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Sonderformen der photovoltaischen Nutzung

Weitere PV-Sonderstandorte


Ich weiß nicht so recht, was ich von der im September 2009 veröffentlichten und Subterranean Solar (oder SubSolar) genannten Technologie der von Raymond Saluccio in Woodbridge, New Jersey, gegründeten US-Firma EarthSure Renewable Energy Corp. halten soll, bei der die Solarpaneele unterirdisch installiert werden, wo sie die Photonen von einem kompakten optischen Gerät auf einem Dach oder an einem anderen sonnenbeschienenen Ort der Oberfläche über Linsen, Konzentratoren und Glasfaserkabel zugeführt bekommen.

Die SubSolar-PV-Paneele werden dabei innerhalb eines Tanks mit leichtem Vakuum gestapelt, wodurch sie vor Witterungseinflüssen und Verschmutzung geschützt sind und außerdem der sonst erforderliche hohe Flächenbedarf vermieden wird. Zudem bleiben die Solarmodule unter der Erdoberfläche auf natürliche Weise kühler, was sie wiederum produktiver macht. Und letztlich wird damit auch umgangen, daß viele Hausbesitzervereinigungen in den Vereinigten Staaten die Installation von Dachanlagen verboten haben.

Auf jeden Fall ist dieser Standort ca. 3 – 4 m unter der Erde so ungewöhnlich, daß die Technologie der unterirdischen PV-Module einen Platz in dieser Übersicht verdient.

Eine weitere Variante bilden Gartenzäune aus recyceltem PVC mit eingelassenen, von außen nicht sichtbaren PV-Paneelen, die ihr Licht über optische Systeme bekommen, welche an der Oberkante des Zauns installiert sind (S.A.F.E. Fencing System). Daneben möchte die Firma noch mehrere andere Systeme vermarkten: Das Wandlersystem WindAir, das den Abluftstrom herkömmlicher Klimaanlagen nutzt; SEEDS (Solar Energy Enclosed Dumpster System), bei dem Solarpaneele über herkömmlichen Müllcontainern installiert werden; sowie eine Anti-Diebstahl-Technologie namens Solar Alarm System (S.AS), die einen Alarms auslöst, sobald ein Solarmodul bewegt oder angehoben wird.

Saluccio ist auch der Erfinder der genannten und vieler weiterer Systeme. Das SubSolar-Patent läßt sich hier finden: US-Nr. 20110056485, angemeldet 2009, erteilt 2011, inzwischen aber erloschen. Ebenso scheint es der Firma ergangen zu sein, denn später ist nichts mehr von den Innovationen zu hören und auch das Unternehmen ist aus dem Netz verschwunden.


Im Mai 2015 nehmen die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) das „weltweit erste“ Bahn-Solarkraftwerk in Betrieb, dessen Module den Solarstrom direkt in die Fahrleitung der Züge einspeisen. Die 1 MW PV-Anlage soll pro Jahr rund 1,1 Mio. kWh Strom liefern, was genügt, um ca. 200 Züge von Wien nach Salzburg fahren zu lassen. Da die aus rund 7.000 Paneelen besehende Wilfleinsdorf-Anlage mit jedoch als rund 2 ha große Freiflächenanlage errichtet wird, ist sie hier nur als Beispiel genannt worden.

Solar-Trennmauer Grafik

Solar-Trennmauer
(Grafik)


Ein ganz besonderer Solaranlagen-Standort wird im Juni 2017 von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagen, zu dessen Wahlversprechen der Bau einer Trennmauer entlang der 3.200 km langen Grenze zwischen Mexiko und den USA gehörte. Nun regt er während einer Rede in Cedar Rapids im US-Bundesstaat Iowa an, die Mauer mit Solarzellen zu versehen, um sie zu verschönern und erneuerbare Energie für die nähere Umgebung zu produzieren.

Das entsprechende Design hatte die Firma Gleason Partners LLC bereits im April präsentiert, als die Frist für die Bauunternehmen endete, die ihre Entwürfe für die Grenzmauer eingereicht hatten. Es sieht eine doppelte Paneele-Reihe auf der nach Mexiko zeigenden Seite der 15 m hohen Mauer vor, wobei die obere Reihe gekippt werden kann, um eine maximale Effizienz zu erreichen. Der von Gleason angegebene Kostenvoranschlag beträgt 7,5 Mio. $ pro Mauermeile, die sich durch den Verkauf der produzierten Energie in etwa 20 Jahren amortisieren sollen. Tatsächlich wird der Vorschlag in der Solarenergie-Welt umfassend diskutiert, letztlich aber doch nicht – oder noch nicht – realisiert.


Im Oktober 2018 veröffentlicht der britische Investor für erneuerbare Energien Bankset Energy Ltd. Pläne, um weltweit Photovoltaik-Paneele im Gigawatt-Maßstab auf Bahnschwellen zu installieren. Die mit einer patentierten Technologie konstruierten Solarmodule aus Silizium-Zellen und Aluminium werden auf die bestehenden Bahnschwellen aufgesteckt, die zumeist aus Beton, Holz und Stahl hergestellt sind.

Die Entwicklung der Technologie begann im Gründungsjahr 2012 und mit einer Finanzierung in Höhe von 10 Mio. € durch die Bankset Investments Ltd. und andere öffentliche sowie private Investoren aus Großbritannien, China und den USA. Den Investoren gefällt, daß die Solar-Bahnschwellen die bestehende Technologie in ein hochmodernes Energiesystem transformieren, ohne die Infrastruktur zu beeinträchtigen oder Kosten für den Austausch vorhandener Schwellen zu verursachen.

Es werden Pilotversuche durchgeführt – die erste Installation erfolgt 2014 in Bern in der Schweiz auf einem privaten Schienenweg – doch nähere Resultate wurden bisher nicht veröffentlicht. Die Solarmodule sind dem Unternehmen zufolge aber sehr robust, so daß bei den Teststrecken bisher noch keine Mängel aufgetreten seien. Nach eigenen Angaben lassen sich pro Kilometer Gleisanlage, welche mit den Solarmodulen bestückt ist, jährlich 91,6 MWh Strom produzieren.

Versuch der Bankset Energy

Versuch der
Bankset Energy

Im Juni 2018 beginnen die Arbeiten in Deutschland, wo in Sachsen auf einer Gleislänge von 1.000 km Solarmodule mit einer Gesamtleistung von 200 MW installiert werden sollen. Das Projekt soll bis 2019 abgeschlossen sein – und bis 2022 ist eine Ausdehnung auf 10.000 km Schienenwege geplant. Bei einer kompletten Sperrung der Gleise können 1.000 km in ein bis vier Monaten installiert werden, spätere Quellen sprechen hingegen von 100 km in sechs Monaten.

Bezüglich der Reinigung der Module verläßt man sich auf den Regen. Ersatzweise hat das Unternehmen auch eine speziellen Roboterzug entwickelt, der die Schienenwege mit einer Kamera scannt und die Solarmodule nach Bedarf mit einem Wasserstrahlsystem reinigt.

Die Bankset Energy arbeitet auch an Projekten in Großbritannien, Frankreich, den USA, China und Italien. Zudem würden Umsetzungen in Österreich und Spanien vorbereitet. Diese werden entweder von der Bankset Rails Group direkt oder in Zusammenarbeit mit verschiedenen Bahnspezialisten realisiert. Die Solarmodule selbst werden in zwei Fertigungszentren in der Schweiz und in Großbritannien hergestellt, während die Solarzellen aus den USA kommen. Ein weiteres Fertigungszentrum gibt es in China. In einer neuen Finanzierungsrunde sollen nun weitere 300 Mio. € eingesammelt werden.

Im August 2020 legt Johannes Alt an der Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Birmensdorf seine im Netz einsehbare Bachelor-Arbeit mit dem Titel ‚Welches Potenzial hat das Schienennetz für Photovoltaikanlagen?‘ vor, die sich allerdings nur auf die Schweiz bezieht. Demnach sind von der Bankset Energy noch immer keine Anlagen über lange Strecken installiert worden.

Auch ist die Firmen-Homepage auf dem Stand von 2012 eingefroren und weitere Informationen oder Neuigkeiten sind nicht zu finden, bis auf den Versuch im April 2021, Aktien im Wert von 1 Mrd. € zu verkaufen – was die Firma endgültig unseriös erscheinen läßt.


Im Juli 2021 wird über einen Trend in den USA berichtet, aus alten Mülldeponien und anderen kontaminierten Brachflächen moderne Solarfarmen zu machen. Da in der Vergangenheit das Thema korrekte Entsorgung nicht immer so genau genommen wurde,  befinden sich auf den meisten Deponien zahlreiche schädliche Stoffe, die nicht einfach mit Erde zugedeckt und vergessen werden können. Statt dessen werden die Müllkippen abgedichtet und separiert. Außerdem kommen verschiedene Systeme zum Einsatz, um die weiterhin aufsteigenden Gase einzufangen oder unschädlich zu machen.

In der Regel ist es daher unmöglich, die entsprechenden Flächen zu bebauen, was sich nun die Solarbranche zunutze macht und die dementsprechend preiswerten Areale nutzt, um dort ihre Module zu plazieren. Außerdem ist vor Ort oftmals schon eine gewisse Infrastruktur vorhanden.

Andererseits sind bei der Installation von Solarmodulen auf alten Mülldeponien einige Besonderheiten zu beachten. So dürfen dort keine tiefen Löcher gebohrt werden, weshalb die Verankerung der Module nicht auf klassische Art und Weise erfolgen kann. Ebenso müssen die Befestigungselemente und Fundamente anpassungsfähig und leichter sein als bei einer herkömmlichen Bodenmontage. Logischerweise muß zudem darauf geachtet werden, daß eventuell notwendige Instandhaltungsarbeiten an der ehemaligen Müllkippe auch weiterhin durchgeführt werden können.

In den USA haben sich daher einige Firmen bereits auf den Bau von Solarmodulen spezialisiert, die ohne tiefe Verankerung auskommen. Zu diesen Firmen gehört der Montageanbieter Solar FlexRack, der für eine kommunale Solardeponie südlich von Provo, Utah, vor Ort gegossene Gestelle liefert. Das Montagesystem verwendet außerdem leichtere Ballast-Montagesysteme mit internen Verstrebungen und weniger Komponenten als eine typische Solarhalterung.

Berichten vom August zufolge verfolgt die US-Umweltschutzbehörde im Rahmen ihrer Initiative ‚RE-Powering America’s Land‘ die Installation von Solaranlagen auf Mülldeponien. Dabei wurde in den letzten fünf Jahren ein Anstieg der Installationen um 80 % verzeichnet, wobei fast 70 % dieser Anlagen über eine Kapazität von 1 MW oder mehr verfügen. Mit 30 % der landesweiten Deponieprojekte ist derzeit Massachusetts führend in diesem Bereich.

Als Beispiele für bereits umgesetzte Projekte seien das 4,7 MW Projekt in der Stadt Spanish Fork im US-Bundesstaat Utah oder die oben abgebildete 4,5 MW Navisun-Solarfarm auf einer ehemaligen Mülldeponie in Linden, New Jersey, genannt, während zu den aktuell geplanten Projekten die 50 MW Solaranlage Sunnyside auf einer 240 ha großen Mülldeponie in Houston, Texas, gehört, die bis Ende 2022 in Betrieb gehen soll.


Nach diesen Sonderform der photovoltaischen Nutzung folgt nun ein Überblick über die jüngsten wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen auf dem Sektor der Solarzellen. Denn schon seit langem wird neben der Optimierungsarbeit an den konventionellen Silizium-Solarzellen auch noch an vielen anderen und sehr unterschiedlichen Materialien und Materialkombinationen geforscht. Die Auflistung der mir bislang bekannt gewordenen Solarzellentypen erfolgt alphabetisch.

 

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