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Vor allem im Obstbau hat die Kombination von landwirtschaftlicher
Produktion und Solarstromerzeugung ein großes Potential. Die BayWa
r.e. Solar Projects GmbH (BayWa r.e.), ein Solarprojektentwickler
mit Sitz in Berlin, zeigt, wie dies funktionieren kann – und wie die
Agrivoltaik zur ‚Fruitvoltaic‘ wird.
Die Firma führt 2019 erste Testversuche mit Himbeeren durch, und 2020 werden die Untersuchungen in Zusammenarbeit mit der Wageningen University & Research auf weitere Pilotprojekte ausgeweitet. Diese sollten in erster Linie die Effizienz der Kombination von Solaranlagen mit dem Anbau verschiedener Arten von Beerenobst, einschließlich der roten Johannisbeeren testen. Die Ergebnisse zeigen, daß dank der PV-Anlagen günstigere, niedrigere Temperaturen für die Pflanzen erzeugt, und diese außerdem vor ungünstigen Wetterbedingungen geschützt werden.
Ebenfalls im Jahr 2020 wird auf der Plantage von Landwirt Piet Albers in Babberich im niederländischen Gelderland die erste Fruitvoltaic-Anlage für Himbeeren mit einer Leistung von 2,67 MW realisiert, die sich über 3,3 ha erstreckt.
Statt den üblichen transparenten Folienbogentunneln sind mehrere Reihen der Himbeersträucher auf 2,50 m Höhe mit Solarmodulen überdacht, und damit vor Hagel, Starkregen oder extremer Hitze geschützt. Dazu entwickelt die BayWa r.e. ein spezielles Montagesystem, in welches die 2 m langen Solarmodule integriert sind, die sich jeweils 10° nach Osten bzw. Westen neigen und jeweils zwei Reihen Himbeersträucher überdachen. Die Aufnahmen für die Drähte, an denen die Pflanzen nach oben ranken sind integriert.
Zwischen den Modulreihen wird jeweils ein schmaler Abstand gelassen, der quasi als Kamin fungiert und die feuchte Luft abführt, um der Schimmelbildung an den Beeren vorzubeugen. Ein kleines Netz, das daran hängt, streut und verteilt den Regen. Auf diese Weise soll eine Schädigung der Himbeeren, welche am Rand der Lücke hochwachsen, durch schwere Regentropfen verhindert werden.
Damit genügend Licht zu den Pflanzen durchkommt, werden speziell angefertigte semitransparente kristalline Module verwendet, bei denen die Solarzellen mit einem größeren Abstand zueinander zwischen den Glasscheiben laminiert sind. Auf diese Weise lassen sie etwa 25 % des Sonnenlichts zu den Himbeeren durch. Zu Vergleichszwecken wird ein Teil der Himbeeren mit normalen Standardmodulen überdacht, welche nur etwa 10 % des Lichts durchlassen.
Die ersten Ergebnisse klingen positiv: Zwar liegen die Erträge unter den semitransparenten Modulen um circa 20 % niedriger als unter den Folientunneln, und unter den klassischen Modulen gehen sie sogar um die Hälfte zurück, doch ein positiver Nebeneffekt ist, daß in beiden Fällen ein Sonnenbrand der Pflanzen verhindert wird, den sie unter den Folientunneln häufig bekommen.
Weitere positive Nebeneffekte sind, daß die Erntearbeiten berechenbarer und kontinuierlicher durchgeführt werden können, weil die Durchschnittstemperatur unter den Modulreihen rund 5°C geringer ist, und daß Erntearbeiter auch zur Mittagszeit arbeiten können, da die Temperaturen in der Plantage erträglicher sind. Am heißesten Tag des Jahres ist es unter den PV-Modulen sogar 10°C kühler. Und am nassesten Tag bleiben die Pflanzen trocken.
Der wohl wichtigste Vorteil ist aber, daß die Modulaufständerung 30 Jahre lang hält, während die Folientunnel alle sechs Jahre ausgewechselt werden müssen (und eine Menge Müll bedeuten).
Im nächsten Schritt soll die gesamte, 3 ha große Himbeerplantage auf Agriphotovoltaik umgestellt werden, was einer Anlagengröße von 3 MW entspricht. Um die Ernteerträge weiter zu optimieren sollen dabei Module verwendet werden, die etwas mehr Licht durchlassen. Die BayWa r.e. arbeitet daher an der Entwicklung neuer Halbzellen-Module mit einer Lichtdurchlässigkeit von 33 %.
Als der Veranstalter der The smarter E Europe im Juli 2021 die diesjährigen Preise für herausragende Ökostromprojekte vergibt, gewinnt die Agriphotovltaik-Anlage einen der Preise in der Kategorie ‚Herausragende Projekte‘.
Im Jahr 2019 erhält die 9,6 ha große Farm in Familienbesitz Jack’s
Solar Garden südlich von Longmont eine Förderung durch des National
Renewable Energy Laboratory (NREL), um als Standort für
das größte Agriphotovoltaik-Forschungsprojekt in den USA zu dienen.
Das Projekt soll zu einem Modell für Landwirte entlang der Front
Range sein, wie man erneuerbare Energie erzeugt und gleichzeitig
die landwirtschaftliche Produktion mit Hilfe der Agriphotovoltaik
verbessert.
Das NREL ist als Projektleiter und technischer Unterstützer beteiligt, während die Colorado State University Desktop- und Feldstudien durchführt. Die University of Arizona und die Firma Sprout City Farms sind ebenfalls beteiligt.
Der ursprüngliche Vorschlag für das Untersuchungsgebiet ist recht bescheiden und umfaßt nur einen Hektar, der mit verschiedenen Gemüsesorten bepflanzt wird. Dazu kommt ein neues Regenwasserverteilungssystems, das den Abfluß von den Sonnenkollektoren nutzt. Tatsächlich entsteht dann sogar ein 2 ha großer 1,2 MW ‚Solargarten‘ mit über 3.200 Solarpaneelen. Die Audubon Society of the Rockies wird hier in den nächsten Jahren rund 1.800 Sträucher, Büsche und Bäume pflanzen.
Jack’s Solar Garden arbeitet zudem mit dem Colorado Agrivoltaic Learning Center zusammen, einem gemeinnützigen Projekt des Colorado Nonprofit Development Center, um Studenten und Gemeindemitgliedern saubere Energie, lokale Lebensmittel und verantwortungsvolle Landnutzung durch Agriphotovoltaik näher zu bringen. Im Jahr 2021 baut der Farmbesitzer Byron Kominek die ersten Pflanzen unter seiner agrivoltaischen Anlage an – 30 verschiedene Pflanzen, zusammen mit Präriegräsern und Wildblumensamenmischungen.
Im März 2020 wird der Obsthof für rote
Johannisbeeren von Rini
Kusters in Wadenoijen in den Niederlanden mit mehr als 4.500
PV-Paneelen zu einer vollwertigen 1,2
MW Solarstromquelle ausgebaut. Die oben erwähnte BayWa r.e.
und ihr niederländisches Tochterunternehmen GroenLeven hatten die
Anlage im Vorjahr zunächst als Pilotprojekt errichtet. Unter den
Modulen befinden sich insgesamt 4.500 Johannisbeersträucher, die
23 Tonnen Ernte pro Jahr einbringen.
Bis 2025 will die BayWa r.e. im Bereich der Agriphotovoltaik insgesamt 250 MW installieren. Unter anderem mit Apfelbauern wird bereits an einer Reihe von weiteren Agri-PV-Projekten gearbeitet.
Total Quadran, der französische Geschäftsbereich
für erneuerbare Energien des Mineralölunternehmens Total
SA, tut sich im März 2020 mit der landwirtschaftlichen
Genossenschaft InVivo Group zusammen, um im Bereich
der Entwicklung von Solaranlagen für die Landwirtschaft zu kooperieren.
Die Partnerschaft sieht die Gründung einer Forschungs- und Entwicklungseinheit vor, die die Möglichkeiten für die Installation von Solar-Photovoltaik-Kapazitäten auf landwirtschaftlichen Flächen erforschen und spezifische wirtschaftliche Modelle für die Umsetzung von Agriphotovoltaik-Systemen entwickeln soll. Im ersten Schritt werden 200 ha landwirtschaftliche Flächen identifiziert, die sich für derartige Projekte eignen.
Die Partnerschaft entspricht dem Ziel von Total Quadran, bis zum Jahr 2025 fast 500 MW PV-Kapazität auf landwirtschaftlichen Flächen zu installieren, die den Bedarf von mehr als 500.000 Menschen decken kann. Bislang scheint aber noch nichts umgesetzt worden zu sein.
Im August 2020 soll in Perpignan, Frankreich, unter
dem Motto ‚Launching Agrivoltaics World-Wide‘ die 1. Internationale
Konferenz zu agriphotovoltaischen Systemen stattfinden.
Organisiert wird die AgriVoltaics2020 vom französischen Institut National de la Recherche Agronomique (INRA), dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE und der PSE Conferences & Consulting GmbH aus Freiburg. Wegen der Corona-Einschränkungen wird die dreitägige Konferenz allerdings auf Mitte Oktober verschoben und findet mit mehr als 350 Teilnehmer aus 38 Ländern online statt.
Die lebhaften Diskussionen und der Erfahrungsaustausch unter den Fachleuten aus der ganzen Welt machen deutlich, daß es viel voneinander zu lernen gibt. Dies ist wenig überraschend, da die Agriphotovoltaik in einigen Regionen bereits eine gut etablierte Technologie ist, während das Konzept in den meisten Ländern noch weitgehend unbekannt ist und es keine oder nur sehr wenige kleine Prototypen gibt. Was wiederum kein gutes Licht auf den weltweiten Informationsaustausch im Bereich der Erneuerbaren Energien wirft – und das Buch der Synergie umso wichtiger macht.
Der größte Solarbaum der Welt, entwickelt vom Central
Mechanical Engineering Research Institute (CSIR) in Indien,
wird im September 2020 enthüllt – und bekommt viel
Presse, weil er nicht nur gut aussieht, sondern auch genau in die
aufkommende Solar-plus-Agrar-Bewegung paßt.
Die Leistung des mit 35 Solarpaneelen bestückten Solarbaums liegt bei über 11,5 kW und ist auf die Bedürfnisse der Landwirte in Indien zugeschnitten. Erste Designs waren bereits 2013 entwickelt worden, gefolgt von drei Demonstrations-Bäumen Mitte 2016 und einem Prototyp 2019.
In den Übersichten zur Entwicklung der photovoltaischen Nutzung habe ich schon mehrfach auf Solarbäume hingewiesen, die zumeist aber wesentlich bescheidenere Größen haben, wie z.B. die Mini-Ausführung des britischen Designers Ross Lovegrove, die er im September 2007 auf der Design Week in Milano vorstellt – oder das Handy-Ladegerät in den Maßen eines Bonsai-Bäumchens des französischen Designers Vivien Muller von 2010, um nur zwei aus einer sehr langen Reihe von Konzepten und Umsetzungen zu nennen.
Die Solarbäume des CSIR sind so konstruiert, daß sie möglichst wenig Schatten werfen. Sie sollen für eine breite Nutzung in der Landwirtschaft zur Verfügung stehen, wie beispielsweise Hochleistungspumpen, E-Traktoren und Elektro-Bohrgerät. Darüber hinaus könnensie an das Stromnetz angeschlossen werden, so daß die Landwirte mit überschüssiger Energie ein zusätzliches Einkommen erzielen können.
Nicht ganz nachvollziehbar ist die Aussage des CSIR, daß der Solarbaum im Vergleich zu einer herkömmlichen Solaranlage „nur 1 % der Fläche verbraucht, (dafür) aber 100-mal mehr Solarstrom liefert.“
Der Solarentwickler Lightsource bp (LSbp) mit Hauptsitz
in San Francisco beginnt im September 2020 mit dem
Bau eines bestäuberfreundlichen Solarparks in Kalifornien, der neben
seiner Stromproduktion der Förderung der Artenvielfalt und der Steigerung
der Ernteerträge dienen wird. Das Unternehmen erstellt maßgeschneiderte
langfristige Land- und Umweltmanagementpläne für Solarparks, die darauf
abzielen, Lebensräume für Pflanzen und Wildtiere zu erhalten und zu
entwickeln, um einen Nettogewinn für die lokale Artenvielfalt zu erzielen.
Im Jahr 2017 hatte der britische Ölkonzern BP p.l.c. für 50 Mio. $ einen Anteil von 43 % (andere Quellen: 50 %) an der Firma Lightsource Renewable Energy Ltd. erworben, dem seinerzeit größten Solarentwickler in Europa. Die Vereinbarung beinhaltete die Zusage, weitere 200 Mio. $ in neue Projekte zu investieren. Das kombinierte Unternehmen wurde zur Lightsource bp, das sich dafür rühmt, daß „Kleinviehhaltung und Bienenzucht an (unseren) Solarstandorten auf der ganzen Welt üblich sind.“
In Vorbereitung darauf hatte sich die Lightsource schon November 2014 mit der University of Northampton und dem Moulton College für eine zweijährige Studie zusammengetan, in deren Verlauf auch Online-Toolkit erstellt werden soll, das Landwirten und Landbesitzern bei der Entscheidung helfen kann, ob die Installation von Solarenergie nachhaltig ist oder nicht. Die Firma hatte festgestellt, daß ein echter Mangel an glaubwürdigen Informationen für ländliche Unternehmen besteht, die eine Diversifizierung mit Solarenergie erkunden wollen.
Im weiteren Verlauf wurden erstmals 2015 am Solarpark Wilburton gemeinsam mit einem örtlichen Bienenzüchter zehn Bienenstöcke aufstellt. Der Erfolg war so groß, daß das Unternehmen weitere Flächen mit Wildblumen bepflanzte und auf einem zusätzlichen Areal vogelfreundliches Saatgut aussäte. Fünf Jahre nach der Entscheidung, Bienenstöcke aufzustellen, beherbergen die mehreren involvierten Lightsource-Standorte rund eine Million Bienen, die jährlich etwa 1.000 Gläser Honig ernten.
Das nun entstehende, 36,4 ha große 16,5 MW Projekt Wildflower Solar in Rio Linda, etwa 16 km nördlich von Sacramento, wird in Zusammenarbeit mit Ökologieexperten entwickelt und im Rahmen des Neighborhood SolarShares-Programms des Sacramento Municipal Utility District (SMUD) umgesetzt, der einer der größten gemeindeeigenen und gemeinnützigen Stromversorger in den USA ist und auch den hier produzierten Solarstrom 25 Jahre lang abnehmen wird. Eine endgültige Genehmigung ist noch durch das Sacramento County Board of Supervisors erforderlich.
Das Projekt, dessen früher als Viehweide genutztes Grundstück die Lightsource bp schon im November 2018 gekauft hatte, sieht einachsig nachgeführte Paneele vor. Praktisch ist auch, daß das Grundstück in mehreren Richtungen von Hochspannungsleitungen des SMUD und der Pacific Gas & Electric Co. durchzogen wird. Von einer Umsetzung ist bislang aber noch nichts zu sehen.
Im Mai 2021 erwirbt die Lightsource bp von dem in Palermo ansässigen Beratungsunternehmen HorizonFirm S.r.l. drei Solarprojekte in Italien mit einer Gesamtkapazität von über 156 MW. Die Lightsource bp ist bereits seit 2018 in Italien aktiv. Neben den zwei konventionellen Solarparks Canicatti (40,9 MW) und Torre di Mastro (58,2 MW) in der sizilianischen Provinz Agrigento handelt es sich bei der Transaktion um das 104 ha große 57,4 MW Agriphotovoltaik-Projekt Manfredonia in Apulien. Hier werden in den ersten fünf Jahren verbesserte Lebensräume für Bestäuber und eine Bienenzucht geschaffen, während langfristig 3.700 Olivenbäume am Rande des Geländes gepflanzt werden sollen.
Die Entwickler planen, vor Ort 105 Mio. € in die drei Projekte zu investieren und erwägen, die Solarparks auch mit Energiespeichern zu ergänzen. Alle Projekte sollen im nächsten Jahr in Betrieb genommen werden.
Das erste Agriphotovoltaik-Programm von Lightsource bp in den USA startet im August 2021 in Pennsylvania. In Zusammenarbeit mit Weide- und Ökologieexperten wird auf Nittany 1, einem der drei Solarstandorte, die die Pennsylvania State University (PSU) mit Strom versorgen, die Beweidung mit Schafen eingeführt. Hier läßt jetzt ein benachbarter amischer Landwirt fast 500 Schafe zwischen den Solarpaneelen weiden, wobei er ein Rotationssystem nutzt, um seine Herde zu füttern und das Land zu pflegen.
Der größte Solarpark des Bundesstaates wird außerdem zu einem lebenden Labor die für Studenten der PSU, das sie nutzen können, um Bodenphysik und -gesundheit sowie Entomologie zu studieren und Bestäuberforschung zu betreiben.
Die Lightsource bp, die auch Mitglied der American Solar Grazing Association ist, arbeitet aktiv an der Einführung von Solarweideprogrammen bei mehreren weiteren Projekten des US-Portfolios, da das Vieh durch die solare Beweidung zu einem natürlichen Partner beim Aufbau florierender Ökosysteme an den Projektstandorten wird. Die neue Solarweide in Pennsylvania wird zudem Bodenproben und andere Daten an mehrere Forschungsprojekte weiterleiten, welche die Umweltauswirkungen der Schafbeweidung auf Solaranlagen untersuchen.
In Bierbeek in Belgien wird im Oktober 2020 ein
Agriphotovoltaik-Pilotprojekt gestartet, bei dem Forscher der Katholieke
Universiteit Leuven (KU Leuven) um Prof. Bram Van
de Poel testen, ob der Anbau von Birnbäumen unter
Solarpaneelen rentabel ist.
Erste Messungen zeigen, daß die Nächte unter den Paneelen weniger kalt und die Tage weniger warm sind. Darüber hinaus bieten die Paneele einen teilweisen Schutz vor den hellen Sonnenstrahlen. In den letzten Sommern haben diese bei empfindlichen Obstarten wie Birnen große Schäden verursacht. Im folgenden Frühjahr werden die Forscher die Auswirkungen der Anlage auf Blüte, Befruchtung, Fruchtansatz und Zuckergehalt untersuchen.
Schon im November folgt das mit knapp 5,2 Mio. € durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der EU finanzierte Verbundprojekt HyPErFarm (Hydrogen and Photovoltaic Electrification on Farm), das die Nutzung agrivoltaischer Systeme vorschlägt, durch welche von Solarparks genutzte Flächen auch weiterhin für die Nahrungsmittelerzeugung zur Verfügung stehen. Mittels Beteiligung verschiedener Interessengruppen sollen tragfähige Geschäftsmodelle optimiert und die Marktfähigkeit des Systems untersucht werden.
Das Projektteam wird hierzu bis zum Oktober 2024 an neuen innovativen Technologien und Methoden zur pflanzlichen Erzeugung arbeiten, Innovationsseminare organisieren und die Akzeptanz durch die Bevölkerung fördern. Untersucht wird vor allem der Einfluß verschiedener Solarmodule auf die pflanzliche Produktion. Dabei geht es sowohl um die technische Machbarkeit als auch um eine ökologische und ökonomische Bewertung.
Darüber sollen neue Systeme für die Nutzung und Verteilung der Energie entwickelt und demonstriert werden, die auf der landwirtschaftlichen Fläche außerdem durch Wärmepumpen, die Wasserstofferzeugung und die elektronisch gesteuerte Pyrolyse von Biomasse-Abfallprodukten produziert wird.
Das HyPErFarm-Konsortium besteht aus zwölf Partnern aus Belgien, Deutschland, Dänemark und den Niederlanden. Koordiniert wird es durch die KU Leuven, weitere Teilnehmer sind die Universität Aarhus, das Fraunhofer ISE, die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Medien Offenburg sowie die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT). Daneben gibt es noch fünf industrielle Partner und zwei gemeinnützige Organisationen zur Innovationsförderung.
Die zu entwickelnden Konzepte werden anschließend in drei Pilotversuchen in drei europäischen Ländern demonstriert, bei der die Pflanzen- und Energieerzeugung umfassend bewertet und die Systeme hinsichtlich sozialer, ökologischer und rechtlicher Aspekte verglichen werden. In Belgien wird das Agriphotovoltaik-Pilotversuchsgelände der KU Leuven genutzt, um die Technologie für jene Kulturen zu untersuchen und zu demonstrieren, die für die hochintensiven landwirtschaftlichen Systeme in Westeuropa relevant sind.
Während das zweite Pilotprojekt in Deutschland die Dekarbonisierung der Landwirtschaft angehen, die Widerstandsfähigkeit der lokalen Landwirte gegen den Klimawandel erhöhen und die regionale Versorgung mit nichtfossiler Energie fördern will, zielt die dritte Demonstrationsanlage im Forschungszentrum der Universität Aarhus in Foulum in Dänemark darauf ab, die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Agriphotovoltaik in feuchtem und windigem Klima zu untersuchen. Die Universität hatte bereits 2014 ein Studienprojekt zu Photovoltaikanlagen auf Obstplantagen gestartet.
Im Laufe des Jahres 2021 wird in dem Forschungszentrum eine Demonstrationsanlage errichtet, wo mit verschiedenen Pflanzen getestet werden soll, wie sich dauerhaft in Ost-West-Richtung senkrecht angebrachte bifaziale Solarzellen auswirken. Mitbeteiligt ist auch das Entwicklungsunternehmen AgroIntelli. Einen Test ‚auf dem Feld‘ wird wiederum der Obstbaubetrieb Hunsballe Grønt in Skælskør auf Seeland durchführen, der größten dänischen Insel, wo Claus Hunsballe jährlich rund 800 Tonnen Erdbeeren, aber auch Heidelbeeren und diverse Arten von Obst und Gemüse anbaut:
„Wir haben rund um den Hof Windschutzstreifen, und ich dachte, es wäre eine gute Idee, mehr aus ihnen herauszuholen. Sie stehen einfach nur da, aber für mich wäre es optimal, wenn wir die Flächen sowohl zum Schutz der Pflanzen als auch dafür nutzen könnten, einen Teil des Stroms zu erzeugen, den der Hof für Pumpen, Belüftungssysteme usw. verbraucht.“
Bislang schützt ein 70 m langer und 4 m hoher Windschutz das Heidelbeerfeld, der nun durch eine einzelne Reihe von Solarmodulen ersetzt werden soll, die Schutz vor dem Wind bieten, die Verwehung des Bodens verhindern und den Wasserverbrauch der Pflanzen verringern soll.
Das US-Energieministerium stellt im Oktober 2020 einen
Betrag von 7 Mio. $ bereit, um vier Projekte zu finanzieren, die sich
aufgrund ihrer Vorteile für die lokale Gemeinschaft und die lokale
Wirtschaftstätigkeit qualifiziert haben. Damit soll „die Saat für
eine neue Revolution in der amerikanischen Landwirtschaft“ gelegt
werden. Das Ministerium hatte bereits im April des Vorjahres einen
‚Farmer’s Guide to Going Solar‘ herausgebracht, in dem auch die Vorteile
der Agriphotovoltaik beschrieben wurden.
Nun erhält das National Center for Appropriate Technology in Butte, Montana, 1,6 Mio. $ vom Energieministerium und steuert selbst weitere 430.000 $ für das so genannte Agri-Solar Clearinghouse bei, das 2021 ein nationales Online-Ressourcen-Clearinghouse und technisches Hilfsprogramm für Landwirte, Solarunternehmen und andere Interessengruppen einrichten wird, die an der Kombination von Solar- und Landwirtschaft interessiert sind. Das Projekt wird nicht nur virtuellen Zugang, sondern auch Workshops und Betriebsbesichtigungen bieten.
Die Silicon Ranch Corp. in Tennessee, die unter dem Dach von Shell aktiv ist, bekommt 1,8 Mio. $ und beteiligt sich mit 570.000 $ Eigenmitteln an den Kosten eines Projekt mit dem Titel ‚Integrated PV System Design and Management Platform for the Co-Optimization of Regenerative Cattle Grazing and PV Solar Generation‘, bei dem es sich um einen verbesserten Tracker handelt, der die Nachführung von Solaranlagen mit der Bewegung von Rindern verbindet.
Die University of Illinois in Chicago führt wiederum ein Projekt mit dem Titel ‚Evaluation of Economic, Ecological, and Performance Impacts of Co-Located Pollinator Plantings at Large-Scale Solar Installations‘ durch, das vom Energieministerium mit 1,8 Mio. $ sowie mit 470.000 $ aus eigenen Mitteln gefördert wird. Dabei werden die Forscher die Lebensräume von Bestäubern an fünf verschiedenen Solaranlagen im Mittleren Westen und am Mittelatlantik untersuchen, die jeweils 10 MW oder mehr leisten, was u.a. bei der Auswahl passender einheimischer Saatgutmischungen helfen soll.
Das vierte Projekt namens ‚Impacts of Dual-Use Solar on Crop Productivity and the Agricultural Economy in Massachusetts and Beyond‘ wird an der University of Massachusetts in Amherst durchgeführt, mit einer Förderung von ebenfalls 1,8 Mio. $ und einer Eigenbeteiligung in Höhe von 540.000 $. Hierbei werden die Pflanzenproduktivität, die Bodengesundheit und die mikroklimatischen Bedingungen für eine Reihe von Pflanzen unter verschiedenen Solaranlagenkonzepten auf acht kommerziellen Farmen in Massachusetts untersucht. Daneben wird auch die öffentliche Akzeptanz von Agriphotovoltaik erforscht.
Die aktuelle Entwicklung in den USA läßt sich gut anhand des Landwirts Paul Knowlton in Grafton, Massachusetts, darstellen, der bereits 2015 zusammen mit der 2010 gegründeten und in Boston beheimateten Firma BlueWave Solar eine 2,5 MW Solaranlage auf seinem Land errichtet, die er 2017 um 3,7 MW ergänzt, wodurch er auf einem 5,2 ha großen Grundstück eine Gesamtkapazität von 6,2 MW erreicht. Der Stromverkauf aus den 18.000 PV-Paneelen stellt eine lukrative Einnahmequelle neben dem Anbau von Kürbisse, Zucchini und Mais dar.
Als Knowlton im Jahr 2019 plant, die Solaranlage auf weiteren 5,6 ha zu erweitern, entscheidet er sich vernünftigerweise für die Agriphotovoltaik mit lichtdurchlässigen Bifazial-Paneelen. Das Projekt wird in zwei Bereiche unterteilt, einen für Gemüse und einen für die Viehzucht. Um zu ermitteln, wie die Anlage für eine optimale Sonneneinstrahlung für das Pflanzenwachstum positioniert werden muß, nutzt die BlueWave ein Tool zur Schattenanalyse, das die Firma für das Massachusetts Department of Energy Resources (DOER) entwickelt hat und das vom ISE validiert wurde.
Knowltons Projekt, dessen Errichtung im November 2020 beginnt, wird durch das vor zwei Jahren eingeführte staatliche Programm Solar Massachusetts Renewable Target (SMART) finanziert, das Zuschüsse für den Ausbau der konventionellen Solarenergie und die Einführung von Technologien mit doppeltem Verwendungszweck bietet. Forscher der University of Massachusetts Amherst und des Bundesstaates werden die Knowlton-Farm genau beobachten, da die Behörden Subventionen für weitere Farmen genehmigen möchten.
Ein bislang noch nicht explizit genannter Vorteil dieser Art von Anlagen ist nämlich, daß die Hauttemperatur von Landarbeitern in einem agriphotovoltaischen Umfeld beträchtlich kühler bleibt als in der herkömmlichen Umgebung. Das ist wichtig, weil z.B. im Südwesten der USA die Zahl der Hitzeschläge und hitzebedingten Todesfälle bei Landarbeitern inzwischen beunruhigend angestiegen ist.
Das erste SMART-finanzierte Projekt, eine 12,6 MW Solaranlage von BlueWave, wird bereits 2019 auf der Sampson Farm in Westport umgesetzt, hat aber nichts Agriphotovoltaik mit der zu tun.
Anders verhält es sich im Fall eines 4,2 MW Solarprojekts auf einer Blaubeerfarm in Rockport, Maine, wo BlueWave damit beginnt, auf 2 ha eine große APV-Anlage zu errichten. Eigentümer und Betreiber des Projekts, das voraussichtlich im Juni fertig gestellt wird, ist die Firma Navisun, welche das Projekt im März 2021 kauft. Von der University of Maine wird zudem eine begleitende Studie durchgeführt, die als Bildungsressource für Blaubeerbauern dienen soll, die daran interessiert sind, in Zukunft ähnliche Solarprojekte zu entwickeln.
Im Jahr 2021 lassen sich weltweit zunehmend mehr Berichte
über neue Agriphotovoltaik-Projekte finden, wobei es nun Frankreich ist,
das das Feld anführt.
So unterzeichnet im Januar der in der Gironde ansässige französische Wind- und Solarentwickler Valorem mit dem Ökostromunternehmen Enercoop einen 30-jährigen Stromabnahmevertrag für ein 8,8 Hektar großes 5 MW Agriphotovoltaik-Projekt im Südwesten Frankreichs. Die Anlage wird an einem Ort namens Hautefaye auf einer eher ärmlichen landwirtschaftlichen Fläche errichtet, aber das Unternehmen plant, dort Obstheckem zu pflanzen und Schafe anzusiedeln, um das Land zu beweiden.
Der Solarpark Tour-Blanche in der Dordogne soll schon im August in Betrieb genommen werden. Anteilseigner sind neben Valorem und Enercoop auch das lokale, halbstaatliche Energieunternehmen SEM 24 Perigord Energie. Als Darlehen für das Projekt stellt der niederländische nachhaltige Kreditgeber Triodos Bank NV 3,5 Mio. € bereit. Weitere technische Details sind bislang nicht bekannt.
Im März 2021 verkündet die französische Firma Voltalia,
ein Unternehmen für erneuerbare Energien, die Inbetriebnahme der 3
MW Solarfarm Cabanon in Saint-Etienne-du-Grès,
Frankreich. Voltalia engagiert sich bereits seit einigen Jahren verstärkt
für die Entwicklung einer innovativen Lösung für die Photovoltaik in
der Landwirtschaft, um die Bauern bei der Entwicklung eines neuen,
nachhaltigen und umweltfreundliche Landwirtschaftsmodells zu unterstützen.
Die Cabanon-Anlage, mit deren Bau Ende des zweiten Quartals 2020 begonnen wurde, kombiniert auf einer Fläche von 4,5 ha die Landwirtschaft mit der Erzeugung von Strom aus Photovoltaikanlagen. Dank der Solar-Tracker, welche die Gemüsekulturen schützen, kann Voltalia die doppelte Nutzung des Landes fördern. Die 4,5 m hohen PV-Paneele ermöglichen die Durchfahrt von Landmaschinen und schützen die Kulturen vor extremen Witterungsbedingungen, wodurch die landwirtschaftliche Produktion optimiert wird.
Das Projekt profitiert von einer partizipativen Finanzierung, die dazu beiträgt, den Bau und die Inbetriebnahme der Photovoltaikanlage zu finanzieren. 700.000 € werden hauptsächlich von den Bewohnern des Projektgebiets und der angrenzenden Gebiete gesammelt.
Die Voltalia plant, noch in diesem Jahr eine Versuchsstation einzurichten, in der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in Zusammenarbeit mit anerkannten landwirtschaftlichen Fachinstituten in Frankreich durchgeführt werden sollen. Zunächst soll das Verhalten von Rinderherden an einem kleinen PV-Kraftwerk von ca. 5.000 m2 untersucht werden, um das Wohlbefinden der Tiere zu erforschen und das Design der Agriphotovoltaik-Kraftwerke entsprechend anzupassen, und zweitens soll eine Überwachung der Pflanzendecke durchgeführt werden.
Darüber hinaus wird die Voltalia ihr Engagement für die Schaffung eines Referenzsystems für die Photovoltaik in der Landwirtschaft mit verschiedenen Projekten fortsetzen, die im August bekanntgegeben werden. Zum einen gewinnt die Firma die nationale Ausschreibung des französischen Ministeriums für den ökologischen Wandel für das Projekt des Solarparks Montclar in einer Berglandschaft des Départements Alpes-de-Haute-Provence.
Dieser Park, der mit 8.600 PV-Paneelen auf einer Steilhang-Fläche von 4,2 Hektar errichtet werden soll, befindet sich in dem Ort Côte Belle, einer der wenigen selbstverwalteten Skigebiete Frankreichs. Außerdem profitiert er von der höchsten Sonneneinstrahlung des Landes. Das Projekt umfaßt Partnerschaften mit mehreren führenden französischen Wissenschaftseinrichtungen wie dem CEA und der Schule MINES ParisTech, die die Umweltvorteile des Solarkraftwerks während seines Lebenszyklus untersuchen wird.
Voltalia entwickelt aber auch direkte Lösungen für die Freiland-Agriphotovoltaik. Eine entsprechende 3 MW Anlage ist seit dem März in einer Gärtnerei in Saint-Etienne-du-Grès in Südfrankreich in Betrieb.
Die AgriSOL-Projekte der Firma kombinieren ebenfalls die Photovoltaik-Produktion mit landwirtschaftlichen Aktivitäten (hauptsächlich Viehzucht, Futtermittel- und Getreideanbau), jedoch mit Solarpaneelen, die in der für die Schafhaltung üblichen Höhe angebracht sind.
Als weiteres Beispiel wird der im Juni 2017 in Betrieb genommene 3,8 MW Solarpark Castellet II in der Gemeinde Castellet im Departement Var genannt, auf dessen Gelände rund zwanzig Bienenstöcke aufgestellt werden, um dem Zusammenbruch der Bienenpopulation in Frankreich entgegenzuwirken. Dank der Zäune des Kraftwerks sind auch die Bienenstöcke vor Schäden und Vandalismus geschützt.
Noch ein Beispiel ist der 10,4 MW Solarpark Canadel, der sich in Brignoles im gleichen Departement befindet, im Juni 2018 in Betrieb geht und von einem lokalen Hirten genutzt wird.
Im April 2021 melden die deutschen Lechwerke
AG (LEW), ein regionale Energieversorger, der sich im mehrheitlichen
Besitz der E.ON-Tochtergesellschaft Innogy befindet, daß sie in Biessenhofen und Gersthofen zwei
sehr kleine Agriphotovoltaik-Testanlagen errichtet haben, bei denen
senkrecht installierte bifaziale Solarmodule streifenförmig auf den
Flächen angeordnet sind. Dabei bleiben die etwa 1 m breiten Wiesenstreifen
unter den Modulen unbewirtschaftet und können als Blühfläche ökologische
Mikrolebensräume schaffen.
Die beiden knapp unter 3 m hohen Testanlagen mit einer Leistung von 3 kW in Biessenhofen und 6 kW in Gersthofen stehen jeweils neben bestehenden Solarparks, womit sich die erzeugten Strommengen aus den verschiedenen Anlagetypen gut vergleichen lassen.
Mit den Testanlagen wollen die LEW erste Erfahrungen zur Energieerzeugung und Wirtschaftlichkeit der senkrechten Agriphotovoltaik sammeln, um auf der Grundlage der gewonnenen Daten und in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Unterallgäu und dem Beratungsnetzwerk LandSchafftEnergie in Straubing ein größeres Pilotprojekt im Unterallgäu umzusetzen. Hier sollel danl u.a. die Einsatzfähigkeit landwirtschaftlicher Maschinen, die landwirtschaftliche Ertragsfähigkeit und die mikroklimatische Beeinflussung der Agriphotovoltaik-Anlage auf die Fläche untersucht werden.
Das Spezialistenteam für erneuerbare Energien der Iberdrola
S.A., die zu den größten Energieversorgern innerhalb Europas
zählt, erklärt im Mai 2021, daß es bis Mitte Juni
nach Ideen und Lösungen sucht, die die Einführung von Photovoltaikanlagen
in Verbindung mit Landwirtschaft, Gartenbau, Viehzucht, Fischzucht
bzw. Bienenzucht ermöglichen, Synergien schaffen und die Landnutzung
auf nachhaltige Weise verbessern.
Das Team wird die Vorschläge, die im Zuge der Agrivoltaics Startup Challenge eingereicht werden, im Hinblick auf ihre Kosten, Entwicklungsreife, Einfachheit und Anpassungsfähigkeit bewerten. Außerdem werden die Vielfalt der anbaubaren Pflanzen, die maximal erzeugbare Energie, die Auswirkungen auf die Landwirtschaft und Viehzucht sowie Fragen der Nachhaltigkeit in Bezug auf die Nutzung von Land und Wasser geprüft.
Die Gewinner können in Zusammenarbeit mit PERSEO, der Innovationsabteilung von Iberdrola, einen Machbarkeitsnachweis entwickeln, wobei alle Kosten vom Unternehmen übernommen werden. Bewährt sich das Konzept, kann die Lösung durch kommerzielle Vereinbarungen erweitert werden, oder indem PERSEO in den Wettbewerbsgewinner investiert, der im Herbst bekanntgegeben wird. Das entsprechende Pilotprojekt soll dann bis 2022 folgen.
Ebenfalls im Mai 2021 wird gemeldet, daß die EDF
Renewables – eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des
staatlichen französischen Energieversorgers EDF Group – und der erst 2019
gegründete britische Entwickler für erneuerbare Energien Cero
Generation Ltd. – eine Einheit der Green Investment Group
(GIG), die selbst Teil des australischen Risikokapitalfonds Macquarie
ist – für eine nicht genannte Summe jeweils 45 % der Anteile an dem
Agrarspezialisten Green Lighthouse Développement (GLHD)
erworben haben, vorbehaltlich der endgültigen Genehmigung durch die
zuständigen Kartellbehörden.
Die Gründer der GLHD, die in der französischen Gemeinde Martillac, Département Gironde, beheimatet ist, werden einen Anteil von 10 % an dem Unternehmen behalten, das derzeit ein Portfolio an Agrarprojekten in Frankreich von rund 2,4 GW besitzt und dessen Realisierung die Partner gemeinsam angehen werden. Die Cero Generation verfügt wiederum über ein allgemeines PV-Portfolio von 8 GW, verteilt auf 150 Projekte in Großbritannien, Italien, Spanien, Polen, Frankreich und den Niederlanden. Und die EDF Renewables bringr ihr technisches, entwicklungstechnisches und industrielles Know-how in die ‚neue‘ GLHD ein.
Die Firma gilt in Frankreich als Pionier, der alle Arten von Projekten entwickelt und betreut: konventionelle und agriphotovoltaische Freiflächenanlagen, die Beschattung von Parkplätzen, landwirtschaftliche Solar-Gewächshäuser und photovoltaische Betriebsgebäude. Dies erklärt auch den aktuellen Wert des Unternehmens. Immerhin hat Frankreich die Solarenergie in den Mittelpunkt seiner Energiewende-Strategie gestellt, wobei bis 2028 insgesamt 44,5 GW neue PV-Kapazitäten installiert werden sollen.
Um dieses Ziele zu erreichen, muß die Photovoltaik-Industrie pro Jahr 3.000 – 4.000 ha für Freiflächenanlagen finden. Angesichts der steigenden Flächennachfrage und der Notwendigkeit, diese Ziele auch tatsächlich zu erreichen, werden Lösungen wie die Mehrfachnutzung immer wichtiger.
In Vorbereitung auf einen großen Zuwachs beim Marktinteresse unterzeichnet die EDF Renewables daher mit den französischen Landwirtschaftskammern und dem Nationalen Verband der Landwirte (FNSEA) auch eine ‚Charta der besten Praktiken‘, um PV-Projekte auf landwirtschaftlichen Flächen zu entwickeln. Außerdem arbeitet die EDF Renewables gemeinsam mit der Konzernschwester EDF Research and Development an neuen technologischen Lösungen für Solaranlagen, um die Komplementarität zwischen Landwirtschaft und Solarstromerzeugung weiter zu verstärken.
Man kann also davon ausgehen, daß zumindest in Frankreich in absehbarer Zeit versucht wird, die Agriphotovoltaik in die Breite zu tragen. Konkrete agriphotovoltaische Projektumsetzungen kann die GLHD aber noch nicht vorweisen.
Im Juni berichten die Fachblogs über die Landwirte Fabian
Karthaus und Josef Kneer aus Büren-Steinhausen,
südwestlich von Paderborn, die ein innovatives Agriphotovoltaikprojekt
umgesetzt haben, um ihre Beerenobstplantage vor
starken Witterungseinflüssen und zu viel Sonne zu schützen. Dazu
wird zunächst die Fläche so planiert, daß sie ein Gefälle von 1°
hat. Dadurch läßt sich der Wasserhaushalt besser steuern und über
ein Drainagesystem das Regenwasser wiederverwenden.
Im nächsten Schritt wird die Unterkonstruktion für die Solarmodule aufgebaut, die zusammen mit dem Ingenieur Volker Korrmann selbst entwickelt wurde. Die Pfosten des Montagesystems stehen in einem Abstand von mindestens 3 m, und die aufgeständerten, mit einem geringen Winkel nach Osten und Westen ausgerichteten Module befinden sich in einer Höhe von etwa 3 m. Dadurch können Landmaschinen unter dem fast durchgängigen Solardach arbeiten.
Das Montagesystem ist zudem so ausgelegt, daß die Module von unten eingeschoben werden können, womit sie sich im Falle eines Defekts leicht austauschen lassen. Auf einer Fläche von 72 x 60 m werden insgesamt etwa 2.700 semitransparente Module installiert. Diese lassen 75 % des Sonnenlichts zu den Pflanzen durch und schützen durch ihre Teilverschattung die empfindlichen Früchte vor Sonnenbrand.
Die Module schützen die Früchte – Himbeeren, Heidelbeeren Erdbeeren und auch Apfelbäume – zudem vor Hagel und Starkregen. Gleichzeitig verhindert der Schatten des Solardachs das Austrocknen des Boden, ein Problem, mit dem immer mehr Landwirte zu kämpfen haben. Im Schatten der Module können die Pflanzen auch ohne große Wasserverluste gut bewässert werden. Dazu sind unter den Modulen Windmaschinen und Nebelsprüher angebracht, die für eine ausgeglichene Bewässerung sorgen.
Mit der Anlage produzieren die beiden Landwirte aber nicht nur Strom. Vielmehr haben Karthaus und Kneer nach der ersten Betriebssaison festgestellt, daß ihre landwirtschaftlichen Erträge um 20 % gestiegen sind. Zudem sollen die Beeren länger frisch bleiben.
Ebenfalls im Juni 2021 findet mit der AgriVoltaics2021 die
zweite internationale Konferenz zu agriphotovoltaischen
Systemen statt, diesmal unter dem Motto ‚Let’s connect agrivoltaics
worldwide‘.
Da auch die Veranstalter davon überzeugt sind, daß nur ein gut funktionierender internationaler Austausch eine solide Grundlage für die Verbreitung der Agriphotovoltaik darstellt, wird der Schwerpunkt in diesem Jahr darauf gelegt, Menschen, Wissen und Ideen zusammenzubringen, um die globale Forschungs- und Entwicklungsgemeinschaft zu stärken und eine Technologie voranzutreiben, die Pflanzen, Böden, Wasser und das Klima schützen kann – und alles in einem.
Wie schon im vergangenen Jahr findet die dreitägige Konferenz online statt, diesmal mit 420 Teilnehmern aus 38 Ländern. Die nächste Konferenz ist für Mitte Juni 2022 in Italien geplant.
Die WSP Global Inc. ist ein kanadisches, weltweit
operierendes Unternehmen, das als Ingenieur- und Beratungsleistungen
anbietet. Die Teams der Tochter WSP USA für erneuerbare
Energien arbeiten ab Mitte 2021 auf dem expandierenden
Gebiet der Agriphotovoltaik und unterstützen ihre Kunden dabei, Solarprojekte
auf Arealen zu errichten, die als Weideflächen für Vieh genutzt werden.
Ein Grund dafür mag die im Februar des Vorjahres erfolgte Übernahme
des US- Umweltberatungsunternehmens LT Environmental (LTE) sein, was
die Expertise der WSP im Umweltsektor gestärkt hat.
Bei anderen Projekten integrieren die Teams nun maßgeschneiderte Saatgutmischungen in die Solardesignspezifikationen, die für Weidetiere geeignet sind und Lebensräume für bestäubende Insekten unterstützen. Das Unternehmen entwirft zudem ein innovatives Solarprojekt, das das Wachstum von Speisepilzen im Schatten der Solarmodule fördert. Leider lassen sich darüber keine weiterführenden Informationen finden.
Gemäß Meldungen im Juli 2021 planen die Fintel
Energija, die serbische Tochtergesellschaft der italienischen
Fintel Energia Group, und das Agrarunternehmens MK Group einen
Betrag in Höhe von 340 Mio. € in den Bau einer Photovoltaikanlage in
Kula in der nordserbischen Provinz Vojvodina zu investieren. Die Partner
haben in Serbien gemeinsam bereits Windparks mit insgesamt
80 MW Leistung errichtet.
Der Bau der neuen 660 MW Anlage mit dem Namen Agrosolar Kula soll im April 2022 beginnen, die Realisierung wird etwas mehr als ein Jahr dauern. In der Anfangsphase wird sich die Anlage über 700 ha Land erstrecken, das in sieben Zonen für verschiedene ökologische Kulturen unterteilt ist, wobei die Solarpaneele in regelmäßigen Reihen auf einem Drittel der Gesamtfläche installiert werden.
Unter den Solarpaneelen werden biologische Lebensmittel produziert, was durch die neue Technologie elf Monate im Jahr möglich wird. Die erwartete jährliche Stromproduktion von etwa 832 GWh kann den Energiebedarf von etwa 200.000 Haushalten decken. Sobald die Anlage fertig ist, wird „das erste Agri-Energie-Projekt in Serbien und auf dem Balkan“ gleichzeitig auch das größte Solarkraftwerk Europas sein – und damit ein signifikantes Aushängeschild für die Agriphotovoltaik.
Im Mai 2021 veröffentlichen das Indo-German
Energy Forum und die National Solar Energy Federation
of India (NSEFI) eine im Netz einsehbare Publikation ‚Agrivoltaics
in India - Overview of operational Projects and relevant Policies‘,
in welcher u.a. auch alle entsprechenden Projekte in Indien ab 2016 aufgelistet
sind – angefangen mit dem 1 MW Amrol
Distributed Solar Power Project in Gujarat.
Es gibt in Indien noch mehrere weitere Agriphotovoltaik-Anlagen dieser und kleinerer Größe, die aber unterschiedliche Paneel-Konfigurationen und Bepflanzungen aufweisen, darunter auch Banan. Die meisten von ihnen werden von Universitäten wissenschaftlich begleitet. Da die Projekte und Umsetzungen in der Publikation sehr detailliert dokumentiert sind, muß dies hier nicht wiederholt werden. Auftraggeber sind das indische Ministeriums für neue und erneuerbare Energien (MNRE) sowie das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi).
Aktuellen Aussagen des Fraunhofer ISE zufolge hat sich die Agriphotovoltaik-Technologie
in den letzten Jahren sehr dynamisch entwickelt und in fast allen
Regionen der Welt verbreitet. Die installierte Leistung stieg von
ca. 5 MW im Jahr 2012 auf
ca. 2,9 GW im Jahr 2018,
mit staatlichen Förderprogrammen in Japan (seit 2013),
China (ca. 2014), Frankreich (seit 2017),
den USA (seit 2018) und zuletzt Korea.
Das technische Potential der Agriphotovoltaik in Deutschland wird auf ca. 1,7 TW geschätzt. Was eine Verbreitung verhindert, die eigentlich von allen Seiten massiv unterstützt werden müßte, sind ausschließlich verwaltungstechnische Herausforderungen: die duale Flächennutzung ist im gesetzlichen Regelwerk nicht vorgesehen und es besteht kein Anspruch auf EU-Agrarsubventionen für Landwirte, ebensowenig wie eine Einspeisevergütung nach EEG (Stand: Mitte 2021).
Weiter geht es nun mit einer weiteren Sonderform der photovoltaischen Nutzung, die mindestens ebenso zukunftsträchtig ist wie die Agriphotovoltaik: die schwimmenden Solaranlagen, die Anfangs auf Teichen und Wasserreservoirs installiert werden, aber bereits auf dem Sprung ins offene Meer sind, wo ihnen eine quasi unbegrenzte Fläche zur Verfügung steht.
Weiter mit den schwimmenden Solaranlagen...