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ENERGIESPEICHERN

Die verschiedenen Batterie- und Akkumulatorentypen (XIII)

Quecksilberoxid-Zink-Batterie


Das Quecksilber-Zink-Batterie-System ist seit mehr als 100 Jahren bekannt, doch erst 1942 gelingt es dem amerikanischen Erfinder und Funkamateur Samuel Ruben für das US-Militär eine ausgewogene Quecksilberzelle zu entwickeln, die für Anwendungen wie Zünder, Metalldetektoren und tragbare Funkgeräte eingesetzt werden kann. Der nicht wiederaufladbare Batterie-Typ hat die Vorteile einer äußerst konstanten Spannung von 1,35 V und einer langen Haltbarkeit von bis zu 10 Jahren. Er ist außerdem kompakt und sehr robust und auch bei tiefen Temperaturen einsetzbar, bei denen die bis dahin verwendeten Zink-Kohle-Zellen versagen.

Ruben, der im Laufe von 60 Jahren Erfindertätigkeit rund 300 Patente erhält, überläßt die Erfindung während des Krieges der Regierung zur kostenlosen Nutzung. Zusammen mit dem Geschäftsmann Philip Rogers Mallory, mit dem er seit Anfang der 1920er zusammenarbeitet, und der 1934 die Firma P. R. Mallory and Co. Inc. in Burlington, Massachusetts, gegründet hatte, beginnt die Herstellung von Quecksilberoxid-Zink-Batterien in Knopfzellenform für militärische Ausrüstungen – ab 1964 unter dem Label der gemeinsam gegründeten Firma Duracell. Falls es interessiert: Die P. R. Mallory wird im Jahr 1978 von Dart Industries erworben, die wiederum 1980 mit Kraft fusionierte. Duracell wird 1988 von Kohlberg Kravis Roberts gekauft und 1989 an die Börse gebracht. 1996 erwirbt Gillette die Firma – und wird selbst im Jahr 2005 von Procter & Gamble Gillette übernommen. Sicherlich wird dieser Reigen auch in Zukunft noch weitergehen...


Die Quecksilberoxid-Zink-Batterie hat eine Anode aus Zinkpulver (oder Cadmium) und eine Kathode aus Quecksilberoxid (HgO), während der Elektrolyt aus einer geleeartigen Masse aus Kalium- oder Natriumhydroxid besteht. Das Zink/Quecksilberoxid-System besitzt eine hohe volumetrische Leistungsdichte von 400 Wh/l, eine lange Haltbarkeit und eine stabile Spannung, wogegen sich das Cadmium/Quecksilberoxid-System durch einen breiten Temperaturarbeitsbereich (-55°C bis +80°C, in einigen Fällen sogar bis +180°C) und eine sehr geringe Gasentwicklung auszeichnet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg werden diese Batterien häufig in kleine elektronische Geräte wie Herzschrittmacher, Hörgeräte und elektrische Armbanduhren eingesetzt. Aufgrund ihrer konstanten Spannung eignen sie sich auch sehr gut für Belichtungsmesser, da diese eine möglichst gleichbleibende Referenzspannung benötigen. Neben dem Knopfzellen-Typ (z.B. PX625) werden die Batterien auch in zylindrischer und rechteckiger Bauweise hergestellt, wie sie in Transistorradios verwendet werden, sowie als große Multizellen-Packs für industrielle Anwendungen wie die Funkfernsteuerung von Laufkränen.

In den USA wurden Quecksilber-Batterien außerdem von Unternehmen wie Union Carbide Corp. (deren ehemalige Batterieabteilung inzwischen Energizer Holdings heißt), RCA Corp. und Burgess Battery Co. hergestellt. Zur Verhinderung der Umweltverschmutzung durch Quecksilber aus nicht fachgerecht entsorgten Batterien sind ihre Herstellung sowie der Handel mittlerweile weltweit eingestellt. Nur in Taiwan soll es noch einen Hersteller geben, dessen Batterien aber nicht nach Europa importiert werden dürfen.


Redox-Flow-Batterie


Der Begriff Redox setzt sich aus Red für Reduktion (Elektronenaufnahme) und Ox für Oxidation (Elektronenabgabe) zusammen. Dieser Akkumulator-Typ, der auch Naßzelle, Flüssigbatterie und Flüssigelektrodenzelle genannt wird, speichert den Strom in gelösten chemischen Verbindungen, wobei die zwei energiespeichernden Elektrolyte, die Metall-Ionen enthalten, in zwei getrennten Kreisläufen zirkulieren und innerhalb der Zelle durch Elektroden aus porösem Graphitflies strömen, getrennt von einer semipermeablen Membran, die Protonen durchläßt. Diese besteht entweder aus einem mikroporösen Separator, der alle Ionen passieren läßt, oder aus einer selektiven Anionen- bzw. Kationen-Tauschermembran. Der Elektrolyt im Anodenkreis wird allgemein als Anolyt; der Elektrolyt in der Kathodenschleife als Katholyt bezeichnet.

Sobald die Ionen durch die Membran fließen, wird in den Leitern ein elektrischer Strom induziert. Das Aufladen funktioniert entweder in der traditionellen Art durch zugeführten Betriebsstrom – oder durch das Ersetzen der Flüssigkeiten (die dann in einer anderen Zelle wieder aufgeladen werden können). Elektrochemische Systeme, die verwendet werden können, sind beispielsweise FeCl3 als Kathode und TiCl3 oder CrCl2 als Anode. Redox-Flow-Zellen haben zwar einen relativ geringen volumetrischen Wirkungsgrad, sind dafür aber zuverlässig und sehr langlebig. Die Redox-Flow-Batterie ist zudem der einzige Typ von elektrochemischen Energiespeichern, bei dem sich Energiemenge und Leistung unabhängig voneinander vergrößern oder verkleinern lassen.

NASA-Patent

NASA-Patent

Die Grundlagen für moderne Redox-Flow-Batterien (RFB) werden Mitte des letzten Jahrhunderts erarbeitet, als Dr. Walther Kangro aus Braunschweig Ende der 1940er Jahre die Möglichkeiten der Energiespeicherung mit Redox-Paaren prüft und im Juli 1954 das Patent für ein ,Verfahren zur Speicherung von elektrischer Energie in Flüssigkeiten’ anmeldet, das ihm im April 1957 erteilt wird (DE-Nr. 1006479).

In den 1970er Jahren beschäftigte sich auch die NASA mit der Technik, und unter dem Namen des Mitarbeiters Lawrence H. Thaller am Lewis Research Center wird 1975 das Patent über eine ,Electrically rechargeable REDOX flow cell’ eintragen (US-Nr. 3.996.064, erteilt 1976). Eine reine Vanadium-Lösung wird erstmals 1978 vorgeschlagen, ich präsentiere sie in einem eigenen Unterkapitel (s.u.).

Bis die Technologie in die Öffentlichkeit kommt, dauert es dann aber mehrere Jahrzehnte. Innerhalb dieser Zeitspanne wird die Entwicklung maßgeblich von der japanischen Sumitomo Electric Industries Ltd. (SEI) in Osaka vorangetrieben, die schon früh 50 kW, 100 kW und 450 kW Systeme vorstellt.

Sumitomo erhält beispielsweise im Jahr 2002 das Patent über ein ,Battery Diaphragm’ (US-Nr. 6.461.772) und führt während des Zeitraums von Januar 2005 bis Februar 2008 ein Demonstrationsprojekt an der 30,6 MW Tomamae-Winvilla-Windfarm durch, wo die kurzperiodischen Schwankungen der Ausgangsleistung von 19 Windkraftanlagen mit einem 6 MWh Redox-Flow-Batterie-System stabilisiert werden. Das japanische Unternehmen ist auch weiterhin in die Entwicklung und Umsetzung dieses Akku-Systems involviert.


In Deutschland erforscht das Institut für Stromrichtertechnik und elektrische Antriebe der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen ein Redox-Flow-System. In einem Filmbericht vom Februar 2008 wird betont, daß das System weitgehend verschleißfrei arbeitet und die benötigten Flüssigkeiten nur alle 40 Jahre ausgetauscht werden müssen. Die Einheiten, an denen das Institut gemeinsam mit der Solon AG arbeitet, sollen jährlich 10.000 kWh elektrische Energie liefern – was dem Maximalverbrauch eines Vierpersonen-Haushalts entspricht. Der Prototyp des Akkus ist allerdings noch drei Mal so groß wie das angestrebte kommerzielle Produkt, außerdem müsse noch die Kostenfrage gelöst werden.

Tatsächlich geht im Sommer 2009 auf dem Solon-Gelände eine dem Sonnenstand nachgeführte Photovoltaik-Anlage in Betrieb, die ihren Solarstrom in eine Redox-Flow-Großbatterie einspeist. Das System namens Yana ermöglicht das parallele Betanken von bis zu acht Elektrofahrzeugen.


Ab Januar 2012 forschen auch Wissenschaftler der Universität des Saarlandes um Prof. Rolf Hempelmann im Verbund mit französischen Kollegen der Université de Lorraine an einer künftigen Generation von Redox-Flow-Batterien als Solarenergie-Zwischenspeicher für die Elektromobilität. Neben theoretischen Grundlagen, beispielsweise für die Optimierung der Elektroden, geht es in dem EU-geförderten Projekt (INTERREG IV A-Großregion) auch um die Entwicklung geeigneter Software für die CAD-Fertigung der Batterie-Stacks, die aus zwölf und mehr Einzelzellen bestehen.

Das Projekt RFB-Solar läuft über drei Jahre bis Ende 2014, und wird mit der (wieder einmal äußerst krummen) Summe von 566.388,97 € gefördert. Strategische Partner sind der Membran-Hersteller FuMA-Tech GmbH aus St. Ingbert, die Nano-X GmbH, Saarbrücken, sowie das Institut für Zukunfts-Energie-Systeme (IZES), ebenfalls in Saarbrücken. Details über das ausgewählte Redox-Paar oder andere technische Angaben werden bislang nicht gemacht.


Im Oktober 2012 berichten Forscher um Erich Gülzow vom DLR-Institut für Technische Thermodynamik, daß sie gemeinsam mit Kollegen vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) eine neue Meßtechnik entwickelt haben, mit der sich Prozesse innerhalb einer Redox-Flow-Batterie nachvollziehen lassen. Das Meßverfahren, bei dem die Wissenschaftler während des Betriebes in die Batterie blicken und sehen, welche Bereiche in der Batterie aktiv und welche inaktiv sind, bietet eine Datengrundlage, um Simulationsmodelle zu überprüfen, die Leistungsdichte der Batterien zu erhöhen und die Herstellungskosten zu senken.


Wissenschaftler am SLAC National Accelerator Laboratory des US-Energieministeriums und der Stanford University um Prof. Yi Cui (!) haben Meldungen vom April 2013 zufolge eine neue Redox-Flow-Batterie entwickelt, die im Gegensatz zu bisherigen Ausführungen mit nur einem Flüssigkeitskreislauf auskommt und noch dazu relativ günstige Materialien nutzt.

Redox-Flow-Batterie des SLAC

Redox-Flow-Batterie des SLAC

In bisherigen Flow-Batterien fließen zwei Flüssigkeiten in getrennten Elektroden-Kreisläufen an einer Membran vorbei, an der sie Ladungsträger austauschen. Diese Membran ist jedoch teuer und wartungsintensiv, zudem enthalten die Flüssigkeiten oft seltene und teure Materialien wie Vanadium. Das neue Design spart im Vergleich dazu gleich doppelt, denn es nutzt nur einen Flüssigkeitskreislauf, vornehmlich die relativ günstigen Elemente Lithium und Schwefel, sowie ein speziell beschichtetes Stück Lithium anstelle der Membran und des zweiten Elektroden-Flüssigkeitskreislaufs.

Für die Demonstration des neuen Akku-Designs nutzt das Team einfache Labor-Glaswaren und kann zeigen, daß mit einer Lithium-Polysulfid-Lösung sofort genug Strom für eine LED erzeugt wird. Ferner behält die Batterie ihre ausgezeichnete Energiespeicher-Leistung auch über mehr als 2.000 Ladezyklen bei, was mehr als 5,5 Jahren an täglichen Zyklen entspricht. Zudem sind erste Prototypen schon relativ langlebig, was den Ansatz in Kombination mit dem geringen Preis als Netzspeicher attraktiv machen soll. Nun soll ein größeres Laborsystem geschaffen werden, um den Speicherprozeß zu optimieren und etwaige technische Probleme zu identifizieren. Außerdem wird nach Partnern für einen Feldversuch mit einem großen System gesucht.


Meldungen vom August 2013 zufolge arbeiten nun auch Forscher von General Electric (GE) an einem System, welches das Aufladen künftig so komfortabel und schnell wie tanken machen soll, und dabei pro voller Ladung eine Reichweite von 400 km und mehr ermöglicht. Die Idee ist, die besten Eigenschaften von Flow-Batterien und Brennstoffzellen zu kombinieren.

Das Unternehmen soll sich bereits in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium einer Redox-Flow-Batterie befinden, deren Preis lediglich 25 % des Preises für eine Lithium-Ionen-Batterie entspricht. Bislang sei die Batterie allerdings noch sehr groß und schwer, sodaß ihr Einsatz höchstens in LKWs und Bussen vorstellbar ist. GE arbeitet daher auf eine mobile Einsetzbarkeit des Systems hin, genauere technische Details werden bislang nicht genannt.

Bekannt ist nur, daß eine Wasser-basierte Lösung von anorganischen Chemikalien zum Einsatz kommt. Dabei wird die Anode einer PEM-Brennstoffzelle mit einem hydrierten, organischen, flüssigen Träger gespeist, der dort unter Erzeugen von Elektrizität elektrochemisch dehydriert, während der Luftsauerstoff an der Kathode zu Wasser reduziert wird. Um die Flow-Batterie wieder aufzuladen, werden die Reaktionen umgedreht, und die organische Flüssigkeit wird elektrochemisch wieder hydriert - oder eben an einer Tankstelle schnell durch die hydrierte Form ersetzt. Zumindest theoretisch ist eine Energiedichte von bis zu 1,35 kWh/kg erreichbar, was ein Rekord für Sekundärbatterien wäre.

Das Projekt erfolgt im Rahmen der RANGE Initiative des Energieministeriums (ARPA-E), weitere Partner neben GE sind die Crabtree- und die Batista-Groups der Yale University, die Stanford University und das Lawrence Berkeley National Laboratory. Als nächster Schritt soll die Laborarbeit nun in einen Prototyp überführt werden und die Machbarkeit der Technik nachgewiesen werden. Wann das System Serienreife erlangt, ist noch offen.


Große Aufregung entsteht im März 2014, als die inVaduz, Liechtenstein, beheimatete und erst im Vorjahr gegründete Firma nanoFLOWCELL AG die bislang wohl beste Werbung für Flow-Batterien macht, indem sie auf dem Autosalon Genf 2014 einen äußerst schnittigen, elektrischen Sportwagen namens Quant präsentiert, der mit diesem Akku-Typ angetrieben wird. Bereits einen Monat zuvor war die Firma eine Partnerschaft mit der deutschen Bosch Engineering GmbH eingegangen, um die Elektronik des Kraftfahrzeugs weiter zu optimieren.

Quant

Quant

Das 5,25 m lange Elektroauto ist 2,20 m breit und nur 1,35 m hoch. In den Innenraum gelangt man durch zwei riesige, 2 m breite Flügeltüren. Als Display fungiert das komplette Armaturenbrett, das auf 1,25 m Breite alle wichtigen Informationen zum Antrieb, zum Akku sowie die relevanten Fahrdaten anzeigt. Der Elektroantrieb mit vier Drehstrom-Asynchron-Radnabenmotoren ist maximal 925 PS stark (680 kW), wobei die Dauerleistung bei 653 PS liegen soll. Dem Hersteller zufolge beschleunigt der 2,3 Tonnen schwere Wagen in 2,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h, und die Höchstgeschwindigkeit soll bei 380 km/h liegen.

Bei der Speichertechnik handelt es sich um eine Redox-Flow-Batterie, deren Elektrolyte in zwei Tanks untergebracht sind, die jeweils 200 Liter fassen. Das Nanoflowcell genannte System mit einem Wirkungsgrad von mehr als 80 % soll im Vergleich zur aktuellen Lithium-Ionen-Technik eine Verfünffachung der Reichweite bieten. Die Betriebstemperaturen innerhalb der Zelle liegen je nach Leistung bei 60 – 160°C.

Den Hingucker-Effekt hatte 2009 bereits eine nicht fahrbereite Vorgängerstudie namens NLV Quant erzielt, welche die schweizerische Firma NLV Solar AG, die Solarzellen und Stromspeichersysteme entwickelt, zusammen mit Koenigsegg geschaffen hatte. Damals sollte als Energiespeicher ein sogenanntes FAES-System von NLV zum Einsatz kommen. NLV ist wie die nanoFlowcell AG eine Gründung des visionären Künstler-Ingenieurs Nunzio La Vecchia.

Der neue viersitzige Sportwagen ist der erste fahrtüchtige Prototyp der nanoFlowcell AG und soll ihr als Versuchsträger bei der weiteren Erprobung der Flußzelle außerhalb von Laborbedingungen dienen. Dabei geht es besonders um Mechanismen zum Ladungstransport im Fahrbetrieb und die Abstimmung von Lade-Strategien, der Rekuperation, der Regeneration der Zell-Ladung sowie Sicherheits- und Qualitätskontrollen.


Einige Ausführungen, die auf unterschiedlichen Redox-Paaren beruhen, habe ich bereits unter Durchfluß-Batterien und Ionische Flüssigkeiten vorgestellt (s.d.). Hier folgen nun die Umsetzungen der bislang gängigsten Redox-Paare.


All-Eisen-Redox-Flow-Batterie


Als das Department of Energy im August 2012 Zuschüsse für Frühphasen-Energie-Projekte vergibt (ARPA-E), fließen 43 Mio. $ in 19 Batterie-Projekte. Unter diesen ist auch die erst 2011 in Portland, Oregon, gegründete Firma Energy Storage Systems Inc. (ESS), die nun 1,75 Mio. $ für die Entwicklung einer Flow-Batterie mit einem Elektrolyten aus billigem Eisen und einem Zellen-Design der nächsten Generation bekommt.

Unter dem Projekttitel ,Improved Redox Flow Battery Power Density’ wird bereits seit April 2012 mit der Portland State University zusammengearbeitet. Die ESS-Forscher hatten festgestellt, daß sich die geringe Leistungsdichte von Vanadium-Redox-Flow-Batterien überwiegend aus hochohmigen und kinetischen Verlusten an den Elektroden der herkömmlichen Konstruktionen ergibt. Als Lösung wird eine neuartige Mehrschichtelektrode und ein fortgeschrittenes Durchflußzellen-Design erfunden und patentiert, das die aktive Elektrodenoberfläche maximiert und gleichzeitig den Druckabfall im System minimiert. Darauf basierend kann ESS eine Vanadium-Redox-Zelle mit der 5-fachen Zell-Leistung im Vergleich zur herkömmlichen VRB-Technologie demonstrieren.

Entwicklungsziel ist allerdings eine Flow-Batterie, das das reichlich vorhandene und nicht-toxische Eisen als Energiespeichermedium nutzt. Die All-Eisen-Flow-Batterie (All-Iron Flow Battery, IFB) wird äußerst kostengünstig sein, da das patentierte Batteriedesign einen extrem preiswerten Elektrolyt mit einem innovativen Design kombiniert, das die Leistungsdichte dramatisch erhöht und kleinere Zellstapel ermöglicht. Nun arbeitet man daran, die weitere Material- und Design-Optimierungen die Leistung der Zelle auf das 10-fache zu steigern. Ein Zuschuß der Universität (ONAMI GAP Grant) wird dabei helfen, eine 1 kW Demonstrationsanlage zu bauen, um die Soll-Leistung und Zuverlässigkeit auf der Systemebene zu validieren.

Falls es gelingt, diesen kritischen Meilenstein zu meistern, würde dies ESS sehr erleichtern, Investoren für die Kommerzialisierung eines 50 kW Systems (> 300 kWh) zu finden.


Eisen-Chrom-Redox-Flow-Batterie


Die Technologie dieses Akku-Typs (FeCr) wird anfänglich nur in den USA und Japan erforscht, wo man aber schon in den 1970ern damit beginnt. In Amerika gilt NASA-Mitarbeiter Lawrence H. Thaller als Initiator, und die Raumfahrtbehörde stellt 1979 entsprechende Entwicklungspläne vor, um die Machbarkeit und Praktikabilität dieser Batterien zu verifizieren. In Japan erfolgt die Entwicklung im Rahmen des ,Project Moonlight’ ab 1980

Studien in dem 1990ern Jahren zeigen, daß Eisen-Chrom-Redox-Flow-Batterien beim  Lade-/Entladeprozeß Verluste erleiden, und daß es bislang noch keinen idealen Separator gibt.

Über die 2004 gegründete Firma Deeya Energy (ab 2013: Imergy Power Systems), deren Eisen-Chrom-Chemie auf der NASA-Technologie basiert,habe ich bereits unter Durchfluß-Batterien und Ionische Flüssigkeiten berichtet (s.d.).


Die im Jahr 2008 von Craig R. Horne u.a. gegründete Firma EnerVault in Sunnyvale, Kalifornien, nennt als Hauptgeschäftsfeld die Entwicklung hochflexibler und sehr großer elektrischer Energiespeichersysteme für den wirtschaftlichen Einsatz in Gewerbe- und Industrieanlagen, um erneuerbare Energien und Versorgungsnetze zu unterstützen. Die netztauglichen Speichersysteme basieren auf der patentierten Engineered Cascade Technology des Unternehmens (US-Nr. 7.820.321), welche eine inhärent sichere Redox-Flow-Batterie-Chemie in eine hoch wirtschaftliche und zuverlässige Speicherlösung verwandelt, wie es heißt.

EnerVault Flow-Batterie Grafik

EnerVault Flow-Batterie
(Grafik)

In einer typischen Flow-Batterie fließen Elektrolyten zu einem ,Stack’, in dem die Reaktion stattfindet, und werden dann zurück in den Vorratsbehälter gepumpt. Während der Elektrolyt in den Tank zurück fließt, nimmt der Ladezustand jedoch ab, was die Menge an Material reduziert, das für die Stromproduktion zur Verfügung steht. Beim EnverVault-Design fließen die Elektrolyte dagegen durch eine Kaskade von Zellstapeln, mit einem zunehmend geringeren Ladezustand. Durch die Optimierung der jeweiligen Membran für einen bestimmten Ladezustand kann die EnerVault-Batterie die Energiedichte im Vergleich zu einer herkömmlichen Flow-Batterie jedoch erhöhen.

Im Jahr 2009 bereitet EnerVault seine erste Finanzierungsrunde vor, um die Mittel für den Bau einer Demonstrationsanlage zu beschaffen. Das Unternehmen schätzt, einen Preis von rund 100 $/kWh erreichen zu können, wobei der Preis auch weiter fallen könnte, sobald die Produktion ausgebaut wird. Tatsächlich gelingt es Anfang 2010, Risikokapital in Höhe von 3,5 Mio. $ von Oceanshore Ventures und US-Invest LLC zu bekommen.

EnerVault hatte zuvor schon einen 650.000 $ Zuschuß von der New York State Energy Research and Development Agency (NYSERDA) erhalten, für den die Firma Ascension Industries aus New York ein erstes integriertes Prototyp-System herstellt und liefert, das die Kerntechnologien von EnerVault demonstrieren soll. Anfang 2011 ist das Design der Prototyp-Batterie abgeschlossen, das im Folgejahr als in einem Demonstrationsprojekt umgesetzt werden soll. Auf den Markt kommen will das Unternehmen dann im Jahr 2013.

Inzwischen werden auch erste technische Details bekanntgegeben. Demzufolge besteht die EnerVault-Konstruktion aus zwei großen Tanks, von denen jeder eine unterschiedliche Mischung aus Energiespeichermaterial und Elektrolyt enthält. Einer der Elektrolyte-Tanks enthält Eisen als Energiespeichermaterial, während der andere Tank mit Chrom befüllt wird. 

Bei EnerVaults Kaskaden-Design sind mehrere Zellen so angeordnet, daß die Elektrolytlösung entlang des gleichen Weges aus einem Zellcluster zu einem anderen fließen kann. Dabei verwendet das System Membranen mit unterschiedlicher Durchlässigkeit, was die Sicherheit verbessern und die Kosten senken soll. Außerdem wird auch ein neues Elektrolyt-Pumpsystem entwickelt, um die Effizienz des Lade-und Entlade-Zyklus zu verbessern. Es soll mehrere tausend Stunden lang halten und ggf. innerhalb weniger Stunden ersetzt werden können. Die geringe chemische Aggressivität des Eisen-Chrom-Paares soll auch die Lebensdauer der Batterie verbessern.

Das Unternehmen hat zwischenzeitlich einen Prototypen fertiggestellt und plant nun, im dritten Quartal 2012 auf einer Mandelfarm in der Nähe der Stadt Turlock im kalifornischen Central Valley ein Demonstrationsprojekt zu installieren. 

Die 250 kW Anlage aus 20 Modulen wird in der Lage sein, 1 MWh Energie zu speichern, um damit die Bewässerungspumpen der Farm zu versorgen. Das durchführende Unternehmen Raytheon Ktech wird das Batteriesystem mit einer 180 kW Solaranlage kombinieren, und das US-Energieministerium (DOE) einen Anteil von 4,76 Mio. $ des etwa 9,52 Mio. $ kostenden Projektes übernehmen. Dieses beinhaltet auch die Technologie-Entwicklung von Zellen im Labormaßstab (15 x 15 cm) und in einem 20-Schichten-Stapel, zu einem 2 - 5 kW Prototyp-System, dann einem 30 kW Alpha-System und schließlich zu einem 250 kW Beta-Systems.

Der Erfolg des Demonstrationsprojekts wird entscheidend sein, um die Technologie auf den Markt bringen zu können, wofür das Unternehmen allerdings noch wesentlich mehr Mittel benötigt. Immerhin gilt die Eisen-Chrom-Redox-Flow-Technologie als eine der zukunftsträchtigsten – wegen der sehr niedrigen Kosten und der fast unbegrenzten Verfügbarkeit der Elemente Eisen und Chrom.

Im Februar 2012 meldet EnerVault den erfolgreichen Abschluß einer Finanzierungsrunde B, bei der 15,5 Mio. $ in die Kasse fließen. Insgesamt hat das Unternehmen damit bis zu diesem Zeitpunkt von den Investoren Mitsui Global Investment, Total Energy Ventures, 3M Company, TEL Venture Capital, Commercial Energy of California sowie den beiden zuvor genannten 24,5 Mio. $ bekommen. Mitte des Jahres nimmt das Unternehmen in seinem Labor eine 30 kW Demonstrationsanlage in Betrieb. Die Testgeräte, um die einzelnen Leistungseinheiten zu qualifizieren, werden wiederum von Ascension Industries hergestellt – als Teil des ARRA Speicher-Demonstrationsprogrammms des DOE. 

Die Fertigstellung des ersten kommerziellen 1 MWh Projekts in Turlock, bei dem 250 kW Strom für vier Stunden ins Netz der Pacific Gas & Electric fließen werden, erfolgt endlich im Januar 2014. Die Inbetriebnahme soll im Frühjahr erfolgen und es wird erwartet, daß das System eine Gesamteffizienz von mehr als 60 % erreicht. Auf Grundlage der Investitionskosten des Projekts hofft das Unternehmen in die Nähe der Kostenziele des DOE für Redox-Flow-Batterien im kommerziellen Maßstab zu kommen. Deren ,magische Zahl’ beträgt bei den Kapitalkosten 250 $/kWh bzw. bei den Energie-Gestehungskosten 0,20 $/kWh.

Im Februar gibt EnerVault eine Kooperationsvereinbarung mit der Firma NORAM bekannt, einer spezialisierten Engineering- und Prozeß-Design-Firma, um die Produktion der kommerzialisieren Eisen-Chrom-Redox-Flow-Batterien zu skalieren und zu kommerzialisieren. Als Zulieferer wird im März die schon bekannte Firma Ascension Industries ausgewählt.


Polysulfid-Bromid-Redox-Flow-Batterie


Dieses System soll sich besonders für Anwendungen mit Entladezeiten bis zu mehreren Stunden im MW-Leistungsbereich eignen. Der Aufbau einer Polysulfid-Bromid-Redox-Flow-Batterie ähnelt dem des Vanadium-Systems, allerdings sind die Elektroden bipolar ausgeführt und die Elektrolyte bestehen aus konzentrierten Natriumbromid- (NaBr) und Natriumpolysuflid (Na2Sx)-Lösungen. Als Separator für die beiden Elektrolyten dient eine Polymermembran, die aber für Na+-Ionen durchlässig ist. Der Wirkungsgrad dieses Batteriesystems liegt über 75 %, während die Energiedichte 25 - 50 Wh/kg beträgt.

Dieses Batteriekonzept wird erstmals im Jahr 1984 von der US-Firma Remick Co. vorgeschlagen, damals in der Variante als Natrium-Polysulfid/Brom-Redox-Flow-Batterie.

Das Polysulfid-Bromid-System wird sowohl im Labor als auch in Form einiger Pilotsysteme erfolgreich getestet und in den 1990er Jahren zuerst in England und dann in Deutschland durch RWE Innogy, inzwischen eine Tochter des Energieversorgers RWE, bis zur Marktreife geführt. Zwischen 2001 und 2003 wird dann zwar mit dem Bau erster Demonstrationsanlagen mit 5, 20 und 100 kW begonnen, die jedoch aufgrund zahlreicher technischer und terminlicher Probleme nie fertig gestellt werden.

Eigentlich soll sogar ein 15 MW/120 MWh System im Little Barford Kraftwerk in Großbritannien installiert werden, sowie ein 12 MW/120 MWh System an die Tennessee Valley Authority (TVA) in den USA geliefert werden, doch es erweist sich, daß die Technologie noch nicht ausgereift ist, weshalb beide Projekte gestrichen werden.


Im Januar 2014 veröffentlicht Hantao Zhou vom Northeast Institute of Geography and Agroecology in Peking einen Text mit dem äußerst ausführlichen Titel ,A comparative study of carbon felt and activated carbon based electrodes for sodium polysulfide/bromine redox flow battery’, doch sonst scheint sich niemand mehr für diesen speziellen Batterietyp zu interessieren.

 

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