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Entwicklung der photovoltaischen Nutzung 2021 (a)


Die erste Meldung im Januar stammt aus meiner zweiten Heimat Syrien, wo in der Provinz Hama eine netzverbundene 1 MW PV-Anlage errichtet wird - was für die dortigen Verhältnisse schon als Großanlage gilt und die örtliche Stromversorgung spürbar verbessern wird, sobald die Anlage in  drei Monaten ans Netz geht.

PV-Anlage in Hama im Bau

PV-Anlage in Hama
(im Bau)

Durch die starken Zerstörungen der letzten Jahre sind auch die fossilen Kraftwerke und das Stromnetz betroffen, so daß schon seit langer Zeit extreme Stromsperren das Leben sehr schwierig machen - sogar in der Hauptstadt Damaskus gibt es tagtäglich den durchgehenden Wechsel von vier Stunden ohne, gefolgt von zwei Stunden mit Strom. Was dazu geführt hat, daß die solvente Mittel-und Oberschicht abenteuerliche PV-Anlagen auf ihren Wohnhausdächern installiert habt, um sich selbst zu versorgen.

Das PV-System aus 3.030 Solarpaneelen ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor, vertreten durch den Eigentümer und Investor Ghassan Khleif, der schon im vergangenen Jahr in eine kleinere Anlage in der Industriezone östlich der Stadt Hama investiert hatte.


Auch eine Nachricht im Februar stammt aus dem arabischen Raum. Demnach wird der deutsche Autobauer BMW in diesem Jahr 43.000 Tonnen Aluminium von der Firma Emirates Global Aluminium aus den VAE kaufen. Bei dem Unternehmen wird erstmals Solarenergie zum Einsatz kommen, um im industriellen Maßstab Aluminium zu produzieren. Dies wird durch den im Bau befindlichen Al Maktoum Solar Park geschehen, der bis zum Jahr 2030 eine Kapazität von 5 GW erreichen soll.


Im März 2021 berichtet die Presse, daß Berlin gemäß einem eingebrachten Gesetzesvorschlag ab 2023 eines Solaranlagenbaupflicht einführen wird. Langfristiges Ziel ist es, bis 2050 ein Viertel des Strombedarfs der Hauptstadt aus PV-Anlagen zu decken. Deren Installation und Betrieb sind dann für Neubauten und - bei wesentlichen Umbauten an Dächern - auch auf Bestandsgebäuden verpflichtend, sofern das Dach eine Fläche von mehr als 50 m2 aufweist. Neubauten müssen dann mindestens 30 % ihrer Bruttodachfläche, Bestandsbauten mindestens 30 % ihrer Nettodachfläche mit Photovoltaikanlagen bedecken.

Bei Wohngebäuden im Bestand mit maximal zwei Wohnungen reicht eine installierte Leistung von 3 kW. Bei Wohngebäuden mit mehr als zwei Wohnungen und Nichtwohngebäuden werden  5 kW als ausreichend betrachtet. Zudem sieht das Solargeset z Ausnahmen vor, z.B. wenn das Dach nach Norden ausgerichtet ist. Anstelle von PV-Anlagen auf dem Dach können aber auch solarthermische Anlagen oder Fassaden-PV-Anlagen installiert werden.

Das Gesetz ist Teil des Masterplans Solarcity mit 27 Maßnahmen zur Beschleunigung des Solarausbaus, dessen Umsetzung im Berliner Senat im März 2020 beschlossen worden war. Der Masterplan ist wiederum ein Projekt des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms (BEK) mit dem Ziel, bis spätestens 2045 klimaneutral zu werden.

Eine Pflicht zum Bau von Solaranlagen ist mittlerweile in mehreren Städten und auch in einem Bundesland beschlossen. Tübingen war im Jahr 2018 der Vorreiter, Waiblingen folgte, und als nächstes will Wiesbaden Bauherren zur Installation einer PV-Anlage verpflichten. Im Herbst 2020 entscheidet der Landtag in Baden-Württemberg über eine Solarbaupflicht, während in Mecklenburg-Vorpommern die Linksfraktion einen ähnlichen Vorschlag ins Landesparlament einbringen will. Und auch in Hamburg soll es ab 2023 nicht nur für Neubauten, sondern auch für alle Dachsanierungen im Gebäudebestand eine solare Dachnutzungspflicht geben.

Im Juni 2021 folgt allerdings die Meldung, daß die Bundesregierung auf die zunächst geplante Solardach-Pflicht bei Neubauten verzichten wird. Im Sofortprogramm Klimaschutz 2022 werde es demnach keine Pflicht zur Installation von Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen geben, wie ein Entwurf ursprünglich ab 2023 vorgesehen hatte. Da es sich dabei um politische Sachverhalte handelt, kann sich das alles aber auch schnell wieder ändern.

Tatsächlich wird die Solarpflicht in Berlin zum 1. Januar 2023 eingeführt. Die entsprechenden Regelungen und andere Vorgaben im Solargesetz Berlin sowie einen Praxisleitfaden und die entsprechenden Formulare finden sich auf der Internetseite des Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe von Berlin.


Im April 2021 beginnt die Auslieferung der ersten solarbetriebenen GoSun Brew Reisebecher, mit denen sich überall heiße Getränke zubereiten lassen, ohne umständliche Einrichtungen oder komplizierte Verfahren. Und ohne die Gefahr, durch ein Feuer einen Waldbrand auszulösen.

Der gut isolierte All-in-One-Becher besitzt eine integrierte 12 V Heizung und eine französische Presse, wobei die gesamte Technologie im Inneren des Bodens untergebracht ist. Dank seiner 266 Wh Powerbank bietet der GoSun Brew ausreichend Energie, um acht Tassen Kaffee aufzubrühen, oder einen Laptop dreimal bzw. ein Smartphone 22-mal aufzuladen. Das Gerät wird mit einer Tragetasche für Schutz und Transport geliefert, die auch alle notwendigen Kabel und Zubehörteile enthält. Das gesamte Set soll nur ca. 1,5 kg wiegen.

Die US-Firma GoSun, die bereits durch die Solardusche GoSun Flow und den Solarofen GoSun Go bekannt ist, hatte im Oktober 2020 eine Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter gestartet, die augenscheinlich einen Nerv getroffen hat, denn in nur einem Monat brachten 554 Unterstützer die Summe von 129.791 $ zusammen, um das Projekt zu verwirklichen. Dabei wurden die Becher zu Preisen ab 89 $, die Sets mit Powerbank für 269 $ oder samt einem faltbaren 30 W Paneel für 419 $ angeboten.


Einer im April veröffentlichten und im Netz einsehbaren Studie zufolge hat ein Team des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und der Columbia University in New York bei seinen Untersuchungen in der kalifornischen Stadt Fresno herausgefunden, welche Faktoren die Entscheidung positiv beeinflussen können, eine Solaranlage auf dem Dach zu montieren (,Decay radius of climate decision for solar panels in the city of Fresno, USA’).

Die Forscher hatten zunächst vermutet, daß ökonomische Faktoren wie das Einkommen eine Rolle spielen könnten. Auch der Bildungsabschluß, die sozialen Kontakte oder die Mund-zu-Mund-Propaganda wurden in Betracht gezogen. Tatsächlich erwies sich aber ein ganz anderer Faktor als am wichtigsten: Die Nähe zu weiteren Dächern mit Solaranlagen. Oder anders ausgedrückt: Solaranlagen auf Hausdächern wirken ansteckend, je mehr davon bereits in der Nachbarschaft existieren, desto wahrscheinlicher ist es, daß weitere hinzukommen.

Auf eine konkrete Zahl hinunter gebrochen bedeutet das Ergebnis der Untersuchung: Die Wahrscheinlichkeit einer Neuinstallation halbiert sich jeweils mit dem Abstand eines Fußballfeldes. Die Wissenschaftler gehen davon aus, daß sich die Ergebnisse weltweit übertragen lassen. Daraus leiten sie einen ungewöhnlichen Ansatz zur Förderung der Energiewende ab: Die Politik sollte neue Anlagen gezielt in Vierteln fördern, wo die Verbreitung bisher unterdurchschnittlich ist. Dies wiederum hätte dann irgendwann einen sich selbst befördernden Effekt zur Folge. Ob dieser Ansatz auch in der Praxis funktioniert, muß aber noch erprobt werden.


Eine weitere Studie, die im August 2021 veröffentlicht wird, stammt von Wissenschaftlern der brasilianischen Forschungsagentur Fasesp, die das Vorhandensein von Mikroorganismen auf der Oberfläche von PV-Paneelen analysiert haben, die in tropischen Regionen installiert sind. Dabei erstellten sie mit Hilfe der Gen-Sequenzierung und Bioinformatik-Software ein Profil aller Mikroben, die sie auf PV-Anlagen in Sorocaba und Itatiba im Bundesstaat São Paulo fanden.

Es zeigt sich, daß die Zusammensetzung der Mikroben sehr stark derjenigen gleicht, die bei ähnlichen Experimenten in Spanien, in den USA sowie in der Arktis und Antarktis festgestellt wurde. Die identifizierten Profile der Mikroorganismen stehen im Einklang mit der rauhen Umgebung der Anlagen, und das Vorhandensein von Streßgenen bei den identifizierten Mikroorganismen wird als vorläufiger Beweis dafür erachtet, daß sie von biotechnologischem Interesse sind.

Dem brasilianischen Team zufolge besteht angesichts der gefundenen Eigenschaften haben die ein erhebliches Potential für die Entwicklung von Produkten, die lange Zeit dem Sonnenlicht ausgesetzt sind, wie Sonnenschutzmittel und Pigmente für verarbeitete Lebensmittel, Chemikalien, Textilien, Arzneimittel und Kosmetika sowie effizientere Reinigungsmittel mit antimikrobieller Wirkung für die Reinigung der PV-Paneele selbst.

Die im Netz einsehbare Studie trägt den Titel ,Extremophilic taxa predominate in a microbial community of photovoltaic panels in a tropical region’.


Im Oktober folgen Berichte über einen in der italienischen Stadt Cuneo im nördlichen Piemont installierten städtischen Panoramaaufzug, der nun von dem PV-Modulhersteller FuturaSun srl aus Cittadella mit einem Solar-plus-Speicher-System ausgerüstet wird, um ihn mit Strom zu versorgen.

Dabei wird der bereits 2009 installierte Schrägaufzug, der 28 m hoch fährt und ein Parkhaus mit dem Stadtzentrum verbindet, nicht nur durch die netzverbundene 8,84 kW Solaranlage aus 26 PV-Paneelen entlang des Aufzugsweges und die Batterien angetrieben, sondern auch durch die zurückgewonnene Energie, die der Aufzug selbst während seiner Abwärtsfahrt durch Gravitationsspeicherung erzeugt.

Das Pilotprojekt, das als ein ‚nachhaltiges öffentliches Mobilitätserlebnis‘ bezeichnet wird, ist Teil des Programms Store4HUC, das vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung finanziert wird, und ist das erste einer Reihe von vier Projekten, die in Österreich, Kroatien, Slowenien und Italien entwickelt werden. Ziel ist es, in historischen Stadtzentren in ganz Europa Systeme zur Erzeugung erneuerbarer Energie mit nachhaltiger Speicherung zu realisieren.

PV-Bestandsaufnahme Grafik

PV-Bestandsaufnahme
(Grafik)

Ebenfalls im Oktober 2021 erscheint die Studie einer Forschergruppe unter der Leitung der Universität Oxford, an der auch Wissenschaftler des Geodatenunternehmens Descartes Labs und des World Resources Institute mitwirken, die die Nutzung von Fernerkundungsbildern mit maschinellem Lernen und einer großen Cloud-Recheninfrastruktur kombiniert hat, um eine globale Bestandsaufnahme von Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von mindestens 10 kW zu erstellen, wobei nicht zwischen Aufdach-, Freiflächen- oder anderen Anlagentypen unterschieden wird (,A global inventory of photovoltaic solar energy generating units’).

Das Suchgebiet wird durch die Ausdehnung einer globalen Karte der Bevölkerungsdichte definiert, und das daraus resultierende Gebiet umfaßt 72,1 Mio. km2, was etwa 48,4 % der Landfläche der Erde entspricht. Der Zeitraum für die Studie war vom 1. Juni 2016 bis zum 30. September 2018.

Durch die Bestandsaufnahme, die auch netzunabhängige Anlagen mit einer Leistung von mehr als 10 kW umfaßt, ermitteln die Forscher um Lucas Kruitwagen insgesamt 68.661 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 423 GW in 31 Ländern. Von diesen PV-Anlagen befinden sich 18.449 in China, 9.906 in Japan, 4.525 in den Vereinigten Staaten, 2.021 in Indien und 17.918 im Europäischen Wirtschaftsraum.


Im Dezember 2021 berichtet die internationale Presse erstmals über das Projekt Earth’s Black Box, bei dem Wissenschaftler der University of Tasmania gemeinsam mit der Marketing- und Werbeagentur Clemenger BBDO sowie Künstlern und Architekten auf einem abgelegenen Teil der Westküste von Tasmanien vor Australien einen unzerstörbaren Metall-Monolithen errichten, in welchem Daten der fortschreitenden Klimakrise gesammelt werden.

Die auf hartem Granit stehende Black Box, deren Bau 2022 beginnen und ein Jahr später beendet sein soll, wird aus aus 7,5 cm dickem Stahl bestehen, soll alle Katastrophen überdauern – und künftigen Zivilisationen zeigen, wie die Menschheit die Klimakrise verursacht hat und wie sie versagt hat bzw. wie sie ihr erfolgreich begegnet ist.

Bereits jetzt - d.h. seit dem COP26-Klimagipfel in Glasgow, Schottland, im November - sammeln die Initiatoren Daten zur Klimakrise auf einer riesigen Festplatte, die Platz für eine Aufzeichnungsdauer von 30 - 50 Jahren bietet. Die Daten umfassen u.a. Veränderungen der Land- und Meerestemperaturen, die Versauerung der Ozeane, die Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre, das Artensterben, die Landnutzung, den Energieverbrauch, Militärausgaben und politische Veränderungen. Überdies werden kontextbezogene Daten etwa über Ereignisse wie Klimakonferenzen oder Medienberichte über die Umwelt erfaßt.

Die Festplatte und andere Speichermedien werden den Kern des 10 x 4 x 3 m großen Monolithen bilden, der zur Stromversorgung mit Solarzellen bedeckt und mit Batteriespeichern ausgestattet wird, wobei es aber keinerlei Informationen über technische Details oder Leistungswerte gibt. Die Box soll zudem einen Internetanschluß bekommen, um mit Algorithmen selbständig nach neuen Informationen über den Klimawandel zu suchen und diese zu archivieren.

Entschieden haben sich die Betreiber für den Standort in Tasmanien aufgrund der geopolitischen und geologischen Stabilität. Weitere Kandidaten waren das Emirat Katar, die Insel Malta oder Norwegen. Zum Zeitpunkt dieses Updates im Herbst 2024 läßt sich allerdings nichts darüber finden, daß dieses ambitionierte Projekt tatsächlich in Gang gekommen ist.

 

Das quantitative Jahresfazit lautet:

Der Jahresbericht Global Market Outlook for Solar Power stellt fest, daß der globale PV-Zubau im Jahr 2021 mit 168 GW einen neuen Installationsrekord aufgestellt hat. Dabei behauptet China seine Marktführerschaft mit 54,9 GW an neuen Solarkapazitäten, gefolgt von den USA mit 19,2 GW (andere Quellen: 26,9 GW). In Gesamt-Europa beträgt der Zubau 31,8 GW. Der International Renewable Energy Agency (IRENA) zufolge erreicht die kumulierte installierte Gesamtkapazität für Photovoltaik somit mindestens 760,4 GW, die International Energy Agency (IEA) spricht sogar von mindestens 942 GW.

Laut dem Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) gingen in Deutschland in diesem Jahr rund 240.000 PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von etwa 5,7 GW in Betrieb. Die kumuliert installierte PV-Leistung stieg damit auf 59 GW.

 

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