Blättern |
Kommen wir nun zu einer zweiten Standort-Form, bei denen sich die
Solaranlagen direkt auf dem Boden der Straßen, Rad- und Gehwege befinden.
Im
März 2008 überschlägt sich die Presse mit Meldungen
über die 2006 von Scott und Julie
Brusaw gegründete Firma Solar Roadways Inc. in
Sandpoint, Idaho, die ein spezielles Solarmodul entwickelt hat, das
zum Bau von Solarstraßen eingesetzt werden kann. Dabei
sollen die Module nicht nur als Straßenbelag und zur Stromerzeugung
dienen, sondern dank eingebauter LEDs auch Straßenmarkierungen, Warnhinweise
u.ä. anzeigen.
Die Brusaws planen als Anfang eine funktionierende Prototyp-Strecke entlang eines 45 Meilen langen Straßenabschnitts zwischen den Städten Coeur D’Alene und Sandpoint. Wenn man sich die Dokumentation des ersten Prototypen-Baus auf der Homepage des Unternehmens ansieht, merkt man allerdings schnell, wie kompliziert und aufwendig das System ist, was eine breite Umsetzung ziemlich schwierig machen könnte. Einige Kritiker betrachten die Idee sogar als völlig durchgeknallt.
Bei geschätzten Kosten von 6.900 $ pro Solar Roadways Paneel (zwei Jahre zuvor waren es noch 5.000 $) soll jedes der 3,65 x 3,65 m großen und ca. 50 kg schweren Module täglich 7,6 kWh produzieren. Es besteht aus drei Schichten: einer Basisschicht mit Daten- und Stromkabeln, einer Elektronik-Schicht aus PV-Zellen, Ultrakondensatoren als Stromspeicher und LEDs, und schließlich die Glasschicht der Fahrbahnoberfläche selbst, die lichtdurchlässig und hochfest, aber dennoch rauh genug ist, um die Traktion zu gewährleisten.
In nördliche Klimazonen sorgt eine integrierte Heizung dafür, daß die Straßen im Winter zudem schnee- und eisfrei bleiben. Hierzu befinden sich an den Seiten Kanäle, die abfließendes Wasser sammeln und filtern. Ein weiterer Vorteil ist der direkt in die Fahrbahn integrierte Kabelkorridor, den die verbundenen Module bilden, so daß keine Strom- und Datenleitungen entlang der Fahrbahn verlegt werden müssen.
Mitte 2009 erhält das Unternehmen von der Federal Highway Administration des US-Verkehrsministeriums (USDOT) einen Zuschuß in Höhe von 100.000 $, um die Machbarkeit der SR2-Paneele anhand eines Prototyps nachzuweisen.
Dieser wird im März 2010 gezeigt: Er ist mit 128 LEDs unterschiedlicher Farben bestückt und besitzt eine besonders widerstandsfähige Glasbeschichtung. Er enthält zudem einen Mikroprozessor, der das Paneel überwacht und steuert, während er mit den benachbarten Paneelen und den darüber fahrenden Fahrzeugen kommuniziert. Ein Problem grundsätzlicher Natur, die glatte Oberfläche der Paneele, wird mittels kleiner Prismen behoben, welche die Haftung steigern und nebenbei auch noch das Licht bündeln und dadurch den Wirkungsgrad erhöhen. Die Kosten eines Solarstraßenpaneels werden inzwischen mit 10.000 $ angegeben.
Im November 2010 benennt der Elektronikkonzern General Electric (GE) die zwölf Gewinner des mit 200 Mio. $ dotierten Wettbewerbs Ecomagination Challenge. Bei dieser Gelegenheit erhält die Solar Roadways einen Barpreis in Höhe von 50.000 $, weil die Innovation mit 47.000 Stimmen den ersten Platz einer öffentlichen Abstimmung im Netz gewonnen hat. Inzwischen gibt es auch schon einen griffigen Namen: Sunrise Boulevard – in Anlehnung an die berühmte Glamour-Meile Sunset Boulevard in Los Angeles.
2011 folgt ein weiterer Zuschuß, diesmal in Höhe von 750.000 $, um einen Solarparkplatz zu entwickeln und zu bauen. Auf dieser Grundlage wird im Mai 2013 zuerst ein Praxistest auf einem Parkhausdach gestartet – und anschließend vor dem Hinterhoflabor der Brusaws eine 3,7 x 11,0 m große Fläche aus 108 sechseckigen Prototyp-Paneelen auf einer Betonbasis errichtet. Das entspricht einer 3,6 kW Solaranlage, die etwa 14 kWh Strom pro Tag erzeugen kann, also etwa die Hälfte des Stromverbrauchs eines typischen US-Haushalts. Daß der Parkplatz grün schimmert, liegt daran, daß bisher nur 69 % der Modulfläche mit Solarzellen besetzt sind. Die Serienversion soll später eine 100 %-ige Abdeckung haben.
Im April 2014 startet die Firma eine Crowdfunding-Kampagne auf Indiegogo, damit das Produkt in Produktion gehen kann. Die Kampagne mit einem Finanzierungsziel von 1 Mio. $ bringt bis Juni knapp 2,3 Mio. $ ein und gilt als populärste Indiegogo-Kampagne aller Zeiten, was die Anzahl der Unterstützer anbelangt. Der Erfolg wird zum Teil auf einen Tweet des Star-Trek-Schauspielers und politischen Aktivisten George Takei zurückgeführt, der mehr als 8 Mio. Follower hat, sowie auf das Video Solar FREAKIN’ Roadways!, das viral geht und über 20 Mio. mal angeklickt wird.
Sandpoint und die umliegenden Gemeinden erklären sich daraufhin bereit, künftige Prototypen auf Gehwegen, Parkplätzen, Flughafenrollbahnen und sogar auf Bahnsteigen zu installieren. Mit diesen Tests soll nachgewiesen werden, daß die Platten 20 Jahre lang halten und dabei Gewichte von mehr als 100 Tonnen tragen können.
Auf der anderen Seite erscheint im Juli im Magazin Scientific American ein kritischer Artikel, der eine Vielzahl von Problemen auflistet, wie z.B. die Materialherausforderung an das Glas, das gehärtet, selbstreinigend und in der Lage sein muß, auch unter schwierigen Bedingungen Licht an die darunter liegende PV-Schicht weiterzuleiten – und trotzdem schadlos von Lastwagen überrollt wird. Oder die Heizelemente, die mehr Strom benötigen, als die verfügbare Photovoltaik im Hexagon liefern kann. Und nicht zuletzt die Kosten für die Wartung, den Ersatz unvermeidlicher Defekte und die allgemeine Pflege eines komplexen technischen Systems, das dem täglichen Verkehr und dem Wetter ausgesetzt ist.
Im Dezember 2015 gibt das USDOT bekannt, daß es der Solar Roadways eine weitere Förderung ihrer Forschungen zugesprochen hat, obwohl es im diesjährigen Bericht von Solar Roadways an das US-Verkehrsministerium heißt, daß die Paneele etwa ein Drittel des erzeugten Stroms für die eingebauten LEDs verbrauchen und daß die Heizelemente die gesamte Erzeugungskapazität aufbrauchen könnten. Jedenfalls folgen 2016 nochmals 750.000 $ vom Staat für die beiden nächsten Jahre.
Im Juli gibt Tom Blair, Ingenieur im Verkehrsministerium von Missouri und Leiter der Initiative Road to Tomorrow, bekannt, daß die Solar Roadway-Module im Rahmen eines Pilotprogramms im Bürgersteig vor dem Welcome Center der legendären Route 66 auf dem Jeff Jones Town Square in Conway installiert werden. Die Initiative zielt darauf ab, neue Einnahmen für das Verkehrssystem des Bundesstaates zu generieren.
Diese erste öffentliche Installation wird Ende September 2016 in Betrieb genommen. Sie besteht aus 30 SR3-Modulen, die eine Fläche von etwa 14 m2 bedecken und eine begehbare/fahrradtaugliche Oberfläche haben. Die Kosten für die Installation belaufen sich auf etwa 60.000 $, wobei 47.134 $ vom Handelsministeriums von Idaho, sowie 10.000 $ von der Sandpoint Urban Renewal Agency stammen. Im produktivsten Monat, dem August 2018, erzeugen die Module etwa 0,25 kWh pro Tag – ein Sechstel dessen, was ein typisches Haussolarmodul erzeugt.
Nachdem LEDs in bestimmten Farben unerwartet verblassen und Schnee aufgrund der Metallstreifen, die den Spalt zwischen den Paneelen abdecken, Probleme für die Heizelemente verursacht, schaltet Solar Roadways die SR3-Pilotinstallation im Dezember 2018 wieder ab. Die Firma verspricht, statt dessen im Folgejahr den mit Gummistreifen verbesserten SR4-Prototyp ohne Kosten für die Stadt zu installieren, was im November 2019 auch erfolgt.
Die SR2-Version war übrigens ein 36 W Paneel, die SR3-Version ein 44 W Paneel, und das jüngste Modell SR4 ist ein 48 W Paneel.
Bereits im Juni 2019 kündigt Solar Roadways eine zweite Pilotanlage in Baltimore, Maryland, an, wo am Touristenzentrum Inner Harbor eine Anlage aus 36 SR4-Paneelen installiert werden soll. Das Unternehmen trifft außerdem eine Vereinbarung mit einem ungenannten Hersteller, um die Produktion zu erhöhen, die bisher auf drei Paneele pro Tag beschränkt war. Die Firma meldet zudem, daß sie einen weiteren, nicht bezifferten staatlichen Zuschuß erhalten habe, der diesmal vom Air Force Research Laboratory (AFRL) des US-Verteidigungsministeriums stammt. Sonstige Neuigkeiten gibt es bislang nicht.
Eine wesentlich bescheidenere Technologie, die dafür aber beträchtlich
praktikabler ist, stellt das britische Unternehmen Astucia im
Oktober 2006 vor, nachdem das System nach einem 12-monatigen
Test- und Genehmigungsverfahren durch das britische Verkehrsministerium
zugelassen worden ist.
Die kleinen, bündig eingelassenen Straßeneinbau-Elemente namens SolarLite enthalten ultrahelle LEDs, die von winzigen Solarzellen gespeist werden, die tagsüber Energie sammeln und speichern und die Lichter automatisch einschalten, wenn es dunkel wird. Schon wenige Stunden Tageslicht gewährleisten genug Batteriestrom für mehrere Betriebstage bei jedem Wetter.
Bei der Recherche stellt sich heraus, daß Astucia die ersten solarbetriebenen Warnelemente bereits 1996 installiert hat. 2006 wird aus der Astucia Group die Clearview Traffic Group Ltd. – und 2016 werden die verschiedenen Firmen unter dem Dach der Clearview Intelligence Ltd. vereint.
Die Astucia SolarLite Intelligent Road Studs können aus einer Entfernung von 900 m gesehen werden, was wesentlich besser ist als die 90 m Sichtweite der üblichen Reflektoren. Laut Astucia haben die Autofahrer bei einer Geschwindigkeit von 90 km/h dadurch mehr als 30 Sekunden Zeit, um auf Änderungen der Straßenrichtung zu reagieren, statt nur 3,2 Sekunden, wenn Reflektoren im Spiel sind. Außerdem hält ein SolarLite 8 – 10 Jahre lang, also viel länger als ein herkömmlicher Rückstrahler, der alle ein bis zwei Jahre ersetzt werden muß.
Der Firma zufolge sind die nächtlichen Unfälle in Großbritannien an Strecken mit SolarLites seit der Installation um über 70 % zurückgegangen. Im Jahr 2008 folgen Tests in den Niederlanden und in Schottland, wobei ein weiterentwickeltes, dynamisches Fahrbahnmarkierungssystem eingesetzt wird, dessen Warnleuchten dank einiger Verkehrsleitzentralen durch verschiedene Blinkmuster auf sich anbahnende Probleme aufmerksam machen. Die Bolzen sollen Staus verringern, indem sie anzeigen, wenn bestimmte Seitenstreifen als zusätzliche Fahrspuren genutzt werden können.
Im Januar 2012 werden die SolarLite-Straßennägel auch vom Washington State Department of Transportation (WSDOT) im Rahmen eines Testprojekts auf der Mittellinie eines Abschnitts der SR 53 installiert, auf dem es in der Vergangenheit immer wieder zu nächtlichen Zusammenstößen kam.
Die punktuelle Nutzung einer fast identischen Technologie als Zebrastreifen
ist das Konzept des chinesischen Designers Penghao Shan.
Sein im September veröffentlichter Beitrag zum Wettbewerb Designboom
2009 namens Invisible Zebra-Line gibt den Fußgängern
Warnsignale, zeigt die Wartezeit bis zum Umschalten der Ampel an und
läßt den Zebrastreifen selbst erst bei Freigabe des Überschreitens
sichtbar werden.
Durch die Lichtabstrahlung ist dies natürlich besonders nachts sinnvoll. Statt Glas als Oberfläche schlägt Shan den Einsatz des neu entwickelten teiltransparenten Betons vor, um die darunter liegende PV- und LED-Schicht zu schützen. Ausführliche Informationen über diesen Light Transmitting Concrete (LiTraCon) genannten Beton finden sich in der Jahresübersicht 2005 der Solarhäuser und solaren Bauelementen. Es läßt sich allerdings nichts über eine Umsetzung des Konzepts von Shan finden.
Im Jahr 2008 ist Oregon der erste US-Bundesstaat, der ein Autobahn-Solarenergieprojekt installiert, das aus einer 104 kW Photovoltaikanlage besteht, die im Dezember in Betrieb geht und jährlich 112.000 kWh erzeugt. Damit werden 28 % des Energiebedarfs am Standort des 1,3 Mio. $ teuren Projekts gedeckt, dem Autobahnkreuz zwischen der Interstate 5 und der Interstate 205 in Tualatin. Als Zwischenspeicher dient das Netz der PGE, in welches der tagsüber produzierte Strom eingespeist wird. Nachts fließt die gleiche Menge Strom zurück, um die Beleuchtung der Autobahn zu betreiben.
Eigentümer und Betreiber des Solarkraftwerks ist die SunWay 1 LLC, die von dem Stromversorger Portland General Electric (PGE) geführt wird.
Im Januar 2012 wird im Rahmen einer Partnerschaft zwischen der PGE und dem Oregon Department of Transportation (ODOT) entlang der Interstate 5 bei Wilsonville eine 1,75 MW Anlage aus fast 7.000 Solarpaneelen in Betrieb genommen. Die Gesamtkosten der Baldock Solar Power Station auf der Baldock Safety Rest Area belaufen sich auf etwa 10 Mio. $ und sollen dafür jährlich etwa 1,97 Mio. kWh Energie liefern.
Von Oregon inspiriert, wird auch in Kalifornien kurzzeitig mit einem Solarautobahnprojekt geliebäugelt, wo der Sacramento Municipal Utility District (SMUD) eine 1,5 MW Anlage auf dem Gelände des Verkehrsministeriums entlang des Highway 50 errichten will, die rund e,6 Mio. $ kosten soll. Der Plan wird später jedoch fallen gelassen. Dafür wird im Oktober 2014 berichtet, daß nun Minnesota daran denkt, Solaranlagen entlang der öffentlichen Verkehrswege aufzustellen. Das Verkehrsministerium des Bundesstaates (MnDOT) veröffentlicht eine entsprechende Ausschreibung, um Angebote für den Bau und Betrieb einzuholen.
Ich verweise auf diese Projekte nur als Beispiele eher konventioneller Lösungen, da die Freiflächen-Solarfarmen auf leerem Straßenland in Nähe der Trassen errichtet werden und ansonsten keinerlei Besonderheiten aufweisen.
Intelligente Straßen, die aus solarbetriebenen
Sensorkacheln bestehen, bilden den Beitrag des Architekten Bjarke
Ingels und seinem Architekturbüro Bjarke Ingels Group (BIG)
zu der 2010 ins Leben gerufenen Audi Urban Future
Initiative – einem internationalem Wettbewerb, der Designer
und Architekten herausfordert, sich die Welt von morgen vorzustellen.
Dem BIG-Vorschlag namens (Driver)Less is More zufolge sollen die Autos ihre Bewegungen auf der Grundlage von Sensormessungen und Algorithmen der Schwarmtheorie ausführen, um den optimalen Weg zwischen zwei beliebigen Punkten zu ermitteln. Ein derartiges neues Verkehrsnetz würde den Platzbedarf für Autos, die mit hoher Geschwindigkeit fahren, verringern und neue öffentliche und fußgängerfreundliche Bereiche schaffen.
An diese Stelle paßt der Hinweis, daß ein ähnlicher Vorschlag namens Smart
Highway im September 2013 als einer von
fünf Gewinnern mit dem renommierten INDEX: Award 2013 in
der Kategorie ,Community’ ausgezeichnet wird.
Bei dem Entwurf des niederländischen Designers Daan Roosegaard in Zusammenarbeit mit dem o.e. multinationalen Entwicklungsunternehmen Heijmans Infrastructure wird die Solarenergie allerdings ganz anders als bisher eingesetzt, wenn auch nicht weniger intelligent: Durch die Verwendung von im Dunkeln leuchtender Farbe, die mit photolumineszierendem Pulver versetzt ist, laden sich die Fahrbahnstreifen bei Tageslicht auf und können die Straßen nachts bis zu zehn Stunden lang beleuchten, wodurch der Bedarf an zusätzlicher Beleuchtung verringert wird.
Die eingebettete Technologie verbindet Ästhetik mit Funktionalität. Um auf Eis und Glätte hinzuweisen, würde beispielsweise bei Minusgraden eine Technologie namens Dynamic Paint aktiviert, eine temperaturabhängige Straßenfarbe, die die Straßen mit großen, hell leuchtenden Schneeflocken bedeckt. Ebenso würden interaktive Straßenlampen mit Bewegungssensoren den Energieverbrauch der Beleuchtung senken.
Ein Teil des Preisgeldes von 100.000 € soll nun für die weitere Erforschung der potentiellen Anwendungen in anderen Bereichen, wie z. B. Fahrradwegen und Flughafenlandebahnen, eingesetzt werden, ebenso wie für die Sicherung der künstlerischen Qualität und die Durchführung technischer Studien, um das Konzept in eine kosteneffiziente Realität zu verwandeln. Ein weiterer Teil soll für ein spezielles Pilotprojekt in Mumbai oder Kapstadt/Johannesburg verwendet werden.
Im Zuge eines einmonatigen Versuchs mit den Glowing Lights auf zwei je 500 m langen Abschnitten auf der N329 in der Nähe der Ausfahrt Oss in den Niederlanden im Jahr 2014 stellt sich aber heraus, daß die im Dunkeln leuchtende Farbe empfindlich auf Feuchtigkeit reagiert, die durch Regenfälle verursacht wird, wodurch die Lichtleistung der Markierungen stark beeinträchtigt wird. Voraussichtlich im Sommer soll daher ein Update namens Glowing Lines 2.0 auf den Markt kommen. Leider läßt sich auch in diesem Fall keine Bestätigung dafür finden, daß das Smart Highway später weiterverfolgt wird.
Und während das Smart-Highway-Team an den photolumineszenten Fahrbahnen feilt, geht Roosegaarde mit einer anderen Erfindung, die die Straßenbeleuchtung ersetzen könnte, an die Grenzen der ‚Glow-in-the-Dark-Technologie‘: selbstleuchtende Bäume, die zu gegebener Zeit im Kapitelteil Andere Lichttechniken vorgestellt werden (in Arbeit).
Im Januar 2011 wird aus den Niederlande ein Projekt
mit dem Namen SolaRoad bekannt, das seit 2009 vom
Forschungsinstitut TNO (Nederlandse Organisatie voor
Toegepast Natuurwetenschappelijk Onderzoek) entwickelt wird – und zwar
in Zusammenarbeit mit dem Straßenbau-Spezialisten Ooms Civiel und
dem Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen Royal Imtech N.V. (Dynniq),
das übrigens im August 2015 in die Insolvenz geht.
Der energieerzeugende Solarradweg wird der Stadt Krommenie gebaut, etwa 25 km von Amsterdam entfernt. Der dabei installierte Straßenbelag besteht aus 1,5 x 2,5 m großen Paneelen mit einer Oberfläche aus 1 cm dickem, gehärtetem Sicherheitsglas, unter der die Silizium-Solarzellen auf einer Basis aus Silikongummi und Beton sitzen. Über dem Glas liegt noch eine weitere Schicht, die das Glas aufrauht und rutschfest macht.
Die Solarmodule, die ohne Schaden zu nehmen ein 12 Tonnen schweres Fahrzeug tragen können, sind mit intelligenten Meßgeräten verbunden, die ihre Leistung optimieren. Wenn ein Paneel kaputt ist, im Schatten liegt oder verschmutzt wird, wird nur dieses Paneel abgeschaltet. Funktioniert diese Technologie, dann wären dies die ersten Straßen, die nicht Milliarden an Steuergeldern verschlingen – sondern ihre Baukosten selbst wieder erwirtschaften.
Der Radweg der in Den Haag beheimateten, gleichnamigen Firma SolaRoad BV soll 50 kWh (andere Quellen: 70 kWh) pro Quadratmeter und Jahr erzeugen. Der Strom soll dann für die Beleuchtung der Straße, der Ampeln und der Verkehrsschilder genutzt bzw. an die umliegenden Wohnhäuser geliefert werden. Aus nicht näher erläuterten Gründen dauert es aber fast vier Jahre, bis der 72 m lange „weltweit erste Fahrradweg aus Solarzellen“ im Oktober 2014 in Betrieb geht und im November vom niederländischen Energieminister Henk Kamp feierlich eröffnet wird. Die Gesamtkosten des Pilotprojekts belaufen sich auf 3,5 Mio. €, von denen die Provinz Nordholland als Eigentümerin des Weges 1,5 Mio. € übernimmt.
Doch schon im Dezember löst sich eine 1 m2 große Fläche der oberen Beschichtung des Glases, vermutlich aufgrund von Temperaturschwankungen, so daß dieser Teil des Radwegs repariert werden muß. Im Oktober 2015 ist die Deckschicht sogar in einem so schlechten Zustand, daß ihr kompletter Austausch erforderlich ist. Im November wird bekannt, daß der Pfad in seinem ersten Betriebsjahr 9.800 kWh Strom produziert hat.
Im Vergleich dazu haben Aufdach-Solaranlagen im näheren Umkreis im gleichen Zeitraum doppelt so viel Strom erzeugt. Was damit erklärt wird, daß die Bodenplatten-Paneele flach liegen, während die Aufdach-Systeme mit optimalen Winkeln installiert werden, daß sie leicht verschmutzen, und daß Radfahrer das Sonnenlicht blockieren, wenn sie darüberfahren. Wirtschaftlich gesehen ist das Ergebnis ein Mißerfolg, bei dem mehrere Millionen an Investitionsmitteln einem Ertrag von gerade einmal 2.000 $ gegenüberstehen, wie US-Kritiker vorrechnen.
Im Oktober 2016 wird der Radweg um sieben neue, verbesserte Elemente erweitert, die keine obere Glasschicht mehr haben, während zwei Elemente der ersten Generation entfernt werden. Dafür haben zwei der neuen Elemente eingebettete Dünnschicht-Solarzellen. Insgesamt besteht die erweiterte, nun 83 m (andere Quellen: 90 m) lange und 1,7 m breite Strecke aus 32 Elementen.
Im Anschluß an den Radweg werden Anfang März 2019 zwei Pilotstrecken für den Schwerverkehr gebaut: 100 m auf der Busspur der N218 bei Spijkenisse in Südholland und 50 m auf der Parallelstraße der N232 im Gebiet von Haarlemmermeer in Nordholland. Nach nur einer Woche werden sie aufgrund von Problemen mit der Deckschicht für den Verkehr gesperrt, und bereits im Juli wird beschlossen, das Projekt in Spijkenisse zu stoppen, da die Strecke nicht mehr zu reparieren ist. Auch die zusätzlichen 50 m, die im Folgejahr in Haarlemermeer geplant waren, werden nicht mehr realisiert. Satt dessen werden beide Pilotstrecken abgebaut.
Im Januar 2020 weist auch der Radweg in Krommenie so erhebliche Schäden auf, daß ein Warnschild aufgestellt werden muß. Schließlich wird die oberste Schicht des Versuchsradwegs im November entfernt und durch normalen Asphalt ersetzt – und das Projekt gilt als gescheitert. Das TNO war zuvor davon ausgegangen, daß in Zukunft Elektrofahrzeuge von solcherart Solarstraßen selbst angetrieben werden könnten, was ebenfalls anhand eines Prototypen untersucht werden sollte. Gemäß einer TNO-Roadmap sollten 2050 etwa 15 % der Solarenergie von Solarstraßen kommen.
Dessen ungeachtet hat die Firma SolaRoad im Laufe der vergangenen Jahre noch weitere Pilotstrecken installiert, wie z.B. im Jahr 2017 in dem französischen Dorf Etampes in der Nähe von Paris, wo ein 15 m langer SolaRoad-Abschnitt zur Stromversorgung der öffentlichen Beleuchtung entlang der Straße zum Einsatz kommt. Dieser Radweg befindet sich in einem felsigen Gebiet, in dem Erdarbeiten teuer sind. Die Solarmodule bieten die Möglichkeit, lokal Strom für die Beleuchtung zu erzeugen und gleichzeitig einen kostspieligen Netzanschluß zu vermeiden. In dem Ort La Clarté wiederum werden zwei SolaRoad-Elemente eingesetzt, die für die Beleuchtung eines Kreisverkehrs sorgen.
Im gleichen Jahr wird auch in Blauwestad in der Provinz Groningen ein SolaRoad-Abschnitt installiert, der den Strom für die daneben errichtete multifunktionale Bank STOPcontact liefert, die vier Steckdosen zum Aufladen von Elektrofahrrädern, Handys oder Tablets hat. Der Solarstrom wird in einer Reihe von Batterien neben der Bank zwischengespeichert. Und 2018 folgt in der niederländischen Gemeinde Haaksbergen ein SolaRoad-Abschnitt, mit dem ein Teil der öffentlichen Beleuchtung des Industriegebiets Stepelerveld gesichert wird.
Darüber hinaus arbeitet die Firma SolaRoad mit dem europäischen Rolling-Solar-Konsortium zusammen, um Pilotprojekte und Feldtests durchzuführen. Das vom TNO koordinierte Projekt Rolling Solar umfaßt 18 Projektpartner aus Belgien, den Niederlanden und Deutschland, läuft über 48 Monate vom September 2018 bis zum August 2022 und wird im Rahmen des Interreg-Programms Euregio Maas-Rhein (EMR) durchgeführt.
Von den Gesamtkosten in Höhe von rund 5.722.000 € übernimmt den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) etwa 2.850.000 €, den Rest steuern das niederländische Ministerium für Wirtschaft und Klima sowie die Provinzen Noord Brabant (NL), Flämisch Brabant, Limburg und Lüttich (B) bei.
Als Grund für dieses Projekt werden die hohen Kosten der Straßen-PV-Technologie angegeben, nicht nur, weil sie noch nicht das Stadium von Standardprodukten in großen Stückzahlen erreicht haben, sondern auch, weil sie auf spröden Silizium-Solarzellen basieren. Diese müssen mechanisch gut geschützt werden und erfordern einen hohen Montageaufwand. Rolling Solar zielt darauf ab, die Kosten durch die Verwendung flexibler Dünnschicht-Solarfolien und durch eine effektivere Integration zu senken.
Letztlich soll eine dauerhafte grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Industrie, Forschung und Interessenvertretern der Bereiche Photovoltaik, Materialien, Herstellung, Installation, Netz- und Straßeninfrastruktur initiiert werden, um lokale Hersteller und Bauunternehmen technisch in die Lage zu versetzen, eine kosteneffiziente Integration von Solarzellenmaterialien mit großer Länge in die öffentliche Infrastruktur zu realisieren.
Um wirtschaftlich vermarktbare Produkte hervorzubringen sind auf praktischer Ebene auch die Installation und der Vergleich von drei Arten innovativer, in Lärmschutzwänden integrierter PV-Anlagen geplant – in einem Demonstrationsmaßstab von 6 m Länge und in einer kontrollierten Außenumgebung: bifaziale kristalline Silizium-Zellen, halbtransparente Dünnschicht-Zellen und Dünnschicht-CIGS-Zellen mit einer speziellen Oberflächenbeschichtung. Hinzu kommt die Installation von zwei Arten von Straßenelementen, einmal mit kristallinen Silizium-Zellen, und einmal mit Dünnschicht-CIGS-Zellen.
Darüber hinaus sollen mehrere bestehende Demonstrationssysteme, die in früheren und parallelen Projekten entwickelt wurden, überwacht und bewertet werden.
Die tatsächliche praktische Umsetzung wird im November 2020 gemeldet, als auf dem Brightlands Chemelot Campus in Sittard-Geleen ein 10 m2 großer Solarstraßenabschnitt mit monokristallinen Silizium-Solarzellen installiert wird und bald darauf die Tests der Temperaturprofile, der Stromproduktion und der Robustheit durch die Fachhochschule Zuyd beginnen. Von den beiden deutschen Partnern konzentriert sich das Forschungszentrum Jülich auf die Simulation des elektrischen Designs, während sich das Institut für Straßenwesen der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) mit der Integration in Straßenabschnitte und der mechanischen Leistung befaßt.
Gleichzeitig bereitet das Konsortium das zweite Pilotprojekt vor, bei dem im April 2021 zwei weitere Abschnitte von gleicher Größe mit CIGS-Dünnschicht-Solarzellen installiert werden sollen – was dann allerdings erst im August geschieht. Darüber hinaus gibt es einen Referenzstreifen mit beiden Technologien, der vom Verkehr nicht genutzt wird. Die gesamte PV-Fläche beträgt damit 60 m2. Die Ergebnisse des Pilotprojekts sollen im April 2022 vorliegen.
Im Rahmen von Rolling Solar optimiert SolaRoad die Technologie der zweiten Generation. Die PV-Module sind nun 21 cm dick und bestehen aus sechs Kunststoff-Solarzellenmodulen von 360 x 300 cm, die mit 60 kristallinen Silizium-Solarzellen bestückt sind. Diese sind in einem Stahlrahmen zusammengefügt und dann in einer Betonplatte in einem transparenten Epoxidharz eingebettet, das die Module 1 cm überdeckt. Zusätzlich wird eine Schicht aus kleinen Glaskugeln aufgebracht, um den richtigen Oberflächenwiderstand unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten.
Die Verbesserung der bereits bestehenden kommerziellen Produkte von SolaRoad liegt hauptsächlich in einer besseren Klebeschicht zwischen dem Rahmen und dem Beton, in der Konstruktion des Rahmens sowie im Produktionsprozeß selbst. Für die Firma SolaRoad scheint damit die Phase der kommerziellen Einführung ihrer PV-Straßenpaneele zu beginnen, die laut eigenen Angaben inzwischen einen Ertrag von 120 kWh pro Quadratmeter und Jahr erzielen.
Jedenfalls baut das Unternehmen im Sommer 2021 einen Solarradweg, der sich über ca. 330 m entlang der N417 zwischen Utrecht und Hilversum erstreckt – und damit schon „der weltweit längste seiner Art“ ist.
Auf dieser Fläche werden vorgefertigte Module mit einer Größe von 280 x 350 cm installiert. Eine darüber liegende durchsichtige und rutschfeste Schicht soll dafür sorgen, daß die Solarmodule weder durch die klimatischen Bedingungen noch durch die Radfahrer beschädigt werden. Die auf dem Solarradweg gewonnene Energie kann theoretisch rund 40 Haushalte versorgen – oder gespeichert werden, und dann nachts für die Beleuchtung des Radwegs zu sorgen.
Zur gleichen Zeit beginnt in Genk und Rosmalen in Belgien die Errichtung von zwei Testanlagen mit verschiedenen Typen von Solarzellenmodulen. Die eine entsteht im Thor Park in Genk, wo sich das EnergyVille 1 befindet, in dem die Rolling-Solar-Partner – die Universiteit Hasselt, das Interuniversity Microelectronics Centre (imec) der Katholieke Universiteit Leuven sowie das belgische Forschungszentrum VITO NV – an nachhaltiger Energie und intelligenten Energiesystemen forschen.
Am Rande des Geländes erhebt sich eine 13 m breite und 5 m hohe Lärmschutzwand aus Beton, die mit drei Arten von Solarzellenmodulen ausgestattet ist: kristallines Silizium PERC, Dünnschicht CdTe und Dünnschicht CIGS. Die ersten beiden sind auf Rahmen montiert, während die von TNO/Solliance entwickelten CIGS-Module direkt auf den Beton geklebt sind. Ein weiterer Abschnitt wird aus Metallrahmen bestehen, in die CdTe- und CIGS-Solarzellenmodule sowie bifaciale kristalline Silizium-PERC-Solarzellenmodule eingeschoben werden können.
Auf dem Gelände von Heijmans in Rosmalen wiederum wird gemeinsam mit den Firmen Soltech, Sanko Solar, Solliance und der TNO EnergyTransition ein 12 m breiter Testaufbau realisiert. Auf einem Betonsockel sind hier insgesamt fünf Kassetten von je 1 m Höhe gestapelt, in denen PV-Module eingebaut sind. Die zwei unteren enthalten bifaziale kristalline Silizium-Solarzellen, die obere Dünnschicht-CdTe-Solarzellen, und die beiden mittleren bifaziale Dünnschicht-CIGS-Solarzellen.
Alles, was im Rahmen des Rolling-Solar-Projekts geschieht, dient der Vorbereitung dieser PV-Anwendung auf die Markteinführung, sowohl für neue PV-Lärmschutzwände als auch für die Nachrüstung bestehender.
Weiter mit den Solarstraßen...