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Solarhäuser und solare Bauelemente

Schwerpunkt Solar-Dachschindeln (2)


Im November 2007 präsentieren die DRI Companies aus Irvine, Kalifornien, eine neue Form von Solarschindel-Modul namens Lumeta Solar Tile, das direkt in die in den USA üblichen Dachschindel-Systeme integriert werden kann. Pro Schindel des Lumeta-Systems kommen zwölf Stück monokristalline Siliziumzellen von Suntech zum Einsatz, die ein Output von 28 W erreichen. Auf den US-Markt kommen die Module im August 2008.

Lumeta-Solarschindel

Lumeta-Installation

Ab 2010 bietet die Firma Lumeta Solar Inc. - als Tochtergesellschaft der DRI Companies - zudem großflächige und leichte 400 W Module unter dem Namen Peel and Stick PowerPly Solar an, die ebenfalls keine Montage-Strukturen benötigen. Man muß an der Rückseite nur eine Folie abziehen, und kann die Module, die Solarzellen von Suntech Power beinhalten, dann unmittelbar auf das ebene Dach kleben. Die Zellen sitzen auf einem Glasfasersubstrat und sind nicht mit Glas, sondern mit einem Polymer bedeckt.

Zwar ist dadurch nur selten ein optimaler Neigungswinkel möglich, doch das System senkt die Kosten, erhöht die Gesamtenergieproduktion auf dem Dach und kann problemlos Stürme überstehen. Die 1,2 x 2,4 m großen Paneele können auch ein ganzes Dach wie Ziegel abdecken.

Das Unternehmen installiert derzeit seine Paneele an einem Museum in Arizona, will sich aber zunächst hauptsächlich auf Frankreich und Italien konzentrieren, da es dort besonders hohe Einspeisevergütungen für gebäudeintegrierte Photovoltaikprodukte gibt. Inzwischen bezeichnet sich die Lumeta Solar als Innovationsführer bei einfach zu installierenden, leichten 60-Zellen- und 72-Zellen-Solarmodulen.

Ende 2017 stellt die Firma zwar noch die neue Standard-Paneele-Serie Lumeta Lynx vor - doch beim Update 2019 ist das Unternehmen nicht mehr zu finden.

Luma-Solardach

Luma-Solardach

Ebenfalls im Jahr 2007 gründen die Brüder und Partner Robert und Gary Allen in Rochester Hills, Michigan, die Firma Luma Resources LLC und lassen sich den Prototyp einer Solarschindel patentieren, bei der ein polykristallines PV-Hartglasmodul auf eine speziell geformte Metallschindel geklebt ist. Ein Kantenschutz aus Kunststoff umgibt das Glas und sorgt für zusätzliche Haltbarkeit.

Auf der International Roofing Expo in Las Vegas im Jahr 2008 macht das Luma Resources Solar Rooftop System großen Eindruck und wird mit dem ersten Preis für neue Produkte ausgezeichnet. Die Einzelschindel hat die Maße 40 x 139 x 5 cm, wiegt 9 kg und liefert als polykristallines Modul 65 W. Eine monokristalline Version leifert 75 W.

Die Firma kann eine ganze Reihe von Referenzen vorweisen, wobei die installierten Dachanlagen Leistungen von 2,4 – 20 kW aufweisen. Ein übliches ‚Kit‘ besteht aus 60 Schindeln und enthält die notwendigen Anschlußteile für eine einfache Installation.

Im Dezember 2009 erhält das Unternehmen vom Department of Energy, Labor & Economic Growth des US-Bundesstaates Michigan ein Darlehen in Höhe von 200.000 $ sowie einen Zuschuß von 500.000 $ aus dem Clean Energy Advanced Manufacturing Programm.

Bis Januar 2011 installiert die Firma gut 30 Anlagen, darunter auch auf der Feuerwache von Rochester. Luma-Solardächer sind aber auch in Kanada und Westindien zu finden. Zudem gibt es zwei aktive Luma-Demos für Forschungs- und Entwicklungszwecke. Eine davon befindet sich in Detroit auf dem Campus von NextEnergy, einer gemeinnützige Organisation, die 2002 gegründet wurde, um fortschrittliche Energie- und Verkehrsinvestitionen voranzutreiben. Die zweite befindet sich im Solar Garden der Western Michigan University und wird als Teil des Studiengangs für saubere Energien genutzt.

Nach 2013 scheint die Firma aber nicht mehr aktiv zu sein.


Die Solardachziegel der 2008 gegründeten Firma Revolution Energy Maker SpA (REM) mit Sitz in Coccaglio in Italien bringen südländischen Flair aufs Dach. Die Techtile Energy Solarziegel unterscheiden sich in Form und Farbgebung nicht von traditionellen Tonziegeln, bestehen aber aus Kunststoff und sind hinter einer transparenten Abdeckung mit polykristallinen Solarzellen bzw. Solarthermie-Modulen versehen. Die Nennleistung des 4 kg schweren Standard-Ziegels mit den Maßen 5 x 200 x 482 mm beträgt 3,65 W. Daneben gibt es noch größere Modelle.

Nähere Details dazu lassen sich aber nicht mehr herausfinden, da das Unternehmen, das sich später auch mit der Agrovoltaik befaßt, etwa Mitte 2012 geschlossen worden ist.


Die Firma Akeena Solar aus Campbell, Kalifornien, stellt wiederum eine überarbeitete Version ihrer im Vorjahr erstmals präsentierten Andalay Paneele vor, die unterbelüftete Montageschienen sowie eine integrierte Verdrahtung und Erdung besitzen.


Die Swissmetal Design Solutions AG entwickelt in enger Zusammenarbeit mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen einen ganz speziellen Dachziegel. Das Atmova-System funktioniert als Wärmetauscher und nimmt Energie aus der Sonneneinstrahlung, der Umgebungsluft, Wind und Regen auf. 2007 wird das Tochterunternehmen Atmova gegründet und das System erstmals vorgestellt.

Atmova Solarschindeln

Atmova
Solarschindeln

Die Energie-Ziegel bestehen aus mehreren 2 mm starken, zusammengepreßten Blechen einer Kupferlegierung und werden auf dem Dach durch Kupferröhrchen miteinander zu einem Leitungssystem verbunden. Auf der Rückseite haben die Ziegel angeschweißte Wannen für das Wasser/Glycol-Gemisch, das die Wärmeenergie aufnimmt. Über eine Wärmepumpe landet die thermische Energie dann in einem Warmwasserspeicher, um für Heizwärme oder warmes Wasser genutzt zu werden.

Im Sommer geht die gewonnene Wärme direkt in den Warmwasserspeicher, und überschüssige Energie kann bis zu drei Monate lang in einem Langzeitwärmespeicher zwischengelagert werden. Das System soll schon ab einer Außentemperatur von -20°C Wärmeenergie wirtschaftlich erzeugen, der Energieertrag liegt bei mehr als 500 W/m2.sh0308

In einem Pilotprojekt wird nun das Dach des 500 Jahre alten, denkmalgeschützten ‚Haus der Umwelt’ inmitten der Altstadt von Luzern mit den neuen Energieziegeln gedeckt, da sich deren Farbtons und Bauweise mit den strengen Denkmalschutzregeln vereinbaren läßt. Im Februar 2010 wird das neue Kombi-System offiziell in Betrieb genommen und läuft seither zur vollsten Zufriedenheit aller Beteiligten.

Nachdem Swissmetal jedoch einen hohen Jahresverlust macht, der teilweise den Mehrkosten bei Atmova zugeschrieben wird, und das Mutterunternehmen nicht über die nötigen finanziellen Ressourcen verfügt, um das System im großen Stil auf dem Markt zu etablieren, will es sich von Atmova trennen und sucht einen Käufer. Im Jahr 2011 ist die Atmova-Homepage jedenfalls nicht mehr erreichbar.


Im November 2008 höre ich zum ersten Mal vom Smart CoolRoof der Firma Redwood Renewables aus Corte Madera, Kalifornien. Das Unternehmen nutzt alte Autoreifen, um daraus ein neues Gummi-Material herzustellen, in welches dann Solarzellen eingebettet werden.

Zur Verarbeitung der Altreifen verwendet das Unternehmen einen chemiefreien Ultraschall-Prozeß, der das Auto-Gummi entvulkanisiert. Die resultierenden Gummi-Solarschindeln bilden eine recycelte Dacheindeckung mit hervorragenden Isoliereigenschaften, die außerdem noch Strom erzeugt und nur etwa die Hälfte einer typischen Solarpaneel-Installation kostet. Das Konzept scheint aber trotzdem nicht aufzugehen, denn irgendwelche kommerziellen Erfolge kann die Firma nicht vorweisen.


Das US-Unternehmen SRS Energy entwickelt in Zusammenarbeit mit dem Ziegelfabrikanten US Tile einen sehr ästhetischen solaren Dachziegel namens Solé Power Tile, der im April 2009 vorgestellt wird und im Folgejahr auf den Markt kommen soll.

Die eingesetzte Triple Junction-Dünnschicht-Technologie von Uni Solar aus Michigan verspricht eine erhöhte Langlebigkeit der Solarzellen, bei einem Wirkungsgrad von 8 – 10 %. Ein Solarziegel hat eine Leistung von 16,2 W.

Designer der gekrümmten blauen BIPV-Kollektoren, die man einfach auf die vorhandenen Dachziegel installieren kann, ist Peter Bressler und seine Firma Bresslergroup aus Philadelphia, die 2005 damit beginnen. Doch schon beim Update 2011 ist die SRS-Energy nicht mehr auffindbar, und auch die US Tile hat die Solardachziegel inzwischen aus ihrem Angebot gestrichen.


Zur Selbstinstallation geeignet sind die wabenförmigen SolarClover PV-Paneele der 2008 von Mark Goldman und Dmitry Dimov gegründeten Firma Armageddon Energy Inc. mit Sitz in Menlo Park, Kalifornien, die ihre Prototypen erstmals im Mai 2009 vorstellt. Nach einer Beta-Reihe soll die kommerzielle Produktion etwa in einem Jahr beginnen. Obwohl es sich dabei nicht direkt um Schindeln handelt, lassen sie sich die vorgefertigten, modularen Paneele am besten dieser Auflistung hier zuordnen.

SolarClover Paneele

SolarClover Paneele

Zur – etwas befremdlichen – Namenswahl des Unternehmens habe ich nur einen Kommentar von Goldman finden können: „Wir bereiten uns auf die Apokalypse vor, die unserer Meinung nach sonnig, schön und voller sauberer, frischer Luft sein wird.“

Ein 400 W Clover (Klee) besteht aus drei sechseckigen Siliziumzellen-Sechskantmodulen von jeweils rund 5 kg Gewicht, einem dreieckigen Rahmen und einem Mikro-Inverter. Drei von ihnen (9 Blätter) bilden ein 1 kW System, das 8.500 $ kostet und ausreicht, um die meisten Großgeräte in einem effizienten Haushalt zu betreiben.

Die patentierten Armageddon-Module sind vor allem deshalb deutlich leichter als herkömmliche Paneele, weil die hocheffizienten Solarzellen anstelle von Glas mit Tefzel von DuPont abgedeckt sind, einem fluorierten Copolymer (ETFE). Bei den Zellen selbst handelt es sich um Produkte der Firma Suniva mit einem Wirkungsgrad von 18 – 19 %. Ein weiteres, wesentliches Element ist eine von der belgischen EconCore N.V. entwickelte thermoplastische Waben-Sandwichplattentechnologie als Träger der Module.

Um die Markteinführung des attraktiven, einfach zu installierenden und erschwinglichen SolarClover-Solarsystems zu beschleunigen, geht die Armageddon Energy im April 2010 eine Partnerschaft für eine strategische Investition und Zusammenarbeit mit der Firma Tyco Electronics (TE) ein.

Anfang 2011 wird das System bei den Underwriters Laboratories auf Sicherheit und Leistung getestet – und soll nun im März oder April auf die ersten Zielmärkte kommen, Kalifornien und Arizona. Im September folgt die Nachricht, daß Armegeddon ein 1 kW Demosystem auf dem Dach des Rathauses von San José in Betrieb genommen hat.

Tatsächlich wird es danach jedoch völlig ruhig um die Entwicklung, und erst im Juni 2017 gibt es die Meldung, daß die Armageddon Energy zusammen mit ihren strategischen Partnern EconCore und DuPont Performance Polymers mit dem renommierten JEC Innovation Award ausgezeichnet wurde. Dabei geht es allerdings um ein neues Polymer-Solarmodul mit 70 – 80 % weniger Gewicht als ein Standard-Glas-Solarmodul. Umsetzungen kann das Unternehmen bislang aber noch immer nicht vorweisen.


Der Chemiekonzern Dow Chemical Co. präsentiert im Oktober 2009 eine Powerhouse Solar Shingle, die bereits im Folgejahr in den Vertrieb gehen soll. Die ab 2008 gemeinsam mit der Firma Global Solar Energy entwickelten flachen Dünnschicht-Module aus Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS) Zellen lassen sich in die Dachstruktur der in Amerika verbreiteten Asphalt-Schindeln integrieren, haben die Maße von 25,4 x 57,9 x 1,27 cm, erreichen eine Effizienz von rund 10 % und sollen bis zu 40 % weniger kosten als andere BIPV-Module. Steckverbinder von Schindel zu Schindel ermöglichen eine bündige Installation und eliminieren ein Spinnennetz aus Drähten hinter den Schindeln oder auf dem Dachboden.

Im Jahr 2010 wird Dow Chemical vom amerikanischen Energieministerium 20 Mio. $ gefördert, um seine CIGS-Solar-Dachschindeln weiter zu entwickeln und einem Markttest zu unterziehen. Das Unternehmen arbeitet dazu weiter mit der Global Solar Energy zusammen, dem Hersteller der Solarzellen, von denen in jeder Schindel fünf Stück stecken. Dow überzieht diese dann mit Polymerwerkstoffen und einem Spezialglas.

Um die Einsatzfähigkeit der Sonnenschindeln zu belegen, errichtet die Dow Chemical zusammen mit der  Firma The Cobblestone Homes in Bay City, Michigan, ein Demonstrationshaus, das seine gesamte Energie von Solarmpaneelen und den neuen Sonnenschindeln bezieht, die am ganzen Haus installiert sind. Die Temperaturregelung des visionären Nullenergiehauses erfolgt über geothermische Wärmepumpen.

Andrew N. Liveris, der Vorstandsvorsitzende von Dow Chemical, bezeichnet die Solar-Schindeln als ‚Game-Changer‘, der bis 2015 einen geschätzten Markt von 5 Mrd. $ erschließen wird. Immerhin hatte das Time Magazine die Solarschindeln bereits 2009 zu den 50 besten Erfindungen des Jahres gezählt.

Die  neue Solardachziegelserie kommt im Oktober 2011 in Colorado auf den Markt, mit CIGS-Zellen, die sogar einen Wirkungsgrad von 13 % erreichen. Davon werden 250 Stück, die mit ihren 3,5 kW den Durchschnittsbedarf eines Haushalts decken und sich innerhalb von 10 Jahren amortisieren können, für 10.000 $ angeboten. Zudem wird in diesem Jahr in Michigan eine neue Produktionsstätte für die Powerhouse Solar Shingles gebaut. Das Werk soll 2012 die Produktion aufnehmen. Im April 2012 wird die Produkteinführung auf Texas und Kalifornien ausgedehnt.

Einem Bericht vom Januar 2012 zufolge ist das im Jahr 2008 von Dave Pearce gegründete Dünnschicht-Solar-Startup NuvoSun Inc. der aktuelle Produzent der Dow-Solarschindeln. Um die Nachfrage von Dow Chemical zu decken, erweitert das Unternehmen seine bisherigen 40 MW Produktionslinie. Zudem will man etwa 50 Mio. $ für die Fabrikerweiterung in China sammeln. Im März 2013 wird die NuvoSun von der Dow Chemical übernommen, die daneben aber auch mit anderen CIGS-Lieferanten wie Global Solar zusammenarbeitet. Anfang 2015 sind die Schindeln in 17 US-Bundesstaaten erhältlich, einschließlich von Hawaii.

Der US-Installateur Real Goods Solar Inc. (auch: RGS Energy) erwirbt 2017 die Schindeltechnologie von Dow Chemical für insgesamt 3 Mio. $, nachdem der Riese viele Jahre lang erfolglos versucht hatte, sein von zwölf Patenten geschütztes Solardachziegelsystem zu kommerzialisieren.

Nachdem die erste und zweite Generation auf CIGS-Zellen basieren, die von der Dow Chemical in mehr als 1.000 Dächer eingesetzt worden sind, überarbeitet die RGS die Solarzellenchemie. Die neueste Generation namens Powerhouse 3.0 Solar Shingles verwendet Mono-PERC Silizium-Solarzellen, wodurch die Kosten deutlich gesenkt und der Wirkungsgrad verbessert werden kann. Während die früheren Zellen 32 – 40 W pro Zelle produzierten, liefert die neue Version 55 – 60 W pro Zelle. Ein Teil der niedrigeren Kosten kommt von einem neuen Produktionspartner in China, der Firma Risen Energy.

Die Produktzertifizierung erfolgt im ersten Quartal 2018, und die RGS plant nun, den Vertrieb und die Installation der nun 80 x 105 cm großen 60 W Solarziegel, deren Wirkungsgrad 17,1 % beträgt, unmittelbar zu starten. Ob und wann ein Vertrieb auch außerhalb der USA geplant ist, wird nicht mitgeteilt. Der US-Markt basiert darauf, daß ungefähr 80 % der Hausbesitzer über Dächer mit Bitumen und Teerpappe verfügen.

Das  Rennen um Erfolge bei Sonnenschindeln bewegt sich ein wenig, als die RGS im Dezember 2018 die ersten Vorbestellungen für die Powerhouse Shingles im Wert von 127 Mio. $ annimmt. Das Unternehmen kündigt auch Pläne an, im Laufe des Jahres 2019 die Produktion bei seinen Partnern vierteljährlich in Richtung einer jährlichen Kapazität von 5 MW zu steigern.

Panotron-System

Panotron-Hybridsystem

Im September 2009 stellt die im Vorjahr gegründete Schweizer Panotron AG (auch: Panotron Energy Systems) aus Kirchberg im Kanton Bern einen neuartigen Solar-Hybrid-Dachziegel vor. Das innovative Produkt, das gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt, besteht aus zwei Teilen: Ein ‚Register’ welches unter dem Tonziegel montiert wird, nutzt die Solarenergie zur Produktion von Warmwasser, während kleine PV-Module auf den Ziegeln elektrische Energie produzieren.

Die Ziegel werden dann an Aluminiumschienen befestigt, welche die Dachquerlatten aus Holz ersetzen. In den Aluminiumschienen zirkuliert ein Wasser-Glykol-Gemisch, das die Wärme aus den Ziegeln ableitet und eine Wärmepumpe speist. Die so konzentrierte Wärme kann sowohl zur Heizungsunterstützung als auch zur Aufbereitung von Warmwasser genutzt werden. Die Photovoltaik sieht Panotron eher als einen Zusatz.

In jedem Fall wird auch hier Hauptaugenmerk auf die Optik gelegt, denn die schwarz eingefärbten Solarziegel sollen sich unbemerkt in die Dachhaut integrieren. Zwölf Solarziegel füllen eine Dachfläche von einem Quadratmeter. Die monokristallinen Zellen dieser zwölf Ziegel haben eine Leistung von 72 W. In Kombination mit einer Wasser/Wasser-Wärmepumpe soll bei der Warmwassergewinnung zusätzlich ein Energiegewinn von 110 W/m2 erreicht werden. Ab Juli 2009 beginnt ein etwa 100 m2 großes Prototyp-Testdach auf dem Gelände der Ziegelei Rapperswil-Bern Louis Gasser AG Erkenntnisse aus der Praxisanwendung zu liefern.

Besonderer Vorteil des modular aufgebauten Panotron-Hybridsystems des Ingenieurs und Erfinders Martin Bieri, der dieses als Entwicklungsleiter der Panotron bis 2010 zur Marktreife bringt und auf der Intersolar 2010 präsentiert: Ein Dach kann neu eingedeckt werden, der Anschluß an die Heizanlage erst später erfolgen, und die Photovoltaik-Module lassen sich ebenfalls unabhängig nachrüsten. Tatsächlich startet die Auslieferung im Juli 2011, bei großer Nachfrage. Bei einer Anlagengröße von 3 kW kostet das einzelne Kilowatt 7.500 SF, bei größeren Anlagen reduziert sich der Preis entsprechend.

Das unabhängige und seit 1918 bestehende Familienunternehmen Ziegelei Rapperswil Louis Gasser AG gehört zu den wichtigsten Aktionären der Panotron AG. Zusammen mit den Tochter­gesellschaften Tuileries & Briqueteries Bardonnex S.A., Morandi Frères SA und Panotron AG bildet die Firma ab Juni 2013 die Gasser Ceramic AG, die im weiteren Verlauf als Anbieter des Gasser-Solarziegels Pan 29 mit einer Leistung von 87 W/m2 Ziegelfläche auftritt – sowie des Solarmoduls FIT 45, das so breit wie vier Ziegel ist und eine Leistung von 45 W hat.

Nach dem Ausstieg der anderen Aktionäre übernimmt die Ziegelei Rapperswil die Panotron AG vollständig und führt diese seither als Tochtergesellschaft weiter. Einem Bericht vom November 2015 zufolge habe man sich entschieden, am Produkt und an der Firma festzuhalten, da in die Entwicklung und ins Marketing schon ein zweistelliger Millionenbetrag investiert worden sei. Bis dato sind in der Schweiz 100 Hausdächer mit Panotron-Solarziegeln eingedeckt worden.


Ein Studenten-Team des Massachusetts Institute of Technology (MIT) stellt im Oktober 2009 einen Dachziegel vor, der in Abhängigkeit von der Temperatur seine Farbe wechselt – weiß bei heißem Wetter, und schwarz in der kalten Jahreszeit –, womit aus beiden Farben das jeweils Beste geholt wird. Weiße Oberflächen können bis zu 80 % des auf sie fallenden Sonnenlichts reflektieren und die Kühlkosten dadurch um rund 20 % senken. Und ein dunkles Dach hat im Winter den umgekehrten Effekt.

Die Thermeleon benannten Dachziegel, im Reim mit Chamäleon, verwenden kommerzielle und ziemlich billige Polymere und Lösungsmittel, die zwischen einer durchsichtigen Kunststoff-Deckschicht und einer schwarzen Trägerschicht verkapselt sind. Wenn es kalt ist, bleibt das Polymer in dem Lösungsmittel gelöst und läßt die schwarze Rückseite durchscheinen. Wird es dagegen heiß, dann kondensiert das Polymer zu einer weißen, wärmereflektierenden Oberfläche.

Im Oktober erringt das Team den ersten, mit 5.000 $ dotierten Platz beim Making and Designing Materials Engineering Contest des MIT.

Neben weiterem Arbeiten, um die Haltbarkeit der Dachziegel zu optimieren, wird auch eine mikroverkapselte Version der Polymer-Lösungsmittel-Mischung untersucht, die auf bestehende Dächer gestrichen oder gesprüht werden kann. Eine Homepage unter dem Namen Thermeleon gibt es jedenfalls schon, auf der das Team sein Interesse an potentiellen Investoren oder Lizenzpartnern bekundet. Was anscheinend nicht erfolgreich ist, denn später taucht das System nie wieder auf.

Soltech-Glasdachziegel

Soltech-Glasdachziegel


Eine rein thermische Variante entwickelt das schwedische Unternehmen SolTech Energy Sweden AB zusammen mit der ebenfalls schwedischen Glasfirma Orrefors. Die einzigartige Hausheizung basiert auf Dachziegeln aus gewöhnlichem transparentem Glas, die etwa das gleiche Gewicht wie die aus Ton haben und den Dächern – etwas ironisch – ein schönes, eisiges Aussehen verleihen.

Das System nutzt die thermische Solarenergie, indem die Glasfliesen über einer schwarzen Nylonleinwand als Hintergrundmaterial installiert werden, unter der Luftschlitze montiert sind. Die sich in dem Zwischenraum aufheizende Luft wird anschließend zur Erwärmung des Wassers genutzt, das über einen Speicher mit der Hausheizung verbunden ist. Pro Quadratmeter kann das Soltech-System bis zu 350 kWh Wärme erzeugen.

Das Schöne an dem System ist, daß es die Energiekosten das ganze Jahr über senkt, sowohl an dunklen Wintertagen als auch in der Nacht, da es die Wärme in den isolierenden Luftschichten unter der Plane speichern kann.

Im Jahr 2009 werden die Glasfliesen auf der North Building Fair in Nordbygg zum ‚Heißesten neuen Material‘ des Jahres gekürt und mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Die industrielle Produktion findet inzwischen in Portugal statt.

Neben dieser thermischen Variante bietet die SolTech auch noch Dachziegel namens ShingEl, der Strom produziert und die gleichen Abmessungen und Spezifikationen wie fünf Bieberziegel hat. Die Leistung jedes Paneels beträgt 40 W, und es werden umgerechnet 2,56 Paneele benötigt, um 1 m2 abzudecken. Im Inneren kommen CdTe-Dünnschichtzellen zum Einsatz.

Das jüngste Produkt heißt SolTech RooF und ist ebenfalls ein ästhetisch gestaltetes Solarmodul mit ähnlichen Spezifikationen, das traditionelle Dachziegel ersetzen kann.

Daneben wird mit dem Produkt SolTech Facade ein Solarzellen-Paneel angeboten, das andere Fassadenmaterialien ersetzt. Sowohl schwarze/unterschiedlich gefärbte als auch transparente Oberflächen erzeugen von 100 – 113 W/m2. Die 60 × 120 cm großen Paneele bieten eine Transparenz von 0 – 90 %, wobei der Effekt linear zum Grad der Transparenz ist: Ein Paneel mit 50 % Transparenz erzielt 50 % der genannten 113 W. Mit den letztgenannten Technologien ist das Unternehmen besonders stark in China aktiv, wo es Beteiligungen und Tochterfirmen hat.


Zudem läuft im Jahr 2009 das Projekt ‚Solar Tiles‘ der portugiesischen Universität Minho und der Neuen Universität Lissabon, in dem die Möglichkeit der Nutzung von Solarenergie durch photovoltaische Dachziegel untersucht wird.


Um 2010 herum entwickelt der Bauleiter und passionierte Tüftler Thomas Pauer ein neues Produkt: den Topas-Solardachziegel nebst einem Stecksystem, das die Montage erleichtern soll.

Nachdem er sich das Patent für die mit Photovoltaik bestückten Kunststoffziegel sichert und auch ein Vertriebspartner findet, braucht er noch einen Hersteller, der sich auf die Produktion einzulassen gewillt ist. Diesen findet er in der Braas GmbH aus Oberursel, einem Anbieter von kompletten Dachsystemen. Der Dachziegel Topas 11V wird erstmals  auf der BAU 2011 präsentiert.

Dem Stand von 2019 zufolge bietet das Unternehmen u.a. das Indach-System PV Indax an, das auf die Integration von kristallinen 280 W PV-Modulen in Dächer mit allen gängigen Dachpfannen ausgelegt ist, sowie das PV-Indach-System PV Premium, das aus einem Schutzdach ein Nutzdach macht. Dabei werden die 100 W Module anstelle von Dachpfannen in das Dach integriert, wodurch sich ein vollkommen geradliniges, harmonisches Deckbild ergibt.

Dünnschicht-Dachbahnen

Dünnschicht-Dachbahnen


Die 1990 gegründete Firma United Solar Systems Corp. (auch: UNI-SOLAR, später: United Solar Ovonic LLC) aus Greenville in Michigan beginnt 1997 mit ihren Aktivitäten im BIPV-Bereich.

Hier abgebildet ist die Installation einschichtiger Dachbahnen auf der Abfüllanlage von Coca-Cola Enterprises (CCE) in Los Angeles, die im Februar 2004 mit der Stromerzeugung beginnt. Die 128 W PV-Module der 325 kW Anlage auf einer Gesamtfläche von fast 2.600 m2 können täglich bis zu 100 kW erzeugen.

UNI-SOLAR ist eine Tochter der Energy Conversion Devices Inc. (ECD) aus Auburn Hills, Michigan, die gemeinsam mit der CertainTeed Corp. aus Valley Forge, Pennsylvania, ein PV-Dünnschicht-Solar-Dachsystem entwickelt, das die in den USA verbreiteten Asphalt-Dachschindeln mit den leichten Paneelen der United Solar Systems kombiniert. Nachdem die Firma zwei Jahre zuvor mit ihren Solaris Solar Reflective Roofing Shingles eine Art Vorläufer vorgestellt hatte, kommt das neue EnerGen-System im Jahr 2010 auf den Markt.

Die leichte und ästhetische Konstruktion, die  in der Dachdeckerbranche als ein Durchbruch gefeiert wird, erfordert keine Durchdringungen auf dem Dach, was die Installation des Systems für konventionelle Dachdecker erleichtert und gleichzeitig die Integrität der Dachstruktur gewährleistet.

Im Jahr 2011 wird auf der Solar Power International (SPI) in Dallas der verbesserte PowerShingle vorgestellt, der ebenfalls aus Solarzellen besteht, die in glasfreien, extrem leichten und sehr flexiblen Laminaten integriert sind, die wiederum in UV-stabilisierte, wetterbeständige Polymere eingekapselt sind.

Im Februar 2012 geht die United Solar Ovonic Corp. in Konkurs, da ihre Muttergesellschaft ECD selbst auch einen Insolvenzantrag stellt. Ein Gerichtsverfahren wegen im Jahr 2006 genehmigter Steuergutschriften und ausstehender Umsetzungen beim Bau neuer Werke wird Anfang 2014 mittels Vergleich geregelt.

Die Firma CertainTeed bleibt dagegen im Geschäft und bietet dem Stand von 2019 nach ein nun Apollo  II genanntes System mit hocheffizienten 63 W monokristallinen Silizium-Solarzellen und in den Maßen 43 x 120 cm an – sowie das Apollo Tile II System zur Installation als Teil eines neuen oder bestehenden Ziegeldaches. Dieses System wurde speziell für das Profil von Flachbetonziegeln entwickelt und fügt sich nahtlos in die Dachfläche ein. Der Preis pro Fliese beträgt etwa 178 $.

Solar-Schiefer

Solar-Schiefer


In Großbritannien präsentiert die im September 2009 gegründete Firma Heritage Solar Slate Ltd. aus Bristol (später: Worcestershire), die auf dem Know-how der PV Systems Ltd. aufbaut, dem am längsten etablierten Photovoltaik-Unternehmen Englands, einen Solar-Schiefer mit den Maßen 300 x 600 x 4 mm, der sich fast nicht mehr von herkömmlichen Dachschieferplatten unterscheiden läßt.

Die wetterfesten Teile eignen sich daher auch perfekt für den Einsatz an historischen Gebäuden. Im Snowdonia National Park werden Mitte 2010 auf einer traditionellen, modernisierten Ferienhütte namens Y Stabal insgesamt 340 Fliesen installiert. Im Foto erkennt man sie oberhalb der Fensterfront an ihrer leicht bläulichen Farb.

Im November 2010 ändert das Unternehmen seinen Namen in Solar Slate Ltd. - und dem Stand von 2019 zufolge bietet es inzwischen zwei patentierte Systeme an: die Solar Slate Plates (GB-Nr. 2511223) sowie die ERIC Tiles (GB-Nr. 1515371.1).


Da Asphaltschindeln kaum umweltfreundliche Materialien sind, erhält das in New York City ansässige Hochbauunternehmen Weidlinger Associates Inc. im Dezember 2009 vom U.S. Department of Energy (DOE) einen Zuschuß in Höhe von 150.000 $, um langlebige hybride Solardachmodule mit integrierten PV-Zellen und thermoelektrischen Materialien zu entwickeln, die sowohl Strom als auch Warmwasser für Gebäude zu erzeugen. Dabei wandeln die PV-Zellen die elektromagnetische Strahlung der Sonne in Strom um, während die thermoelektrische Schicht ihre Wärme in Strom umwandelt.

Weidlinger arbeitet zusammen mit der Columbia University in New York City an dem Projekt, bei dem eine Moduleffizienz von mindestens 12 % erhofft wird. Bislang existieren nur Prototypen der schichtweise aufgebauten Hybridmodule: Unter der klaren, äußersten Schutzabdeckung befindet sich eine Schicht aus PV-Zellen, gefolgt von einer Schicht aus thermoelektrischem Material und einer Schicht aus Kunststoffrohren, die Wasser transportiert, das die anderen Schichten kühlt und gleichzeitig erwärmtes Wasser abführt. Darunter befindet sich noch eine Schicht aus verstärkendem Kunststoff.

Bei dem Entwurf von Prof. Huiming Yin sind die Wasserleitungen entscheidend für das Design, denn typischerweise reduziert sich der Wirkungsgrad von Solarzellen bei ihrer Erwärmung. Die positiv gedachte Lösung beinhaltet die Kapazität zur Kühlung der Photovoltaik und gleichzeitig der Erwärmung von Brauchwasser.

Einige der Prototyp-Paneele sollen nun auf dem Dach der Frederick Douglass Academy installiert werden um festzustellen, ob das Projekt mit etablierten Technologien konkurrieren kann.Bei Erfolg könnte die Arbeit innerhalb von sechs Monaten in eine zweite Phase übergehen, bei der den Forschern möglicherweise 1 Mio. $ an DOE-Mitteln für ein Jahr zur Verfügung gestellt wird, um die Technologie weiterzuentwickeln.Eine dritte Phase, um die Technologie für die Produktion vorzubereiten, würde wahrscheinlich bis zu 10 Mio. $ kosten. Auch wenn alles gut läuft, ist mit einem fünfjährigen Prozeß zu rechnen, um auf den Markt zu kommen. Was tatsächlich passiert, ist, daß man danach nie wieder etwas von diesem Ansatz hört – auch wenn die obige Meldung identisch noch einmal im März 2013 in der Presse veröffentlicht wird.

 

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