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Auf die Idee, künftige Kontaktlinsen mit diversen weiteren Funktionen
auszustatten, stoße ich erstmals im Jahr 2003, als
sich Michael Stabile aus den USA mit seinem Konzept Blink an
dem Pop Sci and Core77 Wettbewerb beteiligt.
Das geniale an den Nachtsicht-Kontaklinsen (Night-Vision Contacts, NVC) ist die Methode, wie sie mit der notwendigen Energie zur Verstärkung des einfallenden Lichts versorgt werden.
Dies soll nämlich erfolgen, indem eine dünne Schicht aus Neodym-Eisen-Bor (NdFeB) Gel außen auf das Augenlied gestrichen wird. NdFeB ist der stärkste heute existierende Seltene-Erden-Magnet.
Jedes Blinzeln bewegt das Magnetmaterial an der mehrschichtigen Kontaktlinse vorbei und induziert dadurch die erforderliche elektrische Ladung.
Leider ist später nichts mehr über diesen interessanten Ansatz zu vernehmen – und es vergehen auch mehrere Jahre, bis das Thema zumindest ansatzweise wieder in der Presse behandelt wird.
Im März 2006 melden David D. Cox und James
J. DiCarlo das Patent für eine Vorrichtung ein, mit der sich
die Blickrichtung der Augen verfolgen läßt (,Device and method for
tracking eye gaze direction’; US-Nr. 20070121065, veröffentlicht 2007).
DiCarlo, ein Neurowissenschaftler am Massachusetts Institute
of Technology, wird vom Office of Naval Research, das nach
Wegen sucht, die Augenverfolgung in militärischen Anwendungen zu verwenden,
dafür finanziert, eine magnetische Kontaktlinse zu entwickeln.
Die Beschreibung der Anmeldung klingt allerdings etwas ominös: Das System soll nämlich „magnetische Elemente verwenden, die mit einem Auge und einer Erfassungsvorrichtung verbunden sind, um ein Magnetfeld zu detektieren, das durch die magnetischen Elemente erzeugt wird.“
Anfang 2008 erscheinen Berichte über Augmented-Realiy-Kontaktlinsen,
an denen Prof. Babak Amir Parviz und seine Studenten
der University of Washington (UW) arbeiten. Bei dieser
vielversprechenden Technologie sollen Hunderte von halbtransparenten
LEDs in eine dünne Linse eingebettet werden, die dem Anwender die Erfahrung
der ,Erweiterten Realität’ direkt in ihre Augen projizieren.
Für ihre Funktion nutzt die Kontaktlinse, die sich allerdings erst am Anfang ihrer Entwicklung befindet, Sensoren und Funktechnologie. Parviz zufolge brauchen die Linsen nicht sehr komplex zu sein, um ihrem Träger zu nutzen, denn schon eine Linse mit nur einem einzigen Pixel könnte Menschen mit eingeschränkter Hörkraft helfen oder als Indikator in VR-Computerspiele integriert werden.
Mit mehr Farben und höherer Auflösung könnte das Repertoire erweitert werden, um Textanzeigen zu umfassen, Sprache in Echtzeit in Untertitel zu übersetzen oder visuelle Hinweise von einem Navigationssystem anzubieten. Mit Bildverarbeitung und Internetzugang könnte ein Kontaktlinsen-Display ganz neue Welten der visuellen Information eröffnen, frei von den Zwängen eines physischen Displays. Die Anwendungen – von der Gesundheitsüberwachung bis hin zu kompletten bionischen Augen – könnten endlos sein.
Um eine flexible, biologisch sichere Kontaktlinse mit einer aufgedrucktem elektronischen Schaltung und einer Beleuchtung zu kombinieren verwenden die UW-Ingenieure erstmals Herstellungstechniken auf mikroskopischer Skala. Ihr Prototyp enthält eine elektrische Schaltung sowie eine rote LED für eine Anzeige, die allerdings noch nicht leuchtet. Als die Linsen für bis zu 20 Minuten an Kaninchen getestet werden, zeigen die Tiere keinerlei nachteilige Wirkungen.
Die Forscher hoffen nun, daß das gesamte System mit einer Kombination von auf der Linse plazierten Solarzellen sowie Antennen, die eine Funkfrequenz aufnehmen, mit Energie versorgen zu können. Die integrierte Schaltung würde diese Energie speichern und in die Spannung umwandeln, die notwendig ist, um die LEDs mit Strom zu versorgen. Diese erzeugen ein Bild, während Fresnel-Linsen verwendet werden, um das erzeugte Bild auf die Netzhaut zu projizieren.
Tatsächlich kann das Parviz-Team, das mit Forscher der Firma Microsoft Research Connections (MRC) zusammenarbeitet, im November 2011 verkünden, daß es nun erfolgreich einen funktionierenden Prototypen mit einer Antenne und einem Ein-Pixel-Display getestet habe. In Ihrer Veröffentlichung ,A single-pixel wireless contact lens display’ präsentieren die Forscher die Planung, den Bau und die in vivo Tests ihres drahtlos mit Strom versorgten Kontaktlinsen-Displays an einem Kaninchen.
Das Display besteht aus einer Antenne, einer 500 × 500 μm großen integrierten Schaltung zur Energiegewinnung, metallischen Leitern, Isolationsschichten und einem 750 × 750 μm messenden transparenten Saphir-Chip, der eine anwendungsspezifische, Mikro-Licht emittierende LED mit einer Spitzenemission bei 475 nm enthält, die alle auf einer Kontaktlinse integriert sind.
Die Anzeige kann im freien Raum drahtlos aus einer Entfernung von ca. 1 m mit Strom versorgt werden. Bei dem Kaninchen in vivo funktioniert es bei einer Entfernung von ca. 2 cm. Auch in diesem Fall werden an dem betäubten Tier keine schädlichen Wirkungen beobachtet. Die Forschung wird von der National Science Foundation und einem Zuschuß aus dem Technology Gap Innovation Fund der University of Washington finanziert.
Im Juli 2008 berichtet ein Team der University
of California Davis um Prof. Tingrui Pan und
den Habilitationsforscher Hailin Cong über die Entwicklung
einer Kontaktlinse, die aus einem Material namens Polydimethylsiloxan
(PDMS) hergestellt ist, welches strategisch mit pulverisiertem Silber
beschichtet wird um leitende Drähte zu bilden. Zudem hat das Silber
antimikrobielle Eigenschaften.
Auch diese Linse soll dazu verwendet werden, um den Augeninnendruck zu messen, der den Forscher zufolge zu Glaukom und möglicherweise Blindheit führen kann. Die Forscher planen nun, die Genehmigung für Zulassungsstudien einzuholen, um mit Tests der Linsen beim Menschen zu beginnen.
Wissenschaftler der Tufts University um Prof. Fiorenzo
Omenetto zeigen im August 2008 erstmals eßbare
Kontaktlinsen, die auf den Fäden der Seidenraupen basieren und eine
nicht-toxische Alternative zu Glas und Kunststoffen darstellen.
Die neuen Kontaktlinsen sind mit winzigen Sensoren ausgestattet, um eine neue Generation von biologisch abbaubaren Medizinprodukten zu schaffen. Laut Prof. David Kaplan, einem der Co-Autoren der Studie, läßt sich mit Seide alles tun, was sonst mit herkömmlichen Kunststoffe getan wird.
Solche ,lebenden’ optischen Elemente sollen eine völlig neue Klasse von Sensoren ermöglichen, die anspruchsvolle nanoskalige Optiken mit biologischen Auslesefunktionen kombinieren, biologisch abbaubar und biokompatibel sind, und die ohne den Einsatz von giftigen Chemikalien hergestellt und bei Raumtemperatur gelagert werden können.
Die Universität hat für auf Seide basierende Optik bereits eine Reihe von Patentanmeldungen eingereicht und untersucht nun die Chancen für eine Kommerzialisierung.
Die Designer Eun-Gyeong Gwon und Eun-Jae Lee stellen
im Januar 2009 das Konzept I contact vor
– eine Computer-Maus, die auf einer Kontaktlinse und dem entsprechenden
Sensor basiert, welcher die Augenbewegung verfolgt und diese in Bewegungen
des Bildschirm-Cursors übersetzt.
Das Objektiv wird wie jede andere normale Kontaktlinse eingesetzt und sollt dem Nutzer theoretisch die volle Kontrolle über einen Mauszeiger geben. Die Idee wurde ursprünglich für Menschen mit Behinderungen geschaffen, sollte sich aber auch von jedem anderen benutzen lassen – sofern es irgendwann einmal die Desingphase hinter sich läßt.
Im August 2009 folgen Berichte über Kontaktlinsen,
die Medikamente verabreichen - eine Idee zum Ersatz von Augentropfen,
die schon seit den 1960er Jahren diskutiert wird,
bislang aber noch nicht umgesetzt werden konnte. Dies soll sich nun
durch eine Entwicklung von Prof. Anuj Chauhan von
der University
of Florida ändern, dessen mit Vitamin E geladenen Silikon-Hydrogel-Kontaktlinsen
die kontrollierte Freisetzung von Antibiotika wie Levofloxacin und
Chlorhexidin erlauben.
Eine neuere Studie darüber, die Chauhan gemeinsam mit Kollegen der Universität Lissabon veröffentlicht, erscheint im Februar 2016 (,Controlled Release of Antibiotics From Vitamin E-Loaded Silicone-Hydrogel Contact Lenses’).
Dieses Konzept wird auch in Labortests unter der Leitung von Daniel
Kohane am Boston Children’s Hospital erforscht,
wo Prototypen mehrschichtiger Linsen zeigen, daß sie z.B. Ciprofloxacin
(ein oft genutztes Antibiotikum, um Augen- und andere Infektionen zu
behandeln) über einen Zeitraum von bis zu 100 Tagen freigeben können.
Die Kontaktlinsen aus dem biologisch abbaubaren Polymer PLGA (poly(lactic-co-glycolic
acid)) speichern zwischen zwei Schichten dieser Polymerfolie große
Dosen von Medikamenten, die sie dann mit konstanter Geschwindigkeit
über längere Zeiträume verabreichen können.
An der bereits im Juli 2009 veröffentlichten Studie sind auch Forscher der Augenabteilung der Massachusetts Eye and Ear Infirmary (MEEI), des Schepens Eye Research Institute in Boston und der Chemieingenieurabteilung des Massachusetts Institute of Technology (MIT) beteiligt.
Kohane und seine Kollegen, deren Arbeit mit jährlich etwa 250.000 $ vom National Institute of General Medical Sciences finanziert wird, und die denken, ihre Tierversuche in einem Jahr abschließen zu können, sind aber nur eines von mehreren Teams, welche die Verwendung mehrschichtiger, Medikamente abgebender weicher Kontaktlinsen untersuchen.
So hatten bereits im März Forscher an der spanischen Universidad de Santiago de Compostela um Angel Concheiroa über ihre Arbeit zur Entwicklung von Acryl-Hydrogelen mit einer verbesserten Fähigkeit, Medikamente zu tragen und kontrolliert freizusetzen. Das Institut for Bioengineering and Nanotechnology in Singapur hatte sogar schon im Jahr 2004 bekannt gegeben, daß es eine durchlässige Polymerlinse entwickelt habe, die mit Augen-Medikamenten beladen für eine okulare Arzneimittelverabreichung einsetzbar sind.
Auch danach kann eine Lücke in der Berichterstattung festgestellt werden
– bis im Juli 2011 in einem Pressebericht wieder einmal auf verschiedene Bionische
Kontaktlinsen, Smarte Kontaktlinsen und Augmented-Reality-Kontaktlinsen hingewiesen
wird, wie die Unterteilung nun lautet.
So sollen Farbwechsel-Kontaktlinsen, die von einem Team um Prof. Jin Zhang an der University of Western Ontario entwickelt werden, dabei helfen, den Glucosespiegel im Auge zu überwachen. Je nach dessen Höhe ändert die Kontaktlinse ihre Farbe. Die nicht-invasive Technologie verwendet extrem kleine Nanopartikel, in die Hydrogel-Linsen eingebettet sind. Diese synthetischen Nanopartikeln reagieren mit Glucosemolekülen der Tränenflüssigkeit, was zu einer chemischen Reaktion führt, die ihre Farbe verändert.
Auch der zuvor genannte Parviz soll in seinem Labor an der UW eine Linse in der Entwicklung haben, die den Glukosespiegel überwacht. Er wird uns weiter unten nochmal begegnen.
Bei den weiteren, erwähnten Entwicklungen handelt es sich u.a. um eine
Kontaktlinse aus Silikonhydrogel, welche bei der Glaukombehandlung
die Schwankungen des intraokularen Drucks 24 Stunden
lang überwachen.
Das System mit dem Namen Triggerfish besteht aus einer Kontaktlinse mit eingebetteten Sensoren, die subtile körperliche Veränderungen im Auge des Patienten aufnehmen und die Daten dann drahtlos an einen Empfänger übertragen, der um den Hals getragen wird. Umgesetzt wird dies, indem ein kreisförmiger Dehnungsmeßstreifen verwendet wird, der Änderungen des Augendurchmessers erfaßt, ein wichtiger Faktor bei Patienten mit Glaukom. Ein von ST Electronics hergestellter winziger Mikrosystemtechnik-Chip liest dann Daten aus dem Meßstreifen und gibt sie drahtlos weiter.
Kaweh Mansouri, ein Augenarzt an der Universitätsklinik in Genf, der das System an rund 80 Patienten testet, bestätigt, daß die Resultate in mehr als einem Drittel der Fälle zu einer direkten, unmittelbaren Änderung in der Behandlung geführt hätten. Der Hinderungsgrund für eine breitere Anwendung würde in dem Preis bestehen, der von dem Schweizer Gesundheitssystem noch nicht erstattet wird.
Das Produkt des Schweizer Biotech-Unternehmens Sensimed kommt 2010 in Europa auf den Markt, nachdem die Firma im Jahr zuvor die Sicherheitszulassung erhalten hatte. Nun hofft man, bis Ende 2011 auch die Zulassung der U.S. Food and Drug Administration zu bekommen… was dann tatsächlich jedoch bis zum März 2016 dauert.
Weiter geht es mit einer Meldung im April 2012, der
zufolge das Pentagon den Auftrag für die Entwicklung von Kontaktlinsen
erteilt hat, die unter der Bezeichnung iOptik dual focus contact
lenses bekannt sind und ihrem Träger ein weitaus breiteres
Sichtfeld als normal liefern sollen. Diese neuen Kontaktlinsen wurden
ursprünglich konzipiert, um im Tandem mit einem kompakten Heads-up-Display
(HUD) zu arbeiten, so daß die Bilder anschließend auf eine der Linsen
projiziert werden können.
Die US Army sowie die Air Force nutzen bereits solche HUDs trotz ihrer Sperrigkeit, sind aber sehr an etwas interessiert, das das gleiche tut und dabei kleiner ist – um sich auch „besser für das Schlachtfeld zu eignen“, wie es so martialisch heißt. Als ob man darauf nicht endlich verzichten könnte und sollte...
Die Linsen erlauben ihrem Träger, seine Augen auf mehrere Dinge gleichzeitig zu fokussieren, beispielsweise auf die Informationen, die auf die ,Gläser’ der Linsen projiziert werden – sowie auf eine weit entfernte Ansicht, die durch sie hindurch gesehen werden kann. Möglich machen das zwei verschiedenen Filter, durch welche das zentrale Segment der Einzellinse in der Lage ist, Licht von dem HUD in Richtung der Mitte der Pupille zu lenken, während das äußere Segment stattdessen Licht aus der Umgebung an den Rand der Pupille sendet.
Somit kann der Nutzer die virtuellen Inhalte betrachten und hat dennoch die Umgebung im Blick, ebenso wie er Gegenstände direkt vor dem Auge scharf zu sehen vermag. Der Entwickler der iOptik, das US-Unternehmen Innovega Inc. aus Bellevue, Washington, plant, der DARPA, dem Forschungslabor des Pentagon, einen voll funktionsfähigen Prototyp zu liefern.
Auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas im Januar 2013 stellt Innovega erstmals einen Prototyp in einem frühen Stadium vor – während auf der CES 2014 ein schon etwas weiter ausgereifter Prototyp des iOptik-Systems aus Datenbrille und Kontaktlinsen präsentiert werden kann, da sich die Firma entschlossen hat, iOptik auch für zivile Kunden zu vermarkten. Nun sind auch weitere Details zu erfahren, wie z.B., daß das System sechsmal so viele Pixel wie der Bildschirm eines Mobilgerätes hätte und der Anzeigebereich sogar um den Faktor 46 größer sei.
Zu kaufen ist iOptik derzeit noch nicht, da die Freigabe der Food and Drug Administration (FDA) in den USA noch aussteht. Die Firma hofft aber, die Anwendung Ende 2014 oder Anfang 2015 auf dem Consumer-Markt anbieten zu können. Bis zum Datum dieses Updates – Mitte 2016 – scheint dies aber nicht erfolgt zu sein.
Im Mai 2012 folgt eine Meldung, bei der es wieder
mehr um das hauptsächliche Thema dieser Übersicht geht, der Energie.
Pläne für elektronische Implantate, welche die Sehkraft wiederherstellen, sind nichts Neues. Ein großes Problem bei ihrer Entwicklung war bisher die Energieversorgung, da keines der bisherigen Vorhaben ohne externe Energiequellen auskam. Dies kann sich nun jedoch ändern, da ein Forscherteam der Stanford University um Prof. Daniel Palanker ein Implantat aus Photovoltaik-Pixeln entwickelt hat, das seine Energie direkt von der Sonne bezieht.
Mit den winzigen, Solarpaneel-ähnlichen Zellen, die chirurgisch unter der Netzhaut plaziert werden, könnten eines Tages Menschen ihre Sehkraft wiedererlangen, die sie aufgrund bestimmter Arten von degenerativen Augenerkrankungen verloren haben. Die neue Art von Netzhautprothese umfaßt eine speziell entwickelte Brille, die mit einer Miniaturkamera und einem Pocket-PC ausgestattet ist, der den visuellen Datenstrom verarbeitet.
Die resultierenden Bilder werden dann auf einem in der Brille eingebetteten LCD-Mikrodisplay angezeigt, ähnlich wie sie in herkömmlichen Videobrillen für Spiele verwendet werden. Im Unterschied zu diesen werden die Bilder aber mit Laserpulsen aus Nah-Infrarot-Licht aus dem LCD zu einem Photovoltaik-Silizium-Chip gesendet, der – nur ein Drittel so dünn wie ein Haar – unter der Netzhaut implantiert ist. Die elektrischen Ströme der Photodioden auf dem Chip lösen Signale in der Netzhaut aus, die dann zum Gehirn fließen, um dem Patienten das Sehen zu ermöglichen.
Der auf dem Foto abgebildete punktgroße Photovoltaik-Chip (oben rechts) befindet sich unter der Netzhaut einer blinden Ratte, um sie wieder sehen zu lassen. Das mittlere Bild zeigt den Chip, der aus einem Array von Photodioden besteht, die durch gepulstes Nahinfrarot-Licht aktiviert werden. Unten links ist ein einzelnes Pixel des Implantats in einer höheren Vergrößerung dargestellt, sodaß man die Bauweise aus drei Dioden und einer Elektrode in der Mitte erkennen kann.
Inspiriert wurde die Entwicklung dieser prothetischen Retina durch die Argus Netzhautprothese der im kalifornischen Sylmar ansässigen und schon 1998 gegründeten Firma Second Sight Medical Products Inc., bei dem eine Kamera visuelle Informationen erkennt, die dann mittels Drähten zu einem Implantat im Auge weitergeleitet werden, welches die Sehzellen ersetzt. Der Einsatz dieses Geräts war erst im Vormonat April auch in Europa genehmigt worden. Allzu weit wird es sich vermutlich nicht verbreiten, da das Argus II-System etwa 150.000 $ kostet – ohne die Kosten der Implantationschirurgie und der Ausbildung um zu lernen, das Gerät zu bedienen.
Da an dem Prozeß zudem viele Drähte beteiligt sind, beschließen der Stanford-Forscher Palanker zusammen mit den Postdoc-Stipendiaten James Loudin und dem Gastforscher Keith Mathieson diese Situation zu umgehen, indem sie ein kleines drahtloses Implantat mit PV-Pixeln konstruieren. Die Wissenschaftler hoffen nun, einen Sponsor zu finden, der Tests beim Menschen unterstützt. Bislang wird die Arbeit vom National Institute of Health, dem Office of Scientific Research der Air Force und dem Bio-X-Programm der Universität Stanford finanziert.
Ein weiterer Prothesenhersteller, die seit dem Jahr 2003 bestehende
deutsche Firma Retina Implant AG, veröffentlicht
Anfang Mai 2012 die Ergebnisse von klinischen Tests
in Europa. Bei den mikroelektronischen Netzhautimplantaten dieses Unternehmens
wird eine induktive
Stromversorgung eingesetzt.
Über die erstmalige Implantierung eines frühen Prototyps
eines bionischen Auges berichten die Fachblogs im September 2012.
Das staatlich finanzierte Forschungskonsortium Bionic Vision
Australia in Carlton, Victoria, hatte gemeldet, daß der Netzhautchirurg
Dr. Penny Allen den Prototyp in die Netzhaut einer
Freiwilligen implantiert hat, die aufgrund einer vererbten Krankheit
namens Retinitis Pigmentosa ein einem starken Sehverlust litt.
Der Weitsicht-Prototyp enthält 24 Elektroden, die den Forschern zufolge verwendet werden können, um Bilder an das Gehirn zu liefern. Das Konsortium arbeitet nun an einem Implantat, das mit 98 Elektroden höher aufgelöste Bilder liefern soll, sowie an einem Implantat mit 1.024 Elektroden, das eine hohe Sehschärfe verspricht.
Im Dezember 2012 gibt das Zentrum für Mikrosystemtechnik
(CMST), das der IMEC zugehörige Labor an der Universität
Gent in Belgien, bekannt, daß es ein sphärisch gekrümmtes
LCD-Display entwickelt habe, das in Kontaktlinsen eingebettet werden
kann. Der erste Schritt in Richtung voll verpixelter Kontaktlinsen
hat das Potential für breite Anwendungen in medizinischen und kosmetischen
Bereichen.
Im Gegensatz zu LED-basierten Kontaktlinsen, die auf ein paar kleine Pixel begrenzt sind, ermöglicht die innovative, LCD-basierte Technologie die Nutzung der gesamten Anzeigefläche. Durch Anpassung des Prozesses zur Strukturierung der leitfähigen Schicht, ermöglicht diese Technologie Anwendungen mit einer breiten Palette von Pixelanzahl und Größen, angefangen von einem einzigen Pixel, über vollständig abgedeckte Kontaktlinsen, die als anpassungsfähige Sonnenbrillen wirken, bis hin zu einem hochpixeligen Kontaktlinsen-Display.
Der nun präsentierte erste Prototyp enthält ein gemustertes Dollarzeichen – als Anspielung auf die vielen Karikaturen, die Menschen oder Figuren mit diesem Zeichen in den Augen zeigen. Bislang lassen sich allerdings nur rudimentäre Muster anzeigen, ähnlich wie bei einem elektronischen Taschenrechner.
Die größte Herausforderung war dabei, ein sehr dünnes, sphärisch gekrümmtes Substrat mit aktiven Schichten zu schaffen, das dem extremen Formungsverfahren standhalten kann. Die neue LCD-basierte Kontaktlinsen-Anzeige herzustellen gelingt durch die Verwendung neuer Arten von leitfähigen Polymeren und ihrer Integration in eine glatte, sphärische Zelle.
Für die Zukunft stellen sich die Forscher um Prof. Herbert De Smet und Jelle De Smet völlig autonome elektronische Kontaktlinsen vor, in denen diese Anzeigen eingebettet sind. Reale Anwendungen könnten dann möglicherweise in nur wenigen Jahren bereitstehen.
Nicht ganz klar ist die Verbindung zwischen der Universität Gent und der im Jahr 2000 gegründeten US-Firma Cymbet Corp., die als Marktführer im Bereich von Festkörper-Energiespeicherlösungen für mikroelektronische Systeme gilt. Dies hatte 2008 mit dem EnerChip einen wiederaufladbaren, nicht-zytotoxischen Festkörper-Energiespeicher auf den Markt gebracht, der anscheinend auch in die intelligente Kontaktlinse der belgischen Wissenschaftler eingesetzt worden ist.
Ein Team um den auf mikroskalige Geräte spezialisierte
Prof. Hongrui
Jiang an der University of Wisconsin-Madison (UW-Madison)
berichtet im Juni 2013 über eine besonders interessante
Entwicklung.
Mit 1,5 Mio. $ vom National Institutes of Health finanziert, entwickelten Jiang und seine Studenten eine aus Wasser und Silikonöl bestehende selbst-fokussierende Kontaktlinse, die sich an die Augen von Erwachsenen mit Presbyopie anpaßt, dem Resultat eines natürlichen Alterungsprozesses. Um die Kontaktlinse zu versorgen, erarbeitet das Team ein multifunktionales und kleinformatiges Design, das die Energiegewinnung, -speicherung und -nutzung in die Kontaktlinsenstruktur integriert.
Die oberste Schicht ist eine herkömmliche Photoelektrode, die das Sonnenlicht in Elektronen umwandelt. Während dieses Umwandlungsprozesses spalten sich die Elektronenströme in zwei Richtungen: Die meisten Elektronen fließen aus der Vorrichtung, um eine Leistungslast zu tragen, während einige auf mit Zinkoxid-Nanodrähten beschichtetes Polyvinylidenfluoridpolymer (PVDF) gerichtet werden, das mit seiner hohen dielektrischen Konstante als Energiespeicher dient. Gibt es kein Sonnenlicht, kommt die gespeicherte Energie durch die Nanodrähte zurück, um die Last zu versorgen.
Als Ableger entwickeln die Wissenschaftler die Technologie weiter und stellen auch eine Solarzelle der Standardgröße vor, die Energie aus Sonnenlicht aufnehmen und gleichzeitig speichern kann, bislang allerdings erst mit einem Wirkungsgrad von 4 %.
Im April 2016 berichtet das Team von einem Durchbruch, zu dem ihm der Elefantenrüsselfisch (Gnathonemus petersii) verholfen hat, ein eigenartiger Bewohner der afrikanischen Süßwasser-Ökosysteme, der unter Wissenschaftlern seit langem für sein schlechtes Sehen bekannt ist. Der schwach-elektrische Knochenfisch erzeugt dafür mit hohem Energieaufwand eigene Ströme zur innerartlichen Kommunikation und um seine Umwelt über aktive Elektroortung wahrzunehmen.
Um in den dunklen Gewässern trotzdem etwas sehen zu können, enthält die spezielle Struktur der Netzhaut des Fisches viele reflektierende, becherartige Strukturen, welche die Wellenlängen des Lichtspektrums verstärken, die der Fisch zum Sehen braucht. Dadurch erkennt er große bewegliche Objekte zuverlässiger als alle anderen Fische.
Jiangs Team hofft nun, die Struktur der Fisch-Netzhaut in einen winzigen Lichtsensor adaptieren zu können, der innerhalb einer Kontaktlinse angebracht ist und einen Algorithmus benutzen würde, um den Fokus in nur wenigen Millisekunden automatisch einzustellen. Bis man funktionierende Prototypen vorweisen kann, werden aber noch 5 – 10 Jahre vergehen, meint das Forschungsteam.
Im Juli 2013 veröffentlichen Wissenschaftler der University
of California San Diego und der Eidgenössischen Technischen
Hochschule in Lausanne einen Bericht über die Entwicklung
einer dünnen Teleskop-Kontaktlinse, die sich zwischen normaler und
vergrößerter Sicht umschalten läßt. Dies könnte insbesondere Patienten
mit altersbedingter Makuladegeneration (AMD) dabei helfen, die Auswirkungen
ihrer Erkrankung abzumildern und den Verlust ihrer Sehfähigkeit auszugleichen.
Das von Wissenschaftlern um Prof. Joseph E. Ford und Eric J. Tremblay entwickelte, nur 1,6 mm dicke Linsensystem funktioniert im Prinzip wie ein Teleskop mit vielen keinen spiegelnden Oberflächen. Und während das Zentrum der Kontaktlinsen für eine normale unvergrößerte Sicht sorgt, vergrößert die ringförmige Teleskop-Anordnung einfallende Bilder etwa 2,8-fach.
Um zwischen der normalen und vergrößerten Ansicht hin- und herzuschalten, nutzen die Forscher eine Brille mit Flüssigkristallen, die je nach Einstellung Anteile des Lichts blockiert, für den bestimmte Teile der Linse empfänglich sind. So ist entweder der vergrößernde oder der normale Teil der Linse aktiv. Ein noch zu lösendes Problem ist die Verträglichkeit des gasundurchlässigen Kontaklinsenmaterials Polymethylmethacrylat (Acryl bzw. Plexiglas), das in frühen Linsen zum Einsatz kam, da es nur für eine kurze Zeit im Auge getragen werden kann. Ford und seine Kollegen arbeiten daher an einer Konstruktion, die demgegenüber luftdurchlässig ist.
Finanziert wird die Arbeit der Forscher unter anderem von der DARPA, der Forschungsbehörde der US-Streitkräfte, wo man sich für diese Technologie höchstwahrscheinlich ganz spezielle Anwendungsgebiete vorstellt.
Erstmals präsentiert wird ein Prototyp der Teleskop-Kontaktlinse im Rahmen der Jahrestagung der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften in Kalifornien im März 2015. Der Träger kann die Zoom-Funktion dank integrierter Polarisationsfilter durch Blinzeln steuern. Bis zur endgültigen Marktreife bedarf es den Forschern zufolge aber noch weiterer Verbesserungen.
Im August 2013 berichten die Fachblogs über Kontaktlinsen
mit eigener Stromversorgung, die von den Ingenieuren der beiden Schwesterfirmen EP
Global Communications Inc. (EPGL) und EPGL Medical
Sciences in Irvine, Kalifornien, erfunden worden sind.
Grundlage dafür sei die weltweit erste in sich geschlossene und selbstbetriebene Stromquelle für Kontaktlinsen, die ihre Energie aus diesen selbst bezieht und zudem Tag und Nacht als Selbstläufer funktioniert. Eine externe Energiequelle wird nicht benötigt. Ohne Details bekannt zu geben, sagt EPGL nur, daß die Energie durch das Blinzeln des Auges geerntet wird – was erstmals einen Bogen zu dem eingangs erwähnten Konzept ,Blink’ schlägt (s.o.).
Die Firma, die den Markt für Kontaktlinsen als Informationsdaten-Anzeigegeräte nur als einen Anfang betrachtet, beabsichtigt die neue Technologie an Unternehmen zu lizenzieren, die solche Datenanzeigen für Kontaktlinsen entwickeln. Im Bereich der medizinischen Anwendungen sollen solche Kontaktlinsen ihrem Träger Echtzeit-Daten wie Blutzuckerspiegel, Sauerstoffgehalt, Herzfrequenz, EKG und vieles andere anzeigen. Im Privatkunden-Elektronik-Markt sind wiederum Teleskop- oder Mikroskopfunktionen denkbar.
Nur einen Monat später wird bekannt, daß der Firma Newcyte
Inc. das Patent für ein künstliches Retina-Implantat erteilt
wurde, das aus einer Kohlenstoff-Nanostruktur besteht (US-Nr. 8.433.417,
angemeldet 2008). Als Erfinder wird Dennis
Flood benannt, Cheftechniker der Firma Natcore Technology
Inc., welche die Newcyte im Jahr 2009 erworben
hatte. Dazu muß man aber wissen, daß die Newcyte von Flood und Prof. Andrew
Barron gegründet wurde – die gleichzeitig zwei der Mitgründer
von Natcore sind.
Flood verfügt zu diesem Zeitpunkt über 33 Jahre Erfahrung bei der Entwicklung von Solarzellen für terrestrische und extraterrestrische Anwendungen, und war u.a. Leiter der Photovoltaik- und Raumumgebungs-Abteilung des NASA Glenn Research Center in Cleveland. Motiviert dazu, die künstliche Netzhaut zu erfinden, wurde er, als seine Frau in einem relativ frühen Alter die Makula ihres linken Auges durch eine Degeneration verlor.
Im Gegensatz zu anderen Patenten, die eine künstliche Netzhaut betreffen, die entweder nur eine begrenzte Sehschärfe wiederherstellen, oder nur die Fähigkeit haben, Bewegungen zu erkennen oder auch nur zwischen hell und dunkel zu unterscheiden, und die zudem oft sperrig sind und/oder eine Prothese benötigen, bietet die neue Entwicklung ein selbstversorgtes Implantat, das keine Kamera, keinen Sender oder kein anderes externes Gerät benötigt.
Es soll zudem funktionieren, solange die Nerven des Patienten am leben, und nur die Stäbchen und Zapfen betroffen sind. Außerdem hat es das Potential, wellenlängen-selektiv zu sein, so daß Menschen wieder Farben sehen könnten, die derzeit nur eine trübe Sicht in schwarz-weiß haben. Die Gerät, eine flache runde Scheibe mit einem Durchmesser von etwa 4 mm, würde chirurgisch implantiert werden.
Die Natcore-Netzhaut besteht aus einer Anordnung von Kohlenstoff-Nanoröhrchen, die vertikal auf einem Substrat aufwachsen. Die Nanoröhrchen sind mit einem Halbleitermaterial beschichtet, das sie wie eine Solarzelle umwickelt. Die freigelegten Spitzen der Nanoröhrchen sind so angeordnet, daß sie sich in die Nervenzellkörper (Ganglien) hinein erstrecken.
Tritt Licht in das Auge ein und wird durch die Linse auf die künstliche Netzhaut fokussiert, veranlaßt der resultierende Spannungsaufbau die Nerven dazu, zu feuern und wie Synapsen zu wirken, die ein Signal an das Gehirn senden. Dabei wirken die beschichteten Kohlenstoff-Nanoröhrchen wie die Stangen oder Zapfen, d.h. die Photorezeptoren der Augen, welche das Licht in Signale umwandeln, um biologische Prozesse zu stimulieren.
Da sich Natcore primär mit schwarzem Silizium, selektiven Emittern und flexiblen Solarzellen beschäftigt, während der Weg zur Kommerzialisierung der künstliche Netzhaut viel mehr Zeit erfordern wird, sucht die Firma nun einen Joint Venture-Partner, einen Lizenznehmer oder einen Käufer, um auch ein Produkt auf den Markt bringen zu können.
Im Dezember 2013 folgen Berichte über die ersten 3D-gedruckten
Sehzellen der Welt, die dabei helfen könnten, Blindheit zu heilen.
Ich denke, daß diese Information einen Platz in der vorliegendn Chronologie
hat – auch wenn es hier nicht im die Energiefrage geht. Den Forschern
der University of Cambridge um Prof. Keith
Martin ist es jedenfalls gelungen, einen Tintenstrahldrucker
zu verwenden, um lebende Netzhaut-Zellen auszudrucken. Derartige
Zellen können aufgebaut und verwendet werden, um fehlerhaftes
Augengewebe zu ersetzen und Netzhauterkrankungen wie Glaukom und Makuladegeneration
zu behandeln.
In ihrer Studie zeigen die Wissenschaftler, wie retinale Ganglionzellen, welche Signale vom Auge zum Gehirn übertragen, sowie Gliazellen, die diesen Prozeß unterstützen, in Schichten übereinander gedruckt werden können, ohne sie zu beschädigen. Es sei das erste Mal, daß Zellen aus dem zentralen Nervensystems eines Erwachsenen erfolgreich gedruckt werden konnten.
Wissenschaftler der Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH
Zürich) zeigen im Januar 2014 wiederum Elektronikbauteile,
die so dünn und biegsam sind, daß sie sich sogar um ein einzelnes Haar
herum legen lassen, ohne daß die Elektronik dabei Schaden nimmt. Die
hauchdünne Elektronikmembran, die auf verschiedenen Oberflächen haftet,
eröffnet neue Möglichkeiten für ultradünne, durchsichtige Sensoren.
Die ETH-Forscher um Prof. Gerhard Tröster und den Postdoc-Forscher Niko Münzenrieder entwickeln schon seit einiger Zeit flexiblen Elektronikkomponenten, die sich in Textilien einweben oder auf der Haut aufbringen lassen. Das Verfahren, das die Herstellung dieser Dünnfilmbauelemente ermöglicht, wurde zusammen mit Giovanni Salvatore innerhalb eines Jahres entwickelt.
Die Membran besteht aus Parylen, einem Kunststoff, den die Forscher schichtweise auf eine herkömmliche 2-Zoll-Siliziumscheibe aufdampfen, wobei der Parylenfilm maximal ein Tausendstel Millimeter dick wird. In weiteren Arbeitsschritten werden mit standardisierten Methoden Transistoren und Sensoren aus Halbleitermaterialien wie Indium-Gallium-Zinkoxid bzw. Leitermaterial wie Gold aufgebaut. Anschließend wird der Parylenfilm mit den darauf enthaltenen Elektronikkomponenten von der Siliziumscheibe abgelöst. Das so fabrizierte Elektronikbauteil ist äußerst biegsam, anpassungsfähig und kann – je nach Wahl der Materialien für die Transistoren – sogar durchsichtig sein.
Eine mögliche Anwendung sehen die Forscher bei ,smarten’ Kontaktlinsen, weshalb sie für erste Tests die Dünnfilmtransistoren kombiniert mit Dehnungsmessstreifen auf handelsübliche Kontaktlinsen aufbringen und diese einem künstlichen Auge aufsetzen. Tatsächlich zeigt sich, daß derartige Kontaktlinsen funktionstüchtig sind und zur Messung des Augeninnendrucks genutzt werden könnten.
Ehe an eine kommerziell verwertbare Lösung gedacht werden kann, sind allerdings noch ein paar technische Hürden zu überwinden. Zum einen muß der Aufbau der Elektronik auf der Kontaktlinse optimiert werden, um die Effekte der wässrigen Augenumgebung zu berücksichtigen. Außerdem brauchen Sensoren und Transistoren Energie, die bislang von außen zugeführt werden muß. Womit wir wieder beim Thema wären.
Ebenfalls im Januar 2014 wird bekannt, daß sich auch
die Firma Google mit der Entwicklung einer ,intelligenten’
Kontaktlinse befaßt.
Seit Jahren untersuchen viele Wissenschaftler verschiedenste Körperflüssigkeiten – darunter auch die Tränenflüssigkeit – in der Hoffnung, einen einfachen Weg für die Kontrolle des Blutzuckerspiegels bei Diabetikern zu finden. Nun ist man bei Google auf die Idee gekommen, daß miniaturisierte Elektronik sowie eine Antenne, die dünner als ein menschliches Haar ist, eine Möglichkeit wäre, das Geheimnis des Zuckers in der Tränenflüssigkeit zu lösen und genauere Meßwerte zu erhalten.
Aktuell testen die Entwickler aus dem Forschungslabor Google X eine Kontaktlinse, die über einen miniaturisierten Glukosesensor und einen Funkchip – eingebettet zwischen zwei Schichten aus weichem Kontaktlinsenmaterial – den Zuckergehalt in der Tränenflüssigkeit mißt und im Sekundentakt an eine begleitende Smartphone-App übermittelt. Damit sich die Technologie auch als Frühwarnsystem für den Träger nutzen läßt, wird zudem versucht, winzige LEDs zu integrieren, die aufleuchten um anzuzeigen, daß der Zuckerspiegel bestimmte Grenzwerte über- oder unterschritten hat.
An dem Google-Projekt arbeitet federführend der bereits mehrfach genannte Forscher Babak Parviz mit, der schon an den Anfängen der Datenbrille Google Glass stand und bereits 2009 demonstriert hatte, wie man Kontaktlinsen mit LEDs versehen kann. Bis die Kontaktlinse als fertiges Produkt auf den Markt kommen kann, ist den Entwicklern zufolge aber noch viel Arbeit zu tun, weshalb Google nun erfahrene Partner sucht, die dann Zugang zu der Technologie bekommen sollen.
Tatsächlich wird schon im Juli gemeldet, daß sich das Schweizer Biotechnologie-Unternehmen Novartis die Rechte an er Smart Lens-Technologie von Google gesichert hat. Die auf Augenmedizin spezialisierte Tochterfirma Alcon soll damit eigene Produkte entwickeln und vermarkten, die beispielsweise bei Altersweitsichtigkeit helfen, die natürliche Fokussierung des Auges wiederherzustellen. Die Firma hofft, eine intelligente Kontaktlinse in rund fünf Jahren anbieten zu können.
Und auch Parviz, der die Technik ursprünglich gemeinsam mit Microsoft Research weiterentwickelt hat, bevor er zu Google stieß, wechselt in diesem Monat seinen Aktivitätbereich und heuert bei Amazon an. Was der Wechsel für das Kontaktlinsen-Projekt bedeutet, das offenbar er zu Google gebracht hat, ist bislang unklar.
Und noch eine dritte Meldung stammt vom Januar 2014.
Diesmal geht es um eine experimentelle Kontaktlinse, die von Forschern
der israelischen Bar-Ilan-Universität um Prof. Zeev
Zalevsky entwickelt worden ist. Dieses Modell verarbeitet digitale
Bilder und übersetzt sie in taktile Empfindungen, die dann auf der
Hornhaut des Benutzers gefühlt werden können, um diesen ein Bild von
ihrer physischen Umgebung zu geben.
Das System verwendet ein Smartphone oder eine Kamera, um die Bilder zu erfassen, die dann in eine Form des elektronischen Braille umgewandelt werden. Die mit Elektroden versehene Linse stimuliert dann mechanisch die Hornhaut, wodurch die Wahrnehmung von Objekten rund um den Träger möglich wird. Die Einarbeitung, um die Linse effektiv zu nutzen, sei in nur kurzer Zeit möglich. Bei ersten klinische Studien an Menschen waren die Probanden schon nach wenigen Minuten in der Lage, räumliche Grundformen durch den Tastsinn zu erkennen.
Das Team ist derzeit auf der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten, um die klinischen Studien zu vervollständigen und in die Massenproduktion überzugehen. Sollte es gelingen, die erforderlichen Investition zu erhalten, sollen die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten innerhalb von etwa zwei Jahren abgeschlossen werden können, schätzen die Forscher.
Meldungen vom April 2014 zufolge arbeitet ein Team
von Forschern an der University of Michigan (UM) um
Prof. Zhaohui Zhong am Einsatz der Wärmebildtechnik in
Kontaktlinsen. Hierzu konstruieren die Wissenschaftler einen ultradünnen,
Graphen-basierten Lichtdetektor, der nur etwas dicker als zwei Blätter
von Graphen ist und daher das Potential hat, die Nachtsicht-Technologie
in eine Kontaktlinse zu integrieren.
Bislang galt, daß das ein Atom dicke Graphen nicht genug Licht zu absorbieren vermag, um ein elektrisches Signal zu erzeugen, wodurch das Material als Sensor unbrauchbar wird. Das UM-Team löst dieses Problem durch eine andere Art, das elektrische Signal zu erzeugen. Anstatt die Elektronen direkt zu messen, die aus dem Graphen entlassen werden, wenn das Licht dessen Oberfläche trifft (die bislang verwendete Methode der Beobachtung), vergrößern die Forscher das Signal, indem sie beobachten, wie die elektrischen Ladungen auf dem Graphen einen nahe bei fließenden elektrischen Strom beeinflussen.
Die Vorrichtung selbst wird hergestellt, indem eine isolierende Schicht zwischen zwei Schichten aus Graphen plaziert wird, durch deren untere ein elektrischer Strom fließt. Sobald einfallendes Infrarotlicht die obere Schicht beeinflußt, werden aus dem Graphen Elektronen befreit und schaffen Löcher, die als positive Ladung zwischen den Elektronen wirken. Die Elektronen sind dann in der Lage, die isolierende Barriere zu durchstoßen und auf die untere Schicht von Graphen zu treffen.
Mit dieser Methode kann das Team Änderungen im Stromfluß durch die untere Graphen-Schicht beobachten und daraus die Helligkeit des auf die obere Schicht aufprallenden Lichts ableiten – wodurch ein praktikables Verfahren zum Detektieren von Infrarotlicht entsteht, das nur geringfügig dicker als zwei Blätter von Graphen ist. Im Gegensatz zu den traditionellen Geräten, die für die Erfassung des gesamten Infrarot-Spektrums sperrige Kühlsysteme benötigen, funktioniert die neue Graphen-Technik zudem bei Raumtemperatur, weshalb sie sich auch so leicht miniaturisieren ließ. Es muß wohl extra nicht betont werden, daß es einen sehr breiten Anwendungsbereich für diese Technologie gibt.
Im Mai 2015 wird berichtet, daß unter der Leitung
von Garth Webb an der kanadischen British
Columbia University ebenfalls an revolutionären bionischen
Kontaktlinsen gearbeitet wird, welche die Sehschwächen bei Menschen
vollständig beheben und sogar zu einer Steigerung des natürlichen Sehvermögens
führen sollen. Die Ocumetic Linsen werden in das Auge
implantiert, wobei die Operation lediglich acht Minuten dauern – und
die Linse nach nur zehn Sekunden im Auge schon funktionieren soll.
Den Berichten zufolge hätte die Entwicklung, die in Kooperation Webbs Unternehmen Ocumetics Technology Corp. in Surrey erfolgt, bereits vor acht Jahren begonnen und bislang 3 Mio. $ gekostet. In Zukunft soll die Linse alle Bereiche abdecken, von der Kurzsicht bis zur Weitsicht, und vielleicht sogar das Sehen in der Nacht ermöglichen. Die neuen Linsen sollen 2017 verfügbar sein.
Im Juni 2015 wird bekannt, daß Harry
Gandhi, Mitbegründer und Geschäftsführer der Firma Medella
Health, einem Startup im Bereich der digitalen Gesundheit,
von der Thiel Foundation mit einem Betrag in Höhe von 100.000 $ gefördert
wird, um Glucose-Sensor-Kontaktlinsen zu entwickeln.
Die Firma arbeitet an intelligenten Kontaktlinsen für Menschen mit Diabetes, die kontinuierlich den Zuckerspiegel eines Patienten überwachen und diese Daten an ein mobiles Gerät senden. Das System soll auch für Patienten mit Hypoglykämie und Hyperglykämie verwendet werden.
Im Rahmen seiner Doktorarbeit an der University of Leeds entwickelt
auch Devesh Mistry eine künstliche Augenlinse, die
das menschliche Original – und damit auch eine Brille – ersetzen soll,
wie im Oktober 2015 zu erfahren ist. Auch andere Fehlfunktionen
der Linse – etwa Grauer Star – können damit behoben werden.
Die neu entwickelte Linse besteht aus Flüssigkristallen, die den Vorteil haben, daß sie einerseits fest sind, andererseits aber auch auf Stimulierungen reagieren. Die Linse aus Flüssigkristallen ist daher ebenso wie ihr Vorbild in der Lage, Muskelbewegungen des Auges aufzunehmen und sich dementsprechend anzupassen. Die Linsen könnten mit bestehenden Techniken ins Auge verpflanzt werden. Derartige Operationen werden unter lokaler Anästhesie durchgeführt und dauern lediglich 10 Minuten.
In seinem Projekt arbeitet Mistry mit Eurolens Research an der University of Manchester und der Firma UltraVision CLPL zusammen, einem Unternehmen, das sich mit fortschrittlichen Kontaktlinsen befaßt. Gemeinsam hatte diese Gruppe schon eine elektrisch schaltbare Kontaktlinse entwickelt, die ebenfalls eine Flüssigkristall-Technologie verwendet. Den ersten funktionierenden Prototypen möchte Mistry bereits 2016 präsentieren. In den folgenden zehn Jahren sollen dann Studien am Menschen stattfinden.
Im Dezember 2015 folgt die Nachricht, daß ebenfalls
an der Monash University in Clayton, Victoria, ein
neues bionisches Auge entwickelt worden sein, das den Ausgang einer
Digitalkamera direkt in das Gehirn einspeisen kann. Dabei umgeht es
den größten Teil des visuellen Systems.
Der Ausgang einer an der Brille befestigten Kamera wird durch eine Verarbeitungseinheit gesendet, von wo aus die Signale direkt in das Gehirn geleitet werden. Dort werden sie auf elf implantierte ,Kacheln’ aufgeteilt, die jeweils mit 43 Elektroden besetzt sind. Die Stimulation der Gehirnbereiche, in denen diese Kacheln plaziert sind, bewirkt, daß auch blinde Menschen Lichtblitze sehen.
Die Forscher um Arthur Lowery hoffen, mit dem Raster der Stimulation ein 500 Pixel Sichtfeld zu imitieren, was zwar weit gröber ist als das gesunde menschliche Sehvermögen mit 1 – 2 Mio. Pixel – aber dennoch beeindruckend, wenn es funktioniert.
Die Forscher arbeiten derzeit daran, wie die Informationen der Kamera so zu verarbeiten sind, daß sie auf dem Raster im Hirn klare Bilder erzeugen, anschließend hoffen sie, das System an Menschen testen zu können, die vor kurzem ihre Augen bei Unfällen verloren haben.
Auch Forscher am Future Industries Institute (FII)
der University of South Australia, die einige vielversprechende
Fortschritte im Bereich der Ultradünnschicht-Technologien gemacht haben,
wie sie z.B. bei sogenannten intelligenten Fenstern genutzt werden,
richten ihre Aufmerksamkeit auf medizinische Anwendungen, wie aus
Presseberichten im Februar 2016 hervorgeht.
Das Team um Prof. Drew Evans konstruiert eine elektrisch leitende Kontaktlinse mit dem Potential, darin Miniatur-Computer-Displays und Sensoren zur Gesundheitüberwachung einzubetten. Hierzu lassen die Wissenschaftler biokompatible, leitfähige Polymere auf der Nanoskala direkt auf einer Kontaktlinse wachsen.
Nachdem die Linse zuerst mit hydratisierten Hydrogel-Substraten beschichtet wird, wird auf der Oberfläche das Polymer PEDOT deponiert, das entworfen ist, sowohl biokompatibel als auch hoch leitfähig zu sein. Der resultierende Prototyp gilt als Machbarkeitsnachweis für eine sichere Kontaktlinse mit der Fähigkeit, Strom zu leiten.
Dies bietet die Möglichkeit, miniaturisierte elektrische Schaltungen aufzubauen, um Displays und verschiedene Arten von Sensoren mit Strom zu versorgen, um bestimmte Biomarker zu scannen, die in den Flüssigkeiten im Auge anzutreffen sind und Aufschluß über die Gesundheit einer Person liefern. Als nächster Schritt sind nun ergänzende Technologien zu entwickeln, um die Informationen zu lesen, welche die leitenden Polymere übertragen.
Im April 2016 melden die Fachblogs, daß sich inzwischen
auch die Firma Samsung mit der Entwicklung intelligenter
Kontaktlinsen beschäftigt. Ein jüngst aufgetauchtes Patent des Unternehmens
(vom September 2014) beschreibt eine solche Kontaktlinse,
die mit einer Kamera ausgestattet ist. Der Träger soll u.a. von praktischen
Augmented-Reality-Features profitieren und sich beispielsweise durch
die Stadt leiten lassen. Standortdaten und der Wetterbericht werden
dann direkt vor das Auge geholt. Angesteuert werden die Kamera und
weitere in der Linse verbauten Sensoren unter anderem per Blinzeln.
Der Patentbeschreibung mit den unterschiedlichen Funktionen sowie dem Aufbau der neuen Kontaktlinsen ist zu entnehmen, daß in diese auch Antennen integriert werden sollen, um eine Kommunikation mit externen Geräten, wie etwa einem Smartphone, zu ermöglichen. Das externe Gerät fungiert dann als Rechner für die Linsen.
Bereits einen Monat später ist zu erfahren, daß auch die Firma Sony im
Jahr 2014 das Patent für eine Kontaktlinse angemeldet
hat, die in der Lage ist, per Blinzeln Videos aufzeichnen und auch
wiedergeben zu können. Im Gegensatz zu den smarten Linsen anderer Entwickler,
die direkt in das Auge implantiert werden sollen, soll Sonys Variante
auf lediglich einem Auge getragen werden können. Aktiviert wird die
Aufnahme- oder auch Wiedergabefunktion durch Blinzeln. Dabei sollen
Sensoren feststellen, ob es sich um ein bewußtes oder wahlloses Blinzeln
handelt.
Das System soll nicht nur die Schärfe, den Fokus und die Belichtung selbst einstellen können, sondern auch unwillentliche Blinzel-Bewegungen, die zwischendurch stattfinden, selbständig herausrechnen. Videos können mit einem weiteren Wimpernschlag oder einer gewissen Abfolge abgespielt werden, beispielsweise dann auch bei geschlossenen Augen. Die Linse wäre zudem Zoom- und Autofokus-fähig.
Der Strom zur Energieversorgung des Systems soll mittels eines in der Nähe befindlichen Smartphones, Tablets oder Computers drahtlos übertragen werden – entweder durch elektromagnetische Induktion, Radiowellen oder elektromagnetische Feldresonanz.
Und während noch nicht absehbar ist, welche Umwälzungen das neue ,Energie-Ernten’ mit sich bringen wird, kann das Potential des riesigen Reservoirs der geothermischen Energie, der wir uns als nächstes widmen, schon ziemlich gut abgeschätzt werden.