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In den späten 1950er und
frühen 1960er Jahren wird in den Entwicklungslabors
von General Motors an Bodeneffekt-Fahrzeugen für die
US-Armee gearbeitet, die keinen direkten Kontakt mit der Fahrbahn haben
und deshalb anstatt mit Rädern mit Linearinduktionsmotoren (LIM) voranbewegt
werden sollen.
Im Februar 1968 wird unter der Bezeichnung ‚Case Study E: The multimodal Capsule’ das Konzept Network Cab veröffentlicht, bei dem Computer-gesteuerte, kleine, multimodale Kapseln, die zwei bis vier Personen transportieren können, auf einem Luftkissen schweben und voranbewegt werden, das von der Fahrbahn erzeugt wird. Gleichzeitig sind die Einzelkabinen in der Lage, im Verbund auch von LKWs oder Bahnen transportiert zu werden.
Aufgrund von Anti-Trust-Gesetzen wird die Entwicklungsgruppe der Hovair genannten Technologie von dem Unternehmen abgetrennt und als Transportation Technology Inc. (TTI) ausgegründet. Dort wird das Konzept zu einem der führenden Kandidaten für PRT-Systeme weiterentwickelt und 1969 als System in voller Größe in Detroit getestet. Im Jahr 1971 wird TTI zu einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Otis Elevator Company, welche den Prototyp auf der Transpo72 ausstellt. Später wird in Denver eine zweite Teststrecke aufgebaut und betrieben, bis die Fördermittel des UMTA aus dem AGRT-Programm heruntergefahren werden.
In Betrieb genommen wird ein Hovair-System mit Druckluft-Schwebetechnik und LIM-Antrieb von TTI nach zweijähriger Bauzeit 1979 am Duke University Medical Center, wo es bis 2009 in Betrieb ist. Die eingesetzten drei Fahrzeuge vom Typ Otis Hovair bieten jeweils etwa zehn Stehplätze und verkehren zwischen drei Punkten. Die größten Probleme des TTI-Systems sind seine visuelle Wirkung (die sich auch sehr von den ursprünglichen schnittigen Designs unterscheidet) – sowie die Kosten der breiten, U-förmigen Führung, die erforderlich ist um das Luftkissen-Fahrzeug in der Spur zu halten. Diese Führung erweist sich außerdem als optimaler Schneesammler, was das System für nördliche Klimazonen ungeeignet macht. Otis konzentriert sich später mit größerem Erfolg auf seilgezogene Versionen des Hovair Systems, wie sie z.B. als Harbour Island People Mover (1985 - 1999) sowie aktuell auf dem Flughafen Zürich und anderswo zum Einsatz kommt (s.u.).
Das vermutlich erste spurgeführte Luftkissenfahrzeug als
experimenteller Hochgeschwindigkeits-Schwebezug wird
in den 1960er Jahren
von Ingenieuren der von Christopher Cockerell in Hythe, Kent, gegründeten
Firma Hovercraft Development Ltd. (HDL) entwickelt.
Das Konzept kombiniert zwei britische Erfindungen – das Luftkissenfahrzeug
und den Linearinduktionsmotor –
in dem Bemühen, ein Bahn-System zu entwickeln, das einen städteverbindenden
Service mit Geschwindigkeiten von bis zu 400 km/h ermöglicht.
Dazu ein kleiner Exkurs: Linearinduktionsmotoren bewegen
ein Fahrzeug durch die Wechselwirkung von Magnetfeldern, die von dem
Fahrzeug erzeugt werden, mit einem fest fixierten äußeren Leiter (Reaktionsschiene).
Dieser besteht normalerweise aus Aluminiumplatten, die aufgrund ihrer
hohen magnetischen Suszeptibilität (Übernahmefähigkeit) im Vergleich
zu ihrem günstigen Preis gewählt werden. Den aktiven Teil des Motors
bildet eine herkömmliche Elektromotor-Wicklung, die sich unter dem
Fahrzeug erstreckt. Sobald diese mit Energie versorgt wird induziert
sie ein diametrales magnetisches Feld in die Reaktionsplatte, was eine
Anziehung (oder Abstoßung) bewirkt. Durch Verschieben der Felder entlang
der Wicklung schiebt sich der Motor selbst entlang der Platte voran
– mit der gleichen Kraft, die normalerweise verwendet wird, um einen
herkömmlichen Motor in Drehung zu versetzen. Zu den großen Vorteilen
dieser Technologie gehört, daß sie keine beweglichen Teile hat und
auch die Notwendigkeit eines starken materiellen Kontakts mit der Spur
beseitigt.
Vorläufer der LIM-Technologie sind Charles Wheatstone am King’s College in London in den 1840er Jahren, dessen Modell zu ineffizient ist; das Patent des Erfinders Alfred Zehden aus Frankfurt/M. aus dem Jahr 1905 (US-Nr. 782.312), das schon explizit von Bahnen und Fahrstühlen spricht; sowie das bereits funktionierende Modell des deutschen Ingenieurs Hermann Kemper im Jahr 1935, der als einer der Erfinder der Magnetschwebebahn gilt (s.u.).
Der Motor basiert auf den Arbeiten von Prof. Eric Laithwaite an der University of Manchester, der in den später 1940ern damit beginnt und 1961 ein kleines Demo-System vorweisen kann, das aus einer gut 6 m langen Reaktionsschiene und einem vierrädrigen Wagen mit einem Sitz darauf besteht. In den Entwürfen wird sein LIM als ‚doppelseitiger Sandwich-Motor’ bezeichnet.
In einem Artikel des Magazins Popular Science vom November 1961 wird das mit einem LIM ausgerüstete Schwebezug-Konzept von Laithwaite näher vorgestellt, welches die gleiche Levapad-Luftkissentechnologie verwendet wie ein von der Ford Motor Co. entwickeltes schwebendes Auto ohne Reifen, das unter dem Namen Glideair Hovercar bekannt wird und an dem (mindestens) seit 1958 gearbeitet wird.
Bei dem Levapad, das in den frühen 1930er Jahren von dem Ford-Ingenieur Andrew A. Kucher erfunden wurde, strömen Druckluftstrahlen durch kleine Löcher, um als eine Form der Schmierung das Schweben von Objekten zu ermöglichen. Auch für Standard-Schienen gibt es Levapads, die das Fahrzeug von der Bahn heben und von den Schienenseiten weg halten. Das entsprechend Levacar genannte (Klein-)Modell von 1959 wird von einem Propeller angetrieben, im großen jedoch nicht umgesetzt.
Die Energie sowohl zum Schweben als auch zu Antrieb des Glideair kommt jedenfalls aus einer Gasturbine oder einem Turbinenstrahltriebwerk. Interessant ist, daß Ford zu diesem Zeitpunkt ein ‚Aero-Car’ namens Volante entwirft, das mittels drei im Dreieck angeordneter Ventilator-Einheiten wie ein Hubschrauber aufsteigen kann.
Andere, die sich mit Autos ohne Räder beschäftigen, sind der Designer Carl Reynolds, der diese schon 1978 im Einsatz sieht (nun ja, im Film...), sowie die Firma Piasecki Aircraft Corp., die an einem Sky Car arbeitet, der zivilen Version des 59-K, einem von zwei fliegenden Jeeps, die für die US-Army entwickelt worden sind.
Im Jahr 1962 beginnt Laithwaite, Gespräche mit der British Rail (BR) zu führen, um die LIM-Technologie bei Hochgeschwindigkeitszügen einzusetzen.
Das Luftkissenfahrzeug-Entwicklungsteam der HDL übernimmt das LIM-Konzept und konzipiert eine Führungsspur aus Beton in Form eines umgedrehten T, dessen vertikaler Abschnitt an beiden Seiten mit ‚Stator-Platten’ aus Aluminium belegt ist. Bei Hythe wird ein Prüfstand für diese Anordnung gebaut, der 1963 von British Pathé gefilmt wird, wobei auch das Modell eines vorgeschlagenen Zuges gezeigt wird.
Nach seinem Umzug ins Imperial College London im Jahr 1964 ist Laithwaite in der Lage, die ersten Ausführungsbeispiele großer LIM-Systeme zur Reife zu bringen, die für Verkehrssysteme geeignet sind. Bei Tests mit hohen Geschwindigkeiten treten allerdings Schwingungen auf, die gedämpft werden müssen. Die Spurführung wird daraufhin völlig neu gestaltet und besteht nun aus einem kastenförmigen Hauptträger mit einer oben montierten Reaktionsplatte für den LIM, während die vertikalen Seiten der Führungsbahn der Zentrierung dienen. Auch von dieser Version wird ein Modell im verkleinerten Maßstab gebaut, das 1966 auf der Hovershow’66 gezeigt wird.
Eine weitere Modifikation erzeugt eine Führung, die wie ein richtig stehendes T aussieht, wobei die Reaktionsplatte an der einen Unterseite des horizontalen Abschnitts sitzt, während die andere Seite den elektrischen Leiter trägt, der den Strom zur Verfügung stellt. Ganz neu: Dieses Führungsdesign wird vorab im Atlas Computer Laboratory simuliert! Nach Ausschöpfung der Forschungsmöglichkeiten mit kleinen Modellen beantragt das HDL-Team bei seiner Dachorganisation, der National Research Development Corporation (NRDC), zusätzliche Mittel, um eine Teststrecke in voller Größe zu bauen. Da es dem NDRC nicht gelingt, von der Regierung neues Kapital zu bekommen, beschließt man, mit 1 Mio. £ aus dem eigenen ermessensabhängigen Budget mit dem Bau der Strecke zu beginnen, in der Hoffnung, daß dann auch zusätzliche Finanzmittel aus der Industrie kommen würden.
Im April 1967 wird die HDL offiziell in das National Physical Laboratory (NPL) überführt. Um ihre Investition zu schützen, und mit nur wenig Drittmitteln ausgestattet, beschließt die NRDC die Schwebezug-Gruppe als Tracked Hovercraft Ltd. (THL) auszugliedern und die Finanzierung über vier Jahre zu strecken, beginnend mit einem Zuschuß in Höhe von 1 Mio. £ für einen einzigen Prototyp und einen kurzen Abschnitt der Teststrecke. Enttäuscht über das mangelnde Interesse der British Rail an seinem Schwebezug und den Mangel an Finanzierung, trennt sich Laithwaite von der BR und wird Berater der THL. Da die französische Regierung zu diesem Zeitpunkt begonnen hatte, enorme Mittel in das im Wesentlichen ähnliche Aérotrain-Projekt zu stecken (s.u.), gelingt es Laithwaite die Regierung davon zu überzeugen, daß England im Begriff steht, das Rennen um den zukünftigen Hochgeschwindigkeitsverkehr zu verlieren – worauf die Regierung immerhin 2 Mio. £ zusätzliche Mittel bereitstellt.
Als der Bau im Jahr 1970 beginnt, tritt allerdings ein neues Problem auf. Waren die meisten LIM-Testsysteme bislang bei niedrigen Geschwindigkeiten betrieben worden, wird bei höheren Geschwindigkeiten festgestellt, daß die mechanischen Kräfte der LIM-Spulen auf die Stator-Platte so groß werden können, daß die vertikalen Verbindungen der Platten reißen. Zusätzlich erwärmt das Vorbeifahren des Zuges die Platten, was sie ebenfalls mechanisch schwächt. Laithwaite kommt zu dem Schluß, daß der doppelseitige LIM viel zu gefährlich ist – und initiiert damit, daß die meisten LIM-Systeme (von denen es zu diesem Zeitpunkt Dutzende gegeben haben soll) ihre Spurführungen überarbeiten und nun einen einseitigen LIM verwenden, über Statorplatten, die flach zwischen den Schienen liegen. Dies führt zu einer weiteren Umgestaltung des Schwebezug-Fahrwegs als quadratischen Hohlkasten, bei dem der LIM-Stator flach auf der Oberseite befestigt ist, während sich die Stromabnehmer darunter an den beiden Seiten befinden.
Der erste Abschnitt von 6,4 km Länge der geplanten 32 km langen Teststrecke in den Mooren bei Earith in Cambridgeshire wird nach Sutton-in-the-Isle gelegt und verläuft etwa 1,8 m hoch über dem Boden. Man erwartet, daß der Zug bei Befahren der Gesamtstrecke eine Geschwindigkeit von 480 km/h erreicht. Tatsächlich kommt der erste Testzug, das Research Test Vehicle 31 (RTV 31), im Februar 1973 auf einer nur 1,6 km langen Strecke und bei einem Gegenwind von 32 km/h auf eine Geschwindigkeit von 167 km/h. Der Test wird den ganzen Tag lang auf BBC News Live gesendet. Das Interesse ist besonders groß, weil es Gerüchte darüber gibt, das Projekt stünde unmittelbar vor seiner Einstellung. Wogegen die British Rail nichts einzuwenden hätte, die schon seit 1971 eindeutig den auf normalen Stahlschienen fahrenden Advanced Passenger Train (APT) bevorzugt. Der zuständige Minister dementiert die Gerüchte jedoch im Brustton der Überzeugung und vor laufender Kamera.
Ein weiteres ernstes Problem für die Luftkissen-Schwebetechnik ist die rasante Entwicklung und die scheinbare Überlegenheit der konkurrierenden Magnetschwebebahn, bei der – einfach ausgedrückt – die Schwebe-Pads durch Elektromagneten ersetzt werden, wobei das Entfernen der Motoren und Ventilatoren und die Installation der Magnete das Fahrzeuggewicht um rund 15 % reduziert, was die relativ geringe Nutzlast der Luftkissenfahrzeuge fast verdoppelt. Noch viel wichtiger ist aber, daß keine Notwendigkeit mehr besteht Luft anzusaugen und in die Pads zu pressen, was im vorliegenden Beispiel etwa 2.100 kW (2.800 PS) erfordert – während die Kraft zum betreiben der Magneten auf weniger als 40 kW (54 PS) geschätzt wird.
Nur eine Woche nach dem Versuchslauf vom Februar 1973 wird die Finanzierung des spurgeführten Luftkissenfahrzeug-Projekts eingestellt. Die Regierung erklärt, daß keine Aussicht besteht das System vor 1985 installieren zu können, und daß nach einer Finanzierung in Höhe von etwa 5 Mio. £ weitere Mittel keinen Sinn mehr machen würden. Ausschließlich die Arbeiten an der LIM-Technologie sollen weiter finanziert werden, und das Department of Trade and Industry unterzeichnet mit der Firma Hawker Siddeley einen 500.000 £ Vertrag zu ihrer weiteren Entwicklung. Es gibt einige politische Unstimmigkeiten, bei denen u.a. bekannt wird, daß sich Hawker Siddeley und Tracked Hovercraft bereits in einem Bieterwettbewerb um das geplante GO-Urban System in Toronto befinden, für das Hawker Siddeley die LIM-Technologie mit ihrem Minitram-System mit Gummi-Bereifung kombinieren will. (Die Wahl in Toronto fällt schlußendlich jedoch auf die Low-Speed-Magnetschwebebahn Transurban von Krauss-Maffei, s.u.).
Laithwaite übt zwar öffentliche Kritik an der Regierung, hat sich zu diesem Zeitpunkt aber schon von dem Luftkissen-Konzept verabschiedet, da auch ihm klar ist, daß die Magnetschwebebahn eine bessere Lösung darstellt. In der Zwischenzeit hat er auch herausgefunden, wie durch eine sorgfältige Anordnung des LIM ein einziger Motor ausreicht, sowohl die Hub- als auch die Traktionsarbeit zu leisten, was er als Traverse-flux oder ‚Fluß des Magnetismus’ bezeichnet. Laithwaite drängt nun darauf, die bestehende Teststrecke zu einem Testfeld für sein Magnetschwebebahn-Design umzuwandeln, doch in den USA experimentiert die Rohr Inc. bereits mit ihrer eigenen LIM-Anordnung (ROMAG Personal Rapid Transport System), und auch in Deutschland sind schon einige Magnetschwebebahn-Projekte im Gange.
Am Ende wird die Teststrecke aufgegeben und der RTV 31 landet an der Cranfield University, wo er in offenem Gelände mehr als 20 Jahre lang aufbewahrt wird. Im Jahr 1996 wird er dem Transport- und Umweltzentrum Railworld in Peterborough gespendet, wo er später restauriert wird und anschließend einen Ehrenplatz vor den Gebäuden bekommt. Laithwaite Arbeit fließt wiederum in die Maglev Birmingham ein, dem ersten operativen Magnetschwebebahn-System überhaupt.
Doch nun ein Blick auf die fast zeitgleiche Entwicklung in Frankreich:
In den Jahren von 1965 bis 1974 wird in Frankreich das Konzept einer mit Strahltriebwerken (!) angetriebenen Einschienen-Luftkissenschwebebahn verfolgt, von der es heute noch beeindruckende Filmaufnahmen zu sehen gibt. Jean Bertin, ein französischer Pionier auf dem Gebiet der Luftkissenfahrzeugtechnik, hatte bereits 1958 mit seinen Arbeiten begonnen und war schnell zum Konzept eines spurgeführten Luftkissenfahrzeugs gelangt. 1965 schafft er es, ausreichende staatliche Subventionen für eine Realisierung des Aérotrain zu erhalten.
Es entstehen zwei Teststrecken, eine ebenerdig ausgeführte 6,7 km lange Strecke zwischen Gometz-le-Châtel und Limours im Département Essonne, und eine 18 km lange, die als Teilstück einer geplanten Strecke Paris – Orleans in gerader Linie zwischen den Ortschaften Assas und Saran im Département Loiret verläuft, auf umgedreht T-förmigen Betonprofilen 5 m über dem Boden aufgeständert ist und 1969 fertiggestellt wird. Beide Versuchsstrecken haben Wendeplattformen an beiden Enden, da die Züge nicht rückwärts fahren können. Als Versuchsantriebe werden anfänglich Propeller und Raketenmotoren eingesetzt, später zwei Pratt & Whitney-Flugzeugturbinen, die auch die Luftkissen mit Luft versorgen. Nach der Ölkrise 1972 wird geplant, das System mit einem Linearmotor zu betreiben, was jedoch nicht mehr umgesetzt wird.
Gebaut werden 1965 der Aérotrain Expérimental 01 (2,6 t Gewicht, Maximalgeschwindigeit 345 km/h, 6 Plätze), 1968 der Aérotrain Expérimental 02 (2,2 t, max. 422 km/h, 2 Plätze), und 1969 der Aérotrain Suburbain S44 (8,4 t, max. 200 km/h, 44 Plätze) sowie der Aérotrain I80-250 Orléans (22 t, max. 300 km/h), ein Fahrzeug mit 80 Sitzplätzen, 26 m Länge, einer Normalgeschwindigkeit von 250 km/h und Propellerantrieb.
1973 wird dieses Fahrzeug statt dem Propeller mit einem Strahltriebwerk mit 7,5 t Schub ausgerüstet, wodurch eine Maximalgeschwindigkeit von 428 km/h erreicht wird. In dieser Konfiguration wird es unter Aérotrain I80 HV geführt. Außerdem wird noch eine Art Podcar mit vier Sitzen und dem Namen Tridim getestet.
Die verschiedenen Versuchsfahrzeuge führten mehrere tausend Fahrten auf den beiden Strecken durch, wobei auch zwei internationale Geschwindigkeitsrekorde aufgestellt werden. Im November 1967 stellt der Aérotrain 01 mit 345 km/h einen Geschwindigkeitsrekord auf der ersten Teststrecke auf, und im März 1974 wird auf der zweiten Strecke ein weiterer Rekord für Schienenfahrzeuge aufgestellt: 430,2 km/h.
Trotzdem kommt es nie zu einer kommerziellen Realisierung des Aérotrain urbaine, wofür unter anderem der hohe Energieverbrauch und der hohe Lärmpegel verantwortlich sind. Ein weiteres Problem ist die schwierige Ausführung von Weichen-Konstruktionen. Daneben soll es auch zu Streitigkeiten zwischen der den Aérotrain fördernden Raumplanungsbehörde und der nationalen französischen Eisenbahngesellschaft SNCF gekommen sein, die den TGV als konventionellen Hochgeschwindigkeitszug bevorzugt und durchsetzt.
Im Frühjahr 1974 wird ein bereits unterschriebener Vertrag zum Bau einer ersten Anwendungstrecke Cergy - La Defense bei Paris vier Wochen nach Regierungswechsel vom neuen Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing annulliert – der den Vertrag einige Wochen vorher als Finanzminister sogar selbst mit unterzeichnet hatte. Damit liegt der Verdacht nahe, daß die drei am Projekt beteiligten ‚Partner’ (die SNCF, die französische Bahnindustrie und die damaligen politischen Entscheidungsträger) den Einsatz des Aérotrains bewußt verhinderten, um ihr zukünftiges Geschäft mit der mehr gewinnbringendem TGV nicht zu gefährden.
Die letzte Fahrt mit dem I80-HV findet Ende Dezember 1977 statt. Im Jahr 1979 erscheint eine Briefmarke der französischen Post mit dem Motiv des Schwebezuges in der Propeller-Konfiguration, von der es später auch verkleinerte Modelle und 3D-Simulationen gibt. Eine weitere Briefmarke mit dem Motiv wird aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen in der Mongolei herausgegeben.
Iim März 1992 wird das Fahrzeug in seiner Halle bei Chevilly zerstört - vermutlich durch Brandstiftung. Die Nahverkehrsvariante S44 war schon zuvor, im Juli 1991, und ebenfalls durch Feuer zerstört worden. Heute verfällt die teilweise bereits abgerissene Versuchsanlage weiter; einer der verbliebenen Wagen (Prototyp Nr. 02) landet im Technik Museum Speyer; und ein weiterer, auf Grundlage einer Lizenz der französischen Firma Bertin & Cie von der oben bereits erwähnten Rohr Industries Inc. gebauter Prototyp, der mit einem Linearinduktion-Motor ausgestattet ist, findet 2009 seinen endgültigen Ausstellungsplatz im Eisenbahnmuseum von Pueblo in den USA, nachdem er zuvor mehrere Jahrzehnte vor dem Pueblo Weisbrod Aircraft Museum stand.
Weiter mit den Spurgeführten Luftkissenbahnen...