allTEIL C

Entwicklung der photovoltaischen Nutzung 2019 (a)

 

Überraschenderweise gibt es in diesem Jahr kaum relevante Nachrichten oder Entwicklungen für die Chronologie.

Im Mai 2019 berichtet die Presse über ein Start-Up, das mit einem Plastik-Vlies die Wüste bewässern, Solarmodule optimieren und das Klima retten will. Anlaß ist eine Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter, die allerdings fehlschlägt, obwohl der Zielbetrag von 17.000 € nur knapp verfehlt wird, als 64 Unterstützer 15.238 € aufbringen.

Hinter der Idee der IrrigationNets steht Dipl. Ing. Volker Korrmann aus Berlin, der im Buch der Synergie aufgeführt wurde, seit er sich im Jahr 2009 ein Tornadokraftwerk patentieren ließ, das damals aber nicht umgesetzt wurde. Nun will er mit der neuen Technologie seiner 2011 gegründeten Firma ewind Betreiber- und Vertriebs- GmbH die Kühlung und Befeuchtung durch ein paar Millionen Bäume ersetzen, die in den Wüsten fehlt. Korrmann erhält viel Presseecho, bekommt Ende 2019 den SolarImpulse Award und wird zwei Jahre später Preisträger der EnBW Innovation Challenge 2021.

Die IrrigationNets-Technologie wandelt Meerwasser oder salzhaltiges Grundwasser in sehr große Mengen kalte und feuchte Luft um, mit welcher in Dürregebieten PV-Solarkraftwerke gekühlt werden. Dadurch sollen die Module nicht nur 20 Jahre länger halten, sondern auch noch bis zu 20 % mehr Strom produzieren. Mithilfe der Wasserverdunstung wird die Luft bis zu 15°C abgekühlt und hat dann eine relative Luftfeuchtigkeit von 99%.

IrrigationNets Prototyp 1

IrrigationNets
Prototyp 1

Dies geschient, indem am Rand von Feldern vertikale, feinmaschige Kunststoffnetze aufgespannt und mit Meerwasser benetzt werden. Wenn trockener und heißer Wind durch die Netze weht, entsteht salzfreier Wasserdampf, also Luftfeuchtigkeit. Die Netze werden mit PV-Modulen vor der Sonne geschützt und halten dadurch viele Jahre. Das entstehende Mikroplastik soll durch Wasserfilter aufgefangen werden, wodurch bei der Verdunstung als Nebenprodukt unbelastetes Salz entsteht. Und schon bei schwachem Wind soll das Wasser in der kalten Luft weit ins Landesinnere getragen werden, wo es für höhere Mengen an Morgentau sorgt, was eine Mikrobewässerung für jede Pflanze bedeutet.

Es gibt bereits zwei Prototypen von IrrigationNets, und eine erste verkaufsfähige Anlage soll nun in Kaisersesch, Rheinland-Pfalz, bei einem Solarkraftwerk aufgebaut werden, was sich aber nicht bestätigen läßt.

Im Februar 2020 erfolgt beim Betrieb Karthaus in der Nähe von Paderborn eine erste Umsetzung, als ein Teil der Anbaufläche mit einem Gewächshaus für Beeren, Trauben und Obst überbaut wird, dessen Dach aus einer 4.200 m2 großen 750 kW PV-Anlage aus 2.700 lichtdurchlässigen Modulen besteht. Die Bedeckung auf 3,5 m Höhe erzeugt nicht nur Strom, sondern spendet auch Schatten und schützt die Pflanzen vor Hagel oder Starkregen.

Für den Sommer werden IrrigationNets installiert, deren Versorgung durch gespeichertes Regenwasser erfolgt. Das Projekt kostet insgesamt 580.000 €, wie hoch der Anteil für die Verdunstungskühlung ist, ließ sich nicht herausfinden.

Im Januar 2020 wird IrrigationNets ein offizieller Partner des 200 M$ Projektes EcoJnane (Öko-Oase) in Marokko, wo Solaranlagen von bis zu 500 MW entwickelt werden sollen. Hier ist ein erstes 1 MW IrrigationNets-Vorprojekt als Machbarkeitsnachweis in Form eines Solar-Gewächshauses mit Meerwasserkühlung in Planung. Im gleichen Jahr entsteht in Bengardane in Tunesien durch einen Projektpartner eine mobile Demonstrationsanlage, bei der die Netze sehr gut vor der intensiven Sonnenstrahlung geschützt werden. Weitere Neuigkeiten gibt es bislang nicht.


Im Juni 2019 kursieren Nachrichten über ein gewaltiges Projekt in Afrika, bei dem es um die Auffüllung des Tschadsees geht. Dieser war einst der sechstgrößte See der Welt, trocknet aber schnell aus und hat heute nur noch 5 % seiner ursprünglichen Größe. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen, wie Dämme an den Flüssen, die den See speisen, ein durch das Bevölkerungswachstum bedingter verstärkter Bewässerungsbedarf und geringere Niederschläge aufgrund des Klimawandels.

Von dieser großen Umweltveränderung sind rund 30 Millionen Menschen negativ betroffen, die im Tschadbecken leben, was zudem zur bewaffneten Rebellion einer Gruppe unter dem Namen Boko Haram geführt hat, die im Nordosten Nigerias begann, sich dann aber auf Kamerun, Tschad und Niger ausgeweitet hat. Da eine terroristische Gruppe aber nicht mit militärischen Mitteln besiegt werden kann, gilt es das ursächliche Probleme anzugehen, die zu der Rebellion geführt hat, d.h. die Verschlechterung der Umwelt im Tschadseebecken.

Den aktuellen Berichten zufolge hat der nigerianische Präsident Muhammadu Buhari erkannt, daß ein möglicher Weg zur Umkehrung dieser Verschlechterung darin besteht, den Tschadsee wieder aufzufüllen. Er fordert die regionalen Führer auf, die Bemühungen um die Wiederauffüllung des Sees durch das Projekt Congo River Interbasin Water Transfer (IBWT, auch: Lake Chad Replenishment Project) zu unterstützen.

Dabei soll Wasser aus dem Ubangi-Fluß in der Zentralafrikanischen Republik über einen Damm in Palambo in das Chari-Fluß-System umgeleitet werden, das in den Tschadsee mündet. Die Idee zu diesem Projekt geht auf eine Analyse der Kommission für das Einzugsgebiet des Tschadsees (Lake Chad Basin Commission, LCBC) aus den späten 1980er Jahren zurück, die vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen durchgeführt und von der italienischen Firma Bonifica übernommen wurde.

Das Projekt erlangte 2004 wieder Aufmerksamkeit, als der damalige nigerianische Präsident Olusegun Obasanjo einen Betrag von 2,5 Mio. $ zur Finanzierung von mehr als der Hälfte der für die Machbarkeitsstudien erforderlichen Kosten zusagte. Die Ziele des Projekts sind die Sicherstellung des Flußtransports, die Stromerzeugung und die Entwicklung der Bewässerung in der Region.

Hier erwähnt wird dieses Großprojekt, weil bei seiner Umsetzung, wann immer dies auch sein wird, ein 375 MW Solarpark tagsüber den benötigten Strom liefern soll, um das Wasser aus dem Kongobecken bergauf zu pumpen. Di Anlage würde mit einer 1.000 MWh Lithium-Ionen-Batterie gekoppelt werden, um ein Viertel der Wassermenge in den Zeiten zu pumpen, in denen die Sonne nicht scheint, so daß ein kontinuierlicher Wasserfluß in den Tschadsee gewährleistet wäre.


Der Industriedesigner Alican Faydalı und sein 2017 in Kappadokien, Türkei, gegründetes Studio DesignInCave gewinnen mit dem Konzept Solarpill (o. Solarpill Emergency Location Marking), das im Laufe von zwei Monaten im Jahr 2019 entworfen wurde, den A’ Design Award 2020 in Bronze in der Kategorie Lichttechnische Produkte und Beleuchtungskörper.

Solarpill Grafik

Solarpill
(Grafik)

Die Solarpill ist eine winzige Solarleuchte, die von der Geschichte von Hänsel und Gretel inspiriert wurde, in der die beiden den Weg nach Hause finden, indem sie der Reflektion der Kieselsteine folgen, die sie im Voraus hinterlassen hatten. Sie ist mit  20 x 20 x 40 mm klein genug, um als Halskette getragen zu werden.

Das Gerät wurde für die visuelle Kommunikation speziell in Notsituationen entwickelt und soll auch als ein Backup-Notlicht für für Gruppen oder Personen dienen, die in der Natur arbeiten, wie z.B. Camper, Outdoor-Sportler, Kletterer, Höhlenforscher oder Such- und Rettungsteams. Will man den Standort in der Natur visuell kennzeichnen, kann man eine Spur hinterlassen, indem die Module mit der integrierten spitzen Nadel an Bäume oder eine andere geeignete Oberfläche gesteckt werden. Die Module lassen sich aber auch einfach aufzuhängen.

Die Solarleuchte hat zwei Leuchtmodi, den SOS-Modus mit periodischem Blinken, und den Taschenlampen-Modus, wenn im Dunkeln etwas beleuchtet werden soll. Durch einen Lichtsensor wird die Beleuchtungsfunktion nur aktiv, wenn die Umgebung dunkel ist. Angeboten werden soll die Leuchte im 3-er und 10er-Pack, wobei sich jede Solarpill durch ihren winzigen PV-Dom selbst mit Solarenergie auflädt. Es lassen sich aber auch mehrere Module gemeinsam über den USB-Anschluß einer Ladestation aufladen. Das Konzept wurde bislang noch nicht umgesetzt.


Eine weitere Nachricht stammt vom August 2019 und besagt, daß der relativ kleine Flughafen Chattanooga zum ersten zu 100 % solarbetriebenen Flughafen der USA geworden ist. Das 5 Mio. $ teure Solarparkprojekt wurde sieben Jahre lang mit finanzieller Unterstützung der US-Bundesluftfahrtbehörde FFA vorbereitet und umfaßt neben einer 2,64 MW PV-Anlage auch Speichereinheiten, die eine konstante Energieversorgung an bewölkten Tagen und in der Nacht ermöglichen.

Auf internationaler Ebene gibt es in Indien, auf den Galapagos-Inseln und in Südafrika ebenfalls zu 100 % solarbetriebene Flughäfen. In den USA verfügt bislang nur der Flughafen Denver über eine größere Solaranlage.

 

Das quantitative Jahresfazit lautet:

Gemäß dem weltweiten Snapshot-Report betrug der weltweite Photovoltaik-Zubau im Jahr 2019 etwa 118 GW. Damit ist nun weltweit eine Kapazität von mindestens 627 GW (andere Quellen: 651 GW) elektrischen Stroms durch PV-Anlagen installiert. Die Photovoltaik hat bei den neu errichteten Kraftwerkskapazitäten somit alle anderen Technologien übertroffen. Ermöglicht wird das durch die Eigenschaft dieser Technologie, sowohl in kleinem Rahmen, etwa in einzelnen Haushalten, als auch als große Kraftwerke eingesetzt zu werden.

Die weltweit ersten drei Plätze beim Photovoltaik-Zubau belegen China mit 30,1 GW, die USA mit 13,3 GW und Indien mit 9,9 GW Zubau. In Deutschland lag der diesjährige Photovoltaik-Zubau bei 3,9 GW. Global gesehen belegt die Photovoltaik inzwischen den vierten Platz hinter der Kohle (2.089 GW), dem Gas (1.812 GW) und der Wasserkraft (1.160 GW).

 

Weiter mit der photovoltaischen Nutzung 2020...