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Entwicklung der photovoltaischen Nutzung 2018 (a)

 

Nachdem viele Entwicklungen dieses Jahres bereits in die vorangegangenen Schwerpunkte eingeflossen sind, konzentriere ich mich in dieser Jahresübersicht auf künstlerische und ästhetische Aspekte der Photovoltaik, bei denen die Paneele selbst zum Objekt von Künstlerinnen und Künstlern werden oder direkt mit den Werken in Verbindung stehen. Hinzu kommen Aspekte der Mimikry und des Marketing.


So startet im Mai 2018 der französische Energiekonzern ENGIE die internationale Werbekampagne ,Engie Harmony’, deren erstes Projekt den Namen Solar Graffiti trägt. Bei diesem handelt es sich um eine Installation auf dem Sportplatz Gomez Farias in der Nähe von Mexiko-Stadt, die die Graffiti-Kunst der lokalen Straßenkünstler-Gruppe N3O mit den Solarfolien der Heliatek GmbH kombiniert, um den Sportplatz wiederzubeleben und das Leben der Menschen vor Ort durch eine innovative und zu 100 % nachhaltige Beleuchtung zu verbessern.

Mit der Energie, die tagsüber durch die insgesamt 111 HeliaSol-Folien gewonnen und gespeichert wird, die sowohl auf den Wandelementen als auch darüber in Amplitudenform installiert sind, kann der Sportplatz abends beleuchtet werden und bringt eine geselligere Atmosphäre in einen Ort, der sonst bei Einbruch der Dunkelheit verlassen war.

Das Projekt und der daraus resultierende Werbespot sollen zeigen, wie technischer Fortschritt im Einklang mit Mensch und Natur realisiert werden kann. Die ENGIE ist seit 2016 als Investor an dem deutschen Hersteller von großflächigen organischen Solarfolien Heliatek GmbH beteiligt und hält rund 8 % des Kapitals.

Solar Panel Art Series

Solar Panel
Art Series

Nur einen Monat später berichten die Blogs über eine Initiative der in Berlin ansässigen Solar Panel Art Series, bei der in Zusammenarbeit mit dem Online-Auktionshaus Paddle8 insgesamt 18 Werke von international bekannten Künstlern wie Felipe Pantone, Carolina Amaya, Rosh333, dem Künstlerduo Ron Miller sowie XOOOOX versteigert werden. Die Kunstwerke, die auch auf dem Tech Open Air Festival in Berlin ausgestellt werden, bestehen aus gebrauchten Solarpaneelen, die die Künstler in einzigartige Lichtobjekte verwandelt - und damit up-cycelt haben.

Die seit 2016 bestehende Solar Panel Art Series ist eine internationale Initiative zur Förderung der Kunst als Instrument des Wandels, die von The Beam initiiert wurde, einem Magazin, das sich mit den aktuellen Themen Nachhaltigkeit, Energiewende und Klima beschäftigt. Die Initiative steht unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Die Solarpaneel-Kunstserie wird als Beispiel dafür angesehen, wie man die Diskussion über erneuerbare Energien und die noch ungleiche Verteilung von Energie eröffnen kann.

Mit einem Teil des Versteigerungserlöses von mehr als 20.000 $ wird das ,Solar Kids School Program’ der 2016 gegründeten Little Sun Foundation unterstützt, das Schulkindern und ihren Lehrern, die ohne Stromnetz in Ruanda leben, zu sauberem und zuverlässigem Licht und Energie verhilft, um die schädlichen Kerosin-Lampen zu ersetzen. Hinter dem gemeinnützigen Verein steht Olafur Eliasson, ein in Berlin und Kopenhagen lebender Künstler, der bereits 2012 auf dem Weltwirtschaftsforum in Addis Abeba eine winzige solarbetriebenen Leuchte namens Little Sun vorgestellt hatte, die Menschen ohne Zugang zu Strom eine Innenbeleuchtung bietet. Ich habe das Projekt ausführlich im Kapitelteil der Solarleuchten behandelt (s.d.).           

Die Kunstwerke sind damit nicht einfach nur Kunst - sondern sie wurden geschaffen, um das Bewußtsein für eine sehr wichtige Sache zu schärfen und Geld zu sammeln, die die Kraft der Solarenergie zu denen bringt, die sie am meisten brauchen.

Ende Juli findet in Berlin das Art Solar Festival statt, bei dem die Solar Panel Art Series, an der sich bereits mehr als 80 internationale Künstler beteiligen, ihre Kollektion präsentiert. Dabei startet die zweite der geplanten drei online Benefiz-Auktionen, diesmal mit zehn Kunstwerken von Okuda San Miguel und anderen. Im September folgt die Ausstellung RAÜME 2, und im Oktober geht während der Berlin Art Week die limitierte Solarmodul-Kunstserie mit zwölf neuen Kreationen, darunter eine Sonderveröffentlichung von Katrin Fridriks, in die dritte Runde, mit der die Erlöse auf insgesamt mehr als 60.000 $ steigen.

Die nächste Ausstellung der Solar Panel Art Series findet Mitte November in New York statt, in Partnerschaft mit dem UrbanX Accelerator, und auch hier werden zwölf Werke online versteigert.

Transition Edition

Transition Edition

Die Solar Panel Art Series im Jahr 2019 trägt den Titel Transition Edition, um die Aufmerksamkeit auf den Wandel zu lenken, den unser Planet durchläuft, und auf den Wandel, den wir alle vollziehen müssen. Die Werke werden im Hotel de Rome Berlin ausgestellt, die Online-Auktion beginnt Mitte Mai.

Für ihre letzte Ausgabe rufen die Solar Panel Art Series und das BEAM Magazine Ende Oktober 2020 und gemeinsam mit der Kunstgalerie Underdogs aus Lissabon, Portugal, eine Online-Ausstellung mit dem Titel The Solar Panel Art Series - Underdogs Edition ins Leben. Auch diese Sonderausstellung mit speziell in Auftrag gegebenen Kunstwerken soll der Little Sun Foundation helfen.

Auf der bis Ende 2020 aktiven FB-Seite der Solar Panel Art Series sind viele der sehr unterschiedlichen Werke abgebildet. Danach wird es still im die Kunstinitiative, und auch die Auktionsplattform paddle8 scheint es nicht mehr zu geben.


In einer im März 2020 veröffentlichten Untersuchung berichtet ein Team um die Wissenschaftler Margaret Sereno und Richard Taylor von der University of Oregon, daß fraktale Muster, die auf Solarmodulen auf Dächern zu sehen sind, dazu beitragen, „den physiologischem Streß von Passanten zu reduzieren“. Der im Netz einsehbare Text den Titel ,Fractal solar panels: Optimizing aesthetic and electrical performances’.

Elektroden in Solarzellen sind in Streifen, so genannte Busbars, integriert, um die Leitfähigkeit für die Stromerzeugung zu erhöhen. Die traditionelle Methode basiert auf einem Design, bei dem eine sich nicht wiederholende Stromschiene für die Anordnung der Elektroden verwendet wird. Obwohl es sich bei der Umwandlung von Sonnenlicht in Energie als erfolgreich erwies, ist dieses Designs für das Auge weniger ansprechend.

Fraktalmuster-PV Grafik

Fraktalmuster-PV
(Grafik)

Davon ausgehend, daß die Ästhetik eine zunehmend entscheidende Rolle für den künftigen Erfolg von Solarmodulen in städtischen Umgebungen spielen, und inspiriert durch frühere psychologische Forschungen, die die ästhetischen Qualitäten fraktaler Muster hervorheben, führen die Forscher Verhaltensstudien durch, an denen 370 Personen teilnehmen.

Dabei vergleichen sie die Vorlieben der Beobachter für herkömmliche Sammelschienen-Elektrodenmuster bzw. für verschiedene Designs mit fraktalen Elektroden, um zu entscheiden, welches Muster am besten ankommt. Außerdem führen Computersimulationen durch, in denen die elektrische Leistung der Muster verglichen werden.

Als Resultat wird ein hybrides Elektrodenmuster entwickelt, das fraktale und bus-bar-Designs am besten kombiniert und auf einer H-Baum-Struktur basiert, bei der fraktalförmige Elektroden wie Finger in einem sich wiederholenden geometrischen Muster hervortreten, das dem Buchstaben H ähnelt. Dabei erreicht die neue Hybridelektrode die elektrische Leistung des üblichen Busbar-Designs in Bezug auf die Lichtdurchlässigkeit und die Minimierung elektrischer Leistungsverluste, während sie gleichzeitig von der überlegenen Ästhetik fraktaler Muster profitiert.

In den Quellenangaben wird auf weitere Studien verwiesen, die die Möglichkeit der Verwendung von fraktal gestalteten Elektroden in Sonnenkollektoren untersuchen. Die hier erwähnte sei aber die erste, die ein Design vorstellt, das Schönheit und Leistung miteinander verbindet.


Im September 2021 wird in der Schweiz das Siegerprojekt eines interdisziplinären Design-Wettbewerbs der Hochschule Luzern (HSLU) und der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) an der Fassade über dem Haupteingang des NEST-Gebäudes auf dem Empa-Campus installiert und feierlich in Betrieb genommen. Die Entwürfe der Studierenden und Dozierenden der HSLU waren im Februar einer Jury präsentiert worden.

Die Idee dahinter ist, daß Gebäudehüllen reichlich Platz zur Energiegewinnung bieten. Dennoch sind PV-Fassaden noch immer selten anzutreffen – dabei lassen sich Technik und Ästhetik durchaus verbinden.

Das Siegerprojekt mit dem Titel Glasklar stammt von der der Textildesignstudentin Lynn Balli und greift die Frage auf, wie man den Werkstoff Glas als Oberfläche attraktiver gestalten kann, damit er nicht wie ein Fremdkörper an der Fassade wirkt. Ballis ästhetische Antwort in Form von zehn Einzelkunstwerken zeigt an der NEST-Fassade, wie sich PV-Module als Designobjekte visuell in Gebäude integrieren lassen und sogar die architektonische Qualität verbessern können.


Keine Kunst, aber dennoch kunstvoll wirken die Solarmodule mit Stein-Optik, die das Institut für Solarenergieforschung (ISFH) in Hameln entwickelt hat. Der im Juli 2021 veröffentlichte Bericht mit dem Titel ,Photovoltaic Modules with the Look and Feel of a Stone Façade for Building Integration’ beschreibt ein Verfahren, handelsübliche PV-Module optisch besser in Steinfassaden zu integrieren, indem die Oberfläche der Module tatsächlich aus Stein gestaltet wird.

Steinoptik-PV

Steinoptik-PV

Bei der Umsetzung ersetzen die Wissenschaftler des ISFH entweder die Frontscheibe eines PV-Moduls komplett durch ein Steinfurnier, oder sie laminieren ein solches auf die bestehende Frontscheibe, womit sich Module auch nachrüsten lassen. Die insgesamt 1,5 mm dünnen Furniere bestehen aus Glasfaserkunststoff und einer 0,5 mm dicken Steinschicht und sollen für Betrachter, auch aus nächster Nähe oder bei Berührung, durch ihre rauhe Steinoberfläche authentisch wirken.

Die Forschergruppe stellt vier großflächige Module mit einer Größe von 1220 x 610 mm und einem Gewicht von jeweils 13 kg her, mit bifazialen Heterojunction-Solarzellen, die zwischen zwei Lagen einer Polyolefin-Verkapselungsfolie eingekapselt sind. Für die Tests hatte ein Partner dünne Schichten aus Schiefer geliefert, da jedoch jeder Stein anders ist, arbeitet das Team bereits an Verfahren für andere Steinsorten. Bei weichen Steinen wie Sandstein sei es beispielsweise denkbar, ihn zu mahlen und die Körner in ein Harzbett einzubringen. Und auch mit Holz wird experimentiert.

Nicht gut ist, daß sich der Wirkungsgrad der Solarzellen durch die Steinfurnier-Verschattung halbiert. Außerdem lassen die Furniere je nach Maserung und Störungen nur ungleichmäßig Licht durch, was Solarzellen nicht gefällt. Als Lösung wird vorgeschlagen, die Lichtdurchlässigkeit des Laminats vor der Montage zu scannen und nur die eher homogenen Bereiche zu verwenden. In jedem Fall sollen Folgeprojekte nun die Kommerzialisierung vorantreiben, wie aus dem ISFH zu erfahren ist.


Mehr für den kommerziellen Einsatz gedacht ist ein vollständig recycelbarer Aufkleber, der zum Abdecken von Solarzellen auf Dächern oder an Fassaden verwendet werden, um die Ästhetik der Paneele zu verbessern oder PV-Fassaden in Werbeflächen zu verwandeln.

Das im März 2022 gegründeten italienischen Start-Ups Sunspeker Srl in Turin erhält im November eine Finanzierung in Höhe von 115.000 € von der staatlichen italienischen Investitionsbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP). Über neue Finanzierungsrunden will die Firma nun weitere 450.000 € aufbringen, um seine neue Technologie auf den Markt zu bringen - die sich aber noch in der Entwicklung befindet.

Bufaga-Paneel

Bufaga-Paneel

Der im Dezember erstmals öffentlich vorgestellte anpaßbare Aufkleber des Unternehmens kann hochaufgelöste Bilder wiedergeben und bleibt dabei so lichtdurchlässig, daß die Module bis zu 90 % ihrer Effizienz beibehalten. Aus ästhetischen Gründen wird in einigen Fällen die Energieeffizienz auf 80 % reduziert, damit sich das Solarpaneel besser in die Umgebung integrieren läßt. Der Verlust bei der Leistungsausbeute soll durch den Gewinn aus den Werbekampagnen ausgeglichen werden.

Bei der Klebefolie, die mit dem patentierten Verfahren von Sunspeker verarbeitet wird, handelt es sich um einen thermoplastischen Kunststoff, der für Außenanwendungen entwickelt wurde. Bereits im November war in Zusammenarbeit mit Energy Saving, einem Energieunternehmen in der Provinz Treviso, das erste Pilotprojekt für ein Solardach auf einem Wohnhaus in der Region Venetien installiert worden, bei dem die hier abgebildeten Schindel-Fotos zum Einsatz kommen.

Im Jahr 2023 folgen mehrere weitere kleine Projekte, auf der Milan Design Week wird als Werbemaßnahme eine photovoltaische Pyramide errichtet, und im Juni beginnt die Zusammenarbeit mit der Bufaga - clean air, einem Start-Up in Rom, das die Luftverschmutzung bekämpft. Für dieses werden Solarpaneele, die die Luftreinigungstechnologie des Unternehmens antreiben, mit Text und QR-Codes gebrandet. Einen Marktdurchbruch hat die Sunspeker bislang aber noch nicht verzeichnen können.


In November 2023 folgen Berichte über das Schweizer Unternehmen pv-Print AG mit Sitz in Schmerikon, das ebenfalls eine Klebefolie entwickelt hat die auf Solarpaneele aufgebracht werden kann, um daraus PV-Plakatwände zu machen. Die Folie verringert die Stromproduktion um 10 - 30 %, aber auch hier sollen diese Verluste durch Einnahmen aus der Werbung ausgeglichen werden.

Das neue Produkt, das als PVP-Folie (o. PVP-foil, PVPfoil) bezeichnet wird, ist vor kurzem in Europa eingeführt worden und soll im Februar 2024 auch in den USA auf den Markt kommen. Es wird als eine hochwertige gegossene Vinylfolie mit präzisen Perforationen beschrieben, die über 65 % offene Fläche bietet, wobei ein spezieller Kleber für einen optimalen Kontakt mit der Moduloberfläche sorgt.

pv-Print Solarzaun

pv-Print
Solarzaun

Für den Druck stehen zwei Laminatoptionen zur Verfügung. Die Ultra Cast-Laminierung wurde entwickelt, um die Energieeffizienz zu verbessern, während die PVP no-reflect-Laminierung eine nicht reflektierende Oberfläche aufweist, um die Sonnenblendung zu minimieren. und um Werbeunternehmen mit begrenztem Budget für kürzere Kampagnen entgegenzukommen, wird zu einem späteren Zeitpunkt auch eine kostengünstigere und dünnere Produktversion erhältlich sein.

Die Firma kann bereits einige kleinere Referenzen vorweisen, doch auch hier ist es bisher noch zu keinen größeren Geschäftsabschlüssen gekommen. Was eigentlich verwundert, wenn man sich den Unterschied zwischen einem ,nackten’ und einem ästhetisch kreativ kaschierten Solarzaun ansieht, wie er hier abgebildet ist.


Hinweis: Bereits im Jahr 2005 hat das Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) farbige Solarzellen entwickelt, über die ausführlich im Kapiteltei der verschiedenen Solarzellenarten berichtet wird.

 

Das quantitative Jahresfazit lautet:

Die weltweiten Solarinstallationen stiegen gemäß SolarPower Europe im Jahr 2018 um rund 5 % und erreichten 104,1 GW.

Bloomberg New Energy Finance zufolge wurden inzwischen sogar bis zu 109 GW erreicht. Dabei lag China mit 44,1 GW und einem Marktanteil von 42 % an der Spitze, gefolgt von den USA mit 11,4 GW und Indien mit 8,3 GW. In Europa  (d.h. der EU und des übrigen Europa) stiegen die Installationen um 20 % bzw. 11 GW.

 

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