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Solarhäuser und solare Bauelemente

Schwerpunkt Solarfassaden (3)


Im Februar 2011 wird in den Blogs die Fassade des neuen Hauptsitzes des Solarzellen-Herstellers Neo Solar Power Corp. im Hsinchu Science Park in Taiwan gezeigt, bei der sich die Architekturfirma J. J. Pan & Partners, Architects & Planners (JJPP) von dem Produkt des Unternehmens inspirieren ließ. Mit ihrer blauen Tönung und der Schachbrettmuster-Stahlkonstruktion imitiert die glänzende Glasfassade Solarmodule und soll den Betrachter sofort darüber nachdenken lassen, Sonnenlicht in Strom zu verwandeln.

Die wie ein gestrecktes Akkordeon wirkende Fassade besteht aus acht trapezförmigen Einheiten, die mit halbhohen Glas- und Aluminiumvorhangfassaden erstellt und mit über 350 Glasschliffmustern versehen sind. Die Wände besitzen raumhohe Fenster, die die Nutzung des natürlichen Lichts optimieren und die Innengärten fördern, und bewegliche Vertikaljalousien ermöglichen es, die Richtung und Menge der Tageslichteinstrahlung zu steuern.

GT Tower East

GT Tower East


Ebenfalls blau, jedoch eher organisch gewellt, ist die Fassade des neu fertiggestellten Wolkenkratzers des niederländischen Architekturbüros ArchitectenConsort in Seoul, Südkorea, dessen Fotos im Zuge seiner Einweihung im gleichen Monat Februar kursieren. Die Architekten des im Oktober 2008 begonnenen Bauwerks mit einer Nutzfläche von 54.853 m2 sind Peter Couwenbergh und Edgar Bosman.

Das von den zarten Formen der koreanischen Keramik inspirierte, 130 m hohe Gebäude namens GT Tower East besitzt demnach eine leistungsstarke Glashaut, Solarpaneele und eine natürliche Belüftung, leider ohne weitere Details darüber zu nennen.

Die jeweils 48 m hohen Wellen werden durch die Glasfassade und die vertikalen Fensterrahmen des Gebäudes betont. Zudem verjüngt sich die Breite der Etagen am Rand, um die vertikale Ausrichtung der Glassäulen zu unterstreichen, wobei sich der organische Effekt am deutlichsten auf Straßenhöhe zeigen soll, wo er dazu beiträgt, die Masse des Wolkenkratzers zu mildern.

Indem die Architekten eine durchdachte Säulenstruktur verwenden, bleibt die gut gedämmte Fassade völlig unbelastet, so daß sie in Zukunft eine Vielzahl von Nutzungen ermöglicht, darunter viel natürliches Licht und Lüftung sowie die Installation von Solarmodulen zur Stromerzeugung.

Der GT Tower East wird mit dem noch zu bauenden GT Tower West eine architektonische Einheit bilden, die eine faszinierende Veränderung in die kantige Architektur der koreanischen Hauptstadt bringt, wie es die Kommentare ausdrücken. Von dem letztgenannten Projekt ist bislang aber noch nichts zu sehen.


Eine ganz besondere Fassade besitzt das faszinierende Gebäudekonzept Kinetower des 2006 gegründeten belgischen Design- und Architekturbüros Kinetura, das im März in dem Blogs vorgestellt wird. Das Projekt ist eine architektonische Übung zur Vermittlung der Designphilosophie des Teams um Xaveer Claerhout und Barbara Van Biervliet.

Deren Konzept basiert auf dem Metamorphismus, also der Transformation von Objekten und Architektur, abhängig von ihrem Einsatz. Dabei soll eine neue, dynamische Dimension in das normale statische Dasein von Design und Architektur gebracht werden, indem die flexiblen Charakteristika von bestimmten Materialien mit bewegungsbasierten Technologien verbunden werden.

Kinetower offen Grafik

Kinetower offen
(Grafik)

Ein Ergebnis ist die doppelte Hautfassade des Kinetower, deren äußeren Fensterelemente auf Sonnenlicht reagieren – ähnlich einer Blume am Morgen – und sich in einer leisen und kaum wahrnehmbaren Art in eine andere Form mit einer komplett anderen Funktionalität und Optik wandeln. Dabei verändert sich die harte Fassade in eine weichere und fast nicht wiederzuerkennende Version ihres vorherigen Selbst, wobei diese Metamorphose durch den Einsatz eines Materials möglich wird, das aufrecht steif bleibt aber flexibel genug ist, um sich zu verbiegen.

Dadurch hat die morphende, energieregulierte Außenhaut die Fähigkeit, die Menge des Lichts, das durch die Fenster eindringt, je nach den Bedürfnissen der Benutzer zu steuern, ebenso wie die bewegungsbasierte Reaktion auf Wetterbedingungen. Gleichzeitig kann das zurückgehaltene Licht bzw. die Energie eingefangen und genutzt werden, indem dieser Ansatz mit flexibler Solar- und Displaytechnologie kombiniert wird.

Kinetura kommt 2016 wieder in die Presse, als das Team mit dem derweil patentierten Konzept mehrere moderne metamorphe Lichtobjekte kreiert, welche die Lichtmodulation mit physikalischen Transformationen kombinieren.


Im Juli folgt mit dem BIOS-FIN System eine Gebäudefassade, in der Algen für Biokraftstoff gezüchtet werden soll.

Inspiriert von den Erkenntnissen der Spirulina-Biotech-Firma Scottish Bioenergy Cooperative Ventures Ltd. (ScotBio) und dem Photobioreaktor, den David Cardello am Arizona Center for Algae Technology and Innovation (AzCATI) der Arizona State University (ASU) entwickelt hat, konstruiert Charles Lee ein funktionell integriertes Nutzfilter-Konzept (Functionally Integrated NutraFilter, FIN), bei dem Photobioreaktoren in Form vertikaler Lichtlamellen die Fassade eines Gebäudes bilden.

Photobioreaktoren

Photobioreaktoren

Wie die Photobioreaktoren von Cardello aktuell aussehen, erkennt man auf dem Foto mit einem Versuchsaufbau, der sich vermutlich auf dem Dach des AzCATI befindet. Da ich dem Thema Algen im Rahmen des Kapitels über synthetische Kraftstoffe eine eigene Recherche widmen werde, soll alles weitere dort behandelt werden (in Arbeit).

Das System würde nicht nur O2 absorbieren, das im Inneren des Gebäudes entsteht, sondern auch das Grauwasser durch Biofiltration behandeln. Dabei würde sich die Farbe der Lamellen entsprechend den Veränderungen in der O2-Absorption, der Lichtfiltration sowie der Grauwasserreinigung ändern, was zur Bildung eines mehrfarbigen Musters an der Gebäudefassade führen soll.

Lee hatte die Idee dazu, als er die Salzverdampfungsbecken in der San Francisco Bay beobachtete, die aufgrund von Veränderungen der Algen- und Bakterienkolonien bei unterschiedlichen Salzgehalten drastisch ihre Farbe wechseln. Auch in diesem Fall ist es bisher noch nicht zur Umsetzung gekommen.


Eine weitere Algenfassade erscheint im Februar 2012 in den Blogs. Diesmal handelt es sich um ein Konzept eines großen Teams der Niederlassung San Francisco des globalen Design-, Architektur-, Ingenieur- und Planungsbüros HOK.

Das Net-Zero-Design ist für den Battery Park gedacht und soll mit einer Kombination aus Lastminderung, Abwärmenutzung und ‚Waste-to-Energy‘-Strategien in Verbindung mit einer Reihe von Solarmodulen sicherstellen, daß dieses Mischnutzungs-Gebäude seine gesamte Energie selbst erzeugen kann, während die gebäudeintegrierten Algen den CO2-Fußabdruck weiter reduzieren soll.

Durch die Erhöhung der Belegungsdichte soll viel zusätzlicher Raum für die Gemeinde gewonnen werden, einschließlich Platz für Erholung, Landwirtschaft und eine ausreichend dimensionierte Wasseraufbereitungsanlage (unter Nutzung eines künstlich angelegten Feuchtgebietes), die das Schwarzwasser, landwirtschaftliche Abfälle und Lebensmittelreste in Energie umwandelt.

Ebenfalls eingeplant sind eine erstklassige Isolierung, gemeinsame Infrastruktur-Elemente, eine Hydronikheizung, natürliche Belüftung und Tageslichtnutzung. Es weiteres außergewöhnliches Merkmal des Projekts ist ein Windkraftsystem, das die Art und Weise nachahmt, wie Meeresschwämme Wasser aufnehmen und abgeben. Leider werden hierzu keine Details mitgeteilt. Hinzu kommt die eingangs erwähnte Algenzucht, die in einer Reihe flacher Photobioreaktoren erfolgen soll, die in die Gebäudefassade integriert sind.

Und auch in diesem Fall sollen diese nicht nur Energie erzeugen und CO2 absorbieren, sondern auch das im Gebäude anfallende Grauwasser filtern. Bislang handelt es sich bei dem Projekt um eine reine Designarbeit.

Larchmont Medical Center Montage

Larchmont Medical Center
(Montage)


Welch großen Unterschied eine ästhetische Fassade machen könnte, ist überdeutlich bei dem Projekt zu erkennen, das Larchmont Medical Center in Los Angeles, aufzuwerten.

Die vom Architekturbüro XP& Architecture (lies: Expand Architecture) aus San Francisco entworfenen Hülle bedient zwei Designzwecke gleichzeitig, zum einen die Kühlung des Gebäudes und zum anderen die Imageverbesserung des Medizinzentrums. Beschattungssysteme gelten als eine der effektivsten, energiesparenden, passiven Designmaßnahmen an Gebäuden.

Während sich die Sonne den ganzen Tag über bewegt, paßt die Fassade automatisch ihre Metallflügel an, um die Innentemperatur des Gebäudes zu regulieren. Innerhalb und außerhalb des Gebäudes installierte Sensoren messen die Temperatur und steuern das Öffnen oder Schließen der Metallblenden, die mit Lotusan beschichtet sind, um die Oberfläche selbstreinigend zu machen. Wenn gewünscht, können die Benutzer die Bewegung des Systems aber auch überschreiben. Details zur vorgesehenen Technik gibt es leider keine.

Eine Umsetzung ist bislang auch nicht erfolgt – und das Zentrum sieht noch immer so häßlich aus wie zuvor.


Im November 2011 wird das von dem portugiesischen Architekturbüro Cláudio Vilarinho Architects entworfene Konzept für das geplante neue Institute of Science and Innovation for Bio-Sustainability (IBS) der Universität Minho vorstellt, das die Monotonie der umliegenden grauen Gebäude durchbrechen soll – nicht nur durch die kleinen, auf dem Dach installierten Windturbinen.

Die Forschungseinrichtung, die „Nachhaltigkeit als Ideal der Architektur sucht“ und einige kleine, gebäudeintegrierte Dachwindturbinen nutzt, soll mit einer Haut bedeckt werden, die von Titan-Nanoröhrchen inspiriert ist. Diese haben das Potential zur Energiegewinnung aus Sonnenenergie, auch wenn die Forschung noch im Gange ist, um das volle Ausmaß ihrer Fähigkeiten zu bestimmen.

IBS 2015

IBS (2015)

Ihr Erforschung hat jedenfalls gezeigt, daß sie genutzt werden könnten, um lichtempfindliche Pigmente herzustellen, die in der Lage sind, Energie zu gewinnen oder zu erzeugen.

Die gesamte Fassade ist mit einem durchbrochenen Sichtschutz aus Modulelementen verkleidet. Die löchrige grüne Haut wird aus vorgefertigten zementbasierten Platten hergestellt, die mit Mikrofasern verstärkt sind und keine herkömmliche Verstärkung aufweisen, die zu Korrosionsproblemen führen könnte. Das Material verringrt auch das Risiko von Rissen oder Verformungen, was dazu beiträgt, die Wartung zu reduzieren und die Lebensdauer zu verbessern.

Pigmente oder Oxide können in das Material eingebracht werden, um es in jeder gewünschten Farbe herzustellen, wie z.B. das leuchtende Grün in den veröffentlichten Abbildungen. Die Fassade trägt dazu bei, die solare Wärmeentwicklung zu reduzieren, während sie das Gebäude vor Witterungseinflüssen schützt und dennoch natürliches Tageslicht zuläßt.

Im Fall dieses Projekt kommt es zu einer Umsetzung auf dem Azurém Campus in Guimarães, und im Jahr 2015 kann der IBS-Bau mit seiner löchrigen, hellgrünen Fassade erfolgreich beendet werden, der nun als inspirierendes Symbol für den Einfluß des Forschungszentrums auf die Zukunft biologisch nachhaltiger Technologien betrachtet wird.


Im November 2010 ziehen John und Kathy Miranda in ihr neues, von Cook+Fox Architects entworfenes Haus ein, das rund 250.000 $ gekostet hat. Der Entwurf des Live Work Home war einer der Gewinner des From the Ground Up Wettbewerbs in Syrakus, New York.

Eines der offensichtlichsten Merkmale des Hauses ist der perforierte Sichtschutz, der die West- und Nordfassade umgibt. Er führt im Inneren zu geflecktem Licht, das die Sonnenstrahlen naahmt, die durch ein Baumdach strömen. Eine Garagen-Haustür schafft eine vordere Veranda, die bei Bedarf herunterklappbar ist.

Das Haus erhält passend zum einjährigen Jubiläum im November 2011 die LEED Platin-Zertifizierung.


Die letzte Meldung dieses Jahres, Mitte Dezember 2011, betrifft die Hochschule Wismar, deren Wissenschaftler den in Zusammenarbeit mit den Industriepartnern SOVA GmbH und Güstrower Wärmepumpen GmbH konzipierten ‚Freibewitterungsversuchsstand‘ in Lübesse nun offiziell in Betrieb genommen haben.

Versuchsstand der Hochschule Wismar

Versuchsstand
der Hochschule Wismar

Die Testflächen sind nach Süden ausgerichtet und bestehen aus sechs mit weißer Deckbeschichtung, einer mit anthrazitgrauen Beschichtung  und einer mit einer Spezialbeschichtung, die Infrarot-Strahlung reflektiert. Mit dieser Mischung will man prüfen, welchen Einfluß die Oberflächeneigenschaften auf den Energieertrag hat.

In die Flächen sind feine Kapillarrohrmatten eingebracht, die von einer Flüssigkeit mit Frostschutzmittel durchströmt werden, das der Fassadenoberfläche Wärmeenergie entzieht. Die Flüssigkeit wird dann mit einer Wärmepumpe heruntergekühlt. Mit Hilfe  der Temperaturdifferenz zwischen der Umgebung und der Putzschicht läßt sich nun Energie gewinnen, mit der ein Wärmespeicher betrieben werden kann, etwa für die Heizung.

Unterkühlung, Volumenstrom und Entnahmezeiten werden mit Hilfe eines eigens konzeptionierten Meß- und Steuerungssystems so geregelt, daß übermäßige Betauungen bzw. Vereisungen der Oberfläche ausgeschlossen werden.

Der Außenversuch ist wesentlicher Bestandteil des dreijährigen, vom BMBF mit 260.000 € geförderten Forschungsprojektes ‚biop-FS: bifunktionale opake Fassadensysteme zur Dämmung und Wärmeenergiegewinnung‘ unter der Leitung von Prof. Helmuth Venzmer, das der Entwicklung von energetisch aktiven Fassaden dient, mit deren Hilfe die Beheizung von Gebäuden durch erneuerbare Energien unterstützt werden kann. Eine Kraftwerk-Hauswand könnte eine Alternative zum Solarkollektor sein, da sie unabhängiger vom Sonnenschein funktioniert.

Durch Einbeziehung der lichtundurchlässigen Außenwandflächen in das Gesamtenergiekonzept von Gebäuden soll mit einem technisch und ökonomisch vertretbaren Aufwand ein bisher nicht hinreichend beachtetes regeneratives energetisches Potential erschlossen werden. Das Energiewand-Projekt könnte auch eine sinnvolle Ergänzung bei der Häusersanierung sein, denn wenn ein Haus gedämmt und neu verputzt wird, ließe sich das Netzsystem gleich in den Putz einarbeiten.

Bei dem bereits im September begonnenen praktischen Einsatz über drei Jahre erhofft man sich eine positive Energiebilanz im Verhältnis zwischen der eingespeisten Energie zum Betrieb der Wärmepumpe und der zur Warmwasserproduktion gewonnenen Energie. Seltsamerweise ist danach nie wieder etwas darüber zu hören, auch wenn einer der Partner, die Fassadensystem-Herstellerin Sowa GmbH aus Kamp-Bornhofen (später: Zollhaus-Schiesheim), das Wärmedämmverbund-System (WDVS) zum Patent anmeldet. Im Angebot des Unternehmens taucht es allerdings auch nicht auf.

The Watercampus Grafik

The Watercampus (Grafik)

Im Januar 2012 veröffentlichen die Fachblogs Grafiken eines geplanten Gebäudes in Leeuwarden, Niederlande, das eine Plattform für Unternehmen und Institutionen bilden soll, die sich auf Wassertechnologien spezialisiert haben. Verantwortlich dafür ist der Architekt Chris de Weijer vom Delfter Büro DP6.

Der vorgeschlagene dreigeschossige Baukörper namens The Watercampus wird ein Gebäude sein, das die Menschen bequem zu Fuß erkunden können. Durch grüne Terrassen dringt Tageslicht tief in das isolierte Gebäude ein, das quasi über der Landschaft schwebt.

Der faszinierendste Teil ist jedoch die Fassade, die einen direkten Bezug zu Wassertropfen hat. Sie wird aus einer klaren Folie bestehen, die sowohl nachhaltig als auch vollständig recycelt ist. Dabei fängt die äußere Schicht der klimawirksamen Haut Energie auf und nutzt sie, um das Gebäude zu versorgen. Gleichzeitig dient sie als Kühlsystem und intelligentes Wasseraufnahmesystem, das Regenwasser an die Gewässer in der Umgebung leitet.

Das Design wurde von DP6 für einen Wettbewerb im Jahr 2011 entworfen, bei dem es allerdings nur den dritten Platz belegen konnte. Es ist daher nicht zu erwarten, das Konzept in absehbarer Zeit realisiert zu sehen.


Im Juli 2012 in stellt das in Amsterdam beheimatete Architekturbüro UNStudio von Prof. Ben van Berkel und Anne-Marie Koot die Pläne für einen neuen Geschäfts- und Wohnkomplex mit zwei Türmen in Singapur vor, den V on Shenton (ausgesprochen Five on Shenton), der an die Stelle des seit 1973 bestehenden, 40-stöckigen UIC-Gebäudes treten wird, obwohl – oder vielleicht weil – dieses 1986 renoviert wurde und dabei neue Betonfassade im Architekturstil des Brutalismus bekommen hatte.

Der neu geplante Doppelturm im Herzen des Central Business District der Stadt besteht aus einem 23-geschossigen Bürogebäude (123 m hoch) und einem 53-geschossigen Wohnturm (237 m) mit gemeinsamem Sockel, und wird sich durch modernstes energieeffizientes Design auszeichnen. Hierfür ist eine leistungsstarke Fassade vorgesehen, die aus sechseckigen Paneelen besteht.

V on Shenton Detail

V on Shenton
(Detail)

Die Grundform des Sechsecks wird verwendet, um bienenstockähnliche Muster aus vier bis fünf verschiedenen Texturen zu erzeugen, welche die Leistung der Fassade mit Winkeln und Beschattungselementen erhöhen, um auf die klimatischen Bedingungen in Singapur zu reagieren. Damit wird die Wärmeentwicklung minimiert und gleichzeitig für eine Fülle an natürlichem Tageslicht gesorgt.

Neben den Fassaden sind eine Reihe von Himmelsgärten mit üppigen Grünflächen integraler Bestandteil des Bauwerks. Im Erdgeschoß verbindet eine große Lobby die Türme mit dem Straßenbild und bietet Platz für einen Empfangsbereich und ein großes Café. Die gesamte 8. Etage wird vom ersten Himmelsgarten eingenommen, zwei weitere Himmelsgärten im Wohnturm dienen als private Parks für die Bewohner und reinigen die Luft.

Es wurde erwartet, daß das Projekt im Jahr 2016 abgeschlossen werden kann, tatsächlich wird es aber erst 2018 beendet.


Kurz zuvor, im Oktober 2017, enthüllt UNStudio – diesmal gemeinsam mit dem Prof. Werner Sobek von der Universität Stuttgart – den Plan für einen neuen Wolkenkratzer in Dubai, der mit seiner verdrehten Form und einer Keramik-Kachel-Fassade Aufsehen erregen wird, sollte er tatsächlich gebaut werden. Der skulpturale und funktionale, 302 m hohe Wasl Tower würde sich nämlich explizit von Dubais ansonsten meist starrer und kalter Metall- und Glasskyline abheben.

Seine Verglasung verläuft wie ein geschwungener, offener Saum über die gesamte Gebäudehöhe und beherbergt Außenbalkone und Grünanlagen in einem ‚vertikalen Boulevard‘, der in einem Infinity-Pool im Obergeschoß gipfelt.

Der kurvenreiche und asymmetrische Wolkenkratzer wird ein programmiertes Beleuchtungssystem verwenden, das sich hinter den finnenförmigen Keramikfliesen der Fassade verbirgt und das Gebäude nachts aussehen läßt, als würde es atmen. Die Beleuchtung wird durch Solarmodule betrieben, die auf dem Parkplatz installiert sind. Auch die schattenspendende und das natürliche Licht optimierende Fassade soll die Energiekosten senken.

Betreiben wird den gemischt genutzten Turm, der aus einem Fünf-Sterne-Hotel mit über 250 Zimmern, sowie Büros, Residenzen und öffentlichen Räumen besteht und bis 2021 fertig gestellt werden soll, die Mandarin Oriental Hotel Group. Tatsächlich scheint der Bau im Jahr 2016 begonnen worden zu sein.

DUO2

DUO2


An dieser Stelle sollte erwähnt werden daß UNStudio schon im Vorjahr die Errichtung eines weiteren Bauwerks mit einer besonderen Fassade abgeschlossen hatte: Das neue, 92 m hohe, asymmetrische EWR- und Steueramt in Groningen, Niederlande, das den Namen DUO2 trägt und als eines der nachhaltigsten Bürogebäude Europas bezeichnet wird, ist mit einer Reihe von organisch geformten weißen Lamellen bekleidet, die dem Gebäude eine zugängliche und freundlichere Fassade verleihen.

Die für Flexibilität und Energieeffizienz entworfene Fassade verbessert die Tageslichtqualität, bietet Sonnenschutz und kontrolliert den Wind. Die horizontalen Lamellen halten einen großen Teil der Sonnenwärme außerhalb des Gebäudes und reduzieren so den Kühlbedarf.

Ansonsten reduziert ein Betonkern mit unterirdischer Langzeitspeicherung den Bedarf an externen Energiequellen. Natürliche Belüftung und individuelle Klimatisierung für jeden Arbeitsplatz tragen zu einem gesunden Raumklima bei. Schließlich wurde das Gebäude so konzipiert, daß der flexible Innenraum in der Zukunft auch in Wohnräume umgewandelt werden kann – oder die Restwärmeenergie des Rechenzentrums und der Büros zur Beheizung von Wohnungen in der Nähe genutzt werden kann.


Eine besonders interessante Fassade besitzen die Al Bahr Towers in Abu Dhabi, die am östlichen Stadttor stehen, als Sitz des 2007 gebildeten Abu Dhabi Investment Council (ADIC), das der Presse zufolge ein Vermögen in Höhe von 625 Mrd. $ verwaltet,  und der Al-Hilal-Bank dienen und anläßlich ihrer offiziellen Eröffnung im November 2012 weltweit in der Presse vorgestellt werden. Der Bau der beiden 29-stöckigen Türme in der Nähe der Al Qurum Beach, die auch PV-Dachanlagen besitzen, die etwa 5 % des gebäudeeigenen Bedarfs decken sollen, war im Juni abgeschlossen worden.

Der Komplex wird in der Presse auch unter Al Bahar Towers geführt, was allerdings falsch ist, denn Bahr heißt Meer - so wie es auch gemeint ist -, während Bahar Gewürz bedeutet.

Um die Gebäude kühl zu halten, ohne große Mengen an Strom für Klimaanlagen einzusetzen, konstruiert das 2002 gegründete Architekturbüro Aedas Architects Ltd. (AHR Architects Ltd.) in Zusammenarbeit mit dem ebenfalls in in London beheimateten Ingenieurbüro Arup Engineers eine Fassade, die eine Hommage an die traditionelle arabische Architektur darstellt.

Al Bahr Towers Detail

Al Bahr Towers
(Detail)

Auf Grundlage der Mashrabiyas – der geometrischen Abschirmungen, die sich an Gebäuden im gesamten Mittleren Osten befinden – wird eine komplizierte, moderne Version geschaffen,  bei der 2.000 softwaregesteuerte bewegliche Schirm-Elemente, die sich je nach Sonnenstand tagsüber zusammenziehen bzw. ausdehnen, über die voll verglaste Fassade der 145 m hohen Bauten verteilt sind. Das gigantische Gitterwerk umschließt beide Türme fast vollständig, bis auf den Bereich der nach Norden gerichteten Fassaden.

Die Mashrabiya-Fassade ist nicht nur ein Blickfang, sondern schützt die Zwillingstürme, die sich eine weitläufige zentrale Lobby teilen, auch sehr effektiv vor dem unerbittlichen Sonneneinfall, der für viele moderne Gebäude in heißen Klimazonen problematisch ist. Die Fassade reduziert den solaren Eintrag im Vergleich zu anderen Wolkenkratzern um 50 %, reduziert aber auch die Abhängigkeit der Büros vom Kunstlicht.

Beim Emporis Skyscraper Award 2012 sind die Al Bahr Towers aufgrund ihrer innovativen Fassade das zweitplazierte Projekt. Außerdem erhalten sie für die größte computergesteuerte Solarfassade der Welt den ersten Preis für Innovation des Council on Tall Buildings and Urban Habitat (CTBUH). Weitere Auszeichnungen sind das ‚Best Overall Project in the Middle East‘ und das ‚Commercial Project of the Year‘ bei den Middle East Architect Awards 2013. Im Februar 2013 wird gemeldet, daß die Al Bahr Towers kurz vor der Fertigstellung stehen.


Eine Fassade mit ähnlichem Effekt war übrigens schon Ende der 1980er Jahre von Jean Nouvels und seinen Kollegen für das Institut du Monde Arabe (IMA) in Paris entwickelt worden. Da ich das System bereits im Kapitelteil über die Heliostaten kurz beschrieben habe, werde ich dies hier nicht wiederholen (s.d.).


Die Idee liegt aber auch weiter in der Luft. Aus Gründen der besseren Übersicht werden auch die entsprechenden Designs und Umsetzungen der Folgejahre hier zusammengefaßt.


Das Konzept einer den Al Bahar Towers ähnlichen Fassade wird beispielsweise im April 2013 von dem Designteam des 2002 gegründeten italienischen Büros 3GATTI Architecture Studio präsentiert, um eine Renovierung des Madrid-Pavillons der Expo 2010 in Shanghai durchzuführen.

Nachdem der Pavillon nach der Expo zu einem Einzelhandels- und Bürokomplex umgebaut worden war, hatte sich der Zustand der Bambuslamellen auf den klappbaren Stahlrahmen, welche die verglasten Wände und die 1,5 m breite Terrasse des Gebäudes umgeben, binnen zwei Jahren stark verschlechtert. Der Bambus wurde morsch und die Rahmen zeigten Anzeichen von Rost. Die Eigentümer baten daraufhin 3GATTI, ein neues Design zu entwickeln.

Der neue Entwurf erhält die ‚Öffentlichkeitswirkung‘ der ursprünglichen Fassade aufrecht und ermöglicht es den Menschen, die Beschattung so einzustellen, daß sie die von ihnen gewünschten Lichtverhältnisse erreicht. Die bewegliche Fassade soll hierzu mit Stahlschirmen ausgestattet werden, die einzeln geöffnet und geschlossen werden können, wobei jeder Schirm durch ein Handkurbel/Seilrollen-System gesteuert wird, das einen zentralen, federbelasteten Gelenkmechanismus betätigt.

Der Mechanismus ist im Prinzip mit einem Standardschirm identisch, aber wesentlich schwerer, da die mechanischen Teile aus Edelstahl, die Rahmen aus Aluminium und die Außenflächen aus dünnem perforierten Cortenstahl hergestellt sind. Angrenzende Fassadenpaneele werden ebenfalls aus Cortenstahl gefertigt. Wenn alle Schirme geöffnet sind, wird die Fassade zu einer ebenen Fläche, die das Gebäude vor starken Winden schützt und überschüssigen Sonneneintrag blockiert.

Es ist eigentlich geplant, die Schirmfassade im Herbst 2014 zu installieren, doch bislang scheint sich diesbezüglich noch nichts getan zu haben.

 

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