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Andere elektrische Fahrzeuge

Innerstädtische Seilbahnen (IV)


Ebenfalls 2006 geht nach dreijähriger Bauzeit die zweite seilgezogene U-Bahn im europäischen Teil Istanbuls in Betrieb, die Füniküler Kabatas-Taksim (F1), welche die am Bosporus gelegene Talstation Kabataş mit der Bergstation am Taksim-Platz im Stadtteil Beyoğlu verbindet. Die Streckenlänge beträgt 558,5 m, der Höhenunterschied knapp 75 m, und der Zug kann 375 Passagiere befördern. Das Standseilbahnsystem stammt von Garaventa, Betreiber ist die städtische Istanbuler Nahverkehrsgesellschaft İstanbul Ulaşım.

Von dem schwedischen Designer Fredric Hyltén-Cavallius aus Stockholm stammt das 2007 veröffentlichte Konzept der solarbetriebenen Gondelbahn Taiyou – einer emissionsfreien Art des Bergtransports, die auch in entlegenen Gebieten installiert werden kann, wo kein Strom verfügbar ist. Die offene Gondel hat zwei Sitze mit Gurten und soll über weitere Sicherheitseinrichtungen verfügen.

Leider gibt es außer einigen Grafiken und dem kleinen Modell, das inzwischen auf mehreren Designausstellungen gezeigt wurde, noch keinerlei Anzeichen für eine Umsetzung.

Seilbahn in Balaken

Seilbahn in Balaken

Eine 4,3 km lange städtische Seilbahn in 5 Abschnitten mit 4 Stationen führt seit 2007 in Taipeh auf Taiwan von einem U-Bahn-Bahnhof in Maokong bis zum Eingang des Zoos, dem größten Asiens. Die von Poma errichtete Maokong Gondola wird täglich von 24.000 Fahrgästen verwendet und zeigt eine Verfügbarkeit von 99,5 %.

Im selben Jahren geht in der Türkei eine Seilbahn in Betrieb, die Ankara mit Keciören verbindet (Streckenlänge 1.653 m, Höhendifferenz 65 m). Erbaut wird sie von der 1998 gegründeten türkischen Seilbahnfirma STM Sistem Teleferik aus Kemalpasa-Izmir, die bereits eine beachtliche Referenzliste vorzuweisen hat, darunter hauptsächlich Skilifte, aber auch die Komplettüberholung des Drahtseilbahn-Systems von Bursa (s.o.). Außerdem kann STM in diesem Jahr seine erste Auslandarbeit übergeben: ein Gruppengondelbahn in Balaken, Aserbaidschan (870 m / 48 m). Später werden von STM in der Türkei noch weitere Seilbahnstrecken als Direktverbindungen errichtet

Im März 2007 eröffnet die Gondelbahn Vinpearl Cable Car in Nha Trang, Vietnam, die den Küstenort in der Provinz Khánh Hòa mit der gut 3 km entfernten Insel Hon Tre verbindet, auf der sich verschiedene große Tourismusanlagen befinden, wie das Vinpearl Resort & Spa, ein Vergnügungspark und ein Spaßbad.

Die Gondelbahn wird gebaut, da der Personentransport mit Schiffen den Andrang nicht mehr bewältigen kann – und man sich eine vom Wetter weitgehend unabhängige Verkehrsverbindung wünscht. Die von POMA errichtete 3,3 km lange Seilbahn ist längste des Landes und wohl auch die längste über ein Meer führende Seilbahn der Welt.

Sechs der neun Stützen stehen auf 50 m hohen Unterwasserfundamenten, und die Durchfahrtshöhe von 70 m ist für große Schiffe ausgelegt. Damit erreichen diese Türme, die ausgelegt sind, Erd- und Seebeben sowie Flutwellen standzuhalten, eine Höhe von 120 m über dem Meeresboden, in dem sie 6 m tief gegründet sind. Gekostet haben soll die Anlage 15 Mio. €.

Sauna-Gondel

Sauna-Gondel

Und wo anders auf der Welt sollte es wohl eine Sauna-Seilbahngondel geben, als in Finnland? Tatsächlich existiert es Ylläs, Finnlands größtem Skigebiet, seit 2007 die erste voll funktionsfähige Sauna-Gondel, die an die Tragseile einer 2.014 m langen Bahn gehängt wird, welche die längste des Landes ist und auf den höchsten Skigipfel Finnisch-Lapplands führt.

Die innen wie außen holzverkleidete Gondel mit einer Raumtemperatur zwischen 80°C und 100°C startet von der Hotel-Bergstation auf 718 m, in der ein Saunabereich untergebracht ist, der von Gruppen bis zu zwölf Personen angemietet werden kann. Für einen der ‚schwebenden’ Saunagänge, der je zwei Runden zu Tal und zurück auf den Berg umfaßt, können dann jeweils bis zu vier Personen die zwischen 19 und 21 Uhr verkehrende Saunagondel besteigen. Der Spaß hat allerdings auch seinen Preis: Zwei Stunden exklusive Nutzung von Hauptsauna und Saunagondel kosten zusammen 1.500 €.

Ab 2009 gibt es auch noch eine 8-Personen VIP-Kabine mit Ledersitzen, Bar-Service, High-Fidelity-Musik und Heizung – aber das ist gegenüber der Sauna-Gondel ja fast schon trivial.

Eine Seilbahn Constantine, welche die Altstadt von Algier mit dem Universitätskrankenhaus Benbadis und dem Stadtviertel Cité Emir Abdelkader verbindet, wird im Juni 2008 von der Entreprise du métro d’Alger eröffnet, die bereits Erfahrungen aus dem Bau und Betrieb der früheren Seilbahnen der Stadt hat (s.o.).

Die neue 1,6 km lange Seilbahn trägt als Teil des öffentlichen Personennahverkehrs zur Entlastung der chronisch verstopften Straßen in der Innenstadt bei, bietet Touristen aber auch faszinierende Ausblicke in die mehr als 100 m tiefe Schlucht des Oued Rhumel.

Seit Mitte der 1980er Jahre besitzt Haifa, Israel, eine Stella Maris Gondelseilbahn von Doppelmayr mit 6 kugelförmigen, transparenten Kabinen, die vom Ende der Bat Galim Promenade (Talstation) 400 m hoch zum Stella Maris Kloster auf dem Gipfel des Berges führt und dabei einen spektakulären Blick auf den Karmelberg und die Küste bietet. Sie ist in erster Linie eine touristische Installation, die zwar etwa 200.000 Menschen pro Jahr befördert, dennoch kein profitables Unternehmen ist.

Citymonsters in Haifa

Citymonsters in Haifa

Während des 2. Libanon-Krieges im Juli 2006 wird die Bahnanlage von einer Rakete leicht beschädigt und erst anderthalb Jahre später, im Februar 2008, wiedereröffnet. Grund ist die anfängliche Weigerung der Behörden, die Kosten für Reparatur der Schäden zu übernehmen. Später wird zumindest ein Teil kompensiert.

Im September 2009 verwandelt das Team der O*GE InteractiveGallery aus Haifa drei der Gondeln in große Augäpfel – als Teil ihres Citymonsters-Kunstprojekts.

Seit 1998 ist auch in Manara, einem Ort im äußersten Norden des Landes, der kaum 100 m von der libanesischen Grenze entfernt liegt, eine primär touristisch genutzte Gondelseilbahn in Betrieb. Von den südlichen Ausläufern von Kiryat Shemona verläuft sie über drei Stationen und eine Gesamtstrecke von 1.940 m hinauf bis zum Gipfel des Naftali und dem Kibbutz Manara, und überwindet dabei einen Höhenunterschied von 750 m. Im Einsatz sind 12 Gondeln für je 8 Personen.

Auch diese Bahn erleidet Kriegsschäden in Höhe von mehreren Millionen Schekeln, die jedoch kompensiert werden, so daß die Manara-Bahn schon im August 2006 wiedereröffnet werden kann.

Bislang erst geplant ist eine weitere 4,4 km lange Seilbahn, die als öffentliches Verkehrsmittel von der zentralen Busstation HaMifratz am Fuße des Karmelberges zum Technion und dann weiter bis zur Universität von Haifa führt. Dabei soll alle 11 Sekunden eine 8-Personen-Kabine ans Seil gehen.

Peak 2 Peak Gondola

Peak 2 Peak Gondola

Exakt genauso lang ist die im Dezember 2008 eingeweihte Peak 2 Peak Gondola Seilbahn, welche in British Columbia, Kanada, über das tiefe Tal des Fitzsimmons Creek hinweg den Whistler Mountain und den Blackcomb Peak miteinander verbindet. Für die 4,4 km Strecke benötigt eine Gondel etwa elf Minuten.

Fast unglaublich ist, daß zwischen den Seilbahnstützen auf beiden Seiten eine freie Spannweite von 3.024 m besteht, bei der die Seile erheblich durchhängen. Trotzdem befinden sich die Gondeln am tiefsten Punkt der Fahrt über das Tal noch immer 436 m über dem Fitzsimmons Creek. Diese Seilbahn hat gegenwärtig die weltweit größte Spannweite aller Luftseilbahnen und die höchste Höhe über Grund, außerdem sollen die beiden Stationen nach Angaben der Betreibergesellschaft die größten Seilbahnstationen der Welt sein. Die 3S-Bahn der Doppelmayr/Garaventa Group besitzt 28 kuppelbare Gondeln für je 28 Personen.

Auch energetisch bilden die Betreiber dieser Seilbahn eine Vorreiterrolle, denn in dem Creek wird ein eigenes Wasserkraftwerkt installiert, das ab 2010 die benötigte Betriebsenergie für die Peak 2 Peak Gondola liefern wird.

Im Jahr 2009 gehen als urbane Seilbahnen auch noch eine Gruppengondelbahn in der Türkei in Betrieb, die Pinarbasi mit Aytepe verbindet und pro Stunde 216 Personen befördert (Streckenlänge 543 m, Höhendifferenz 88 m); sowie die Cable Aéreo in Manizales, Kolumbien, welche die Unterstadt mit der Oberstadt verbindet, da sich das Stadtgebiet über einige Hügel überstreckt und am schnellsten mit einer Seilbahn zu durchqueren ist (eine zweite Linie ist bereits in Konstruktion).

Seit dem Mai 2009 in Betrieb ist die Fuldaseilbahn Beiseförth, eine manuell angetriebene Seilbahn über die Fulda, die als Bestandteil der Grundversorgung von Fußgängern und Radfahrern  kostenlos benutzt werden kann und daher auch oft als Fahrradseilbahn bezeichnet wird. Deutschlands erste per Handkraft betriebene Seilbahn für Verkehrszwecke im öffentlichen Raum, die sogar Winterpause machen darf, ist etwa 50 m lang und verbindet den Malsfelder Ortsteil Beiseförth mit dem Morschener Ortsteil Binsförth im nordhessischen Schwalm-Eder-Kreis.

Angetrieben wird das Gefährt durch zwei Handkurbeln, mit denen man ein Zahnrad an einer Kette bewegt, die den kleinen Metallkorb über den Fluß trägt. Eine durchschnittliche Überquerung dauert fünf Minuten. Im Grunde also eine Tuin-Flußquerung wie in Nepal, die allerdings den hiesigen Sicherheitsanforderungen entspricht. Geplant und gebaut wurde die Bahn vom Ingenieurbüro Intium in Melsungen zusammen mit den Firmen Reisch aus Österreich und Metallbau-Schmidt aus Malsfeld. Mehr darüber findet sich im Kapitel Muskelkraft.


Eigentlich habe ich Skilifte aus dieser Übersicht je herausgelassen, es muß jedoch einige Ausnahmen geben, die in Verbindung mit der Nutzung Erneuerbarer Energie stehen.

In der SkiWelt Wilder Kaiser-Brixental in Österreich wird 2009 mit dem 860 m langen Sonnenlift der weltweit erste Verbindungs-Schlepplift installiert, der seinen Strom von einer Photovoltaik-Anlage bezieht. Selbst bei schlechtem Wetter liefert diese genug Energie, um den Seilzug-Kleinskilift mit einer Kapazität von rund 900 Personen pro Stunde reibungslos zu betreiben, der einen Höhenunterschied von 250 m überwindet. Installiert ist die rund 60.000 € teure PV-Anlage mit einer 113 m3 großen Kollektorfläche auf der neuen Talstation der SkiWelt-Bahn. Da die Anlage rund 12.000 kWh pro Jahr erwirtschaftet, der Lift während des Winters aber nur rund 9.000 kWh benötigt, kann sogar ein kleiner Überschuß in das Stromnetz eingespeist werden.

Andere ‚grüne’ Skilifte sind z.B. der Ranfoilly Express im französischen Les Gets, wo die Diesel-Generatoren durch eine Photovoltaik-Anlage ersetzt worden sind. Der Les Planeys Sessellift in diesem Ressort verfügt außerdem über ein System zur Energierückgewinnung aus der Drehung der Umlenkrollen auf den Pylonen. Der Cirque Lift inAspen, Colorado, wird wiederum durch Windstrom betrieben, der aus der Ponnequin Windfarm im Norden des Bundesstaates stammt. Ebenfalls in Colorado verwendet der Sunshine Express in Steamboat eine Kombination aus Solar- und Windenergie. Die Gletscherbahnen Kaprun, wie mehrere Seilbahnen in der österreichischen Gemeinde Kaprun genannt werden, die alle auf das Kitzsteinhorn führen, sollen mit regenerativer Energie aus dem Wasserkraftwerk Kaprun gespeist werden. Darüber hinaus setzt die Liftgesellschaft PV-Paneele auf Hubstationen, um noch mehr Strom zu erzeugen, und nutzt die Abwärme der Liftmotoren, um die Gebäude auf dem Berg zu beheizen.

Die Cairngorm Mountain Railway ist eine 2001 eröffnete 2 km lange Doppelmayr-Standseilbahn im Cairngorms National Park in der Nähe von Aviemore in Schottland, Großbritannien, die einen dort seit 1961 bestehenden Sessellift ersetzt. Auf 1.970 m Länge bewältigt die Bahn einen Höhenunterschied von 462 m. Im Winter ist die Bahn Teil des Skigebiets, im Sommer dient sie Wanderern und Touristen. Diese Standseilbahn erzeugt selbst Energie, denn wenn ein voller Wagen hinunter und ein leerer hinauffährt, wird die kinetische Energie genutzt und die gewonnene Leistung wieder ins Netz eingespeist. Im Dezember 2002 erfolgt die Inbetriebnahme der Kriegerhornbahn in Lech am Arlberg, ein Skilift in Österreich, bei dem 150 m² transparente Solarzellen von Sunway mit einer Gesamtleistung von 9,45 kW zum Einsatz kommen. Und der Piz Nair cable car in St. Moritz, Schweiz, der 2003 für die Alpine Ski-WM umgebaut wird, bekommt an der Bergstation ein Solarenergie-System und eine Windkraftanlage.

Eine 105 m hohe 1,5 MW Windkraftanlage für rund 2,1 Mio. € an der Wetterstation im Skigebiet Salzstiegl in der Steiermark liefert Energie für fünf Skilifte, das Hotel Moasterhaus und die umgebenden Almhütten. Eine Anlage mit gleicher Leistung liefert auch in Jiminy Peak, Massachusetts, pro Jahr rund 4,6 Mio. kWh Strom, womit ein Drittel des Jahresenergiebedarfs gedeckt wird. Kleinwindanlagen mit so genannten H-Rotoren werden 2010 im Schweizer Skigebiet Sattel-Hochstuckli installiert. Und am Nebelhorn bei Oberstdorf wird zwischen Februar und November Wasser aus dem Faltenbach durch das Hauptrohr der Beschneiungsanlage zu einem kleinen Turbinenhaus geführt, um insgesamt 700.000 kWh Strom zu erzeugen – was ausreicht, um die Hauptbahn von Oberstdorf auf den Nebelhorngipfel zu betreiben.

In der Presse groß als ‚weltweit erster’ solarbetriebener Skilift verkündet, sollte ein solcher im Dezember 2010 in Tenna in Betrieb gehen, einem kleinen Walser Bergdorf im Safiental in der Schweiz. Dies verzögert sich zwar um ein ganzes Jahr, doch dann erzeugt die 420.000 SFr Solaranlage auf dem insgesamt 1,35 Mio. SFr teuren und 450 m langen neuen Lift eine stramme Leistung von 90.000 KWh, so daß der Strombedarf von drei einzelne Lifts gedeckt wird (je 22.000 KWh), während der überschüssige Strom an einen Strom-Abnehmer verkauft werden kann.

Die 82 Solarwings mit je drei Solarpaneelen sind an Tragseilen einige Meter direkt über dem Skilift montiert, so daß kein separates Gebäude und kein Aufbau erforderlich sind. Sie sind justierbar und mit einem Ultraschallsensor ausgestattet, sodaß sie automatisch fast senkrecht hochgeklappt werden, sobald dieser zu viel Schnee auf den Panels erkennt – und der angesammelte Schnee von alleine abfällt. Aufgrund ihrer einachsigen Sonnennachführung sollen sie 21 % mehr Strom erzeugen können statische Anlagen. Bei dem System handelt es sich um eine Entwicklung der ebenfalls schweizerischen Firma Flumroc AG aus Flums.


Im Jahr 2009 erscheint in den Fachblogs das Konzept Eurasian Gondolas (Eurasische Gondeln) des Designers Matthias Pázmándy aus Wien, der gemeinsam mit seinen Partnern bis 2045 ein von 28.000 Pylonen angehobenes Seilbahn-Verkehrsnetz mit einer Länge von 12.000 km aufbauen möchte, auf dem große 2.400 Gondeln unterwegs sind.

Eurasian Gondolas Montage

Eurasian Gondolas
(Montage)

In diesem Netz soll man die Gesamtstrecke von Wien nach Tokio in 12 Tagen mit dem Komfort eines luxuriösen Zimmers zurücklegen können. Die geräumigen Gondeln sollen mit einer Aussichtsplattform sowie mit einem PV-Dach ausgestattet sein, andere ein voll funktionsfähiges Cineplex oder ein Sieben-Sterne-Restaurant enthalten. Die getönten 360-Grad-Panorama-Fenster der Einzelkabinen ermöglichen es, eine perfekte Sicht zu genießen, und bieten zugleich ausreichend Privatsphäre.

Die fünf wichtigsten Stationen liegen in den Städten Istanbul, Dubai, Mumbai, Bangkok und Shanghai, ansonsten kann man bei 24 Zwischenstopps alle 300 – 400 km in Gondeln in andere Richtungen umsteigen. In den jüngeren Designs sind die einzelnen Seilbahnstützen zu großen Masten mit Windkraftanlagen ausgebaut, welche den Betriebsstrom für das Seilbahnnetz liefern sollen ... auch keine schlechte Idee, wenn die Statiker mitspielen.

Ebenfalls im Jahr 2009 gründet der Verkehrsplaner Steven Dale die Fachseite The Gondola Project, um den Menschen zu helfen, ihr Wissen über die Welt der kabelangetrieben Transitsysteme (Cable Propelled Transit, CPT) zu erweitern und eine höhere Akzeptanz dieser Technologie in der städtischen Umwelt zu erreichen.

Die Berliner Presse berichtet Ende 2009 über den Plan des Chefs der Projektentwicklungsgesellschaft Prohacon und des Vorstands der AG City West, eine 3 km lange Seilbahn vom Zoo bis zum Potsdamer Platz, der neuen Mitte Berlins, zu bauen. Berechnungen zufolge soll sich das auf 15 - 18 Mio. € geschätzte Projekt bei einer auf mindestens 15 Jahre befristeten Betriebserlaubnis und bis zu 2.000 Passagieren pro Stunde und Richtung sogar wirtschaftlich lohnen. Die Seilkonstruktion an zehn bis elf Stelen soll aus bis zu 35 m Höhe einen phantastischen Blick über den Tiergarten ermöglichen – den Berlinern zugleich aber auch ein schnelles und komfortables Verkehrsmittel zwischen den Stadtzentren bieten. Geplant sind Kabinen für acht Passagiere. Obwohl private Investoren bereit stehen, verhindert die Kleinkariertheit der Stadtleitung (deren Vorstellungskraft sich auf ein Riesenrad am Zoo beschränkt) das innovative und kühne urbane Seilbahnprojekt. Was aber wahrlich nicht Neues ist...

Seilbahn in Berlin (1957)

Seilbahn in Berlin (1957)

Bereits Mitte der 1990er Jahre scheiterte das ähnlich ambitioniertes Projekt, eine 60 m hohe Gondelbahn vom Leipziger Platz zum Spreebogen zu führen, mit freiem Blick auf das entstehende Regierungsviertel. Der damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl sah jedoch ‚die Würde des Bundestags gefährdet’ und verhinderte den Bau.

Dabei gab es sogar schon einmal eine Seilbahn am Tiergarten – vor mehr als 50 Jahren: Zur Internationalen Bauausstellung 1957 (Interbau) wird im heutigen Hansaviertel im Mai eine Seilbahn eröffnet, was noch nicht einmal die Goldelse auf der Siegessäule gestört hat. Auf der 1,4 km langen Strecke in Form einer 8 schweben 95 Gondeln zwischen dem Bahnhof Zoo und dem Schloß Bellevue. Die Rundfahrt für einen Erwachsenen kostet 1,50 Westmark. Im September 1958 endet der Betrieb, und das Allgäuer Bergbahnunternehmen, das die Anlage errichtet hatte, baut sie wieder ab. Wesentlich länger lebte in Berlin ein Skilift auf dem nach dem Krieg entstandenen 110 m hohen Trümmerhügel ‚Teufelsberg’, für den der Teufelsberghang ab 1963 sogar mit Schneekanonen Wintersport-tauglich gemacht wurde. Allerdings störten die Metallträger des Skiliftes die Aktivitäten der amerikanischen Abhörstation auf dem Gipfel, und im Jahr 1972 wurde der Skilift wieder abgebaut.


Im Oktober 2010 wird eine Seilbahn zum Kloster Tatev im Südosten Armeniens eröffnet, die als öffentliches Verkehrsmittel für die Bewohner der umliegenden Bergdörfer einmal pro Tag kostenlos benutzbar ist. Damit haben sie erstmals eine schnelle und sichere Verbindung ins Tal, vor allem im schneereichen Winter. Ansonsten soll die Seilbahn Pilgern das Erreichen des Klosters rund ums Jahr erleichtern.

Mehr als die Hälfte der Baukosten der Wings of Tatev in Höhe von rund 13 Mio. € stammen von dem in Armenien geborenen russischen Unternehmer Ruben Wardanjan, der mit dieser Seilbahn zur Entwicklung dieses Teils von Armenien beitragen will.

Die 5,75 km lange Seilbahn von Doppelmayr/Garaventa, die auch als Fremdenverkehrsattraktion zählt, gilt zu diesem Zeitpunkt als die längste Pendelbahn der Welt.

Sie verbindet das Dorf Halidsor über zwei Bergkuppen und die 2,7 km breite und rund 500 m tiefe Worotan-Schlucht hinweg mit dem Kloster und Dorf Tatev. Die Bahn besitzt zwei Kabinen für je 25 Personen plus Kabinenbegleiter. Fortbewegen tun sich die Kabinen mit 36 km/h.

Das Design einer absolut minimalistischen innerstädtischen Seilbahn namens Kolelinio wird erstmals auf der TEDx Konferenz in Thessaloniki 2010 vorgestellt. Die Vision des bulgarischen Architekten Martin Angelov aus Sofia und seiner Firma Kolelinio umfaßt ein über die Stadt ausgespanntes Netzwerk von Kabeln, an denen sich die Benutzer mittels batteriebetriebener Rucksäcke fortbewegen.

Kolelinio Montage

Kolelinio (Montage)

Angelov hatte mit einem Vorläufer, der Designstudie einer Hochseilbahn für Fahrräder namens Kolelinia, bereits im Vorjahr den internationalen Architekturwettbewerb Line of Site, in der Kategorie City Transportation Interchange gewonnen. Das System, mit dem z.B. touristische Biketrails geschaffen werden können, die über Ruinen oder nah an berühmten Bauwerken vorbei führen, ist ein sicheres Transportsystem mit einer Laufschiene, in der die Reifen geführt rollen, und einem Sicherungshaken für den Lenker. Eine zusätzliche Sicherungsweste soll den Fahrer auf dem Rad halten, auch wenn er die Balance verliert.

Der Fußgängerlift Kolelinio geht einen guten Schritt weiter, da er das effiziente städtische Transportsystem für jedermann zugänglich macht, also auch für Menschen, die nicht unbedingt ‚seilfahren’ möchten oder können. Bei dieser innovativen Lösung für autofreie Innenstadtzonen, die nicht nur schnell und einfach umsetzbar wäre, sondern mit der bestimmte Stadtbereiche durch eine in der Höhe variierende Streckenführung regelrecht überflogen werden können, hat jede Person ihren eigenen Rucksack, der aus einem Geschirr, einer Akku-Tasche, und einem kleinen Motor besteht, dessen Rillenrad auf dem Draht läuft. Das Kolelinio-Projekt läuft unter einer Creative Commons Lizenz (cc).


Im Jahr 2011 gehen gleich mehrere neue urbane Seilbahnen in Betrieb, die oftmals auch touristisch Sinn machen. In der tschechischen Stadt Ústí nad Labem, etwa auf halber Strecke zwischen Dresden und Prag, fährt eine etwa 350 m lange Seilbahn mit zwei ringsrum verglasten Kabinengondeln für bis zu 15 Personen von einem Einkaufszentrum zum Schloß Vetruse (Ferdinandshöhe). Für die Floriade des kommenden Jahres wird in der niederländischen Stadt Venlo eine Seilbahn errichtet, die auf einer Strecke von 1,1 km in einer Höhe von 30 m über das Gelände führt. In Santiago de Cali, der drittgrößten Stadt Kolumbiens, wird eine 2 km lange Kabinenbahn eröffnet, die pro Stunde 3.000 Personen befördern kann und verkehrstechnisch direkt an das Liniennetz ‚Miocali’ angebunden ist. Auch in Rio de Janeiro, Brasilien, wird eine fast 4 km lange Stadtseilbahn in Betrieb genommen, ebenfalls mit einer Transportkapazität von 3.000 Passagieren pro Stunde und Richtung, welche die Isolierung von sechs Vororten in den Hügeln oberhalb von Rio beendet (Complexo do Alemão), indem sie diese an den intermodalen Bahnhof Bonsucesso anschließt, der Teil des städtischen S-Bahn-Netzes ist. Die Bahn hat 6 Stationen und 152 Stück 10-Personen-Kabinen, die eine Geschwindigkeit von 18 km/h erreichen. Möglicherweise hat die Seilbahn auch Einfluß auf die Entscheidung, die Olympischen Spiele 2016 an Rio de Janeiro zu vergeben. In Küstenstadt Ordu, Türkei, verbindet eine über 2 km lange Seilbahn das Stadtzentrum mit dem 300 m hoch liegenden Stadtteil und Ausflugsberg Boztepe. Sie wird sowohl von der Bevölkerung als städtisches Nahverkehrsmittel als auch touristisch genutzt.

Weitere neue innerstädtische Seilbahnen gibt es in Caracas, Venezuela, wo die ins Öffentliche Nahverkehrsnetz integrierte, mit fünf Stationen versehene und insgesamt 2,1 km lange Metrocable (o. Cabletren Bolivariano) die Stadtviertel in den bergigen Gegenden an die Metro anbindet und 1.200 Passagieren pro Stunde und Richtung befördert (gefolgt von einer weiteren, 4,8 km langen Linie im Jahr 2012). Die Stationen sollen dem verantwortlichen Planungsbüro Urban Think Tank zufolge noch mit PV-Paneelen auf dem Dach und anderen ‚grünen Technologien’ ausgestattet werden. In der chinesischen Stadt Chongqing gehen zwei Pendelbahnen in Betrieb, die über den Jangtsekiang bzw. den Jialing führen (in dieser Stadt gibt es übrigens auch einen Schrägaufzug und eine Standseilbahn).


Wolga-Seilbahn Nischni Nowgorod

Wolga-Seilbahn
Nischni Nowgorod

Im Februar 2012 eröffnet die 3.661 m lange Wolga-Seilbahn Nischni Nowgorod, die Nischni Nowgorod mit dem auf der anderen Seite der Wolga liegenden Vorort Bor verbindet und die erste Luftseilbahn Rußlands im Öffentlichen Personennahverkehr ist.

Die Doppelmayr/Graventa-Gruppe aus Österreich und der Schweiz sichert sich im September 2012 den Auftrag für die längste Stadtseilbahn der Welt: Die geplante Verbindung zwischen den bolivianischen Regierungssitz Laz Paz und der ehemaligen Vorstadt El Alto, die mittlerweile selbst zu einer Großstadt geworden ist, ist insgesamt 10,7 km lang, wird aus drei Etappen bestehen und soll 11 Stationen bekommen. Nach Fertigstellung werden die drei Seilbahnen zwischen den beiden Städten, auf denen Kabinen für je zehn Personen verkehren, das größte urbane Seilbahnnetz der Welt bilden. Nach Angaben des bolivianischen Ministeriums für öffentliche Arbeiten soll das Projekt insgesamt knapp 235 Mio. $ kosten und 2014 in Betrieb gehen. Dafür ist die Transportkapazität von 9.000 Personen pro Stunde und Richtung allerdings nicht besonders hoch.

Ende 2012 legen Michael McDaniel und seine Industrie-Designer von Frog Design in Austin, Texas, Pläne für ein urbanes Seilbahnnetz für ihre Stadt vor, in der gerade darüber diskutiert wird, eine gut 5 Meilen lange Stadtbahn zu einem Preis von 550 Mio. $ zu installieren. Im Gegensatz zu diesem Preis von rund 100 Mio. $ pro Meile würde die luftige Alternative nur 12 Mio. $ pro Meile kosten. Bei einer Pressekonferenz spricht McDaniel sogar von läppischen 3 Mio. $ pro Meile und zeigt Grafiken, auf denen die Gondeln direkt durch die oberen Etagen von Geschäftshäusern cruisen.

Suntram Grafik

Suntram (Grafik)

Als im Jahr 2013 die Organisation Ultra Light Startups zum ersten Mal Projekte unter dem Titel Future Energy bekannt macht – und zwar auf dem ARPA-E Treffen im Februar in Washington, D.C. – ist auch der Entwurf Suntram von Richard Morris unter den acht vorgestellten Unternehmen mit dabei.

Bei dem Konzept handelt es sich um eine elektrische Hochgeschwindigkeits-Straßenbahn, die mit Radnabenmotoren an einem Kabel entlang fährt – mit bis zu 160 km/h. Die Technologie sei besonders für Städte und Berggebiete geeignet und soll nur 1/10 der Kosten von straßen- oder schienenbasierten Systemen machen. Die Grafik des Hängezuges, der wie ein Flugzeug mit gestutzten Flügeln aussieht, wirft einige Fragen auf, die in dem nur sehr kurzen Projektvorschlag nicht beantwortet werden. Morris scheint auf jeden fall keinen Erfolg zu haben, denn inzwischen ist auch die entsprechende Projektseite vom Netz.

In diesem Jahr taucht auf den Seiten der Seilbahnfans auch Berlin ein weiteres mal auf, als nämlich bekannt wird, daß der Berliner Tierpark von einer Safari-Seilbahn träumt, die über das große Gelände in Friedrichsfelde führen soll (das fast gegenüber meines gegenwärtigen Wohnorts liegt). Die Betreiber des Tierparks hoffen, damit mehr Besucher anlocken zu können, wenn man nicht alles zu Fuß abmarschieren muß, sondern über eine Strecke von bis zu 2 km auch mit 1,5 – 3 m/s über die Erlebnislandschaft schweben kann.

Eine ähnliche, im Jahre 2011 runderneuerte Luftseilbahn fährt seit 1967 übrigens durch den Tierpark von Kolmården in der schwedischen Gemeinde Norrköping. Die neue Seilbahn hat eine Länge von 2,64 km und ist mit 78 käfigartig vergitterten Gondeln für je acht Personen ausgestattet, da die Strecke auch direkt über die Freigehege von Raubtieren führt.

 

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