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Einem Forscherteam um Prof. Yoel Fink am MIT gelingt
es einem Bericht vom Juli 2010 zufolge, spezielle piezoelektrische
Fasern (Multimaterial piezoelectric fibres) herzustellen,
die dünner als ein Mikrometer sind und Mikrofon- bzw. Lautsprechereigenschaften
besitzen. Obwohl piezoelektrische Materialien eigentlich für Audioanwendungen
prädestiniert sind, erwies sich die Umsetzung in die Praxis als äußerst
kompliziert, weshalb die neuen Fasern des MIT eine kleine Sensation
betrachtet werden.
Nachdem es Finks Gruppe im Vorjahr gelungen war, in optischen Fasern licht- und hitzeempfindliche Stoffe zugleich einzuarbeiten und daraus etwa Kameras zu machen, wird nun ein piezoelektrisches Polymer eingearbeitet, dessen molekulare Struktur ein elektrisches Signal in eine mechanische Verformung umwandelt und umgekehrt, so daß sich die Dicke des Lichtwellenleiters ändert.
Die fertige Faser besteht aus dem lichtleitenden Kern, der piezoelektrischen Schicht und Indium-Elektroden, die sich als schmale Stränge auf zwei Seiten durch die Faser ziehen. Über die können elektrische Signale durch das Kabel in die Piezoschicht geschickt werden, so daß sich die Faser zusammenzieht. Dabei entstehen Schwingungen, die sich als Schallwellen nutzen lassen. Wird umgekehrt die Faser irgendwo gequetscht, erzeugt die Piezoschicht ein elektrisches Signal.
Da sie sowohl Infrarotlicht als auch Schallwellen transportieren können, ließen sich aus den Multifunktionsfasern medizinische Sensoren entwickeln, welche die Möglichkeiten eines Ultraschallgeräts, eines Herzmonitors und eines chemischen Spektrometers kombinieren. Zudem lassen sich mit Hilfe der Piezoschicht die optischen Signale im Kern der Faser modulieren, weshalb das Team eine weitere Faser entwickelt, die zusätzlich noch eine spiegelnde Schicht enthält, die je ihrer Dicke nur bestimmte Wellenlängen reflektiert.
Wird ein elektrisches Signal durch diesen Fasertyp geschickt, verformt sich die Piezoschicht und staucht die Spiegelschicht, wodurch sich die charakteristische Wellenlänge ändert, die sie reflektiert. In Textilgewebe eingearbeitet, könnten solche Fasern daher verschiedene Farbmuster erzeugen, wodurch man Information aus einem Kleidungsstück oder einer anderen Oberfläche auslesen kann, in welche die Faser eingebettet ist.
Neben ,anziehbaren’ Mikrophonen und biologischen Sensoren könnten die Fasern lose Netze bilden, welche die Strömung von Wasser in das Meer überwachen, oder großflächige Sonarabbildungssysteme mit deutlich höheren Auflösungen als bisher. Ein Gewebe, das aus akustischen Fasern gewebt ist, entspricht dem Äquivalent von Millionen winziger akustischer Sensoren, die sich aufgrund ihrer piezoelektrischen Bauelemente selbständig mit Energie versorgen.
Ebenfalls im Juli 2010 stellt der Designer Jake
Loniak aus Santa Monica, Kalifornien, den Entwurf eines Silhouette
Hybrid Trike vor, das als Null-Emissions-Fahrzeug mit Pedalkraft und
einem Elektromotor angetrieben wird.
Das Chassis und die Aufhängung des leichten Hybrid-Dreirades soll aus piezoelektrischen Verbundmaterialien gefertigt werden, um die Schwingungen während der Fahrt in elektrische Energie für die Beleuchtung umzuwandeln. Das mit einem transparenten Schutzschild versehene Gefährt soll mit seinen bürstenlosen Radnaben-Motoren eine Maximalgeschwindigkeit von 50 km/h erreichen.
In einem weiteren Bericht, der im Juli 2010 erscheint,
beschreiben Forscher der Universität von Lyon um Mickael
Lallart and Daniel Guyomar eine neue Technik,
bei der eine anfängliche Energie-Injektion, die aus der geernteten
Energie selbst extrahiert wird, die gesamte piezoelektrische Energieleistung
stark erhöhen kann. Diese Methode soll 20 mal mehr Energie als normal
erzeugen, wenn Standardkomponenten zum Einsatz kommen, und bis zu 40
mal mehr bei verlustarmen Geräte.
Die von ihnen aufgezeichnete Energieerntekette zeigt, wie ein Teil der Anfangsenergie, die zuvor geerntet wurde, in kurzen Impulsen wieder in das piezoelektrische Element injiziert wird, um die Gesamtmenge der geernteten Energie zu erhöhen, was aufgrund eines Energie-Resonanz-Effekts geschieht. Damit werden Vorrichtungen denkbar, die viel weniger piezoelektrisches Material als ein Standard-Design verwenden, aber dennoch die gleiche Menge an Energie ernten.
Eine Meldung vom August 2010 besagt, daß Prof. Yong
Shi und sein Team vom Stevens Institute of Technology in
Hoboken, New Jersey, Nanogeneratoren sowohl auf Silizium- als auch
Polymersubstraten geschaffen haben. Das Konzept beinhaltet piezoelektrische
Nanodraht- und Nanofaser-basierte Generatoren auf Basis von PZT, die
mechanische Energie in elektrische Energie umwandeln.
Die PZT-Nanofasern mit einem Durchmesser von etwa 60 nm und einer Länge von 500 nm werden auf ineinandergreifenden Elektroden aus feinen Platindrähten ausgerichtet und mit einem weichen Polymer auf einem Siliziumsubstrat verpackt. Die gemessene Ausgangsspannung unter periodischer Belastung beträgt 1,63 V, die Leistung 0,03 µW.
Im Oktober 2010 stellen Forscher der Louisiana
Tech University um Prof. Long Que ein neues
und energieeffizientes Gerät vor, das einen Ausleger (Cantilever) aus
piezoelektrischem Material verwendet, der auf einer Seite mit einem
Kohlenstoff-Nanoröhrchen-Film überzogen ist. Dieser veranlaßt den Ausleger,
sich wiederholt hin und her zu biegen, wenn er Licht und/oder Wärme
absorbiert, wobei das piezoelektrische Material solange Energie erzeugt,
wie die Licht- und/oder Wärmequellen aktiv sind.
Die Entwicklung bietet die neue Option, kontinuierlich sowohl Sonnen- als auch Wärmeenergie auf einem einzigen Chip zu ernten, was unbegrenzt laufende Mikro- und Nanosysteme ermöglichen würde. Das selbständige auf und ab tritt aufgrund der konstanten Absorption von Photonen, der hohen elektrischen Leitfähigkeit und einer schnellen Wärmeableitung in die Umgebung des Auslegers auf.
Im Experiment zeigt das Forscherteam, daß ein Cantilever aus CNF-PZT in der Lage ist, genügend Energie zu erzeugen um einige Low-Power-Mikrosensoren zu versorgen. Nun soll die Effizienz und Gesamtleistung dieser Technologie weiter verbessert werden.
Im selben Oktober 2010 berichten Wissenschaftler der
britischen University of Bolton um Prof. Elias
Siores und Ravi Hadimani über die Erfindung
einer flexiblen piezoelektrisch-photovoltaischen Faser,
aus der sich ein energieproduzierendes Gewebe herstellen läßt. Das
Hybridmaterial könne in alles eingewebt werden, einschließlich Laptop-
und Handy-Hüllen. Der Vorteil einer hybriden PV/Piezo-Zelle ist, daß
sie Energie erzeugen kann, auch wenn es an einem regnerischen oder
windigen Tag kein ausreichendes Sonnenlicht gibt – eben durch
die Energie von Wind und Regen.
Mittels einer Finanzierung in Höhe von 1 Mio. £ durch das Knowledge Centre for Materials Chemistry (KCMC) kann das Forscherteam des Institute for Materials Research and Innovation (IMRI) mit der Produktion von Proben des patentierten Hybridmaterials beginnen. Damit soll gründlich dessen Wirksamkeit getestet werden, die Energien aus Wind, Regen und Sonne zu sammeln. Zudem will man untersuchen, ob sich damit auch Strom aus den Wellenbewegungen erzeugen läßt.
Die organische Photovoltaikzelle auf Basis von P3HT und PCBM wird auf einem piezoelektrischen PVDF-Polymer-Substrat entwickelt. Bei Laborexperimenten gelingt es bereits, mit einem 20 x 20 cm großen Quadrat des Materials 1 W zu gewinnen.
Gemeinsam mit der Nanchang Hangkong University sowie dem chinesischen Entwicklungsunternehmen GK Opto-electronics Co. Ltd. wird nun daran gearbeitet, die Energie-Faser in den nächsten drei Jahren weiter zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Was sich bislang allerdings nicht belegen läßt. Dafür gewinnt das Team Anfang 2011 den britischen Energy Innovation Award.
Im einer weiteren Meldung vom Februar 2014 berichten die Wissenschaftler über die Entwicklung eines flexiblen piezoelektrischen Gewebes, das die doppelte Leistung der sonstigen, aktuellen Energy-Harvesting-Textilien liefert.
Die durch Navneet Soin und seine Kollegen im Labor von Elias Siores mittels dem Schmelzspinnverfahren hergestellten polymeren piezoelektrischen Fasern sind flexibel, stark und atmungsaktiv und können zusammen gestrickt werden, um ein 3D-Gewebe zu bilden, das aus zwei getrennt leitfähigen, mit Silber beschichteten Polyamidtextilflächen als Elektroden besteht, welche durch Abstandsfäden aus Polyvinyliden-Fluorid (PVDF), der piezoelektrischen Komponente, miteinander verbunden sind.
Die Kompression des Gewebes bewirkt, daß die Abstandsfäden eine Ladung erzeugen, die von den zwei Metallflächen gesammelt wird. Derzeit können 1 – 5 μW Leistung pro Quadratzentimeter erzeugt werden, das Team ist allerdings zuversichtlich, daß sich die Leistung durch weitere Optimierung noch verbessern läßt.
Im März 2011 kursiert in den Blogs ein Beitrag zum
SHIFTboston Wettbewerb, der von dem Designer Prof. Anthony
Di Mari und seinem Studio ad3 in Boston stammt.
Das Konzept URBAN FIELD besteht aus einem piezoelektrischen Feld mit künstlichen ,Bäumen’, die in der Lage sind, sowohl Regenwasser zu sammeln als auch Strom zu erzeugen. Mit dem Wasser aus den Niederschlägen sowie Grundwasser soll die Rose F. Kennedy Greenway Landschaft bewässert werden, während die gespeicherte Windenergie für leuchtende LEDs in der Nacht sorgt.
Das veränderbare Raster ist nicht zufällig, sondern so angelegt, daß es die vom Hafen kommenden starken Windströmungen optimal nutzt. Details zu der piezoelektrischen Technologie, die der Designer hierbei einsetzen möchte, gibt es allerdings keine.
Im Industriesektor wird im März 2011 bekannt, daß
Wissenschaftler der Firma Siemens einen äußerst robusten
Energy-Harvester aus piezoelektrischen Keramiken entwickelt haben,
der ein sehr kompaktes Feder-Masse-System nutzt und
Bewegungen mit verschiedenen Frequenzen und Amplituden in Strom mit
einer Leistung von mehreren Milli-Watt umwandelt. Derzeit verfügbare
ähnliche Systeme können das nur für sehr schmale und vorher genau festgelegte
Frequenz- und Amplitudenfenster.
Das Besondere der Konstruktion ist das Feder-Masse-Systems, dessen Eigenfrequenz sich durch Selbstversteifung an die veränderliche Frequenz der Umgebungsbewegung anpaßt. Dies hat zwei Vorteile: Zum einen nutzt das System bereits kleine Bewegungen zur Stromerzeugung, und zum anderen beschränkt die Selbstversteifung die Auslenkung des Feder-Masse-Systems, so daß es auch durch sehr harte Stöße nicht zerstört wird.
Die Energieerntemaschine nutzt hierbei gestapelte piezoelektrische Materialien, die von Siemens in den 1990er Jahren als leistungsstarker Präzisionsantrieb für Einspritzventile in Fahrzeugen mitentwickelt wurden. Die nächste Aufgabe der Siemens-Forscher ist nun, die Leistung des Energy Harvesters zu optimieren und die Stromausbeute zu erhöhen. Zudem sollen die Montagekosten des Gerätes gesenkt werden.
Im Mai 2011 berichtet die Presse vom Baubeginn einer
neuen Sportstätte in Indien, die sich trotz ihrer Größe nachhaltig
und harmonisch in die natürlich Umgebung einfügt. Den Grundstein für
das Athletic Ripples Projekt legt die Präsidentin
der Kongresspartei Sonia Gandhi persönlich.
Der ehrgeizige Entwurf der indischen Design-Firma Studio Symbiosis sieht einen abwechslungsreichen Sportstadt-Komplex vor, der von Wasserwellen und -tropfen inspiriert ist. Eine zentrale Fußgängerzone bildet das Rückgrat der Anlage.
Die Dächer der Stadien bestehen aus einer Mischung aus Sonnenkollektoren und pneumatischen Platten, welche unter Ausnutzung der starken Sonneneinstrahlung die erforderliche Lichtintensität innerhalb der Räume steuern. In den Fußwegen sind wiederum Piezoelemente vorgesehen, welche die kinetische Energie der Besucher zur Stromerzeugung nutzen. Die Fertigstellung ist für das Jahr 2012 geplant. Es läßt sich aber nichts darüber finden, daß dies tatsächlich geschehen ist - zumindest nicht unter dem genannten Namen.
Ebenfalls im Mai 2011 stellen die Designer Yonggu
Do, Jun-se Kim und Eun-Ha Seo aus
Korea im Rahmen des Design-Wettbewerbs ,A life with future computing’,
der von Fujitsu und der Design Association Japan (DA)
organisiert wurde, das Konzept eines Tablet PC vor, der sich selbst
mit Energie versorgt. Die Grundlage dafür bieten piezoelektrische Bauteile,
die unter dem Touchscreen verborgen sind.
Der mit einem 1.000 $-Spezialpreis der Jury ausgezeichnete Ecopad soll ausschließlich mit der Energie betrieben werden die entsteht, wenn der Nutzer – dem Durchschnitt zufolge – bis zu 10.000 mal am Tag auf den Touchscreen drückt. Ob und wann dieser Tablet PC auf den Markt kommen wird, ist noch nicht bekannt.
Bereits realisiert und in Gebrauch ist demgegenüber eine spiralige
Kunstinstallation der dänischen Architekten des Studios 3XN aus
Kopenhagen, die im Juni 2011 in den Blogs vorgestellt
wird.
Der für eine Ausstellung im Louisiana Museum of Modern Art entwickelte Pavillon, Teil der interaktiven Kunst im öffentlichen Raum, ist vollständig biologisch abbaubar, da er auf der Außenseite aus einem Bio-Verbundwerkstoff aus biologischem Harz und Flachsfasern besteht, während für den inneren Kern Kork verwendet wird.
Der Pavillon ist zudem in der Lage, aus dünnen, flexiblen Photovoltaik-Zellen Solarenergie – und mittels piezoelektrischen Elementen weitere Energie aus dem Gewicht und dem Druck der darüber laufenden Besucher zu ernten. Diese Energie versorgt dann LEDs, damit der Spaß auch weitergehen kann, nachdem die Sonne untergegangen ist.
Das Verfahren, beim Tippen auf Tastaturen Strom zu erzeugen, wird einem
Bericht vom Juni 2011 zufolge auch von Wissenschaftlern
der australischen Universität Royal Melbourne Institute of
Technology (RMIT) um Prof. Arnan Mitchell umgesetzt.
Auch in diesem Fall wird ein piezoelektrischer Dünnfilm unter die
Tasten gelegt, und es gelingt sogar, die erzeugte Spannung zu messen.
Man geht davon aus, daß die Technik in drei Jahren marktreif sein
könnte.
In diesem Zusammenhang rechnet Sven Hauberg auf übergizmo (im Juni 2014) allerdings folgendes vor: Einer Studie zufolge benötigt es 1,5 Millijoule, um eine normale Taste zu drücken, und etwa 2,5 mJ, um eine große Taste wie die Enter-Taste zu betätigen. Zur Einordnung: Mit einem Millijoule läßt sich ein Tropfen Wasser um ein Hundertstel Grad erwärmen.
Ausgehend davon, daß ein durchschnittlich langer Roman aus 500.000 - 1.000.000 Wörtern besteht, erzeugt man bei dessen Tippen also rund ein Kilojoule. Diese Energie reicht gerade einmal aus, um einen Laptop 15 Sekunden lang laufen zu lassen. Oder anders gesagt: Um einen Laptop allein durch Tastatur-Energie zu betreiben, müsste man darauf alle 15 Sekunden einen kompletten Roman schreiben!
Im Juli 2011 berichtet ein Team um Prof. Nazanin
Bassiri-Gharb vom Georgia Institute of Technology über
die Verwendung einer als Thermo-Nanolithographie (TCNL) bekannten Technik,
die ebendort 2007 entwickelt worden war, um nanometerskalige
ferroelektrische Strukturen direkt auf flexiblen Kunststoffsubstraten
herzustellen, die sonst nicht in der Lage sein würden, den in der Regel
erforderlichen Verarbeitungstemperaturen von über 600°C bei der Herstellung
solcher Nanostrukturen zu widerstehen.
Mit der Technik, die eine beheizte Rasterkraftmikroskop-Spitze verwendet, um Muster zu erzeugen, können mit hoher Produktionsrate und geringen Kosten komplexe ferroelektrische Strukturen für MEMS- und NEMS-Sensoren und -Aktoren geschaffen werden – ebenso wie piezoelektrische Materialien für den Einsatz in der Energienutzung, und zwar direkt in der gewünschten Form und wo man sie haben will.
Ferroelektrische Materialien sind deshalb so attraktiv, weil ihre ladungserzeugenden piezoelektrischen Reaktionen um eine Größenordnung stärker sind als die von Materialien wie Aluminiumnitrid oder Zinkoxid.
Die Forschung, an der auch Wissenschaftler von der University of Illinois Urbana-Champaign und der University of Nebraska Lincoln beteiligt sind, wird von der National Science Foundation und dem US-Department of Energy gefördert.
Ein Team der University of Wisconsin-Madison um Prof. Chang-Beom
Eom meldet im November 2011, daß mit Integration
eines komplexen, einkristallinen Materials mit extrem starken piezoelektrischen
Eigenschaften auf Silizium nahezu nanoskalige elektromechanische Vorrichtungen
hergestellt werden können, die zu Verbesserungen in diversen Anwendungsbereichen
wie der hochauflösenden 3D-Ultraschall-Bildgebung, der Signalverarbeitung,
Sensorik und Kommunikation wie auch dem Energy Harvesting führen könnten.
Gearbeitet wird hier mit dem weiterentwickelten piezoelektrischen Material Blei-Magnesium-Niobat-Bleititanat (PMN-PT), das aufgrund seiner Komplexität bislang alle Bemühungen vereitelt hatte, dafür einfache und reproduzierbare Mikrofertigungstechniken zu entwickeln. Erst Eom und seinen Kollegen gelingt es diese Barriere zu überwinden, indem sie Fertigungstechniken der Computer-Elektronik anwenden, um das PMN-PT nahtlos auf Silizium zu integrieren.
Hierfür wird auf einem Silizium-Träger eine sehr dünne Schicht aus Strontiumtitanat abgeschieden, die als Matrize wirkt und die Struktur von Silizium nachahmt. Darüber kommt eine, vor einigen Jahren von Eom entwickelte, Schicht aus Strontiumruthenat als Elektrode, und schließlich das einkristalline PMN-PT.
Die Forscher, zu denen auch Kollegen der Pennsylvania State University, der University of Michigan, dem Argonne National Laboratory, der University of California at Berkeley, der Cornell University sowie dem National Institute of Standards and Technology gehören (NIST), werden durch die National Science Foundation über einen vierjährigen Zeitraum mit 1,35 Mio. $ finanziert. Weitere Unterstützung kommt vom Department of Energy, dem Office for Scientific Research der Air Force und der David Lucile Packard Fellowship.
Nur einen Monat später, im Dezember 2011, berichten die Kollegen der Pennsylvania State University unter der Leitung von Prof. Susan Trolier-McKinstry über ihre Vermessung der elektrischen und piezoelektrischen Leistung der PMN-PT-Dünnfilme. Ohne Zahlen zu nennen, dokumentiert das Team die bislang höchsten Werte der piezoelektrischen Eigenschaften unter allen piezoelektrischen Dünnschicht-Materialen – sowie eine zweifach höhere Leistungszahl als die bislang besten PZT-Filme für Energy-Harvesting-Anwendungen.
Ebenfalls im Dezember 2011 stellt der Industriedesigner Benjamin
Wright aus Colorado das Konzept eines piezoelektrischen
Dreschflegels vor, der sauberen Strom direkt aus dem Weizenanbau
erzeugen soll. Gedacht ist das simple Gerät für Bauern in Afghanistan,
die das Korn damit auch stampfen sollen.
Der Drescher besteht im Wesentlichen aus zwei Komponenten. Der oberste Teil besitzt abnehmbare Segmente für die jeweilige landwirtschaftliche Anwendung, wobei das obere rohrförmige Bauteil mit dem piezoelektrischen Elektrizitätserzeugungssystem verbunden ist. Die Batterie ist wiederum im unteren Teil installiert. Es läßt sich jedoch nichts darüber finden, daß die Idee jemals umgesetzt worden ist.
Im Januar 2012 berichten Ingenieure der University
of Houston darüber, daß sie quantenmechanische Berechnungen
genutzt haben, um zu zeigen, daß mittels Löchern eines bestimmten Musters
in einem Bogen Graphen, dieses dazu veranlaßt wird,
sich wie ein piezoelektrisches Material zu verhalten.
Die Experten glauben, daß das von Natur aus nicht piezoelektrische Graphen in seiner halbleitenden oder Isolator-Form sein Verhalten ändert, wenn dreieckige Löcher hineingestanzt werden und ein gleichmäßiger Druck auf das Material ausgeübt wird. Kreisförmige Löcher funktionieren demgegenüber nicht. Die Wissenschaftler finden zudem heraus, daß die Pseudo-Piezoelektrizität des Graphen fast so stark ist wie die von Quarz, der bekanntesten piezoelektrischen Substanz.
Im Juli 2014 melden Prof. Pradeep Sharma und sein Doktorand Matthew Zelisko von der University of Houston, die hierbei mit Wissenschaftlern der Rice University und der University of Washington zusammenarbeiten, daß sie inzwischen Graphen-Nitrid als das dünnstmögliche piezoelektrische Material der Welt identifiziert haben. Dieses Material, mißt nur eine Atomschicht, und ist damit etwa eintausend mal dünner als ein menschliches Haar.
Das Material sollte eigentlich gar keine piezoelektrischen Eigenschaften besitzen, doch Zeliskos Berechnungen und Simulationen zeigen unerwartet etwas anderes. Nachdem Prof. Pulickel Ajayan und seine Mitarbeiter an der Rice University die ersten Geräte aus Graphene-Nitrid-Blättern hergestellt haben, werden diese von Prof. Jiangyu Li an der University of Washington getestet, wobei die Piezoelekträt des Materials tatsächlich belegt werden kann.
Sharma hatte in einigen seiner früheren theoretischen Arbeiten vorhergesagt, daß reines Graphen mit dreieckigen Löchern piezoelektrisch wirksam werden kann. Durch die neuen Forschungsergebnisse kann bewiesen werden, daß im Grunde jedes Halbleitermaterial piezoelektrisch gemacht werden kann, wenn man dreieckige Löcher hinein schneidet, die in die gleiche Richtung weisen. Der Grund für diese Dreiecksform ist, daß die Form der Löcher nicht spiegelsymmetrisch sein darf, da die Materialien sonst nicht piezoelektrisch werden.
Ein weiterer einzigartiger Faktor ist, daß das Graphen-Nitrid übereinander gestapelt werden kann – d.h. eine Atomlage auf der anderen – ohne seine Piezoelektrizität zu verlieren, wie es bei den meisten anderen atomar dünnen Materialien mit piezoelektrischen Eigenschaften der Fall ist.
Da der Bereich von Schwingungen, die ein piezoelektrisches Gerät nutzen
kann, derzeit noch sehr begrenzt ist, arbeitet ein Forscherteam um Brian
P. Mann an der Duke University in North
Carolina daran, eine Alternative für die bisherige Umsetzung zu finden,
bei der die Harvester typischerweise in einer linearen Weise arbeiten,
da sie nur auf eine bestimmte Schwingungsfrequenz abgestimmt sind.
Dies mag im Labor gut funktionieren, wo immer und immer wieder die
gleiche Schwingung erzeugt werden kann, während diese in der realen
Welt viel zufälliger auftreten.
Um eine praktische Menge an Strom zu erzeugen müssen die Geräte dagegen in der Lage sein, die Vorteile eines breiteren Frequenzbereichs zu übernehmen, was bedeutet, daß sie im Wesentlichen nicht-linear funktionieren müssen.
Dem im März 2012 veröffentlichen Bericht zufolge überarbeitet das Team die mathematischen Prinzipien, die in der Gestaltung von linearen piezoelektrischen Geräten angewendet werden und baut dann ein physikalisches Labormodell, bei dem Magnete verwendet werden um einen Ausleger aus piezoelektrischem Material zu verbiegen. Indem die Ausrichtung der Magneten verändert wird, gelingt es die zufällige Natur von Schwingungen im Alltag zu simulieren.
Mit Anwendung der neuen Prinzipien auf das Material kann der Ausleger so eingestellt werden, daß er einen größeren Bereich dieser Schwingungen ernten kann, als es sonst möglich ist. Der nicht-lineare Ansatz bietet signifikante Verbesserungen bei der Stromerzeugung, die manchmal eine ganze Größenordnung betragen können.
Wissenschaftler, die im Rahmen des im September 2009 gestarteten
europäischen Metrology for Energy Harvesting Project arbeiten,
haben laut einer ebenfalls im März 2012 veröffentlichten
Meldung ein neues Modell entwickelt, um bei piezoelektrischen Energy
Harvestern die maximale Leistung zu erzielen.
Die Harvester bestehen typischerweise aus vibrierenden Auslegern, die mit einer piezoelektrischen Schicht bedeckt sind. Die meisten Entwickler bedecken die gesamte Länge des Auslegers mit dem piezoelektrischen Material im Versuch, damit den Umwandlungswirkungsgrad zu maximieren.
Nun haben Wissenschaftler am britischen National Physical Laboratory, eines der sieben an dem EU- und Industrie-geförderten Projekt beteiligten nationalen Institute, entdeckt, daß dieser Ansatz kontraproduktiv ist. Tatsächlich verursacht die Ladungsumverteilung über den Ausleger einen internen Verlust von bis zu 25 % der potentiellen Ausgangsleistung. Um dem entgegenzuwirken, entwickelt das Team ein Modell, das zeigt, daß mehr Energie umgewandelt werden kann, wenn der Ausleger nur über zwei Drittel seiner Länge mit dem piezoelektrischen Material bedeckt wird.
Das Projekt kann über elf Newsletter verfolgt werden, die auf der Homepage abrufbar sind und bis Oktober 2013 reichen. Was danach daraus geworden ist, ließ sich bislang nicht herausfinden.
Weiter mit der Piezoelektrizität...