Fotos eines verkleideten Modells, das als Imagine PS Bionic E-Hybrid bezeichnet wird und schon recht professionell aussieht, doch für die Behauptung des Unternehmens, bereits mehr als 200 Bestellungen zu haben, lassen sich keinerlei Bestätigungen finden. Dabei soll es sich um ein Grundlagenforschungs-/Exotenfahrzeug handeln, das zu einem Preis von 75.000 $ hergestellt wird.
Auch die Meldungen vom September 2012, daß der Exotic nach einer Menge ,Tuning’ nun da sei und man Aufträge annehmen würde – bzw. ab Juli 2014, demnach das Unternehmen zwischenzeitlich an einem Modell der Version 3 des HumanCar mit neuem Design für das Jahr 2015 gearbeitet habe, dessen Preis nun auf 60.000 $ beziffert wird, ist insofern mit Vorsicht zu genießen, da allem Anschein nach bislang nicht ein einziges Exemplar verkauft worden ist. Was bei dem stolzen Preis auch kein Wunder ist.
Inzwischen habe ich auch eine Art Vorläufer entdeckt, der mit einer
Rudertechnik fortbewegt wird. Neben den vier antreiben Passagieren
gibt es am hinteren Ende einen etwas erhöhten Sitzt für den Fahrer
des Ganzen.
Leider gibt es außer dem abgebildeten Foto keinerlei näheren Informationen über diese deutsche Innovation – über sachdienliche Hinweise würde ich mich daher sehr freuen.
Wesentlich stärker verbreitet als die Draisinen- oder Ruder-Technik
sind allerdings Pedalantriebe, und inzwischen gibt es schnittige
Modelle in sehr unterschiedlichen Formen und Ausstattungsgraden.
Als Beispiel sei die von Rudolf ,Rudi’ Frey aus Zürich
in der Schweiz entworfene und anschließend in Deutschland hergestellte Zero
Emission Machine (ZEM) genannt, ein ‚Tret-Auto’ für zwei oder
für vier Personen. An der Idee eines Paralleltandems, auf dem man entspannt
nebeneinander sitzt und miteinander plaudern kann, ähnlich wie auf
einem Spaziergang, arbeitet Frey seit 1996.
Nachdem 1999 die Entwicklung des ZEM-Prototyps erfolgt, der auf Anhieb bei den den IHPV Weltmeisterschaften in Interlaken drei Bronzemedaillen erringt, wird im Jahr 2000 in Zürich die Firma Z.E.M. Zero Emission Machines AG gegründet - mit Hilfe von Startup-Kapital einer Schweizer Bank, die ihr Engagement in diesem Bereich 2002 wieder aufkündigt und alle ihre Startup-Firmen ins kalte Wasser stößt.
Immerhin hatte das Unternehmen bis dahin schon rund 120 Fahrzeuge des Typs 4cycle-ZEM verkauft, dessen Preis mit angegeben 5.960 € wird. Dafür gibt es aber auch Motorrad-Bremsen, einzelne Freiläufe und Radsätze für jeden Fahrer sowie Federungen an allen vier Rädern. Speziell für die Schweiz wird zudem ein 4cycle-ZEM mit Elektrounterstützung gebaut, von dem weltweit aber nur sieben Exemplare existieren.
Nachdem aufgrund einer größeren Bestellung aus England die Produktion von 15 Fahrzeugen ausgelöst und bezahlt wurde, geht die Bestellerfirma in Konkurs und Frey ist gezwungen, Ende 2002 die Auffanggesellschaft ZEM Europe GmbH zu gründen. Nun wird eine neue Produktion in Taiwan eingerichtet, von wo aus zwischen 2002 und 2004 weltweit rund 300 Exemplare des Typs 2cycle-ZEM verkauft werden, zu Preisen zwischen 3.450 € und 5.310 €.
Zwischenzeitlich war im November 2001 das erste Patent erteilt worden (US-Nr. 6.315.314, beantragt 1998), gefolgt von einem EU-Patent im Juni 2004 (Nr. 0892733).
Obwohl es sich um eine auf der Straße sehr fähige Maschine handelt, hat der ZEM aber nur begrenzten Erfolg und 2004 erfolgt die Liquidation der Firma ZEM Europe GmbH, nachdem es nicht gelingt, für ihr Fortbestehen Nachfolger zu finden. Doch ganz in der Versenkung verschwindet der Flitzer nicht.
Mitte 2009 begeistert beispielsweise ein Presseartikel über den 14-jährigen David Dixon aus Novato, Kalifornien, die Öffentlichkeit, der im Rahmen eines Mittelschule-Projekts an seiner Novato Charter School ein Solar Human Hybrid (SOHH) Fahrzeug für vier Personen baut.
Als Grundlage nutzt er hierfür nämlich eine ZEM, der er mit Hilfe seines Vaters einen 1 PS/24 V Motor sowie Blei-Silikon-Gel-Akkus von GreenSaver verpaßt, die von einem 20 W PV-Paneel gespeist werden. Die Höchstgeschwindigkeit des Umbaus, der 2.500 $ kostet, wird auf 22 km/h begrenzt. Für sein Projekt erhält Dixon den Backyard Genius Award des Magazins Popular Mechanics.
Informationen über neuartige pedalbetriebene 4-Sitzer gibt es erst
wieder im Juni 2010 mit dem Konzept Human
Powered Vehicle des Designers Todd Dawson.
Das Fahrzeug ohne Motor soll sowohl als Gemeinde-Auto für den Transport von Personen als auch als Geschäfts-Fahrzeug für den Frachttransport zum Einsatz kommen, weshalb es zum einen als Vier-Personen-Wagen konzipiert ist, entsprechend der gezeigten Abbildung, und zum anderen als Nutzfahrzeug mit nur einem Fahrersitz.
Nur einen Monat später erscheinen in den Blogs Abbildungen eines fahrbereiten
4-Sitzers, der vor allem durch seine übergroßen Räder auffällt. Der
Monster-Truck der Bike-Welt mit dem passenden Namen BigDog ist
ein 270 kg schweres Gerät, mit dem man sogar über ein Auto rollen
kann.
Der Designer und Erbauer ist Tom Wilson, welcher mit seinen Maschinen vor allem auf dem jährlich stattfindenden Burning Man Festival im US-Bundesstaat Nevada in der Black Rock Desert bekannt ist. Sein erstes, zwischen 2008 und 2009 gebautes, Gefährt mit dem Namen DogSled erweist sich als zu schwer für ein Pedalfahrzeug, wofür eine übersteigerte Technik und ein überbordendes Design verantwortlich gemacht werden. Also heißt es, zurück in die Werkstatt.
Das nun auf der Maker Faire in Detroit präsentiere – und hier hier abgebildete – Monster besteht aus Fahrrad-, Go-Kart- und Golf-Cart-Teilen, ist 325 cm lang, 183 cm breit und etwa 244 cm hoch.
Ein wenig leichter, wendiger und schneller erweist sich dann der im Jahr 2011 entworfene und gebaute 2-sitzige Nachfolger namens Boxer. Nach einem Jahr Pause, um das Modell Nahji für das Festival 2012 zu bauen, das wie ein kleiner Elefant aussieht, wird der Boxer zerlegt, neu lackiert und pulverbeschichtet und dann im Winter/Frühjahr 2013 wieder zusammengesetzt. Bislang sind keine weiteren Modell gebaut worden.
Ebenfalls im Jahr 2010 wird ein Wagen bekannt, der
exakt wie ein in Goldfolie gepackter Porsche 911 GT3 aussieht – aber
tatsächlich eine pedalbetriebene Wagen-Attrappe ist.
Die originalgroße Null-Emissions-Version namens Ferdinand GT3 RS wird in knapp einem Jahr und mit einem Kostenaufwand von 13.000 € von Hannes Langeder und der Firma MCS Paris Maderna KG aus Wien als Kunstprojekt gebaut – und im Kunstmuseum Linz ausgestellt.
Die Hauptstruktur des Pseudo-Porsche besteht aus Stahl, auf der nach selbstgefertigten Schablonen ein Skelett der charakteristischen Umrißlinien aus Kunststoff-Leitungsrohren montiert ist, welches von Klebebändern zusammengehalten und von Goldfolie umhüllt wird. Dank dieser einfachen Materialien wiegt der Wagen samt Acrylglasscheiben, zweisitziger Fahrradkarosserie und Lichtanlage nur knapp 100 kg.
Besondere Merkmale sind ein Heckfpoiler sowie große Luftöffnungen am Frontspoiler, um aerodynamisch zu verhindern, daß der Fahrer zu sehr ins Schwitzen kommt. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Kunstobjekten ist das umweltfreundliche Pedalauto tatsächlich nutzbar und darf sogar legal auf Österreichs Straßen fahren. Dabei erreicht der 2-Sitzer (wie sein Original) eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h (Original: 310 km/h).
Ein Gerät mit sehr spezieller Sitzordnung – vorn zwei Personen hintereinander,
und hinten ein bequemes Sofa mit Sonnendach – beteiligt sich an der
Great Handcar Regatta 2008 – 2011 in
Santa Rosa, Kalifornien, einer gut besuchten Steampunk-Veranstaltung.
Der Hennepin Crawler wird anfangs so gebaut, daß er für Sprintrennen in der Lage ist, sowohl die Straße als auch die Gleise von Bahnstrecken zu nutzen. Später wird er nur noch als Straßenkreuzer eingesetzt.
Urheber dieses und diverser weiterer ,verrückter’ Pedalfahrzeuge ist die von David Farish und Skye Barnett im Jahr 2008 gegründete Firma Krank-Boom-Clank (KBC) in Santa Rosa, die sich auch als ,Kollektiv für kinetische industrielle Künste’ bezeichnet.
Im Juni 2011 folgt ein Bericht über einen ganz besonderen
Ansatz. Bei dem 4H Bike des Künstlers Gavin
Turk und Industriedesigners Ben Wilson, das
während der Fahrradwoche in London herumfährt, handelt es sich um das
denkbar meist minimalistische Modell überhaupt – denn es besteht einfach
aus vier Einrädern, die über eine bunte, H-förmige Struktur aus Holzsegmenten
miteinander verbunden sind.
Die ,Neuinterpretation des Fahrrads für eine moderne Ära’ bezieht ihre Inspiration von Marcel Duchamp, dessen Skulptur Fahrrad-Rad (Roue de Bicyclette) aus dem Jahr 1913 als das erste Objet trouvé und kinetische Kunstobjekt überhaupt gilt – sowie von dem rumänischen Künstler Andreé Cadere, einer Schlüsselfigur des Minimalismus und der Konzeptkunst. Umgesetzt wird das Rad als Teil eines olympischen Kunstprojekts.
Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe weiterer 4-rädriger Fahrzeuge,
die ebenfalls pedalbetrieben werden – allerdings nur von zwei oder
gar einer Person.
Unter dem Namen Exo-Audi stellt der italienische Auto-Designer Andrea
Mocellin im August 2008 die Zukunftsvision
eines Fahrzeugs ohne Motor vor, das sich mittels einem Exoskeleton-Antrieb
fortbewegen soll – wie immer man sich die Umsetzung auch vorzustellen
hat.
Mocellin, Student am Royal College of Art in London, entwirft das Exo-Konzept während er sechs Monate bei der Audi AG in Ingolstadt verbringt.
Die zu Grunde gelegte Technik soll jedenfalls etwas mit Nanotechnologie zu tun haben, wobei die kinetische Körperenergie für das Vorankommen sorgt. Möglicherweise nutzt das Exoskelett dazu ja das Gezappel des Passagiers, dem es nicht schnell genug gehen kann. Das Designs ist in meinen Augen aber äußerst gelungen.
Aus dem Jahr 2010 wiederum stammt ein Konzept des
Designstudenten Nicolás A. Jara von der Universidad
Técnica Federico Santa María in Valparaíso, Chile.
Sein Entwurf Potenza (o. Potencial Vehiculo) soll bequeme Stadtfahrten erlauben und dabei die Umwelt sauber halten, weshalb das innovative Vierrad-Fahrzeug in einem zeitgemäßen Look erscheint und eine versenkbare Windschutzscheibe in das Design integriert.
Interessanter erscheint mir allerdings die leider nicht weiter ausgeführte Bemerkung des Designers, daß sein Konzeptgefährt mit einem ,Motor' versehen ist (die Box auf der Hinderachse), welcher zuerst mittels potentieller Energie aufgeladen wird (daher auch der Name), bevor der Benutzer während der Fahrt entscheidet, diese in kinetische Energie umzuwandeln und dadurch zusätzlichen Schub zu erhalten. Was sich ein wenig wie ein Aufziehmotor anhört.
Recht selten sind bislang Doppelfahrräder (twin bikes)
zu sehen, wie sie beispielsweise von der 2008 gegründeten,
britischen Firma Ashfield Special Needs Ltd. in Wisbech,
Grafschaft Cambridgeshire, hergestellt werden.
Die Produktpalette reicht von einem 2-Personen-Quad für 3.365 £ über das Twinbike Cycle (3.110 £) bis hin zu dem Twinbike Plus Cycle, einem Seite-an-Seite-Tandemfahrrad für den Rollstuhl-Transport (3.935 £). Das hier abgebildete Modell Twin Rider Cycle wird auf Wunsch auch mit zusätzlichem Elektromotor und Batterie geliefert.
Für nur eine Person – und aufgrund der Draisinentechnik auch eher als
Sportgerät gedacht –, ist das Vierrad-Modell Champiot Ultra der
Firma Ferez Industries in Miami, Florida, das um 2010 in
den Blogs zu sehen ist.
Die Umsetzung des Arztes Marico Cesar Ferez, der ursprünglich aus Honduras stammt, kostet 1.199 $, daneben gibt es noch spezielle Modelle für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, Varianten mit drei Rädern sowie Ausführungen mit Schwimmern und Schaufelrädern für den Wassersport. Ferez, der sieben Jahre für seine Entwicklung gebraucht und die Vermarktung um 1989 begonnen hat, betont besonders die gesundheitlichen Vorteile seiner Geräte.
Im Juni 2011 berichten die Blogs von einem interessanten
pädagogischen Ansatz: Da sich der Journalist Pierce Hoover über
das rücksichtslose Verhalten seines 13-jährigen Sohnes Nash aufregt,
der die Angewohnheit hat, die Lichter seines Zimmers anzulassen, auch
wenn er aus dem Haus ist, beschließt er ihm klarzumachen, welchen Aufwand
die dafür vergeudete Menge an Elektrizität macht.
Der Sohn wird dazu verdonnert, auf einem Heimtrainer so viel Strom zu erzeugen, wie er für seine Beleuchtung und die Videospiele verwendet. Was anscheinend so lehrreich ist, daß Vater und Sohn beschließen, zusammen weiterzumachen und eine vierrädrige Droschke zu bauen, die neben ihrem Pedalantrieb auch noch einen Elektromotor an Bord hat. Grundlage ihres Swamp Crawler ist ein alter Golfwagen, den Hoover schon vor ein paar Jahren in einen Offroader umgewandelt hatte.
Als 2-Sitzer erhält das neugestaltete Mensch/Elektro-Hybridfahrzeug seinen Strom aus einer Kombination von einem 1.400 Wh Akku im Kofferraum an der Rückseite – sowie der kinetischen Energie durch das Treten. Die verfügbare Energieversorgung von 2.400 W entspricht genau der Energie, die eine 100 W Glühbirne an einem ganzen Tag verbrauchen würde.
Gemeinsam gehen die beiden mit ihrem leichten Hybridfahrzeug, das eine Geschwindigkeit von etwa 40 km/h erreichen kann, im Mai auf eine Marathon-Tour quer durch Amerika, mit der festen Entschlossenheit, ihre 7.242 km lange Reise von Yorktown in Virginia bis nach Portland in Oregon mit dem äquivalenten täglichen Verbrauch eben dieser einen 100 W Glühbirne zu schaffen. Was sie im August, nach 71 Reisetagen, als gelungen melden.
Im Jahr 2012 berichtet die Fachpresse auch über das Quattrocycle der
im holländischen Oisterwijk beheimateten Firma Quattrocycle
BV, ein Hightech 4-Personenfahrrad, das gut auf dem europäischen
Markt ankommt und nun auch ein Erfolg in den Vereinigten Staaten wird.
Es kommt u.a. in Erholungsparks, auf Campingplätzen, in Freizeitparks,
in Gastronomiebetrieben und in der Fahrradvermietung zum Einsatz.
Das 122 kg schwere, 280 cm lange und 132 cm breite Quattrocycle wird vom linken hinteren Sitzplatz aus mit zwei Steuerhebeln gelenkt und auf der Rückseite gibt es Raum für Gepäck, einen Picknick-Korb oder Kindsitze. Für den Transport entwickelt das Unternehmen eigene Anhänger für 6, 10 oder 14 Quattrocycles.
Später wird das 3.095 € teure Quattrocycle auch als 2-Personenfahrrad namens Quattrotour angeboten (2.600 €). Beide Modelle können optional mit einem 1 kW Hilfsmotor nebst 48 V/10 Ah Lithium-Ionen-Akku geliefert werden (4.595 € bzw. 4.095 €). Mit der Elektrounterstützung wird eine maximale Geschwindigkeit von 25 km/h erreicht, wobei mit einer vollen Batterie eine 25 km lange Strecke gefahren werden kann.
Vermutlich ab Mitte 2012 entsteht am Lehrstuhl für
Fahrzeugtechnik an der TU München das Quadrad,
eine Art Fahrrad mit vier einzeln gefederten Rädern, das im Vergleich
zu einem herkömmlichen Fahrrad eine deutlich größere Fahrsicherheit
und gesteigerten Komfort bietet. Es wird durch Muskelkraft des Fahrers
angetrieben, der durch einen Elektromotor unterstützt wird. Auch an
dem Konzept einer gewerblichen Variante wird gearbeitet.
Die Durchführung des Projekts erfolgt in Kooperation mit dem Extraordinariat Sportgeräte & -materialien der TUM sowie den Firmen R&R Fahrzeugtechnik, Systemtechnik Leber und der Continental AG.
Der im Rahmen des e-GAP-Projekts (Modellkommune Elektromobilität Garmisch-Partenkirchen) entwickelte Quadrad-Prototyp hat seine Premiere im Dezember 2014 – und beweist seine Fahrtüchtigkeit sogar im Schnee. Im Juni 2015 starten die ersten Feldversuche vor Ort. Und das da Ganze im universitären Rahmen stattfindet, haben auch andere etwas davon: So darf beispielsweise die Fakultät für Maschinenwesen im Rahmen einer Lehrveranstaltung die Auswirkung des Quadrads auf die Herzfrequenz untersuchen.
Ein weiteres pedalbetriebenes und elektrisch unterstütztes Auto, das
ganz besondere Klasse hat, wird von der italienischen Firma Scuderie
Campari Srl aus Parma zusammen mit dem Industriedesigner Christian
Grande konstruiert. Es erscheint im Januar 2014 in
den Blogs.
Das Unternehmen, das gehobene und elegante Tretautos für Kinder produziert, ist insbesondere für sein Modell Mira bekannt, das auf dem Ferrari 375 Indy von 1952 basiert. Um auch den Wunsch von Vätern zu erfüllen, wird nun mit dem SC-1 Biposto das beeindruckende Konzept eines Zweisitzer-Velomobils für Erwachsene präsentiert, das darauf abzielt, ein Statussymbol für Sport und Freizeit zu werden.
Die Firma plant, verschiedene Versionen anzubieten, angefangen von Freizeitmodellen bis hin zu mehr sportlichen Ausführen in Carbon und mit Scheibenbremsen. Gebaut werden die Fahrzeuge auf Bestellung und maßgeschneidert, mit unterschiedlichen Farboptionen und Ausstattungen. Technische Spezifikationen sind bislang aber noch keine veröffentlicht worden.
Durch persönliches Kennenlernen auf dem Berlin Energy Transition Dialogue 2016 (auf
dem ich als Simultandolmetscher für Arabisch tätig war und in den
Pausen natürlich kräftig Werbung fürs Buch der Synergie machte)
wurde ich auf das Design eines neuen, vierrädrigen Pedal-Elektro-Hybrids
namens Vilgard aufmerksam gemacht, hinter dem ein
junges Team aus Berlin steht.
Wann die Firma Vilgard Motor UG den ersten Prototypen des 2,5 m langen und 300 kg schweren 2-Sitzers vorführen kann, der mit seinem 15 kW-Zusatzantrieb eine elektrische Reichweite von 100 km und eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h erreichen soll, ist noch nicht bekannt.