Blättern |
Neben den weiter oben erwähnten Weichtieren und den verschiedenen Tieren,
die in imobilem Zustand im Labor der Wissenschaft dienen, gibt es
schon einige Ansätze, das Micro Energy Harvesting auch
auf
lebende und frei herumlaufende Tiere auszudehnen.
Im Rahmen des Projekts ZebraNet wird bereits kurz nach der Milleniumswende daran gearbeitet, das Verfolgen von Wildtieren – in diesem Fall Zebras in Kenia – energetisch zu optimieren. Eine der ersten diesbezüglichen Veröffentlichungen vom Oktober 2002 stammt von Philo Juang et al. von der Princeton University in New Jersey, daneben existiert im Netz eine längere ppt-Präsentation von Margaret Rose Martonosi von 2004, bei der es aber primär um den digitalen Aufbau des Netzes geht. Immerhin erfährt man hier auch, das der Test vor Ort mit sieben Tieren bzw. Datenhalsbändern erfolgt.
Einem Bericht desselben Jahres, dessen Hauptautoren Pei Zhang und Christopher M. Sadler sind, ist zu entnehmen, daß bei dem Projekt am kenianischen Mpala Research Centre lineare Generatoren genutzt werden, um die GPS-Halsbänder der Tiere mit Strom zu versorgen (,Hardware Design Experiences in ZebraNet’). In anderen Berichten ist dagegen von Solarzellen die Rede.
Das mit 1,3 Mio. $ von der National Science Foundation (NSF) unterstütze Projekt wird über mehrere Jahre fortgeführt, doch welche Energy-harvesting-Technologie dabei letzlich zum Einsatz kommt, ließ sich bislang nicht herausfinden. Unter dem Begriff ZebraNet werden inzwischen Druckserver vermarktet.
Vermutlich aus dem Jahr 2006 stammt ein Ansatz an
der University of Sydney, wo sich die Mechatronik-Ingenieurin Jorja
Martin mit
dem Einsatz piezoelektrischer Harvester beschäftigt, um den gefährdeten Schwalbensittich verfolgen
zu können. Was eine besondere Herausforderung darstellt, da der Vogel
sehr klein ist und nur 77 g wiegt. Zudem reist er jährlich
über eine große Migrationsstrecke zwischen den Brutstätten in Tasmanien
und Süd-Queensland.
Durch das Bereitstellen einer kontinuierlichen Energiequelle zum Aufladen der Batterie des Tracking-Systems kann deren Größe verringert werden, was sowohl die Auswirkungen auf die Tiere vermindert, als auch die Lebensdauer der Verfolgung verlängert.
Nach Flugtests mit Tauben, die mit Unterstützung eines Taubenzüchters an der universitären Veterinär-Schule in Camden durchgeführt werden und eine Flügelschlagfrequenz von 8,4 Hz zeigen, wird ein daran angepaßtes piezoelektrisches System entwickelt, das einen Output von 10,6 μW hat, wenn es in Resonanz mit dem Flügelschlag geht. Es ist jedoch nichts darüber zu finden, daß diese Versuche später fortgesetzt bzw. auf die Sittiche übertragen worden sind.
Álvaro Gutiérrez und seine Kollegen an der Universidad
Politécnica de Madrid berichten im Mai 2009 von
ihrer Entwicklung eines heterogenen, drahtlosen Identifizierungs-Netzwerks
zur Lokalisierung von Tieren im offenen Gelände, das auf Funkkommunikationen
und einem globalen Positionierungssystem beruht.
Es besteht aus primären und sekundären Knoten, wobei letztere ohne den Einsatz von Batterien auskommen, da sie kinetisch betrieben werden und die Bewegungen der Tiere nutzen, um eine spezifische Kennung zu übertragen. Batteriebetrieben sind nur die Primärknoten, welche die übertragenen Informationen der Sekundärknoten sammeln und zusammen mit Positions- und Zeitdaten an die Tierüberwachungsstation weitersenden.
Bei dem kinetischen Energy-Harvesting-Modul handelt es sich um einen Magnetspulen-Generator aus einem zylindrischen Rohr, Spulen an den Enden des Rohres und einem Neodymium-Bor/Eisen-Magnet im Inneren des Rohres. Solche Geräte habe ich bereits ausführlich unter Treten und Tanzen beschrieben (s.d.).
Die Wissenschaftler testen ihr System an lebenden Tieren, um zu überprüfen, ob dereb Bewegungen in der Lage sind, den Generator genügend stark zu schwingen, um die Energie für die ID-Übertragung zu erzeugen. Dies geschieht mit einem Hund auf einem spanischen Hof, der das Gerät in einer Hüfttasche um den Hals trägt, sowie mit einem Rentier in Nordschweden, bei dem der Generator in einem reflektierenden Kragen steckt. In beiden Fällen können gute Leistungen erzielt werden.
Der Hals wird ausgewählt, weil er sich als der effektivste Ort erweist, damit der Magnet im Generator vom einen Ende zum anderen geschwenkt wird. Dies geschieht beispielsweise, wenn das Tier auf dem Boden nach Nahrung sucht. An den Beinen oder am Körper des Tieres angebracht, werden zwar schnellere und häufigere Bewegungen erzielt, die den Magneten aber nicht entlang des gesamten Generators schwingen lassen.
Im Jahr 2012 folgt eine Veröffentlichung von Gutiérrez und seinen Kollegen Nelson I. Dopico und Santiago Zazo mit Details der zwischenzeitlich gewonnenen Erkenntnisse, doch weiter scheint die Angelegenheit nicht verfolgt worden zu sein (‚Performance assessment of a kinetically-powered network for herd localization‘, im Netz einsehbar).
Ein Team um Prof. Michael W. Shafer an der Northern
Arizona University, an dem Kollegen der Cornell
University und der kanadischen University
of Western Ontario beteiligt sind, entwickelt
laut einem Bericht vom Januar 2015 eine Technologie,
die aus dem Flügelschlag der Vögel und Fledermäuse
genug Strom erzeugen kann, um damit einen Datenlogger zu betreiben.
Dieser soll für Biologen Informationen über Standort, Migrationsgewohnheiten
oder vitale physiologische Statistiken der Tiere sammeln und senden.
Shafer hatte bereits als Student an der Cornell University mit den
Arbeiten an seinem Gerät begonnen.
Beim Verfolgen fliegender Tiere werden in der Regel Geräte verwendet, die kleine und leichte Batterien haben, deren Lebensdauer aber nur fünf Tage beträgt. Solarbetriebene Geräte haben zwar eine längere Lebensdauer, doch tagsüber muß zusätzliche Energie gespeichert werden, um die Tiere auch in der Nacht verfolgen zu können. Und bei nachtaktiven Tieren kann man sie gar nicht einsetzen.
Als Alternative wird ein Bio-Logger-Prototyp entwickelt, der eine piezoelektrische Technologie nutzt und wie ein kleiner Rucksack auf dem Tier sitzt. Im Inneren befindet sich ein Pendel, das in Resonanz mit der Frequenz des Flügelschlags schwingt und dabei Elektrizität erzeugt, wann immer das Tier in Bewegung ist.
Eine besondere Herausforderung ist es ein Gerät zu bauen, das auch leicht genug ist, d.h. unter ca. 4 % des Gewichts eines Vogels oder einer Fledermaus liegt, welches meistens weniger als 100 g beträgt, um nicht deren Flugfähigkeit und Verhalten zu beeinflussen. Getestet wird der Prototyp an ausgebildeten Tauben, die mit dem Gerät auch wieder zurückkommen.
Das Dynamic and Active Systems Lab (DASL) der Universität, an dem die Arbeiten durchgeführt werden, erhält im September 2015 einen dreijährigen Zuschuß von der National Science Foundation (NSF), um auch Energiegewinnungssysteme für die Datenerfassung der maritimen Tierwelt zu entwickeln. Ebenso soll es auch Geräte für Landtiere geben.
Gemeinsam mit Eric R. Morgan und Gregory Hahn beantragt Shafer 2016 ein Patent unter dem Titel ‚Energy Harvester for Wildlife Monitor‘, das erteilt wird (US-Nr. 20160357238). Außerdem fanden sich bei einer Recherche frühere Publikationen, wie ‚Testing of Vibrational Energy Harvesting on Flying Birds‘, die ursprünglich auf der Konferenz über intelligente Materialien, adaptive Strukturen und intelligente Systeme ASME 2013 präsentiert wurde, sowie ‚Marine Energy Harvesting Using Magnetohydrodynamic Power Generation‘ von 2014.
Eine Umsetzung, bei der bislang allerdings (noch) kein Energy-Harvesting-System
zum Einsatz kommt, startet in London, wo Pierre
Duquesnoy,
der Kreativdirektor der globalen Marketing- und Technologie-Agentur
DigitasLBiin Mitte
März 2016 und in Zusammenarbeit mit der Firma Plume
Labs zehn ,professionelle’ Brieftauben mit federleichten
Sensoren ausstattet, um durch die Stadt zu fliegen und dabei dynamische
Daten zur Luftverschmutzung zu sammeln.
Die Vögel können Geschwindigkeiten von 80 - 130 km/h erreichen und damit weite Teile der Stadt abdecken. Zunächst ist die Aktion, bei welcher die Konzentration an Stickstoffdioxid und Ozon in der Luft gemessen wird, allerdings auf drei Tage begrenzt. Die Daten werden – sachlich passend – über @PigeonAir getwittert.
Unabhängig von diesem Projekt wird im März 2019 bekannt,
daß nun auch Forscher der Universität Birmingham um Rick
Thomas winzige Sensoren (neu?) entwickelt haben, die auf dem
Rücken von Tauben angebracht werden und Daten über Temperatur, Luftfeuchtigkeit,
Luftdruck und Umgebungslicht sowie den jeweiligen GPS-Standort erfassen.
Im Gegensatz zu Drohnen, die nicht überall fliegen dürfen, tun dies
die Vögel ohne jegliche gesetzliche Behinderungen.
Das Projekt arbeitet mit Freiwilligen vor Ort zusammen, die Brieftauben züchten. Wenn die Vögel zu ihren Schlägen zurückkehren, werden die Sensoren aus dem Rucksack eingeholt und die Daten heruntergeladen. Das Team plant nun, einen Sensor zu entwickeln, der sich selbst mit Energie versorgt und es ermöglicht, auch Wildvögel damit auszustatten. Bislang ist dafür ein kleines Solarpaneel ins Auge gefaßt, das sich aber als zu schwer für eine kleine Taube erweisen könnte, weshalb darüber nachgedacht wird, das Sensorpaket auf Möwen zu schnallen.
Nur einen Monat später wird über das deutsch-russische Projekts Icarus berichtet,
bei dem mit Minisendern ausgestattete Tiere aus 400 km Höhe verfolgt
werden sollen, um so Erkenntnisse über das Artensterben zu erhalten.
Hierfür hatten die Raumfahrer auf der Internationalen Raumstation ISS
bereits im vergangenen August am Swesda-Modul eine 1,5 m lange und
130 kg schwere Antenne angebracht.
Das ambitionierte Projekt wird seit 15 Jahren von Martin Wikelski vorangetrieben, dem Direktor des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Radolfzell am Bodensee. Es soll letztlich Bewegungen von Tieren auf der ganzen Erde aufzeichnen: von bedrohten Elefanten in afrikanischen Nationalparks über Rentiere in der russischen Arktis bis hin zu Ziegen auf Sizilien.
Auch in diesem Fall haben die Forscher Sender entwickelt, die auch kleinere Tiere tragen können. Die kaum 3 cm2 großen und knapp 5 g wiegenden Lasten (Tags) sind zur Stromversorgung allerdings mit Solarzellen ausgestattet. Ob zukünftig auch andere Energiequellen geplant sind, ist nicht bekannt.
Unter der Leitung von Prof. Andrew Holmes startet
am Imperial College in London im Oktober 2015 ein
Projekt, bei dem ein PhD-Stipendium für die Untersuchung von kinetisch
betriebenen piezoelektrischen Energy-Harvesting-Systemen für die Tierverfolgung
vergeben wird. Explizit geht es dabei um die Überwachung der Verbreitungsmuster
von Fleischfressern im vom Menschen beeinflußten Tropischen Regenwald.
Weitere Details darüber ließen sich bislang nicht finden.
Natürlich richtet sich das wissenschaftliche Interesse auch auf jene
Tiere, die mithilfe elektrischer Organe selbständig
und ganz ohne technische Zusätze Elektrizität produzieren – wobei
man unweigerlich an die für ihre Stromschläge bekannten Zitteraale (Electrophorus
electricus) denkt. Diese können den Output Tausender spezialisierter
Zellen so bündeln, daß ein Potential von bis zu 600
V entsteht,
in anderen Quellen werden sogar 800
V genannt. Zitterrochen wiederum
sollen elektrische Entladungen von 60
– 230 V und über 30
A ausführen
können, um ihre Opfer zu lähmen.
Es gibt aber noch andere Geschöpfe, welche diese Energieform in ihren lebenden Zellen generieren oder sie zumindest in der einen oder anderen Form nutzen. Dazu gehören verschiedene Lebewesen mit der Fähigkeit, ein elektrisches Feld über spezielle Rezeptoren wahrzunehmen (z.B. Biene, Ameisenigel, Neunaugen, Schnabeltiere, Delphine usw.) oder zur Kommunikation zu nutzen (z.B. Messeraale).
Geckos wiederum nutzen elektrostatische Kräfte, um auf glatten Oberflächen haften zu bleiben, während einige Spinnen ihre Netze mit einem besonderen Klebstoff bestreichen, der von geladenen Teilchen (wie fliegende Insekten) angezogen wird. Dabei ist diese Anziehungskraft so stark, daß sich das leblose Netz tatsächlich vorwärts bewegt, um die fliegende Beute zu erwischen.
Real zur Energieerzeugung eingespannt werden bislang allerdings
nur Zitteraale – wie das Exemplar, das zu Weihnachten 2007 im Aqua
Toto Gifu Aquarium in Japan den Strom für die Weihnachtsbaum-Beleuchtung
liefert.
Jedes Mal, wenn der Fisch einen in seinem Becken befindlichen Kupferdraht berührt, leuchten die Lämpchen auf.
Tatsächlich wird ein ähnliches Setting im Dezember 2019 im Tennessee
Aquarium in Chattanooga wiederholt, wo ein elektrischer
Aal namens ‚Miguel Wattson‘ – der sogar einen eigenen Twitter-Account
hat – einen Weihnachtsbaum außerhalb seines Beckens zum Leuchten
bringt. Allerdings treibt er die Lichter nicht selbst an, sondern
deren Leuchtintensität wird auf die vom Körper des Aals erzeugte
Elektrizität abgestimmt.
Hierzu messen Sensoren im Becken die Stärke der elektrischen Entladungen des Aals, um dann über einen Verstärker die Lichter am Weihnachtsbaum zu steuern. Wenn er auf Nahrungssuche ist, gibt Wattson nur geringe Mengen an Spannung ab. Dies führt dazu, daß die Lichter des Weihnachtsbaums gedimmt werden und schnell blinken. Größere Lichterblitze werden durch höhere Spannungsschocks verursacht, die von seinem Körper ausgehen, wenn er frißt oder aufgeregt ist.
Wie im September 2008 berichtet wird, arbeiten Wissenschaftler
der Yale
University und des National Institute of Standards
and Technology (NIST) um David A. LaVan und
Jian Xu daran, die zellulären Mechanismen des Zitteraals nachzuahmen
und zu optimieren. Sie gehen davon aus, daß ein Stapel synthetischer
Zellen mit einem Volumen von 4 mm3 eine dauernde Leistung
von etwa 300
µW abgeben kann, was ausreichen würde, um kleine Implantate
oder Nanomaschinen zu versorgen.
Die von LaVan und Xu modellierte künstliche Zelle ist in der Lage, 28 % mehr Strom zu erzeugen als der eigene Elektrolyt des Aals, wobei die chemische Energie der Zelle – die aus der Nahrung des Aals stammt – mit 31 % höherer Effizienz in Strom umgewandelt wird. Die entsprechende Publikation trägt den Titel ‚Designing artificial cells to harness the biological ion concentration gradient‘.
Einer Meldung vom Oktober 2009 zufolge erstellen die Forscher zudem ein sehr einfaches Zellmodell, um die Art und Weise zu studieren, wie bestimmte lebende Zellen elektrische Spannungen erzeugen. Dabei konstruieren sie eine funktionierende Batterie, die chemische Energie mit einem Wirkungsgrad von etwa 10 % in elektrische Energie umwandelt, was hoch genug ist, um die Zellen-Batterie zu einer praktischen Alternative als Nanoenergiequelle zu machen.
Die synthetische Zelle besteht aus einer wasserbasierten Salzlösung, die von einer aus Lipiden gemachten Wand eingeschlossen sind, einem Molekül mit einem Ende, das von Wassermolekülen angezogen wird, während das andere Ende sie abstößt. Kommen zwei dieser ,Zellen’ miteinander in Kontakt, berühren sich die wasserabstoßende Enden der Lipide, welche die Außenseite bilden, wodurch sie eine stabile Doppelschicht schaffen, die die beiden Zellen-Innenräume trennt, ebenso wie lebende Zellmembranen es tun.
Als nächster Schritt wird in die Doppelschicht die modifizierte Form eines Proteins eingesetzt. Die eingebetteten Proteine erzeugen Poren, welche die Poren einer biologischen Zelle nachahmen und als Kanäle für Ionen wirken. Auf diese Weise können bevorzugt entweder positive oder negative Ionen durch die Doppelschicht passieren und eine Spannung liefern, die sich ernten läßt.
Weisen die Lösungen in den zwei sich berührenden Kunstzellen unterschiedliche Salzkonzentrationen auf, läßt sich daraus eine kleine Batterie konstruieren, indem dünne Metallelektroden in die Tröpfchen eingeführt werden. Elektronen fließen dann solange, bis sich die Ionenkonzentrationen in den Tröpfchen angleicht. Ein System aus zwei Tröpfchen, die jeweils nur 200 Nanoliter Lösung enthalten, kann Strom für fast 10 Minuten liefern, während ein System mit 11 Mikroliter mehr als vier Stunden lang funktioniert.
Die entsprechende Studie, die nochmals im Januar 2010 veröffentlicht wird, trägt den Titel ‚Synthetic Protocells to Mimic and Test Cell Function‘. Weiterführende Arbeiten ließen sich allerdings nichts finden.
Im Mai 2016 berichten die Blogs, daß Wissenschaftler
des japanischen RIKEN Quantitative Biology Center (QBic)
in Osaka eine neue Art von Stromerzeuger entwickelt haben, der auf
dem Wissen basiert, daß die Organe der Zitterrochen (Torpedorochen,
electric rays) elektrische Energie mit einer Effizienz von nahezu 100
% erzeugen.
Die entsprechenden Organe des elektrischen Rochens bestehen aus senkrechten, sechseckigen Säulen, die sich aus Muskeln entwickelt haben. Dort wandeln dicht ausgerichtete Membranproteine die chemische Energie von Adenosintriphosphat (ATP) in Ionentransport-Energie um. Zur Orientierung setzen die Tiere Stromstöße in leichten Dosen ein, zum Betäuben der Beute oder zur Verteidigung starke Schläge.
Bei der physischen Stimulation eines lebenden Torpedorochens wird als elektrische Antwort ein weniger als 10 Millisekunden andauernder Impulsstrom mit einer Spitzenspannung von 19 V und einem Strom von 8 A gemessen. Mit diesen Impulsen kann genug Strom gespeichert werden um ein LED-Licht oder ein Spielzeugauto zu betreiben.
Bei ihren Versuchen entfernen die Forscher um Yo Tanaka das elektrische Organ des Fisches und stimulieren es chemisch durch eine Lösung des Neurotransmitters Acetylcholin, welche mittels einer Spritze injiziert wird. Damit erreichen sie mehr als eine Minute lang einen Dauerstrom mit einer Spitzenspannung von 91 mV und 0,25 mA Leistung. Durch Erhöhen der Anzahl von Spritzen wird sogar eine Spitzenspannung von 1,5 V und ein Strom von 0,64 mA erzielt. Es zeigt sich zudem, daß sich die Energieerzeugung wiederholen läßt, und daß die Organfunktion bis zu einem Tag lang anhält.
Die im Netz einsehbare Studie trägt den Titel ‚An electric generator using living Torpedo electric organs controlled by fluid pressure-based alternative nervous systems‘.
Im Dezember 2020 folgt eine Machbarkeitsstudie des Tanaka-Teams, das inzwischen im RIKEN Center for Biosystems Dynamics Research (BDR) aktiv ist, in der es darum geht, daß mit Ultraschall-Pingern und Digitalkameras ausgestattete Rochen und Stachelrochen in der Lage sind, den Meeresboden durch natürliche Erkundung zu kartieren (‚Movement tracing and analysis of benthic sting ray (Dasyatis akajei) and electric ray (Narke japonica) toward seabed exploration‘).
Da die Wissenschaftler bereits gezeigt haben, daß Rochen ihre eigene Elektrizität nutzen können, um die kleinen Pinger zu betreiben, könnte diese Methode sehr viel kostengünstiger als andere sein. Für ihre Proof-of-Concept-Studie führt das Team zwei Experimente durch, m Labor und auf offener See, die zeigen, daß ihre Idee realisierbar ist. Für die Langzeitüberwachung, die als nächstes getestet werden soll, werden dann die Pinger benötigt, die die Rochen selbst aufladen können, sowie tragbare Akkus für die Stachelrochen. Weitere Veröffentlichungen ließen sich bisher nicht ausmachen.
Auch Prof. Kenneth C. Catania an der Vanderbilt University in Nashville beschäftigt sich mit elektrischen Fischen – und stellt bei schmerzhaften Selbstversuchen fest, daß schon kleine Zitteraale erheblich größeren Tieren und Menschen potente Stromstöße verabreichen können. Laut seiner im September 2017 veröffentlichten und einsehbaren Studie ‚Power Transfer to a Human during an Electric Eel’s Shocking Leap‘ ist die Stärke des Elektroschocks deutlich höher als bei einer Elektroschockpistole (Taser) – jedoch ohne langfristige Schäden.
Catania hatte in früheren Arbeiten bereits im Detail gezeigt, wie Zitteraale ihre Beute überwältigen, und wie sie die fast den ganzen Körper besetzenden stromerzeugenden Elektroplax auch nutzen, um betäubte Opfer aufzuspüren, zur Orientierung und zur Fortpflanzung. Außerdem zeigte er, daß Zitteraale die Stärke ihrer Stromstöße erheblich erhöhen, indem sie sich aus dem Wasser heben und so den Strom von ihrem Kinn direkt in ihr Angriffsziel leiten – denn der Pluspol liegt am Kopf, der Minuspol im hinteren Körperbereich.
In der aktuellen Untersuchung ermittelt Catania auch die Stärke der Stromstöße genauer: Die elektrischen Ströme bei einer Zitteraal-Attacke erreichen Spitzenwerte von 40 - 50 mA.
Konkret mit der energetischen Nutzung befaßt sich hingegen ein großes
Team um Thomas B. H. Schroeder und Michael
Mayer vom der University of Michigan, an
dem auch Kollegen der Universität Freiburg und der University
of California, San Diego beteiligt sind, wie aus eine im
Dezember 2017 veröffentlichten Studie hervorgeht
(‚An electric-eel-inspired soft power source from stacked hydrogels‘).
Die Wissenschaftler imitieren hier die stromerzeugenden Elektrozyten von
Zitteraalen mit einem weichen Kunststoff.
In den natürlichen Vorbildern konzentrieren sich Kalium- oder Natriumionen, die jeweils durch hauchdünne Membranen voneinander getrennt sind. Bei einem Angriff oder auf der Jagd nach Beute werden die Membranen durch Muskelbewegungen aktiviert und somit für die elektrischen Ladungsträger durchlässig. Dabei baut jeder einzelne Elektrozyt eine elektrische Spannung von etwa 150 mV auf. Durch Tausende in Reihe geschaltete Elektrozyten entstehen dann Spannungspulse mit einer Stromstärke von rund 1 A.
Der Elektrozyten-Nachbau erfolgt mit einem 3D-Druckverfahren, bei dem knapp 2.500 Tröpfchen aus einem weichen, flexiblen Hydrogel auf eine rollbare und transparente Kunststoffschicht gedruckt werden. Dabei setzen sich die Tröpfchen abwechselnd aus hohen bzw. niedrigen Konzentrationen einer Kochsalzlösung aus Natrium- und Chloridionen zusammen.
Ist die Folie flach ausgelegt, berühren sich die einzelnen Tröpfchen nicht und es fließt kein Strom. Wird hingegen eine weitere Folie darübergelegt, so daß sich immer abwechselnd Tröpfchen mit hohem und geringem Salzgehalt berühren, können die Ionen wandern und so einen Stromfluß erzeugen. Über eine angeschlossene Elektrode läßt sich eine Spannung von 110 V über die Summe aller in Reihe angeordneter Tröpfchen messen.
Ein weiterer Prototyp nutzt die japanische Falttechnik Origami. Entfaltet erzeugt dieses Modul keinen Strom, aber zusammengefaltet berühren sich abwechselnd die Tröpfchen mit unterschiedlichen Salzkonzentrationen, wodurch ein Strom fließt. Momentan reicht die Stromausbeute aus, um einzelne LEDs zu betreiben, doch mit einer optimierten Anordnung aus noch mehr und eventuell noch kleineren Tröpfchen könnten weiche Minikraftwerke entstehen, die genug Strom für implantierte Sensoren, Insulinpumpen oder Herzschrittmacher liefern.
Im September 2019 berichtet eine noch größere Forschungsgruppe
um C. David de Santana vom Smithsonian Institut in
Washington, daß - anders als bislang gedacht - nicht eine, sondern
gleich drei Arten elektrischer Aale existieren. Anhand von DNA-Tests
läßt sich belegen, daß die Fische trotz ihrer äußerlichen Ähnlichkeit
tatsächlich zu drei verschiedenen Spezies gehören. In den vergangenen
sechs Jahren hatten die Wissenschaftler hierfür 107 Exemplare elektrischer
Aale aus Brasilien, Französisch-Guayana, Guyana und Suriname analysiert.
Das Team, an dem auch Kollegen der University of Central Florida, der Drexel University, der Universidade Federal do Pará und anderer brasilianischer Universitäten beteiligt sind, nennt die beiden neuen Arten Electrophorus varii und Electrophorus voltai – wobei letztere Stromstöße mit einer Spannung von bis zu 860 V abgeben kann. Damit ist der Zitteraal das Lebewesen, das die höchste Spannungsentladung hervorbringt. Die Studie trägt den Titel ‚Unexpected species diversity in electric eels with a description of the strongest living bioelectricity generator‘.
Wissenschaftler um die Chirurgin Konstantina Stankovic von
der Spezialklinik Massachusetts Ear and Eye Infirmary in
Boston und um Anantha Chandrakasan vom Massachusetts
Institut of Technology (MIT) entwickeln einen Chip, der Energie
aus dem Innenohr gewinnt. Laut den Berichten vom November 2012 soll
die Technik in Zukunft dabei helfen, Gehirnimplantate, Hörprothesen
und andere medizinische Apparate im Körper mit Strom zu versorgen.
In den Tiefen ihres Ohrs besitzen Säugetiere, einschließlich des Menschen, eine Kammer, die mit Hilfe von Ionen ein elektrisches Potential erzeugt, um Schall in Nervenimpulse umzuwandeln. Obwohl dies bereits seit 60 Jahren bekannt ist, hat bisher noch niemand versucht, es zu nutzen.
Der neue Chip enthält winzige Elektroden mit einem geringen Leitungswiderstand, die einen kleinen Teil dieser elektrischen Aktivität nutzen können, ohne dabei die Fähigkeit zu hören zu beeinträchtigen. Bei den Versuchen werden sie durch die natürliche Öffnung in das Innenohr eines narkotisierten Meerschweinchens eingeführt und auf beiden Seiten der Zellmembrane der Hörschnecke (Cochlea) befestigt. An dem Chip ist außerdem ein Radiosender mit geringem Energieverbrauch angeschlossen.
Am Anfang benötigt das Gerät zwar eine kurze Starthilfe durch Funkwellen, ist danach aber in der Lage, mit einer Leistung von rund 1 nW den Sender fünf Stunden lang in Betrieb zu halten. Anschließende Tests ergeben zudem, daß das Tier keine Probleme beim Hören hat. Obwohl sich der Chip damit gut für einen kurzfristigen Einsatz eignet, ist noch nicht geklärt, ob der längerfristige Verbleib von Elektroden im Inneren des Ohres nicht zu Schädigungen führen kann. Auf jeden Fall sollen die Elektroden in einem nächsten Schritt weiter verkleinert werden, um den Chip direkt ins Ohr implantieren zu können.
Stankovic betont, daß mit der Studie bewiesen sei, daß biologische Energiequellen existieren, die bis heute noch nicht wirklich erforscht sind.
Etwas schwerer ernst zu nehmen ist das Konzept Energy
Belt der
holländischen Designerin Emmy van Roosmalen – ein
innovativer Energie-Gürtel, der Körperfett verbrennt und dabei Energie
für das Smartphone oder Tablet erzeugt.
Der Entwurf wird erstmals auf der Dutch Design Week im Dezember 2012 ausgestellt und anschließend in den Blogs gezeigt. Er ist Teil einer seit 2010 in den Niederlanden herumreisenden Wanderausstellung von Next Nature namens ,The Nano Supermarkt’, die spekulative Produkte präsentiert, welche in den nächsten zehn Jahren in die Regale kommen könnten. Die Funktionsweise des Energy Belt ist zudem nicht einmal unrealistisch.
Künstliche Protozellen (o. Protobionten) in dem Gürtel sollen nämlich das natürliche braune Fettgewebe quasi aus der Haut saugen und in Adenosintriphosphat (ATP) umwandeln – welches dann als chemische Energie verwendet werden kann, um Strom zu erzeugen. Um die Energiegewinnung anzuzeigen, sind am vorderen Teil des Gürtels LEDs installiert. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob sich das Konzept tatsächlich umsetzen läßt, bislang ist darüber jedenfalls noch nichts zu hören.
Weiter mit den Feldern und Wellen...