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Neben den weiter oben erwähnten Weichtieren und den verschiedenen Tieren,
die in imobilem Zustand im Labor der Wissenschaft dienen, scheint es
bislang nur wenige Ansätze zu geben, das Micro Energy Harvesting auch
auf
lebende und frei herumlaufende Tiere auszudehnen.
Im Rahmen des Projekts ZebraNet wird bereits kurz
nach der Milleniumswende daran gearbeitet, das Verfolgen von Wildtieren
– in diesem Fall Zebras in Kenia – energetisch zu
optimieren. Eine der ersten diesbezüglichen Veröffentlichungen vom
Oktober 2002 stammt von Philo Juang et al. von
der Princeton University in New Jersey.
Aus einem Bericht des Jahres 2004, dessen Hauptautoren Pei Zhang und Christopher M. Sadler sind, ist dann zu erfahren, daß bei dem Projekt am kenianischen Mpala Research Centre lineare Generatoren genutzt werden, um die GPS-Halsbänder der Tiere mit Strom zu versorgen. In anderen Berichten ist dagegen von Solarzellen die Rede.
Das mit 1,3 Mio. $ von der National Science Foundation unterstütze Projekt wird über mehrere Jahre fortgeführt, welche Energy-harvesting-Technologien dabei zum Einsatz kommen, läßt sich bislang aber nicht herausfinden.
Vermutlich aus dem Jahr 2006 stammt ein Ansatz an
der University of Sydney, wo sich Jorja Martin mit
dem Einsatz piezoelektrischer Harvester beschäftigt, um den gefährdeten Schwalbensittich verfolgen
zu können. Was eine besondere Herausforderung darstellt, da der Vogel
von geringer Größe ist und nur 77 g wiegt. Zudem reist er jährlich
über eine große Migrationsstrecke zwischen den Brutstätten in Tasmanien
und Süd-Queensland.
Durch das Bereitstellen einer kontinuierlichen Energiequelle zum Aufladen der Batterie des Tracking-Systems kann deren Größe verringert werden, was sowohl die Auswirkungen auf die Tiere vermindert, als auch die Lebensdauer der Verfolgung verlängert.
Nach Flugtests mit Tauben, die mit Unterstützung eines Taubenzüchters an der universitären Veterinär-Schule in Camden durchgeführt werden und eine Flügelschlagfrequenz von 8,4 Hz zeigen, wird ein daran angepaßtes piezoelektrisches System entwickelt, das einen Output von 10,6 μW hat, wenn es in Resonanz mit dem Flügelschlag geht. Es ist jedoch nichts darüber zu finden, daß diese Versuche später fortgesetzt worden sind.
Álvaro Gutiérrez und seine Kollegen an der Universidad
Politécnica de Madrid berichten im Mai 2009 von
ihrer Entwicklung eines heterogenen, drahtlosen Identifizierungs-Netzwerks
zur Lokalisierung von Tieren im offenen Gelände, das auf Funkkommunikationen
und einem globalen Positionierungssystem beruht.
Es besteht aus primären und sekundären Knoten, wobei letztere ohne den Einsatz von Batterien auskommen, da sie kinetisch betrieben sind und die Bewegungen der Tiere nutzen, um eine spezifische Kennung zu übertragen. Batteriebetrieben sind nur die Primärknoten, welche die übertragenen Informationen der Sekundärknoten sammeln und zusammen mit Positions- und Zeitdaten an die Tierüberwachungsstation weitersenden.
Bei dem kinetischen Energy-Harvesting-Modul handelt es sich um einen Magnetspulen-Generator aus einem zylindrischen Rohr, Spulen an den Enden des Rohres und einem Neodymium-Bor/Eisen-Magnet im Inneren des Rohres. Solche Geräte habe ich bereits ausführlich unter Treten und Tanzen beschrieben (s.d.).
Die Wissenschaftler testen ihr System an lebenden Tieren um zu überprüfen, ob die Tierbewegungen in der Lage sind, den Generator genügend zu schwingen um die Energie für die ID-Übertragung zu erzeugen. Dies geschieht mit einem Hund auf einem spanischen Hof, der das Gerät in einer Hüfttasche um den Hals trägt, sowie mit einem Rentier in Nordschweden, bei dem der Generator in einem reflektierenden Kragen steckt. In beiden Fällen können gute Leistungen erzielt werden.
Der Hals wurde ausgewählt, weil er sich als der effektivste Ort erwies, damit der Magnet im Generator vom einen Ende zum anderen geschwenkt wird. Dies geschieht beispielsweise, wenn das Tier auf dem Boden nach Nahrung sucht. An den Beinen oder am Körper des Tieres angebracht, werden zwar schnellere und häufigere Bewegungen erzielt, die den Magneten aber nicht entlang des gesamten Generators schwingen lassen.
Ein Team um Prof. Michael W. Shafer an der Northern
Arizona University, an dem Kollegen der Cornell University
und der kanadischen University of Western Ontario beteiligt sind, entwickelt
laut einem Bericht vom Januar 2015 eine Technologie,
die aus dem Flügelschlag der Vögel und Fledermäuse
genug Strom erzeugen kann, um damit einen Datenlogger zu betreiben.
Dieser soll für Biologen Informationen über Standort, Migrationsgewohnheiten
oder vitale physiologische Statistiken der Tiere sammeln und senden.
Shafer hatte bereits als Student an der Cornell University mit den
Arbeiten an dem Gerät begonnen.
Beim Verfolgen fliegender Tiere werden in der Regel Geräte verwendet, die kleine und leichte Batterien haben, deren Lebensdauer aber nur fünf Tage beträgt. Solarbetriebene Geräte haben zwar eine längere Lebensdauer, doch tagsüber muß zusätzliche Energie gespeichert werden, um die Tiere auch in der Nacht verfolgen zu können. Und bei nachtaktiven Tieren kann man sie gar nicht einsetzen.
Als Alternative wird ein Bio-Logger-Prototyp entwickelt, der eine piezoelektrische Technologie nutzt und wie ein kleiner Rucksack auf dem Tier sitzt. Im Inneren befindet sich ein Pendel, das in Resonanz mit der Frequenz des Flügelschlags schwingt und dabei Elektrizität erzeugt, wann immer das Tier in Bewegung ist.
Eine besondere Herausforderung war es ein Gerät zu bauen, das auch leicht genug ist – d.h. unter ca. 4 % des Gewichts eines Vogels oder einer Fledermaus, welches meistens weniger als 100 g beträgt, um nicht deren Flugfähigkeit und Verhalten zu beeinflussen. Getestet wird der Prototyp an ausgebildeten Tauben, die mit dem Gerät auch wieder zurückkommen.
Das Dynamic and Active Systems Lab (DASL) der Universität, an dem die Arbeiten durchgeführt werden, erhält im September 2015 einen dreijährigen Zuschuß von der National Science Foundation, um nun auch Energiegewinnungssysteme für die Datenerfassung der maritimen Tierwelt zu entwickeln. Ebenso soll es auch Geräte für Landtiere geben.
Eine Umsetzung, bei der bislang allerdings (noch) kein Energy-Harvesting-System
zum Einsatz kommt, startet in London, wo Mitte März 2016 der
Kreativdirektor der globalen Marketing- und Technologie-Agentur DigitasLBi Pierre
Duquesnoy in Zusammenarbeit mit der Firma Plume Labs zehn
professionelle Tauben mit federleichten Sensoren ausstattet, um durch
die Stadt fliegen und so dynamische Daten zur Luftverschmutzung zu
sammeln.
Die Vögel können Geschwindigkeiten von 80 - 130 km/h erreichen und so weite Teile der Stadt abdecken. Zunächst ist die Aktion, bei welcher die Konzentration an Stickstoffdioxid und Ozon in der Luft gemessen wird, allerdings auf drei Tage begrenzt. Die Daten werden – sachlich passend – über @PigeonAir getwittert.
Unter der Leitung von Prof. Andrew Holmes startet
am Imperial College in London im Oktober 2015 ein
Projekt, bei dem ein PhD-Stipendium für die Untersuchung von kinetisch
betriebenen piezoelektrischen Energy-Harvesting-Systemen für die Tierverfolgung
vergeben wird. Explizit geht es dabei um die Überwachung der Verbreitungsmuster
von Fleischfressern im vom Menschen beeinflußten Tropischen Regenwald.
Natürlich richtet sich das wissenschaftliche Interesse auch auf jene
Tiere, die mithilfe elektrischer Organe selbständig und ganz ohne
technische Zusätze Elektrizität produzieren – wobei man unweigerlich
an die für ihre Stromschläge bekannten Zitteraale denkt.
Diese können den Output Tausender spezialisierter Zellen so bündeln,
daß ein Potential von bis zu 600 V entsteht. Zitterrochen sollen
sogar elektrische Entladungen von 60 – 230 V und über 30 A ausführen
können, um ihre Opfer zu lähmen.
Es gibt aber noch andere Geschöpfe, welche diese Energieform in ihren lebenden Zellen generieren oder sie zumindest in der einen oder anderen Form nutzen. Dazu gehören verschiedene Lebewesen mit der Fähigkeit, ein elektrisches Feld über spezielle Rezeptoren wahrzunehmen (z.B. Biene, Ameisenigel, Neunaugen, Schnabeltiere, Delphine usw.) oder zur Kommunikation zu nutzen (z.B. Messeraale).
Geckos wiederum nutzen elektrostatische Kräfte, um auf glatten Oberflächen haften zu bleiben, während einige Spinnen ihre Netze mit einem besonderen Klebstoff bestreichen, der von geladenen Teilchen (wie fliegende Insekten) angezogen wird. Dabei ist diese Anziehungskraft so stark, daß sich das leblose Netz tatsächlich vorwärts bewegt, um die fliegende Beute zu erwischen.
Tatsächlich zur Energieerzeugung eingespannt werden bislang allerdings
nur Zitteraale – wie das Exemplar, das zu Weihnachten 2007 im Aqua
Toto Gifu Aquarium in Japan den Strom für die Weihnachtsbaum-Beleuchtung
liefert. Jedes mal, wenn der Fisch einen in seinem Becken befindlichen
Kupferdraht berührt, leuchten die Lämpchen auf.
Ab dem Jahr 2008 arbeiten Wissenschaftler der Yale
University und des National Institute of Standards
and Technology (NIST) um den Ingenieur David LaVan daran,
die zellulären Mechanismen des Zitteraals nachzuahmen und zu optimieren.
Sie gehen davon aus, daß ein Stapel synthetischer Zellen mit einem
Volumen von 4 mm3 eine dauernde Leistung von etwa 300
µW abgeben kann, was ausreichen würde um kleine Implantate oder Nanomaschinen
zu versorgen.
Einer Meldung vom Oktober 2009 zufolge erstellen die Forscher ein sehr einfaches Zellmodell, um die Art und Weise zu studieren, wie bestimmte reale Zellen elektrische Spannungen erzeugen. Dabei produzierten sie eine funktionierende Batterie, die chemische Energie mit einem Wirkungsgrad von etwa 10 % in elektrische Energie umwandelt, was hoch genug ist, um die Zellen-Batterie zu einer praktischen Alternative als Nanoenergiequelle zu machen.
Die synthetische Zelle besteht aus einer wasserbasierten Salzlösung, die von einer aus Lipiden gemachten Wand eingeschlossen sind, einem Molekül mit einem Ende, das von Wassermolekülen angezogen wird, während das andere Ende sie abstößt. Kommen zwei dieser ,Zellen’ miteinander in Kontakt, berühren sich die wasserabstoßende Enden der Lipide, welche die Außenseite bilden, wodurch sie eine stabile Doppelschicht schaffen, die die beiden Zellen-Innenräume trennt, ebenso wie lebende Zellmembranen es tun.
Als nächster Schritt wird in die Doppelschicht die modifizierte Form eines Proteins eingesetzt. Die eingebetteten Proteine erzeugen Poren, welche die Poren einer biologischen Zelle nachahmen und als Kanäle für Ionen wirken. Auf diese Weise können bevorzugt entweder positive oder negative Ionen durch die Doppelschicht passieren und eine Spannung liefern, die sich ernten läßt.
Weisen die Lösungen in den zwei sich berührenden Kunstzellen unterschiedliche Salzkonzentrationen auf, läßt sich daraus eine kleine Batterie konstruieren, indem dünne Metallelektroden in die Tröpfchen eingeführt werden. Elektronen fließen dann solange, bis sich die Ionenkonzentrationen in den Tröpfchen angleicht. Ein System aus zwei Tröpfchen, die jeweils nur 200 Nanoliter Lösung enthalten, kann Strom für fast 10 Minuten liefern, während ein System mit 11 Mikroliter mehr als vier Stunden lang funktioniert.
Im Mai 2016 berichten die Blogs, daß Wissenschaftler
des japanischen RIKEN Quantitative Biology Center (QBic)
in Osaka eine neue Art von Stromerzeuger entwickelt haben, der auf
dem Wissen basiert, daß die Organe der Zitterrochen (Torpedorochen,
electric rays) elektrische Energie mit einer Effizienz von nahezu 100
% erzeugen.
Die entsprechenden Organe des elektrischen Rochens bestehen aus senkrechten, sechseckigen Säulen, die sich aus Muskeln entwickelt haben. Dort wandeln dicht ausgerichtete Membranproteine die chemische Energie von Adenosintriphosphat (ATP) in Ionentransport-Energie um. Zur Orientierung werden Stromstöße in leichten Dosen eingesetzt, zum Betäuben der Beute oder zur Verteidigung starke Schläge.
Bei der physischen Stimulation eines lebenden Torpedos wird als elektrische Antwort ein weniger als 10 Millisekunden andauernder Impulsstrom mit einer Spitzenspannung 19 V und einem Strom von 8 A gemessen. Mit diesen Impulsen kann genug Strom gespeichert werden um ein LED-Licht oder ein Spielzeugauto zu betreiben.
Bei ihren Versuchen entfernen die Forscher um Yo Tanaka das elektrische Organ des Fisches und stimulieren es chemisch durch eine Lösung des Neurotransmitters Acetylcholin, welche mittels einer Spritze injiziert wird. Damit erreichen sie mehr als eine Minute lang einen Dauerstrom mit einer Spitzenspannung von 91 mV und 0,25 mA Leistung. Durch Erhöhen der Anzahl von Spritzen wird sogar eine Spitzenspannung von 1,5 V und ein Strom von 0,64 mA erzielt. Es zeigt sich zudem, daß sich die Energieerzeugung wiederholen läßt und daß die Organfunktion bis zu einem Tag lang anhält.
Wissenschaftler um die otologische Chirurgin Konstantina Stankovic von
der Spezialklinik Massachusetts Ear and Eye Infirmary in
Boston, und Anantha Chandrakasan vom Massachusetts
Institut of Technology (MIT) entwickeln einen Chip, der Energie
aus dem Innenohr gewinnt. Laut den Berichten vom November 2012 soll
die Technik in Zukunft dabei helfen, Gehirnimplantate, Hörprothesen
und andere medizinische Apparate im Körper mit Strom zu versorgen.
In den Tiefen ihres Ohrs besitzen Säugetiere, einschließlich des Menschen, eine Kammer, die mit Hilfe von Ionen ein elektrisches Potential erzeugt, um Schall in Nervenimpulse umzuwandeln. Obwohl dies bereits seit 60 Jahren bekannt ist, hat bisher noch niemand versucht, dies zu nutzen.
Der neue Chip enthält winzige Elektroden mit einem geringen Leitungswiderstand, die einen kleinen Teil dieser elektrischen Aktivität nutzen können, ohne dabei die Fähigkeit zu hören zu beeinträchtigen. Sie werden durch eine natürliche Öffnung in das Innenohr eines narkotisierten Meerschweinchens eingeführt und auf beiden Seiten der Zellmembrane der Hörschnecke (Cochlea) befestigt. An dem Chip ist außerdem ein Radiosender mit geringem Energieverbrauch angeschlossen.
Am Anfang benötigt das Gerät zwar eine kurze Starthilfe durch Funkwellen, ist danach aber in der Lage, mit einer Leistung von rund einem Nanowatt den Sender fünf Stunden lang in Betrieb zu halten. Anschlie-ende Tests ergeben zudem, daß das Tier keine Probleme beim Hören hat. Obwohl sich der Chip damit gut für einen kurzfristigen Einsatz eignet, ist noch nicht geklärt, ob der längerfristige Verbleib von Elektroden im Inneren des Ohres nicht zu Schädigungen führen kann. Auf jeden Fall sollen die Elektroden in einem nächsten Schritt weiter verkleinert werden, um den Chip direkt ins Ohr implantieren zu können.
Stankovic betont, daß mit der Studie bewiesen sei, daß biologische Energiequellen existieren, die bis heute noch nicht wirklich erforscht sind.
Etwas schwerer ernst zu nehmen ist das Konzept Energy
Belt der
holländischen Designerin Emmy van Roosmalen – ein
innovativer Energie-Gürtel, der Körperfett verbrennt und dabei Energie
für das Smartphone oder Tablet erzeugt.
Der Entwurf wird erstmals auf der Dutch Design Week im Dezember 2012 bemerkt und in den Blogs gezeigt. Er ist Teil einer seit 2010 in den Niederlanden herumreisenden Wanderausstellung von Next Nature namens ,The Nano Supermarkt’, die spekulative Produkte präsentiert, welche in den nächsten zehn Jahren in die Regale kommen könnten. Die Funktionsweise des Energy Belt ist zudem nicht einmal unrealistisch.
Künstliche Protozellen (o. Protobionten) in dem Gürtel sollen nämlich das natürliche braune Fettgewebe quasi aus der Haut saugen und in Adenosintriphosphat (ATP) umwandeln – welches dann als chemische Energie verwendet werden kann, um Strom zu erzeugen. Um die Energiegewinnung anzuzeigen, sind am vorderen Teil des Gürtels LEDs installiert. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob sich das Konzept tatsächlich umsetzen läßt, bislang ist darüber jedenfalls noch nichts zu hören.
Weiter mit den Feldern und Wellen...