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WINDENERGIE

Propellerbetriebene Fahrzeuge


Nicht vom Wind betriebene, aber durch Windrotoren bzw. Propeller angetriebene Fahrzeuge gibt es auch auf dem Boden. Ich möchte an dieser Stelle einige ausgewählte Fahrzeuge und Geräte nennen, um die Gesamtpräsentation abzurunden.


Als erste sind die ab 1903 in Rußland entwickelten Aerosani zu nennen, die auch als Luftschlitten oder Propellerschlitten bekannt und noch heute in Gebrauch sind.

Propellerschlitten Arbes-II

Propellerschlitten Arbes-II

Für Russland mit seinen grenzenlosen Weiten, die oft über viele Monate eingeschneit sind, erweist sich die Konstruktion als sehr wertvoll, und eine Reihe von Gebieten im Norden des Landes werden erst durch diesen mechanischen Transportschlitten überhaupt zugänglich. Auf dem Foto ist ein Schneemobil namens Arbes-II aus dem Jahr 1922 zu sehen.

Die Schneemobile mit Propellerantrieb zur Fortbewegung auf Schnee und Eis fahren auf drei bis vier Kufen und sind zumeist mit einem Druckpropeller ausgestattet, der von einem Verbrennungsmotor angetrieben wird. Ihre Geschwindigkeit beträgt, je nach Stärke des Motors und Beladungszustand, 25 – 140 km/h.

Produziert werden dieses Transportmittel in Russland, der Sowjetunion, Finnland, Großbritannien, Kanada, Norwegen und der Schweiz. Im sowjetisch-finnischen Winterkrieg sowie im Zweiten Weltkrieg werden Aerosani von der Roten Armee verwendet, in letzterem aber ebenfalls von der deutschen Wehrmacht.

Ein von der Staatlichen Finnischen Flugzeugfabrik hergestellter Propeller-Motorschlitten wird auch während der Deutschen Grönlandexpedition von Alfred Wegener im Jahr 1930 eingesetzt. Während heutige Modelle teilweise im Leichtbau konstruiert werden, lassen sich im Netz auch Myriaden an Bildern der abenteuerlichsten Umbauten finden, die im Laufe der vergangenen Dekaden zum Einsatz kamen.

Die wohl erste Lokomotive, die von einem Zweiblatt-Propeller angetrieben wird, läßt sich im Jahr 1919 Dr.-Ing Otto Steinitz aus Berlin patentieren, der in den 1920er Jahren als Autor von Kfz-Fachbüchern bekannt wird.

Der Prototyp der Dringos-Lokomotive wird 1919 unter Lizenz von der Luftfahrtgesellschaft in Grunewald, einem damaligen Vorort von Berlin, zusammengebaut und macht im Mai seine erste größere Testfahrt vom Grunewald bis zu den Heilstätten Beelitz, eine Strecke von etwa 50 km. Mit an Bord sind 40 Personen, darunter Regierungsbahnvertreter und Parlamentarier.

Der Antrieb durch den 6-Zylinder-Flugzeugmotor aus Militärbeständen beschleunigt das Gefährt auf ca. 90 km/h, schneller geht es nicht – wegen Bedenken gegenüber dem primitiven Fahrwerk, einem umgebauten Güterwagen, dem unzureichenden Bremssystem des Prototyps sowie der Qualität der Gleisanlagen.

Schienenzeppelin

Schienenzeppelin

Wesentlich bekannter ist der deutsche Schienenzeppelin, ein propellergetriebener Schnelltriebwagen, der im Juni 1931 seine Jungfernfahrt von Berlin nach Hannover absolviert. Der Luftschiffbauer Franz Kruckenberg konzipiert das Fahrzeug ursprünglich als Hängeschnellbahn, verlegt es dann jedoch auf die Schiene, als sich für den Bau einer Versuchsstrecke keine Geldgeber finden lassen.

Der von einem 550 PS starken BMW VI Flugzeug-Benzinmotor angetriebene Schienenzeppelin erreicht auf der Strecke Berlin – Hamburg zeitweise eine Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h und hält diesen Geschwindigkeitsweltrekord über 20 Jahre.

Die Serienreife erreicht das auch heute noch futuristisch anmutende Fahrzeug aber nicht. Der leicht nach unten geneigte vierblättrige Holzpropeller-Antrieb am Heck verursacht zu viele Turbulenzen, die sich vor allem in den Bahnhöfen als störend erweisen, da das Gefährt sehr viel Staub aufwirbelt. Äußerst nachteilig wirkt sich auch aus, daß bei den Probefahrten den anwesenden Ehrengästen die Hüte von den Köpfen geweht und die Frisuren der Damen derangiert werden...

In den Jahren 1929 und 1930 fährt auf einer Teststrecke nahe Glasgow das Railplane genannte Gefährt des schottischen Ingenieurs George Bennie. Das stromlinienförmige Fahrzeug hängt an einer Schiene und wird von zwei 4-Blatt-Propellern am Bug und Heck angetrieben. Ich stelle es im Kapitel über Einschienenbahnen ausführlich vor (s.d.).

Bereits beim Brookland-Rennen im Jahr 1911 beteiligt sich ein Motorwagen mit Propellerantrieb, und von 1912 stammt das Auto Aero mit Heckpropeller des französischen Count Bertrand de Lesseps – das ein Einzelstück bleibt -, doch zwischen 1913 und 1926 baut der ebenfalls französische Ingenieur Marcel Leyat immerhin 23 (o. 30) Stück eines propellerbetriebenen Straßenfahrzeugs namens Helica, von denen heute immerhin noch zwei Stück existieren – genauso wie ein Fanclub, der auch nach 100 Jahren noch sehr umtriebig ist.

Ursprünglich als dreirädriges Gefährt konstruiert, wechselt Leyat nach mehreren Unfällen zu einer vierrädrigen Bauweise.

Helicron No. 1

Helicron No. 1

Einige der Fahrzeuge werden stromlinienförmig auf Geschwindigkeit getrimmt, so daß eines von ihnen im Jahr 1927 im Autodrome de Linas-Montlhéry nahe Paris sogar einen für damalige Verhältnisse unglaublichen Geschwindigkeitsrekord von 171 km/h erzielen kann.

Eine Neuauflage erlebt dieser Autotyp im Jahr 1932 in Form des Helicron No. 1 – von dem aber nur ein einziges Exemplar gebaut wird.

Das Fahrzeug wird im Jahr 2000 in einer Scheune in Frankreich entdeckt, seinem Herkunftsland. Der Wagen wird daraufhin nach Nashville, Tennessee, transportiert, wo er von den Experten des Lane Motor Museum liebevoll restauriert und anschließend ausgestellt wird. Der fehlende Originalmotor wird durch einen Citroen GS Motor von 1960 ersetzt, mit dem das Schmuckstück 120 km/h erreicht.

In der Septemberausgabe 1931 des Magazins Modern Mechanix wird das propellerbetriebene Auto des Berliner Luftfahrtingenieurs Emil Sohn vorgestellt.

Die etwas befremdlich wirkende Erfindung soll mittels eines Flugzeug-Motors und eines Doppelpropellers an der Rückseite eine hohe Flexibilität bei der Steuerung erreichen.

Die Propeller sind horizontal angeordnet, wobei die Windströmung durch verstellbare Leitschaufeln wie die Schaufeln einer Dampfturbine geleitet wird. Die leistungsstarke Windströmung neigt dazu, das Auto mit einer enormen Geschwindigkeit vorwärts zu bewegen, wenn die Flügel auf ,vorwärts’, d.h. schräg in Richtung der Rückseite eingestellt werden. Werden die Flügel dagegen nach vorne geneigt, schieben sie das Auto rückwärts.


Propeller-Fahrrad
(1936)

Auch propellerbetriebene Fahrräder sind nicht neu. Bei meiner Recherche fand ich mehr als 100 Jahre alte Umsetzungen, wie z.B. das Fahrrad des Italieners Alessandro Anzani von 1906 - oder die Erfindung eines Franzosen, der in Paris damit herumfährt und sogar in dem US-Magazin Modern Mechanix vom November 1936 vorgestellt wird, leider ohne weitere Angaben zur Person.

Ebenfalls im Magazin Modern Mechanix wird im Oktober 1937 ein mittels Propeller bewegtes dreirädriges Gefährt vorgestellt, das ein junger Mann in Fairbanks, Alaska, aus ausrangierten Flugzeugteilen und einem alten Fahrrad gebastelt hat.

Der Körper des Air Powerd Trike ist beispielsweise aus dem umgekehrten Schwanz eines Flugzeugs gemacht.

Mit einem alten 2-Zylinder-Motor und dem kleinen Aluminiumpropeller, der direkt hinter dem Fahrer befestigt ist, erreicht das 2,4 m langen Dreiradfahrzeug eine Geschwindigkeit von 24 km/h.

Legendär ist der futuristische Schlörwagen (Göttinger Ei) aus dem Jahr 1939, der auf der Autobahn bei Göttingen getestet wird. Die Strömungsforscher der Aerodynamischen Versuchsanstalt Göttingen (AVA) hatten ein Auto mit der zu ihrer Zeit wohl konsequentesten Umsetzung der Aerodynamik im Fahrzeugbau entwickelt.

Schlörwagen

Schlörwagen (1943)

Der Name des Experimentalautos geht auf den deutschen Ingenieur Karl Schlör zurück, der einen Wagen mit besonders niedrigen Verbrauch haben wollte, in dem eine ganze Familie Platz hat – ein Konzept, das in der Zeit von Klimawandel und Energiekrise äußerst modern anmutet.

Für besonders viel Aufsehen sorgen die Fahrversuche, nachdem der Schlörwagen im Jahr 1943 einen gigantischen sowjetischen Beutepropeller aufmontiert bekommt, der von einem wassergekühlten 5-Zylinder-Flugzeugmotor mit 100 oder 125 PS angetrieben wird.

1938 schraubt die süddeutsche Firma Maybach einen 7-Zylinder Flugzeugmotor mit 3-Blatt Propeller an bzw. auf eine edle Spohn-Karrosserie; es gibt mit Propellern angetriebene Messerschmitt-Roller; und mit der Antriebstechnologie wird von Argentinien bis Rußland experimentiert...

Etwa im Jahr 1953 kommt die Idee auch bei den zwei Konstrukteuren Eugenio Grosovich und Gianfranco Bricciaus in Argentinien an, die daraufhin ein Mobil bauen, dessen 175 cm durchmessender 2-Blatt Rotor aus einer Aluminium-Magnesium-Legierung von einem Chevrolet-Sechszylinder angetrieben wird.

Als Höchstgeschwindigkeit werden mehr als 160 km/h angegeben, wobei sich die schlappe Beschleunigung unterhalb von 60 km/h als gravierender Nachteil erweist. Abgesehen davon, daß der Wagen im Vorbeifahren den Männer die Hüte vom Kopf bläst und den Frauen die Röcke um die Ohren wehen läßt, was zu einigem Aufsehen führt.

Der im Oktober 1955 im Magazin Mechanix Illustrated vorgestellte Aerocar sollte eigentlich für den Massenmarkt in Kalifornien angeboten werden, doch der ungeschützte Propeller bildet eine zu große Gefahr für Fußgänger und Passanten, so daß von dieser Idee bald wieder Abstand genommen wird und es bei dem einem Prototypen bleibt – obwohl es auch Fotos dieses Wagens mit einem umkleideten, dreiflügligen Propeller gibt.

Jetstream

Jetstream

Aus dem Jahr 1956 ist der Selbstbau-Propellerwagen eines Clifford Robins aus Yeovil, England, bekannt, der diesen nur 560 $ gekostet haben soll - und beachtliche 110 km/h schafft.

Dreißig Jahre später sehen die Designs schon ganz anders aus, wie beispielsweise ein 1985 aus Fiberglas und Polyurethan-Verbundwerkstoffen gebautes Einzelstück, das aufgrund seines 400 cm3 Chevrolet-Motors allerdings sehr laut sein soll.

Der Jetstream, der teilweise auch unter dem Namen air car bekannt wird, besitzt einen 6-Blatt Propeller und wird im Januar 2008 auf ebay versteigert - zu einem Startpreis von 10.000 $.

Nicht vergessen werden sollen an dieser Stelle die Luftkissenfahrzeuge (Hovercrafts), die ebenfalls von Propellern betrieben werden – zum einen für den Vortrieb, und zum anderen für den Aufbau des Luftkissens.

Viel Wind also – der gemacht wird... aber auch viel Wind, der genutzt werden will!

Daß zumindest die Idee des rädergestützten Propellerantriebs noch nicht völlig verschwunden ist, belegt eine Meldung vom März 2010.

Der neun Jahre alte Viertklässler Chris Neal bastelt sich für ein Schulprojekt ein entsprechend betriebenes Skateboard – weil ihm mißfällt, sich immer wieder mit dem Bein anschieben zu müssen. Gebaut wird in der Reparatur-Garage seines Onkels.

Der von einer Motorradbatterie versorgte Lüfter beschleunigt das Board auf bis zu 8 km/h.


Wind und Kunst


Die Verbindung zwischen Windkraftwerken und Kunst wird durch unterschiedliche Designs, Bemalungen und/oder Beleuchtungseffekte dargestellt – aber auch durch das Projekt des schottischen Künstlers Alex Hamilton, der von der ScottishPower den Auftrag erhalten hat, die Akzeptanz der Inselbevölkerung gegenüber den Anlagen durch Musik zu erreichen. Durch Schnitte und exakt platzierte und dimensionierte Bohrungen in den Rotorblättern ist es möglich, während der Rotation harmonische Klänge zu erzeugen. Damit soll auch die Umgebung der Windparks oder Einzelanlagen aufgewertet werden.

Eine weitere Alternative sind Aeolius-Harfen (auch Aeolus-, Äols- oder Wind-Harfen genannt), die an den Blattenden angebracht ebenfalls ‚sphärische Töne’ erzeugen. Von Elliott Montgomery initiiert und durch eine Reihe von Künstlern umgesetzt sind dagegen elektrische Versionen, die im Rahmen des Projektes ,Aeolian Electric’ im Oktober 2008 vor dem New Yorker Solar One Zentrum installiert werden, das ‚grüne Energien, die Künste und die Bildung’ unterstützt. Dabei werden die unterschiedlichsten Windrotoren genutzt um Strom für Soundmaschinen zu produzieren.

Singing Ringing Tree Skulptur

Singing Ringing Tree

Ende 2006 wird in der Grafschaft Lancashire in England der Singing Ringing Tree enthüllt, eine Skulptur der Architekten Mike Tonkin und Anna Liu, bei der es in erster Linie um die Beziehung zwischen dem Kunstwerk und dessen Umgebung geht. Der ‚singende und klingende Baum’ besteht aus Röhren aus galvanisiertem Stahl, welche die Energie des Windes in leicht unstimmige, durchdringende chorale Töne wandeln, die auf einem Tonumfang mehrerer Oktaven beruhen und an Orgelpfeifen erinnern.

Während einige der Röhren lediglich strukturelle und ästhetische Elemente darstellen, sind andere längs aufgeschnitten, um die Töne zu produzieren. Die harmonischen Eigenschaften werden dadurch erreicht, daß die Röhren ihrer Größe nach angeordnet, und durch die Implementierung von Löchern an ihrer Unterseite gestimmt werden. Im Jahr 2007 gewinnt die Skulptur den National Award des Royal Institute of British Architects (RIBA) für architekturelle Exzellenz.

Ein technisch ähnliches, strukturell aber anders aufgebautes Modell geht auf den britischen Künstler Luke Jerram aus Bristol zurück, der im Jahr 2009 einen vom Wind bespielten Resonanzraum schafft und 225.000 £ vom Engineering & Physical Sciences Research Council (EPSRC) bekommt, um sein neues Kunstwerk namens ,Aeolus’ zu entwerfen und irgendwo in den windigen Hügeln von Großbritannien zu bauen. Dabei wird Jerram mit dem Institute of Sound and Vibration Research (ISVR) der University of Southampton zusammenarbeiten.

Der akustische Wind-Pavillon verwendet äolische Windharfen, deren winderzeugte Musik die Besucher innerhalb der Installation hören können. Darüber hinaus sollen Hunderte von Sonnenlichtröhren Licht ins Innere transportieren und die optisch-akustische Illusion einer Landschaft aus Licht erzeugen, wobei die Stimmung des Wetters sowie Wolken, Sonne, Morgen- und Abenddämmerung im Einklang mit der Aeolius-Harfe singen werden.

Die Umsetzung im Jahr 2011, die in der Nähe des bekannten ,The Eden Project’ erfolgt, weicht dann allerdings von dem hier abgebildeten Modell ab, da sich der Künstler für die Form eines offenen Torbogens entscheidet.

Chimecco

Chimecco

Später wird die gut klingende Harfe mit ihren 310 polierten Stahlrohren an der Canary Wharf in London aufgestellt.

Eine spektakuläre Skulptur des Künstlers Mark Nixon wird ebenfalls 2011 in einem üppigen Wald in Aarhus, Dänemark, installiert. Die interaktive Skulptur Chimecco ist Teil der Freiluft-Ausstellung ,Sculpture by the Sea’ und hängt unter einer malerischen Holzbrücke, wo ihre 600 Röhren im Wind singen. Diese sind zwischen 12 cm und 3,75 m lang.

Durch ihre versteckte Positionierung unter der Brücke will Dixon erreichen, daß die Besucher sein Objekt überrascht erst durch dessen Töne entdecken, die durch ihre Schritte angeregt werden, falls der Wind gerade nicht weht. Nach der Ausstellung wird die Windharfe für  26.000 € zum Verkauf angeboten.

Der Designer Joseph Kim präsentiert wiederum eine musikalische Innovation für Fahrradfahrer, bei der die Luftströmung mittels kleiner Lenker-Aufsätze genutzt wird, um Töne wie von einer Ocarina zu produzieren.

Die Modulation der sound from wind-Geräte erfolgt über das Drücken von Tasten an den Lenkergriffen, womit man das Instrument wie eine Querflöte spielen kann.

Soll der Ton lauter oder voller klingen, muß man eben etwas kräftiger in die Pedale treten.

Ohne musikalische Töne, dafür aber unaufhaltsam und laut zischelnd, bewegen sich die Wanderskulpturen des holländischen Künstlers Theo Jansen voran, die ich erstmals im Juli 2007 kennenlerne. Sie bestehen in erster Linie aus PVC-Rohren.

Strandbeest Wanderskulptur

Strandbeest

Da es unmöglich ist, den tiefen Eindruck adäquat zu beschreiben, den diese vom Wind angetriebenen Laufmaschinen machen, empfehle ich den Blick auf einen der vielen Video-Clips, die inzwischen im Netz zur Verfügung stehen – z. B. das Video vom Sommer 2007, in dem der Künstler auch ein wenig aus dem Nähkästchen plaudert. Wer sich näher damit befassen möchte, findet auf der Seite weburbanist.com vom Oktober 2008 auch ein etwas ausführlicheres 10-minütiges Video.

Jansens treffend als Strandbeest oder Beach Animals benannte kinetische Kunstwerke, an denen dieser seit 1990 arbeitet, faszinieren durch ihre wahrhaft geniale Luftdruck-mechanische Umsetzung der Windenergie in eine fast schon erschreckend lebendig wirkende Schreitbewegungen. Einen ersten Eindruck mag das ausdrucksvolle Foto von Loek ven der Klis bieten.

Da aber nicht jedermann gerade einen flachen Strand vor der Haustür hat, um selber mit derartigen Vielfüßler-Objekten zu experimentieren, gibt es inzwischen diverse kleine Nachbauten, die batteriebetrieben über den Schreibtisch wandern können. Und auch Jansen selbst macht weiter und baut immer wieder neue Varianten seiner Windschreiter.

Im Jahr 2011 präsentiert er am Strand von Scheveningen beispielsweise ein Strandbeest mit einer Magen-Technologie. Der neue Entwurf beinhaltet eine Art von Bäuchen, die außen an dem Strandbeest befestigt sind, und in die während der Bewegung Luft gepumpt wird. Wenn der Wind später allein nicht ausreicht, um das Objekt zu bewegen, kann der gespeicherte Luftdruck die Maschine antreiben.

LEGO-Strandbeest

LEGO-Strandbeest

Außerdem bietet Jansen Vorlagen für zwei Mini-Strandbeests zum Kauf an, die in Zusammenarbeit mit dem 3D-Drucker-on-demand-Shop Shapeways entwickelt wurden. Für diese ist keine Montage erforderlich, und die voll funktionsfähigen und  beweglichen Tragsysteme sind bereit loszulaufen, sobald sie aus dem Drucker kommen. Sie kosten jeweils nur 100 $, und als zusätzliches Element gibt es für 35 $ einen 3D-druckbaren Windantrieb.

Die Modelle ,Animaris Geneticus Parvus Nr. 5 und Nr. 7’ basieren auf Jansens Arbeit ,The Rhinoceros Nr. 7’ wobei das zweite Modell Nr. 7 spitze Füße hat, im Vergleich zu den flachen Füßen von Nr. 5. Details zu dem Schreitmechanismus gibt es derweil auch – hier z.B. ist eine kurze und klare Animation zu sehen.

Den Beweis dafür, daß sich diese Technologie auch mit LEGO umsetzen läßt, erbringt im Juni 2013 Jason Alleman, der mit seinem ,Amagosa’ ein beeindruckendes postapokalyptisches Handelsschiff im Steampunk-Stil baut.

Das fernsteuerbare Schiff verfügt unter dem Rumpf über mehrere mechanische Beine, die alle beweglich sind und aus einer Kombination aus Lego Power Functions und Lego Technic bestehen. Auf der Seite DK Brickworks gibt es unter dem Stichwort ,Steampunk Walking Ship’ eine Bauanleitung für den abgebildeten beweglichen Unterbau.


Double Spinner Windspiel

Double Spinner

Und damit die ‚Seele’ des Windes nicht zu kurz kommt, die sich schon immer in Windspielen und Windklangspielen ausleben durfte, möchte ich auf die schlicht-schönen Objekte von Lyman Whitaker hinweisen, von denen hier der Double Spinner abgebildet ist.

Es gibt natürlich weltweit viele Hundert Künstlerinnen und Künstler, die den Wind und seine Bewegungsenergie in ihre Objekten integrieren, weshalb die Auswahl hier äußerst subjektiv ist.

Sehr gut gefallen mir die kinetischen Windskulpturen von Anthony Howe, der sein Studio und seine Open-Air-Galerie in Eastsound, Washington, hat. Unter seinen Werken finde ich das Objekt Rooster Rings aus dem Jahr 2007 als besonders gelungen.

Aus der Vielzahl anderer kinetischer Skulpturen möchte ich die Projekte des Künstlers Patrick Marold aus Colorado hervorheben, mit denen dieser im Jahr 2000 startet, als er auf einer Farm nördlich von Reykjavik lebt – und ihn der reichliche Wind und die vielen langen, dunklen Nächte auf die Idee bringen, den Wind zu visualisieren.

Er beginnt mit Lüfterblättern aus dem Kühlschrank und Fahrrad-Dynamos, woraus sich im Laufe der Zeit ein Mini-Windkraftanlagen-Design aus einer 8 m hohen, transparenten Polycarbonat-Röhre, LED-Leuchten und entsprechend großen Anemometerschalen samt Generator entwickelt.

Marolds spätere Installationen, mit denen er auf die Verwendung von sauberer, erneuerbarer Energie und auf unsere Interaktion mit der Landschaft und den Naturkräften hinwesein will, umfassen Hunderte von Mini-Windgeneratoren, die in windige Landschaften gepflanzt werden. Die LEDs leuchten auf Basis der Stärke des Windes, sodaß besonders in der Nacht jede Windströmung sichtbar wird, die durch das Stangenfeld streicht.

Windswept

Windswept

Inzwischen sind Windmühlen-Projekte in Island sowie in Burlington, Vermont, und Vail, Colorado, installiert worden, wobei Marold jeweils zwischen 500 und 3.000 Generatoren verwendet.

Eine Visualisierung, die tagsüber besser zu sehen ist, da sie aus einer Vielzahl kleiner Zeiger besteht, die über die Fassade des Randall Museum in San Francisco verteilt sind, stammt von dem US-Künstler Charles Sowers. Die 2012 erfolgte kinetische Installation Windswept besitzt 612 Aluminium-Wetterfahnen und offenbart überraschende Ergebnisse über die Strömungen und Wirbel, die der Wind macht, während er darüber streicht.

Das Netzwerk verwandelt eine banale und einfallslose architektonische Fassade in ein ästhetisch-wissenschaftliches Instrument in großem Maßstab, das leicht verfolgbare Informationen über die Interaktion zwischen dem Standort und dem Wind vermittelt.

Ebenfalls erwähnenswert ist die Wind Clock des Designers Kim Haagen aus Los Angeles, Kalifornien, der sein Objekt erstmals im Februar 2011 vorstellt. Die Uhr soll eine andere Art von Zeitperspektive ermöglichen, da sich die Zeiger desto schneller drehen, je härter der Wind bläst – um an einem Tag ohne Wind den Zeitablauf völlig zum Stillstand zu bringen.

Im Jahr 2013 entwickelt Haagen als Abschlussarbeit eine weitere Winduhr mit dem Namen Tempo Rubato sowie das Modell eines kleinen Gegenwindfahrzeugs (s.o.).

Hinzuweisen ist ferner auf die Wind Art Travemünde, die zum ersten Mal 2009 stattfindet und vom Verein für Kunst und Kultur zu Travemünde e.V. getragen wird. 2011, im dritten Jahr und zum 100. Geburtstag der Viermastbark Passat, geben die Stadtwerke gemeinsam mit dem Verein die Buchbroschüre ,Mit dem Wind’ heraus. Das von Lübecker Schülerinnen und Schülern verfaßte Ergebnis nennt das Buch der Synergie eine in allen Formen überragende Quelle... vielen Dank!

Aus diesem Kontakt ergibt sich im Jahr 2012 eine weitere Publikation, die fast ausschließlich auf dem vorliegenden Material basiert: Unter dem Titel Zukunft der Energie - Energie der Zukunft wird auf knapp 170 Seiten und gut bebildert eine Auswahl aus den verschiedenen Kapiteln präsentiert, die man gut als Einstieg nutzen kann.

Im Dezember 2012 startet der anderthalbstündige Film von Thomas Riedelsheimer ,Breathing Earth - Susumu Shingus Traum’, in dem es um den für seine Arbeit mit Wind und Wasser international bekannten Künstler Susumu Shingu geht. Sein neuestes Projekt lautet Breathing Earth und ist ein Ort der Inspiration, des Lernens und der Ruhe für alle Menschen, um neue Kraft zu sammeln und Ideen zu entwickeln. Gemeinsam mit seiner Frau Yasuko reist Shingu umher, um Freunde und Sponsoren zu finden und sie zu überzeugen, daß Kunst durchaus ein neues Weltverständnis bewirken kann.


Zum Abschluß noch eine Liste von Songs, die sich explizit mit dem Thema Wind beschäftigen – als kleine Anregung zur musikalischen Untermalung dieser Lektüre.

    - Old Macdonald Had A (Wind) Farm – Traditionelles Lied
    - Wind Beneath My Wings - Bette Midler
    - You Don’t Have To Say You Love Me - Dusty Springfield
    - Summer Breeze - The Isley Brothers
    - Catch the Wind - Donovan
    - Silver Machine - Hawkwind
    - Blowing in the Wind - Bob Dylan
    - Something In The Air - Thunderclap Newman
    - Turbine - Neil Young
    - Wild Is The Wind - David Bowie
    - The (Wind) Power of Love - Jennifer Rush
    - You Spin Me Round - Dead or Alive
    - Turn – Travis


In Australien schafft es ein ‚Farm wheel’-Windrad auf die 50 Cents Münze von 2002 - und seit 2007 wird der 15. Juni eines jeden Jahres der Tag des Windes (Global Wind Day) gefeiert.


Nach dieser geschichtlichen, kulturellen und künstlerischen Betrachtung der Windenergie folgt nun die alphabetische Länderübersicht, wobei in vielen Fällen nur die Anfänge der jeweiligen lokalen Entwicklung notiert werden konnten - während der aktuelle Stand im Netz selbständig zu recherchieren wäre, was inzwischen aber sehr einfach ist.


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