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Der Thermoelektrische Effekt / Seebeck-Effekt (TEGs) (VIII)


Über die im Jahr 2007 vermutlich von Uttam Ghoshal und A. Guha gegründete Firma Sheetak Inc. in Austin, Texas, ein weiteres Start-Up, das sich auf die Verwendung von Thermoelektrik konzentriert, um einen Kühlmotor für Kühlschränke und -boxen für die Verbraucher herzustellen, ist nicht viel zu erfahren. Das Unternehmen behauptet jedenfalls, eine revolutionäre Kühltechnologie eingeführt zu haben, die höhere Leistung mit besserer Kosteneffizienz verbindet.

Der Sheetak Green Cooler soll fünf neue Kühlungstechnologien beinhalten, einschließlich einem neuartigen, geschalteten thermoelektrischen Festkörper-Kühler. Er dient als Kühlmotor für Gefrier- und Kühlprodukte, so wie ein Mikroprozessor im Herzen eines Computers sitzt.

Interessanterweise erhält die Firma im Dezember 2011 einen Zuschuß in Höhe von 4,7 Mio. $ seitens der Advanced Research Projects Agency-Energy (ARPA-E) des Department of Energy, um ein thermisches Energiespeichersystem für die zusätzliche Heizung oder Kühlung von Elektrofahrzeugen (EV) und Hybridfahrzeugen (HEV) zu entwickeln. Um die Systemintegration und Kommerzialisierung zu beschleunigen, wird die Sheetak dabei mit der britischen Firma Delphi Automotive zusammenarbeiten. Das Projekt läuft unter dem Namen  Thermoelectric Reactors for Efficient Automotive Thermal Storage (TREATS).

Auch in den darauf folgenden Jahren kassiert die Firma diverse Förderungen und Zuschüsse vom DOE, wie z.B. 2013 jeweils 150.000 $ zur Entwicklung hocheffizienter thermoelektrischer Dünnschicht-Generatoren (High Efficiency Thin Film Thermoelectric Generators, HiE TFTEGs) für Fahrzeuge bzw. für einen Wärmepumpen-Warmwasserbereiter mit Festkörper-Energiewandler, und 2014 nochmals 150.000 $ für ein ultra-effizientes thermoelektrisches Kühlmodul für die thermische Wasserversorgung, sowie 1 Mio. $ für die Fortsetzung der Wärmepumpen-Entwicklung. Ob sich daraus auch Produkte ergeben haben, ist bislang nicht zu verifizieren.


Im Oktober 2007 reicht Zhiyu ‚Jerry’ Hu aus Knoxville, Tennessee, das Patent für einen umweltfreundlichen und thermoelektrisch-transportbasierten Festkörper-Wandler (Solid state transport-based thermoelectric converter), der mit Wasserstoff oder flüssigen Kohlenwasserstoff-Brennstoffen wie Alkohol oder Methanol betrieben wird. Hu hatte diesen mittels Nanomaterialien am dem dem U.S. Department of Energy zugehörigen Oak Ridge National Laboratory (ORNL) entwickelt (US-Nr. 7.696.668, erteilt 2010).

Hu entdeckte die neuartige nanoskalige Energieumwandlungsmethode bereits im Jahr 2005, was zur Entwicklung einer neuen Klasse von höchsteffizienten thermoelektrischen Festkörper-Generatoren geführt hat, welche die chemische Energie von Brennstoffen direkt umwandeln, um elektrischen Strom bei Raumtemperatur zu erzeugen – unter Vermeidung der herkömmlichen Hochtemperatur-Verbrennung mit externer Zündung.

Als Erklärung wird angeführt, daß Kraftstoffe wie wie die o.g. auf der Oberfläche eines Elektronenemitters spontan mit Oxidationsmitteln reagieren und dabei ausreichend Wärme erzeugen, um eine thermoionische Emission (Glühemission) zu verursachen. Dabei erfolgt sowohl eine Emission von Elektronen von dem Elektronenemitter (aufgeheizte Glühkathode), als auch eine Feststoff-zu-Feststoff Emission von Elektronen durch die Trennschicht zu der Kollektorschicht, wo diese durch einen Leiter mit der Emitterschicht verbunden ist.

Über den interessanten Ansatz von Hu läßt sich leider nichts anderes mehr finden. Zur Information: Die Glühemission (auch glühelektrischer Effekt o. Edison-Richardson-Effekt genannt) bezieht sich auf den Elektronenfluß von einer Metall- oder Metalloxid-Oberfläche, der durch thermische Schwingungsenergie verursacht wird. Dabei überwindet der Elektronenfluß die elektrostatischen Kräfte, welche die Elektronen an den Atomen oder Molekülen der Oberfläche festhalten. Der Effekt, der erstmals 1873 von dem englischen Physiker und Chemiker Frederick Guthrie beschrieben worden war, erhöht sich mit zunehmender Temperatur dramatisch.

Der ebenfalls englische Physiker Owen Willans Richardson erhielt für seine Arbeiten über das thermionische Phänomen und die als Thermionen bezeichneten geladenen Teilchen, die er 1901 an der Universität Cambridge durchgeführt und dabei die nach ihm benannte Richardson-Gleichung gefunden hatte, welche die Stromdichte der bei hohen Temperaturen aus einem Metall austretenden Elektronen beschreibt, den Nobelpreis für Physik des Jahres 1928.


Im Jahr 2007 arbeiten am Massachusetts Institute of Technology (MIT) Prof. Mildred S. Dresselhaus und ihr Team an der Lösung des grundlegenden Problems bei der Schaffung effizienter thermoelektrischer Materialien. Diese sollen sehr gut Strom leiten, aber keine Wärme. Die Wissenschaftlerin hatte bereits in den 1990er Jahren für die US-Marine daran gearbeitet, U-Boote mittels leiserer Methoden zu kühlen, da bei diesen die Stromerzeugung und die Klimaanlage zu den lautesten Geräuschquellen gehören.

Ein wesentlicher Fortschritt ist ihre Hypothese, daß Bismut-Nanostäbe mit einem Durchmesser < 10 nm den ZT von 0,2 auf über 3 anheben, weil die Ladungsträger sich nur entlang der quasi eindimensionalen Stäbe bewegen können und dadurch deren Energieniveau erhöhen. In der Praxis zeigen Bi2Te3-Nanostäbe tatsächlich eine um 90 % geringere thermische Leitfähigkeit.

Aktuell entwickeln die MIT-Forscher entsprechende Nanotech-Anwendungen, indem sie Hindernisse (nanogroße Partikel, Drähte oder Muster) in Halbleiter einbetten, die den Stromfluß behindern und die thermische Differenz erhalten. Durch die Integration dieser Nanostrukturen, wie Übergitter und Quantenpunkte (quantum dots), in Computerchips oder Solarzellen, können deren Temperaturen gesteuert, und damit ihre Funktionen verbessert werden.

Anfang 2008 meldet die Gruppe einen vielversprechenden Durchbruch, den sie gemeinsam mit Kollegen der Firma Texas Instruments erreicht habe. Das neue Mikrochip-Design umfaßt neben dem TEG Speicher- und Logik-Schaltungen, die auf einem deutlich niedrigeren Spannungsniveau arbeiten als üblich (0,3 V statt 1 V) und dazu bis zu zehnmal energieeffizienter sind als die gegenwärtige Technik. Man hofft, daß dies genügt, um in etwa fünf Jahren implantierbare medizinische Geräte mit der Wärme des menschlichen Körpers als Energiequelle betreiben zu können.

Gemeinsam mit Wissenschaftlern des Boston College (BC) und mit Hilfe der Nanotechnologie wird außerdem eine Steigerung der thermoelektrischen Effizienz der Halbleiter-Legierung Bismut-Antimon-Tellurid um 40 % erreicht. Dabei werden die Silizium-Nanodrähte genutzt, die von Forschern des Berkeley Lab und der University of California entwickelt worden sind (s.u.), auch bei Raumtemperatur thermoelektrische Eigenschaften auf Hochleistungsniveau aufweisen und in einem Temperaturspektrum zwischen Raumtemperatur und 250°C funktionieren.

Der Trick dabei ist, Gitter von vertikal ausgerichteten Nanodrähten herzustellen, die über eine außergewöhnlich rauhe Oberfläche verfügen. Hierfür wird die Halbleiter-Legierung in einer Kugelmühle zu im Durchschnitt 20 nm großen Partikeln zerkleinert, dann in loser Form wieder aufgebaut und anschließend zu zentimetergroßen Blöcken verpreßt. Die dabei entstehenden Unregelmäßigkeiten verlangsamen den Durchgang von Phononen (sog. Quasiteilchen) durch das Material dramatisch, was den radikalen Wandel der thermoelektrischen Leistung bewirkt und den Wärmestrom blockiert, während der elektrische Strom gleichzeitig frei fließen kann.

Als die Energie-Initiative des MIT im September 2008 ihre zweite Runde an Startfinanzierungen in Form von Zuschüssen an insgesamt 17 separate Projekte verteilt, sind davon vier, die sich mit der Entwicklung von Materialien und Systemen beschäftigen, welche Wärmeenergie direkt in Strom verwandeln. Grund dafür ist die Hoffnung, daß hocheffiziente thermoelektrische Materialien die schmutzigen und gefährlichen Kerosin verbrennenden Lampen und Holzöfen in der Dritten Welt ersetzen könnten.

Ein Vorschlag, der von Prof. Rajeev Ram eingebracht wird, betrifft z.B. die Entwicklung eines thermoelektrischen Solarkochers, bei dem die Restwärme etwa 20 W Leistung erbringen soll. Damit soll die die ländliche Elektrifizierung in den Entwicklungsländern unterstützt werden. Das Projekt unter dem Namen SolSource wird 2009 mit dem St. Andrews-Preis für Energie und Umwelt ausgezeichnet – und 2011 als ,Solar concentrator assembly and methods of using same’ zum Patent angemeldet, bei dem neben Ram als Erfinder auch noch Catlin Powers und fünf weitere Personen genannt werden (WIPO-Anmeldung WO/2011/088121, veröffentlicht 2011; vgl. US-Nr. 9.291.365, 2011/2016).

Der Solarkocher selbst geht auf eine Gruppe Studenten im zweiten Jahr des MIT und des Wellesley College zurück, die 2007 mit Landgemeinden im Himalaja zusammenarbeiten, um deren Energie-Optionen zu verbessern. Der SolSource Solarkocher wird später von One Earth Designs hergestellt, allerdings ohne die thermoelektrische Komponente, weshalb ich das Projekt unter den Solarkochern aufführe (s.d. - Update in Arbeit).

Wie aus einer 2012 veröffentlichten Arbeit hervorgeht, verfolgt Ram das ursprüngliche Konzept weiter. Er zeigt, daß solare thermoelektrische Generatoren (STEGs) aus preiswerten Parabolkonzentratoren, wie sie in Entwicklungsländern als Solarkocher verwendet werden, und mit Modulen mit hohen ZT-Werten eine tragfähige und kostengünstige Alternative zur Photovoltaik für die dezentrale Energieerzeugung darstellen.

Die maximale Umwandlungseffizienz bei Einsatz eines marktüblichen thermoelektrischen Moduls beträgt 3%, wobei der Generator eine Spitzenleistung von 11 W produziert. Zur weiteren Verbesserung wird nun die Verwendung von neuem TE-Material in Betracht gezogen, weshalb z.B. Metall-Halbleiter-Supergitterstrukturen ((HfZr)N/ScN) untersucht werden. Über irgendwelche praktischen Umsetzungen ist bislang nichts zu finden.


Ende 2007 meldet eine Forschergruppe um Prof. Ernst Bauer an der Technischen Universität Wien die Entwicklung eines Thermoelektrikums aus der Familie der Skutterudite, das ohne problematische Elemente auskommt. Das Mineral Skutterudit, das nach dem norwegischen Dorf Skutterud bei Blåfarveværket in Modum benannt ist, wo es 1772 entdeckt wurde, ist früher vor allem für das Blaufärben von Porzellan genutzt worden und gilt als umwelt- und gesundheitsfreundlich.

Das Team verwendet sogenannte ,gefüllte Skutterudite’ - durch verschiedene Prozeßschritte hergestellte Legierungen mit einer käfigartigen Struktur aus Kobalt, Eisen und Antimon. Die Grundstruktur ist der Halbleiter CoAs3. In diesen Nano-Käfigen werden noch weitere Atome plaziert, mit denen sich die physikalischen Eigenschaften des Materials speziell anpassen lassen. Die thermische Leitfähigkeit wird dadurch bis an den Rand des theoretischen Limits gesenkt.

Als Resultat bestehen die neuen Thermoelemente aus der Kombination eines elektropositiven Elements, z.B. Barium oder Strontium (das in der Kristallstruktur des Skutterudit quasi eingesperrt ist), einem Übergangsmetall wie Platin, sowie einer dritten Komponente, die bisher als besonders problematisch galt, da hier Elemente aus der Gruppe der Pnictogene zum Einsatz kamen, etwa Phosphor oder giftiges Arsen. Bei dem seit anderthalb Jahren laufenden Projekt gelingt es dann, die Pnictogene durch Germanium zu ersetzen. Außerdem wird nach einem preiswerteren Ersatz für das Platin gesucht.

Da die bisherigen Forschungsarbeiten des Wiener Teams zu einer weltweiten Spitzenstellung dieser Materialien in Bezug auf ihre thermoelektrische Leistungsfähigkeit geführt haben, wird im Jahr 2013 mit finanzieller Unterstützung des österreichischen Wirtschaftsministeriums und den Firmenpartnern Treibacher Industrie AG (TIAG), AVL und Infineon die Einrichtung eines neuen Christian Doppler-Labors für Thermoelektrizität gefördert, das Prof. Bauer gemeinsam mit den Professoren Peter Rogl und Alexander Bismarck (Universität Wien) sowie Prof. Silke Bühler-Paschen (TU Wien) leitet.

Clathrate Grafik

Clathrate (Grafik)

Im September 2013 folgt ein Bericht, dem zufolge ein Team der TU Wien um Bühler-Paschen eine neue und deutlich effektivere Klasse thermoelektrischer Materialien hergestellt habe, nämlich Kristallverbindungen namens Clathrate, bei denen einzelne Gast-Atome in unzähligen mikroskopisch kleinen, käfigartigen Hohlräumen eingesperrt sind.

Diese Clathrate zeigen bemerkenswerte Wärme-Eigenschaften, wobei das genaue Verhalten des Material davon abhängt, wie die eingesperrten Einzelatome mit dem Gitterkäfig rundherum wechselwirken. Die Forscher planen daher, Cer-Atome in die Käfige einzusperren, weil ihre magnetischen Eigenschaften ganz besondere Arten von Wechselwirkungen erwarten lassen.

Zwar waren alle früheren Versuche, magnetische Atome wie das Seltene-Erden-Metall Cer in solche Strukturen einzubauen, gescheitert, doch dem am selben Institut tätigen Prof. Andrey Prokofiev gelingt es nun mit Hilfe eines ausgeklügelten Kristallzuchtverfahrens in einem Spiegelofen Clathrate aus Barium, Silizium und Gold herzustellen, die Cer-Atome enthalten.

Als das neue Material auf seine Einsetzbarkeit als Thermoelektrikum überprüft wird, zeigt sich, daß durch die eingesperrten Cer-Atome eine um 50 % höhere Spannung erzielt werden kann. Außerdem ist die Wärmeleitfähigkeit der Clathrate extrem gering. Die Wissenschaftler vermuten, daß die Ursache für die außergewöhnlich guten Materialeigenschaften in einer bestimmten Art von Elektronen-Korrelation liegen - dem sogenannten Kondo-Effekt, der das anomale Verhalten des elektrischen Widerstands in Metallen mit magnetischen Störstellen beschreibt. Denn die Elektronen der Cer-Atome sind mit den Kristallgitter-Atomen quantenmechanisch eng verbunden.

Den Kondo-Effekt kannte man bislang nur aus der Tieftemperaturphysik, in der Gegend des absoluten Nullpunkts. Doch überraschenderweise spielen diese quantenphysikalischen Korrelationen im neuen Clathrat-Material auch bei 100°C eine Rolle. Das Rütteln der eingesperrten Cer-Atome am Gitter wird bei hoher Temperatur sogar noch stärker.

Das Forschungsteam wird nun versuchen, diesen neuen Effekt auch auf andere Clathrate zu übertragen. Um das Material auch industriell interessant zu machen, soll das teure Gold durch andere Metalle, wie etwa Kupfer, ersetzt werden, während sich das Cer möglicherweise durch sogenanntes Mischmetalle, billige Legierungen aus Seltene-Erden-Elementen, die um 1885 herum von dem österreichischen Chemiker und Unternehmer Carl Freiherr Auer von Welsbach entdeckt worden waren, ersetzen läßt.

Die Erfindung des neuen Materials und dessen Herstellungsverfahren ist von der TU Wien bereits zum Patent angemeldet worden.


Anfang 2008 berichten gleich zwei Forschergruppen, daß es ihnen gelungen sei, die thermoelektrischen Eigenschaften von Silizium, das sich als Material dafür bislang kaum eignete, um das 100-fache zu verbessern.

Das erste Forscherteam unter der Leitung von Prof. Arun Majumdar und Peidong Yang an der kalifornischen University of Berkeley erreicht dies, indem es auf elektrochemische Weise aufgerauhte Nanodrähte aus Silizium erzeugt, die einen runden Querschnitt und einen Durchmesser von 20 – 300 nm besitzen. Diese zeigen eine deutlich reduzierte Wärmeleitung, wodurch die für die thermoelektrische Stromgewinnung notwendige Temperaturdifferenz entlang der Drähte deutlich erhöht werden kann. Verantwortlich dafür sind Gitterschwingungen in den winzigen Strukturen, die verhindern, daß die Elektronen die Wärme fast ungehindert transportieren können.

Nanodraht-TEG des CALTECH

Nanodraht-TEG des CalTech

Obwohl das günstige Silizium bei Raumtemperatur ein sehr schlechtes Thermoelektrikum ist und nur einen ZT-Wert von 0,008 aufweist, können mit Nanodrähten von ungefähr 50 nm Durchmesser bereits ZT-Werte von 0,6 erreicht werden. Nun will man durch die weitere Reduzierung des Durchmessers, in Kombination mit einer optimierten Kontrolle der Dotierung und der Rauheit, ZT-Werte von 1,0 oder höher erzielen. Erhofft werden sogar 2,0 oder mehr.

Die Forschungen werden durch das DOE und die National Science Foundation (NSF) unterstützt – und das Berkeley-Team spricht bereits mit dem taiwanesischen Chip-Giganten TSMC, der versucht, thermoelektrische Chips aus Nanodrähten herzustellen.

Vergleichbare Ergebnisse erzielt auch die Gruppe von James R. Heath am California Institute of Technology (CalTech) in Pasadena, die ähnliche Nanodrähte entwickelt, jedoch mit rechteckigem Querschnitt in der Größe 10 x 20 nm. Auf dem Foto ist eine Falschfarben-Aufnahme der Silizium-Nanodraht-Vorrichtung zu sehen. Die zentrale grüne Fläche ist das Gitter aus Si-Nanodrähten, die bei dieser Vergrößerung nicht detaillierter sichtbar sind. Die vier gelblichen Elektroden werden für die Thermometrie verwendet, während die Wärmezufuhr über eines der beiden Joule-Heizelemente erfolgt (hier das rechte, rot gefärbte Heizelement).

Bislang fehlt allerdings noch die Theorie dafür, wie es überhaupt gelingen konnte, die thermische Leitfähigkeit derart zu senken.


Harald Böttner, Leiter der Abteilung für Thermoelektrische Systeme am Fraunhofer-Institut für Physikalische Meßtechnik (IPM) in Freiburg (bis 2012), berichtet im Februar 2008 über den aktuellen Stand, dem zufolge der ZT-Wert jahrzehntelang bei 1 stagnierte und sich erst Anfang dieses Jahrzehnts mittels Nanotechnologie bis auf etwa 3,5 verbessern ließ, dies aber auch nur bei Verwendung von extrem teuren Materialien.

Beim heute am meisten verfolgten Ansatz werden Nanometer-dünne Lagen aus thermoelektrisch unterschiedlich aktivem Material aufeinandergelegt. Die dadurch entstehenden Grenzflächen behindern den Wärmetransport, nicht aber den Strom. Eine breite wirtschaftliche Nutzung gilt ab einem ZT-Wert von 1,5 als rentabel, und bei einer Gütezahl von 2 wird mit einer Verzehnfachung des Marktvolumens gerechnet. Ein Ende dieser Steigerung ist aber nicht abzusehen, denn theoretisch existiert keine Grenze.

Dirk Ebling, ebenfalls Forscher am IPM, setzt statt auf dünne Schichten auf ein Gemisch reiner Thermoelektrika, die aber keinen gemeinsamen Kristall bilden, sondern aus verpreßten Nano-Kristallen bestehen. Der Vorteil besteht darin, daß eine Wärmewelle, die ungehindert durch einen großen, wohlgeordneten Kristall geht, bei vielen kleinen Kristallen von den Grenzflächen aufgehalten wird. Die Fraunhofer-Forscher arbeiten zudem mit der Firma BASF zusammen an TEGs, welche die Abwärme von Autos ernten sollen.

Laut Böttner wurden weltweit zwischen 2008 und 2013 rund 250 Mio. € für die Thermoelektrik-Forschung ausgegeben, was relativ wenig Geld sei.

Im November 2009 startet das bis Ende 2012 laufende Projekt HeatReCar (Reduced Energy Consumption by Massive Thermoelectric Waste Heat Recovery in Light Duty Trucks,), bei dem Forscher des IPM einen TEG für die Integration in ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor entwickeln. Projektpartner sind die deutschen Firmen Siemens AG und Robert Bosch GmbH, die Firmen ROM Innovation & Stratégie und Valeo Systems Thermiques SAS aus Frankreich, das Centro Ricerche Fiat SCPA (CRF) in Italien – als Projektkoordinator – sowie das schwedische Unternehmen Termo-Gen AB.

HeatReCar-Prototyp

HeatReCar-Prototyp

Ziel des Projekts ist eine Ausbeute von 1 kW bei 130 km/h. Es wird von der EU mit gut 2,5 Mio. € gefördert, die Gesamtkosten werden mit etwa 4,2 Mio. € angegeben.

Der Generator-Prototyp aus Bismut-Tellurid wird in einem IVECO Daily light-duty truck (LDT) Kleintransporter mit Dieselmotor direkt am Abgasrohr angebracht, wo er aus der Abwärme des Abgases eine maximale Leistung von 500 W elektrische Energie gewinnt. Bei Tests erbringt der TEG eine Treibstoffeinsparung von 2,2 – 3,9 %.

Während das Bismut-Tellurid für Abgastemperaturen um 450°C besonders gut geeignet ist, bedarf es für Pkws mit Ottomotoren, die mit höheren Verbrennungstemperaturen arbeiten und somit höhere Abgastemperaturen erzielen, hingegen sogenannter segmentierter Module, die aus Bismut-Tellurid und geeigneten Hochtemperatur-Materialien wie z. B. Skutteruditen und Halbheusler-Legierungen zusammengesetzt werden. Diese segmentierten Module werden noch 2013 in Fahrzeugen getestet.

Als im Oktober 2013 der Abschlußbericht des Projekts HeatReCar veröffentlicht wird, sind auch einige Details zu erfahren. So war im Zuge der Arbeiten beispielsweise die Leistung des TE-Werkstoffs durch Kugelmahlen und anschließendes Funkenplasma-Sintern (dem Verfestigen von Pulvern bei hohen Temperaturen, ohne sie zu schmelzen) um mehr als 20 % erhöht worden.

Die Tests auf dem Prüfstand zeigen die technische Realisierbarkeit, und daß der TEG prinzipiell in der Lage ist, bei 450°C eine Leistung von 500 W zu liefern. Allerdings muß eine thermoelektrische Umgehungsleitung installiert werden, um die Höchsttemperatur des thermoelektrischen Moduls auf 270°C zu begrenzen, damit das TE-Material keine Schäden erleidet. Diese Strategie verursacht wiederum eine beträchtliche Verringerung der thermoelektrischen Leistung, so daß in der Praxis nicht mehr als 170 W erzielt werden. Durch eine Verbesserung des Bypass-Systems will man aber wenigstens auf 250 W kommen. Von dem ursprünglichen Ziel ist man damit aber noch sehr weit entfernt.

Im Dezember 2013 meldet die Fachpresse, daß es IPM-Forschern um Kilian Bartholomé erstmals gelungen sei, Halb-Heusler-Verbindungen im Kilomaßstab herzustellen. Hierzu hatten die Wissenschaftler innerhalb des von der Europäische Union und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) mit 1,3 Mio. € geförderten Projekts thermoHEUSLER mit der Robert Bosch GmbH, dem Institut für Anorganische Chemie und Analytische Chemie der Johannes Gutenberg Universität Mainz, der Vacuumschmelze GmbH & Co. KG in Hanau und der Isabellenhütte Heusler GmbH & Co. KG in Dillenburg zusammengearbeitet.

Pilot-Fertigung am IPM

Pilot-Fertigung am IPM

Daß die Herstellung des sehr effizienten Halb-Heusler-Materials ausgerechnet an der Vacuumschmelze und der Isabellenhütte erfolgt, hat Tradition, denn der deutsche Bergbauingenieur, Chemiker und Namensgeber Friedrich Heusler war einst selbst Leiter der Isabellenhütte.

Im Rahmen des von Benjamin Balke von der Universität Mainz geleiteten Projekts erreichen die Partner bereits einen ZT-Wert von 1,2. Mit einem speziell entwickelten Lötsystem gelingt es zudem, das Design der elektrischen Kontakte, die wesentlich für die Effizienz der Module sind, so zu gestalten, daß sie große Temperaturunterschiede vertragen, langzeitstabil sind und gleichzeitig den elektrischen Widerstand möglichst gering halten.

Im Juni 2015 starten die Projektpartner gemeinsam mit den Firmen Faurecia und Siemens AG dann das bis Mai 2018 laufende Verbundprojekt thermoHEUSLER2 (Systemintegration thermoelektrischer Abgaswärmeenergierückgewinnung), bei dem u.a. die AUDI AG für ein Teilvorhaben mit gut 100.000 € von der Bundesregierung gefördert wird. Projektergebnisse liegen noch nicht vor.

Ende Juli 2016 nimmt das IPM eine neue, halbautomatische Pilot-Fertigung im Labormaßstab für thermoelektrische Hochtemperatur-Module aus Halb-Heusler-Materialien in Betrieb, mit der sich die Module in größeren Stückzahlen und preiswerter herstellen lassen als bisher, wo dies sehr aufwendig in Handarbeit geschah.

Dem Thermoelektrik-Gruppenleiter Jan König zufolge reduziert die automatisierte Fertigung die Herstellungskosten etwa um drei Viertel. Die Forscher wollen die Module insbesondere zum Aufbau von Versuchs- und Demonstrationsanlagen nutzen, um das Potential der Technik zu verdeutlichen. So sollen jeweils bis zu einige hundert Module zu einem thermoelektrischen Generator zusammengeschaltet und mit geeigneten Wärmetauschern verbunden werden, um die Stromproduktion aus der Abwärme von Blockheizkraftwerken im kW-Maßstab zu demonstrieren. Doch auch noch andere Institute des Fraunhofer-Verbunds befassen sich mit der Thermoelektrizität.

Im September 2012 stellen beispielsweise Wissenschaftler des Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) mit Sitzen in Erlangen und Nürnberg einen gemeinsam mit der in Calw ansässigen Firma Seuffer GmbH & Co. KG entwickelten kabellosen ,Fensterwächter’ vor, der den Zustand der Fenster prüft und erkennt, ob ein Fenster offen, geschlossen, gekippt oder angelehnt ist.

Der am Innenrahmen des Fensters angeklebte fingernagelgroße Sensor des IIS, ein 3D-Magnetfeldsensor, sendet diese Information über eine ebenfalls im Rahmen angebrachte Funkeinheit an eine Basisstation, wobei er ohne Kabel und Batterie auskommt, da er seine Energie aus der Umgebungswärme und dem Licht der Umwelt bezieht. Dabei wandeln im Fensterrahmen angebrachte Thermogeneratoren die Wärme in Strom um, während am äußeren Fensterrahmen befestigte Solarzellen für zusätzliche Energie sorgen.

Das als Prototyp vorliegende System soll bereits Ende des Jahres von der Firma Seuffer in Serie gefertigt werden. Bislang läßt sich dies jedoch nicht belegen. Das IIS erhält im Februar 2013 auf der Messe embedded world zwar den Sonderpreis des embedded AWARD 2013 für das wartungsfreie und energieautarke, drahtlose Multi-Hop-Sensornetz, auf dem auch der Fensterwächter basiert, doch weitere Neuigkeiten darüber gibt es nicht.

Gedruckte TEG des IWS

Gedruckte TEG des IWS

Auf der Hannover Messe im April 2013 stellen wiederum Forscher des in Dresden angesiedelten Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Stahltechnik (IWS) um Aljoscha Roch ein neues Herstellungsverfahren für thermoelektrische Generatoren vor, das sie in einem Kühlturmmodell präsentieren.

Das IWS-Team arbeitet an Möglichkeiten, um das in den teilweise über 150 m hohen Kühltürmen von Großkraftwerken schlummernde Wärmepotential zu nutzen. Obwohl die TEGs zur Zeit nur einen Wirkungsgrad von etwa 8 % erreichen, könnten aufgrund der enormen Energiemenge, die in den riesigen Anlagen entstehen – pro Sekunde verdampfen etwa 1.500 Liter Wasser – große Mengen an Strom erzeugt werden. Um die Innenseiten der konkav geformten Kühlturmwände in großem Stil damit auszustatten, müssen sich die TEG aber kostengünstig, großflächig und aus flexiblen Materialien herstellen lassen.

Dem kommen Roch und seine Kollegen nun einen großen Schritt näher, als ihnen gelingt, TEGs per 3D-Drucktechnologie zu produzieren. Die miniaturisierten Generatoren lassen sich dabei nicht nur günstig als großflächige und als flexible Bauteile herstellen, sondern verwenden auch nichttoxische, elektrisch leitende Polymere.

Dabei funktioniert die 3D-Drucktechnik wie ein Tintenstrahldrucker, bei dem statt eines dünnen Tintenstrahls eine thermoelektrisch aktive Polymer-Paste aus der Kartusche kommt und 20 - 30 µm dicke thermoelektrischen Schichten entstehen läßt, die bereits bei einer Temperaturdifferenz von nur 1°C zu funktionieren beginnen.

Im April 2014 zeigt das IWS eine etwas gewöhnungsbedürftige Umsetzung, wie sie auch nur einem wissenschaftlichen Labor entsprungen sein kann.

Die Innovation im Bereich der integrierten Energieversorgung namens BlueTEG ist ein autarkes Sensor Armband, das Sensorwerte wie die Umgebungstemperatur oder Beschleunigungsraten mißt und diese Daten über Bluetooth an ein Smartphone oder Tablet PC überträgt.

Um die elektrische Energie zur Versorgung der elektronischen Systeme zu erzeugen, sind in das Armband ein konventioneller Thermogenerator, welcher die Temperaturdifferenz zwischen der Haut und der umgebenden Luft nutzt, sowie ein spezieller Spannungswandler des IIS integriert.


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