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WINDENERGIE

Segelschiffe (III)


Im Februar 2011 stellt der in Italien lebende russische Designer Igor Lobanov eine Super-Yacht namens Phoenicia vor, bei der historische Einflüsse mit modernem Designs gemischt sind.

Phoenicia Grafik

Phoenicia (Grafik)

Das offene Deck des 100 m langen Segelschiffes ist von einem schön gestalteten Muster umgeben, das von arabischen Designs inspiriert ist – vermutlich aus Ermangelung ausreichend authentischer Vorlagen der echten Phönizier.

Der unkonventionelle Bug erinnert wiederum an die griechischen Trieren, die vor etwa 2.000 Jahren im Mittelmeer verbreitet waren.

Die Super-Yacht besitzt auch einen Hubschrauberlandeplatz, was ansonsten bei Seglern eher ungewöhnlich ist, der sich auch noch verschmälern läßt, solange er nicht benötigt wird.

Im Juni 2014 legt Lobanov mit dem Entwurf einer 133 m langen Mega-Yacht Phoenicia II nach – leider auch hier ohne nähere technische Details zu nennen.


Über ein sehr interessantes Konzept wird im April 2011 berichtet. Dabei geht es um die gemeinschaftliche Entwicklung eines Low-Cost-Roboters, der selbständig im Wind segeln und Öl-Verunreinigungen aufspüren, aber auch bei Ölkatastrophen im Pulk zusammen mit anderen Robotern die Meere reinigen soll.

Die Vision des Protei stammt von Cesar Herada aus Hong Kong, der früher bei Ushahidi sowie im SENSEable City Laboratory des MIT tätig war und japanisch-französische Wurzeln hat.

Ursprünglich will er eine Technologie entwickeln, um Kunststoff-Müll aus dem Nordpazifik zu fischen, wo sich rund 100 Millionen Tonnen in einem riesigen Wirbel drehen. Hierfür benötigt er etwas, das sich sehr langsam bewegt und die natürlichen Bewegungsmuster der Ströme und des Windes nutzt. Als dann die nächste Ölpest zuschlägt, schließt er sich einem Team des MIT an, um eine Technologie zur Säuberung auf Basis Öl-absorbierender Nanomaterialien zu entwickeln, wofür fünf bis zehn Jahre veranschlagt werden.

Aus dieser Beschäftigung heraus entsteht der Protei-Segelroboter, der keine Nanotechnologie verwendet und sich sehr von dem unterscheidet, was am MIT durchgeführt wird. Die Kerntechnologie besteht aus dem Kopf mit Segelantrieb, an den ein herkömmliches ölabsorbierendes Material als Schwanz gehängt wird. Herada rechnet mit einem Absorptionsverhältnis von 1 zu 20, d.h. 1 kg des Sorbens-Auslegers kann 20 Liter Öl absorbieren.

Protei-Segeltest

Protei-Segeltest

Bei einer Schwanzlänge von etwa 20 m könnten so über 2 Tonnen Öl gebunden werden. Und da das Öl ja mit dem Wind treibt, soll der Säuberungsrobot gegen den Wind segeln, um das Öl in den aufeinanderfolgenden Falten des Schwanzes aufzusaugen.

Bislang hat Herada schon sechs kleine Prototypen gebaut, nun arbeitet er gemeinsam mit V2, einem gemeinnützigen, interdisziplinären Zentrum für Kunst und Technik in Rotterdam, an einem Modell in voller Größe, um anschließend mit Tests unter realen Bedingungen zu beginnen.

Die aktuelle Version des Protei muß vom Ufer aus kontrolliert werden, aber die Vision sieht Tausende von Robot-Schiffen vor, die sich von Schwarm-Algorithmen gesteuert und mit Hilfe von GPS-Daten selbständig auf Umweltkatastrophen stürzen.

Die Lizenzierung der Ergebnisse als Open Source Hardware (OSHW) soll dazu beitragen, daß möglichst viele Menschen in allen Teilen der Welt von der Entwicklung profitieren. Als Herada das Projekt auf KickStarter präsentiert, gelingt es im von 331 Unterstützern 33.795 $ einzusammeln, fast 50 % mehr als ursprünglich anvisiert.

Im Juni 2011 ist in den Fachblogs das Konzept einer fliegenden Yacht des Designers Yelken Octuri zu sehen – deren Geschichte leider nur eine Fiktion ist, zumindest bislang.

Octuri zufolge habe er die Hybridyacht für die omanischen Fürsten Aziz, Dawood und Hashim entwickelt, den Chefs der Masqat Airways, damit diese ein ungebundenes Leben entlang der omanischen Küste genießen können. Weshalb es im oberen Deck auch drei Räume nebst einem Badezimmer gibt, während sich im unteren ein Wohnzimmer mit Fenstern oberhalb der Wasserlinie, die Küche und ein Lagerraum befinden.

Die 46,2 m lange, 27 m breite und 50,7 m hohe Yacht ist so konzipiert, daß sich die vier jeweils gut 40 m hohen Masten des Seglers bei Bedarf zurückziehen und zu Flügeln werden. Im Flugmodus soll das traumhafte Gefährt von vier Dual-Propeller Nissen & Brasseur Powerhead-Motoren angetrieben, während es auf dem Wasser im Wesentlichen die Windkraft nutzt, wofür eine Segelfläche von 1.392 m2 zur Verfügung steht.

Im Flugmodus beträgt die Flügelspannweite 90,4 m und die Höhe 27,6 m. Als Maximalgeschwindigkeit werden 390 km/h, als Flugreichweite 600 km angegeben. Es ist wirklich schade, daß der sympathische Sultan Qabus von Oman Junggeselle geblieben ist – und es die drei Fürsten daher gar nicht gibt.

Eine kleinere Version, die ebenfalls segel- und flugtauglich sein soll, konzipiert Octuri unter dem Arbeitstitel Sailboat-convertible seaplane.


Im gleichen Monat macht eine Meldung die Runde, daß die Passagierfähre Stena Jutlandica der Reederei Stena Line, die zwischen Göteborg und Fredrikshaven verkehrt, aus Gründen einer verbesserten Kraftstoffökonomie sauberen Strom aus zwei vertikalen 4 kW Windkraftanlagen bekommt, die an 4 m hohen Masten auf dem Bug plaziert sind. 

Windrotoren auf der Stena Jutlandica

Windrotoren auf der
Stena Jutlandica

Jährlich können so etwa 23 MWh in den Schiffsenergiekreislauf eingespeist und unter anderem für die Beleuchtung der Autodecks eingesetzt werden.

Als ein interessanter Nebeneffekt erweist sich, daß die Windräder zudem den Luftwiderstand der Fähre reduzieren, wodurch die Fähre nun etwa 80 – 90 Tonnen weniger Treibstoff verbraucht.

Im September 2011 wird in Deutschland erstmals seit über 50 Jahren wieder ein neu gebauter Großsegler getauft: Die Dreimastbark Alexander von Humboldt II. Eignerin des 15 Mio. € teuren Schiffes ist die Deutsche Stiftung Sail Training (DSST), die seit 25 Jahren Jugendlichen und anderen Segelbegeisterten Mitreisemöglichkeiten bietet. Der neue, 65 m lange Windjammer kann 79 Mitsegler an Bord nehmen, und damit 20 mehr als seine Vorgängerin, die legendäre Alexander von Humboldt mit ihren grünen Segeln, die in Kürze außer Dienst gestellt und verkauft werden soll, da die Unterhaltskosten für das über hundert Jahre alte Schiff zu hoch geworden sind.


Ebenfalls im September 2011 enthüllt der Luxusboot-Bauer Sauter Carbon Offset Design auf der Monaco Yacht Show in Monte Carlo das Konzept einer Hybrid-Yacht namens Emax E-Volution.

Der 66 m lange Solar-Hybrid-Schoner wird als die schnellste und grünste Superyacht unserer Zeit beschrieben – mit einer maximalen Geschwindigkeit von 28 Knoten (mit Diesel-Antrieb) und einer unbegrenzten Kreuzfahrt-Reichweite bei 14 Knoten.

Damit das Boot nicht nur ein Wunschtraum bleibt, arbeitet Sauter mit der Ned Ship Group in der Schweiz zusammen, um ihn zu verwirklichen. Dabei soll jedes Boot auf die individuellen Bedürfnisse eines jeden Kunden angepaßt werden, wobei schon das Basis-Paket äußerst opulent ausfällt.

Neben dem Komfort eines Luxus-Hotels mit sechs Gästekabinen und einer Master-Suite, stehen den Reisenden ein Sonnendeck, ein Pool, ein Freiluftkino, ein Raum zur angemessenen Lagerung von Wein und sogar mehrere Bars im Freien zur Verfügung – welche alle durch elektrischen Strom aus PV-Zellen versorgt werden, die in die Bootsoberflächen aus GFK eingebettet sind.

Es gibt sogar ein Abfallrückgewinnungssystem oberhalb des begehbaren Kühlschranks, der wiederum das Wasser im Jacuzzi des Hauptschlafzimmers erwärmt. Es ist also nicht überraschend, daß als geplanter Verkaufspreis ein Betrag von 40 Mio. $ genannt wird.

Im November stellt Sauter Carbon Offset Design (SCOD) dann das Projekt Emax Deliverance vor – ein solar-hybrider Supertanker, der mit einer großen Zahl von DynaWings ausgestattet ist.

Emax Deliverance Grafik

Emax Deliverance (Grafik)

Der geplante 330.000 t Tanker mit 426 m Länge, 54 m Breite und einem Tiefgang von 18 m wird entwickelt, um durch die größeren Postpanamax-Schleusen des Panama-Kanals (nach 2014) zu fahren. Im Vergleich zu herkömmlichen Supertankern mit ähnlicher Kapazität ist das neue Design länger und schmaler. Ferner verwendet es ein Widerstand-reduzierendes Mitsubishi Air Lubrication System (MALS), was zusammengenommen zu einem höheren Wirkungsgrad führt.

Der Antrieb erfolgt durch ein Doppelanordnung aus jeweils einem Schubpropeller und einem gegenläufigen, lenkbaren Zugpropeller, die alle von Wärtsilä Dual-Fuel-LNG-Motoren angetrieben werden, während zusätzliche Leistung aus einem PV-Array kommt. Die Energie kann in einem Litihum-Ionen-Akku für den Antrieb oder die spätere Verwendung seitens der verschiedenen Stromverbraucher gespeichert werden.

Daneben ist der Tanker mit zwanzig Masten ausgestattet, an denen computergesteuerte, automatisch manövrierende DynaWing-Segel angebracht sind, die eine variable Segelfläche von bis zu 500.000 m2 bieten.

Den Entwicklern zufolge würde ein Tanker dieser Größe normalerweise einen 30 MW Dieselmotor benötigen, was durch die höhere Effizienz des neuen Rumpfes auf nur 20 MW gesenkt werden kann. 10 MW soll der LNG-Motor zur Verfügung stellen, während die anderen 10 MW durch die Solaranlage (4 MW) bzw. die DynaWing-Segel (4 – 8 MW) bereitgestellt werden.


Aeolus Grafik

Aeolus (Grafik)

Im Oktober 2011 berichten die Fachblogs über die erstaunliche Schöpfung von Yogi Beeuwsaert, einen Trimaran namens Aeolus, von dem der Designer bereits ein Modell aus glasfaserverstärkten PU-Schaum im Maßsstab 1:20 angefertigt hat.

Das beeindruckende Design besitzt einen Torpedokörper und zwei Ausleger, wobei die Rümpfe Tragflächen haben, um die Geschwindigkeit zu erhöhen.

Das in der Grafik leicht überdimensioniert wirkende 18 m hohe Flügelsegel aus zwei Abschnitten wird mittels Simulationen für eine laminare Strömung mit niedriger Geschwindigkeit optimiert.

Über die Spannweite des Windschiffes sind insgesamt 22 m2 Solarpaneele aufgeklebt, um die installierten Systeme zu versorgen und einen Backup-Elektromotor anzutreiben. Die Batterien sind im Kiel untergebracht, um den Schwerpunkt tiefer zu legen.


Und kurz zwischendurch: Im Januar 2012 stellen der französische Skipper Loïck Peyron und seine 13-köpfige Crew mit ihrem 40 m langen Trimaran Banque Populaire V eine neue Bestzeit für eine Weltumseglung auf: Nach 45 Tagen, 13 Stunden, 42 Minuten und 53 Sekunden überquert das Boot die gedachte Ziellinie zwischen dem britischen Lizard Point und dem französischen Brest, womit die alte Bestmarke des Franzosen Franck Cammas aus dem Jahr 2010 um knapp drei Tage verbessert – und die Trophée Jules Verne gewonnen werden kann.


Im April 2012 berichten die Fachblogs erstmals über das 2009 gestartete Wind Challenger Project (WCP) der Universität Tokio (UT), die dabei von den Industriepartnern NYK, MOL, K-Line, Oshima Shipbuilding, Tadano und ClassNK unterstützt wird. Federführend scheint Prof. Kiyoshi Uzawa zu sein, und die Regierung fördert die Arbeiten mit 10 Mio. Yen (ca. 100.000 $).

Das Projekt zielt darauf ab, den Kraftstoffverbrauch von großen Containerschiffen mittels gigantischer, einziehbarer Segel deutlich zu reduzieren. Berechnungen zeigen eine potentielle Reduktion des jährlichen Verbrauchs an Schiffsdiesel um 30 – 50 %. Anstelle der traditionellen textilen Materialien sollen die 50 m hohen und 20 m breiten Segel aus Leichtaluminium und glasfaserverstärktem Kunststoff hergestellt werden.

UT Wind Challenger Testflügel

UT Wind Challenger
Testflügel

In Abhängigkeit von den unterschiedlichen scheinbaren Windwinkel (der Kombination aus dem wahren Wind und dem scheinbaren Wind, der aus der Vorwärtsbewegung des Schiffes resultiert) werden verschiedene Strömungen über die Tragflächensegel erzeugt, die einen Schubvektor von 150° oder mehr ergeben – oder sogar eine Zugkraft, wenn die laminare Strömung in einem noch engeren Winkel über die Tragflächen streicht.

Den Planungen von Anfang 2014 zufolge soll die Technologie erstmals auf einem 80.000 t Schiff umgesetzt werden, mit 5 Segeln, die jeweils 20 m breit und 60 m hoch sind. Bei Windgeschwindigkeiten über 27 Stundenmeilen (12 m/s) soll das Schiff mit Windenergie allein segeln können. Ein kleinerer Prototyp, etwa halb so groß, ist in einer Werft in Nagasaki derzeit im Bau.

Im April ist zu erfahren, daß die Universität ihr Segelsystem bereits seit Januar in einer an Land errichteten Testanlage bei Sasebo Nagasaki erprobt, wo sich ein 20 m hohes und 10 m breites Bauteil aus drei Elementen (Maßstab 1:2,5) teleskopartig ausfahren läßt.

Die geplanten Schiffe werden entsprechend ihrer Größe mit einer ganzen Reihe dieser Segel ausgestattet, deren jeweilige Anstellwinkel individuell gesteuert werden können, um je nach Wetterlage die maximale Antriebskraft zu gewinnen. Bei einem Einzelpreis in Höhe von etwa 2,5 Mio. $ wird erwartet, daß sich die Investition in die computer-gesteuert versenkbaren Flügel in 5 bis 10 Jahren amortisiert. Der Bau und Test des ersten seetauglichen UT Wind Challenger Prototyps soll im Jahr 2016 erfolgen.


Wissenschaftler um Alexander Härting an der Jade Hochschule in Niedersachsen, Deutschland, erforschen in dem internationalen Verbundprojekt ,Sail’ alternative Antriebstechniken für Frachtschiffe, um Kosten und umweltschädliche Emissionen zu senken. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Windkraft.

In dem EU-Forschungsprojekt arbeiten ab Juli 2012 und bis Juni 2015 insgesamt 17 Partner aus sieben Nordsee-Anrainerstaaten zusammen (Deutschland, Niederlande, Belgien, Schweden, Dänemark, Großbritannien und Frankreich), die hierfür über ein Budget von 3,4 Mio. € verfügen.

An der Jade Hochschule soll in erster Linie die Leistungsfähigkeit bestehender Konzepte hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit und Eignung für verschiedene Schiffstypen, Routen und Wetterverhältnisse geprüft werden, wobei an bereits vorhandenen Segelschiffen gemessen wird, wie viel Treibstoff eingespart werden kann, welche Geschwindigkeiten erreicht werden und welche Kurse gefahren werden können.


Der oben bereits erwähnte Elektroyacht-Hersteller Electric Marine Propulsion (EMP) meldet sich im November 2012 ebenfalls mit einem synergetischen Starrsegel für Schiffe zu Wort.

Die neue EnergySail-Technologie, die in starre Segel eingebettete Solarpaneele verwendet, soll die Grundlage für das Aquarius Eco Schiffskonzept des Unternehmens bilden.

Bei schlechtem Wetter oder wenn das Schiff vor Anker liegt, können die Segel gesenkt und gelagert werden, allerdings können die Solarpaneele auch verwendet werden, während das Schiff im Hafen liegt, um Energie in die Batterie-Module zu speichern, wodurch ein völlig emissionsfreier Betrieb möglich ist, solange das Schiff nicht auf See fährt. Eine modifizierte Version des EnergySail kann Solarenergie sammeln, auch wenn sie in die horizontale Stellung abgesenkt ist. Die starren Segel erfordern der Firma zufolge wenig Wartung und halten auch den starken Winden auf See stand.

Neben dem ursprünglichen Frachtschiff-Design mit einer Reihe von 14 starren Segeln stellt EMP auch eine modifizierte Version des Systems für Schiffe wie Marinefregatten vor, wo vier Segel benutzen werden würden, sowie eine Ausführung mit nur zwei Segeln, die für kleinere Küstenpatrouillenschiffe und ähnliches geeignet ist. Eine Einzelsystem-Version für noch kleinere Schiffe ist ebenfalls in der Entwicklung.

Das Unternehmen schätzt, daß der jährliche Verbrauch eines mit fossilen Brennstoffen betriebenen Schiffes um bis zu 20 % gesenkt werden kann – selbstverständlich in Abhängigkeit von der Anzahl, Größe, Form und Anordnung der EnergySails –, während Schiffe mit einem elektrischen Antriebssystem bis zu rund 40 % Einsparungen erreichen könnten.

EMP testet derzeit ein Steuersystem, das auf den vorherrschenden Wetterbedingungen basierend jedes EnergySail automatisch heben, senken und positionieren kann. Die ersten Probefahrten sollen im Jahr 2013 beginnen.


Das Thema liegt jedenfalls voll im Trend. Im gleichen November 2012 erscheinen die ersten Berichte über die Pläne der niederländischen Firma Dykstra Naval Architects, deren Ecoliner Fair Winds vier massive und automatische Dynariggs mit einer Fläche von jeweils 1.000 m2 besitzen wird, deren Computer satellitengestützte Wetterdaten verwenden, um die optimale Route für das 138 m lange und 18 m breite Schiff zu berechnen, während es unterwegs ist.

Ecoliner Fair Winds Grafik

Ecoliner Fair Winds (Grafik)

Dykstra plant eine ganze Armada dieser windgestützten Schiffe. Die niederländische Reederei Fair Transport, die mit Dykstra an dem Ecoliner-Design zusammenarbeitet, will die Verwendung der regulären Containerschiffe reduzieren, die jährlich eine Milliarde Tonnen CO2 in die Atmosphäre blasen – und dazu noch jede Menge anderer Giftstoffe, was weitaus schlimmer ist. Mit aus diesem Grund wird das Projekt auch durch EU-Gelder unterstützt.

Die Ecoliner sollen eine Spitzengeschwindigkeit von 18 Knoten erreichen, wobei sie Unterstützung durch einen Elektromotor erhalten, wenn die Geschwindigkeit unter 12 Knoten fällt. Ein interessantes Detail bilden die Mastbäume des Schiffes, da sie beim Laden und Löschen der Ladung auch als Kräne nutzbar sein sollen.

Für die Reederei ist es nach dem traditionellen Zweimaster Tres Hombres, der seit Dezember 2009 in Fahrt ist, das bereits zweite Segel-Frachtschiff-Projekt.

Dieser mit großem Aufwand und viel Herzblut umgebaute Kriegsfischkutter ist 32 m lang und hat eine Kapazität von 34 Tonnen, ursprünglich wurde er 1943 in Swinemünde gebaut. Die Tres Hombres ist der einzige Frachtsegler im Transatlantikverkehr – mit einer jedes Jahr wiederholten Route, die der Österreicher Andreas Lackner, der mit seinen Geschäftspartnern Arjen van der Veen und Jorne Langelaan das Schiff betreibt, so zusammenfaßt, daß sie wirklich Lust auf Meer macht:

„Auf unserer Transatlantikroute stechen wir im Oktober in Holland in See, es geht dann erst nach Norwegen, um Stockfisch abzuholen. Dann weiter nach Frankreich, um Wein zu laden, und in Portugal nehmen wir Olivenöl auf. Danach geht es nach Belém, wo wir Wein und Öl abliefern und im Gegenzug Kaffee und andere fair gehandelte Produkte aus dem Amazonasgebiet laden. Dann segeln wir nach Grenada, für Rum und Kakaobohnen. Damit geht es wieder zurück nach Europa.“

Nach dem Motiv für seinen Einsatz gefragt, antwortet er: „Die 16 größten Transportschiffe zusammen stoßen so viel giftige Abgase aus wie alle Autos der Welt auf einmal.“

Der erste Ecoliner mir 499 Tonnen Kapazität soll im Jahr 2013 vom Stapel gelassen werden, und Fair Transport, unter deren Flagge das Schiff fahren wird, hofft, daß sich die höheren Kosten für den Bau über die geringeren Kraftstoffkosten im Laufe seiner 30-jährigen Lebenszeit amortisieren. Die schönen Segelschiffe sollen jedenfalls so bald wie möglich in Serie gebaut werden.


Einen weiteren Geschwindigkeitsweltrekord im Segeln gibt es im November 2012 zu vermelden: Paul Larsen erreicht mit seiner Vestas Sailrocket II bei einer relativ moderaten ablandigen Brise von etwa 6 Windstärken auf der Walvis Bay in Namibia auf 500 m eine Geschwindigkeit von 65,45 Knoten – was 121,06 km/h entspricht.

Vestas Sailrocket 2

Paul Larsen mit
Vestas Sailrocket II

Bereits 2008 wurde Paul Larson mit seiner Sailrocket I bekannt, als er den Rekord im Schnellsegeln brechen wollte und sich spektakulär überschlug. Das Video wurde rund um den Globus immer wieder gezeigt - doch das Boot war nicht zu retten.

Nun, nach mehr als einem Jahrzehnt unermüdlicher Forschungs- und Entwicklungsarbeit und einigen herben Rückschlägen ist der unbeirrbare Larsen endlich am Ziel. Die Sailrocket 2 schafft den 500 m Rekord mit 59,38 Knoten und legt eine Seemeile mit einem Schnitt von 55,32 Knoten zurück. Der zweite ist ein fast unglaublicher Wert, der sogar die bisherige Bestmarke von 50,17 Knoten, gehalten von L’Hydroptère (s.o.), um 5,15 Knoten oder mehr als 10 % überbietet. Und selbst diese Geschwindigkeit kann Larson wenige Tage später noch einmal überbieten (s.o.).

Die technischen Daten des superschnellen Wassergefährts, das in 16 Monaten bei Vestas in East Cowes auf der Isle of Whight gebaut wird, lauten: Leer-Gewicht 275 kg, Länge 12,2m, Breite 12,2m, Segelfläche des Flügels 22 m2. Eine Besonderheit bildet das weiterentwickelte, vielfach verstellbare Flügel-Segel.


Der ungarische Designer Buzási Szilveszter aus Wien überrascht im Februar 2013 mit dem Entwurf Bionic Sailboat, der sich an bewährten Lösungen der Natur – konkret an Vorbildern aus dem Tierreich orientiert.

Während die Form der vielseitigen Segelyacht von Walen inspiriert ist, die perfekt angepaßt sind, um sich effizient durch das Wasser zu bewegen, basiert das Dual-Segel auf Prinzipien, die von Seevögeln übernommen werden.

Die bislang einzigartige Technik zur Nutzbarmachung des Windes besteht aus zwei Flügeln, die eng an den Seiten des Bootes anliegen, wenn sie nicht in Gebrauch sind, jedoch schnell aufgerichtet werden können, wenn es an der Zeit ist Segel zu setzen.

Die Flügel bilden jeweils eine Einheit mit einem Kiel, womit sie im (ihrerseits) hochgeklappten Zustand das sichere Manövrieren im Hafenbereich sowie langsame Fahrt in sehr flachen Gewässern erlauben.


Auf der Jahreskonferenz der Strategieplattform ,Power-to-Gas’ der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) und der internationalen Windkonferenz des VDI im Juni 2013 in Berlin stellt Prof. Michael Sterner von der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) in Regensburg erstmals das von ihm und seinen Mitarbeitern weiterentwickelte ,Power-to-Gas Konzept 2.0, vor, bei dem die Gewinnung von Ökostrom auf hoher See geschieht. Das Patent dafür war im Vormonat eingereicht worden.

Segelenergie-Prinzip Grafik

Segelenergie-Prinzip
(Grafik)

Unter dem Namen Segelenergie arbeiten die Ingenieure der Hochschule an speziellen Energieschiffen, welche unschöne Windparks ersetzen und sogar Treibstoff für Autos gewinnen sollen. Die Idee hierzu war im Frühjahr 2012 durch Thomas Raith angestoßen worden, worauf im Oktober der offizielle Projektstart unter dem Arbeitstitel Energieschiff 2012 erfolgt.

Speziell entworfene Segelschiffe sollen in Zukunft an ihren Rümpfen Turbinen tragen, die während der Fahrt durch das anströmende Wasser Generatoren antreiben. Mit dem erzeugten Strom wird über ein Elektrolyseverfahren Wasserstoff erzeugt.

Daß Konzept entspricht dem Ansatz der Hydrogen Challenger GmbH knapp 10 Jahre zuvor (s.o.), wobei der Wind im vorliegenden Fall aber nicht durch Windkraftanlagen, sondern durch den induzierten Vortrieb der Schiffe selbst genutzt wird. Das Sterner-Team arbeitet auch an einer Version mit Flettner-Rotoren (s.d.).


Im September 2013 kommt das Windschiff-Projekt des Norwegers Terje Lade in die Presse, einem ehemaligen Profi-Schnellsegler, der mittlerweile als Ingenieur in der Schiffahrtsindustrie tätig ist und in erster Linie konzeptionelle Verbesserungsideen erarbeitet.

Sein neues und spannendes Konzept zur Nutzung der Windkraft sieht ein großes und schlankes, bislang nur auf dem Papier existierendes Cargo-Schiff vor, dessen stählerne Hülle selbst als eine Art Segel fungieren und so den Treibstoffverbrauch um bis zu 60 % reduzieren soll.

Die Idee des Vindskip ist, die gewaltige Stahlhülle eines Frachtschiffes so zu formen, daß der Wind kanalisiert wird, ähnlich wie bei einem herkömmlichen Segel. Um die Windenergie optimal nutzen zu können, muß ein solches Schiff über ein computergesteuertes System verfügen, das den Kurs konstant den Windbedingungen anpaßt. Laut Lades Berechnungen könnte so eine konstante Geschwindigkeit von 14 Knoten erreicht werden.

Das neuartige Windschiff sieht aus wie ein senkrecht aus dem Wasser ragender, gewaltiger Flugzeugflügel, oben abgeplattet und mit einer Kommandobrücke versehen. Mit 200 m Länge, einer Mittschiffsbreite von 34 m und einer Höhe von über 40 m hat es die Dimensionen eines großen sogenannten Roll-on-roll-off-Schiffs, in das Autos, Lastwagen und ganze Züge mit ihrer Ladung selbstständig ein und aus fahren. Ein solcher Rumpf eignet sich im Grunde aber für alle entsprechend großen Schiffstypen, egal ob Fahrzeugtransporter, Container- oder Kreuzfahrtschiff.

Im Wind- und Wellenkanal der Cranfield University in Großbritannien erreicht ein Modell im Frühjahr 2013 bereits 14 Knoten, was als so erfolgreich gilt, daß die Tests vom norwegischen Staatsfernsehen gesendet werden. Zwar ist die Idee damit grundsätzlich bewiesen, ein konkreter Einsatz der Technik ist aber noch nicht in Sicht. Bis dahin arbeiten mehrere Professoren und Wissenschaftler gemeinsam mit der Firma des Erfinder, der im Jahr 2010 gegründeten Lade AS in Ålesund, an der Realisierung seiner bereits patentierten Idee.Die Rumpfform ist bereits weiter verbessert worden, weshalb Lade jetzt überzeugt ist, daß sein Schiff windgetrieben sogar 17 – 18 Knoten erreichen kann.

Ohne Maschine kommt das Windschiff dennoch nicht aus, denn diese ist nötig, damit es erst einmal seine Reisegeschwindigkeit erreicht und einen genügend starken scheinbaren Wind erzeugen kann. Sobald es jedoch in Fahrt ist, ist Maschinenschub nur dann nötig, um auch bei leichter Brise oder Rückenwind ein konstantes Tempo halten zu können. Da der Wind auf den Weltmeeren im Schnitt die Hälfte der Zeit über aus einem Winkel von 17 – 80° kommt, kann ihn das Windschiff optimal nutzen, egal welche Route der Kapitän einschlägt.


Der Wind läßt sich jedoch nicht nur auf dem Wasser nutzen, deshalb wende ich mich als nächstes den landbasierten Windmobilen zu, also Windwagen, die von Segeln, Windpropellern o.ä. vorwärts bewegt werden. Über von Drachen gezogene Boote und Schiffe werde ich gesondert in einem späteren Absatz sprechen. Zum Thema Elektro- und Solarboote gibt es ein eigenes Kapitelteil (s.d.).


Für reichhaltige Fachinformationen zu alten und neuen Segelschiffen danke ich besonders Herrn Heinz Otto vom Landesverband Hamburg des Bundesverbandes WindEnergie e.V.

 

Weiter mit den windbetriebenen Fahrzeugen...