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Jordanien verfügt über beträchtliche Potentiale in
den Bereichen Wind- und Solarenergie, die bislang aber noch kaum zum
Tragen kommen. Das Windkraftpotential des Landes wird auf 1999 auf
50 MW geschätzt, später auf sogar 100
MW.
Neben diversen Aktivitäten im Bereich der Sonnenenergie untersucht die jordanische Royal Scientific Society (RSS) auch das lokale Windaufkommen auf seine mögliche Ausnutzung. Im Jahr 1982 startet ein 200.000 $ Projekt zur Wasserversorgung entlegener Kommunen mit windbetriebenen Pumpanlagen. Leider ist nicht herauszufinden, wer dafür verantwortlich gewesen ist. Belegt sind dagegen mehr als 20 lokal hergestellte Windpumpwerke, die auf der über 100 Jahre alten Technik der sogenannten Western-Windmill basieren, die von Rückwanderen aus Südamerika mitgebracht wurde.
Eine lokales Kooperationsprojekt zwischen der RSS, unserem syrischen Ingenieurbüro Dipl.-Ing. M. Khammas Engineering und einem irakischen Erfinder und zur Optimierung eines neuartigen geschlitzten Rotorblattes Mitte der 1980er wird von der deutschen GTZ aus fadenscheinigen Gründen abgelehnt, obwohl das Blatt sowohl ein syrisches wie auch ein Europa-Patent vorweisen kann (s.u. Schlitzblattrotor).
Statt dessen wird der Export einer MAN-Windturbine nach Jordanien bevorzugt, die immer wieder teure Reparaturen erforderlich macht – während die für uns alle nicht nachvollziehbare Entscheidung gleichzeitig die phantastische Möglichkeit des mittelfristigen Aufbaus einer eigenen regionalen Produktion verhindert. Erst 30 Jahre später gelingt es mir, eine Äußerung des damals verantwortlichen Sachverständigen in dieser Sache zu bekommen, der im übrigen ein Pumpenexperte ist und von Windkraft nur peripher Ahnung hat. Auf meine Frage, warum er sich gegen unser Konzept entschieden hat, antwortete mir Rolf-Peter Owsianowski nur, er „habe nicht daran geglaubt“.
1987 installiert das Ministry of Energy and Mineral Resources (MEMR) im Dorf Jurf El-Darawish ein Hybrid-Energie-System, um den abgelegenen Ort im Süden des Landes mit Strom zu versorgen. Neben zwei Windenergieanlagen mit jeweils 20 kW umdaßt das System eine 10 kW PV-Anlage, einen Batteriespeicher mit 330 kWh sowie einen Reserve-Dieselgenerator mit 65 kW.
Im Jahr 1988 erstellen das Jordan Meteorological Department (JMD), das MEMR und verschiedene andere staatliche Stellen mit Unterstützung des RISO National Laboratory in Dänemark einen Windatlas für das Land. Diesem zufolge besteht im Norden und im Süden ein Windleistungspotential von jeweils 25 MW – was mir äußerst gering erscheint, da ich die starken Winde dort selbst nur allzu gut kenne.
Ebenfalls in Kooperation mit dem RISO wird im selben Jahr in Ibrahimyya, rund 80 km nördlich der Hauptstadt Amman, als Pilotprojekt eine 320 kW Windfarm errichtet, die aus vier 80 kW Windturbinen eines dänischen Herstellers besteht.
Die zweite Windfarm des Landes wird erst knapp 10 Jahre später errichtet, als 1996 mit Hilfe der deutschen Regierung im Rahmen des sogenannten ELDORADO–Programms in Hofa, ebenfalls im Norden des Landes, fünf pitch-geregelte 225 kW Windenergieanlagen aus deutscher Herstellung mit zusammen 1.235 kW Leistung in Betrieb genommen werden. Andere Quellen sprechen davon, daß hier fünf Vestas V27/225 WKA installiert sind, was auch das Foto impliziert.
In einer Studie von 1997 werden in Jordanien 11 Standorte für Windparks ausgewiesen – darunter Ras Muneef, Mafraq und die Hafenstadt Aqaba. Eingesetzt werden soll der Windstrom insbesondere zur Meerwasserentsalzung.
Insgesamt geht die Entwicklung in Jordanien aber nur sehr zögerlich voran. Zwar wird im April 2009 eine Ausschreibung des Energieministeriums über drei Windfarmen mit zusammen 400 MW veröffentlicht, die bis Ende des Jahren an den Standorten Al Harir, Ma’an und Wadi Araba im Süden des Landes aufgestellt werden sollen, doch umgesetzt wird der ambitionierte Plan nicht – ebenso wenig eine Windfarm in al-Kamsheh (o. al-Kamshah) nahe der antiken Stadt Jerash (Gerasa), die 30 - 40 MW produzieren und 2010 ans Netz gehen sollte. Für dieses Projekt hatte die Regierung ein Team aus den griechischen Unternehmen Terna Energy SA und Vector Aeolian Parks sowie der ortsansässigen Firma Enara Energy Investments als bevorzugter Bieter ausgewählt.
Im Jahr 2010 verabschiedet Jordanien ein Gesetz zur Erneuerbaren Energie und Energieeffizienz, dem zufolge das Land bis 2015 einen Anteil von 7 % seines Stroms aus erneuerbaren Energiequellen zu beschaffen hat, der bis 2020 auf 10 % steigen soll. Insgesamt soll der Energiebedarf bis dahin zu 39 % durch heimische Energiequellen gedeckt werden, wobei neben der Exploration von Ölschiefervorkommen insbesondere der Ausbau der Erneuerbaren ins Auge gefaßt wird.
Eine ähnlich zögerliche Umsetzung wie bei den zuvor genannten Projekten zeigt sich auch im Fall der 70 - 90 WM Farm in Fujeij nahe Petra, deren Fertigstellung mit Finanzierung durch die Weltbank eigentlich bis 2011 anvisiert ist. Ganz abgesehen von dem Plan einer späteren Erweiterung auf 250 MW.
Für dieses Projekt unterzeichnen im November 2010 das jordanische Ministerium für Planung und internationale Zusammenarbeit (MoPIC) und die lokale EU-Delegation einen Vertrag unter dem programmatischen Titel ,Capacity building of Wind Energy and Concentration Solar Power in Jordan’ (WECSP), und Anfang 2011 folgt die Auftaktveranstaltung des Projekts, an der u.a. auch Vertreter des Higher Council for Science & Technology (HCST), des Fraunhofer ISE in Deutschland und des griechischen Center of Renewable Energy Sources (CRES) teilnehmen. Als Interessenten zurr Umsetzung des Projekts treten neben der Terna Energy aus Athen auch noch die spanische Firma Elecnor, die Korea Electric Power sowie ein Joint-Venture der US-Firma K&M Engineering & Consulting und der indischen IESA auf.
Und obwohl es bei dem WECSP-Projekt neben den angedachten solarthermischen Parabolrinnen-Kollektoren zuerst einmal nur um eine EU-finanzierte einzelne Wind-Pilotanlage mit einer Mindestkapazität von 2 MW geht, scheint das Projekt noch immer keinen Schritt weitergekommen zu sein. Als Grund werden die mehrfach abgelehnten Stromeinspeisetarife genannt.
Etwa um die gleiche Zeit verhandelt das MEMR mit 16 internationalen Unternehmen über den Bau eines 90 MW Windparks bei Schobal, etwa 200 km südlich von Amman. Doch auch hierbei bleibt es vorerst beim bloßen Gerede, obwohl das Ministerium Investoren und Interessenten dazu auffordert, bis Juni 2011 Vorschläge für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien um Umfang von sogar 1.800 MW vorzulegen.
Die Firma SYNLIFT Systems GmbH aus Berlin nennt in ihren Referenzen die 2012 erfolgte Realisierung eines Wind- und PV-Projekts zur Wasserförderung und Bewässerung, das von einem nicht näher benannten Landwirtschaftsbetrieb aus Amman erteilt worden war. Nähere Details dazu habe ich bislang allerdings nicht finden können.
Ebenfalls im Jahr 2012 wird mit dem Gesetz Nr. 13 der bevorzugte Zugang für Erneuerbare Energien zum Elektrizitätsnetz festgelegt. Gleichzeitig bestimmt die Electricity Regulatory Commission die Höchstpreise für die Einspeisung von Strom aus diesen Quellen – die für Wind 8,7 €-Cent/kWh betragen. Nach Gesetz Nr. 10 von 2013 wird außerdem die Einfuhr von Anlagen und Komponenten der entsprechenden Technologien vollständig von Zollabgaben und der Umsatzsteuer befreit.
Eine zweite Runde zur Abgabe von Projektvorschlägen wird bis Mitte November 2013 verlängert – schließlich plant das Land, bis 2015 bereits 600 MW Windstrom zu erwirtschaften. Was angesichts der bisherigen Entwicklungen aber ausgesprochen utopisch klingt.
Die ersten Berichte über eine 117 MW Windfarm mit 38 Turbinen (rechnerisch müßten es eigentlich 39 WKA sein), die im Gouvernement Tafila entstehen soll, rund 180 km südlich von Amman, stammen vom Mai 2013. Im November folgt die Meldung, daß die 2010 gegründete Jordan Wind Project Company (JWPC), an der die in Abu Dhabi beheimatete Masdar Clean Energy einen Anteil von 31 % besitzt, eine Finanzierungsvereinbarung zur Errichtung des auf 290 Mio. $ geschätzten Windparks unterzeichnet habe. Die restlichen Anteile der JWPC liegen übrigens beim Euro-Mediterranean fund InfraMed (50 %) und bei Zyperns EP Global Energy Ltd. (19 %), die ein Teil der Paraskevaides Group ist.
Die Finanzierung soll zu 77 % durch ein Konsortium unter Leitung der International Finance Corp. der Weltbank übernommen werden, an dem im weiteren die Europäische Investitionsbank, die dänische Eksport Kredit Fonden, die niederländische Entwicklungsbank FMO, der OPEC-Fonds für Internationale Entwicklung und die Europe Arab Bank beteiligt sind.
Die Regierung Jordaniens genehmigt das Projekt mit der Unterzeichnung eines 20-jährigen Stromabnahmevertrags, dem ersten des Landes, in dessen Rahmen der Strom des Windparks an die Jordan National Electric Power Company (NEPCO) verkauft werden soll.
Im Dezember 2013 wird gemeldet, daß der Auftrag für Windkraftwerke bei der Firma Vestas gelandet ist, die nun im 2. Quartal 2014 mit der Lieferung ihrer V112-3.0 MW Turbinen beginnen wird.
Zeitgleich meldet sich aus dem Nachbarland Israel der Vogelzug-Spezialist Prof. Yossi Leshem zu Wort, der die Tafila Windfarm als großes Problem betrachtet, da sich die Windkraftanlagen auf die Migration der Vögel auswirken werden. Leschem, der u.a. Radarsysteme zur Verhinderung von Kollisionen zwischen Zugvögeln und Militär-Jets gebaut hat, rechnet damit, daß die neuen WKA große Schäden insbesondere unter Greifvögeln und Störchen verursachen werden. Als Beispiel verweist er auf die Windkraftanlagen auf Gibraltar, die unter den Vogelzügen von Spanien nach Marokko jährlich Tausende von Gänsegeiern als Opfer fordern. Als Lösung bietet er sein Radarsystem zur Überwachung an, sodaß die Turbinen ausgeschaltet werden können, sobald die Zugvögel kommen.
Kritisch gesehen mag Leshem recht haben – doch die wesentlich größeren Verluste unter den Vögeln werden durch Jäger verursacht, die noch immer in Jordanien und allen umliegenden Ländern rücksichtslos vorgehen.
Im März 2014 erfolgt der Baustart des Tafila Windparks, bei dem die deutsche Firma Terrawatt Projekt GmbH aus Kröpelin für die Bauüberwachung und Abnahmebegleitung verantwortlich ist. Die geplante Inbetriebnahme des Windparks ist das zweite Quartal 2015.
Bereits einen Monat später, im April 2014, berichtet die Fachpresse, daß sich nun vier Unternehmen für den Bau von 50 – 100 MW Windfarmen im Norden und Osten des Landes qualifiziert haben. Neben der bereits in Tafila aktiven EP Global Energy sind dies die Korea Southern Power Co. (eine Tochter der Kepco), die Alstom Renovables España sowie die China International Water and Electric Corp.
Im Juli 2014 unterzeichnet das MEMR einen Vertrag
mit dem spanischen Unternehmen Elecnor für ein zweites Windkraftprojekt
in Maan, das durch Kuwait Fonds für wirtschaftliche Entwicklung finanziert
werden soll. Die 66 MW Windfarm mit 33 Turbinen
wird rund 112 Mio. $ kosten und soll bereits im vierten Quartal 2015 in
Betrieb gehen.
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