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Zunehmend mehr Interesse wird der Druckluft auch im Verkehrs- und
Transportwesen entgegengebracht. Und auch hier reicht die Geschichte
weit zurück. Der französische Physiker und Mathematiker Denis
Papin schlägt bereits 1687 der Société
Royale in London den Einsatz von Druckluft vor, um
Energie von einem Ort zum anderen zu transportieren. Im Jahr 1700 nutzt
er eine Windmühle, um Flüssigkeit zu komprimieren, die dann durch Rohre
transportiert wird – was als Beginn der pneumatischen Kraftübertragung
betrachtet werden kann.
Als Grundlage dieser Entwicklung kann der Einsatz von Kolbenpumpen zum Pumpen von Luft betrachtet werden, der erstmals 1649 von dem deutschen Physiker, Politiker und Jurist Otto von Guericke erfolgreich praktiziert wird und ihm als Kolbenvakuumluftpumpe bei der Herstellung eines technischen Vakuums dient (Magdeburger Halbkugeln).
Es dauert danach aber einhundertfünfzig Jahre, bis sich der englische Maschinenbauingenieur und Erfinder George Medhurst im Jahr 1799 den Plan für eine ‚kondensierende Windmaschine‘ patentieren läßt, die für alle Zwecke eingesetzt werden kann, bei denen sonst Dampf, Wasser, Wind oder Pferde verwendet werden. Wobei kondensiert hier komprimiert und nicht verflüssigt bedeutet. Sein Patent hat eine neue Methode zum Antrieb von Kutschen aller Art mittels eines verbesserten Äolischen Motors zum Inhalt (GB-Nr. 2431, erteilt 1800). Dazu mehr im Kapitelteil Atmosphärische Eisenbahnen.
Medhurst plant ein allgemeines System von Kutschen und Postkutschen in ganz England mit einem Netz von Luftkompressionsstationen, von denen die meisten durch Windmühlen angetrieben werden. Er beschreibt auch Kompressoren und Motoren mit variabler Leistung, sowie einen Rotationsmotor, der direkt an den Hinterachsen leichter Fahrzeuge befestigt werden sollte. Er versucht, ein Unternehmen mit einem Kapital von 50.000 £ zu gründen, um dieses Projekt zu verwirklichen, aber das Vorhaben scheint gescheitert zu sein.
Als Antriebsquelle bei diesem und den meisten nachfolgenden Ansätzen dient ein Gasexpansionsmotor, der mit einem komprimiertem Gas betrieben wird, welches dabei entspannt (expandiert). Häufig wird hierfür die Bauart eines Hubkolbenmotors verwendet, bei dem das Gas einen oder mehrere Kolben antreibt, die wiederum mit einer Kurbelwelle verbunden sind. Wenn das Arbeitsgas Druckluft ist, spricht man von einem Druckluftmotor (auch: Preßluftmotor, Luftmotor oder pneumatischer Motor).
Im Prinzip läßt sich der Gasexpansionsmotor, der am häufigsten mit Druckluft betrieben handgeführte Werkzeuge antreibt, oder im Form einer Freikolbenmaschine als Pumpe arbeitet, auch als Fahrzeugantriebsquelle nutzen, nur ist die in Druckbehältern mitzuführende Energiemenge relativ klein und der Gesamtwirkungsgrad ziemlich gering, daß der Einsatz lange Zeit nicht wirtschaftlich ist.
Es wird angenommen, daß die schottischen Ingenieure und Erfinder William
Murdoch (auch: Murdock) und David Gordon um 1819 einige
Experimente mit Druckluftwagen durchführten, die eher für den Straßen-
als für den Schienenverkehr bestimmt waren, aber über die Ergebnisse
ist nichts bekannt. Murdoch führt nachweislich eine Reihe von Experimenten
mit Druckluft durch und entwickelt das erste pneumatische Nachrichtensystem,
das später als Rohrpost bekannt wird. Bereits 1817,
als er in ein großes neues Haus zog, das er außerhalb von Birmingham
gebaut hatte, installierte er eine mit Druckluft betriebene Türklingel.
Gordon wiederum, der sich vor allem mit der Entwicklung von Gaslampen und Dampfwagen befaßt, versucht um 1821 ein Unternehmen für Postkutschen zu gründen, die von einem Hochdruckmotor, einem Gasvakuummotor oder einem pneumatischen Motor angetrieben werden, der von einem ‚tragbaren Gas‘ versorgt werden, wie er es nennt.
Im Jahr 1822 ist es dann der promovierte Mediziner, Oberstbergrat und Maschinendirektor Josef von Baader aus München, der in seinem Werk Neues System der fortschaffenden Mechanik u.a. eine Druckluftlokomotive vorschlägt. Der Englandkenner sorgt für so manchen technologischen Transfer von den britischen Inseln auf den Kontinent, wovon langfristig am bedeutsamsten sein Engagement für den Bau von Eisenbahnen ist. Sein erster Patentantrag für die von ihm weiterentwickelten ‚eisernen Kunststraßen‘ erfolgt im Jahr 1815.
Die Lokomotive soll 1833 von der Firma Henschel & Sohn in Kassel umgesetzt worden sein, ohne daß sich bislang Belege dafür finden ließen. Als alternative Antriebsenergie beschäftigt sich von Baader auch mit der menschlichen Muskelkraft, für die er Anwendungsmöglichkeiten nicht nur auf der Schiene, sondern auch auf dem Wasser (Tretboot) und auf der Straße (Laufrad) ersinnt.
William Mann aus Brixton wendet sich 1827 dem
Thema zu, erhält 1828 ein Patent und veröffentlicht
1830 eine Broschüre mit dem Titel A Description of a New Method
of Propelling Locomotive Machines, and of Communicating Power and Motion
to All Other Kinds of Machinery, in der er sich ausführlich zur
Nutzung der Druckluft äußert. Er befürwortet die stufenweise Verdichtung,
die heute als wesentlich für die effiziente Erzeugung von Luft mit
hohem Druck anerkannt ist.
Außerdem schlägt er die Errichtung von Kraftwerken entlang der Hauptverkehrsstraßen in Abständen von 15 – 20 Meilen vor – oder die Installation einer durchgehenden Rohrleitung mit Druckluft-Kraftwerken in den Kohlerevieren. Die genannte Broschüre ist übrigens 2010 als Taschenbuch in Form eine Reproduktion neu veröffentlicht worden.
1828 meldet Charles Carpenter Bompas in
England das Patent für eine Druckluft-Lokomotive an, wobei auch hier
nicht klar ist, ob diese damals tatsächlich konstruiert wurde oder
nicht.
Sicher ist hingegen, daß Antoine Andraud und der Chemiker Cyprien
Marie Tessié du Motay aus Paris im Jahr 1838 in
der Kutschenfabrik Chaillot ein Schienenfahrzeug konstruieren, das
acht Passagieren Platz bietet, sich mittels Druckluft fortbewegt und
das sie ab dem Juli 1840 bei Probefahrten zwischen
Paris und Versailles öffentlich vorstellen. Der Speicherdruck beträgt
17 atm (Atmosphären), was 250 psi (pounds per square inch, Pfund pro
Quadratzoll) entspricht, während der Motordruck drei atm (44 psi) beträgt,
was die Verwendung eines Druckminderungsventils impliziert. 1841 folgt
ein Patent.
Beschrieben werden die Arbeiten in dem 1846 in Weimar erschienenen Buch von Andraud, Die comprimirte Luft als universelle Triebkraft und unentgeltliches Ersatzmittel der Dampfkraft, in dem sich eine wahre Fülle an innovativen Ideen findet – bis hin zur Nutzung der Solarenergie mittels Parabolspiegeln.
Das vorgestellte Versuchsfahrzeug verfügt über eine ‚Hitzkasten‘ genannte Vorrichtung für die Erwärmung der Luft beim Druckminderer, so daß die beim Entspannen der Druckluft entstehende Verdunstungskälte kein Eis in den Zylindern bilden kann. Es hat einen 500 Liter-Luftbehälter, der mit 16 atm Druckluft geladen wird, die aber auf 4 atm entspannt wird, bevor sie die Zylinder erreicht. Bei einer Versuchsfahrt mit acht Personen auf dem Wagen schafft dieser eine mittlere Geschwindigkeit von 39 km/h, kommt aber nur 1.000 m weit, bevor die Druckluft aufgebraucht ist.
Im April 1842 wendet sich du Motay mit dem Vorschlag an die französische Verwaltung für Brücken und Straßen, eine Locomotive Atmosphérique zu bauen, die auf den Eisenbahnstrecken von Lille zum Einsatz kommen soll. Im August 1844 wird auf der Strecke Paris – Lyon ein mit Druckluft betriebenes Fahrzeug vorgestellt, das aus Lokomotive und Wagon in einem besteht.
Andraud wiederum baut 1844 eine Lokomotive mit einem Gewicht von fünf Tonnen und einem einzigen genieteten Luftbehälter, der 3.000 Liter Luft bei 300 psi faßt. Der Encyclopedia Catholique von 1845 zufolge liegt das Fassungsvermögen des Tanks hingegen zwischen 8 und 10 m3, beträgt also rund dreimal so viel. Das Fahrzeug, das aus Lokomotive und Wagon in einem besteht, wird erstmals auf der Strecke des linken Ufers von Versailles getestet, wobei es 3,2 km mit einer Geschwindigkeit zwischen 27 und 32 km/h zurücklegt. Andere Quellen berichten, daß die Fahrten auf der Strecke Paris – Lyon erfolgt sind.
Im Jahr 1850 folgt eine Lokomotive für 100 atm Kesseldruck, der allerdings nicht erreicht werden kann, weil keine geeigneten Antriebsmaschinen für die Kompressoren zur Verfügung stehen und diese deshalb von Hand angetrieben werden müssen. Andrauds Buch Chemins Éoliques Ou Locomotion Par l’Air Comprimé von 1847 ist übrigens 2017 als Taschenbuch neu veröffentlicht worden.
Ebenfalls 1838 erhält ein Wiener Pfarrer namens Andorfer ein
Patent auf eine durch Preßluft angetriebene Lokomotive. Nähere Angaben
dazu ließen sich bisher nicht finden.
Aus dem Jahr 1839 ist das erste Patent für eine Druckluftlokomotive
von Arthur Parsey bekannt, die für den Einsatz im
Kohlebergbau vorgesehen ist, aber auch hier ist nicht klar, ob sie
tatsächlich gebaut wurde (GB-Nr. 8.093). Das hier abgebildete verkleinerte
Modell ist 1845 von dem schottischen Jutebaron und
Mathematiker Sir James Key Caird zur Demonstration
der Patente gegenüber den Direktoren der britischen Eisenbahngesellschaft
Great Western Railway hergestellt worden.
Parseys Lokomotive soll durch den Ausstoß von Druckluft aus den beiden großen Kupferbehältern durch die Zylinder angetrieben werden, wobei die Behälter an Pumpstationen entlang der Strecke wieder aufgeladen werden. Das System wird von der Gesellschaft in Betracht gezogen, aber letztlich doch abgelehnt. Eine Lokomotive in voller Größe wird nie gebaut – dafür ist das Modell im York Railway Museum in England gut aufbewahrt.
Im Jahr 1848 konstruiert der deutsche Baron Anthony
Bernhard von Rathlen ein Fahrzeug, das drei Tonnen wiegt und schon
bei seiner ersten Fahrt, bei der die Behälter nur teilweise mit Luft
gefüllt sind, eine Meile mit einer gleichmäßigen Geschwindigkeit
von knapp 13 km/h zurücklegt. Bei anderen Gelegenheiten befördert
es rund zwanzig Passagiere von Putney nach Wandsworth in London mit
einer Geschwindigkeit von über 19 km/h.
Die Behälter haben die Form von Röhren und ein Fassungsvermögen von 2.100 Litern; die Luft wird mit einem Druck von 50 – 60 atm gespeichert, während der Arbeitsdruck in den Motorzylindern 5 atm beträgt. Das System umfaßt spezielle Methoden zur Kühlung der Luft während der Kompression und zur Wärmezufuhr während der Arbeit.
Das endgültige Schicksal dieses Wagens ist nicht bekannt, aber der Erfinder ist noch zwanzig Jahre später mit der Erfindung von Druckluftmotoren beschäftigt.
1860 erscheint in Frankreich das Buch Paris
im 21. Jahrhundert – in welchem Jules Verne vorhersagt,
daß die Transportsysteme der Zukunft zu ihrem Betrieb Druckluft verwenden
werden.
Ebenfalls im Jahr 1860 beginnt unter der Leitung des
Marineingenieurs Charles Brun in Rochefort der Bau
des ersten französischen U-Boots, das im getauchten
Zustand nicht mehr mit Muskelkraft angetrieben wird. Der Entwurf geht
auf einen Vorschlag des französischen Kapitäns Siméon
Bourgois zurück,
der plant, die britische Seeherrschaft mit der Hilfe von U-Booten zu
brechen.
Die Plongeur ist 43 m lang, hat eine Verdrängung von 426 Tonnen und eine Besatzung von zwölf Mann. Als Antriebsmittel dient Druckluft, die in 23 Behältern mit einem Gesamtvolumen von 153 m3 bei einem Druck von 12 bar mitgeführt und in einer Kolbenmaschine mit einer Leistung von 80 PS entspannt wird. Die Druckluft wird auch genutzt, um die 53 m3 großen Ballasttanks auszublasen.
Die Jungfernfahrt findet im Oktober 1863 statt. Es zeigt sich, daß das U-Boot bei einer Geschwindigkeit von 7,5 km/h bis zu 9 km weit fahren kann. Aufgrund der geringen Reichweite ist die Plongeur aber auf die Hilfe eines dampfbetriebenen Begleitschiffes angewiesen, welches das U-Boot mit Druckluft versorgen und auch in das Operationsgebiet schleppen soll. Nach jahrelangen Tests ohne jeden Kampfeinsatz wird das U-Boot im Juni 1867 jedoch außer Dienst gestellt – und im Januar 1873 nach einem Umbau zum Wassertankschiff erneut aktiviert. Dazu wird sie mit einer 120 PS (90 kW) starken Dampfmaschine ausgestattet.
Der französische Ingenieur Louis Mékarski beginnt 1872 damit,
die Straßenbahnen der Creusot-Werke für den Druckluftbetrieb
umzubauen. Die Geschichte wird hier etwas ausführlicher erzählt, weil
es sich um die erste weitflächige Umsetzung einer Druckluft-Technologie
im urbanen Verkehr handelt.
Der erste selbstfahrende Straßenbahnwagen in Normalspur wird im Februar 1876 auf der Strecke Courbevoie-Etoile der Compagnie des tramways nord de Paris (Tramways Nord, TN) getestet – und auch auf der Pariser Weltausstellung von 1878 gezeigt: als ideales Transportmittel, das leise ist, sich ohne Rauch und Feuer fortbewegt und keine Gefahr einer Kesselexplosion beinhaltet.
In dem Wagen wird die Luft mit einem Druck von 25 atm (350 psi) in acht Behältern mit einem Durchmesser von 0,3 m oder 0,4 m gespeichert, die quer unter dem Fahrzeug angebracht sind, unterteilt in eine Haupt- und eine Reservegruppe. Die Speicherkapazität wird mit 2.640 Liter angegeben, das Gewicht bei 15°C beträgt 262 kg. Ein Zweizylindermotor treibt die Vorderachse über die damals üblichen, um 90° versetzten Kurbeln an, um ein Abwürgen im Totpunkt zu vermeiden. Die Reichweite beträgt etwa 16 km.
Ab Februar 1879 setzen die Tramways Nord Druckluftlokomotiven versuchsweise zum Ziehen der bisherigen Pferdestraßenbahnen auf der Linie E zwischen Saint Denis und Place Clichy ein, kommen aufgrund einer Reihe von Zwischenfällen, möglicherweise wegen gefrorener Bremsleitungen, aber schon bald wieder davon ab (s.u.).
Die erste Stadt, die Mékarskis Erfindung einsetzt, ist Nantes, wo im Dezember 1879 der erste reguläre Betrieb auf der Strecke zwischen Doulon und Chantenay aufgenommen wird. Daraus entwickelt sich bald ein umfangreiches Druckluft-Straßenbahnnetz.
Mékarski hatte seiner Firma Société des Moteurs à Air Comprimé bereits 1876 die Konzession dafür gesichert, als die Compagnie des tramways de Nantes (CTN) gegründet wurde, um den Betrieb zu übernehmen. Im August 1877 wird das Straßenbahnnetz mit mechanischem Antrieb für gemeinnützig erklärt und Mékarski zum technischen Leiter der Straßenbahngesellschaft ernannt.
Hier haben die Straßenbahnen zehn Stahlspeicher zwischen den Rahmen und werden mit 30 atm aufgeladen, die am Motor auf 4 – 6 atm reduziert werden, was dem Pariser Motor sehr ähnlich ist. Im Laufe der Folgejahre werden noch weitere Orte an das Straßenbahnnetz angeschlossen, sobald auch dort die benötigten Druckluft-Nachfüllstationen aufgebaut sind.
In Paris nimmt die erste nach dem System Mékarski betriebene Straßenbahn ihren regelmäßigen Betrieb im September 1894 auf. Zunächst werden 21 Doppelstock-Wagen eingesetzt, doch schon bald werden neun Pariser Linien der Compagnie Générale Des Omnibus (CGO) mit über hundert Mékarski-Straßenbahnen ausgestattet.
Ebenso geschieht es dann in Vichy (1895), Aix-les-Bains (1896), La Rochelle (1899) und Saint-Quentin sowie La Rochelle (1901) und anderswo. Die Technologie hat allerdings auch zwei entscheidende Nachteile: Erstens reicht die gespeicherte Energie manchmal nicht aus, um die Tram wieder zur Auffüllstation zurückzubringen, und zweitens zeigen die Preßluftschläuche die Tendenz, ab und zu mit einem großen Knall zu platzen und die Passagiere gewaltig zu erschrecken.
Nach Großbritannien wird das Mékarski-Konzept von Sir Frederick
Bramwell gebracht, der die British Mékarski improved
Air Engine Co. Ltd. gründet, um Mékarskis Patente zu nutzen.
Bei der Wantage Tramway Co. werden 1880 zwei
Druckluftstraßenbahnen drei Monate lang erprobt, sind aber kein Erfolg,
weil die Kompressoranlage mehr als viermal so viel Kohle verbraucht
wie eine Dampflokomotive. Außerdem stoßen die beiden Wagen kurz vor
Ende der Testzeit zusammen.
Zusammen mit H. G. Harris entwirft Bramwell später einen Wagen mit 38 Sitzen und einer offenen Doppelstockkarosserie, der höher auf den Drehgestellen liegt. Die Luft wird in neun Zylindern gespeichert, die in Längsrichtung unter dem Boden angebracht sind, sechs große Hauptbehälter an den Enden und drei kleinere zwischen den Achsen. Zudem besitzt der Wagen zwei Bouillottes, eine an jedem Ende.
Die Luftversorgung erfolgt mit 30 atm aus einer Kompressoranlage und Vorratsbehältern der London Street Tramway Co. am Ende der Caledonian Road in der Holloway Road, wo die Versuche stattfinden, nachdem die Straßenbahn im Februar 1883 fertig ist. Der unbeladen 6,5 Tonnen und beladen etwa 9 Tonnen schwere Wagen kann mit einer Luftladung etwa 16 km zurücklegen. Im Mai wird eine dreimonatige Lizenz erteilt, die im August für weitere drei Monate und im November erneut für ein Jahr verlängert wird.
Im August 1887 wird die Inspektion der zwischenzeitlich gebauten neuen Wagen beantragt, und nach einer Inspektion im Februar 1888 wird eine sechsmonatige Genehmigung für bis zu sechs Wagen erteilt, doch nach diesem Zeitraum wird der Betrieb aufgrund des hohen bürokratischen Aufwandes der Betriebsgenehmigungen nicht weitergeführt.
Die Tramways of Saint-Maur (TSM) wiederum betreiben
folgende Strecken mit Mékarski-Wagen: Charenton – La Varenne (ab 1894),
Saint-Maur – Joinville (1895), Joinville – Champigny
(1898). Für die letztgenannte Linie werden 1898 vier
kleine einstöckige Wagen mit dem Niederdrucksystem von Popp-Conti erprobt.
Die Leistung dieser Wagen ist, wie bei allen Niederdruckwagen, äußerst
schlecht, weshalb sie schon 1900 ausgemustert und
durch Mékarski-Ersatzwagen der anderen Linien ersetzt werden.
Das auf den Entwürfen von Victor Popp und James Conti basierende Niederdrucksystem war erstmals 1894 auf einer Teststrecke auf den Champs de Mars vorgeführt und anschließend für kurze Zeit von den TSM eingesetzt worden. Popp versorgt bereits Industrien in Paris mit Druckluft über ein Netz von Leitungen, so daß das neue System eine natürliche Erweiterung seines Unternehmens darstellt.
Im Jahr 1895 werden in St. Quentin nochmals Versuche mit dem Popp-Conti-Niederdrucksystem bei 15 – 20 atm durchgeführt. Doch auch hier scheitern die Versuche – und es werden eine Anzahl von Mékarski-Wagen angeschafft, um ein Netz von vier Normalspurstrecken von einem zentralen Depot und einer Ladestation am Gare du Nord aus zu betreiben.
Zwischen 1890 und 1902 sind
auch in Bern in der Schweiz Drucklufttrams
im Einsatz. Die zehn Triebwagen vom System Mékarski, hergestellt in
der Maschinenfabrik Bern, werden vor ihrer Fahrt über eine 3,1 km lange
Strecke im alten Tramdepot beim Bärengraben mit Druckluft versorgt,
die aus einer mit Wasserkraft der Aare betriebenen Kompressorenanlage
stammt, um dann über den Bahnhof Bern zum Friedhof zu fahren.
Da das Tanken recht lange dauert, gibt es vier Füllanschlüsse, die von zwei bis drei Wagen gleichzeitig genutzt werden können. Der Betriebsdruck liegt bei 480 psi, die Geschwindigkeit bei 15 km/h, und pro Fahrt werden etwa 2.100 Liter Druckluft verbraucht. Es ist ein Vorteil, daß die Wagen auf der Rückfahrt nur bergab fahren müssen, so daß sie, wenn ihnen die Luft ausgeht, immer noch die Möglichkeit haben, die Füllstation zu erreichen.
Das Druckluftwagendepot am Bärengraben existiert noch immer. Es wird als Garage genutzt, zwischen 1971 und 1982 als Theaterlager, und im Jahr 1998 zu einer Bar und einem Restaurant umgebaut.
Zwischen 1898 und 1900 werden in
Frankreich 32 weitere Straßenbahnen angeschafft, die mit einem Druckluftspeicher
von 60 atm (840 psi) leistungsstärker sind als die erste Serie,
und die mit beiden Achsen angetrieben werden, um die Haftung zu verbessern.
Es kommt aber auch zu einer Reihe von Unfällen, die möglicherweise verursacht durch Vereisung der Bremsleitungen, die ebenfalls mit Druckluft betrieben werden. Eine Lösung ist die Verwendung der Bouillotte (etwa: Wärmetopf), einem vertikalen Zylinder auf der vorderen Plattform mit einem Durchmesser von 0,35 m und einer Höhe von ca. 1,5 m. Er ist zu 3/4 mit Wasser gefüllt, das eine Temperatur von 160 – 180°C und einen Druck von etwa 7 atm hat. Dies erwärmt die Luft und sättigte sie mit Wasserdampf.
Da das Wasser in der Bouillotte schnell abkühlt, wird es wieder erwärmt, indem Dampf hindurch geblasen wird, wenn die Straßenbahn anhält, um die Luftbehälter aufzufüllen. Ein C. Bonnefond (?) führt später eine interne Koksfeuerkammer ein, um eine kontinuierliche Wiederaufheizung des Wassers zu gewährleisten. Diese Methode scheint aber nur in den Pariser Betrieben der CGO verwendet worden zu sein.
Druckluftstraßenbahnen benötigen ein Netz von Nachfüllstationen, um ihre Speicherflaschen aufzuladen, die von einer zentralen Kompressorstation versorgt werden. Zu diesem Zweck baut die COG in Billancourt, westlich von Paris, eine große Dampfmaschinen-Anlage am Seine-Ufer, um den Kondensatoren einen einfachen Zugang zu Wasser zu ermöglichen. Die Gesamtleistung der Anlage beträgt 7.000 PS und sie liefert Luft mit einem Druck von 80 kg/cm (1.140 psi) an ein Verteilungsnetz von Rohrleitungen.
Übrigens patentiert Mékarski 1903 gemeinsam mit Paul Lucas-Girardville, einem frühen Flieger, ein ähnliches System für Automobile, bei dem die Abwärme eines Verbrennungsmotors Dampf erzeugt, der mit Druckluft aus einem vom Verbrennungsmotor angetriebenen Luftkompressor gemischt wird (GB-Nr. 190227370). Das Luft-Dampf-Gemisch treibt dann einen separaten Kolbenmotor an, der das Fahrzeug bewegt. Dieses System ist damit ein Vorläufer des bekannteren Still-Motors.
Die Druckluft-Straßenbahnen werden später aus sukzessive dem Verkehr gezogen und durch elektrische Straßenbahnen ersetzt, und auch das Netz von Nantes, wo im Jahr 1900 eine Flotte von 94 Straßenbahnen im Einsatz ist, wird zwischen 1913 und 1917 schrittweise elektrifiziert (und auch dieses dann 1958 endgültig stillgelegt - bevor es 1989 zu einer Renaissance dieses urbanen Verkehrsmittels kommt).
Die Pariser Straßenbahnen der CGO fahren noch bis 1914. Der einzige Überlebende jener Epoche ist ein Wagen von Mékarski, der sich heute im Besitz des Museums der Association pour le Musée des Transports Urbains, Interurbains et Ruraux (AMTUIR) in Colombes befindet.
Kontextbezogen muß noch erwähnt werden, daß 1875 auch
der schottische Bauingenieur William-Dundas Scott-Moncrieff eine
pneumatische Straßenbahn erfindet und vorführt. Der
von der Firma Nielson & Co. in Glasgow gebaute
Druckluftwagen gleicht einer doppelstöckigen Pferdebahn aus jener Zeit
- und dem obigen Modell von Bramwell. Anfang 1877 sollen damit
in Fairfield und auf der Vale of Clyde-Strecke zwischen Govan und Paisley
Toll einige Wochen lang Versuche durchgeführt worden sein.
Der Wagen, der im Leerzustand 6,75 Tonnen wiegt und im Betrieb mit 40 Passagieren 10,5 Tonnen, verfügt über sechs Vorratszylinder unter dem Boden, drei an jedem Ende. Diese enthalten Luft mit einem Druck von 20 – 26 atm und versorgen zwei Antriebszylinder, wobei der Druck vor der Benutzung auf etwa 2 atm reduziert wird. Mit einer Ladung Luft kann der Wagen etwa 11 km weit fahren, bevor der Druck in den Behältern auf etwa 7 atm fällt und diese neu geladen werden müssen.
Das Experiment wird nicht fortgesetzt, aber von 1881 ist noch ein Vortrag des Erfinders über ‚Druckluftmotoren für Straßenbahnen‘ dokumentiert, bei dem er auch die hier abgebildete Skizze zeigt.
Im November 1879 tritt Oberstleutnant Frederick
E. B. Beaumont von der Beaumont Compressed Air Locomotive
Co. an die North Metropolitan Tramways Co. (NorthMet)
in London heran, um seine Druckluftlokomotive auf
ihren Strecken einzusetzen, sobald diese fertig sind. Beaumont
verfügt bereits über umfangreiche Erfahrungen mit dem Einsatz von Druckluft
im Tunnelbau. Im Januar 1880 wird die NorthMet auch
von Mékarski kontaktiert, woraufhin die Transportgesellschaft einen
Versuch anbietet.
Im Februar 1881 wird ein Kompressor im Swan Yard-Depot installiert, während die Lokomotive von Greenwood & Batley gebaut wird. Sie hat zwei Speicherzylinder mit je 3.100 Litern. Als sie geliefert wird, erweist sie sich mit über 11 Tonnen als zu schwer und die NorthMet stimmt dem Einsatz nicht zu. Beaumont liefert daraufhin im Oktober einen leichteren Wagen, der eine Genehmigung für einen Monat erhält.
Die Beaumont No. 2 ähnelt der No. 1, wiegt aber nur 8,5 Tonnen. Die Bahnen sind auch unter den Namen Manning Wardle Nr. 761 und 762 bekannt (s.u.). Es werden auf der 4 km langen Strecke von Stratford zum ‚Green Man‘ in Leytonstone, im Osten Londons, erfolgreiche Versuche durchgeführt - laut anderen Quellen bereits ab dem August 1881.
Der Lufttank muß 15 Minuten lang vollgepumpt werden, bevor die Lok auf die 44-minütige Strecke geschickt werden kann. Die kurze Fahrstrecke führt jedoch dazu, daß die Straßenbahnunternehmen ihr Interesse verlieren, und auch die NorthMet entscheidet sich letztlich dafür, lieber Batterie-Straßenbahnen zu testen.
Auch die Versuche mit der Druckluftlok bei den Liverpool United Tramways im Jahr 1884 auf der Derby Road bis zur Sandhills Lane werden im Folgejahr ausgesetzt, nachdem sich der Eigentümer der Strecke, die Bootle Corp. darüber beschwert, daß die Druckluftlokomotive, die einen Pferdewagen-Anhänger zieht, die Schienenfugen beschädigen würde.
Milton M. Conger aus Wellsville in Missouri läßt sich im Jahr 1881 einen Motor patentieren, der mit Druckluft oder Dampf betrieben wird und einen flexiblen Schlauch unter einer flexiblen Lauffläche für Traktionsräder verwendet. Der Schlauch und das flexible Lager bilden unter dem Einfluß von Dampf, Wasser, Luft oder einem anderen ausdehn- bzw. komprimierbaren Fluid, das in sie hineingedrückt wird, eine keilförmige Fläche hinter dem tangentialen Lager des Rades und treiben es je nach Druck des Antriebsmediums mit mehr oder weniger hoher Geschwindigkeit voran (US-Nr. 236.555 bzw. 250.787).
Die Schlauchquetsch- Rollen-, oder Peristaltikpumpe an sich, die als Grundlage dieses Motors gesehen werden kann, war erstmals 1845 im The Mechanics Magazine beschrieben und zehn Jahre später als Brunnenpumpe patentiert worden. Obwohl Conger diverse Einsatzbereiche für seinen Motor vorsieht, so auch als Antrieb von Waggons, Hochbahnen oder Autos, scheint es damals zu keiner praktischen Umsetzung durch seine Firma Conger & Bro. gekommen zu sein.
Die
Firma Hughes
and Lancaster aus
Ruabon, die eine Vielzahl von Druckluft-betriebenen Maschinen anbietet,
kauft im Jahr 1886 einen der kleinen doppelstöckigen
Starbuck-Pferdewagen aus Chester und stattet ihn für
Tests mit einer Niederdruckluftanlage aus, die Luft mit maximal 9 atm
verwendet.
Die Theorie besagt, daß durch die Verwendung niedrigerer Drücke die Verluste durch Erwärmung bei der Kompression und Abkühlung bei der Nutzung deutlich reduziert werden. In der Praxis erweisen sich solche Wagen aber als untermotorisiert und haben eine geringe Reichweite.
Der Chester-Wagen wird kurzzeitig auf der Strecke von Saltney nach Grosvenor Bridge betrieben, wobei die Entnahme der Luftladung aus einem Schacht zwischen den Schienen erfolgt, doch die Leckagen verursachen mehr Luftverbrauch als die Traktion slebt, und der Wagen kann pro Ladung nur eine langsame 3-km-Fahrt auf ebener Strecke bewältigen, woraufhin die Testfahrten abgebrochen werden.
Der Firmengründer und Ingenieur John James Hughes meldet 1888 das Patent für eine Straßenbahn an, bei der die Luft in einer röhrenförmigen Struktur gespeichert wird, die auch den Rahmen des Wagens bildet. Er erwähnt darin die Möglichkeit, ein gußeisernes Rohr neben den Gleisen zu verlegen, damit der Wagen an den Haltestellen nachgeladen werden konnte, was 15 – 40 Sekunden dauert, ähnlich wie in Chester, sieht aber auch eine Methode vor, bei der der Wagen während der Fahrt über automatische Ventile neben den Schienen Luft aufnehmen kann. Huges stirbt ein Jahr später - und damit anscheinend auch das diesbezügliche Engagement seiner Firma.
Der zeitlich letzte kommerzielle Ansatz erfolgt in London im Januar 1900 mit
Gründung der British Compressed Air Tramways Co. mit
einem Kapital von 75.000 £, um Patente und Konzessionen für Druckluft-Straßenbahnen
und -Eisenbahnen zu erwerben und zu entwickeln. Überholt von der Entwicklung
der elektrischen Straßenbahn, ist von diesem Unternehmen später nichts
mehr zu hören.
Darüber hinaus gibt es auch in den USA einige Versuche,
um zumeist mit Niederdruck betriebene Druckluft-Straßenbahnen zu etablieren,
die aber das gleiche Schicksal erleiden wie die Niederdruckversuche
in Chester. Einige frühe US-Patente schlagen die Verwendung von Druckluft
als Starthilfe für pferdegezogene Straßenbahnen vor, doch wurde dies
wahrscheinlich nie ausprobiert.
Ab 1878 testet die Second Avenue Railroad in New York City fünf Druckluftlokomotiven, die von der Pneumatic Tramway Engine Co. nach Entwürfen des amerikanischen Erfinders Robert Hardie gebaut worden sind, und betreibt diese dann eine Zeitlang ab 1879. Es wird angenommen, daß Hardie zuvor in Glasgow mit Scott-Moncrieff zusammengearbeitet hatte. Anderen Quellen zufolge fahren die Hardie-Loks von 1892 – 1900 in New York City.
Das mit Unterstützung des ebenfalls amerikanischen Bau- und Eisenbahningenieurs Herman Haupt entwickelte Modell besitzt einen Einfachexpansionsmotor mit Warmwasser-Vorwärmung und regenerativem Bremsen, bei dem der Motor als Kompressor zur Verlangsamung der Straßenbahn genutzt wird, um heiße Luft in die vier Speichertanks zurück zu drücken und so die Reichweite zu erhöhen, die etwa 13 km beträgt.
Haupt hatte als General der Unionsarmee im Amerikanischen Bürgerkrieg das militärische Transportwesen der USA, insbesondere den Einsatz von Eisenbahnen, revolutioniert. Später ist er von 1872 bis 1876 Generaldirektor der Piedmont Air-Line Railroad von Richmond nach Atlanta und von 1881 bis 1885 Generaldirektor der Northern Pacific Railroad. Gleichzeitig beschäftigt es sich mit Druckluft-Autos (s.u.).
Um seine eigenen, sowie die zwischen 1894 und 1899 (andere Quellen: 1896 bis 1900) ebenfalls in New York umherfahrenden Druckluft-Lokomotiven von Hoadley-Knight (s.u.) mit ihrem Betriebsstoff zu versorgen, wird in New York City eine Druckluft-Nachladestation mit einem dampfbetriebenen 1.500 PS Kompressor gebaut, die es sogar auf den Titel des Magazins Scientific American schafft. Die Tanks der Lokomotiven können so innerhalb weniger Minuten aufgefüllt werden.
Im Jahr 1885 wird in Cincinnati ein
Wagen mit einem in den Boden eingebauten Vorratstank gebaut, der ähnlich
wie ein Schiffsrumpf eine doppelte Schicht aufweist und mit 80 psi
(etwa 5 atm) gefüllt wird. Um ihn aufzufüllen, wird ein Eisenrohr kontinuierlich
15 Zoll unter der Straßenoberfläche zwischen den Gleisen verlegt, das
von einem Zwölf-PS-Motor auf etwa 100 psi aufgeladen wird.
An jeder Haltestelle gibt es Aufnahmestellen, die automatisch eingeschaltet werden, wobei die Aufladung angeblich nur sechs Sekunden dauert. In der Praxis bleibt der Wagen jedoch stehen und muß warten, bis er aufgeladen ist, so daß der Versuch erfolglos bleibt.
Die Methode, die Wagen mit einer kontinuierlichen oder zumindest sehr häufigen Luftzufuhr zu versehen, wird auch von einer Reihe weiterer amerikanischer Erfinder verfolgt. Patente werden beispielsweise 1887 von Leonidas Pressley von der Automatic Connection Compressed Air Car Motor Co. in San Francisco, 1888 in abgewandelter Form von John T. Clark und 1897 von William Farrar angemeldet.
Sie alle sehen Methoden vor, bei denen ein Rohr mit der Druckluft über die gesamte Länge der Strecke zwischen den Schienen verlegt und der Wagen über automatische Vorrichtungen, die den Wagen während der Fahrt in regelmäßigen Abständen mit Druckluft versorgen, an dieses Rohr angeschlossen wird. Keines dieser Verfahren wird aber jemals erprobt.
Ein Charles E. Buell aus Springfied, Massachusetts,
läßt sich im Jahr 1885 ein dreirädriges Velocipede mit
Druckluftantrieb patentieren (US-Nr. 331.276). Mehr darüber ist aber
nicht herauszufinden.
In den 1880er Jahren wird auch die Mékarski
American Compressed Air Motor Co. gegründet, um das französische
System in den USA einzuführen, und ein Wagen nach dem Entwurf von
Louis Mékarski wird versuchsweise bei einer Reihe von Straßenbahnen
eingesetzt, darunter der Toledo Consolidated Street Railway Co.,
ohne daß mir bekannt ist, was daraus wird.
Um 1895 werden von der General Compressed
Air Company of New York in Rome, New York State, knapp zwei
Jahre lang Fahrzeuge getestet, die nach den Entwürfen von Hardie
gebaut sind. Die kleinen einstöckigen Straßenbahnen brauchen angeblich
nur zwei Minuten zum Aufladen, was etwa 45 Minuten Langsamfahrt ergibt.
Auch hier ist mangelnde Effizienz der Grund für den Rückzug aus dem
Projekt.
Ebenfalls im Jahr 1895 meldet Hardie das Patent für eine verbesserte Version der Wagen an, die nun mit Hochdruckluft betrieben wird (US-Nr. 562.604, erteilt 1896). Die neue Konstruktion umfaßt einen Warmwasser-Luftvorwärmer sowie fortschrittliche Geschwindigkeits- und Bremsregler und ist den französischen Mékarski-Maschinen sehr ähnlich. Es ist sehr wahrscheinlich, daß es dieses patentierte Hochdrucksystem ist, das in Rome getestet wird.
Zwischen 1894 und 1899 werden auf verschiedenen Linien in New York mehrere Versuche durchgeführt, einige wahrscheinlich mit Hardie-Wagen. Mit Sicherheit wird das Hochdrucksystem, das auf einer Vielzahl kleiner Lufttanks mit einem Druck von 2.000 psi basiert, von der Manhattan Elevated Railroad (Manhattan Railway Co.) getestet, jedoch ohne dauerhaften Erfolg.
In dieser Zeit wird in New York auch die von Joseph
H. Hoadley und
Walter H. Knight entwickelte Lokomotive anbelangt,
die als die erste gilt, die einen Verbundmotor mit zweistufiger
Expansion enthält. Dies verbessert den Wirkungsgrad direkt, da es die
Möglichkeit bietet, die Luft zwischen den Hochdruck- und Niederdruckzylindern
wieder aufzuwärmen, was auch die Vereisungsprobleme verringert.
Die Hoadley-Knight-Patente deuten darauf hin, daß heißes Wasser verwendet wurde, um die Luft vor dem Hochdruckzylinder zu erwärmen und sie auch zwischen dem Hochdruck- und dem Niederdruckzylinder wieder aufzuwärmen. Trotzdem hat auch dieses System keinen dauerhaften Erfolg.
Im Jahr 1899 nimmt die New Yorker Metropolitan
Street Railway Co. den Betrieb ihrer Ost-West-Strecken auf
der 28. und 29. Straße mit Druckluft auf. Auf der Insel Manhattan sind
die Ost-West-Straßen relativ kurz und gerade und daher ideal für
den Betrieb mit Druckluft geeignet. Der Auftrag für die Installation
wird an die Compressed Air Power Company of New York vergeben welche
die Patente von Hoadley und Knight erworben und die Konstruktion
für den Einsatz auf den Strecken der Metropolitan Street Railway
verbessert hatte.
Von der J. G. Brill Co. in Philadelphia werden zwanzig Wagen mit extra starken Bodenrahmen und Längssitzen gebaut, bei denen die Luft bei 2.500 psi in sechs Vorratszylindern gespeichert wird, drei unter jedem Wagensitz. Das Aufladen mit Druckluft und Dampf zum Wiederaufheizen dauert etwa zwei Minuten. Die Straßenbahnwagen können mit einer Geschwindigkeit von 12 km/h und pro Ladung bis zu 25 km weit fahren.
Im Mai und Juni werden auf der 23. Straße erste Tests durchgeführt, bei denen die Druckluftfahrzeuge mit den auf dieser Strecke bereits vorhandenen leitungsgebundenen Elektrofahrzeugen verglichen werden. Das Hauptenergiehaus befindet sich an der Ecke 24. Straße und 13. Avenue, und die Wagen werden in der Nähe des Bahnhofs der Pennsylvania Railroad mit einem flexiblen Schlauch aufgeladen.
Ebenfalls 1899 gibt es in Chicago einen
Versuch auf der North-Clark-Street-Linie mit einem Hardie-Wagen, der
gelegentlich zwei Anhänger zieht und in der Elm Street mit Luft gefüllt
wird. Mehr ist darüber nicht bekannt.
Eine besondere Variante gibt es in New Orleans, wo
die Standard Fireless Engine Co. im Jahr 1886 eine
eigenständige Straßenbahn auf der Strecke zwischen Carrollton und Canal
Streets testet. Da diese anstelle von Druckluft jedoch Ammoniakgas verwendet,
werde ich sie ausführlich in dem entsprechenden Kapitelteil unter den
Synthetischen Kraftstoffen behandeln (in Arbeit).
Zurück zur allgemeinen Chronologie:
Der Sankt-Gotthard-Tunnel in der Schweiz wird in der Zeit von 1871 bis 1881 gebaut. Dabei werden erstmals in großem Umfang Druckluftlokomotiven eingesetzt, denn der Abtransport des Abraums aus den langen Tunnelröhren gestaltet sich schwierig. Dampflokomotiven können wegen der sehr begrenzten Belüftung nicht eingesetzt werden, und der hohe Preis der Pferde und die große benötigte Zahl verhindern auch deren Einsatz.
Bei dem ersten Versuch mit Druckluft werden 1875 zwei gewöhnliche Dampflokomotiven eingesetzt, eine auf jeder Seite des Tunnels, deren Kessel statt mit Wasser mit komprimierter Luft bei 4 atm gefüllt werden.
Die Ergebnisse sind ermutigend, und als besonderer Vorteil erweist sich, daß die kalte Abluft die Belüftung des Tunnels unterstützt. Das französische Eisen- und Stahlwerk Schneider et Cie (Schneider-Creusot) beginnt daraufhin spezielle Druckluftlokomotiven zu fertigen.
Dabei handelt es sich um große, 7 Tonnen schwere pneumatische Lokomotiven, die einen viel größeren Tender mit Lufttank tief in den Tunnel hinein transportieren können. Dieser ist erforderlich, um mit einem niedrigen Speicherdruck eine ausreichende Reichweite zu erzielen. Der Betriebsdruck wird mit 105 psi angegeben, was im Vergleich zu späteren Maschinen relativ gering ist und in etwa dem Kesseldruck der damaligen Dampflokomotiven entspricht. Die erforderlichen dampfbetriebenen Kompressoren waren bereits verfügbar und wurden auch zum Antrieb von Druckluftbohrern verwendet (s.o.).
Der Erfolg bei dem Tunnelprojekt führt zu einem großen Interesse an
Druckluftfahrzeugen, zumal leistungsfähige feuerlose Lokomotiven
auch für gefährliche Einsätze in Munitionslagern benötigt werden.
Nachdem der oben erwähnte Oberstleutnant Beaumont 1873 mit
der Leitung des Eisenbahnnetzes des Königlichen Zeughauses beauftragt
wird, beschäftigt er sich ab 1876 mit Druckluftlokomotiven
als sichere Lösung für den Betrieb in einer Anlage, in der große
Mengen an Sprengstoff gelagert wurden.
Bereits 1876 baut die Royal Arsenal in Woolwich, eine Rüstungs- und Forschungsfirma in London, das erste Druckluft-Versuchslokomotive und nutzt dabei die Vorteile ihres Know-hows bei der Lizenz-Produktion der Whitehead-Torpedos, die von einem Dreizylinder-Druckluftmotor angetrieben werden, der von dem britischen Ingenieur Peter Brotherhood erfunden, konstruiert und hergestellt worden war. Das Unternehmen verfügt daher auch über eine Kompressoranlage, mit der die Behälter der Torpedos auf 1.000 psi aufgeladen werden können (andere Quellen: 1.350 psi bzw. 90 atm).
1877 geht die kleine Maschine in Betrieb, die mit 16 Hauptluftbehältern und vier als Reserve für die Heimfahrt ausgestattet ist. Es gibt aber immer noch Probleme mit dem Einfrieren der Motorzylinder.
Im Juli 1879 wird bei Manning Wardle in Leeds eine Druckluftlokomotive für Normalspur mit einem Druckspeicher von 1.000 psi in Auftrag gegeben, die im Mai 1880 zum ersten Mal öffentlich getestet wird und erfolgreich auf der 18 km langen Strecke zwischen Dartford und Woolwich Arsenal fährt.
Einzelheiten zu dieser Lokomotive, die als Manning Wardle Nr. 761 bekannt wird, sind allerdings spärlich. Andere Quellen sprechen davon, daß das Unternehmen bereits 1876 einen experimentellen Druckluft-Straßenbahnwagen mit einem 2.800 Liter Reservoir hergestellt habe.
Von der zweiten Druckluftlokomotive, der Manning Wardle Nr. 762, gibt es hingegen sogar ein Foto. Sie wird März 1880 von Beaumont bei Greenwood & Batley bestellt und im September desselben Jahres ausgeliefert. Die 7 (o. 8) Tonnen schwere Lokomotive, deren Luftbehälter ein Fassungsvermögen von 1.700 Liter hat und ebenfalls mit einem Druck von 1.000 psi arbeitet, ist in erster Linie für den experimentellen Einsatz auf öffentlichen Straßenbahnen gedacht (s.o.) und versteckt daher die Räder und Kuppelstangen hinter Schürzen, um die Sicherheitsvorschriften zu erfüllen. Sie kann einen 4 Tonnen schweren Straßenbahnwagen ziehen.
Beaumont hatte übrigens schon 1875 das Patent für eine pneumatische Tunnelvortriebsmaschine angemeldet, die sich mit einer Geschwindigkeit von 180 m pro Woche durch die Kreide bohren kann.
Nach Weiterentwicklung des Technik durch Thomas English, Captain der Royal Engineers, werden 1882 / 1883 zwei Exemplare dieser Beaumont/English-Tunnelbohrmaschinen zur Linienfestsetzung bei dem Versuch eingesetzt, einen Kanaltunnel zwischen Frankreich und England zu graben. Auf Initiative von Sir Edward William Watkin war hierfür 1872 die französisch-britische Submarine Railway Co. gegründet worden, die drei Jahre später die Bauerlaubnis erhalten hatte.
Als das Projekt eingestellt wird, weil das britische Handelsamt (Bord of Trade) auf politischen Druck hin im Mai 1882 einen sofortigen Baustopp verfügt, hatten sich die beiden druckluftbetriebenen Maschinen bereits von der englischen Seite aus 1,893 m weit, und von französischer Seite aus 1.669 m weit unter dem Ärmelkanal vorangebohrt.
Sehr interessant ist das von einem Druckluftmotor angetriebene Modellflugzeug des
französischen Ingenieurs Victor Tatin aus dem Jahr 1879.
Sein Aéroplane ist das erste Modellflugzeug überhaupt, das nach einem
Anlauf am Boden aus eigener Kraft mit einer Geschwindigkeit von 8 m/s
abhebt. Es hat eine Spannweite von 1,90 m, wiegt 1,8 kg, besitzt zwei
Propeller und wird in den
Militäranlagen von Chalais-Meudon an einem zentralen Mast auf einer
Kreisbahn gefesselt geflogen. Die Dauer der Flüge ist nicht angegeben,
das originale Modell steht heute im Musee de l’Air
et de l’Espace
nördlich von Paris.
Der Hauptkörper des Flugzeugs ist ein zylindrischer, mit Luft gefüllter Behälter, der an beiden Enden mit konischen Kappen versehen ist, um eine Art Stromlinienform zu erreichen. Der Luftbehälter hat ein Fassungsvermögen von 8 Litern und soll einem Druck von 20 kg pro Quadratzentimeter standhalten, was 284 psi entspricht. Es gibt einen zentral montierten Druckluftmotor, der über zwei horizontale Wellen und ein Kegelradgetriebe mit den beiden gegenläufigen Propellern verbunden ist.
Zwischen 1890 und 1897 experimentiert Tatin dann zusammen mit Charles Richet mit einem dampfgetriebenen Modell mit vorderen und hinteren Propellern, einer Spannweite von 6,6 m und einem Gewicht von 33 kg. Es gelingt, dieses Modell über eine Strecke von 140 m mit einer Geschwindigkeit von 18 m/s zu fliegen. Und in den Jahren 1902 und 1903 arbeitet Tatin mit Maurice Mallet an der Konstruktion des Luftschiffs Ville de Paris für Henri Deutsch de la Meurthe, bevor er im Laufe der Folgejahre verschiedene Propeller und Eindecker entwirft und baut.
Bleiben wir im Kontext: Auch der US-amerikanische Eisenbahningenieur
und Luftfahrtpionier Octave
Alexandre Chanut und sein Mitarbeiter Augustus Moore
Herring verwenden bei ihren Flugversuchen
im November 1898 in St. Joseph, Michigan, Druckluft
als Antrieb - für ein manntragendes Fluggerät. Der Chicago
Record berichtet über Herrings ersten motorisierten Flug:
„Unmittelbar über der Unterseite des Flugzeugs befindet sich ein kleiner Zweizylindermotor, der villeicht ein Dutzend Pfund wiegt, aber bei Bedarf vier oder fünf Pferdestärken entwickeln kann. Dieser Motor treibt zwei fünf Fuß lange Propeller an, die parallel angeordnet sind und von denen sich einer vorne und einer hinten an der Maschine befindet. Unterhalb des Motors befindet sich ein kleiner Tank mit einem Durchmesser von sechs oder sieben Zoll und einer Länge von etwa zwei Fuß. Dieser ist mit Druckluft mit einem Druck von 500 psi gefüllt, die die Motoren mit Energie versorgt.“
Die Maschine springt vorwärts und segelt einen Augenblick später frei in der Luft, wobei die Kufen fast einen Meter über dem Sand schweben, doch nach einer Strecke von 15 oder 18 m läßt die Geschwindigkeit merklich nach und der Apparat kommt etwas später sanft zum Stehen. Die zurückgelegte Strecke wird anschließend mit gut 22 m gemessen und die Flugzeit auf 8 – 10 Sekunden geschätzt.
Um 1889 baut auch der britisch-australische Ingenieur,
Erfinder und Luftfahrtpionier Lawrence Hargrave verschiedene
durch Gummibänder, Federn, Dampf und Preßluft angetriebene Ornithopter-Modelle.
Im Jahr 1891 fliegt sein Modell Nr. 12, ein Eindecker-Flugzeug mit Schlagflügeln, die von einem von ihm selbst erfundenen Kreiskolben-Druckluftmotor angetrieben werden, 95 m hoch. Wie lange, ist nicht zu erfahren. Hargrave erfindet und experimentiert auch mit Kastendrachen oder Zellendrachen, mit denen er sich 1894 rund 5 m in die Luft heben kann.
Der deutsche Luftfahrtpionier Karl Wilhelm Otto Lilienthal wiederum
verfolgt nach seinem erfolgreichen Gleitflug ab 1893 die
Schlagflügeltechnik zur Weiterentwicklung seiner Flugleistungen, wozu
er leichte 3-Takt-Gasexpansionsmotoren erprobt, die mit Kohlendioxid aus
Druckflaschen betrieben werden. Die darin verfügbare komprimierte Kohlensäure
liefert zwar nur eine begrenzte Zeit Energie, aber für die zunächst
geplante Verlängerung der Gleitflüge ist das ausreichend. Der Motor
wird tatsächlich im Flug erprobt, arbeitet aber nicht zuverlässig weil
er immer wieder einfriert.
Mit solch einem Kohlensäuremotor wird beispielsweise 1903 auch die Drehleiter des weltweit ersten elektrischen Rettungsleiter-Automobils angetrieben – mit einer Auszugslänge von 23,5 m und im Besitz der Offenbacher Feuerwehr. Daher wird der Motor auch als CO2-Auszugsmaschine bezeichnet. Das Fahrzeug ist bis 1927 im Einsatz und steht heute im Deutschen Feuerwehrmuseum in Fulda.
In den USA setzen die Hersteller pferdeloser Kutschen
erst in den 1890er Jahren auf Druckluft als Antriebsquelle
für Fahrzeuge. Als erste probiert dies die Firma MacKenzie
and McArthur in New Haven, die 1895 einen
Prototyp mit einem 300 psi Tank und einem Schiffsmotor baut, der aber
eher als Lieferwagen denn für Personenwagen geeignet ist.
Alfred H. Hoadley wiederum, der bei der American
Wheelock Engine Co. in Worcester, Massachusetts, die Experimente
leitet, bringt 1896 eine Kutsche für sechs Personen
auf den Markt, die er Hoadley’s Pneumatic nennt.
Das 1.220 kg schwere Kraftfahrzeug erreicht eine Höchstgeschwindigkeit
von 24 km/h und kann auf normalen, guten Straßen mit einer Ladung
32 km zurücklegen.
Gemäß einem späteren Bericht des US-Magazins The Horseless Age vom Oktober 1898 sei zur Vermarktung des Wagens bereits 1895 die Pneumatic Carriage Co. gegründet worden, mit einem genehmigten Kapital von 5 Mio. $ und mit Büros am Broadway in New York. Die Initiatoren haben mehrere Jahre lang mit Druckluftmotoren für den Straßenbahnbetrieb experimentiert und wenden sich nun dem Automobil zu, das in Amerika seinen ersten Aufschwung erlebt. Präsident und Manager des Unternehmens ist Hoadley.
Um die Luft zu erwärmen und auszudehnen, bevor sie in den 180 kg schweren Hubkolbenmotor des Wagens eintritt, wird sie mit heißem Wasser angereichert, das in einem separaten Tank im Fahrzeug mitgeführt und unter Druck auf einer Temperatur von 200°C gehalten wird, wobei für jede zurückgelegte Meile 2,5 Liter Wasser benötigt werden. Bei der genannten Reichweite muß der Inhalt des vollen Tanks 50 kg gewogen haben.
Die plumpe und potentiell gefährliche Konstruktion deutet darauf hin, daß die Firma erhebliche Schwierigkeiten hatte, genügend Energie zu speichern, um die Luft zu erhitzen, selbst für die sehr begrenzte Reichweite. Die Druckluft-Kutsche wird zwar auf den Straßen von Worcester und Washington, DC, getestet, kommt letztlich aber auch nicht zum Tragen.
Die geräusch- und pferdelose Maschine hat immerhin einige öffentlichkeitswirksame Auftritte, wie z.B. im März 1897 in Washington, D.C., bei der Inaugurationsparade von William McKinleys, dem 25. Präsidenten der Vereinigten Staaten – womit sie der Washington Post zufolge die erste pferdelose Kutsche auf den Straßen der Hauptstadt ist.
Hoadley beabsichtigt, auch in die Herstellung von Druckluft-Straßenbahnen einzusteigen, doch schon 1899 kommt sein Geschäft ins Stocken. Die Publicity, die dem Hoadley’s Pneumatic zuteil wird, inspiriert aber eine ganze Reihe anderer Erfinder – und im Laufe der nächsten Jahre entstehen in den Vereinigten Staaten nicht weniger als acht Unternehmen, die Druckluftautos bauen.
Der Lokomotiven-Hersteller H. K. Porter Co. aus Pittsburgh
baut im Jahr 1890 seine erste Druckluftlokomotive für
eine Kohlemine in Pennsylvania. Die Luft wird in zwei Tanks gespeichert
und zum Antrieb der Kolben anstelle von Dampf verwendet. Dies ermöglicht
den Einsatz in Bergwerken ohne die Abgase der verbrannten Kohle oder
die Gefahren von Hochdruckdampf. Belege oder Details über diesen
frühen Einsatz ließen sich bislang aber nicht finden.
Im Jahr 1896 liefert die Firma zehn Druckluft-Straßenbahnwagen für Eckington in Washington, D.C. Zum Hintergrund: Die Stadt hatte im Oktober 1888 ihre erste elektrische Straßenbahn erhalten, als die Eckington & Soldiers Home Railway den Betrieb aufnahm, deren Oberleitungsstrecke entlang der New York Avenue in Richtung Norden verläuft. Als der Kongreß jedoch alle Straßenbahnunternehmen dazu verpflichtet, bis Juli 1893 von der Pferdekraft auf eine Form von mechanischer Energie umzustellen, verbietet er gleichzeitig nach diesem Datum die Verwendung von Oberleitungen in der Innenstadt.
Eine Alternative ist die Anbringung von elektrischen Kontakten direkt im Pflaster zwischen den Gleisen, und die Gesellschaft experimentiert Ende 1890 mit einem solchen System. Es wird aber bald klar, daß sie kein System einsetzen kann, bei dem Menschen oder Pferde einen Stromschlag bekommen, wenn sie versehentlich auf die Platten treten. Auch spätere Versuche mit batteriebetriebenen Wagen auf der Innenstadtverlängerung werden 1893 wieder aufgegeben.
Nun sind nicht dort nur wieder Pferdewagen im Einsatz, sondern die Eckington-Gesellschaft verpaßt auch eine revidierte Frist bis Anfang Juli 1895 für den Abbau der Masten und Oberleitungen in der New York Avenue, die in der Presse als „widerwärtige Hindernisse“ bezeichnet werden. Nachdem sich die öffentlichen Beschwerden verdoppeln, wird das Oberleitungssystem entfernt – und auch auf diesen Teil der Eckington-Linie verkehren wieder Pferdebahnen.
Um die Linie lebensfähig zu machen, wird eine letzte verzweifelte Anstrengung unternommen, indem das Unternehmen Anfang 1896 eine mit Druckluft betriebene Straßenbahn vorführt, von der man hofft, daß sie sowohl von der Öffentlichkeit akzeptiert als auch wirtschaftlich rentabel sein würde. Das Druckluftsystem nutzt Luft aus Behältern unter den Fahrgastsitzen, wobei die Druckluft mit Dampf erhitzt wird, um ihre Kraft zu erhöhen.
Die Öffentlichkeit ist jedoch nicht begeistert von den Druckluftwagen, die als rauchig, staubig und stinkend empfunden werden. Außerdem sind sie an Steigungen eher langsam. Das Druckluftexperiment wird daher schnell wieder aufgegeben und das inzwischen überschuldete Unternehmen geht bankrott.
Der Erfinder der Druckluftantriebe Charles B. Hodges ist trotzdem einer der wenigen Entwickler, dem es vergönnt ist, noch zu Lebzeiten von seiner Innovation zu profitieren. Allerdings nicht im urbanen Bereich, sondern im industriellen Bereich und im Bergbau.
Hodges meldet seine erste Erfindung im Oktober 1904 an (‚Interheater for Compund Compressed-air Engines‘, US-Nr. 868.560, erteilt 1907) und verkauft die Patentrechte an die H. K. Porter Co., vermutlich ebenso wie das 1908 angemeldete und im selben Jahr erteilte Patent ‚Apparatus for Charging Locomotives‘ (US-Nr. 901.617). Sein zweiphasiges System besitzt einen Wärmetauscher, der die teilweise expandierte Druckluft durch die Nutzung der Umgebungsluft wieder aufwärmt.
Direkt im Namen der Firma werden im Juni 1909 zwei weitere Patente angemeldet: ‚Method of Operating Compressed-air Engine‘ (US-Nr. 953.334) sowie ‚Compressed-air Engine‘ (US-Nr. 953.336, beide erteilt 1910).
Die sogenannten Porter-Verbundlokomotiven werden in vielen verschiedenen Varianten hergestellt, nicht nur bezüglich Größe und Technik, sondern auch in Bezug auf die Anzahl der Luftbehälter. So gibt es Modelle mit einem, mit zwei und mit drei Luftbehältern, die bei einem Luftdruck zwischen 700 und 1.200 psi operieren. Sie sind ein großer Erfolg und beherrschen im Jahr 1910 schon 90 % des Marktes.
Ein gutes Beispiel dafür ist die Homestake Mining Co., eines der größten US-Bergwerksunternehmen, das Gold fördert. Die Firma beginnt im Jahr 1900, ihre dampfbetriebenen Lokomotiven durch neue, nicht feuergefährliche druckluftbetriebene Loks zu ersetzen.
Im April 1901 werden in Lead, South Dakota, Tests mit einer ersten 3-Tank-Lokomotive namens Homestake No. 1 durchgeführt. Sie ist ca. 6 m lang, wiegt rund 12,5 Tonnen und kann pro Fahrt 100 Tonnen Erz zu den Mahlwerken befördern, während die bisherigen Dampflokomotiven nur 37 Tonnen ziehen konnten. Nach dem Erfolg werden letztere bis 1903 alle aus dem Verkehr gezogen.
Für den Einsatz unter Tage übernimmt das Unternehmen im Dezember 1903 von dem Hersteller die wesentlich kleinere Homestake No. 2, die ca. 3,5 m lang ist und 4,5 Tonnen wiegt. Nach einer zweiten Untertage-Lok im November 1904 und einer ebenfalls erfolgreichen Testperiode werden im Mai 1906 fünf weitere dieser Druckluft-Lokomotiven übernommen, zu einem Preis von jeweils 1.990 $. Diesen folgt im Jahr 1907 die hier abgebildete, große Homestake No. 9, die wiederum 12,5 Tonnen wiegt.
Das Fassungsvermögen ihres großen Einzel-Lufttanks beträgt etwa 3.800 Liter Luft bei 1.000 psi. Er wird von einem großen stationären Luftkompressor des Bergwerks befüllt. Auch diese Lokomotive wird eingesetzt, um das Erz von den Schächten zu den Mühlen zu transportieren, wo es zerkleinert, gemahlen und raffiniert wird.
Im Jahr 1907 sind unter Tage bereits 17 Druckluft-Loks im Einsatz – und bis 1931 werden insgesamt 36 Maschinen von der H. K. Porter Co. bestellt. Ein besonderes Exemplar mit einem Doppeltank, das 1928 erworben wird, ist die Homestake No. 1A, die bis 1961 in Betrieb ist. Sie ist 8 m lang, wiegt 12,2 Tonnen und wird von 3.900 Liter Druckluft bei 1.000 psi angetrieben. Das schöne Exemplar wird heute direkt an der 2002 geschlossenen Homestake Mine ausgestellt.
Bis in die 1920er Jahre hinein wird auch in Europa eine auf Hodges Patent beruhende Weiterentwicklung mit einer um 60 % höheren Reichweite in Tausenden Exemplaren in den Kohleminen Belgiens, Frankreichs und Deutschlands eingesetzt. Und auch hier erweist sich der Hauptnachteil der Druckluftlokomotive als großer Vorteil, da kühle Abluft in die Gruben geleitet wird. Außerdem wird die sonnenerwärmte Umgebungsluft genutzt, sobald die Zugwagen wieder aus den Minen herausfahren.
Bis 1930 verkauft das Unternehmen mehr als 400 Druckluftlokomotiven für den Einsatz in Bergwerken, Fabriken, Munitionsdepots und bei den Straßenbahnen.
In diesem Kontext ist zu erwähnen, daß auch in Deutschland in vielen Stollen und Bergwerken zunehmend mehr Druckluft-Grubenloks eingesetzt werden, wie das hier abgebildete Exemplar, das sich heute im Museum Bochum befindet. im Ruhrgebiet allein sollen um 1940 herum nahezu 2.000 Lokomotiven im Einsatz sein. Die Arnold Jung Lokomotivenfabrik GmbH in Jungenthal, Kirchen a.d. Sieg, beispielsweise baut ab den 1920er Jahren und noch bis 1987 Preßluft-Grubenlokomotiven, zuletzt überwiegend für Polen.
Als der Journalist Pierre Giffard im Jahr 1893 seinen
Vorschlag veröffentlicht, im Folgejahr das erste Autorennen der Welt
von Paris nach Rouen zu organisieren, soll dabei jede Art von Traktion
erlaubt sein, außer der Verwendung von Tieren. Es werden 102 Autos
vorgestellt, aber schließlich nur 21 akzeptiert. Es gibt allerdings
eine klare Bevorzugung des Benzinautos, und die nicht weniger als fünf
Fahrzeuge, die mit komprimierter Luft fahren, werden alle bereits im
Vorfeld disqualifiziert.
Ende Januar 1897 erscheint eine Meldung
in der New
York Times, der zufolge in Chicago ab Anfang
Februar mehrere druckluftbetriebene Dreiräder in
den Einsatz gehen werden. Zunächst werden die Räder nur für das Einsammeln
und die Zustellung der Post in den Vororten verwendet, später soll
ihr Einsatz auf das gesamte Stadtgebiet ausgedehnt werden. Zur Zeit
werden Pferde eingesetzt, die in acht Stunden 53 km zurücklegen.
Es wird erwartet, daß die Motoren diese Strecke in der halben Zeit
abarbeiten werden, mit einer Geschwindigkeit von knapp 20 km/h.
Die Konstruktion der Motor Carrier, wie ihr Erfinder namens Hartley sie nennt, ähnelt einem gewöhnlichen dreirädrigen Lastenfahrrad (wie sie heutzutage zunehmend wieder in Mode kommen, s.d.). Allerdings befindet sich unter dem Lenker ein Tank für die Druckluft, und zwischen den Lenkergriffen gibt es einen Hebel, mit dem der Motor betätigt wird. Die Posttasche befindet sich zwischen den beiden Vorderrädern, die ebenso wie das Hinterrad Luftreifen haben. Dadurch und durch den Druckluftmotor ist die Maschine geräuschlos.
Der Meldung nach haben Hartley und ein Superintendent Stoll von der städtischen Postzustellung monatelang daran gearbeitet, den Motor für diesen Zwecke zu perfektionieren. Nun sind sie überzeugt davon, das Problem der ‚schnellen Zustellung‘ gelöst haben. Leider lassen sich trotz intensiver Recherche kaum weitere Informationen über diese speziellen Dreiräder oder ihre Initiatoren finden – und auch die angegebene Reichweite klingt etwas übertrieben.
Zu finden ist nur, daß es in Chicago eine Firma namens Hartley Power Supply Co. gegeben hat, die allerdings ausschließlich experimentelle Automobile baute. Das erste war ein dampfbetriebenes vierrädriges Fahrzeug für vier Personen (Hartley Steam Motorcycle-Trap-Car), das eigentlich an dem Chicago Times - Herald-Rennen im November 1895 teilnehmen soll, dem ersten Autorennen in den USA überhaupt. Diesem folgt 1897 ein Druckluft-Auto und 1899, kurz bevor die Firma schließt, ein benzinbetriebenes dreirädriges Modell.
Ein John Alston aus North Carolina behauptet 1898,
er habe einen Druckluftmotor, der einen Monat lang ohne Unterbrechung
laufen könne. Verifizieren ließ sich bislang weder die Meldung noch
die Aussage.
Die Autocrat Manufacturing Co. in Hartford, Connecticut, folgt ein Jahr später mit dem möglicherweise ersten mehrstufigen Druckluftauto, das mit 3.000 psi eine Höchstgeschwindigkeit von 16 km/h schafft und eine Reichweite von bis zu 65 km (andere Quellen: 80 km) haben soll. Ebenfalls von 1899 stammen Prototypen der Automatic Air aus Albany in New York, der Firma Jenney aus Bedford in Massachusetts, und der American Vehicle Co. aus New York City, deren Auto den Namen ,American Pneumatic’ tragen sollte. Keines dieser Fahrzeuge gelangt jedoch in die Produktion.
Gemäß der US-amerikanischen Fachzeitschrift The Hub wird 1899 in Delaware die United States Vehicle Co. mit einem Aktienkapital von 25 Mio. $ gegründet – zum Zweck der „Herstellung von Mittelklasse-Automobilen mit Druckluftantrieb“. Das Unternehmen mit Sitz in New York scheint aber nicht aktiv geworden zu sein, und was mit diesem enormen Kapitaleinsatz letztlich erreicht wurde, ist unklar.
Im Jahr 1900 gründet sich die American Pneumatic in West Virginia, um ein Druckluftauto zu bauen, das jedoch nie realisiert wird – während John Muir aus Norfolk in Connecticut einen Prototyp mit 1.000 psi baut, der eine Reichweite von 160 km haben soll. Doch auch ihm gelingt es nicht, daraus ein Geschäft machen.
Im gleichen Jahr stellt die Air Vehicle Co. aus New
York in dem Magazin Compressed Air (Vol. 4, Jan. 1900, S.
829) einen von Charles D. P. Gibson konstruierten
druckluftbetriebene Wagen vor, der mit einem nur 16,5 kg schweren Zweizylindermotor
ausgestattet ist. Das Gesamtgewicht des Wagens beträgt 300 kg.
Die Luft wird mit einem Druck von 2.500 psi gespeichert und mit Hilfe von Reduzierventilen, die vom Fahrer gesteuert werden, auf einen anfänglichen Zylinderdruck von 150 psi reduziert. Außerdem wird eine Vorrichtung zur Erwärmung der Luft verwendet.
Um 1900 herum entwickelt Bion Joseph Arnold aus
Chicago – Präsident des American Institute of Electrical Engineers
und als Eisenbahningenieur maßgeblich an der Elektrifizierung von Strecken
beteiligt (,Vater der 3. Schiene’) – ein elektropneumatisches
System,
das die Kompression und Expansion von Luft nutzt, um eine Art regenerative
Bremsung von elektrischen Triebwagen zu realisieren und die
eingebauten Synchron-Elektromotoren zu steuern.
Bei Bergabfahrt wird die Luft komprimiert und in Drucklufttanks unter dem Wagen gespeichert, der auch als Electro-Pneumatic Locomotive bezeichnet wird. Bei Bedarf wird die gespeicherte Luft wieder in die Kompressorzylinder abgegeben, die dann als Motor zur Unterstützung des elektrischen Antriebs dienen.
Wie man auf dem Foto erkennen kann, gibt es keine Oberleitungen, so daß der Strom vermutlich von einer dritten Schiene am Boden abgenommen wurde. Ansonsten ist nur noch bekannt, daß die Maschine einem 17. Dezember fertiggestellt wurde, aber schon am nächsten Morgen zusammen mit zwei anderen Wagen abbrannte.
Auch ein italienischer Ingenieur und Erfinder namens Opizzi soll
in Mailand um 1901 herum eine mit kraftsammelnder
Bremse ausgerüstete Druckluft-Lokomotive entworfen haben, deren Motor
auf Gefällstrecken als Generator (Luftpumpe) wirken und theoretisch
bis zu 75 % der auf der Bergstrecke verbrauchten Energie wiedergewinnen
kann. Leider ließ sich dies bislang nicht verifizieren.
Bei Tunnelbauprojekten in Mitteleuropa werden derweil Druckluftlokomotiven
mit vielen kleineren Luftzylindern üblich, so etwa beim Bau des Simplontunnel zwischen
der Schweiz und Italien in den Jahren 1898 bis 1906.
Hier gehen Anfang 1901 sechs 6,2 Tonnen schwere
Druckluftlokomotiven für den Stollenvortrieb in den Einsatz, welche
die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik (o.
Sulzer) in Winterthur hergestellt hat.
Ihre Behälter fassen jeweils insgesamt 2.000 Liter Luft von 70 – 80 atm. In den stehend vor dem Führersitz angebrachten Erwärmer tritt die Luft unter vollem Behälterdruck ein; erst in ihm wird der Druck verringert, ohne an Leistung zu verlieren, so daß die Lokomotiven auch wirtschaftlicher sind. Preßluft und Dampf werden im Inneren des Tunnels aufgefüllt. Ähnlich ist es beim Bau des Lötschbergtunnels in den Jahren 1907 bis 1913.
Aus dem Jahr 1902 ist erstmals ein Fahrrad mit
Druckluft als Energiespeicher bekannt, als ein Versuch, der von William
Rutherford Taylor, einem Fahrradmonteur und Vertreter aus
der schottischen Hafenstadt Bo’ness, patentiert wird. Der Grafik nach
wird das Rad in erster Linie über die Pedale angetrieben, verfügt jedoch
zudem über einen Druckluftmotor oberhalb des Oberrohrs, der mit den
Tretkurbeln verbunden ist.
Dieser Motor wird aus einem Druckluftbehälter unter dem Oberrohr gespeist, welcher wiederum von dem im Hinterrad eingebauten Zehn-Zylinder-Kompressor aufgepumpt wird. Obwohl anfangs angenommen wird, daß diese Idee nie bis zum Prototypenstadium gelangt ist, werden 2005 in einem Geschäft in der Nähe von Bristol zwei Zylinder gefunden, die eindeutig an Fahrradkurbeln befestigt sind und vermutlich die beiden Antriebszylinder des Taylor-Fahrrads darstellen.
Auch ein dritter Antriebszylinder wird gefunden, sowie etwas, das wohl das Steuerventil für das Ablassen der Druckluft ist. Sonst scheint aber nichts übrig geblieben zu sein.
Im Jahr 1905 experimentiert auch Wilhelm Maybach,
der technische Schöpfer des Mercedes-Automobils, mit einem Druckluftmotor,
für den er ein Patent erhält. Er kombiniert den Ottomotor, der als
Hauptantriebsmaschine fungiert, über einen Kolbenkompressor mit zwei
Druckluftmotoren, die die Hinterräder des Fahrzeugs antreiben. Sein
Antriebsstrang benötigt kein Differential, keine Kupplung oder Bremsen
und kann mit einem einzigen Hebel bedient werden.
Obwohl es diverse Probleme mit diesem frühen Beispiel für hybride Antriebstechnologie gibt und der Wirkungsgrad des Systems weit unter dem Wert eines konventionellen Antriebsstrangs mit mechanischem Getriebe bleibt, wird ein Testfahrzeug gebaut, das heute im Mercedes-Benz Museum in Stuttgart-Bad Cannstatt steht. Technisch wird die Idee damals aber nicht weiter verfolgt.
Aus dem Jahr 1907 ist ein Patent von Fred
G. Herrington aus Decatur, Illinois, bekannt, das einen
Druckluftmotor für Automobile betrifft (US-Nr. 865.496), während
von Walter W. Macfarren aus Pittsburg, Pennsylvania,
das Patent für eine besondere Anwendung der Druckluft stammt: Diese
wird an Bord eine Wagens mit konventionellem Motor erzeugt, um die
Kraft auf vier Luft-Nabenmotoren zu übertragen (US-Nr. 859.235).
James Ira Pittman und Elizabeth R. Harrison aus Valdoste, Georgia, sind wiederum für das 1906 beantragte und 1909 erteilte Patent eines Luftmotors verantwortlich (‚Air Motor or Locomotive‘, US-Nr. 931.643). In allen Fällen scheint es aber nie zu einer Umsetzung gekommen zu sein.
Zwei besonders interessante Automobile – auch wenn sie nicht druckluftbetrieben
sind – stellen die 1909 von dem prestigeträchtigen
französischen Unternehmen Delaunay-Belleville gebauten
Wagen für den russischen Zaren Nicholas II dar,
die neben ihren 11,8-Liter-Motoren mit lautlosen Druckluft-Anlassern von
Saurer ausgestattet sind, die auch zum Aufpumpen der Reifen oder zum
Blasen einer Pfeife verwendet werden können.
Das wichtigste Merkmal ist jedoch, das der Luftvorrat ausreicht um den Wagen etwa 400 m weit zu fahren, ohne den Motor zu starten, so daß der Zar einem Attentatsversuch schnell entkommen kann. So zumindest die Idee dahinter.
Aus den Zehnerjahren sind nur wenige Versuche bekannt. Die Ingenieure C.
R. Harris und Rutherford G. Goldman melden
im September 1911 das Patent für eine rotierende Flüssigkeitsbremse
an, bei der es sich vermutlich um eine Art radialen Luftkompressor
gehandelt hat (US-Nr. 1.127.237, erteilt 1915). Daraus
entwickelt sich die Idee eines druckluftbetriebenen Autos, dem Airmobile.
Den eher vagen historischen Aufzeichnungen zufolge haben Harris und Goldman im Jahr 1914 die Herstellung eines Autos vorbereitet, das über vier rotierende Luftbremsen verfügt, die auch als Luftmotoren fungieren, sowie über zwei Luftspeicherzylinder und eine Motor-Kompressor-Kombination. Dabei soll der Motor ein ‚reibungsloser, mit Rohöl betriebener Kreiskolbenmotor‘ sein, wobei nicht klar ist, ob es sich um einen Kreiskolbenmotor im Sinne des Wankelmotors oder um einen falsch beschriebenen Sternmotor handelt.
Die Druckluft wird in zwei Tanks gespeichert und über über Drosselkappe zu dem Luftmotor in jedem Rad geleitet, die nicht größer als eine gewöhnliche Nabe dargestellt sind, was nicht sehr realistisch wirkt. Um die Sache noch komplizierter zu machen, wird die Federung zum Teil durch Luftkissen mit eigenem Luftreservoir realisiert, was man in der Zeichnung ganz links sieht.
In der Ausgabe vom 25. Dezember 1916 des The Automobile Journal wird einiges zum Hintergrund des im Vorjahr vorgestellten Airmobils berichtet. Demnach habe die Rotary Air Brake Co. in Los Angeles, die Firma von Harris und Goldman, das Rotationsprinzip der Energieerzeugung aus Benzin und die Speicherung in Form von komprimierter Luft umgesetzt. Auf diese Weise wird ein Auto mit Allradantrieb geboren, das es ermöglicht, Kurbelwelle, Nockenwelle, Schwungrad, Kupplung, Getriebe, Differential und Bremsen zu eliminieren – weshalb der Wagen umgehend zum sichersten und einfachsten Auto der Welt erklärt wird.
Die Durchführbarkeit ist vor allem davon abhängig, den erforderlichen Druck in den Explosionskammern aufrechtzuerhalten, was bisher aufgrund von Leckagen unmöglich war. Die Hersteller des neuen Motors behaupten, daß dies nun beseitigt wurde und daß der Motor mit niedriger Drehzahl betrieben werden kann und hohe Drücke erzeugt, während früher Rotationsmotoren mit hoher Drehzahl betrieben wurden und nur niedrige Drücke erzeugten.
Ein Serienfahrzeug, das der obigen Zeichnung ähnelt, wird jedenfalls nie hergestellt, statt dessen wirbt die Firma 1915 für einen Luft-Dampf-Gas-Wasser-Motor, von dem bekannt ist, daß er produziert wurde. Die Idee des Airmobile wird hingegen völlig aufgegeben. Das Unternehmen wird dann 1917 in Rotary Products Co. umbenannt und beginnt 1920 mit der Herstellung luftbetriebener Maschinen für die Industrie.
Kaum bekannt ist, daß das erste portugiesische Auto, das 1911 von Alberto
Antunes gebaut wird, einen Druckluftmotor besitzt und eine
Kraft von 100 PS hat. Den wenigen Informationen zufolge, die auf dem
Interview mit einem der Mechaniker basieren, benötigt das Auto einen
kleinen 3-PS-Benzinmotor zum Starten und Komprimieren der Luft.
Einmal mit Druckluft beladen, welche die Kolben bewegte, kann das Auto absolut geräuschlos und ohne Tanken oder Emissionen lange herumfahren. Leider sind keine weiteren Details darüber zu finden.
Auch bei der 1912 von den Gebrüdern Sulzer in
Winterthur in der Schweiz hergestellten Diesel-Klose-Sulzer-Thermolokomotive,
der ersten Großdiesellokomotive der Welt, spielt Druckluft eine Rolle:
Das Anfahren der 95 Tonnen schweren Lok erfolgt mit Druckluft zwischen
2,5 und 12 Bar aus Flaschenbatterien direkt in die Brennräume des Hauptmotors
bis zu einer Geschwindigkeit von 8 – 10 km/h, danach ist sie aufgebraucht
und der Motor wird auf Verbrennung umgestellt.
Als Hilfsaggregat für die Energie- und Druckluftversorgung bei stehendem Hauptmotor ist ein 250 PS Zweizylinder-Zweitakt-Rohölmotor eingebaut. Die Druckluft wird mit Kompressoren sowohl am Haupt- wie auch am Hilfsmotor erzeugt und mit bis zu 70 Bar gespeichert. Dadurch kann sie bei Bedarf auch während der Fahrt für die Antriebsleistung hinzugezogen werden, z.B. bei schnellem Beschleunigen oder an Steigungen.
Nach einem Jahr Versuchsbetrieb bei ihrem Eigentümer, den Preußischen Staatsbahnen in Berlin, wird die Erprobung der Lokomotive bei Beginn des Ersten Weltkriegs abgebrochen – und aufgrund der Mängel, die sich im Betrieb zeigen, folgt auch kein regulärer Einsatz. Im Jahr 1920 zerlegen Schneidbrenner die Lok in Schrottpakete.
Aus dem Jahr 1918 ist das im Vorjahr beantragte
Patent ‚Compressed-Air-Power Plant‘ von Seward S. Vernon aus
Patterson, New Hersey, bekannt (US-Nr. 1.251.849). Auch in diesem Fall
lassen sich darüber hinaus keine weiteren Spuren der Erfindung finden.
Im Jahr 1920 entwickelt der Erfinder John
D. Houston aus
Prineville, Oregon, eine sehr effiziente Hausheizung, welche für ihre
Funktion Kompressionswärme verwendet. Das System soll
über Kondensatoren der Umgebungsluft Wärme entziehen und sich auch
als Antrieb eignen, indem ein Druckluft-Kreislauf
mit Kompressor, Luftmotor und Generator gebildet wird.
Houston gründet zusammen mit seinem Vater eine Firma aus 20 Teilhabern und baut ein verbessertes Demonstrationsmodell. Der Erfinder behauptet, daß seine Maschine so heiß ‚gefahren’ werden kann, daß sie sich selbst dabei zerstört, während es im umgekehrten Betriebsmodus möglich sei, Kältegrade bis -250°C zu erreichen.
Versuche, Industrielle in San Francisco zu überzeugen eine Produktion der Maschine zu starten, scheitern jedoch an dem Argument, daß ein Einsatz den Brennstoffverkauf beenden würde – zu jener Zeit die Hauptfracht der Dampfschiffe.
Houston soll sein Gerät in Kanada und England patentiert haben. Ich fand bislang allerdings nur ein US-Patent Nr. 1.781.062 von 1930, das unter dem Namen Thermal Plant läuft. Andere Informationen sprechen davon, daß Houston bereits 1920 oder 1921 gestorben sei – im Alter von nur 22 Jahren.
In den 1920er und 1930er Jahren
treten mehrere weitere Selbstbauer und Experimentatoren auf, die jedoch
kaum Interesse daran zeigen, ihre eigenen Unternehmen rund um ihre
Druckluftautos aufzubauen. So soll beispielsweise ein Louis
C. Kiser im Jahr 1925 seinen benzinbetriebenen
Wagen auf Druckluftantrieb umgestellt haben – nähere Details gibt es
darüber nicht.
Ebenfalls aus dem Jahr 1925 soll der Druckluft-Roller für
Kinder stammen, über den sich sonst leider nichts finden ließ. Dabei
ist die Idee nicht schlecht, denn wie man erkennen kann, besitzt das
Fahrgerät eine Luftpumpe, um unterwegs den Tank wieder aufzufüllen.
Um im Kontext zu bleiben: Als Mini-Druckluft-Auto erscheint diese mobile Umsetzung wieder im Jahr 1933, wo sie sogar als kleines Filmchen von British Pathé zu sehen ist (‚My Car! - By A Very Small Owner‘).
Das Auto hat einen ‚Gashebel‘, einen Griff zum Bremsen und einen für den Rückwärtsgang. Unter dem Fahrgestell befinden sich zwei Luftzylinder – und auch hier gibt es eine Auftank-Fußpumpe.
Auch in diesem Fall habe ich keine weiteren Belege oder Hintergründe finden können – und wundere mich, daß die Idee später nie wieder aufgegriffenen wurde.
Im Jahr 1926 stellt Lee Barton Williams aus
Pittsburg in Kalifornien ein Auto vor, das zwar mit einem Benzin-Motor
gestartet wird, jedoch auf Druckluftbetrieb umgeschaltet werden kann,
sobald es eine Geschwindigkeit von 15 km/h erreicht.
Schon beim ersten Test soll der Wagen 100 km/h schnell gefahren sein. Williams Weigerung, nähere technische Angaben zu machen, läßt allerdings vermuten, daß er sich entweder etwas vormachte oder eine Art Betrug plante.
Im August 1940 wird ihm das Patent für einen Propeller mit exzentrischer Konstruktion erteilt, der für Flugzeuge und andere Vehikel gedacht ist (US-Nr. 2.211.996).
Die neuartige Anordnung von Propellerflügeln befindet sich in einer Kopmpressionskammer, in der die Flügel die Luft ansaugen und komprimieren, so daß sie unter hohem Druck durch einen Auslaß ausgestoßen wird, der gegenüber dem Einlaß angeordnet ist. Mit Druckluftautos scheint das aber nichts mehr zu tun zu haben.
Im gleichen Jahr präsentiert der Maschinenbauingenieur F. E.
Kenney aus Portland, Oregon, das Arbeitsmodell eines luftgetriebenen
Hydraulikmotors, dessen Kraft von einem kleinen Elektromotor abgeleitet
wird, der mit Strom aus einer Batterie betrieben wird. Der Motor treibt
eine Luftpumpe an, die den Druck im Tank aufrechterhält, von dem aus
die mit Öl gemischte Druckluft zwei Hydraulikzylindern zugeführt wird
und die Kolben antreibt.
Bei dem Fahrzeug scheint es sich um den Umbau eines Ford Model-T zu handeln. In späteren Kommentaren wird angemerkt, daß es sich wohl nur um einen weiteren gescheiterten Versuch gehandelt habe – und daß im Vorratsbehälter wahrscheinlich genügend Luft für kurze Vorführungen vorhanden war, unabhängig davon, ob der elektrische Kompressor funktionierte oder nicht. Jedenfalls ist über die obige Meldung hinaus nichts mehr darüber zu finden.
Im Jahr 1928 beantragt ein Robert E. Forman aus
Cincinnati das Patent für ein druckluftbetriebenes Motorrad,
über das sich ansonsten leiden nichts herausfinden läßt (‚Air-propelled
motor cycle‘, US-Nr. 1.780.705, erteilt 1930).
Die 1929 fertiggestellte V3201 ist
die erste Hochleistungs-Diesellok der Deutschen Reichsbahn (DR,
DRB). Diese diesel-pneumatische Lokomotive war bereits 1924 geplant
und in Auftrag gegeben worden, doch ihr Bau bei der Maschinenfabrik
Esslingen AG (ME AG) dauert fünf Jahre statt des geplanten
einen Jahres, was darauf hindeutet, daß einige ernsthafte technische
Schwierigkeiten zu überwinden waren.
Die 15,8 m lange und leer 111 Tonnen wiegende Lok verwendet einen Sechszylinder-Motor von MAN mit 1.000/1.200 PS, der direkt mit einem MAN 2-Zylinder-Kompressor gekoppelt ist, welcher die Luft mit 7 Bar liefert. Die Nenngeschwindigkeit der Lok beträgt 70 km/h, die Maximalgeschwindigkeit 80 km/h.
Wie schon mehrfach erwähnt, ist ein grundsätzliches Problem der pneumatischen Kraftübertragung, daß bei der Verdichtung viel Energie in Form von Wärme freigesetzt wird, die entweder durch eine Wasserummantelung oder durch Wassereinspritzung in die Zylinder abgeführt werden muß. Andererseits kühlt die komprimierte Luft normalerweise auf natürliche Weise ab, bevor sie den Punkt erreicht, an dem sie eingesetzt wird, was den gesamten Prozeß sehr ineffizient macht.
Bei der neuen Lokomotive wird dieses Problem gelöst, indem die Dieselabgase die Luft nach dem Verlassen des Kompressors in langen röhrenförmigen Wärmetauschern weiter erhitzen, woraufhin diese sehr heiße Luft mit 320ºC dann die Kolben genau so antreibt, als wäre sie Dampf. Trotz dieser Maßnahme ist es aber immer noch notwendig, die Kompressorzylinder durch direkte Wassereinspritzung zu kühlen.
Im April 1931 berichtet die britische Fachzeitschrift The Railway Gazette, daß die Lokomotive bis November des Vorjahres zwölf Monate lang erfolgreich getestet worden war und dabei ihre Nenngeschwindigkeit über weite Strecken um 40 km/h überschritten hat. Zudem soll eine Steigerung der Reichweite um 26 % erzielt worden sein.
Die Deutsche Reichsbahn ist mit dem Versuch durchaus zufrieden, doch ein voller Erfolg scheint er nicht gewesen zu sein, möglicherweise weil der Kompressor trotz der Wassereinspritzung zur Überhitzung neigt. Außerdem ist die Technik im Vergleich zu Dampfmaschinen teuer. Letztlich bleibt es bei diesem einzigartigens Experiment des diesel-pneumatischen Antriebs und die Lok wird fünf Jahre nach ihrer Auslieferung außer Betrieb genommen.
Es gibt sie aber noch heute – als Märklin-Modell 37201 HO Diesellok BR V3201 digital. Außerdem erscheint sie überraschenderweise 1986 auf einer Briefmarke des Inselstaates Tuvalu.
Ebenfalls aus dem Jahr 1931 stammt der Patentantrag für ein Druckluftauto von Robert Cady Burt aus Pasadena, das ein gutes Beispiel für die Kombination von zwei Luftmotortechnologien darstellt: Der Kompressor wird von einem kleinen 4-Zylinder Benzinmotor angetrieben, und die Abgase des Luftmotors werden wieder komprimiert, so daß es sich um ein Hybridsystem mit geschlossenem Kreislauf handelt. Daß seine Idee brauchbar ist, beweist er 1932, als er erfolgreich einen Plymouth umbaut.
Burt ist ein echter Physiker, ein Wissenschaftler bei General Electric, der bereits mehrere eigene Patente über photoelektrische Zellen, Oszilloskope, Hörgeräte und andere Dinge besitzt. Auch sein Patent ‚Apparatus for the transmission and control of mechanical energy‘ ist streng wissenschaftlich und gilt als ein gutes Lernmittel, da es einige der grundlegenden Prinzipien und Formeln für die Kompression und Expansion von Luft beschreibt (US-Nr. 2.120.546, erteilt 1938; vgl. GB-Nr. 402441, erteilt 1933).
Nach vielen Jahren in Vergessenheit kommt der Burt Air Drive Anfang Januar 1980 wieder in die Presse, als die San Marino Tribune darüber berichtet. Demnach hat Burt seine Erfindung perfektioniert, nachdem sich 1973 Schlangen an den Tankstellen bildeten, und plant nun, diese in Form eines ‚Burt Retrofit Kit‘ in seinem 66er Cadillac zu verwenden. Mit dem Bausatz, der in jedes Auto eingebaut werden kann und den Motor von einem Benzinfresser in einen Luftverbraucher verwandelt, will er die Autoindustrie revolutionieren.
Der Bausatz umfaßt einen kleinen Standard-Vierzylindermotor, der die eigentliche Antriebskraft darstellt, und einen an diesen Motor angeschlossenen Luftkompressor. Damit soll sich der Verbrauch um 95 % senken lassen. Burt will das Kit in etwa 18 Monaten anbieten, doch aus irgendeinem Grund kommt die Sache nicht ins Rollen und später ist nichts mehr davon zu hören.
Etwas undurchsichtig ist die Geschichte des Ingenieurs Roy
Jerome Meyers aus Los Angeles, der einem Bericht des Magazins Modern
Mechanix vom Januar 1932 zufolge im Laufe von
sechs Jahren ein druckluftbetriebenes Auto mit einem 6-Zylinder Stern-Luftmotor
und mehr als 180 PS gebaut habe, das bei einer Geschwindigkeit von
55 km/h eine Reichweite von 800 km aufweist – so jedenfalls Meyers
Behauptungen, dessen entsprechendes Patent aus dem Jahr 1926 stammt
(US-Nr. 1.608.802).
Das Fahrzeug besitzt vier große Druckflaschen, und zur Erwärmung der komprimierten Luft gibt es eine batterie- bzw. generatorbetriebene elektrische Heizung. In dem Magazin heißt es, daß Luft elektrisch erhitzt wird, bis sie einen Druck von 200 psi erreicht. Dann treibt sie den Motor an und wird „zurückgewonnen und in eine Kompressionskammer gesaugt, wo sie erneut erhitzt und in den Tank zurückgeführt wird.“
Besonders diese Aussage legt die Annahme nahe, daß dieses Auto weniger ein praktischer Vorschlag als ein sogenannter ‚Perpetuum Mobile-Betrug‘ war. Es ist zu vermuten, daß die eigentliche Energiequelle die in den Tanks gespeicherte Luft ist, die für kurze Vorführungen ausreicht, um potentielle Investoren zu beeindrucken, aber sicher nicht für Fahrten über Hunderte von Kilometern. Denn was den Luftkompressor antreibt, der die ganze Sache in Gang bringt, wird nicht angegeben.
Zu Meyers Vita gehört bereits eine dreieinhalbjährige Haftstrafe im Staatsgefängnis von Arizona in Florence um 1912 herum; wofür, scheint nicht aufgezeichnet worden zu sein. Während dieser Zeit hat er einen ‚Absorber‘ erfunden, der Elektrizität direkt aus der Atmosphäre abzapfen kann, und plante, ein 60 m hohes Exemplar zu bauen, das die Stadt Phoenix mit Strom versorgen sollte, was aber nie geschah. Über solche Technologien findet sich mehr im Kapitelteil Micro Energy Harvesting unter Atmosphärische Elektrizität.
In Zusammenhang mit Meyers wird häufig ein J. M. Custer aus Piggott in Arkansas erwähnt, der ebenfalls 1932 ein Auto konstruiert, das mit Druckluft betrieben wird und dabei den von Meyers entwickelten Motor verwendet. Vier mit Druckluft gefüllte Tanks sollen das Auto 800 km weit mit einer Geschwindigkeit von 56 km/h angetrieben haben, was aber nur möglich ist, wenn es sich um wirklich große Lufttanks gehandelt hat. Mehr ist darüber nicht zu erfahren.
Eine merkwürdige Sache ereignet
sich im Jahr 1934
in der Kleinstadt Wolvega, etwa 100 km von Amsterdam entfernt, als
der damals 21-jährige niederländische Student Johannes
Wardenier,
ursprünglich ein einfacher Bauernjunge aus Steenwijkerwold in der
Provinz Overijssel, verkündet, daß er das weltweit erste (fast) brennstofflose
Auto entwickelt habe, denn sein Heißluft-Motor bräuchte
nur wenige Tankfüllungen pro Jahr. Der Bürgermeister von Wolvega beruft
daraufhin eine Pressekonferenz ein, die niederländischen Zeitungen
berichten wochenlang über diese Erfindung, und es wird sogar schon
eine Fabrik für 13.000 Beschäftigte geplant.
Dem Entwurf zufolge wird die heiße Luft in einen Motor gepreßt, der eine Reihe von Zylindern enthält, von denen die Hälfte nach unten geht, während die anderen nach oben steigt. Wie bei einem gewöhnlichen Motor treibt die Kurbelwelle eine Drehbewegung an. Der Hauptunterschied besteht darin, daß die Luft, nachdem sie durch die Zylinder geflossen ist, mittels eines Kompressors an der Seite erneut durch die Zylinder strömt, was eine kontinuierliche Zirkulation ergibt, die drei Monate lang halten würde.
Wardenier verspricht, im folgenden März ein funktionsfähiges Modell des Motors in Originalgröße vorzuführen – doch dieser Tag sollte nie kommen.
Denn kurz vor dem geplanten Termin wird Wardenier jedoch unter geheimnisvollen Umständen in eine psychiatrische Anstalt gesperrt und ihm wird nicht erlaubt, irgend jemanden zu sehen, noch nicht einmal seine Eltern oder den von ihm überzeugten Bürgermeister. Nachdem ihn der behandelnde Arzt als ,normal’ erklärt und wieder entläßt, berichten ihm seine Eltern, daß seine Maschine zwischenzeitlich von einigen Männern abgeholt worden sei. Auch die Entwürfe sollen gestohlen worden sein. Der Motor wird nie wieder gefunden.
Im 2. Weltkrieg ist Wardenier Zwangsarbeiter, Widerstandskämpfer, Häftling in einem Konzentrationslager, wo er schwer erkrankt, und Flüchtling. Mitgefangenen soll er anvertraut haben, daß er dies alles der Royal-Dutch Ölgesellschaft verdankt, nachdem er sich geweigert hatte, dieser seinen benzinlosen Motor zu verkaufen.
Später lebt er in relativem Luxus und erklärt 1959, daß der niederländische Glühlampen-Industrielle Frederik Jacques ,Frits’ Philips für seine damalige Einweisung verantwortlich gewesen sei – und ebenso für sein anschließendes Wohlergehen.
Der National Examiner berichtet Anfang Mai 1975 über Wardenier unter dem Titel „Erfinder von kraftstofflosem Motor inhaftiert!“. Hier wird erwähnt, daß es der zweitgrößte Ölkonzern der Welt war, der in der Erfindung eine Bedrohung sah und dafür sorgte, daß der Benzinmotor durch nichts ersetzt wird, um weiterhin Milliarden auf Kosten der Autofahrer einzustreichen. Als Wardenier 1960 im Alter von 47 Jahren arm und desillusioniert stirbt, wird er in Kerkbuurt nahe Steenwijk begraben. Spätere Untersuchungen zeigen jedoch, daß sich sein Körper nicht in dem Grab befindet. Weiter ließ sich diese abenteuerliche Geschichte bislang nicht verfolgen.
Ebenfalls 1934 beantragt
der Schuhmacher Bob Neal aus Arkadelphia in Arkansas
das Patent für einen Luftmotor. Nach der ersten Ablehnung versucht
er es zwei Jahre später nochmal – und demonstriert dabei sein funktionierendes
Modell. Nun bekommt er das Patent endlich zugesprochen (US-Nr. 2.030.759,
erteilt
1936).
Doch damit beginnt eine weitere merkwürdige Geschichte: Nachdem das Patent veröffentlicht worden ist, besuchen ihn deutsche Nazis oder Leute, die sich als Nazis ausgeben, um an das Geheimnis seiner Technologie zu kommen. Da er sich weigert, ihnen die Rechte zu verkaufen, entführen sie seine Tochter. Neal zerlegt daraufhin seinen Motor und informiert die Deutschen, daß das Thema für ihn damit endgültig beendet sei, worauf sie ihm seine Tochter zurückgeben.
Im Magazin Popular Science vom Februar 1934 erscheint
das Foto einer monströsen, 12 m langen Eisenbahnlokomotive, die eher
wie ein LKW aussieht und fast ausschließlich mit Luft betrieben wird.
Sie soll bei Geschwindigkeiten von bis zu 200 km/h in nur 24 Stunden
von Küste zu Küste der USA kommen.
Die Idee des Railroad Bus geht auf William E. Boyette aus Atlanta, Georgia, zurück, der sie bereits 1932 zum Patent angemeldet hatte (US-Nr. 1.904.611, erteilt 1933).
Dem Erfinder und seiner ebenfalls 1932 in Jacksonville, Florida, gegründeten Firma Boyette Air Electric Car Inc. zufolge startet das Vehikel mit Batterie-Strom, benötigt danach aber nur noch Luft, um weiterzufahren. Dies soll im Einzelnen dadurch geschehen, daß große Tanks an den Seiten des Wagens von einem Startluftkompressor, der von einem Hilfselektromotor und einem über 2 Tonnen schweren Akkusatz angetrieben wird, mit Druckluft bei 400 psi vollgepumpt wird.
Die Druckluft treibt dann den Luftmotor an, der mit den Antriebsrädern verbunden ist, wobei ein großer Luftkompressor, der direkt mit den Vorderrädern verbunden ist, während der Fahrt Luft zurück in die Tanks pumpt und ein Stromgenerator, der an das hinterste Radpaar angeschlossen ist, die Batterien kontinuierlich auflädt. Die einzigen Kosten sind etwa 2,50 $ für das vollständige Aufladen der Batterien am Ende der Fahrt.
Bei diesen ‚mutigen‘ Behauptungen ist es kein Wunder, daß die Firma, die anfangs fleißg Aktien verkauft, bereits 1936 wieder aufgelöst wird und ihre Spuren verwehen. Was aus dem Schienen-Wagen wird, ist nicht bekannt, ebenso wenig, wie ob die damals geplante Probefahrt zwischen Atlanta und Jacksonville tatsächlich durchführt wurde.
Im Oktober 1937 zeigt ein Mickey
Mouse-Comic von Walt Disney eine Satire mit der
möglichen Interpretation, daß jemand, der einen sich selbst füllenden
Lufttank erwartet, ,doof’ (Goofy) ist. Der Strip ist möglicherweise
durch eine 1926 – 1927 gelaufene
Satire-Serie namens Gas Buggies von Frank
Beck inspiriert worden, in
der es um den fanatischen, aber ständig erfolglosen Luftauto-Erfinder
Hem und seine Frau Amy geht.
An diese Stelle paßt ein Hinweis auf die frühen Versuche, derartige ‚sich selbst füllende Lufttanks‘ zu erfinden oder zu entwickeln, falls jemand diesbezüglich weiter recherchieren möchte. Die Reihe beginnt mit Edward Felix Russell aus North Dakota, der bereits als junger Teenager mit der Arbeit an seinem selbstfüllenden Lufttank begann (1904), und geht weiter mit Homer Calvin Busby aus Cincinnati, Ohio (1909), Daniel Burns aus Pittsburgh, Pennsylvania (1923), George Lafayette Heaton, Jr. aus Portland, Oregon (~ 1940) und Robert Bernard Hammett aus New Orleans, Louisiana (1962).
Wesentlich weniger amüsant ist der unbemannte Marschflugkörper vom
Typ Fieseler
Fi 103, umgangssprachlich als Vergeltungswaffe 1 (V1)
bekannt, der ab Juni 1944 gegen England eingesetzt
wird. Die mit 850 kg Sprengstoff gefüllte und von einem einfachen Autopiloten
gesteuerte Flugbombe wird von einem aufgesetzten Verpuffungsstrahltriebwerk
(o. Pulsionstrahltriebwerk) angetrieben, dessen Verbrennungsprozeß
durch
Preßluft aufrecht erhalten wird.
Diese stammt aus zwei mit 150 Bar befüllten Kugeln im Rumpf des Flugkörpers und erlaubt eine Reichweite von bis zu 370 km. Auch die Steuerorgane, vor allem das Strahlruder, werden mit Druckluft betätigt.
Danach ist es einige Zeit ruhig um die Druckluft, und ich habe aus
den zwei Folgedekaden bislang kaum etwas gefunden - bis zur Ölkrise 1973,
die offenbar einen starken Innovationsschub zur Folge hatte, wie
es auch in anderen Segmenten der erneuerbaren Energietechnologien
zu bemerken ist.
Einzig der Erfinder George A. Gillen aus Jersey City
meldet im Jahr 1955 das Patent für einen ‚Air turbine
motor for motor vehicles‘ an (US-Nr. 2.839.269, erteilt 1958).
Und Cleo L. McClintock aus Portland, Oregon, der als der eigentliche Erfinder des Differential-Getriebes gilt, erfindet 1958 eine Air Engine, die keinen Kraftstoff verbraucht, sondern sich durch ihren eigenen Luftkompressor selbst antreibt. Weshalb er sie ebenfalls prompt zum Patent anmeldet (US-Nr. Nr. 2.982.261, erteilt 1961).
Bei dem auch Air Motor genannten Gerät scheint es sich um eine Kreuzung zwischen einem 3-Zylinder-Diesel und einer Rotationsmaschine mit verschiedenen Getrieben zu handeln, die eine große Hitze entwickelt und einen starken Drehmoment besitzt. Über irgendwelche praktischen Umsetzungen ist nichts bekannt.
Von 1960 stammt das Foto eines Dragsters, den eine
Person namens Garrett gebaut hat. Den wenigen Informationen
zufolge soll der Konstrukteur damit eine Geschwindigkeit von
256 km/h erreicht haben - was eindeutig ein Rekord wäre.
Ein tatsächlich funktionierendes Druckluftauto wird 1967 von
dem Erfinder und Ingenieur Vittorio Sorgato aus Mailand
vorgestellt.
Der Wagen ist mit neun Druckluftflaschen ausgestattet, die von einem externen Kompressor befüllt werden und 200.000 Liter mit 200 atm komprimierte Luft fassen.
Der fast lautlose Wagen für vier Passagiere, von dem es nur ein Foto des Fahrgestells gibt, das bei Testfahrten in der Nähe von Mailand aufgenommen wurde, soll eine zukünftige Karosserie aus Fiberglas erhalten.
Das Wenige, was darüber hinaus bekannt ist, ist, daß der Wagen knapp 50 km/h schnell ist und eine Reichweite von etwa zwei Stunden hat. Die Idee findet in Italien zunächst großen Anklang, gerät dann aber schnell wieder in Vergessenheit.
So gut wie keine Informationen gibt es über die Versuche des Rennfahrers Mickey
Thompson Ende der 1960er Jahre, einen Druckluft-Rennwagen
zu bauen. Sein Fahrzeug, von dem immerhin noch ein Foto existiert,
wird mit dem Inhalt von 16 Tauchflaschen angetrieben, die sich über
die gesamte Unterseite des Chassis verteilen. Damit sollen 2.800 PS
erreicht werden. Ob der Wagen je gefahren ist, und falls ja, wie lange
und wie schnell, ist leider nicht herauszufinden.
Anderen Quellen zufolge sind Tests verschiedener Formen des Systems mit drei unterschiedlichen Dragstern und einem von Thompsons ‚Ford Funny Cars‘ durchgeführt worden, doch in allen Fällen wurden keine vollen Viertelmeilenläufe damit unternommen.
Spätere Testprogramme mit Hilfe von Thompsons Prüfstandanlage in Long Beach zeigen, daß ein 6-71 Boss 429 Ford-Motor mit 20 % Nitro 1.360 PS leistet, während der gleiche Motortyp, der mit dem Flaschenluftsystem ausgestattet ist und nur reinen Alkohol verbrennt, 2.400 PS hervorbringt.
Solche Einsatzformen von Druckluft – quasi als Booster – werden auch von anderen Rennfahrern genutzt, wie z.B. der ‚Vater der Dragster-Rennen‘ Don Garlits, in dessen Drag Racing Museum einer dieser Air cars steht. Meist gehen diese Ansätze aber nicht über einzelne Versuche hinaus.
Die Meldungen der 1970er Jahre beginnen mit
dem Luftauto-Erfinder Russel R. Brown aus Harrisburg,
Pennsylvania, der 1972 das Patent für einen Motor
beantragt, der sich seinen Tank selbst befüllt (US-Nr. 3.765.180,
erteilt 1973). Es scheint sich um die Konvertierung
eines Verbrennungsmotors zu handeln, die viel Arbeit gekostet hat.
Browns Frau jedenfalls verläßt ihren Ehemann, weil er ihr zu viel Zeit
in seiner Werkstatt verbringt. Anderen Quellen zufolge ist sein Auto 1974 tstächlich
funktionsfähig - nach 20 Jahren Entwicklungsarbeit. Belege dafür ließen
sich bislang aber nicht fiden.
Ein Willard ,Bill’ Truitt aus McKees
Rocks, Pennsylvania, baut ab 1973 ebenfalls an einem
selbstantreibenden Druckluftauto, dessen wichtigste Elemente ein „geheimes
Ventil, das wie ein Herz funktioniert“, ein dreistufiger elektrischer
Kompressor und mehrere hydraulische Luftpumpen sind.
Der Erfinder hatte schon als Teenager im Jahr 1920 entsprechende Experimente gemacht, als sein Vater eine Tankstelle in Huntington, West Virginia, besaß. Damals mußte er seinen umgebauten Wagen, von dem er nur noch eine Zeichnung vorweisen kann, wieder zerlegen, um dessen Diebstahl zu verhindern. Nun bietet er sein weiterentwickeltes Fahrzeug kostenlos der Regierung an, die aber nicht interessiert ist.
Aufgrund der „Belästigung durch Ölgesellschaften und Autofirmen“ und da er keine eigenen finanziellen Mittel für die Weiterentwicklung besitzt, baut Truitt nie wieder ein Auto, übergibt seine Konstruktionsunterlagen aber 1982 fast vollständig einem militärischen Austauschprogramm zwischen den US-Army und der NASA, die ihm eine Lizenzgebühr versprechen, ohne dieses Versprechen jedoch zu erfüllen. Zwar wird ihm mitgeteilt, daß seine Maschine in einen Jeep und sogar in einen Hubschrauber eingebaut worden sei, doch danach scheint das Ganze im Sande verlaufen zu sein und Truitt stirbt Ende 1989.
Ab 1973 nehmen die Patentanmeldungen im Bereich der
Druckluftmotoren wieder stark zu. Ohne im Einzelnen darauf einzugehen,
soll hier eine Reihe dieser Patente aufgeführt werden, die mit einem
‚Air drive adaptor‘ von Garnet J. Simington aus Alberta
in Kanada beginnen (US-Nr. 3.885.387, angemeldet 1973,
erteilt 1975). Im Jahr 1974 werden
angemeldet eine ‚Compressed air power plant‘ von John E. Holleyman aus
Monroe, Louisiana (US-Nr. 3.925.984, erteilt 1975)
sowie eine ‚Pressurized gas operated engine‘ von Sanders Ford
Jr. aus Richmond, Kalifornien (US-Nr. 3.987.633, erteilt 1976).
Der Reigen geht weiter mit einer ‚Turbine engine for automotive vehicles‘ von Jaime Rios Santos (o. Santiago Iglesias) aus Rio Piedras in Puerto Rico (US-Nr. 4.043.126) und einem ‚Compressed air-operated motor employing dual lobe cams‘ von John R. Murphy aus Smithville, Mississippi (US-Nr. 4.018.050), beide angemeldet 1976 und erteilt 1977. Die Liste ließe sich quasi endlos fortsetzen, würde diese Übersicht aber sprengen. Außerdem scheint keines dieser Patente jemals umgesetzt worden zu sein.
Im Jahr 1976 soll der Ingenieur Ray Starbard aus
Vacaville, Kalifornien, einen Druckluft-Lastwagen gebaut
haben, über den sich aber nichts Näheres finden läßt.
Ebenfalls 1976 entwickelt der Erfinder Joseph
P. Troyan sein Troyan Air-Mobile, das er
als das „erste mit Druckluft betriebene Fahrzeug“ bezeichnet.
Es soll auf der Verwendung hermetisch geschlossener Systeme beruhen, zu denen auch ein ,luftbetriebenes Schwungrad‘ gehört. Auf einigen (leider sehr schlechten) Fotos ist eine Art Versuchsstand mit einer Apparatur zu sehen.
Troyan meldet seine Erfindung zum Patent an, wird damit aber abgelehnt. Was weiter geschieht, ist unbekannt.
Im Jahr 1979 beschließt der Motorkonstrukteur Terry
Miller aus Crestline in Kansas, daß Druckluft das perfekte
Medium zur Energiespeicherung sei – und konstruiert mit einem Betrag
von nur 1.500 $ ein dreirädriges Druckluftfahrzeug, für dessen Technologie
er 1980 ein Patent beantragt (US-Nr. 4.370.857,
erteilt 1983).
Millers Air Car One zeigt, daß es selbst mit einfachsten Mitteln machbar ist, ein Fahrzeug zu bauen, das mit Druckluft betrieben wird – auch wenn sich dieses nur schwer als ‚Auto‘ erkennen läßt. Weshalb es wohl auch nie kommerziell hergestellt wird.
Mit Hilfe von Toby Butterfield wird das Projekt 1993 wieder zum Leben erweckt, und mit von den Herstellern gespendeten Teilen wird ein weiteres Druckluftfahrzeug gebaut, das den malerischen Namen Spirit of Joplin hat und eine Geschwindigkeit von 60 km/h erreicht. Es ist der Umbau eines Modells Chevrolet-Sprint von 1988.
Man findet darüber einen 40-minütigen Video-Bericht unter archive.org (‚Terry Miller's Spirit of Joplin Air Car‘), in dem die Technik gut zu sehen ist, die sich unter der Motorhaube versteckt. Der Wagen bekommt zwar einiges an Presse, sogar im People Magazine und auf den Titelseiten diverser Zeitungen, weitere Entwicklungsschritte sind aber nicht zu verzeichnen.
Claude F. Mead und William F. Holmes aus
Kalifornien beantragen 1979 das Patent für einen mobilen
Preßluftspeicher, den sie ‚Power Plant for Camping Trailer‘ nennen
(US-Nr. 4.229.661, erteilt 1980).
Das Konzept sieht einen kleinen Windrotor mit drei Kompressoren vor, um für den späteren Gebrauch Druckluft zu speichern, welche dann zur Stromerzeugung sowie zum Laden von Batterien genutzt wird, die bei besonders hohem Speicherbedarf wiederum den Kompressor betreiben können. Es läßt sich nichts über eine Umsetzung finden.
In den 1980er Jahren entwickelt Carl Leissler einen
Motor, der mit Luft betrieben werden kann. Der Gartenbauingenieur im
Ruhestand hat über 15 Jahre lang in seiner Garage in Hollywood daran
gearbeitet. Um seinen Motor in einem Auto zu verwenden, wie er beschreibt,
muß man nur eine kleine elektrische oder benzinbetriebene Energiequelle
nutzen, um den Luftkompressor anzutreiben. Auch in diesem Fall verschwinden
der Name und die Idee bald wieder spurlos.
Ein Leroy K. Rogers Sr. aus Fort Myers in Florida meldet 1980 das Patent für einen Luftwagen an, der recht bekannt wird und die Autoindustrie veranlaßt, ihm Angebote in Milliardenhöhe zu machen, die er jedoch ablehnt. Bevor er aus den Nachrichten verschwindet, sagt er noch, daß die Publicity um die Erfindung sein Familienleben ruiniert habe (US-Nr. 4.292.804, erteilt 1981; s.a.: US-Nr. 4.693.669, angemeldet 1985, erteilt 1987).
Weitere Fälle aus diesem Jahrzehnt, die sich nicht tiefergehend recherchieren lassen: Der australische Erfinder Des Hill, der seit 30 Jahren an seinem Druckluft-Motor arbeitet; die Brüder Baruch und Isaac Leibow aus Haifa, Israel, die 1980 das Patent für ein ‚Compressed air power generating system‘ erhalten (US-Nr. 4.208.592, angemeldet 1978); sowie der Amerikaner George Miller aus Johnstown, ein ehemaliger Minenarbeiter und Maurer, der 1984 einen Luftwagen erfindet.
Ab 1984 arbeitet der Erfinder Armando Regusci aus Maldonado in Uruguay, hauptberuflich ein Lehrer für Physik, Mathematik und Naturwissenschaften, an einem Druckluft-Wagen, dessen Wirkungsgrad bei 60 - 70 % liegen soll. Mit seinem Fahrzeug kommt er nach eigenen Angaben im Jahr 1992 mit einer einzigen Füllung der zwei Tanks zu je 10 Litern 100 km weit. Der Prototyp erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h und soll nur ihn rund 600 $ gekostet haben.
Anderen Quelle zufolge habe Regusci schon 1956, im Alter von 17 Jahren, ein Fahrzeug mit Schwungrad und hydrostatischem Antrieb gebaut, mit dem er sogar mehrere Rennen gewonnen hat. Seine Entwürfe zeichnen sich seit damals durch den konsequenten Verzicht auf jegliche Designelemente aus.
Bereits 1988 wendet er sich mit diesem Projekt an Ford und General Motors, die sein Angebot jedoch ablehnen. Er findet aber private Investoren, die bereit sind, seine Arbeit zu unterstützen.
Ab 1997 betreibt Regusci zudem das erste einer Reihe von Fahr- und Motorrädern mit Preßluft – sinnvollerweise mit zwei Flaschen, die am tiefsten Schwerpunkt befestigt sind. Er weist eine Bescheinigung des uruguayischen Technologielabors LATU vor, die bestätigt, daß sein 1-Zylinder-Motorrad bei einem Test auf einer Radrennbahn mit einer einzigen Ladung der zwei Kohlefaser-Lufttanks von je 28 Litern und einem Druck von 260 bar eine Strecke von 52 km zurücklegt.
Im Juli 2008 meldet Regusci ein weltweites Patent an – im Januar 2011 führt er ein etwas moderneres Druckluftfahrrad auf dem World Future Energy Summit in Dubai vor, wo er auch eine Partnerschaft mit dem VAE-Geschäftsmann Nassir Arzam Khan eingeht – und im März 2012 wird ein Video veröffentlicht, das einen Reichweitentest des Druckluftmotors mit einfacher Expansion zeigt, der am Laboratorio Tecnologico del Uruguay (LATU) durchgeführt wird. Dabei erzielt ein 88 kg schweres Motorrad plus dem 68 kg schweren Fahrer mit 56 Litern Druckluft bei 230 bar eine Reichweite von 52 km.
Im September folgt die Information, daß man nun mit Druckluft betriebene Dreiräder mit einer Reichweite von 332 km und einer Füllzeit von nur einer Minute für 14.000 $ verkaufen würde, wofür sich aber kein Beleg finden läßt. Ebenso sei man noch immer auf der Suche nach Investoren.
Im Mai 2013 reisen Armando Regusci und sein Sohn Santiago nach Südafrika, um dort ein Druckluftmotorrad zu bauen und ein Tuk-Tuk, in der Region ‚Bakkie‘ genannt, auf Druckluft umzurüsten. Nach ihrer Rückkehr berichten sie, daß sie vor Ort in paritätischer Zusammenarbeit mit lokalen Ingenieuren einen Motor entwickelt haben, der dreimal so stark wie sein Vorläufer sei. Eine schnelle Realisierung ist aber nicht möglich, vermutlich aus finanziellen Gründen.
Erst 2015 bewilligt die Nationale Agentur für Forschung und Innovation (ANII) in Uruguay Regusci Mittel in Höhe von 10.500 $ (andere Quellen: 14.000 $). Um diese zu bekommen und seinen neuen Motor fertig bauen zu können braucht er aber noch weitere 4.500 $ (andere Quellen: 6.000 $). Er versucht daraufhin, Anteile an seinem Unternehmen Regusci Club Air Co. zu verkaufen, hat damit aber keinen Erfolg. Weitere Schritte sind bislang nicht zu verzeichnen.
Mit der Arbeit an seinem neuen vierrädrigen Prototyp beginnt Regusci erst im Mai 2016, was er mit dem Verkauf einzelner 25-$-Aktien finanziert („sechs Aktien bedeuten einen Zylinder“), da er die Mittel der ANII nun doch nicht bekommen hat. Große Fortschritte gibt es dementsprechend keine, und die letzte Meldung auf der Regusciair-Homepage datiert vom Mai 2017.
Der Erfinder Ricardo Perez-Pomar aus Miami wird bekannt, als die Presse im Mai 1987 über ihn und sein Selbstbau-Fahrzeug berichtet – wenn auch nicht immer wohlwollend.
Was vermutlich damit zu tun hat, daß der aus Kuba stammende Hydraulikingenieur behauptet, einen Druckluftmotor entwickelt zu haben, der während seines Betriebs den Tank nachfüllt und so über Monate hinweg in Funktion gehalten werden kann.
Bis zu seinem Tod 2007 gelingt es Perez-Pomar jedoch nicht, einen tatsächlich funktionierenden Wagen zu bauen.
Das erste Mal, daß die Entwicklung
eines Druckluftautos über viele Jahre konsequent
- und auch fast erfolgreich - weiterverfolgt wird, geschieht durch
den aus Narbonne stammenden früheren Formel 1 Motor-Ingenieur Guy
Nègre,
der 1991 mit
der Entwicklung seines Wagens beginnt.
Das Modell CityCAT (für
Compressed Air Technologies), das er 1997 fertigstellt,
soll in erster Linie als Taxi zum Einsatz kommen. Es basiert auf einem
von Nègre patentierten Motor, der sowohl mit Benzin als auch mit Druckluft
betrieben werden kann.
Im Jahr 1999 beginnt man mit der Montage der ersten Fahrzeuge mit Taxi-Karosserie, die anschließend in Barcelona präsentiert werden. In den Folgejahren werden daraus diverse Konzeptstudien abgeleitet – angefangen von einer luxuriösen Business-Version für vier Personen bis hin zu einem Kleintransporter für den innerstädtischen Lieferverkehr.
Der spätere MiniCAT, der für 8.000 € auf den Markt kommen soll, hat drei Sitzplätze vorn, mit einen zentralem Steuersitz, ist 2,65 m lang, wiegt 550 kg und soll eine Reichweite von 150 km haben. Die Druckluftflasche ist unter den Sitzen angebracht.
Auf dem Pariser Automobilsalon im Oktober 2002 stellt Nègres zwischenzeitlich in Luxemburg gegründete
Firma Motor Development International SA (MDI) den mit Druckluft und Wasserstoff (?) angetriebenen CityCAT sowie den MiniCAT vor. Allerdings legen die Fahrzeuge nur wenige Meter zurück - und unter die Haube sehen darf auch niemand.
Herz des 3,84 m langen und 720 kg wiegenden 6-Sitzers ist ein Vierzylinder-Motor mit 800 cm3, der über eine zusätzliche Reaktionskammer verfügt. In dieser Kammer herrscht ein Druck von 20 Bar bei 400°C. Dort hinein wird kalte Druckluft aus den in den Wagenboden eingebauten Flaschen gepreßt, die sich blitzschnell ausdehnt und den Kolben antreibt.
Mit seiner auf 90 Liter komprimierten 90 m3 Füllung hat der Wagen eine Reichweite von 200 - 300 km, seine Höchstgeschwindigkeit liegt bei 110 km/h. Die wageneigenen Druckluft-Flaschen lassen sich entweder in 3 Minuten an einer Druckluftstation oder in 4 Stunden durch einen mitgelieferten elektrischen Kompressor wieder befüllen, wobei die Kosten pro Tankfüllung unter 2 € liegen.
Bislang nur als Konzeptstudie existiert der MultiCAT, der als größerer Lieferwagen oder als Kleinbus zum Einsatz kommen soll.
Nègre will zudem mit einem Franchisekonzept aus modular aufzubauenden Komplettfabriken für begrenzte Lizenzgebiete gleich den ganzen Erball aufrollen. Besonders großen Einsatz zeigt die MDI daher bei der Akquise von Lizenznehmern, die einen nach Einwohnerzahlen aufgeschlüsselten Absatzbereich zugesprochen bekommen.
Für diesen müssen sie dann auf eigene Kosten Lizenzwerke aufbauen, in denen die Wagen gefertigt werden. Es werden globale Claims abgesteckt und das Unternehmen behauptet bereits 2002, weltweit schon 62 solcher Lizenznehmer als Vertragspartner gefunden zu haben – wobei der Gebietsschutz jeweils 300.000 € kostet. Die jeweiligen MDI-Fertigungshallen inklusive Produktionsanlagen, Schauraum und Büros schlagen dann nochmals mit gut 9 Mio. € zu Buche.
Im Laufe der Jahre werden seitens Guy Nègre jedoch so viele Versprechungen gemacht, die dann nie erfüllt werden, daß sich eine ganze Reihe früherer Partner wieder von ihm trennen und zum Teil sogar Anzeige wegen Betrugs stellen. Insider bezweifeln, daß seine Fahrzeuge jemals tatsächlich in Produktion gehen, und auch seine Nominierung für den Eurosolar-Preis wird wieder zurückgezogen. Die großen japanischen, deutschen und amerikanischen Autobauer lassen Nègre ebenfalls abblitzen. Danach ist es erst einmal ruhig um den sonst so umtriebigen Erfinder.
Im März 2007 taucht die MDI dann wieder auf – dieses Mal in Verbindung mit Ratan Tata, dem Besitzer des größten indischen Auto-Herstellers Tata Motors Ltd., der Nègre für 20 Mio. € eine Lizenz für das Druckluftmotor-Konzept abkauft, um die Technik auf den indischen Markt zu bringen. Grundlage soll der MiniCAT sein, wobei Tata davon ausgeht, daß eine Tankfüllung 2 – 3 $ kostet und eine Reichweite von 200 – 300 km erlaubt.
Der Wagen selbst soll zwischen 7.300 $ und 8.200 $ kosten, in der Erstserie wird eine Stückzahl von 3.000 Fahrzeugen pro Jahr anvisiert, und man will schon Ende 2008 mit der Produktion beginnen. Was dann – wie fast immer – aber doch nicht so schnell geht.
Ende 2007 melden die Blogs, daß MDI nun auch in Australien auf den Markt kommen will, ebenfalls schon 2008. Hier soll der Wagen für etwa 8.000 US $ verkauft werden. Im Rahmen eines wieder einmal sehr hoch aufgehängten Fünfjahresplans mit einem Investitionsvolumen von 1,5 Mrd. $ soll in Melbourne eine erste Fabrik aufgezogen werden.
In den USA will wiederum die von Shiva Vencat gegründete Firma Zero Pollution Motor Co. (ZPM) aus New Paltz im Bundesstaat New York ab 2010 MDI-Fahrzeuge unter Lizenz herstellen und anbieten. Gedacht ist an einen 75 PS Wagen mit 6-Zylinder Druckluftmotor für sechs Personen, der rund 17.800 $ kosten soll - was sich später in Vermarktungspläne für den AirPod 2.0 wandelt, bevor die ZPM im Jahr 2008 zur Magnetic Cars Inc. wird und mit der MDI nichts mehr zu tun hat (s.u.).
Im Zuge der Vereinbarung zwischen Nègre und Tata Motors verläßt der Marketingexperte Miguel Celades Rex, der zuvor 8 Jahre lang bei Nègre gearbeitet hat, die MDI und gründet 2008 in Barcelona die Firma Air Car Factories SA. In Zusammenarbeit mit der Universitat Politècnica de Catalunya will Rex innerhalb weniger Monate einen eigenen Druckluftwagen-Prototyp entwickeln, bislang befindet sich das Unternehmen aber erst in der Designphase.
Der geplante Air Car Eureka 1.1 soll über einen Druckluftmotor mit Mono- oder Bi-Energie angetrieben werden (Elektro- und Druckluftmotor). Tatsächlich entscheidet sich die Firma aber schon 2009, zuerst mit der Herstellung von Elektroautos zu beginnen. Angedacht ist ein 25 PS Fahrzeug mit einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h und einer Mindestreichweite von 150 km. Daneben befaßt man sich mit Elektrofahrrädern.
Es gibt anschließend noch Streit um Urheberrechte - und danach ist von der ganzen Sache nichts mehr zu hören.
Anfang 2008 berichtet die Presse, daß in Frankreich ab dem Folgejahr ein dreisitziger OneCAT hergestellt und für nur 3.500 € angeboten werden soll. Die gezeigte Studie ähnelt durch ihre geriffelten Türen ein wenig dem hierzulande altbekannten ,Kübelwagen’ – aber bei den sehr geringen Betriebskosten wäre auch dies zu verschmerzen.
Durch seinen Luftfilter ist der Luftausstoß des Fahrzeugs im Druckluftbetrieb sauberer als beim Lufteinsaugen. Mit einem zusätzlichen (wohl fossilen) 15 PS Motor für den Dreisitzer oder einem 22 PS Motor für den Sechssitzer soll man über Land 110 km/h schnell fahren können. Auch bei dieser Umsetzung arbeitet MDI mit Tata zusammen.
Die Spezifikationen des geplanten Wagens lauten zu diesem Zeitpunkt:
Bevor jedoch tatsächliche Schritte in Richtung einer Produktion unternommen werden, zaubert Nègre das nächste Kaninchen aus dem MDI-Hut, das diesmal – zeitgemäß – AirPod heißt. Ob man das in knalligen Farben vorgestellte Fahrzeug allerdings als ‚Auto’ bezeichnen kann, ist fraglich. Es ähnelt äußerlich dem ‚Hamster-Auto’ von Toyota, das ich am Ende des Kapitels über die Muskelkraft vorgestellt habe, bzw. den Elektro-Cabs der Firma ULTra-System, die auf dem Internationalen Flughafen Heathrow bereits eingesetzt werden und auch für das Masdar-Projekt geplant sind (s.d. sowie unter Podcars).
Der 220 kg schwere und 2 m lange Wagen ohne seitliche Türen ist ein Dreisitzer mit Joystick-Steuerung, in welchem nur der Fahrer nach vorne, die zwei Passagiere jedoch nach hinten schauen müssen. Die gläsernen Türen für den Fahrer und die Passagiere öffnen sich nach oben. Hinten besitzt das Fahrzeug eine konventionelle Achse mit zwei Antriebsrädern, während es vorne ein Einzelrad zur Steuerung gibt.
Mit einem elektrischen Kompressor wird Luft in den 175 l Tank gefüllt, welcher wiederum den 6 kW Einzylinder-Kolbenmotor betreibt. Der 350 bar Tank läßt sich an jeder Tankstelle in 1,5 - 3 Minuten mit Preßluft befüllen. Die Höchstgeschwindigkeit des Airpod soll 80 km/h, die Reichweite 130 km (andere Quellen: 200 km) betragen. Die Fahrtkosten pro 100 km werden mit 0,50 € angegeben.
In den – wie immer euphorischen – Pressemeldungen der MDI wird im Oktober 2008 von einem Verkaufspreis von 6.000 € gesprochen. In Europa soll der AirPod bereits 2009, in den USA 2010 auf den Markt kommen .Das Management der MDI wird aber zunehmend kritisiert, denn es läßt keine unabhängigen Institutionen den AirPod testen, dessen Leistungen wissenschaftlich auch nicht bewiesen sind. Experten bezweifeln deshalb die Richtigkeit der publizierten Informationen.
Im November wird bekanntgegeben, daß zehn MDI-Kabinenroller ab Frühjahr 2009 für einen Zeitraum von sechs Monaten von Air France/KLM auf den Flughäfen Paris-Charles de Gaulle und Amsterdam-Schiphol u.a. für die Beförderung von Wartungscrews getestet werden sollen. Cyril Nègre, Sohn des Firmengründers und ebenfalls bei MDI aktiv, verkündet außerdem, daß schon viele Kommunen Interesse an den Fahrzeugen angemeldet haben. Auch die Stadt Nizza will eine Testflotte aufbauen, wird behauptet.
Ebenfalls 2009 gibt Tata bekannt, daß sich die Entwicklung der Druckluftautos aufgrund der geringen Reichweite und der Probleme mit niedrigen Motortemperaturen als schwierig erweist.
Im Mai 2010 wird das Airpod zwar im Großherzogtum Luxemburg zugelassen, doch im Herbst 2010 sind im Zuge meiner Recherchen weder Details über die Flughafentests zu finden – noch wurde bislang die Serienproduktion gestartet. Die einzige tatsächliche Neuigkeit ist, daß der angekündigte Verkaufspreis des AirPod zwischenzeitlich auf 7.000 € geklettert ist.
Die Nègres sollten sich statt mit Druckluft wohl besser mit der Erzeugung von Heißluft beschäftigen – denn dieses Metier scheinen sie perfekt zu beherrschen... (man beachte dazu auch die Anmerkungen der Erfinders Heinrich Schmid - s.u. unter Stickstoffmotoren).
Im Oktober 2010 gibt es eine Pressemeldung der 2008 gegründeten Firma Catecar SA mit Sitz in Pleigne, die mittels einer Lizenz die Exklusivrechte für die Produktion und den Verkauf der MDI-Fahrzeuge unter 500 kg in der Schweiz und in Liechtenstein erworben hat. Demnach soll die Produktion von Druckluftfahrzeugen in der Schweiz nun ab März 2011 erfolgen.
Catecar wird die Airpods in einer Halle des ehemaligen Boillat-Werks des Swissmetal-Konzerns fertigen, wobei pro Monat 135 Fahrzeuge das Werk verlassen werden. Später soll die Kapazität auf 700 Fahrzeuge pro Monat erhöht werden. Für die Wartung und den Kundendienst will man ab April 2011 ein Netz von 200 Catecar-Werkstätten in den Großstädten einrichten. Die zwei ersten für 2011 geplanten Modelle sind der Airpod für Passagiere mit 3 - 4 Sitzen und der Airpod Cargo mit 300 kg Nutzlast. Andere Modelle sollen im Jahr 2012 folgen, und ab 2013 soll auch das Modell OneFlowAIR produziert werden.
Schon Anfang 2011 gibt es heftigen Streit, da die MDI mit der Lieferung ihrer Technologie in Verzug ist. Dabei erinnert die Catecar an alle jene, die in der Vergangenheit Mittel in die MDI investiert haben: Mexikaner (Coppel), Amerikaner (Shiva Vencat), Spanier (Miguel Celades), Italiener (Eolo), Inder (Tata Motors) und Andorraner (Patrick Dupin), die auch alle noch immer auf die versprochene Technologie warten.
Die Catecar will alles daran setzen, um ihr Projekt mit oder ohne MDI noch in diesem Jahr in Reconvilier zu konkretisieren. Übrig bleibt von den Ambitionen aber nur eine in Catecar Industries SA umbenannte Firma mit einem 560 kg schweren, elektrischen Kleinstwagen namens Dragonfly, mit einer Kabine aus Flachs, einem Solardach und einem Schadstoff-Absauger. Der Prototyp wird auf dem Genfer Automobilsalon im März 2017 ausgestellt – und schnell vergessen.
Nach fünf Jahren der Erprobung und Validierung des Konzepts werden die von MDI entwickelten Motoren im Mai 2012 angeblich erfolgreich in Tata-Fahrzeuge integriert, und es wird versprochen, die luftbetriebenen MiniCat noch vor Ende des Jahres in Indien zu verkaufen. Dies wird seitens MDI bestritten – allerdings erst 2016 – wobei die Firma nun behauptet, nie gesagt zu haben, daß es in Indien MiniCats geben wird. Es stimmt zwar, daß Tata Motors die Exklusivlizenz erworben hat, doch „diese werden keine MDI-Autos produzieren sondern ihre eigenen Autos – mit unseren Motoren.“
Von der Zero Pollution in den USA ist nochmals im April 2015 zu hören, als sie von Robert Herjavec in der Sendung ‚Shark Tank‘ eine Investition in Höhe von 5 Mio. $ erhält. Nun ist die Rede von einem 10.000 $ teuren AIRPod, der in der zweiten Jahreshälfte verfügbar sein wird. Laut der Firma soll der erste Standort für eine AIRPod-Fabrik in den USA auf Hawaii sein, dem Staat, der am stärksten von fossilen Brennstoffen abhängig ist und sich daher gut für die Einführung einer erschwinglichen, kohlenstoffarmen Transportmöglichkeit eignet.
Im Juni 2016 verstirbt Guy Nègre, ohne bislang ein einziges Fahrzeug verkauft zu haben. Die Arbeit wird nun von seinem Sohn Cyril Nègre weitergeführt, der im Januar 2017 bekanntgibt, daß die ersten AirPods in den kommenden drei Monaten auf den Markt kommen sollen.
Im Februar meldet Tata, daß man an dem Punkt angelangt sei, mit der Industrialisierung zu beginnen und die ersten Fahrzeuge bis 2020 verfügbar zu machen. Anderen Berichten zufolge prüft Tata auch die Wiederaufnahme der Pläne für eine Druckluftversion des Tata Nano, die zuvor im Rahmen der Zusammenarbeit mit MDI in Erwägung gezogen worden war.
Die MDI wiederum behauptet im März, daß sie nun Ende des Jahres mit dem Verkauf der Fahrzeuge beginnen werde, mit einer Produktionsrate von 24 Autos pro Tag. Und im Mai ist die Rede von der Eröffnung einer AirPod-Fabrik in Luxemburg – während die Fabrik in Sardinien 1.000 AirPods pro Jahr liefern soll.
Im April 2017 wird immerhin das Druckluft-Müllfahrzeug AirBom, das aus der Zusammenarbeit zwischen MDI und dem Wasser-, Abfall- und Energiemanagement-Unternehmen Veolia hervorgegangen und bereits für Frankreich zugelassen ist, an Airbus Helicoptere in Marignane ausgeliefert, wo Veolia es für die Durchführung seiner Servicearbeiten einsetzt. Gleichzeitig wird ein zweiter ‚Dumper‘ bestellt, der das Stadtzentrum von Lille bedienen soll. Es handelt sich um die erste praktische Demonstration der Einsatzmöglichkeiten des MDI-Druckluftmotors.
Dem Stand von 2018 zufolge hat weder MDI noch Tata bislang mit irgendeiner Produktion von Druckluft-Fahrzeugen begonnen. Gleichzeitig ist die Firma so umtriebig wie eh und je – und vereinbart weitere Kooperation in diversen Ländern der Welt, wie Australien, Neuseeland und sogar Äthiopien. Im Dezember 2018 werden die ersten Fotos des Modells AirPod 2.0 gezeigt.
Im Februar 2019 ist die Zertifizierung des AirPod noch immer nicht abgeschlossen. Dafür wird im Juni gesagt, daß der Wagen nun endlich im Jahr 2020 auf den Markt kommen soll. Der AirOne wird dann 18 – 24 Monate später folgen.
Im Juni wird in Lille das industrielle Multiservice-Fahrzeug vorgestellt, das nun Air’Volution genannt und als „das erste einsatzfähige Druckluftfahrzeug überhaupt“ bezeichnet wird. Es kann in wenigen Minuten an einer Vorkompressionsstation oder in fünf Stunden an einer herkömmlichen Ladestation aufgeladen werden, hat eine Reichweite von 50 km und fährt mit einer Geschwindigkeit von maximal 25 km/h.
Das vielseitige Fahrzeug, ein etwas einfach zusammengeschusterter, hinten offener und nur äußerlich designter Kasten, hat verschiedene austauschbare Module für unterschiedliche Zwecke: einen Behälter zum Sammeln von Abfällen, eine ebene Ladefläche zum Transportieren von bis zu einer Tonne Sperrgut, oder auch einen mobilen Wassertank zur Hochdruckreinigung.
Im Juli folgt die Information, daß MDI daran arbeitet, für eine dritte Partei druckluftbetriebene Golfcarts zu produzieren. Das Design des Green’Air sei bereits weit fortgeschritten und die Firma rechnet damit, innerhalb von 2 – 3 Monaten einen Prototyp zur Vorführung zu haben. Das Fahrzeug wird wesentlich leichter als ein AirPod und eine Geschwindigkeit von nur 25 km/h haben, so daß es mit einem kleinen Lufttank eine Reichweite von 50 km erreichen kann.
Die MDI gibt im Dezember 2019 bekannt, daß sie in Italien einen Vertrag für die Umrüstung von Leichtbussen auf Druckluft unterzeichnet habe.
Außerdem wird mitgeteilt, daß 2021 das MDI Airbike (o. AirUrban) auf den Markt kommen soll. Dabei handelt es sich um ein 20 kg schweres Fahrrad, das durch Druckluft unterstützt und damit 25 km/h schnell wird, bei einer Reichweite von 40 km.
Trotzdem hat sich inzwischen die Einstellung verbreitet, daß die Firma „ein seit Jahren bekannter Internet-Fake ist, um Investoren abzuzocken.“
Weiter mit Druckluft im mobilen Einsatz...