TEIL C
SolarhÄuser und solare Bauelemente
Schwerpunkt Solarfenster (4)
Im Januar 2014 wird über ein neues Verfahren berichtet,
das die Zähigkeit von Glas drastisch erhöht. Die
Wissenschaftler der McGill University in Montreal
unter der Leitung von Prof. François Barthelat haben
sich von Mollusken inspirieren lassen, um ein Super-Material zu schaffen,
das 200 Mal stärker ist als Standardglas.
Das Team hatte die innere Struktur des glänzenden, schillernden Perlmutt untersucht, das sich auf der Schalen-Innenseite von Weichtieren wie einer Abalone, einer Muschel oder einer Auster befindet und der Schale ihre Festigkeit verleiht, während die äußere Oberfläche der Schale fast vollständig aus sehr brüchigen Kalziumkarbonat besteht. Dabei wird entdeckt, daß das Perlmutt aus einzelnen mikroskopischen ‚Tabletten‘ besteht, die ähnlich wie Legosteine ineinandergreifen. Außerdem stellt sich heraus, daß die Grenzen zwischen den Tabletten nicht gerade sind, sondern wellenförmig, wie die Kanten von Puzzleteilen.
Die Wissenschaftler ahmten diese Grenzen in gläsernen Objektträgern nach, in die sie mit Hilfe von Lasern Netzwerke aus wellenförmigen 3D-Mikrorissen gravierten. Wurden die Objektträger einem Aufprall ausgesetzt, absorbierten die Mikrorisse die Energie und leiteten sie weiter, so daß das Glas nicht zerbrach. Das Team glaubt, daß es relativ einfach wäre, das Verfahren auf größere Glasscheiben zu übertragen, und plant, es auch auf andere spröde Materialien wie Keramik und Polymere anzuwenden. Der Bericht darüber, der im Magazin Nature Communications erscheint, ist im Netz einsehbar (‚Overcoming the brittleness of glass through bio-inspiration and micro-architecture‘).
Wie im August 2014 gemeldet wird, entwickeln auch
Forscher der TU Wien eine Solarfolie,
um Fenster zukünftig zu Kleinkraftwerken zu machen – und zwar
mit Hilfe der dünnsten Solarzelle der Welt. Diese ist nur wenige
Atomlagen dick, nahezu vollkommen transparent, flexibel und ultraleicht:
300 m2 wiegen gerade einmal ein Gramm.
Eine der beiden Basismaterialien hatten die Wiener Forscher bereits im März vorgestellt: ein photoelektrisches Material namens Wolframdiselenid (WSe2), dem Prof. Thomas Müller und seine Mitarbeiter Marco Furchi und Andreas Pospischil eine graphenartige Struktur gegeben hatten, indem sie die Moleküle in lauter aneinandergereihten Sechsecken anordneten, die an Bienenwaben erinnern. Darauf wurde nun eine ebenfalls ultradünne Schicht aus Molybdändisulfid gelegt. Den Abschluß bilden auf beiden Seiten Schichtelektroden, die den erzeugten Solarstrom zum Verbraucher leiten.
Wolframdiselenid ist ein Halbleiter, der aus drei Atomschichten besteht. In der Mitte befindet sich eine Lage von Wolframatomen, die oberhalb und unterhalb der Schicht durch Selenatome verbunden sind. Wenn Lichtteilchen auftreffen, trennen sich die Ladungen und Elektronen werden frei, so daß sie umherwandern können. Sie finden jedoch in Bruchteilen von Sekunden sogenannte ‚Löcher‘, mit denen sie sich verbinden und zum Neutrum werden – ohne daß der Strom genutzt werden kann.
Funktional wird die Zelle erst durch die zweite Schicht. Denn statt im Wolframdiselenid zu bleiben, wandern die Elektronen in die Molybdändisulfid-Schicht und von dort in die anliegende Elektrode. Die Löcher, also die positiven Ladungen, bleiben hingegen im Wolframdiselenid. Wenn die Elektronen ihre elektrische Arbeit geleistet haben, kehren sie über die zweite Elektrode in die Zelle zurück und vereinigen sich wieder mit den Löchern. Die weiter einstrahlenden Lichtteilchen reißen sie dann wieder auseinander, so daß der Stromfluß erhalten bleibt.
Weil die Schicht so extrem dünn ist, läßt sie 95 % des Lichts durch, doch von den verbleibenden 5 % an Lichtleistung, die das Material absorbiert, kann ein Zehntel in elektrische Leistung umgewandelt werden. Der interne Wirkungsgrad des neuen Materials, das auf Fensterscheiben geklebt werden könnte, ist mit 10 % somit relativ hoch. Ehe die Zellen jedoch praktisch genutzt werden können, ist noch einiges an Entwicklungsarbeit zu leisten. So arbeitet das Team gegenwärtig daran, mehr als zwei Schichten aufeinander zu stapeln, um eine höhere Energieausbeute zu erreichen.
Es läßt sich bislang nichts darüber finden, daß die Arbeiten später fortgesetzt wurden.
Im Dezember 2014 präsentieren Forscher um Prof. Sun
Xiaowei an der Nanyang Technological University (NTU)
in Singapur Smart Windows, die sich selbst abtönen, um die Sonne
auszublenden und das Gebäude kühler zu halten – und die im Gegensatz
zu früheren Versionen dieser Fenstertypen keine externe Stromquelle
benötigten, um zu funktionieren. Statt dessen erzeugt neue Version
ihre eigene Energie und macht sogar einen Überschuß, der dem Gebäude
zugute kommt.
Das Fenster besteht aus zwei Glasscheiben, die mit einem sauerstoffhaltigen flüssigen Elektrolyten gefüllt sind. Die beiden Scheiben sind jeweils mit dem leitfähigen Indiumzinnoxid (ITO) beschichtet, und ein elektrischer Draht verbindet die Scheiben miteinander zu einer Schaltung. Des weiteren ist eine der Scheiben mit dem anorganischen Pigment Preußisch Blau beschichtet, das dem Glas seinen Blauton verleiht, wenn es vollständig aufgeladen ist, während die andere an einem dünnen Streifen Aluminiumfolie befestigt ist.
Das Fenster kann die kühl-blaue Färbung bei hellem Tageslicht so einstellen, daß bis zu 50 % des Lichts blockiert werden, während es abends und nachts wieder zu einer transparenten Glastönung zurückkehrt. Dabei nutzt es eine ziemlich elegante Methode, diese Einfärbung zu erzielen. Laut Xiaowei ist das neue elektrochrome Fenster bi-funktional, denn es ist auch eine transparente Batterie. Es lädt sich auf und wird blau, wenn Sauerstoff im Elektrolyten vorhanden ist, „mit anderen Worten, es atmet.“
Wird der Stromkreis unterbrochen, beginnt eine chemische Reaktion zwischen dem Preußisch Blau und dem gelösten Sauerstoff im Elektrolyten, die das Glas blau macht. Um die Blautönung wieder abzuschalten, wird der Stromkreis geschlossen, um die Batterie zu entladen und das Preußisch Blau in ein farbloses Preußisch Weiß zu verwandeln, wobei die Farbwechsel innerhalb von Sekunden erfolgen. In der realen Anwendung soll das Fenster über einen Schalter gesteuert werden.
Das NTU-Team nutzt einen kleinen Teil der Vorrichtung zur Versorgung einer roten LED und beweist damit, daß das Fenster auch als transparenter, selbstaufladender Akku für Elektronik mit geringer Leistung genutzt werden kann. Des weiteren wird an der Verbesserung der Erfindung gearbeitet – und man hofft auf eine Zusammenarbeit mit Industriepartnern zur Kommerzialisierung der Technologie.
Auch der Bericht über diese Entwicklung ist im Netz abrufbar unter dem Titel ‚A bi-functional device for self-powered electrochromic window and self-rechargeable transparent battery applications‘. Ein Folgebericht stammt vom September 2016 (‚A TCO-free Prussian blue-based redox-flow electrochromic window‘). Doch auch in diesem Fall ist bisher nichts über eine Umsetzung verlautet.
Allerdings fand sich bei einer vertiefenden Recherche eine Art Vorläufer aus dem Jahr 1998, als die chinesische Southeast University in Nanjing einen Forschungsbericht mit dem Titel ‚All solid-state electrochromic smart window of electrodeposited WO3 and prussian blue film with PVC gel electrolyte‘ veröffentlicht hat. Demnach wurde schon damals ein vollflächiges elektrochromes Smart Window aus Preußisch Blau und galvanisch abgeschiedener WO3-Folie mit einem Poly(vinylchlorid)-(PVC)-Gelelektrolyt hergestellt, das sich in Elektrochromie und Speichereigenschaften als hervorragend erwies. Auch nach 5.000 Zyklen verlor es nur etwas weniger als 10 % der ursprünglichen Stärke.
Ein weiteres Startup des Jahres 2014 ist die von Sam
Anders, Willem Kesteloo und Ferdinand
Grapperhaus im niederländischen Delft gegründete Firma PHYSEE.
Diese erobert sich eine Nische in der Solarfensterindustrie mit
Smart Windows, die das einfallende Sonnenlicht gleichzeitig als
Energie- und Datenquelle über das lokale Klima nutzen.
Dabei leiten die Fenster das auf der gesamten Glasoberfläche eingefangene
Licht auf Solarzellen-Streifen im Fensterrand um, ähnlich wie es
bei den o.e. lumineszierenden Solarkonzentratoren geschieht.
Anstelle von Quantenpunkten (QDs) basieren die Produkte von PHYSEE auf einer patentierten Leuchtbeschichtung aus anorganischen Trägermaterialien, die mit Verunreinigungen von Seltenerdmetallen in bestimmten Oxidationszuständen dotiert sind. Die stabilen und ungiftigen Materialien, die sich mit der Zeit nicht verschlechtern, bilden einen signifikanten Vorteil gegenüber QDs und organischen Farbstoffen. Zudem bietet die Zusammensetzung der Dotierstoffe in der Produktbeschichtung eine wünschenswerte Ästhetik durch ihre einzigartigen optischen Eigenschaften. Die geringen Selbstabsorption ermöglicht wiederum hohe Wirkungsgrade und einen breiten Absorptionsbereich, mit dem ein großer Teil des Sonnenspektrums erfaßt werden kann, ohne daß sich das Fenster verfärbt.
Goede Doelen Loterij
Die PHYSEE arbeitet mit bestehenden Forschungsinstitutionen und Herstellern wie dem Fraunhofer FEP und der NSG Pilkington zusammen, um etablierte Verfahren wie das Sputtern von Beschichtungen auf Glas zu nutzen. Da diese Technik in der Glasindustrie für Antireflex- und Sonnenschutz-Beschichtungen bereits weit verbreitet ist, lassen sich die neuen Produkte im Prinzip in jede bestehende Fertigungslinie integrieren.
Die interne Forschung wird in Kooperation mit der Delft University of Technology am Reactor Institute Delft (RID) durchgeführt, wo eng mit der ‚Luminescent Materials for Sustainable Energy Group‘ von Erik van der Kolk zusammengearbeitet wird. In Zukunft will das Unternehmen auch Fenster auf den Markt bringen, die das Sonnenlicht auf Sensoren zwischen den Solarzellen lenken und so Veränderungen von Umgebungsfaktoren wie Licht, Temperatur und Luftfeuchtigkeit erkennen können.
Groß in die Presse kommt die Firma im September 2016, als sie die Postcode-Lotterie Green Challenge gewinnt, einen der weltweit größten Wettbewerbe auf dem Gebiet der verantwortungsbewußten Wirtschaft, was mit einem Geldpreis von 500.000 € verbunden ist. Vielleicht noch wichtiger: Der Wettbewerb ist der Katalysator für eine starke Partnerschaft zwischen der PHYSEE und der Goede Doelen Loterij, der nationalen, niederländischen Postcode-Lotterie, was dazu führt, daß die Firma über 100 m2 ihrer PowerWindows in dem neu renovierten Hauptsitz der niederländischen Postleitzahlenlotterie in Amsterdam installiert, der bereits als das nachhaltigste Gebäude der Niederlande gilt.
Im Januar 2017 wird die PHYSEE auf dem Weltwirtschaftsforum in die Auswahl der 30 vielversprechendsten Technologiepioniere der Welt aufgenommen – und steht damit in einer Reihe mit Google, Kickstarter, Airbnb, Mozilla, Spotify, Twitter und Wikimedia. Im Juni unterzeichnet die Firma mit dem Bauunternehmen Vorm Ontwikkeling B.V. einen Vertrag zur Implementierung von 1.800 m2 PowerWindows. Hinzu kommt der Erwerb von 100 EESYboxen, mit denen die Mieter erstmals in der Geschichte eine direkte Verbindung zu den energie- und datenerzeugenden Fenstern ihrer Wohnung haben. Mit der entsprechenden EESYapp können die Nutzer die Leistung der Energieerzeugung und vieles mehr verfolgen.
Außerdem erfolgt im Juni die erste kommerzielle Installation der PowerWindows. Gemeinsam mit dem Immobilienentwickler OVG und weiteren Partnern werden bei dem Pilotprojekt 30 m2 PowerWindows in den neu renovierten Büros der Rabobank Eindhoven installiert.
am PowerWindow
Anfang 2018 kann die PHYSEE bei einer Finanzierungsrunde von Immobilienentwicklern und Investoren 1,5 Mio. € einsammeln, und im Mai belegt die Firma den mit 40.000 € dotierten 1. Platz beim internationalen PropTech Innovation Award in Berlin, der vom German Tech Entrepreneurship Center (GTEC) und der Union Investment Real Estate verliehen wird. Im Juli erhält die Firma für ihr Projekt GlasSkin einen Zuschuß in Höhe von knapp 2 Mio. € vom Europäischen Innovationsrat. Das Projekt zielt darauf ab, die Produktivität und Energieeinsparung der Power- und SmartWindows zu steigern.
Im Juli erweist sich der Kontakt zur Lotterie ein weiteres mal von Vorteil, denn in seiner Rolle als internationaler Botschafter der Goede Doelen Loterij bekommt Bill Clinton, der 42. Präsident der USA, bei seinem Besuch in den Niederlanden von den Geschäftsführern der PHYSEE ein PowerWindow überreicht, dessen Technologie ihn sichtbar in Erstaunen versetzt.
Im Februar 2019 kann das erste internationale Projekt unterzeichnet werden, bei dem in Dublin, Irland, zusammen mit dem Immobilienentwickler und Investor Meyer Bergman das kommerzielle Sanierungsprojekt Kells mit dreifach verglasten SmartWindows mit innenliegendem Sonnen- und Sichtschutz ausgestattet wird. Die firmeneigene Solaranalyse, der PHYSEEbility Check, kommt zu dem Schluß, daß die Technologie das Potential für eine Energieeinsparung von 15% hat.
Erfolgsfördernd ist auch eine 10-jährige Industriestandard-Garantie für die PowerWindows, die des Großglashersteller Pilkington Nederland nach entsprechenden Tests im Juni gewährt.
Im September wird die PHYSEE von der niederländischen Handelskammer (KVK) als das innovativste KMU des Landes gekürt – und im Oktober wird sie Teil des Projekts Dutch Windwheel, einem vollständig nachhaltigen, ikonischen Gebäude, dessen Pläne im Jahr 2014 von dem Architekturbüro DoepelStrijkers präsentiert worden waren. Ich habe darüber im Kapitelteil Elektrostatik III berichtet, da die damalige Planung einen neuartigen Windgenerator der TU Delft namens Electrostatic Wind Energy Converter (EWICON) beinhaltete, der komplett ohne bewegliche Teile auskommt (s.d.).
2018 erhält das Projekt unter dem Motto ‚Smart Spaces as a Service‘ finanzielle Unterstützung vom IPC (Innovation Performance Contract) South Holland Programm. Außerdem wird eine Green Deal-Vereinbarung geschlossen, die die Entwicklung dieses Rotterdamer Symbols für Energiewende und technologische Innovation beschleunigt. Der Green Deal-Ansatz ist Teil der Green Growth Policy und eine gemeinsame Initiative der niederländischen Ministerien für Wirtschaft und Klimapolitik (EZK), Infrastruktur und Wassermanagement (I&W) sowie Innen- und Außenbeziehungen (BZK).
Im Laufe des Jahres wird von dem Windwheel Consortium zusammen mit elf KMUs das Modell eines 7,5 x 7,5 m großen, intelligenten und nachhaltigen Büro-, Hotel- und Wohnraums geschaffen, das auf einem biobasierten, flexiblen Holzkonstruktionssystem basiert und ab Ende September 2019 im Blijdorp Zoo in Rotterdam für Besuche und weitere Anregungen zur Verfügung steht. Der Raum repräsentiert quasi eine ,Zelle’ des zukünftigen Gesamtgebäudes, wie man auf der Architekturgrafik sehen kann.
In dem Demonstrations- und Testlabor können einige der Lösungen besichtigt werden, die das spätere Dutch Windwheel Gebäude beinhalten wird – wie eben eine Klimafassade, die auch Energie produziert. Vermutlich fiel die Wahl deshalb auf die PHYSEE, weil dem Team der Forschungsbereich ‚Smart Sensoring & Control‘ besonders wichtig ist. Durch eine kontinuierliche Datenerfassung mittels der energie- und datenerzeugenden Fenster soll die Energieeffizienz des Gebäudes verbessert werden.
Weiter eingesetzt werden sollen energieerzeugende Fliesen, Lamellen, die zusätzliche Energie hinter dem Glas erzeugen und Lamellen, die sich als Sonnenschutz mit der Sonne drehen. Die Eröffnung des Modells ist auch der offizielle Abschluß des Innovationsprojekts, während die Arbeit am Dutch Windwheel im kommenden Jahr fortgesetzt werden soll. Im Rahmen des Green Deal wird eine Standortanalyse durchgeführt und Ende Oktober will das Team seine Zukunftspläne vorstellen.
Dem aktuellen Stand zufolge bietet die PHYSEE ihre zwei- oder dreifach verglasten, patentierten PowerWindows an; SmartWindows, bei denen zusätzlich intelligente Sensoren zur Messung von Lichtintensität, Temperatur, Druck und Luftqualität integriert sind und die das Rückgrat von SmartSkin-Fassaden bilden; sowie die EESY genannte, lernfähige Datenspeicherungs- und Kommunikationseinheit.
Im Mai 2015 erfolgt in der österreichischen Landeshauptstadt Graz der
Spatenstich für den 60 m hohen Science Tower, der
ab dem Sommer des Folgejahres Umwelttechnologie-Unternehmen eine
neue Heimat bieten soll. Gleichzeitig soll bis 2020 rund um diesen
Turm ein neuer, nachhaltiger und energieeffizienter Stadtteil entstehen.
Als das Wahrzeichen der Smart City Graz, das auch als Forschungsgebäude für ‚Urban and Green Technologies‘ verwendet werden wird, im Herbst fertig gestellt wird, hat es eine Menge neuer Technologien vorzuweisen, wie Batteriespeicher, einen Erdwärmepuffer, ein BHKW u.ä.m.
Besonders interessant ist die Energieglas-Fassade, deren Kern aus den bereits mehrfach erwähnten Grätzel-Zellen besteht. Da der farbige Elektrolyt, der von zwei Glasscheiben eingeschlossen ist, transparent ist, eignen sich die Zellen auch als Fenster – allerdings eben als farbige. In der ersten Ausbaustufe wird die aktuelle Generation der beidseitig verwendbaren Energieglas-Technologie in Form einer Teilbelegung umgesetzt.
(Grafik)
Um die Grätzel-Zellen in Fassaden oder anderen Anwendungsfällen ordnungsgemäß verbauen zu können, werden sie von der 1988 gegründeten Stallhofener Firma SFL Technologies GmbH (SFL) zu Energieglas veredelt. Je nach Anwendungsfall werden die Zellen zu Sicherheitsglas, Verbundsicherheitsglas oder Isolierglas verarbeitet, zusätzlich mit Leuchtmitteln versehen oder in Kunststoffstrukturen gekapselt.
Im Zuge der Ausbaustufe 2016 konzentriert sich die Belegung in Form von Verbundsicherheitsglas auf den oberen Bereich, die als ‚Gewächshaus von morgen‘ bezeichnete Biosphäre, und wird nach unten hin transparenter. Dabei fördert die Filterung des Sonnenlichts durch den Farbstoff des Energieglases das Wachstum bestimmter Pflanzenkulturen. Die offizielle Eröffnung des Öko-Bauwerks erfolgt im September 2017.
Mit der nächsten Ausbaustufe 2018 wird dann die gesamte Fassade des Science Tower dichter belegt. Als Demonstration werden ab diesem Zeitpunkt auf dem Dach des Gebäudes zudem 2 – 4 Stück der ummantelten Windturbine SFL T1 zum Einsatz kommen. Die SFL arbeitet übrigens im Jahr 2017 auch beim Projekt HEIDI mit der TU Graz und die österreichische Post AG zusammen, um in der steirischen Bergwelt eine Paket-Drohne als Alternative zur traditionellen Paketzustellung testen (s.d.).
Etwas merkwürdig klingt die Aussage von Frank Dai Mingfang,
Geschäftsführer der chinesischen Firma Hanergy Thin Film
Power Ltd. (HTF), die er in einem Interview mit der Financial
Times im Januar 2015 macht: „Niemand sonst kann das tun, was
wir mit Solarenergie machen, die in Glasfenster eingebettet ist“.
Bislang ist das Tochterunternehmen der 1994 gegründeten Hanergy
Holding Group Ltd. in Peking, die Solarmodule für Solarparks
und Dächer produziert, nämlich noch nicht für Solarfenster bekannt.
Es sollen allerdings Technologien in der Entwicklung sein, um die
Solarenergie auch bei Gebäuden und Autos zu nutzen.
Um kurz auf die verschachtelte Struktur der Gruppe einzugehen, bei welcher der Hauptkunde gleichzeitig der Hauptaktionär ist: Die Hanergy Group hält 73 % der Anteile an der HTF, die ihre Produkte der Mutterfirma dann der liefert, damit diese wiederum ihre Solarmodule herstellt. Für Mingfang sei dies eine „gewisse seltene Synergie, die außerhalb Chinas ungewöhnlich ist.“
Wie bereits bei den Solar-Schindeln erwähnt, stellt die HTF im April 2018 eine 25 W Glas-Dachfliese namens HanTile vor, in der Hanergys flexible CIGS-Dünnschicht-Solarzellen der bereits neunten Generation integriert sind. Es bleibt abzuwarten, ob die Firma auch Solarfenster anbieten wird, bis Ende 2019 ist davon aber noch nichts zu bemerken.
Im März 2015 erscheint der im Netz einsehbare Bericht eines Forscherteams des Georgia Institute of Technology um Zhong Lin Wang, das ein autarkes, elektrochromes Smart Window geschaffen hat, das sich verfärben kann, indem es mittels nanoskaligen triboelektrischen Nanogeneratoren (TENGs) Energie aus Wind und Regen gewinnt (‚Motion-Driven Electrochromic Reactions for Self-Powered Smart Window System‘).
(Grafik)
Bei ihrer Aktivierung erzeugen die Generatoren, die in zwei Schichten auf einer einzigen Glasscheibe angeordnet sind, einen elektrischen Strom, der das klare Fenster in einem dunklen Blauton färbt. Die äußerste Schicht gewinnt statische Energie aus dem Regen. Wenn ein Regentropfen aus einer Wolke fällt, erzeugt der Kontakt zwischen dem Wasser und der Luft eine positive Ladung innerhalb des Tropfens. Trifft dieser dann das Glas, das mit Nano-Pyramiden aus einem negativ geladenen Silikonmaterial namens Polydimethylsiloxan beschichtet ist, erzeugt er einen elektrischen Strom.
Die zweite Schicht von Nanogeneratoren liegt direkt unter der ersten und gewinnt ihre Energie aus dem Wind. Diese Schicht besteht aus zwei Platten aus geladenem, durchsichtigem Kunststoff, die durch nanoskalige Federwindungen getrennt sind. Wenn der Wind gegen das Fenster drückt, werden die Federn zusammengepreßt und erzeugen einen elektrischen Strom, wenn sich die geladenen Platten aus Kunststoff einander nähern.
Dem Team zufolge produziert das Glas im Experiment bis zu 130 mW/m2 für die Heim- oder Büroelektronik. Die bei den Fenstern eingesetzten triboelektrischen Nanogeneratoren beschreibe ich ausführlich im Kapitel Micro Energy Harvesting unter Elektrostatik. Es gibt zudem noch andere Konzepte zur Nutzung von Regentropfen (s.d.).
Bis dieses intelligente Glas zur Marktreife gelangt, ist aber noch viel zu tun. So hat das Glas derzeit keine Möglichkeit, die von ihm erzeugte Energie zu speichern. Dies ließe sich möglicherweise durch die Integration transparenter Superkondensatoren lösen, die in das Glas eingebaut werden können, ohne die Sicht zu beeinträchtigen. Zuallererst will das Team jedoch die Energieeffizienz der Nanogeneratoren steigern, die gegenwärtig nur etwa 60 % der auf sie treffenden mechanischen Energie in Strom umwandeln können. Über weitere konkrete Schritte wurde bislang nicht berichtet.
Daß Technologieunternehmen schon seit einigen Jahren daran arbeiten,
transparente Solarmodule zu entwickeln, die als Fenster dienen
können, motiviert die niederländische Designerin Marjan
van Aubel, diese Idee aufzugreifen und schöne Glasfenster
zu entwerfen, die im Mai 2015 in den Blogs kursieren
und mehr wie Malerei wirken.
Die Absolventin des Royal College of Art arbeitet bereits seit 2012 mit dem Labor von Michael Grätzel an der EPFL zusammen, um die schon mehrfach erwähnte Technologie der Farbstoff-Solarzellen für ihre künstlerischen Glasobjekte anzupassen. Über ihre Energy Collection, Solar-Glaswaren, die Energie aus dem Umgebungslicht sammeln, egal ob aus ihenen gerade getrunken wird oder sie verlassen auf der Seite stehen, habe ich bereits bei den Grätzel-Zellen berichtet (s.d.).
Das neue Current Window erzeugt seinen elektrischen Strom genauso, indem es die Energie umwandelt, die entsteht, wenn Sonnenlicht auf ein farbiges Pigment trifft. Nur leitet es den Strom dann an einen USB-Anschluß im Fenstersims weiter, der ein Standard-Smartphone in etwa sieben Stunden aufladen kann.
Van Aubel hofft, daß ihre aus Farbstoff-Solarzellen bestehenden Glasfenster in viel größerem Maßstab den Weg in die bunten Fassaden von Kirchen finden werden, ebenso wie in Schulen, um statt der gegenwärtigen dortigen Fenster nicht nur buntes Licht, sondern auch saubere Energie zu liefern – und damit Ästhetik und sinnvolle Technologie verbinden.
Wie im Juni 2015 berichtet wird, haben Wissenschaftler
der University of Cincinnati (UC) um Sayantika
Mukherjee gemeinsam mit Forschern der National Taiwan
University sowie der Firmen Hewlett Packard und Merck im
Laufe von drei Jahren veränderbare Fenster entwickelt, indem sie
die Technologie der elektronischen ePaper-Displays so
adaptierten, daß sie ganze Fensterscheiben abdeckt, ohne dabei unerschwinglich
zu werden.
Die neue, abstimmbare Fenstertönungstechnologie soll zudem Dinge tun können, die das bisherige Smart Glass nicht konnte, indem es den Benutzern beispielsweise die Kontrolle über Helligkeit, Farbtemperatur und Durchsichtigkeit ermöglicht. Dem Team zufolge hat jede Farbe eine eigene Ladung, so daß man eine Spannung anlegen kann, die mittels Elektrophorese die verschiedenen Farben anzieht oder abstößt und in unterschiedliche Positionen bringt.
Das zum Patent angemeldete Konstrukt, das einfach und kostengünstig herzustellen sei, besteht aus einer Polymerschicht, die von zwei Glasscheiben umschlossen ist, einem Satz Elektroden sowie mikroreplizierten Polymer-Knotenpunkten. Daraus ergibt sich eine Beschichtung mit Wabenmuster, die in neue Fenster integriert oder sogar auf bestehende Fenster aufgewalzt werden kann.
Im Vergleich zu herkömmlichen Gardinen, bei denen man sich zwischen offen oder geschlossen entscheiden muß, kann das Smart Window der UC beides gleichzeitig bedienen, denn auch wenn das Fenster milchig und damit blickdicht geschaltet wird, läßt es immer noch mindestens 90 % des natürlichen Lichtes durch. Auch die Farbtemperatur kann reguliert werden und zwischen warmem und kaltem Licht wechseln, und so die Atmosphäre im Raum entscheidend verändern.
Die Vorrichtung kann zwischen vier Zuständen wechseln: klar, schwarz, eine von zwei Komplementärfarben aus RGB- und CMY-Sets. Auch Mischzustände sind denkbar. Darüber hinaus seien auch weitere Konfigurationen möglich. So könne zum Beispiel an heißen Sommertagen das sichtbare Licht hineingelassen, aber die Infrarot-Strahlung und damit die Wärme herausgefiltert werden. Im Winter dagegen wäre auch die Wärmestrahlung im Haus willkommen. Weiterführende Schritte lassen sich bislang nicht finden.
Die im Jahr 2000 in New Mexico gegründete Firma Solaria
Corp., die schon 2003 ins Silicon Valley
umzieht, startet 2006 mit der Herstellung von Solarpaneelen
aus kristallinem Silizium, und 2011 mit der Entwicklung
von Solar-Nachführungen –
die unter dem Namen NEXTracker im Jahr 2013 als
eigenes Unternehmen ausgegründet werden. Schon 2015 kann
die neue Firma für 335 Mio. $ an Flextronics verkauft werden.
Kommerzielle Quantitäten an Solarpaneelen verschifft die Solaria erst Anfang 2017, wobei die Firma für ihre tiefschwarzen Paneele bekannt wird, die besonders als Aufdachanlagen konzipiert sind.
Das Unternehmen wird hier erwähnt, weil es zwischen September und Dezember 2015 gemeinsam mit dem Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL) im dortigen FLEXLAB Tests zur Leistungsbewertung seiner semitransparenten PV-Module durchführt, die vom U.S. Department of Energy (DOE) und der General Services Administration (GSA) finanziert werden. Der FLEXLAB-Prüfstand XR ermöglicht mit seinem Drehtisch die Gebäudeausrichtung zu ändern, während die Fenster und die Überwachungseinrichtungen an Ort und Stelle bleiben, um die unterschiedliche Auswirkung des Sonnenstandes auf die Leistung zu beobachten.
Die hier untersuchten Solaria-Module sind im Grunde Fenster, in welche 2,5 mm breite PV-Streifen eingebettet sind, die nicht nur Energie erzeugen, sondern auch den Einfluß des Sonnenlichts auf die Innentemperatur reduzieren. Der Vergleichstest mit einer Referenzisolierglaseinheit zeigt, daß das BIPV-Produkt des Unternehmens eine Energieeinsparung von 15,9 % ermöglicht.
Dem späteren Stand nach übernimmt die Solaria die Solarfenster aber nicht in ihr Angebot.
Einen ganz anderen Weg, Fensterscheiben in kleine Solarkraftwerke
zu verwandeln, verfolgt der Physiker Victor Klimov vom
Center for Advanced Solar Photophysics (CASP) am Los Alamos
National Laboratory (LANL) gemeinsam mit den Professoren Sergio
Brovelli und Francesco
Meinardi von der italienischen Universität Mailand-Bicocca (UNIMIB).
Wie die Wissenschaftler im September 2015 berichten, konnten sie den Prototyp ihres lumineszierenden Solarkonzentrators, der mit einem Film aus lichtaktiven Nanokristallen beschichtet ist, bereits erfolgreich an einer großen Fensterscheibe demonstrieren. Ähnlich wie bei dem Solarkonzentrator von Richard Lunt im Vorjahr (s.d.), wird auch hier das Sonnenlicht von der Glasscheibe eingefangen und konzentriert an die Ränder gelenkt, wo konventionelle Solarzellen eingesetzt sind, die aus dem umgelenkten Licht elektrischen Strom erzeugen.
Die amerikanisch-italienische Forschungskooperation hatte bereits im April 2014 mit speziellen, zusammengesetzten Quantenpunkten das erste Beispiel für großflächige lumineszierende Solarkonzentratoren zeigen können, die frei von Reabsorptionsverlusten des durch die Nanopartikel gelenkten Lichts sind. Quantenpunkte, die zur Klasse der Fluorophore gehören, können fluoreszieren und emittieren Licht als Reaktion auf Strahlung.
Die Umsetzung stellte einen grundlegenden Fortschritt gegenüber der früheren Technologie dar, die auf organischen Emittern basierte, und die die Realisierung von Konzentratoren von nur wenigen Zentimetern Größe ermöglichte. Außerdem waren die in früheren Proof-of-Principle-Geräten verwendeten Quantenpunkte nicht für die Praxis geeignet, da sie auf dem giftigen Schwermetall Cadmium basierten und auch nur einen kleinen Teil des Sonnenlichts absorbieren konnten – was zu einer starken gelb-roten Färbung der Konzentratoren und zu einer begrenzten Effizienz führte.
Die Konstruktion an sich ist relativ einfach. Bei der neuen Version werden zunächst vier Nanometer durchmessende Nanokristalle aus Cadmiumselenid gezüchtet, die dann mit einer ebenfalls nur vier Nanometer dünnen Schicht aus Cadmiumzinksulfid umhüllt werden, alles ungiftige Metalle. Diese Nanokristalle absorbieren energiereiche Photonen des Sonnenlichts und senden darauf Lichtteilchen mit etwas weniger Energie aus. Um die empfindlichen Quantenpunkte vor Feuchtigkeit zu schützen, wird eine weitere dünne Hülle aus Siliziumoxid hinzugefügt.
Die Quantenpunkte werden anschließend in einen hauchdünnen Kunststoff-Film eingelagert, mit dem eine 30 x 90 cm große Glasscheibe beschichtet wird. Fällt nun Sonnenlicht auf diese Glasscheibe, dringt einerseits genug Licht hindurch, um einen Innenraum ausleuchten zu können. Andererseits werden die energiereichen Lichtteilchen des Sonnenlichts absorbiert und regen die Quantenpunkte zur Emission von Photonen an. Dieses Licht aus den Nanokristallen läßt sich effizient an die Ränder der Glasscheibe lenken, wo die Solarzellen sitzen.
Der Wirkungsgrad dieser Solarfenster ist mit 2 – 3 % noch relativ gering, doch Klimov hält es für möglich, daß sich die Stromausbeute mit besseren Quantenpunkten auf etwa 6 % steigern läßt. Zudem könne eine lichtaktive Beschichtung deutlich günstiger gefertigt werden als Solarmodule. Der ausführliche Bericht unter dem Titel ‚Doctor-blade deposition of quantum dots onto standard window glass for low-loss large-area luminescent solar concentrators‘ wird im Oktober 2016 veröffentlicht, gefolgt von dem Artikel ‚Highly efficient luminescent solar concentrators based on earth-abundant indirect-bandgap silicon quantum dots‘ im Februar 2017. Inzwischen beteiligen sich auch Wissenschaftler der University of Minnesota um Prof. Uwe Kortshagen an den Forschungen.
Im Januar 2018 folgen kurze Presseberichte über die bislang erzielten Fortschritte: Demnach konnten die Forscher mit zwei Arten von ‚Designer-Quantenpunkten‘ Doppelscheiben-Solarfenster erstellen, die Strom mit höherer Effizienz erzeugen und dazu ein wirksames Maß an Schatten und Wärmedämmung bieten.
Der Schlüssel zu diesem Fortschritt ist eine Sonnenspektrum-Aufteilung (solar-spectrum splitting), die es ermöglicht, Sonnen-Photonen mit höherer und niedrigerer Energie getrennt zu verarbeiten. Die Photonen mit höherer Energie können eine höhere Photospannung erzeugen, was die Gesamtleistung erhöhen würde. Dieser Ansatz verbessert auch den Lichtstrom, da die in der vorderen Schicht verwendeten Punkte weitgehend reabsorptionsfrei sind.
Um dies zu erreichen, integriert das LANL-Team in die Quantenpunkte Mangan-Ionen, die als hochemittierende Verunreinigungen dienen. Das von den Quantenpunkten absorbierte Licht aktiviert diese Verunreinigungen, die daraufhin Licht bei Energien unterhalb des Beginns der Quantenpunkt-Absorption emittieren, was es wiederum ermöglicht, Verluste durch Selbstabsorption durch die Quantenpunkte nahezu vollständig zu eliminieren.
Um ein Fenster in einen Tandem-Kollektor umzuwandeln, wird auf die Oberfläche der vorderen Glasscheibe eine Schicht hochemissionsfähiger, mangandotierter Quantenpunkte gelegt, während auf die Oberfläche der hinteren Scheibe eine Schicht aus Kupfer-Indium-Selenid-Quantenpunkten kommt. Die vordere Schicht absorbiert den blauen und ultravioletten Teil des Sonnenspektrums, während der Rest des Spektrums von der unteren Schicht aufgenommen wird.
Nach der Absorption emittiert der einzelne Quantenpunkt wieder ein Photon mit einer längeren Wellenlänge, woraufhin das wieder emittierte Licht durch Totalreflexion zu den Glaskanten des Fensters geleitet wird. Weiter scheint die Sache aber noch nicht gediehen zu sein.
Glass to Power
Basierend auf ihren Forschungen und mit Unterstüzung von Management
Innovation, einem Scouting- und Beratungsunternehmen für technologische
Innovationen, gründen Brovelli und Meinardi im September 2016 mit
einem Anfangskapital von 300.000 € die in Mailand ansässige Firma
Glass to Power SpA als Spin-off der UNIMIB, um eine Patentlizenz
zu erwerben und die Innovation in ein Marktprodukt umzusetzen.
Schon im November erhalten die PV-Fenster der Firma bei den R&D100 Awards in Oxon Hill, Maryland, den Special Recognition Award in der Kategorie Green Technology. Es ist das erste Mal in der 54-jährigen Geschichte der Awards, daß eine italienische Forschungsarbeit diese Anerkennung erhält. Außerdem werden die Fenster mit den SetteGreen Awards 2016 der italienischen Tageszeitung Corriere della Sera ausgezeichnet.
Auf der 45. Internationalen Erfindermesse in Genf im März 2017 folgen eine Goldmedaille mit besonderer Anerkennung der internationalen Jury sowie der Sonderpreis der Italienischen Handelskammer für die Schweiz, und im Juli wird durch Crowdfunding eine Kapitalerhöhung auf 1,5 Mio. € erreicht. Zudem wird nun die erste Scheibe mit den Maßen 50 × 50 cm hergestellt. In Zusammenarbeit mit dem finnischen Aufzugsanlagen- und Fahrtreppenproduzenten KONE beginnt die Prüfung der PV-Module auf den Oberflächen von externen Glasaufzügen, um zu testen, ob sie zur Deckung des Fahrstuhl-Energiebedarfs beitragen können.
Im März 2018 genehmigt die Gesellschafterversammlung eine umfangreiche Kapitalerhöhung und die Umwandlung der Firma von einer Kommanditgesellschaft in eine Aktiengesellschaft, im Juni investiert die Glass to Power 1 Mio. € in den Erwerb der Patente für das Photovoltaikfenster von der UNIMIB. Außerdem wird in diesem Monat von der Provinz Trient ein Antrag genehmigt, den die Firma Anfang des Jahres im Zusammenhang mit der Entwicklung der PV-Fenster für das Projekt NanoFarm beantragt hatte, was mit einem Darlehen in Höhe von 1,1 Mio. € verbunden ist.
Das gemeinsam mit der Universität Trient durchgeführte Projekt zielt auf Entwicklung eines Produktionssystems für Silizium-, Kupfer- und Indiumdisulfid in angemessenen Mengen, da diese Nanopartikel, die in ihrer optischen und energetischen Effizienz richtig definiert und optimiert sind, die technologischen Wegbereiter für eine industrielle Produktion von transparenten Photovoltaikfenstern darstellen.
Im Juli endet erfolgreich die im Mai begonnene, zweite Crowdfunding-Kampagne, die der Firma von rund 500 neuen Investoren eine Kapitalerhöhung von 2,25 Mio. € verschafft. Zudem werden mehrere Pilotprojekte begonnen, wie eine 270 m2 große Dachgarten-Verglasung für ein Hotel auf Capri; die Installation von Würfeln, Pyramiden und Dodekaeder mit photovoltaischen Oberflächen für das Projekt GreenHub der Ferrovie dello Stato Group; oder das Projekt Energlaze, bei dem ein LSC auf Basis hochemissionsfähiger Silizium-Quantenpunkte (Si-Qds) industrialisiert werden soll.
Es bleibt abzuwarten, wann die Firma tatsächlich in die Produktion geht. Im Januar 2019 wird erst einmal der neue Firmenhauptsitz in Rovereto eröffnet.
In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, daß Hunter McDaniel,
der bis dahin am LANL gearbeitet hatte, bereits 2014 die
in unmittelbarer Nähe der Los Alamos und Sandia National Laboratories
in New Mexico angesiedelte Firma UbiQD LLC (o. Ubiquitous
quantum dots) gründet, um sich die kostengünstige, leistungsstarke
und ungiftige Quantenpunkt-Technologie, die er am LANL mitentwickelt
und gemeinsam mit Klimov patentiert hatte, lizenzieren zu lassen
und zu kommerzialisieren. Vom MIT sichert sich das Unternehmen auch
eine Lizenz für das Material selbst.
Das Unternehmen wird 2015 von der New Materials News als Top Ten Quantenpunkt-Unternehmen ausgezeichnet und erhält zudem den Northern New Mexico 20/20 Award für Unternehmen, die das regionale Wirtschaftswachstum fördern. Außerdem schließt die UbiQD im November eine neue Investitionsrunde mit 330.000 $ ab, wodurch sich ihre Gesamtfinanzierung auf mehr als 700.000 $ erhöht.
Laut einem Bericht vom August 2016 meldet die Firma u.a. ein Patent zur Anwendung der Technologie auf Sicherheitsglas (Verbundglas) an, das nicht nur in Automobilen eingesetzt wird, sondern zunehmend auch in Hochhäusern. Die UBiQD arbeitet auch mit Herstellern zusammen, um Fenster zu entwickeln, die diese Technologie nutzen. Im Rahmen dieser Kooperationen will das Unternehmen das Quantenpunktmaterial in seinem neuen Labor in Los Alamos selbst herstellen und dann an die Fensterhersteller liefern, nebst der Lizenz zur Nutzung der Technologie.
Obwohl klar ist, daß diese – mit einem Ziel von 50 W/m2 – bei Fenstern für beispielsweise Eigenheime ein eher begrenztes Marktpotential hat, da hier Aufdach-Solaranlagen die bessere Option darstellen, arbeitet die UBiQD an einem Fensterprototypen, der tagsüber Telefone aufladen könnte. Das Hauptaugenmerk wird allerdings auf Hochhäuser gerichtet, mit dem Neubau als Zielmarkt, obwohl es in Zukunft auch Nachrüstmöglichkeiten geben könnte.
Für die Entwicklung der solaren Anwendungsmaterialien erhält das Unternehmen einen Zuschuß der National Science Foundation (NSF) in Höhe von 225.000 $. Daneben gibt es vom Energieministerium 150.000 $ für den zweiten Arbeitsbereich der UbiQD, um einen billigeren, effizienteren Phosphor zu entwickeln, der blaues LED-Licht in weißes Licht für Halbleiter-Beleuchtungen umwandelt. Zusätzliche Mittel vom Job Training Incentive Program (JTIP) in New Mexico und vom Venture Acceleration Fund der Los Alamos National Security LLC (LANS) fließen in die Ausbildung neuer Mitarbeiter.
mit UbiGro-Folie
Ebenfalls im August 2016 wird die neue Produktionsstätte offiziell eröffnet. Bislang hatte das Startup vom New Mexico Consortium (NMC) aus und mit dessen Unterstützung gearbeitet, das auch in das Unternehmen investiert. McDaniel sucht nun Risikokapital, um bis Ende nächsten Jahres die Produktionskapazität zu erweitern und dann mit einer einzigen Charge genügend Material für 20.000 Quadratfuß Fenster liefern zu können, wobei die Herstellung einer Charge 3 - 4 Stunden dauert.
Im Oktober 2017 wird die Entwicklung der lumineszierenden Solarkonzentrator-Technologie von UbiQD durch 350.000 $ von den Breakout Labs der Thiel Foundation unterstützt. Im Jahr 2018 gibt es einen zweiten Zuschuß der NSF in Höhe von 750.000 $ – und im August folgt die Meldung, daß die Firma von der NASA den Auftrag erhalten hat, gemeinsam mit der University of Arizona Treibhausfolien für Raumfahrtmissionen zu entwickeln. Hierfür gibt es knapp 125.000 $.
Mit Hilfe der Quantenpunkte soll das Spektrum des Sonnenlichts angepaßt werden, um es durch Steuerung der Wellenlängen für das Pflanzenwachstum bei Raumfahrt- und Planetenerkundungsmissionen zu optimieren. Die Quantenpunkt-Agrarfolien hatte die UbiQD still und leise entwickelt, nachdem sie im Vorjahr von den Breakout Labs finanziert wurde, um das Konzept zu untersuchen, damit den Gemüseanbau zu fördern und das Pflanzenwachstum zu beschleunigen.
Das Unternehmen strebt an, bereits Ende 2018 eine nachrüstbare Version des Folienprodukts unter der Marke UbiGro auf den Markt zu bringen. Der Firma zufolge hätten Tests in Forschungs- und kommerziellen Gewächshäusern zu 20 – 30 %-igen Ertragssteigerungen bei Tomaten, und zu über 10 %-igen bei anderen Pflanzen geführt. Nach ihrer Genehmigung durch die Environmental Protection Agency (EPA) im November startet der kommerzielle Verkauf der rot leuchtenden Fensterfolie, die einen bahnbrechenden Fortschritt für den Gewächshaus-Anbau darstellt.
Die bis zu einer Breite von ca. 120 cm produzierte QD-Folie verwendet Quantenpunkte auf Kupferbasis, um das Sonnenlicht in ein rot-leuchtendes Spektrum zu verwandeln, welches das ganze Jahr über die Spätsommersonne nachahmt, der wachstumsstärksten Zeit des Jahres für Pflanzen, weil sie den kommenden Winter spüren und schneller wachsen. Die Folie wird umgehend in fünf kommerziellen Gewächshäusern in New Mexico, Oregon und Colorado installiert, wo die Landwirte Tomaten, Gurken, Hanf und Cannabis produzieren.
Im Bereich der Solarfenster verhandelt die UbiQD, die den Solarzellenwirkungsgrad auf über 30 % steigern möchte, mit der o.e. Firma PHYSEE, die ebenfalls an Produkten arbeitet, die nach dem Prinzip der lumineszierenden Solarkonzentratoren funktionieren und die gesamte Fensterfläche für die Sonneneinstrahlung nutzen.
Im Januar 2019 werden die LSCs von UbiQD gegenüber anderen energiesparenden Fenstern als kostengünstiger in der Herstellung und ästhetischer im Aussehen beschrieben, da sei eine neutrale Farbe, keine Linien und keine Trübung aufweisen. Außerdem sind sie mit den gängigen Fensterherstellungsverfahren kompatibel, da die Quantenpunkte den extrudierten Polymerzwischenschichten in handelsüblichem Verbundglas hinzugefügt werden können.
Die Firma selbst berichtet, daß ihre LSCs zwischenzeitlich eine zertifizierte Rekordleistung von 29 W/m2 – was einem Wirkungsgrad von ca. 3 % entspricht – und eine Lichtdurchlässigkeit von 44 % erreichen. Damit soll die Leistung besser sein als bei jeder andere Solarscheibe auf dem Markt. Das Unternehmen produziert zu diesem Zeitpunkt täglich genügend QDs, um mehr als 500 m2 LSC-Fenster zu beschichten, und plant, die Kapazität auf 2.500 m2/Tag zu steigern. Bis Ende 2019 sollen dann die ersten Pilotprojekte für Solarfenster starten.
Im Februar folgt die Meldung, daß eines der wichtigsten Ziele der UbiQD in diesem Jahr der erfolgreiche Abschluß einer Finanzierungsrunde A ist, um der Nachfrage nach den UbiGro-Treibhausfolien, die in Zukunft auch mit einer Option zur Stromerzeugung erhältlich sein werden, mittels Erweiterung der Produktionskapazitäten Herr zu werden. Daneben besteht eine Partnerschaft zur Bekämpfung des globalen Problems gefälschter Waren durch den Einsatz von QD-Sicherheitstinte, die zukünftig ausgebaut werden soll.
aus Leipzig
Im Januar 2016 melden Physiker der Universität Leipzig um Prof. Marius Grundmann und Robert Karsthof, daß sie in dreijähriger Forschungsarbeit „die weltweit erste transparente Solarzelle entwickelt haben, die direkt auf eine Fensterscheibe aufgedampft wird und dazu noch aus preiswerten und nahezu beliebig verfügbaren Werkstoffen besteht“, nämlich den Oxiden der Metalle Zink und Nickel. Bisher entwickelte Solarzellen dieser Art bestehen häufig aus relativ seltenen und damit teuren Materialien wie z.B. Galliumnitrid.
Das neue Material, aus dem auch schon transparente Displays und Transistoren entwickelt wurden, läßt sichtbares Licht durch, fängt aber das ultraviolette Licht ein, um es in einem zweiten Schritt in elektrische Energie zu verwandeln,. Im Labor wird bereits ein Wirkungsgrad von 3 % erreicht, wobei das Team jedoch glaubt, daß deutlich mehr erreichbar ist.
Im Leipzig wird jedenfalls daran gearbeitet, den Wirkungsgrad und die Transparenz der Zellen zu verbessern, erst danach soll nach Partner in der Industrie gesucht werden, welche die Mittel haben, um großflächige Glasscheiben mit Solarzellen zu beschichten. Das Forschungsprojekt ‚Transparente photovoltaische Zellen‘ wurde von der Sächsischen Aufbaubank gefördert. Weitere Informationen gibt es bislang nicht.
Ebenfalls im Januar 2016 folgt der Bericht über
ein energiesparendes Smart Window, das am University College
London (UCL) entwickelt wird. Das Design, das sich in der
Testphase befindet, beinhaltet eine Antireflexfunktion aus Nanostrukturen,
die die Menge des in einem Raum reflektierten Lichts auf weniger
als 5 % reduziert. Die Nanostrukturen sind in einem Muster angeordnet,
das die Antireflexionseigenschaften bestimmter Insekten wie Motten
nachahmt und so dazu beiträgt, Blendungen zu reduzieren.
Im September des Vorjahres war das zweieinhalbjährige Forschungsprojekt ‚Biologically Inspired Nanostructures for Smart Windows with Antireflection and Self-Cleaning Properties‘ beendet worden, das vom britischen Engineering and Physical Sciences Research Council (EPSRC) mit rund 100.000 £ gefördert worden war und die Grundlage für die aktuelle Anwendung bildet.
Das neue Fenster des UCL hat ferner eine 5 – 10 nm dünne thermochromatische Vanadiumdioxid-Beschichtung, die verhindert, daß an warmen Tagen Infrarotstrahlung aus dem Sonnenlicht eintritt und an kalten Tagen Wärme aus dem Gebäude entweicht. Schließlich ist das Hauptziel des Projekts, das zum Teil vom Engineering and Physical Sciences Research Council (EPSRC) finanziert wird, den Energieverbrauch und die Heizkosten um 40 % zu senken.
Die Nanostrukturen sind zudem so konzipiert, daß sie die Wasseranhaftung reduzieren. Dadurch perlen Regentropfen vom Glas ab und sammeln dabei Staub und Schmutz, so daß sich die Fenster teilweise selbst reinigen. Die Prototypen bestätigen, daß das Glas die drei genannten Vorteile tatsächlich erfüllt.
Um die Smart Window in großem Maßstab herzustellen und unter realistischen Bedingungen im Freien zu testen, bekommt das UCL-Team im März einen fünfjährigen Zuschuß des Europäischen Forschungsrates (ERC) in Höhe von rund 1,76 Mio. €, der unter dem Titel IntelGlazing läuft.
Der Projektleiter Ioannis Papakonstantinou hofft, daß die Fenster in drei bis fünf Jahren kommerziell verfügbar sein werden, weshalb bereits Gespräch mit britischen Glasherstellern geführt werden, um das von den Forschern entwickelte Herstellungs- und Beschichtungsverfahren zu übernehmen. In der Zwischenzeit soll eine Smarte Polymerfolie entwickelt werden, die auf bestehende Fenster montiert werden kann und den gleichen Energiespar- und Selbstreinigungseffekt zu erzielen.
Im März 2018 zeigt Mark Portnoi, ein Absolvent des UCL und Mitglied von Papakonstantinous Team, auf der Ecobuild in London ein Quadrat aus orangefarbenem Kunststoff: den 250 x 250 mm großen Prototyp eines lumineszierenden Solarkonzentrators (LSC), der sich einfach gegen ein Fenster drücken läßt. Dort klebend läßt die konzentrierende Wirkung das Licht um die Kanten herum heller leuchten als auf der Vorderseite.
Bislang ist nicht bekannt, welche Entwicklungslinie das Team zukünftig verfolgen will – und ob es eine davor auch in die kommerzielle Phase überführen wird.
Ein Team der John A. Paulson School of Engineering and Applied Sciences
(SEAS), der Fakultät für Künste und Wissenschaften der Harvard
University, stellt im März 2016 einen
völlig anderen und möglicherweise viel billigeren Ansatz für Smart
Windows vor. Anstelle einer elektrochemischen, um den Übergang
von klar zu transluzent oder opak zu bewirken, bewirkt hier eine
physikalische Reaktion mit nur einem Tastendruck eine Änderung
der Durchsichtigkeit.
Harvard University
Das von Prof. David R. Clarke und Samuel Shian entwickelte Fenster verwendet ein speziell beschichtetes Elastomer, um eine Glasscheibe undurchsichtig zu machen. Die durchsichtige Folie wird auf einer festen, durchsichtigen Scheibe aus Mylar oder leitfähigem indiumzinnoxidbeschichteten Glas angebracht und ist mit Silber-Nanodrähten beschichtet.
Die Nanodrähte alleine sind zu klein, um das Licht zu streuen, so daß das Fenster klar bleibt. Wird das Elastomer jedoch unter Strom gesetzt, versuchen die Nanodrähte aufgrund des coulombschen Gesetzes, sich gegenseitig anzuziehen. Da sie fest mit dem Elastomer verbunden sind, führt dies zu einem Verformen und Zerknittern der Folie.
Da die Nanodrähte ungleichmäßig über die Oberfläche verteilt sind, verformt sich das Elastomer ebenfalls ungleichmäßig. Die daraus resultierende ungleichförmige Knitterung im mikroskopischen Bereich läßt das Licht streuen und macht das Glas undurchsichtig. Die Änderung erfolgt in weniger als einer Sekunde. Dabei kann die Lichtundurchlässigkeit des Fensters durch die Höhe der angelegten Spannung gesteuert werden.
Eine niedrige Spannung erzeugt eine geringe Rauhigkeit des Elastomer, was bedeutet, daß das Fenster nur etwas trüb wird, während eine viel höhere Spannung die Rauhigkeit ausreichend stark erhöht, daß ein undurchsichtiges Fenster entsteht. Bei einer Spannung von 1.800 V ist die Scheibe bereits sehr intransparent, bei 2.200 V ist das dahinterliegende Logo der Harvard-Universität kaum noch sichtbar.
Das von der National Science Foundation unterstützte Forschungsteam konzentriert sich nun darauf, die Elastomerbeschichtung noch dünner zu machen, damit niedrigere Spannungen die gleichen Veränderungen bewirken können, während das Harvard Office of Technology Development eine Patentanmeldung für die Technologie eingereicht hat und bereits Kontakte zu potentiellen Lizenznehmern in der glasverarbeitenden Industrie aufnimmt.
Im Juni 2016 folgt das nächste neue Dünnschichtmaterial,
das diesmal gemeinsam von Forschern der Korea University in
Seoul und der University of Illinois in Chicago
entwickelt wurde und eine einzigartige Kombination von Eigenschaften
aufweist: Es ist hoch elektrisch leitfähig, biegsam, dehnbar und
fast vollständig transparent. Die Folie könnte helfen, effizientere
Solarmodule, flexible Displays, leistungsstarke Kühlflächen sowie selbstheizende
Smart Windows zu bauen.
Die bemerkenswerteste Eigenschaft der Folie ist die einzigartige und nützliche Kombination von Transparenz und Leitfähigkeit. In den meisten Materialien geht das eine auf Kosten des anderen, da die elektrisch geladenen Partikel auch dazu neigen, mit dem Licht zu interagieren und das Material undurchsichtig zu machen. Die Forscher Alexander Yarin, Sam Yoon und ihr Team haben überwinden diese Einschränkung jedoch, indem sie ein Netz aus hochleitfähigen Kupferfasern mit Löchern dazwischen bauen, die groß genug sind, damit das Licht noch durchdringen kann.
Die Herstellung des Films erfolgt, indem Polyacrylnitril (PAN), ein flexibles Polymer mit sehr dünnen Fasern, mit kleinen Metallkonzentrationen beschichtet wird, um es leitfähig zu machen. Anschließend wird das Polymer zu einem stark verschlungenen Gewebe gesponnen, dessen Fasern erneut beschichtet werden, diesmal mit einer dünnen Kupferschicht. Das Ergebnis ist ein dichtes Gewirr, in dem die an den Verbindungsstellen verschmolzenen Kupferfasern mit geringem Widerstand Strom leiten können, während die großen Lücken zwischen den Fasern die Folie noch zu 92 % transparent machen.
Ein solches Material könnte eine gute Wahl für die transparenten leitenden Elektroden (TCEs) sein, die in Solarmodulen und Smart Windows eingesetzt werden. Das branchenübliche Material für den Bau von TCEs ist indiumdotiertes Zinnoxid (ITO). Indium ist jedoch spröde und opfert die Leitfähigkeit für Transparenz.
Die verkupferten Nanofasern hingegen bilden eine „Weltrekordkombination aus hoher Transparenz und geringem elektrischen Widerstand“ und zeichnen sich zudem durch hervorragende mechanische Eigenschaften aus. Laut den Forschern kann die Folie um 580 % gestreckt werden und dabei noch etwa ein Fünftel ihrer Leitfähigkeit behalten, oder sie kann tausendfach mit einem Radius von 5 mm gebogen werden, ohne eine nennenswerte Leistungsänderung zu zeigen.
Da die Prozesse wie Galvanospinnen (um die dünnen, verwickelten Fasern zu erzeugen) und Galvanisieren (um die Fasern mit Kupfer zu beschichten) alltäglich, schnell und mit hohem Durchsatz durchführbar sind, könnte der neue Film – in Kombination mit den niedrigen Kosten und der Fülle der erforderlichen Rohstoffe – zu einem preiswerten und hochwirksamen elektronischen Bauteil werden.
Neben zukünftigen Anwendungen in Touchscreens, Solarzellen und flexiblen Displays könnten die Fasern auf jede beliebige Oberfläche übertragen werden, um beispielsweise nanotechnologische Materialien herzustellen, die Wärme hocheffizient ableiten können. Ein weiteres Interessensgebiet besteht darin, den Effekt der Widerstandsheizung zu nutzen und die Folie als Fenster-Heizung zu verwenden.
Weiter mit den Solarfenstern ...