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Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ)
unter der Leitung von Prof. Daniel Ahmed und Prof. Bradley
Nelson berichten in ihrer im Januar 2021 veröffentlichten
Studie ,Bioinspired acousto-magnetic microswarm robots with upstream
motility’ über eine neue Möglichkeit, Mikrovehikel gegen einen Flüssigkeitsstrom
zu bewegen, wie er in Blutgefäßen herrscht. Ahmed hatte zwei Jahre
zuvor für die Erforschung und Entwicklung dieser Technologie einen
Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) erhalten.
Die winzigen Vehikel - in der Abbildung in Orange - bestehen aus magnetischen Eisenoxid-Polymer-Kügelchen mit einem Durchmesser von 3 µm, die sich in einem Magnetfeld zu einem Schwarm mit einem Durchmesser von 15 - 40 µm zusammenballen. Das Verhalten dieses Mikrokügelchen-Schwarms wird in dünnen Glasröhrchen untersucht, die mit einem Durchmesser von 150 - 300 µm ähnliche Ausmaße wie die Blutgefäße in einem Tumor haben.
Um den Schwarm in diesen Röhrchen stromaufwärts zu bewegen, wird ein Kniff angewandt, den auch Bootsfahrer in einem Fluß nutzen - indem sie in Ufernähe stromaufwärts rudern, wo die Fließgeschwindigkeit wegen des Reibungswiderstands des Ufers geringer ist als in der Flußmitte. Im Fall des Mikrokügelchen-Schwarms wird dieser zunächst mit gerichteten Ultraschallimpulsen einer bestimmten Frequenz in die Nähe der Röhrchenwand gebracht, wo er sich mit einem rotierenden Magnetfeld entgegen der Flußrichtung bewegen läßt. Als nächstes soll das Verhalten der Mikrovehikel in Blutgefäßen von Tieren untersucht werden.
Wie in der im September 2023 publizierten und einsehbaren Studie ,Ultrasound trapping and navigation of microrobots in the mouse brain vasculature’ gemeldet wird, ist es dem Team um Ahmed gemeinsam mit Kollegen der Universität Zürich und des Universitätsspitals Zürich zwischenzeitlich gelungen, die mit Ultraschall gesteuerten Mikrovehikel auch durch das Gehirn eines Tieres zu navigieren.
Als Mikrovehikel werden jetzt gasgefüllte Bläschen mit einer Hülle aus Fettsäuren genutzt - demselben Bestandteil, aus dem die Membranen biologischer Zellen bestehen. Die Mikrobläschen haben einen Durchmesser von 1,5 µm und werden bereits als Kontrastmittel in der Ultraschall-Bildgebung eingesetzt. Sie sind ungefährlich und lösen sich nach getaner Arbeit auf. Um das Verfahren zu testen, werden die Bläschen in den Blutkreislauf von Mäusen injiziert, wo sie vom Blutstrom mitgerissen werden.
Zur Steuerung der Mikrovehikel werden außen am Schädel der Mäuse vier kleine piezoelektrische Energiewandler befestigt, die akustische Schwingungen im Ultraschallbereich erzeugen, welche sich im Gehirn als Wellen ausbreiten. Dabei können sich die Wellen von zwei oder mehreren Energiewandlern an bestimmten Stellen im Gehirn gegenseitig löschen oder verstärken. Über eine dynamische Steuerung der einzelnen Energiewandler gelingt es, die Mikrovehikel an Ort und Stelle zu halten, sie gegen die Fließrichtung des Blutes zu steuern oder durch kleinste Verästelungen der Gehirngefäße zu navigieren. Nun soll das gesamte Verfahren so weiterentwickelt werden, daß es auch im Menschen funktioniert.
In der einsehbaren Studie ,Application of a sub–0.1-mm3 implantable mote for in vivo real-time wireless temperature sensing’, die im Mai 2021 erscheint, stellt ein Team der Columbia University um Prof. Kenneth L. Shepard den „kleinsten implantierbaren Mikrochip der Welt“ vor, der eine vollständig funktionierende elektronische Schaltung darstellt und mit einer Injektionsnadel in den Körper injiziert werden kann, um medizinische Zustände zu überwachen. Das nur unter einem Mikroskop sichtbare Single-Chip-System hat ein Volumen von weniger als 0,1 mm3 und ist damit etwa so klein wie eine Staubmilbe.
Sowohl für die Stromversorgung als auch für die drahtlose Kommunikation mit dem Gerät wird Ultraschall genutzt, da herkömmliche HF-Kommunikationsverbindungen für ein so kleines Gerät nicht möglich sind, weil die Wellenlänge der elektromagnetischen Welle im Verhältnis zur Größe des Geräts zu groß ist. Die Wellenlängen für Ultraschall sind hingegen bei einer bestimmten Frequenz viel kleiner, da die Schallgeschwindigkeit so viel geringer ist als die Lichtgeschwindigkeit.
Bei der Herstellung des Mote genannten Chips, die bei der Taiwan Semiconductor Manufacturing Co. erfolgt, werden neue Materialien in standardmäßige komplementäre Metall-Oxid-Halbleiter (CMOS) eingeführt, um neue Funktionen zu ermöglichen. So wird ein mikroskopisch kleiner piezoelektrischer Wandler direkt in den integrierten Schaltkreis eingebaut, um die akustische Energie in elektrische Energie umzuwandeln und umgekehrt. Er ist auf beiden Seiten mit einer dünnen Goldschicht überzogen, um die Konnektivität zu verbessern.
Auch die ,Antenne’ für die Kommunikation und Stromversorgung mit Ultraschall wird direkt auf dem Chip gefertigt, der außerdem mit einer speziellen leitfähigen Folie und einer dünnen Kupferschicht versehen sowie mit einer Art Kunststoff für die Biokompatibilität beschichtet ist. Das derzeitige Gerät mißt die Körpertemperatur von Labormäusen, aber das Team arbeitet bereits an weiteren Einsatzmöglichkeiten.
Auch die Mikrobots, die von einem Team unter der Leitung von Prof. Mingming Wu an der Cornell University entwickelt worden sind, nutzen Ultraschallwellen, die auf winzige Bläschen einwirken.
In der im September 2021 veröffentlichten Arbeit ,Biologically inspired micro-robotic swimmers remotely controlled by ultrasound waves’, die bei Abruf allerdings 42,50 £ kostet, wird beschrieben, wie mit einem neuen Laserlithografiesystem namens NanoScribe dreieckige mikro-robotische Schwimmer in der Größe von Tierzellen in 3D gedruckt werden.
Jeder dieser Schwimmer besteht aus einem hydrophoben Harz und hat zwei in die Rückseite geätzte Hohlräume, deren Öffnungen unterschiedliche Durchmesser haben. Da das Harz hydrophob ist, bildet sich in jedem Hohlraum eine Luftblase, wenn einer der Schwimmer in eine flüssige Umgebung gebracht wird. Wird dann ein externer Ultraschallwandler auf den Schwimmer gerichtet, versetzen die Schallwellen die Blasen in Schwingung und erzeugen Wirbel, die den Roboter vorwärts treiben.
Da es möglich ist, jede der Blasen einzeln oder beide gleichzeitig anzuregen, kann der Schwimmer auf diese Weise per Fernsteuerung gelenkt werden. Früher Mikrobots, die von einer einzigen Blase angetrieben wurden, mußten noch mit zwei Ultraschallquellen oder mit einem zusätzlichen Magnetfeld gesteuert werden. Im Gegensatz dazu benötigen die Cornell-Schwimmer dank des Zwei-Blasen-Designs nur einen Schallkopf.
Die Wissenschaftler arbeiten nun daran, die Roboter aus biokompatiblen und biologisch abbaubaren Materialien herzustellen, damit sie sich zwischen Blutzellen bewegen können und im Körper unschädlich auflösen, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt haben.
Im März 2022 berichtet ein großes Team des Massachusetts
Institute of Technology (MIT) und der Rhode Island
School of Design über ihre Entwicklung eines Stoffes, der
wie ein Mikrophon arbeitet und Töne in mechanische Vibrationen und
schließlich in elektrische Signale umwandelt. Inspiriert wurde der
,hörende’ Stoff vom menschlichen Ohr, das den Schalldruck von Schallwellen
über das Trommelfell aufnimmt und in mechanische Vibrationen überträgt,
die dann im Innenohr in elektrische Signale umgewandelt und ans Hirn
weitergeleitet werden.
Alle Stoffe vibrieren als Reaktion auf Schallwellen, doch diese Vibrationen finden im Nanometer-Bereich statt, was es so gut wie unmöglich macht, sie wahrzunehmen. Um dies trotzdem zu erreichen, erschaffen die Forscher eine flexible Faser aus einem piezoelektrischem Material, die sich, wenn sie in Stoffe eingewoben wird, mit diesen biegt und ein elektrisches Signal erzeugt.
Der entstandene Stoff, der sogar in der Waschmaschine gewaschen werden kann, nimmt Geräusche von einer ruhigen Bibliothek hin zu starkem Verkehr wahr und kann im Falle isolierter Geräusche sogar die Richtung feststellen, aus der diese kommen. Des weiteren sind die Fasern in der Lage, auch selbst Schallwellen zu erzeugen. Hauptautor der Studie ,Single fibre enables acoustic fabrics via nanometre-scale vibrations’ ist Wei Yan, der die Fasern als Postdoc am MIT entwickelt hat und nun eine Professur an der Nanyang Technological University in Singapur innehat.
Ebenfalls im März erscheint die Arbeit ,Orientation-Dependent Propulsion
of Triangular Nano- and Microparticles by a Traveling Ultrasound
Wave’ von Prof. Raphael Wittkowski und Johannes
Voß an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU),
in welcher der Antrieb von frei orientierbaren Nanoteilchen durch
wandernde Ultraschallwellen simuliert wird.
Im April 2022 folgt eine Studie von Forschern des Korea Institute of Science and Technology (KIST), die eine Technologie der akustischen Energieübertragung (Acoustic energy transfer, AET) zeigen, um die Batterien von Herzschrittmachern berührungslos durch Ultraschall aufzuladen - ebenso wie die von Unterwassersensoren, die Seekabel überwachen. Auch dieser Artikel kostet 42,50 £ (,Ferroelectrically augmented contact electrification enables efficient acoustic energy transfer through liquid and solid media’).
Für ihr Gerät nutzen Hyun-Cheol Song und seine Mitarbeiter den triboelektrischen Effekt, der bestimmte Materialien unter Ultraschall vibrieren und einen elektrischen Strom erzeugen läßt. Bisher war die dergestalt übertragbare Leistung aber so gering, daß eine praktische Nutzung unmöglich war.
Die Forscher reichern das triboelektrische Material deshalb mit einem ferroelektrischen Material an, das ein Dipolmoment hat, welches sich um 180 Grad dreht, wenn ein elektrisches Feld angelegt wird. Warum dieses Phänomen die Übertragungsleistung verbessert, ist allerdings noch ein Rätsel.
Das neue Material verwertet mehr als 4 % der Energie, die per Ultraschall übertragen wird, im Gegensatz zu den weniger als 1 % der bisherigen Ausführungen. Damit gelingt es, 8 mW auf einen triboelektrischen Generator zu übertragen, der sich unter Wasser in einer Entfernung von 6 cm befindet, was für den gleichzeitigen Betrieb von 200 LEDs oder zur Übertragung von Bluetooth-Sensordaten unter Wasser ausreicht. Außerdem erzeugt das neu entwickelte Gerät nur geringe Mengen an Wärme.
Gleichfalls im April publiziert ein Team um Mohsen Habibi und Muthukumaran Packirisamy von der Concordia University in Montréal die einsehbare Studie ,Direct sound printing’ über ein neu entwickeltes 3D-Druck-Verfahren, bei dem aus Harz ein Objekt aufgebaut und mit Hilfe von Schallwellen ausgehärtet wird. Das Direct Sound Printing (DSP) verwendet zum 3D-Drucken Polydimethylsiloxan (PDMS), ein flüssiges Polymer auf Siliziumbasis, das sich in einem Behälter befindet, in den ein Wandler Ultraschallwellen hineinschickt.
Diese Schallwellen erzeugen winzige Blasen, die sehr schnell schwingen, wodurch die Temperatur in den Bläschen auf 15.000 Kelvin (knapp 14.727°C) steigt und der Druck auf über 1.000 bar. Der Druck- und Temperaturanstieg, bei dem sich das PDMS verfestigt, dauert jedoch nur einige Pikosekunden, so daß das umgebende Material nicht beeinflußt wird.
Durch die Verwendung von Ultraschall mit einer bestimmten Frequenz und Leistung lassen sich sehr lokale, sehr fokussierte Regionen erzeugen, wo die Blasen zur Anregung chemischer Reaktionen genutzt werden, die das flüssige Harz in festes oder halbfestes Material wandeln. Der Ultraschallwandler wird von einem Computer gesteuert, bewegt sich auf einer vorgegebenen Bahn und baut Pixel für Pixel das gewünschte Objekt auf, dessen Eigenschaften durch die Viskosität des verwendeten Materials sowie die Dauer der Ultraschallwellenfrequenz bestimmt werden.
Neben Anwendungen in der Medizin, bei denen mit DSP ein Implantat im Körper gedruckt wird, fassen die Forscher auch die Luftfahrtindustrie ins Auge, wo Reparaturen an internen Strukturen vorgenommen werden könnten, ohne Rumpf oder Tragflächen öffnen zu müssen. Neben PDMS und anderen Polymeren lassen sich mit DSP auch Keramiken verarbeiten, und als nächstes soll ein wir Polymer-Metall-Verbundwerkstoff ausprobiert werden, um schließlich mit dieser Methode auch Metall zu drucken.
Von dem Team um Habibi stammt auch die im August 2024 veröffentlichte Studie ,Holographic direct sound printing’, die ebenfalls einsehbar ist. Da das Direktschalldruck-Fertigungsverfahren bisher auf eine einzige akustische Fokusregion beschränkt war, wird nun der holografische Direktschalldruck (holographic direct sound printing, HDSP) eingeführt, bei dem akustische Hologramme, die Querschnittsbilder der gewünschten Teile speichern, akustische Wellen erzeugen, um regionale Kavitationsblasen und eine regionale Polymerisation zu induzieren.
HDSP übertrifft DSP in Bezug auf die Druckgeschwindigkeit um eine Größenordnung und führt zu schichtlosen gedruckten Strukturen. Bei der HDSP-Implementierung bleibt das Hologramm stationär, während sich die Druckplattform mit Hilfe eines Roboterarms entlang einer dreidimensionalen Bahn bewegt. Um HDSP gründlich zu untersuchen und in Anwendungen wie dem Ex-vivo-Druck im Körper zu demonstrieren, werden Experimente zur Sonochemilumineszenz und sowie Druckversuche von mehreren Objekten und Materialien durchgeführt, wie z.B. der abgebildeten verdrillten Helix.
Im Kontext: Auch die Publikation ,Using ultrasound to 3D-print materials’ (o. ,Self-enhancing sono-inks enable deep-penetrating acoustic volumetric printing’) vom Dezember 2023, die von einem Team um Prof. Junjie Yao an der Duke University, Prof. Yu Shrike Zhang an der Harvard Medical School und Mikhail G. Shapiro am California Institute of Technology (CALTECH) stammt, präsentiert ein ultraschallbasiertes 3D-Druckverfahren. Hier werden Implantate in flüssiger Form in den Körper injiziert, um sich dann an Ort und Stelle zu verfestigen.
Grundlage ist die Technik des volumetrischen 3D-Drucks, bei der Lichtstrahlen oder -muster durch die transparente Oberseite und die Seiten eines Behälters geleitet werden, in welchem sich ein lichtempfindliches gelatineartiges Harz befindet. Dort, wo das Harz dem Licht ausgesetzt ist, polymerisiert es, härtet also aus, während der Rest des Harzes im Behälter ein Gel bleibt. Indem die umherbewegte Lichtquelle verschiedene Teile des Harzes erreicht, kann so nach und nach ein sehr detailliertes dreidimensionales Objekt aufgebaut werden.
Da die menschliche Haut und biologisches Gewebe jedoch nahezu undurchsichtig sind, kann das Licht nur wenige Millimeter durch sie hindurch dringen, weshalb die Technik in ihrer jetzigen Form nicht für den Bau von Implantaten im Körper verwendet werden kann. Als Lösung entwickelt das Team eine auf Schall basierende Technik, die Deep Penetrating Acoustic Volumetric Printing (DAVP) genannt wird.
Anstelle eines lichtempfindlichen Harzes wird eine biokompatible ,Tinte’ verwendet, die sich erhitzt und dann verfestigt, wenn sie Ultraschallimpulse absorbiert. Diese zähflüssige Tinte kann in den Teil des Körpers injiziert werden, in dem ein Implantat benötigt wird, um dort tief reichenden Ultraschallwellen ausgesetzt zu werden, die von einer fokussierten externen Sonde abgegeben werden. Sobald das Implantat in der gewünschten Form polymerisiert ist, läßt sich die restliche Tinte mit einer Spritze aus dem Körper entfernen.
Je nach vorgesehener Anwendung kann die ,Sonotinte’ so formuliert werden, daß sie langlebig oder biologisch abbaubar ist und verschiedene Arten von biologischem Gewebe und Knochen imitiert. Bei Labortests wird die DAVP-Technologie eingesetzt, um einen Teil eines Ziegenherzens abzudichten, einen Knochendefekt in einem Hühnerbein zu reparieren und Hydrogele zur Abgabe von Chemotherapeutika in Lebergewebe zu drucken.
Ein
Team um Ognjen Ilic und Benjamin Mayhugh an
der University of Minnesota veröffentlicht im November 2022 die
einsehbare Studie ,Shaping contactless radiation forces through anomalous
acoustic scattering’ über eine Methode, um mit Schallwellen weit größere
Objekte, als es bisher möglich gewesen ist, berührungslos zu manipulieren.
Bisher mit Schall oder Licht bewegte Objekte waren immer kleiner als die Wellenlänge von Schall oder Licht und lagen in der Größenordnung von Nanometern bis allenfalls Millimetern. Den Wissenschaftlern gelingt es nun, diese Einschränkung mit Metamaterialien aufzuheben, die so konstruiert sind, daß sie mit Schall oder Licht interagieren.
Dieses strukturierte Material wird an die Objekte angebracht, die berührungslos bewegt werden sollen. Werden Schallwellen darauf gelenkt, bewegt die darin enthaltenen Energie, die von dem Metamaterial absorbiert wird, die Objekte in eine bestimmte Richtung. Die Kraft, mit der die Objekte bewegt werden - und damit ihre Geschwindigkeit -, läßt sich steuern, und es ist sogar möglich, sie anzuziehen, ähnlich wie mit einem Traktorstrahl.
Bisher handelt es sich aber nur um eine Demonstration, daß eine solche kontaktlose Manipulation möglich sei. Jetzt wollen die Forscher mit höheren Frequenzen und anderen Metamaterialien das Verfahren praxisreif machen. Eine theoretische Arbeit über die lichtbetriebene Version hatte Ilic - damals am California Institute of Technology (Caltech) - bereits im März 2019 veröffentlicht, sie ist im entsprechenden Kapitelteil Licht, UV, Infrarot und Laser zu finden.
Im Mai 2023 folgt der Bericht von Forschern der University of Colorado Boulder, die einen winzigen, schallgetriebenen Roboter entwickelt haben, der natürliche Schwimmer wie Bakterien und Spermien nachahmt, die mit Hilfe nichtlinearer Bewegungen durch komplexe interne Umgebungen navigieren.
In der Studie ,Bubble-Based Microrobots with Rapid Circular Motions for Epithelial Pinning and Drug Delivery’ beschreibt das Team um C. Wyatt Shields IV einen aus biokompatiblen Polymeren hergestellten Mikroroboter, der wie eine konventionelle, allerdings sehr kleine Schiffsschraube aussieht - und ähnlich angetrieben wird wie die o.e. Ausführungen des MPI-IS und der Cornell University.
In der aktuellen Version besitzt der 20 µm breite Roboter einen kugelförmigen Hohlraum in der Mitte, in dem Luft eingeschlossen wird, wenn er in eine Flüssigkeit getaucht wird. Wird die Luftblase von einer Ultraschallwelle getroffen, vibriert sie und treibt den winzigen Roboter vorwärts.
Um die nichtlineare Bewegung zu maximieren, ist der Roboter mit symmetrischen Flossen ausgestattet, die ihn in eine kreisförmige Bewegung versetzen. Die Flossen ermöglichen es dem Mikrobot außerdem, sich mit einer Geschwindigkeit von rund 3 mm/s fortzubewegen, was etwa dem 9.000-fachen seiner eigenen Länge pro Minute entspricht.
Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule
Zürich (ETH) um Prof. Martin Fussenegger der
stellen im September 2023 eine völlig andere Nutzung
von Schallwellen vor: einen Gen-Schalter,
der durch das gezielte Abspielen bestimmter Rock- und
Popsongs die Insulinausschüttung von in Kapseln eingeschlossenen Designerzellen
auslöst. Um von außen steuern zu können, wann und wieviel des Botenstoffs
die Zellen ins Blut abgeben, waren zuvor bereits unterschiedliche Auslöser
erforscht und angewandt worden: Licht, Temperatur oder elektrische
Felder. Die neuartige Stimulierungsmethode nutzt hingegen Musik,
um innerhalb von Minuten die Insulinabgabe durch die Zellen auszulösen.
Um die insulinproduzierenden menschlichen Zellen für Schallwellen empfänglich zu machen, wird ein Protein des Bakteriums E. coli genutzt, das auf mechanische Reize reagiert. Das Protein sitzt natürlicherweise in der Membran des Bakteriums und reguliert den Einstrom von Kalzium-Ionen ins Zellinnere. Der Bauplan dieses bakteriellen Ionenkanals wird in die Zellen eingebaut, wodurch diese den Ionenkanal selbst herstellen und ihn in ihre Membran einbetten können.
Als Reaktion auf Beschallung öffnet sich der Kanal in diesen Zellen, worauf positiv geladene Kalzium-Ionen in die Zelle einströmen. Dies führt zu einer Ladungsumkehr in der Zellmembran, als deren Folge die winzigen mit Insulin gefüllten Bläschen im Zellinnern mit der Zellemembran verschmelzen und das Insulin nach Außen abgeben.
Die Designerzellen geben allerdings nur Insulin ab, wenn die Schallquelle mit dem richtigen Sound direkt auf der Haut über dem Implantat abgespielt wird. Zur Überraschung der Wissenschaftler funktioniert dies besonders gut mit dem Welthit We will rock you der britischen Rockband Queen - bei Lautstärken um 60 dB und Baßfrequenzen von 50 Hz. Nicht getriggert wird die Abgabe des Botenstoffs durch Umgebungsgeräusche wie Fluglärm, Rasenmäher oder Feuerwehrsirenen sowie Gespräche. Von diesem Machbarkeitsnachweis bis zur klinischen Anwendung liegt aber noch ein weiter Weg. Die Studie ,Tuning of cellular insulin release by music for real-time diabetes control’ ist im Netz einsehbar.
Im Dezember 2023 berichtet ein anderes Team der ETH um Prof. Johan O. A. Robertsson und Marc Serra-Garcia über die Entwicklung eines Sensors, der Millionen von Batterien einsparen könnte. Der Sensor besteht nur aus Silizium und enthält weder giftige Schwermetalle noch irgendwelche seltenen Erden. Aufgebaut ist er aus einem Metamaterial in Form strukturierter Plättchen, die über winzige Stege miteinander verbunden sind. Diese verhalten sich wie Federn, die durch Schallwellen in Bewegung gesetzt werden. Was dann in Strom umgewandelt wird.
Das spezielle Design dieser mikrostrukturierten Plättchen und wie sie miteinander zu verbinden sind, wurde mittels Computermodellen und Simulationsrechnungen entwickelt. Dies ermöglichte es, daß der bereits zum Patent angemeldete Generator auf bestimmte Schallwellen reagiert, etwa auf ein Wort oder ein Geräusch, wie beispielsweise das eines Stumpf gewordenen Bohrers in einem Metalbearbeitungszentrum. Der Generator fängt diese Schallwellen auf und wandelt sie in Strom um. Dadurch wird der Sensor eingeschaltet und das angeschlossene Funkgerät aktiviert, das eine entsprechende Meldung absetzt.
Derzeit reagiert der Generator auf das Wort ,four’, er kann jedoch auch auf andere Wörter oder Geräusche getrimmt werden, um etwa durch andauernden Straßenlärm ständig Strom zu erzeugen. Und während der erste Prototyp noch handtellergroß war, passen die jüngsten Modelle auf eine Fingerspitze und sollen in Zukunft sogar noch kleiner werden.
Neben Anwendungen in medizinischen Geräten, etwa in Gehörschnecke-Implantaten, die eine dauerhafte Stromzufuhr benötigen, könnten die passiven schallbetriebenen Sensoren zur Überwachung von Bauten, Erdbeben oder stillgelegten Bohrlöchern eingesetzt werden - wo der Generator durch das charakteristische Zischen bei mangelnder Abdichtung in Betrieb gesetzt wird und Alarm auslöst. Die Studie ,In-Sensor Passive Speech Classification with Phononic Metamaterials’ ist im Netz einsehbar.
Serra-Garcia arbeitet später nicht mehr an der ETH, sondern entwickelt die mechanischen Sensoren zusammen mit einem großen Team am öffentlichen Forschungszentrum AMOLF in den Niederlanden weiter. Ziel ist, bis 2027 einen soliden Prototypen an den Start zu bringen.
Vom gleichen Monat Dezember ist die Studie eines großen Teams der Huazhong
University of Science and Technology in China zu erwähnen,
in der ein implantierbarer, ultraschallbetriebener, batterieloser Neurostimulator
beschrieben wird, der zur tiefen Hirnstimulation (deep-brain-stimulation,
DBS) bei der Behandlung verschiedener Krankheiten eingesetzt werden
soll, wie beispielsweise der Parkinson-Krankheit (,Wireless Deep Brain
Stimulation by Ultrasound-Responsive Molecular Piezoelectric Nanogenerators’).
Die leistungsstarken weichen piezoelektrisch-triboelektrischen Hybrid-Nanogeneratoren
(PTNG) im Miniformat bestehen aus porösen energiesammelnden Dünnfilmen
aus molekularen piezoelektrischen Materialien, die große Vorteile in
Bezug auf die einfache und skalierbare Verarbeitung haben. Ohne zusätzliche
Steuerschaltungen können die subkutan implantierten weichen PTNG als
drahtlos betriebener Neurostimulator fungieren, der die Einstellung
der Stimulationsparameter durch externe programmierbare Ultraschallimpulse ermöglicht.
Im Februar 2025 zeigen Wissenschaftler der Universität Helsinki, der spanischen Universidad Pública de Navarra und der kanadischen University of Waterloo (UW) einen Weg auf, wie sich elektrische Funken durch die Luft lenken lassen. In der freien Luft neigt die Elektrizität dazu, sich in scheinbar zufällige Richtungen zu verzweigen - wie bei einem Blitz. Diese Pfade werden durch Unterschiede in der Luftdichte und -ladung sowie die Anziehung von Metallobjekten bestimmt.
Die Methode des Teams um Asier Marzo und Josu Irisarri ermöglicht es hingegen, Funken so präzise durch dünne Luft zu lenken, daß sie Hindernisse umgehen und bestimmte Stellen auf einem Material treffen können, selbst wenn dieses nicht leitfähig ist. Der Trick ist die Verwendung von Ultraschallwellen, die einen Luftdruck erzeugten der stark genug sein kann, um leichte Objekte schweben zu lassen. In diesem Fall treiben die Frequenzen die Elektrizität nicht direkt an, sondern formen ihren Weg.
Nachdem das Phänomen vor mehr als einem Jahr erstmals beobachtet worden war, brauchte das Team Monate, um es zu kontrollieren, und noch länger, um eine Erklärung dafür zu finden: Wenn sich ein Funke entzündet, erwärmt er die ihn umgebende Luft. Diese wärmere Luft dehnt sich aus, wodurch sich ihre Dichte verringert. Da Elektrizität bevorzugt durch Luft mit geringerer Dichte fließt, bewegt sich der Funke in diese Richtung. Die Ultraschallimpulse bewegen diese heißere Luft mit geringerer Dichte, die wiederum den Strom mit erstaunlicher Präzision leitet.
Die Wissenschaftler testen die Technik mit zwei 360°-Ringen aus Ultraschallsendern, die den Punkt umgeben, an dem ein Funke durch eine Teslaspule erzeugt wird. Wenn der Ultraschall eingeschaltet wird, verwandelt sich der Plasmafunke von einer baumartigen Form mit zufälligen Ästen in eine einzige Linie. Diese Linie kann dann in verschiedene Richtungen gelenkt werden, indem entweder der Ring von Strahlern physisch gekippt oder die Stärke der verschiedenen Strahler innerhalb des Rings angepaßt wird. Auch diese Studie ,Electric plasma guided with ultrasonic fields’ ist im Netz einsehbar.
Zum Thema Ultraschall siehe
auch unter piezoelektrische
Zinkoxid-Nanodrähte. Akustische Wärmemotoren werden
im Absatz Wärme behandelt.
Siehe unter Elektrostatik.