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Der Thermoelektrische Effekt / Seebeck-Effekt (TEGs) (III)


Die diversen Entwicklungen führen letztlich zu einigen lebensfähigen Industrien – und viele Menschen denken zu diesem Zeitpunkt, daß die Thermoelektrik bald konventionelle Wärmekraft- und Kältemaschinen ersetzen wird. Das Interesse wächst schnell, und Forschungen finden nicht nur bei großen Unternehmen statt, sondern zunehmend auch an Universitäten und in nationalen Forschungslabors. Und einiges davon läßt sich auch dokumentieren.


Lindenblad-Kühlschrank


Im Jahr 1954 konstruiert beispielsweise der Amerikaner Nils E. Lindenblad bei der Firma Radio Corporation of America (RCA) den vermutlich ersten elektrothermischen Kühlschrank der Welt mit einem 8 Liter großen Kühlfach. An dessen Rückseite befinden sich etwa 300 Thermoelemente aus Blei/Tellurid (PbTe) und Antimon/Tellurid (SbTe) als thermoelektrisches Paar.  Die Kühlung der TE erfolgt durch einen Wasserkreislauf.

Ende 1956 wird ein größerer Kühlschrank mit 110 Liter Inhalt und einem Eisfach von 16 cm2 vorgeführt, der eine Schranktemperatur von 4 - 7°C halten kann.

Ein entsprechendes Patent hatte Lindenblad bereits 1953 beantragt (US-Nr. 2.734.344, erteilt 1956), weitere Patente stammen aus dem Jahr 1954 (Thermoelectric elements and materials, US-Nr. 2.758.146; sowie Thermoelectric materials and elements utilizing them, US-Nr. 2.762.857, beide erteilt 1956). 1957 wird ihm zudem das Patent für einen thermoelektrischen Entfeuchter zugesprochen (US-Nr. 2.779.172, angemeldet 1954). Und 1958 kommt auch noch ein Patent für eine thermoelektrische Wärmepumoe hinzu (US-Nr. 2.844.638, angemeldet 1954). Wobei sich die Liste auch noch weiterführen ließe.

Die RCA führt außerdem Experimente mit thermoelektrisch klimatisierten Räumen durch, bei denen eine Wand mit zwei Tafeln von 2,2 m2 bzw. 2,7 m2 bestückt wird, die aus zahlreichen Wärmeübertragunsgflächen von je 25 cm2 bestehen, hinter denen wiederum die Thermopaare angeordnet sind. Ja nach Stromrichtung in den Thermopaaren kann dabei eine Heizung oder Kühlung des Raumes erreicht werden, wobei in beiden Fällen eine Temperaturdifferenz von 14°C gegenüber der Außenluft aufrecht erhalten wird.


Prof. Hiroshi Julian Goldsmid, ein Australier, der im britischen Hirst Research Centre der Firma General Electric Co. Ltd. (GE) in Wembley, Middlesex, tätig ist, erreicht 1954 unter Verwendung von Thermoelementen auf Basis von Bismut-Tellurid (Bi2Te3) eine Kühlung bis auf 0°C. Gemeinsam mit R. W. Douglas veröffentlicht er eine wegweisende Arbeit mit dem Titel ,Der Einsatz von Halbleitern in der thermoelektrischen Kältetechnik’ (The use of semiconductors in thermoelectric refrigeration). Ebenfalls 1954 reicht er das Patent für eine thermoelektrische Vorrichtung ein (US-Nr. 2.886.618, erteilt 1959).

Im Jahr 2010 publiziert Goldsmid übrigens das Werk ,Einführung in die Thermoelektrizität’ (Introduction to Thermoelectricity), in welchem er seine 55 Jahre lange Erfahrung auf dem Gebiet zusammenfaßt.

TE-Paneel von Westinghouse

TE-Paneel von Westinghouse


Und auch die Firma Westinghouse Electric Corp. arbeitet an kommerziellen Anwendungen des Seebeck-Effekts. Das Unternehmen will 1959 ein erstes thermoelektrisches, auf Bismut-Tellurid basierendes Gerät vermarkten und danach - innerhalb von drei bis fünf Jahren - ein System in dem Maßen eines Haushaltskühlschranks anbieten. Besonders verlockend ist dabei die geringe Größe der thermoelektrischen Generatoren, welche etwa einer DIN-A4 Seite pro Kilowatt entspricht.

Im Laufe der 1960er Jahre führt auch dieses Unternehmen Versuche mit thermoelektrischen Heiz- und Kühlpaneelen für Räume durch, die dazu noch mit elektrolumineszierenden Lampen verbunden sind. Es ist aber nichts darüber zu finden, daß es jemals zu kommerziellen Umsetzungen gekommen ist.


In den späten 1950er Jahren wird am Research Laboratory of Electronics (RLE) des MIT eine kleine Gruppe gebildet, welche die thermoelektrischen Materialien und Prozesse untersuchen soll und dabei mit einer Gruppe des französischen Laboratoire Centrale des Industries Electriques in Paris kooperiert. Einige Zeit später gründen Prof. David C. White und R. B. Adler das Energy Conversion Laboratory des MIT, um thermoelektrische Wandler als praktischen Ansatz für die Energieerzeugung und Kühlung zu entwickeln. Hierbei wird auch mit den zuvor genannten Industrieunternehmen zusammengearbeitet.


L. D. Dudkin
und N. Kh. Abrikosov entdecken 1957 die Thermoelektrizität von CoSb3.


Das erste internationale (?) Treffen zu dem Thema scheint die Konferenz über die Thermoelektrizität zu sein, die im September 1958 in Washington, DC, stattfindet.


Es ist in diesem Zusammenhang besonders bemerkenswert, daß der DDR-Autor Heinz Vieweg in seinem 1959 erschienenen Zukunftsroman Ultrasymet bleibt geheim – der übrigens in Algerien spielt –, unter anderem Elektrofahrzeuge beschreibt, deren Dächer aus ein paar Tausend Thermoelementen bestehen, welche die Akkus des Wagens aufladen, sobald dieser von der Sonne beschienen wird.

Die Vorstellung, die DDR wäre in den 1960er Jahren mit derartigen Produkten auf die Märkte der 3. Welt gegangen, bildet eine äußerst interessante und reizvolle Überlegung.


Ebenfalls 1959 meldet die Firma Turner Corp. aus Sycamore, Illinois, ein Hersteller von Gaslampen und -kochern, das Patent für einen thermoelektrischen Generator an, als Erfinder wird ein Magnus Lagreid genannt (US-Nr. 3.132.970, erteilt 1964).

TGK 3 der Martin Co.

TGK 3 der Martin Co.


Im Jahr 1960 kaufen Wissenschaftler der Firma Martin Co. in Baltimore, Maryland, einen der russischen TGK 3-Thermogeneratoren, wie sie inzwischen auch in China im Einsatz sein sollen.

Das US-Magazin Science & Mechanics berichtet in seiner Juni-Ausgabe, daß die rund 10 kg schwere Lampe 56 $ gekostet habe, was damals eine Menge Geld ist.

Das amerikanische Unternehmen ist übrigens eines der ersten, welches zur Hitzeerzeugung nukleares Material einsetzt. Darüber findet sich mehr im Kapitel zur Energiespeicherung unter Nuklearbatterie (s.d.).


In den 1960er Jahren verbreitet sich, ausgehend von Texas und Kalifornien, die für die boomende Elektronik entwickelte Halbleiter-Technologie über die gesamte Welt. Begonnen hatte diese im Grunde mit dem englischen Naturforscher und Experimentalphysiker Michael Faraday, der 1833 seine außergewöhnliche Entdeckung beschreibt, daß die elektrische Leitfähigkeit von Silbersulfidkristallen mit steigender Temperatur zunimmt – das Gegenteil von dem, was in Kupfer und anderen Metallen beobachtet wird.

Mit den zwischenzeitlich entwickelten neuen Halbleitern stehen nun auch thermoelektrisch wirksame Materialien zur Verfügung, die deutlich mehr Effizienz erzielen (4 % – 7 %). Es werden zudem Thermoelemente konstruiert, die höhere Genauigkeiten erzielen bzw. einen erweiterten Temperatureinsatzbereich haben. TEs moderner Bauart aus einer Germanium-Silizium-Legierung beispielsweise liefern bei Temperaturdifferenzen zwischen 400°C und 800°C schon mehrere zehntel Volt, der Wirkungsgrad beträgt etwa 5 %.

Für die aufstrebende Satelliten- und Raumfahrt-Technik sind wiederum mit Radioisotopen ‚beheizte’ Thermogeneratoren (Radioisotope Thermoelectric Generators, RTG) ein Gebot der Stunde, da sie oftmals die einzige Möglichkeit bieten, jenseits der Erdumlaufbahn genügend Strom für den zuverlässigen Betrieb einer Raumsonde bereitzustellen.

Die RTGs werden in den späten 1950er Jahren von Wissenschaftlern um Bertram C. Blanke an den Mound Laboratories in Miamisburg, Ohio, entwickelt, und zwar im Auftrag der United States Atomic Energy Commission. Der erste RTG wird 1959 von Präsident Dwight D. Eisenhower persönlich enthüllt - und zwei Jahre später, im Juni 1961, im Rahmen des Systems Nuclear Auxiliary Power Program (SNAP III) an Bord des Satelliten TRANSIT 4A der US-Marine (auch als NAVSAT bekannt) in den Weltraum geschossen. Auch darüber findet sich mehr bei der Beschreibung der Nuklearbatterie.

Bahnbrechende Arbeiten in diesem Bereich werden auch vom MIT-Professor Paul E. Gray durchgeführt, der bereits 1960 seine Doktorarbeit unter dem Titel ,The Dynamic Behaviour of Thermoelectric Devices’ verfaßt hatte.

Zu dieser Zeit sollen sich in den USA bereits 38 Institutionen mit thermoelektrischen Forschungen beschäftigen, darunter auch Firmen wie Whirlpool, Bell Telephone, Carrier u.a. Ebenfalls 1961 wird an der University of Durham in England eine Konferenz zur Thermoelektrizität abgehalten.


Durch die Entwicklung von Wolfram-Rhenium-Thermoelementen wird es erstmals möglich, Temperaturen über 2.000°C berührend zu messen. Diese W-Re-Thermoelemente, die 1962 das erste Mal zur Messung der Wasserstofftemperatur in einem Atomreaktor eingesetzt werden, erlangen im Jahr 1963 Bekanntheit, als die NASA ankündigt, sie für die Temperaturmessung am Wiedereintritts-Hitzeschild des Apollo-Raumschiffs einzusetzen, wo bis zu 2.300°C auftreten. Durch weitere Modifikationen gelingt es bis 1967, eine Temperatur von 3.000°C zu überschreiten.

Roane-Patent Grafik

Roane-Patent (Grafik)


Ein interessantes Patent, das 1962 angemeldet wird, stammt von der Firma Kysor Industrial Corp. in Cadillac, Michigan, die darin ein thermoelektrisches Kühl- und Heizsystem für Kraftfahrzeuge beschreibt, das auf dem Autodach plaziert werden soll (Thermoelectric heating and cooling system for vehicles, US-Nr. 3.138.934, erteilt 1964). Als Erfinder ist ein Asa E. Roane angegeben, von einer Umsetzung ist nichts bekannt.


In Großbritannien meldet die in Langley beheimatete Frigistor Lab Ltd. im Jahr 1962 zwei Patente an, deren Entwickler Adam Gelbtuch und John Henry Ashby bzw. Robert Anthony Sheard sind. Zu einem handelt es sich um ein ,Multistage thermo-electric cooling device’ (GB-Nr. 17.915/62, vgl. US-Nr. 3.151.465, erteilt 1964), zum anderen um ein ,Multistage thermoelectric device, (GB-Nr. 17.917/62 bzw. 24.716/62, vgl. US-Nr. 3.291.648, erteilt 1964). Leider läßt sich darüber hinaus nichts mehr über das Unternehmen herausfinden.


Der erste Automotive thermoelektrische Generator (ATEG) – d.h. die TEG-Technologie als KFZ-Abwärmerückgewinnung – wird von A. B. Neild Jr. et al. gebaut und getestet, wie dieser in einer Veröffentlichung der Society of Automotive Engineers, New York, im Jahr 1963 berichtet (Portable thermoelectric generators). Mehr über diese Form der Umsetzung findet sich weiter unten.


Eine Patenanmeldung aus dem Jahr  1965, bei der es um eine thermoelektrische Vorrichtung geht, deren Wärme durch Mischen von Luft und Kraftstoff erzeugt wird, stammt von Martin A. Rubinstein und Charles Teleki von der Firma Isotopes Inc. in Westwood, New Jersey (Thermoelectric generating assembly, US-Nr. 3.627.588, erteilt 1971).

Spätere Patente des Unternehmens betreffen auch radioisotopisch angetriebene thermoelektrische Generatoren (z.B. US-Nr. 3.833.428 von 1969, Nr. 3.808.670 von 1972 und Nr. 3.804.676 von 1973).


In der ersten Hälfte der 1960er Jahren tut sich besonders die Firma General Electric Co. mit einer Vielzahl von Patentanmeldungen auf dem Sektor der Themoelektrik hervor (z.B. US-Nr. 3.016.715, angemeldet 1960, erteilt 1962; Nr. 3.019.609, 1960/1962; Nr. 3.050.948, 1961/1962; Nr. 3.077.079, 1961/1963; Nr. 3.077.080, 1961/1963).

Mitte der 1960er Jahre verlangsamt sich das Tempo des Fortschritts jedoch, da inzwischen der allgemeine Eindruck entstanden war, daß die obere Grenze von ZT nahe bei 1 liegt – worauf viele Forschungsprogramme abgebaut werden, obwohl es auch einige Berichte von ZT > 1 gibt.

Als Resultat der eingestellten Forschungen entstehen aber auch mehrere Ausgründungen, die z.T. noch heute existieren: die bereits 1959 aus der RCA entstandene Melcor Corp. die 1973 gegründete Marlow Industries aus der Firma Texas Instruments, und die Global Thermoelectrics, die sich 1975 aus der 3M entwickelt hat. Diese Firmen werden uns weiter unten noch ausführlicher begegnen.


Trotz des ungünstigen Umfelds beginnen Raymond Marlow (s.u.) sowie Prof. K. R. Rao von der University of Texas in Arlington im Jahr 1970 eine Zusammenarbeit und organisieren einen Kurs zur Thermoelektrik, der zum Teil zur Ausbildung von Studenten dienen soll. Die Sprecher kommen aus der Industrie (einschließlich der Firma Marlow Industries), von Bundesbehörden und anderen Institutionen. Nach mehreren regelmäßigen Treffen entsteht daraus 1988 die Internationale Thermoelektrische Gesellschaft (ITS).

Die erste Europäische Konferenz über Thermoelektrik, die an der University of Wales in Cardiff stattfand, war bereits 1987 von Prof. David Michael ,Mike’ Rowe organisiert und geleitet worden, der bei der Verbreitung der Thermoelektrik in ganz Europa eine herausragende Rolle spielt, insbesondere durch die wiederholte Herausgabe der CRC Handbooks of Thermoelectrics in den Jahren 1995, 2006 und 2012.


Für die nächsten Jahrzehnte zwischen 1970 und 2000 beschränkt sich die thermoelektrische Industrie auf Nischenanwendungen.

Ein Beispiel dafür sind die transportablen Thermogeneratoren zu nennen, welche die US-Army in den 1970ern als alternative Batterieladegeräte einsetzt.

Die 500 W Geräte funktionieren mit Benzin, Flugzeugbenzin oder Diesel und haben eine Effizienz von 3 %, als Thermoelement wird Blei-Tellurid (PbTe) genutzt. Zu den offensichtlichen Vorteilen dieses Generatortyps gehört ein Geräuschpegel von einem Fünftel dem eines Benzinmotor-Generators – sowie eine Betriebszeit von 1.500 Stunden ohne Wartung.


Patente aus dieser Zeit betreffen beispielsweise einen ,Thermally cascaded thermoelectric generator’, den die NASA im Jahr 1969 anmeldet (US-Nr. 3.666.566, erteilt 1972), einen ,Thermoelectric-vacuum shipping container’, der Firma Melbro Corp. aus Philadelphia, Pennsylvania (US-Nr. 3.823.567, 1973/1974), aber auch einfache ,Thermoelectric materials’, welche von der Firma Dow Chemical Co. angemeldet werden (US-Nr. 3.902.923, 1973/1975). Die Leeds & Northrup Co. läßt sich wiederum ein ,Small-size high-performance radiation thermopile’ patentieren (US-Nr. 4.111.717, 1977/1978), und die Bipol Ltd. aus Tel Aviv, Israel, beginnt mit einem thermometrischen ,Hand case’ (US-Nr. 4.089.184, 1976/1978) eine ganze Reihe von Anmeldungen, die bis ins nächste Jahrzehnt reichen.


In Frankreich wird im Jahr 1970 einem Menschen der erste Herzschrittmacher implantiert, der von einem Radioisotop-basierenden Thermoelektrik-Generator in Miniaturformat angetrieben wird, einem Produkt der Firma Medtronic, und 1973 wird ebenfalls in Frankreich das seltene Beispiel einer thermoelektrischen Klimaanlage für Eisenbahnwagen entwickelt, die eine Kälteleistung von 12 kW und eine Heizenergie von 16 kW liefert und bis heute funktionieren soll.

Auch hier würde ich mich über weiterführende Informationen freuen – ebenso wie im Fall der zwischen 10 kW und 30 kW angesiedelten experimentellen thermoelektrischen Geräte, die in den USA und Frankreich genutzt worden sind, um Räume und elektronische Schaltschränke in U-Booten zu kühlen.


Der oben genannte Raymond Marlow ist auch der Kopf hinter der 1973 erfolgten Texas-Instruments-Ausgründung Marlow Industries Inc. in Dallas, die als fünfköpfiges Team beginnt und sich auf die thermoelektrische Kühltechnik im militärischen Bereich konzentriert. Über die frühen Jahre habe ich allerdings noch keine Details herausfinden können.

TEG der Marlow Industries

TEG der Marlow Industries

Das erste einer langen Reihe von Patenten des Unternehmens stammt aus dem Jahr 1982 (Thermoelectric power generating device, US-Nr. 4.467.611, erteilt 1984), dem 1985 ein geräuschloser Kühlschrank (US-Nr. 4.644.753, erteilt 1987) und 1987 eine thermoelektrische, temperaturgesteuerte Picknickbox folgen (US-Nr. 4.726.193, erteilt 1988), um nur einige zu nennen. Ende der 1990er Jahre ist der größte Kunde von Marlow Industries der schnell wachsende Telekommunikationsmarkt - der aber ab dem Jahr 2001 abrupt abbricht.

Erst im Jahr 2003 gibt es dann neue Nachrichten über das Unternehmen, die aus Sicherheitsgründen jedoch nicht ins Detail gehen. Demzufolge werden die thermoelektrische Kühlvorrichtungen von Marlow Industries in einer Reihe von ,smarten Waffen’ verwendet. Als Beispiel wird die Infrarottechnologie aufgeführt, die intelligente Waffenplattformen in ihren Zielsystemen verwenden, denn diese erfordert eine Kühlung und Temperaturstabilisierung. Und die thermoelektrischen Vorrichtungen können die Temperatur auf -100°C senken und auf ein Hundertstel Grad genau steuern.

Einer der profiliertesten Arbeitsplätze der thermoelektrische Kühlgeräte des Unternehmens sind die Kameras auf dem modifizierten Hubbell-Raumteleskop, die in mehreren Wellenlängenspektren tiefer in den Raum blicken, als bislang möglich war. Weitere von Marlow Industries hergestellte Geräte werden in vielen Satelliten sowie an Bord des Space Shuttle und der ISS eingesetzt.

Um seine nicht-militärischen Produkte in China herzustellen, schließt das Unternehmen eine strategische Vereinbarung mit der Firma LeeMAH Electronics ab.

Eines dieser profaneren Produkte ist der in verschiedenen Durchmessern und Formen erhältliche EverGen PowerStrap, ein patentierter thermoelektrischer Generator, der sich aus einem Aluminium-Kragen, robusten TEGs und einem Kühlkörper zusammensetzt. Als kostengünstige und dauerhafte Stromquelle für Anwendungen im Industrie-, Öl- und Gasbereich wandelt das Gerät Wärme aus flüssigkeitsgefüllten Rohren oder Abgaskaminen in elektrische Energie.

Als Markt werden die vielen Ölquellen in kalten Klimazonen genannt, vor allem in extremen Nordlagen, wo im Winter kaum Sonnenenergie zur Verfügung steht und sich eine thermische Ernte als weit überlegen erweist. An ein 40°C warmes Rohr angeschlossen, und bei Umgebungstemperaturen von -40ºC, kann der einzelne TEG 250 mW Leistung erzeugen, um z.B. Sensoren, Steuerungen und Funksender zu versorgen.

Dabei sind in Abhängigkeit von Größe und Anzahl der eingesetzten Straps mit jeweils bis zu acht TEGs sowie den vorhandenen Temperaturdifferenzen Ausgangsleistungen bis zu mehreren 10 W möglich.

Im Jahr 2004 wird Marlow Industries von dem 1971 gegründeten Halbleiter-Hersteller  II-VI Inc. mit Sitz in Saxonburg, Pennsylvania, erworben und als Tochtergesellschaft in die II-VI Compound Semiconductor Group eingebunden. Die römischen Ziffern II-VI des Firmennamens beziehen sich auf Spalten II und VI des Periodensystems der Elemente. Durch die chemische Kombination von Elementen aus diesen Spalten, deren Verbindungen üblicherweise als ,II-VI-Materialien’ bezeichnet werden, erzeugt das Unternehmen optische Infrarotkristallverbindungen wie Cadmium Tellurid (CdTe), Zink Selenid (ZnSe) und Zinksulfid (ZnS).

Zu diesem Zeitpunkt beginnt auch die Zusammenarbeit mit der Amerigon-Tochter BSST und mit Viseton im Rahmen des DOE-finanzierten Projekts zur Entwicklung eines KFZ-ATEG.

Die erste externe Produktionsstätte wird 2005 in Ho-Chi-Minh-Stadt, Vietnam, eröffnet. Hier konzentriert man sich Anfangs auf die Errichtung von Montagelinien für thermoelektrische Module, die in kommerziellen Produkten zum Einsatz kommen. Im Jahr 2007 erwirbt Marlow Industries eine nicht näher bezifferte Beteiligung an der chinesischen Firma Fuxin Electronics, um beiden Unternehmen zu ermöglichen, im Bereich der thermoelektrischen Industrie zu expandieren.

Im Jahr 2012 gibt Marlow Industries voller Stolz bekannt, daß nun einer ihrer thermoelektrischen Kühler als Teil des Spektrometer-Detektors an Bord des Curiosity Rover auf dem Mars im Einsatz ist.

2014 wird die Marlow Industries Inc. zu einer Abteilung der II-VI Inc. und in II-VI Marlow umbenannt und bezeichnet sich „weltweit führend in der thermoelektrischen Qualitätstechnik“. Die Firma entwickelt und produziert nun thermoelektrische Module und Systeme für die Bereiche Luftfahrt, Verteidigung, Medizin, Industrie, Automobil, Energieerzeugung und Telekommunikation. Die Weiterentwicklung der Technologien erfolgt am Center for Technical Excellence in Dallas.  


Aus den 1980er Jahren lassen sich diverse Patente als weitere Beispiele finden, die auf Firmen wie die Koolatron Industries Ltd. in Ontario, Kanada, zurückgehen (US-Nr. 4.326.383, 1980/1982; vgl. DE-Nr. 264592), die Ford Motor Co. (US-Nr. 4.686.320, 1985/1987) oder die Rockwell International Corp. (US-Nr. 4.558.342, 1983/1985).


Im Jahr 1982 kommt die vermutlich erste wärmebetriebene Armbanduhr der Welt auf den Markt - die Bulova Thermatron des US-Herstellers Bulova Watch Co., die ab Anfang der 1970er Jahre am Centre Électronique Horloger (CEH) in Neuchâtel, Schweiz, entwickelt worden war. Mehr darüber und über ihre Nachfolger findet sich im Kapitel Micro Energy Harvesting unter Wärme (s.d.).


1988
berichten U. Birkholz et al. während der 7. International Conference on Thermoelectric energy conversion in Arlington über die Ergebnisse ihrer Zusammenarbeit mit Porsche, bei welcher ein abgasbasierter ATEG mit Thermoelementen aus FeSi2 konstruiert wird, der in der Lage ist, aus der Abgaswärme eines Porsche 944 etwa 10 W herauszuholen (andere Quellen: 2030 W). Das System kommt jedoch nie über das Prototypen-Stadium hinaus, und heute ist kaum mehr etwas darüber zu finden.


Ebenfalls im Jahr 1988 meldet die Firma Micro Luminetics Inc. aus Los Angeles das Patent für einen ,Thermoelectric refrigeration apparatus’ an, ohne daß es darüber etwas weiteres zu erfahren gibt, außer, daß als Erfinder Robert W. Harwell und William M. Simon genannt werden (US-Nr. 4.833.889, erteilt 1989; vgl. Nr. 4.947.648, 1989/1990). Und auch über die Firma ist nichts mehr aufzufinden.


Weiter mit der Thermoelektrizität...