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MICRO ENERGY HARVESTING

Felder und Wellen

Wärme (III)


Auch aus anderen Bereichen der Wärmenutzung gibt es interessante Dinge zu vermelden.

Die vermutlich erste wärmebetriebene Armbanduhr der Welt ist die Bulova Thermatron des US-Herstellers Bulova Watch Co., die ab Anfang der 1970er Jahre am Centre Électronique Horloger (CEH) in Neuchâtel, Schweiz, entwickelt wurde und 1982 auf den Markt kommt. Von der damals 2.000 $ teuren Uhr werden aber nur ca. 500 Stück gebaut, es gibt sie ein Jahr lang, doch sie ist zu teuer und läuft auch nicht richtig. Worauf der Hersteller bankrott geht und der gesamte Bestand von der Firma STW aufgekauft wird, welche die Technik modifiziert.

Bei der STW Thermatron wird der nicht sehr zuverlässige Leclanche-Akku durch einen 0,47 F Kondensator ersetzt und zudem die Rückwand  ausgewechselt, die nun Zugang zum Kondensator ermöglicht. Dies ist erforderlich, um nach langer Lagerung mit Hilfe eines im Lieferumfang enthaltenen Starters und einer 1,5 V Batterie eine Basisladung zu erzeugen, damit die thermoelektrische Stromerzeugung wieder funktioniert. Sechs Stunden tragen in normaler Raumtemparatur erzeugt genug Energie, daß die Uhr mehr als 18 Stunden lang ohne weitere Energiezufuhr läuft. Der Verkaufspreis beträgt nun rund 1.000 $.

Seiko Thermic

Seiko Thermic


Das bereits 1881 gegründete japanische Unternehmen Seiko stellt im Dezember 1998 ebenfalls eine Uhr vor, die ausschließlich durch die Körpertemperatur ihres Trägers betrieben wird.

Die Energie für die Seiko Thermic (SBET001), die ebenfalls in einer begrenzten Zahl von nur 500 Stück produziert wird, entsteht aus der Temperaturdifferenz zur Umgebungsluft. Der thermoelektrische Generator basiert auf Bismut-Telluride. Als Betriebstemperatur werden - 10°C bis + 60°C angegeben.


Ebenso besitzt die analoge Quarzuhr Citizen F910 (o. Eco-Drive Thermo) aus dem Jahr 1999 eine thermoelektrische Ladefunktion, welche die von der Körperwärme gelieferte Energie in elektrische Energie umwandelt, die in einer Sekundärbatterie gespeichert wird. Im voll aufgeladenen Zustand läuft die Uhr für etwa sechs Monate ohne Nachladen. Umgekehrt braucht es etwa 15 Tage konstanten Ladens, bis sie Uhr wieder ganz aufgeladen ist, falls die Uhr ganz entladen wurde.

Doch auch diese Uhr hat keinen Markterfolg und die Produktion wird schon nach kurzer Zeit wieder eingestellt, u.a. weil die Technologie nur in etwas kühleren Klimagebieten funktioniert, weshalb sie z.B. im asiatischen Raum erst gar nicht angeboten wird.

Später bringt die Firma Citizen ein Uhren-Modell CTY66-0341 heraus, dessen thermoelektrischer Generator aus 1.242 Paaren besteht und eine elektrische Leistung von 13,8 mW erzielt. Der Verkaufspreis in Japan beträgt zum Start im Jahr 2001 rund 500 €, halbiert sich aber im Laufe von zwei Jahren. Heute ist die Uhr nicht mehr im Angebot.


Im November 2011 wird auf der Crowdfunding-Plattform Indiegogo eine neue thermoelektrisch betriebene Armbanduhr angeboten, die gleichzeitig als Fitness-Tracker fungiert und sogar den Schlaf analysieren kann.

Die Matrix PowerWatch ist die erste Smartwatch mit dieser Energiequelle. Weshalb sie auch 12,5 mm dick ist. Wird sie abgelegt, wechselt sie automatisch in einen stromsparenden Standby-Modus. Wie viel Energie der Körper des Trägers erzeugt, wird durch ein Powermeter ermittelt und auf dem  s/w LCD-Display angezeigt. Für iOS- und Android-Geräte wird es eine Matrix App geben, die alle erfaßten Daten der Uhr auf dem Smartphone oder Tablet anzeigt.

Nachdem der Hersteller Matrix Industries – hinter dem Akram Boukai und Douglas Tham stehen, die Gründer der Silicium Energy Inc. (s.u. Thermoelektrizität) – in den letzten Jahren bereits eigene Mittel in die Entwicklung investiert hat, soll das nun eingeworbene Geld für die Produktion der Uhr verwendet werden, die zum Preis von 129 $ vorbestellt werden kann. Die Auslieferung soll dann im Juli 2017 erfolgen. Tatsächlich bringt die Kampagne mehr als das dreieinhalbfache der gewünschten 100.000 $ - als 2.321 Interessenten insgesamt 357.528 $ zusammenbringen.


Anfang 2005 bestimmt das Department of Energy (DOE) die Amerigon-Tochterfirma BSST in Irwindale, Kalifornien, um die Entwicklung effizienter und praktikabler thermoelektrischer Systeme weiter voranzutreiben. BSST steht dabei einer Gruppe hochkarätiger Unternehmen und Institute vor, die sich gemeinsam an den Forschungsarbeiten beteiligen. Dazu gehören die Firmen Visteon Corp., Teledyne Energy Systems und BMW Nordamerika, die University of Santa Cruz, die Purdue University, das National Renewable Energy Laboratory (NREL) des DOE sowie das JPL/CalTech.

Das Ziel ist es, mittels thermoelektrischer Stromgeneratoren die Wirtschaftlichkeit des Brennstoffverbrauchs von Kraftfahrzeugen um 10 % anzuheben. Die zweite der insgesamt vier Entwicklungsphasen, für die ein Gesamtetat von 4,7 Mio. $ bereitstehen, endet im Januar 2007.

Ähnliche Projekte bestehen zu dieser Zeit auch an der Clarkson University, wo gemeinsam mit dem Unternehmen Hi-Z aus San Diego ein Prototyp in einen GM Sierra eingebaut wird, der eine Brennstoffersparnis von 2 % erbringt – sowie bei dem US-Unternehmen Caterpillar, wo man von einer erreichbaren Einsparung von bis zu 13 % ausgeht.

Die bausteinartig zusammensetzbaren Versuchselemente von BSST bestehen aus Kupferprofilen, zwischen denen sich die thermoelektrischen Elemente befinden. Die Wärmezufuhr erfolgt durch die Bohrungen in den hexagonalen Schienen, während die flachen Seiten an den Kältepolen von Wärmetauschern montiert sind. Der erzeugte Strom wird direkt von den Kupferschienen abgenommen.

BSST arbeitet außerdem an Projekten des US-Verteidigungsministeriums und des DOE mit, bei dem thermoelektrische Komponenten mit einer SOFC-Brennstoffzelle kombiniert werden, um bei deren Stromproduktion auf einen Wirkungsgrad von 60 % zu kommen.

Die Mutterfirma Amerigon mit Hauptsitz in Northville, Michigan, verkauft zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 1,2 Mio. thermoelektrische Luft-zu-Luft Geräte pro Jahr, mit denen in vielen Fahrzeugen die Sitze gekühlt bzw. erwärmt werden. Mehr über die BSST, die 2012 in Gentherm umbenannt wird, findet sich ebenfalls im Kapitelteil über den thermoelektrischen Effekt.


An der University of California in Santa Cruz beschäftigen sich Prof. Ali Shakouri und seine Quantum Electronic Group seit 2005 mit der thermoionischen Energiewandlung (Thermionikelement). Das Team arbeitet daran, eine hohe Effizienz auch bei niedrigeren Temperaturen zu erreichen. Außerdem will man Herstellungstechniken sowohl für leichte, leise und kostengünstige Dünnschicht-Geräte, als auch für hoch skalierbare Lösungen im Watt- bis MW-Bereich entwickeln. Über eine tatsächliche Umsetzung läßt sich allerdings nichts finden.

Zum Hintergrund: Bereits im Jahr 1915 befaßt sich W. Schlichter in seiner Dissertation mit der thermoionischen Energiewandlung, die dann Ende der 1950er Jahre bis in die Anfänge der 1970er Jahre hinein ihre ,Blütezeit’ erlebt. Dabei handelt es sich um eine direkte Umwandlung von thermischer Energie in elektrische Energie, welche auf der ,Glühemission’ basiert, d.h. auf der Emission von Elektronen aus heißen Elektrodenoberflächen (auch glühelektrischer Effekt, Edison-Effekt oder Richardson-Effekt genannt).Mehr darüber findet sich im Kapitel Energiespeicherung unter Nuklearbatterie.

1972 wird das bisher größte Projekt auf diesem Sektor, der Incore-Thermionic-Reactor (ITR), an dem auch einige deutsche Firmen, wie die Internationale Atomreaktorbau G.m.b.H. (INTERATOM) aus Bensberg bei Köln, die Siemens A.G. in Erlangen sowie die Brown, Boveri und Cie A.G. in Heidelberg beteiligt sind, aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt. Seitdem laufen nur noch verschiedene Untersuchungen im kleineren Rahmen auf Laborebene.


Erst im April 2013 startet ein Projekt an der Bristol University in Großbritannien, das 42 Monate laufen wird – und bei dem Wärmeenergie mittels Nano-Diamanten geerntet werden soll. Das Projekt mit dem Bandwurm-Titel ,Beta-enhanced thermionic energy converters and nuclear batteries employing nanostructured diamond electrodes’ wird von dem Engineering and Physical Sciences Research Council (EPSRC) mit einem Zuschuß in Höhe von 951.947 £ bedacht. Das neue Vorhaben setzt die Arbeiten der International Research Initiative (IRI) des Stromkonzerns E.ON fort, bei der es um die Entwicklung eines Diamant-Nanopartikel-Energiewandlers für die hocheffiziente Nutzung der Solarenergie ging.

Thermionische Energiewandler (s.d.) waren in den 1950er und 1960er Jahren in erster Linie in Satelliten eingesetzt worden, erforderten allerdings Temperaturen von über 1.000°C für ihren Betrieb (andere Quellen: 1.200°C). Dies soll in dem neuen Ansatz anders sein, weshalb das Projekt auch zwei Hauptziele hat: Zum einen die Vorteile des neuartigen Diamantmaterials in einem thermionischen Konverter zu maximieren, indem es mit Plasmonen-Nanostrukturen kombiniert wird, um die Absorption von konzentrierter Sonnenenergie und deren Umwandlung in elektrischen Strom zu maximieren.

Zum anderen geht es darum zu untersuchen, wie durch Kohlenstoff 14 (14C) erzeugte Beta-Strahlung, die in radioaktivem Graphit auftritt, verwendet werden könnte, um die Leistung der thermionischen Diamant-Solarenergiewandler zu verbessern. Die Verwendung von 14C würde eine kostengünstige Lösung für die Entsorgung von radioaktivem Graphit bieten, da es in Mengen in den außer Dienst gestellten britischen Magnox- und AGR-Reaktoren vorhanden ist. Daraus hergestellte Energiewandler würden dann den Namen ,Beta-enhanced Thermionic Diamant-Converter’ (BTDC) tragen.

An dem interdisziplinären Projektteam beteiligt sind die Professoren Peter Flewitt, Martin Cryan und Neil Allan zusätzlich zu Neil Fox von der universitären School of Chemistry, sowie Tom Scott und Peter Heard vom Interface Analysis Centre (IAC). Bislang läßt sich aber nichts über eine tatsächliche Umsetzung finden.


Einem Bericht vom November 2006 zufolge entwickelt das belgische Forschungszentrum für Nanoelektronik und Nanotechnologie IMEC (Interuniversitair Micro-elektronica Centrum vzw) in Leuven zusammen mit seiner holländischen Schwestergesellschaft IMEC-NL spezielle elektrische Generatorkonzepte zur Ausnutzung thermischer und mechanischer Bewegungsenergie auf MEMS-Basis (Micro-Electro-Mechanical Systems). Die mechanischen Umsetzungen behandle ich im Absatz Vibration (s.d.).

Im April 2008 präsentiert das IMEC gemeinsam mit dem Holst Centre ein batterieloses, tragbares 2-Kanal EEG um Gehirnwellen aufzuzeichnen, das einem Kopfhörer ähnelt und von einem hybriden Energiesystem versorgt wird, das sowohl über einen thermoelektrischen Generator die Körperwärme, als auch mittels Photozellen das Umgebungslicht nutzt. Die damit auch in Innenräumen geernteten 1 mW reichen für den Betrieb völlig aus.

Im Juni 2010 stellt das IMEC eine verbesserte Verarbeitungstechnik für thermophotovoltaische (TPV) Zellen auf Germaniumbasis vor, die zu einer signifikanten Reduktion der Zellkosten führen und den Markt für thermophotovoltaische Anwendungen positiv beeinflussen soll. Mehr darüber findet sich unter Thermophotovoltaische Solarzellen.

Remember Ring Grafik

Remember Ring (Grafik)


Ebenfalls im Jahr 2006 erscheint in den Blogs das Konzept eines Ringes mit dem schönen, Wort-verspielten Namen Remember Ring, der seinen Energiespeicher ebenfalls durch die Körpertemperatur auflädt.

Der Ring der Firma Alaska Jewelry Inc. besitzt die Besonderheit, daß er ist mit einer Kalenderfunktion ausgestattet ist, die sich bemerkbar macht, indem sich der Ring 24 Stunden vor dem eingestellten Datum (z. B. dem Hochzeitstag) jede Stunde für rund 10 Sekunden auf 50°C aufheizt.

Allerdings hat der Spaß mit dieser ‚Hot Spot’-Technologie auch seinen Preis: 760 $. Und leider scheint sich dieses intelligente Konzept bislang noch nicht zu einem Produkt entwickelt zu haben.


Wesentlich höhere Temperaturen nutzt die Entwicklung der US-Firma Eneco. Der fast mikroskopisch kleine Thermal Chip des Unternehmens nutzt ebenfalls das Thermoionische Prinzip um Wärme in Strom umzuwandeln. Dieser entsteht durch Temperaturunterschiede zwischen einem warmen und einem kalten Metall, zwischen denen sich ein Vakuum befindet. Umgekehrt soll der Chip bei Anlegen einer Spannung eine Kühlleistung von bis zu –200°C erzielen.

Statt dem produktionstechnisch nur kompliziert erreichbaren Vakuum nutzt Eneco eine Schicht aus einem speziellen thermoelektrischen Halbleitermaterial zwischen den zwei Wärmepolen, die wiederum von einer isolierenden Keramikschicht abgedeckt sind.

Die Betriebstemperatur des Chips, über den Ende 2006 erstmals berichtet wird, liegt zwischen 275°C und 600°C, sein Wirkungsgrad wird mit 20 % – 30 % angegeben (US-Patent 7.109.408, angemeldet 2006). Siehe dazu auch die Beschreibung des Thermoionischen Generators im Kapitel Wärmeenergie.

Selbst wenn diese Systeme nur im Bereich hoher Temperaturen sinnvoll einzusetzen sind, so gibt es im Verkehrswesen und in der Industrie genügend entsprechende Einsatzfelder, in denen die direkte und verschleißfreie Umwandlung von Abwärme sehr sinnvoll ist.

Eneco meldet Anfang 2008 allerdings Konkurs an, obwohl zwei unabhängige Überprüfungen durch das National Institute of Standards and Technology (NIST, zuvor: National Bureau of Standards) die technischen Angaben des Unternehmens bestätigt haben.


Im Februar 2007 meldet ein Team um den Materialwissenschaftler und Ingenieur Prof. Arun Majumdar von der University of California in Berkeley einen Erfolg bei der Direktumwandlung von Wärme in Strom. Dabei werden organische Moleküle wie Benzenedithiol, Dibezenedithiol oder Tribenzenedithiol zwischen metallische Nanopartikel aus Gold plaziert und damit ein organisches thermoelektrisches Material herstellt.

Diese Technik gilt als erstmalige Umsetzung des Seebeck-Effekts bei organischen Molekülen und eröffnet die Möglichkeit völlig neuartiger Kühlgeräte und Energiewandler. Im Rahmen einer maximalen Temperaturdifferenz von 30°C erzielen die Wissenschaftler für jedes Grad Temperaturunterschied bei Benzenedithiol 8,7 µV, bei Dibezenedithiol 12,9 µV und bei Tribenzenedithiol 14,2 µV.

Die Forschungen werden vom DOE, von der National Science Foundation und vom Berkeley-ITRI Research Center gefördert, einem Kooperationsprojekt im Bereich der Nano-Energie zwischen der Universität Berkeley und dem Industrial Technology Research Institute in Taiwan.

Majumdar wird im September 2009 der erste Direktor der Advanced Research Projects Agency-Energy (ARPA-E) des DOE und behält diese Stellung bis zum Juni 2012. Parallel dazu wird er im November 2011 von Präsident Barack Obama als Staatssekretär für Energie eingesetzt, wird aber schon im Mai 2012 wieder entlassen. Statt dessen geht er im Dezember zu Google, um die dortigen Energieinitiativen voranzutreiben und das Unternehmen bei dessen weiterer Energiestrategie zu beraten.

Inzwischen leitet Majumdar das Magic Lab an der Stanford University, wo sich sein Team mit der Entwicklung eines thermischen Transistors beschäftigt, bei dem der Wärmetransport über von außen angelegte elektrische Felder aktiv gesteuert werden kann; mit einer skalierbaren, zweistufigen thermochemischen Wasserspaltung auf der Grundlage von Redox-Reaktionen verschiedener Metalloxide; sowie einem elektrochemischen Kühlschrank, der die inhärenten Entropieänderungen in reversiblen Redox-Reaktionen nutzt. Über eine Fortsetzung der Arbeiten an dem organischen thermoelektrischen Material ist dagegen nichts mehr zu finden.

TEG des Fraunhofer-Instituts

TEG des Fraunhofer-Instituts


Im Jahr 2007 werden auch von Forschern des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen (IIS) in Erlangen, gemeinsam mit Kollegen von den Fraunhofer-Instituten für Physikalische Meßtechnik (IPM) in Freiburg und für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM), thermoelektrische Generatoren aus Halbleiterelementen entwickelt, die primär die menschliche Körperwärme als Energiequelle nutzen sollen.

Bislang erreichen die Geräte aufgrund der relativ geringen Temperaturdifferenz zwischen der Körperwärme und der Umgebungstemperatur erst rund 200 mV. Ziel des Teams ist es jedoch, mindestens 1 – 2 V zu erzielen, um damit elektronische Geräte versorgen zu können. Hierfür wird eine sogenannte ‚Ladungspumpe’ entwickelt, welche die geernteten Millivolt so lange speichert, bis ein Output von 1,8 V erreicht wird.

Gleichzeitig werden jedoch auch Schaltungen entwickelt, die mit nur 50 – 200 mV auskommen. Die Wissenschaftler glauben, daß durch weitere Verbesserungen der Schaltsysteme in Zukunft ein Temperaturunterschied von nur 0,5°C für die Stromerzeugung ausreichend sein wird.

Aus einem Pressebericht vom Februar 2008 ist zu erfahren, daß Harald Böttner, Leiter der Abteilung für Thermoelektrische Systeme am IPM, gemeinsam mit seinen Kollegen zwischenzeitlich einen Wandler entwickelt hat, der niedrige Gleichspannungen relativ verlustarm in höhere transformiert, wovon insbesondere die thermoelektrische Kühlung profitieren soll. Zudem arbeiten die Forscher mit BASF an TEGs, die Abwärme von Autos ernten sollen.

Vom IIS wird Anfang 2009 ein System vorgestellt, bei dem Körperwärme die Batterien ersetzen soll. Der Spannungswandler arbeitet mit minimalen Eingangsspannungen ab 20 Millivolt und kann mit geringsten aus der Umwelt gewonnene Energiemengen elektrische Kleinstverbraucher betreiben.

Der lediglich 1,5 mm x 1,5 mm große IC versorgt kommerzielle Elektronik wie Sensoren, drahtlose Funk-Sendeempfänger und Displays mit Spannungen von bis zu 3,3 V. Der Wirkungsgrad liegt dabei je nach Last und Eingangsspannung zwischen 30 % und 80 %. Bei einem Temperaturunterschied von 2°C zwischen der menschlichen Haut und dem Raumklima liefert ein 2 x 2 cm großer Thermogenerator zusammen mit dem neuen Spannungswandler-IC bis zu 4 mW.

Am IPM werden wiederum Sensoren entwickelt, welche die Außenhaut von Flugzeugen kontrollieren sollen. Entdecken sie Beulen oder Risse, funken sie dies an eine Überwachungseinheit. Die hierfür benötige Energie gewinnen sie aus dem Temperaturunterschied zwischen der Umgebung (- 20°C bis - 50°C) und der Passagierkabine mit etwa +20°C. Da keine Notwendigkeit besteht, Batterien zu wechseln, können die Sensoren auch an unzugänglichen Stellen angebracht werden.

Das Fraunhofer-Entwicklungskonsortium wird von den EADS Innovation Works geleitet. Verwendet werden thermoelektrische Generatoren, welche die Firma Micropelt GmbH aus Freiburg zusammen mit dem IPM entwickelt und optimiert (s.u.).


Andere Unternehmen und Institute beschäftigen sich derweil mit dem Micro Energy Harvesting aus Umgebungswärme. In Princeton, New Jersey, arbeitet z.B. die Firma Syrdec im Jahr 2007 an einem Verbundwerkstoff, der als Kern einer passiven Brennstoffzelle aus einer durchschnittlichen Raumtemperatur von 23°C genügend Strom erzeugen kann, um elektronische Geräte zu versorgen.

Einem Bericht vom Oktober 2007 zufolge behaupten die Syrdec-Experten, daß sie einen Weg gefunden haben, um den natürlichen Energiezustand eines bestimmten, nicht offenbarten Materials künstlich zu verändern. Aufmerksam darauf geworden sei die Firma laut eigener Aussage durch die Kernfusionsforschung.

Statt den ,normalen’ Energiezustand bei Raumtemperatur einzunehmen, erreicht das veränderte Material diesen – hypothetisch – bei einer Temperatur von -40°C oder kälter. Wird das Material daher in eine Umgebung mit Raumtemperatur gebracht, wird es angeregt. Indem das betreffende Material neben ein anderes mit einem viel höheren natürlichen Energiezustand gesetzt wird, soll der Seebeck-Effekt ausgenutzt werden. Syrdec zufolge gibt es das Gerät zwar noch nicht, aber theoretisch soll es möglich sein.

Später ist von dem Unternehmen allerdings nichts mehr zu finden. Bei der Surany Research and Development (SYRDEC) in Havre de Grace, Maryland, scheint es sich jedenfalls um eine völlig andere Firma zu handeln.


Im August 2007 gibt die Firma Industrial Nanotech Inc. aus Naples, Florida, bekannt, daß man seit drei Jahren an einer Isolationsschicht arbeitet, die – z.B. in Häuserwänden eingelassen – die Temperaturdifferenz zwischen Innen und Außen nutzt, um Strom zu produzieren. Nun sollen erste Prototypen hergestellt und Patente beantragt werden.

Leider lassen sich danach keinerlei weiterführende Informationen über diesen interessanten Ansatz finden – und das einzige Produkt, das die Firma bislang anbietet, ist eine patentierte Beschichtung namens Nansulate, die thermisch isoliert und im Falle von Dachschindeln auch Schimmel- oder Algenwachstum verhindert (Stand: 2016).


Im Oktober 2007 wird gemeldet, daß die Forschungsabteilung AMILABS der 1995 gegründeten Firma Applied Methodologies Inc. (AMI) aus Wantagh, New York, seit einiger Zeit kontinuierliche Forschungen und Experimente durchführt, um die thermoelektrische Stromerzeugung mit Servern, Routern oder Switch-Systemen zu verbinden. Die damit zusätzlich erzeugte Energie kann dann verwendet werden, um andere Geräte in den Datenzentralen zu betreiben.

Unter dem Namen Thermogreen entwickeln die AMILABS eine entsprechende Produktserie, bei der kommerzielle TEGs von verschiedenen Herstellern eingesetzt werden. Die Firma hat bereits mehrere, zum Patent angemeldete Prototyp-Einheiten gebaut und arbeitet derzeit an den ersten Produktionseinheiten für einen Kunden. Nach einer letzten Kurzmeldung im November 2011 ist von dem Unternehmen und seinem Ansatz allerdings nichts mehr zu hören.


Ebenfalls im Jahr 2008 stellt Lonnie Johnson mit seinem in Atlanta, Georgia, neugegründeten Unternehmen Johnson ElectroMechanical Systems Inc. (JEMS) eine neuartige thermodynamische Energieumwandlungstechnik vor, die beispielsweise Solarwärme mit einem Wirkungsgrad von bis zu 60 % in elektrische Energie umwandeln soll und zudem signifikante Vorteile gegenüber alternativen Systemen besitzt.

JTEC-Prinzip Grafik

JTEC-Prinzip (Grafik)

Der Maschinenbau- und Kerntechnikingenieur, ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiter am Oak Ridge National Laboratory, Mitglied der U.S. Air Force sowie Ingenieur der NASA und des Jet Propulsion Laboratory, wo er an dem Mars Observer Projekt mitarbeitete, wird 1991 mit der Erfindung seiner ,Super Soaker’ Wasserpistole steinreich. Alleine 1992 nimmt er damit 200 Mio. $ ein – und nennt bald über 100 Patente sein eigen. Nebenbei experimentiert er mit einer umweltfreundlichen Kühltechnik – woraus sich bald ein neues Gerät ergibt, das Hitze verwendet, um Elektrizität zu erzeugen.

Der Johnson Thermo-Electrochemical Converter (JTEC) hat keine beweglichen Teile und nutzt Temperaturunterschiede, um einen Druckunterschied zu schaffen. Anstatt diesen jedoch zu verwenden, um eine Achse oder ein Rad zu bewegen, wird der wärmeinduzierte Luftdruck dazu genutzt, Ionen durch eine protonenleitende Membran (PCM) zu pressen, was eine völlig neue Art der Erzeugung von Strom aus Wärme darstellt. Das System, das – warum auch immer – ebenfalls unter den Namen Johnson Thermoelectric Energy Conversion System (JTEC) bekannt wird, soll schon bei den üblichen Temperaturschwankungen der Umwelt zufriedenstellend funktionieren.

In dem Gerät zirkuliert Wasserstoff zwischen zwei Brennstoffzellen-ähnlichen Membran-Elektroden-Einheiten. Im Gegensatz zur üblichen Brennstoffzelle bildet der JTEC jedoch ein völlig geschlossenes System, in dem der Wasserstoff nicht verbraucht wird und kontinuierlich wieder aufgefüllt werden muß. Dabei wird die eine der beiden Einheiten mit einer Wärmequelle (wie konzentriertes Sonnenlicht), und die andere mit einem Kühlkörper (Umgebungsluft) gekoppelt. Sobald der Zyklus durch einen elektrischen Impuls gestartet wird, beginnt das Gerät mit der Stromerzeugung.

Johnson hatte sein Konzept und die ersten Schritte zu einem Prototypen bereits im März 2003 einer Gruppe hochrangiger Militärwissenschaftler des Office of Naval Research in Arlington, Virginia, präsentiert, wo er jedoch abblitzt. Mehr Erfolg hat er beim Air Force Research Laboratory, das ihm umgehend 100.000 $ für die Membranforschung zur Verfügung stellt. Nachdem Johnson ein Jahr später nachweist, daß er eine keramische Membran herstellen kann, die Temperaturen von über 400°C standhält, erhält er von der Air Force eine zusätzliche Finanzierung in Höhe von 750.000 $. Im Jahr 2006 kommt eine Forschungsförderung über 75.000 $ hinzu (vermutlich von der National Science Foundation).

Im Winter 2008 beginnt zudem eine Kooperation mit dem Materialwissenschaftler Karl Littau vom Palo Alto Research Center (PARC), der Tochtergesellschaft von Xerox. Nach anfänglicher Skepsis sind die PARC-Experten, die aufwendige dreidimensionale Computermodelle konstruieren, um die Fluidik und das Wärmeströmungsverhalten unter verschiedenen Bedingungen zu analysieren, ausgesprochen beeindruckt und bezeichnen die neue Technologie als „unglaublich elegant.“ Außerdem erhält Johnson 2008 den Breakthrough Award des US-Magazins Popular Mechanic.

Auf Johnsons Homepage werden zu diesem Zeitpunkt drei Umsetzungen erwähnt: ein Umgebungswärme-Motor (Johnson Ambient Heat Engine, JAHE), der Strom aus den täglichen Schwankungen der Umgebungstemperatur beziehen soll; ein zweiter Motor, der gegenüber der Umwelt offen ist und zur Stromerzeugung aus den täglichen Temperatur-, Luftdruck- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen optimiert werden soll (Johnson Ambient Environment Engine, JAEE): sowie ein elektrisches Wärmerohr, das die thermische Umwandlungsfähigkeit einer Wärmekraftmaschine mit der Wärmetransportfähigkeit eines Wärmerohrs in einem einzigen und vielseitigen Gerät kombiniert (Johnson Electric Heat Pipe, JEHP).

Im Jahr 2010 ist zu erfahren, daß Johnson hofft, mit Hilfe von Prof. Heshmat Aglan an der Alabama Tuskegee University innerhalb eines Jahre einen Niedertemperatur-Prototyp abzuschließen (200°C). Zudem experimentiert das Forscherpaar mit Hochtemperatur-Membranen, die mit einer Dicke im Mikrometer-Maßstab aus einem neuartigen Keramikmaterial hergestellt sind. Kommerzielle Systeme der ersten Generation sollen Temperaturen bis zu 600°C handhaben können, wobei das Ziel beim Wirkungsgrad 85 % beträgt.

Bislang ist allerdings nichts davon zu finden, daß sich irgendeines der Konzepte zum Produkt gemausert hätte. Und JAHE, JAEE und JEHP scheinen völlig in der Versenkung verschwunden zu sein.

 

Weiter mit der Wärme...