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Forscher der University of Pennsylvania in Philadelphia
um Prof. Lawrence ,Larry’ Rome stellen im September 2005 einen
rund 4,5 kg schweren Rucksack mit
Außengestell vor, an dessen starrem Rahmen der eigentliche Packsack
mit Federn befestigt ist, die beim Gehen in Schwingung geraten und
dadurch einen Generator antreiben. Dessen Leistung von bis zu 7,4 W
reicht dazu aus Handys, GPS-Empfänger, Lampen am Helm oder
den Laptop mit Strom zu versorgen.
Die Funktion ist relativ einfach: Durch das Anheben des Beines beim Gehen wird auch die Hüfte eines Rucksackträgers um etwa 4 – 7 cm angehoben. Diese Bewegung wird auf das Gestell übertragen, wodurch die vertikal angebrachten Federn die Last zum Schwingen bringen. Die dadurch entstandene Bewegungsenergie wird wiederum auf den Generator übertragen und in elektrische Energie umgewandelt. Je schneller man geht, und je schwerer der Rucksack, desto mehr Energie wird erzeugt.
Der gemeinsam mit Biomechanikern des Meeresbiologischen Labors in Woods Hole im Auftrag des Office of Naval Research entwickelte Rucksack soll primär militärisch genutzt werden. Das Gewicht des Rucksacks eines US-Soldaten beträgt gegenwärtig 38 kg, wobei der Inhalt an Batterien rund 8 kg ausmacht (während Nahrungsmittel übrigens den etwa 100-fachen Energieinhalt haben). Beim Marsch mit 6,5 km pro Stunde werden 7 – 8 W generiert, während ein 20 kg schwerer Rucksack bei Gehgeschwindigkeit 2 – 3 W, und ein 30 kg schwerer 4 – 5 W erzeugt.
In Stafford, Philadelphia, wird 2005 außerdem die Gesellschaft Lightning Packs LLC gegründet um ein Patent anzumelden und das Produkt zu kommerzialisieren (z.B. US-Nr. 6.982.497 von 2006). Außerdem wird an einem ergonomischen Rucksack gearbeitet, der es dem Träger erlaubt mehr Gewicht zu tragen, ohne daß dadurch die Belastung zunimmt. Seltsamerweise gibt es aber nur Meldungen bis zum Jahr 2007 - danach herrscht für eine lange Zeit Schweigen.
Erst im Oktober 2012 hört man wieder etwas über das Unternehmen, als es einen Vertrag in Höhe von 2,4 Mio. $ vom Army Natick Soldier Systems Center in Nattick, Massachusetts, erhält, um seine Technologie weiterzuentwickeln. Rome und sein Team hatten sich zwischenzeitlich der Herausforderung gestellt, das Gewicht des Rucksacks zu reduzieren und einer weiteren wichtigen Anforderung für den militärischen Gebrauch zu entsprechen, nämlich die Geräusche des Rahmens zu verringern, die er bei seinen Bewegungen nach oben und unten macht.
Die nächste Meldung stammt dann vom November 2014, als die Firma einen verbesserten Prototypen präsentiert, der bei einem Test in Fort Benning in Georgia in der Lage ist, beim Gehen 16 - 22 W, und beim Rennen sogar bis zu 40 W zu erzeugen. Bereits im April 2013 sei in Fort Denver in Massachusetts ein weiterer erfolgreicher Test des innovativen Geräts erfolgt, das von der Army inzwischen statt dem nüchternen Suspended Load Backpack den für Angelsachsen wohl prosaischen Spitznamen Rucksack Harvester bekommen hat.
Daneben testet die Army flexible PV-Paneele aus Galliumarsenid, die auf Helm und Rucksack angebracht werden – sowie ein kinetisches Gerät namens Knee Harvester, das Energie aus der Bewegung des Knies erntet (s.d.).
Eine technisch sehr viel einfachere Lösung, die allerdings auch wesentlich leistungsschwächer ist, wird im September 2007 vorgestellt. Dieser Rucksack besitzt piezoelektrische Trägergurte aus Polyvinylidenfluorid (PVDF), das sich wie Nylon anfühlt. Bei einem Rucksackgewicht von 45 kg und einer Marschgeschwindigkeit von 3,2 bis 4,9 km/h können 45,6 mW erzeugt werden – zumindest in der Simulation.
So gering dies auch klingt, es reicht dennoch aus, um eine LED-Stirnlampe zu betreiben (~ 38 mW), einen iPod Nano (~ 46 mW) oder ein Motorola Razr Handy, das im Standby-Modus ~ 9 mW verbraucht (~ 360 mW im Gesprächsmodus). In einer im Rucksack integrierten Batterie kann die Energie so akkumuliert werden, daß ein 20-minütiger Marsch erlaubt, 2,5 Minuten lang zu telefonieren.
Die Entwicklung geht auf ein Ingenieurteam der Michigan Technological University, der Arizona State University und der Firma NanoSonic Inc. in Blacksburg, Virginia, zurück. Letztere liefert auch das selbst aufgebaute Nanokompositmaterial namens ‚Metal RubberTM’, aus dem die neuartigen Bandelektroden geschneidert werden. Im Labor ist bereits eine 100 nm dünne Elektrode hergestellt worden, die sich unter Beibehalt ihrer Leitfähigkeit um das Zehnfache auseinanderziehen läßt und danach wieder auf ihre ursprüngliche Größe zusammenschrumpft.
Hier begegnet uns auch der zukünftig vermutlich immens wachsende
Markt der Strom-produzierenden Textilien. Eines der
ersten Patente dazu wird im Februar 2001 von
dem US-Unternehmen SRI International unter dem Namen ,Biologically
Powered Electroactive Polymer Generators’ eingereicht (US-Nr.
6.768.246) und im Juli 2004 erteilt. Mehr dazu findet
sich im Kapitel Micro
Energy Harvesting.
Im April 2011 stellt der Designer Joel
Lim YM aus Singapur das Konzept eines mehrteiligen Rucksacks
namens Alppac vor, der einen ähnlichen Mechanismus
besitzt, um beim Wandern Strom zu produzieren.
Das im Rahmen seiner Diplomarbeit an der Temasek Polytechnic entwickelte Gerät besitzt ferner ein besonders leicht erreichbares 1-Hilfe-Fach, während sich das Handy, iPad oder andere elektronische Geräte über ein kabelloses Ldepad wieder aufladen lassen, sobald man eine ausreichend lange Strecke gelaufen ist.
Bereits im Juli folgt ein weiterer Entwurf,
dem sein Schöpfer, der Industriedesigner Benjamin Beck aus
Berlin, den passenden Namen Scaraby gibt, da dieser
hybride Energie-Rucksack tatsächlich ein wenig an einen Scarabäus erinnert.
Im Gegensatz zu seinen Vorläufern handelt es sich allerdings um ein Gerät, das ausschließlich Energie sammeln, speichern und dann über verschiedene Anschlußstecker zur Verfügung stellen soll.
Hierzu dienen dem tragbaren Akkupack neben seinen aufklappbaren Solar-Paneelen auch ein nicht näher beschriebener Mechanismus zur Umwandlung von kinetischer Energie in Strom. Wie lange es dauert die Batterie zu laden bzw. welche Kapazität diese hat, wird nicht gesagt. Bislang hat es dieser Energie-Rucksack noch nicht zu einem echten Produkt geschafft.
Eine
Abwandlung mit einer nicht minder cleveren Methode der ,laufenden’
Energieerzeugung ist das Go Kin Pack das auf die Forschungsarbeit der
Co-Erfinder, Dr. Qingguo Li und dem Doktorand Michael
Shepertycky von der Queen’s University in Kingston, Ontario,
zurückgeht.
Mit Unterstützung der gemeinnützigen PARTEQ Innovations, die das geistige Eigentum vermarktet, das im Zuge der Hochschulforschung ensteht, läßt sich der begeisterte Camper, Kanufahrer und Wanderer Bill Ostrom aus Thunderbay in Ontario die Technologie lizenzieren, um zu versuchen ihm Rahmen einer Partnerschaft mit der Queens University ein leichtes, tragbares und leistungsstarkes Produkt zu entwickeln. Hierfür wird im August 2013 die Firma Go Kin Packs gegründet.
Die technische Umsetzung ist eigentlich gar nicht so abwegig, denn während man läuft, bewegt man ja die Beine, wobei diese Bewegung nun mittels zweier Schnüre, die man an den Beinen oder Knöcheln befestigt, an das Pack übertragen und dort gespeichert wird, um mit dem selbst erzeugten Strom sein Smartphone, Tablet oder andere Gadgets zu laden. Trägt man die Schnüre unter der Kleidung, behindern sie nicht bei sportlichen Aktivitäten und man kann mit ihnen auch nicht irgendwo hängen bleiben.
Nach den ersten beiden großen und schweren Forschungsprototypen (Nr. 1 = 18 kg, Nr. 2 = 9 kg) und der Durchführung von umfangreichen Tests wird der erste Go Kin gebaut, der einem eingebauten Li-Io-Akku nebst Elektronik enthält, um die gewonnene Energie zu speichern. Der bislang letzte Prototyp Nr. 4 wiegt nur noch 1,2 kg, hat die Maße 25 x 13 x 8 cm, besitzt zwei USB-Anschlüsse zum Aufladen anderer Geräte und soll während eines 5-minütigen Fußmarschs genug Energie für eine Handy-Sprechzeit von 10 - 25 Minuten ernten können.
Der Versuch im Juli 2014, über Kickstarter 30.000 CA-$ zu sammeln, wobei eine mit einem Generator ausgestattete Hüfttasche für 295 $ und ein Rucksack für 395 $ angeboten werden, ist allerdings nicht erfolgreich, denn von 102 Unterstützer kommen nur 16.805 CA-$ zusammen. Als Grund wird angegeben, daß viele potentielle Kunden lieber ein Pack hätten, das sie an ihre bereits existierenden Rucksäcke montieren können. Worauf die Firma das FIT KIT entwickelt, das genau diesem Anspruch genügt.
Im März 2015 gibt Go Kin Packs bekannt, daß man inzwischen den Prototyping-Prozeß beendet habe und das Gerät ab April umfangreiche Haltbarkeits-Tests unterziehen werde. Auf den Markt kommen will man nun spätestens im September, Vorbestellungen werden bereits entgegengenommen.
Noch mehr Interesse wird der Methode entgegengebracht,
die Stromerzeugung komplett in Laufschuhe oder andere
Fußbekleidungen zu integrieren.
Ein sehr frühes Konzept für energieerzeugende Schuhe stammt von dem in St. Vincent de Paul in Quebec, Kanada, lebenden Italiener Joseph Barbieri aus dem Jahr 1923 (US-Nr. 1.506.282). Sein im Absatz integrierter Generator arbeitet mit einer Zahnstangentechnik, um die mechanische Bewegung in elektrischen Strom umzuwandeln.
Bis sich danach jemand wieder mit solch einer Technologie beschäftigt, dauert es dann allerdings viele Dekaden. Erst 1987 und 1988 meldet ein Nikola Lakic die Patente für einen Schuh mit internem Fußwärmer (US-Nr. 4.674.199) bzw. einen Schuh mit Fußwärmer einschließlich eines elektrischen Generators an (US-Nr. 4.782.602). Verwirklicht wird davon aber nichts.
Im Jahr 1992 folgt ein Shi Hiu Chen mit seinen sogenannten Dynamoelectric shoes (US-Nr. 5.167.082; vgl. US-Nr. 5.495.682 von 1996), der ein tragbares drahtloses Telefon, ein tragbares Radio, eine Leuchtvorrichtung oder eine Heizvorrichtung betreiben kann, um den Fuß des Benutzers im Winter warm zu halten.
Hierfür besitzt der Dynamo-Schuh eine Schuhsohle, die im Fersenbereich eine wasserdichte Kammer mit einem eingebautem, druckbetätigten elektrischen Generator besitzt, der jeweils ein Spannungssignal erzeugt, wenn während des Gehens wiederholter Druck auf die Schuhsohle ausgeübt wird. Eine Steckdose an der Schuhsohle ist mit der wiederaufladbaren Batteriezelle des Systems verdrahtet. 1994 wird Chen ein weiteres Patent erteilt, bei dem es sich diesmal um einen Schuh mit einer integrierten Kühlvorrichtung handelt (US-Nr. 5.367.788).
Ebenfalls 1994 erhält der Erfinder Zoran Djuric das Patent für einen Schuh mit integrierter reversibler Luftpumpe zur Belüftung desselben während des Laufens (US-Nr. 5.375.345, beantragt 1993), wobei hier allerdings keine Energie erzeugt wird.
Das Artificial Heart R&D Team am McGowan Center for Organ Engineering um James F. Antaki wiederum entwickelt 1995 ein durch Laufen angetriebenes Batterieladesystem, das auf einer „hydraulisch verstärkten resonanten Anregung von piezokeramischen Stapeln“ basiert, welche durch die abwechselnde Kompression zwischen Ferse und Zehen funktioniert. Das System soll Energie in einer Größenordnung von 0,2 bis 0,7 W Durchschnittsleistung für künstliche Organe bereitstellen, wobei während simuliertem Joggen sogar bis 2 W erzielt werden können. Von einer Umsetzung ist nichts bekannt.
Das Ziel, beim Gehen Strom erzeugen zu können,
motiviert ab 1998 auch Joseph ,Joe’
A. Paradiso vom Media
Lab des Massachusetts Institute of Technology (MIT), einen Joggingschuh zu
entwickeln, bei dem jeder Schritt einen schwachen elektrischen Puls
durch die Sohle jagt. Der Forscher arbeitet piezoelektrische Keramiken
in das Sohlengummi ein, die bei ihrer Verformung genügend elektrische
Energie abgeben, um damit z.B. einen kleinen GPS-Navigationssender
zu betreiben.
Eine entsprechend geformte Sohle liefert aus ihrer Biegung im Durchschnitt 1 mW, mit Spitzen von 10 mW, später erreicht Paradiso mit einer fortgeschrittenen Version sogar Peaks von 50 mW, die während des Gehens einen Kondensator aufladen.
Selbst wenn er nie bis zum Produkt weiterentwickelt wurde, ist Paradisos Schuh inzwischen legendär. Er gilt immerhin als erste Umsetzung - und damit auch als Initialzündung für das als Energy-Harvesting (Energie-Ernten) bezeichnete neue Forschungsgebiet, auf das ich im nachfolgenden Kapitel noch ausführlich eingehen werde.
Weiterentwickelt wird statt dessen eine komplizierte mechanische Schuh-Montur, die wohl eher zum ‚Steam-Punk’ paßt. Hierbei sorgt ein kleiner Dynamo nebst Schwungrad und diversen weiteren Rädchen für eine Stromerzeugung von 10 – 250 mW beim Gehen. Im Rahmen seiner Abschlußarbeit konzipiert Jaff Hayashida 1999 ein Modell mit besser integriertem Generator, mit dem immerhin bis zu 60 mW geerntet werden können.
Doch während das MIT einige zehntausend Dollar ausgeben muß, um diese Energieausbeute zu erreichen, entwickelt im Jahr 2002 ein Chemie-Lehrer an einer kleinen Schule im indischen Mandi, Himachal Pradesh, namens Ashok Sharma den Prototyp eines batterieaufladenden Schuhs, der ebenfalls die kinetische Energie des Laufens in elektrische Energie umwandelt.
In der an dicke ‚Klotten’ oder an die Plattformschuhe der Pop-Ära erinnernde Sohle befindet sich ein kleiner Dynamo nebst einem Kondensator, die etwa 2 V liefern können. Die Produktionskosten beziffert Sharma auf etwa 4 $.
Der Erfinder kreiert sich damit eine zusätzliche Einnahmequelle, indem er beim Herumlaufen die Handys von anderen Personen auflädt – für ein paar Rupien Entgelt.
Ich denke, daß dieser Vergleich repräsentativ dafür ist, mit welch unterschiedlichen Mitteln (und mit welch unterschiedlichen Motivationen!) in der ersten bzw. dritten Welt Innovationen angegangen werden... und wo unsere entsprechende Unterstützung eigentlich sinnvoll wäre.
Norman Landry aus Boise, Idaho, erhält im Juli 1999 das
Patent für eine Schuhsohle mit flüssigkeitsbetriebenen Ventilatoren,
welche die Füße abkühlen und trocken halten soll (US-Nr. 5.918.381,
angemeldet 1998).
Die etwas kompliziert klingende Erfindung besteht aus zwei Schichten in einer Schuhsohle, von denen die eine einen flüssigkeitsgefüllten Bereich mit einer flüssigkeitsbetriebenen Turbine besitzt, die mit einem in der zweiten Schicht eingebauten Luftgebläse verbunden ist, das in Reaktion auf die Bewegung der Flüssigkeit während des Gehens betrieben wird.
Ein zweites Patent über eine Schuhsohle mit flüssigkeitbetriebenen Ventilatoren wird Landry im März 2001 erteilt (US-Nr. 5.918.381, anmeldet 1999). Über irgendwelche Umsetzungen ist nichts bekannt.
Ein Team um Binh Q. Le an der Johns Hopkins University
in Baltimore, Maryland, beantragt im Dezember 1999 das
Patent für einen ,wiederaufladbaren Schuh’ (US-Nr. 6.255.799, erteilt
im Juli 2001), der beim Gehen oder Laufen Strom erzeugt,
welcher in einer wiederaufladbaren Batterie gespeichert wird. Beschrieben
werden zwei Ausführungsformen, von denen die eine auf der Bewegung
eines Hebelarms im Fersenbereich beruht, der über eine lineare oder
Drehbewegung und eine Zahnradanordnung den eingebauten Generator in
Drehung versetzt.
Die zweite Ausführungsform verwendet in die Schuhe eingebettete Flüssigkeitsbehälter. Dabei bewegen Druckänderungen vom normalen Gehen oder Laufen eine Flüssigkeit durch einen engen Kanal, der zwei Reservoire verbindet, wodurch die Stromerzeugung mittels einer in der Mitte des Kanals befindlichen Turbine mit angeschlossenem Schwungrad und Generator erfolgt.
In dem Patent wird erwähnt, daß diese Erfindung mit Unterstützung der US-Air Force erfolgte, weshalb die Regierung bestimmte Rechte daran hat.
Trevor Baylis, der uns bereits bei den kurbelbetriebenen
Geräten begegnet ist (s.d.), absolviert im Juni 2001 einen
100-Meilen-Fußmarsch durch die Wüste von Namibia, um die elektrischen
Schuhe zu demonstrieren, die er im Rahmen seiner im März 2000 gegründeten
und im britischen Leicester beheimateten Firma Electric Shoe
Co. (ESC) entwickelt. ,Erfunden’ hatte die Schuhe Jim Gilbert,
Dozent für Maschinenbau an der Hull University.
Zum Einsatz kommen zwei Prototypen: ein Paar Stiefel mit piezoelektrische Kontakten in den Fersen, die 100 - 150 mW erzeugen, wenn sie zusammengedrückt werden, das Baylis selbst trägt – sowie ein anderes Paar, das sein Begleiter, der bei dem Schuhproduzenten Texon International tätige Ingenieur John Grantham, an den Füßen hat. Bei diesem Stiefelpaar ist einer der Absätze ausgehöhlt und beinhaltet eine Miniatur-Lichtmaschine, deren Dynamo jedes Mal in Rotation versetzt wird, wenn die Ferse den Boden berührt.
Während die Kurbelwelle des Absatz-Dynamos schon nach wenigen paar Stunden bricht, erzeugt die Piezo-Version im Laufe des fünf Tage langen Fußmarsches ausreichend Strom, um eine leere Handy-Batterie halb aufzuladen. Eine ursprünglich ins Auge gefaßte 3. Technologie, die bei jedem Schritt Wasser durch eine winzige Turbine leitet, wird aufgrund ihrer Komplexität, des Preises und der mangelnden Robustheit gestrichen, obwohl der Prototyp 1,2 W Leistung liefert.
Baylis hofft nun, die Piezo-Schuhe, deren Leistung dann bei bis zu 3 W liegen soll, etwa 2010 zu einem Preis von 100 £ in den Handel bringen zu können. Tatsächlich kommt die Technologie aber nie über das Prototypen-Stadium hinaus – und auch Baylis Firma ist inzwischen aufgelöst. Immerhin wird das Prinzip seit einiger Zeit bei einigen Turnschuh-Modellen für Kinder genutzt, deren kleine LEDs bei jedem Schritt aufstrahlen. Zum Laden eines Handys ist ihre Leistung allerdings viel zu schwach.
Im Jahr 2002 entwickelt Maarten van Pul im
Rahmen seiner Abschlußarbeit an der Delft University of Technology
für die Firmen Philips Design (Hong Kong) und Nike Schuhe mit integriertem
MP3-Player, nachdem er festgestellt hat, daß ein derartiger Player
ein sehr interessantes Produkt für Philips darstellt.
Dabei bieten der geringe Stromverbrauch und die stoßfeste Technologie gute Möglichkeiten für die Anwendung menschlicher Kraft zur Energieversorgung. Hiervon ausgehend untersucht Van Pul die Machbarkeit eines kombinierten Philips-Nike MP3-Players, dessen Strom durch einen Mechanismus generiert wird, der in der Sohle des Schuhs integriert ist. Er besteht aus zwei getrennten Kammern, in denen beim Gehen Luft komprimiert wird, wobei Ventile sicherstellen, daß die zwischen den Luftkammern wechselnde Luft stets über die stromerzeugende Turbine strömt.
An einem ähnlichen System arbeiten am MIT um das Jahr 2003 herum
auch Nesbitt W. Hagood, S. Mark Spearing und Martin A. Schmidt, deren
Schuh in der Ferse einen hydraulischen Balg besitzt, der einen Hammer
mit einer Resonanzfrequenz von 20 kHz auf einen Stapel Piezo-Elemente
aus Blei-Zirkon-Titanat (PZT) fallen läßt, wobei pro Schritt gleich
mehrere Ladungspumpen-Zyklen erfolgen.
Die einzelnen PZT-Generatoren bestehen aus 1 cm3 großen Würfeln, die jeweils 1 W produzieren und einen Wirkungsgrad von 40 % erreichen. Pro Schuh sollen davon drei Stück integriert werden, womit sich eine Gesamtleistung von 3 W ergeben würde. Die Forschungen sind bislang noch nicht konkret umgesetzt worden.
Als Ron Pelrine und Roy Kornbluh in
den später 1990er Jahren bei SRI International in
Menlo Park, Kalifornien, ein gummiartiges Material mit dem Namen Electroactive
Polymer Artificial Muscle (EPAM) erfinden, das bei Stromzufuhr muskelähnliche
Eigenschaften wie hohe Dehnung, hohe Spitzenleistung und hohe Nachgiebigkeit
zeigt und somit Roboter ermöglichen soll, die Geschicklichkeit und
Beweglichkeit des Menschen nachzuahmen, stellen die Forscher bald fest,
daß es auch umgekehrt geht: Durch zyklisches Auseinanderziehen und
anschließende Kontraktion erzeugt das EPAM Elektrizität, ohne daß es
dafür weiterer Geräte bedarf.
Die Wissenschaftler, die mit Hilfe des neuen Materials die Wellenenergie nutzen wollen (s.d.), hoffen mit dem künstlichen Muskel aber auch sehr preisgünstige Systeme entwickeln zu können – z.B. in Form eines elektrostatischen Generators aus dielektrischen Elastomeren unter der Ferse, mit Silikonkautschuk zwischen den Platten, mit dem bereits 0,8 W pro Schuh erzielt werden, wobei bis zu 1 W möglich sein sollen.
Zur Weiterentwicklung der Technologien und Produkte auf Basis von EPAM wird im Jahr 2004 das Spin-Off-Unternehmen des SRI Artificial Muscle Inc. (AMI) gegründet, das 2010 zu einer Tochtergesellschaft der Bayer Materialscience LLC wird. Diese stellt im Januar 2011 auf der CES in Las Vegas als das erste kommerzielle Produkt einen Griff für den iPod touch namens Mophie Pulse vor – von energieerzeugenden Schuhen ist dagegen nichts mehr zu hören.
Einen ausgereiften Sportschuh mit dem Namen BrightWalk,
dessen piezoelektrische Ausstattung dazu dient, am Rand der Sohle angebrachte
elektrolumineszierende Polymere zum Aufleuchten zu bringen, stellt
im Mai 2007 der aus Mexiko stammende Industriedesigner Alberto
Villarreal vor.
Die Erfindung ist nicht nur eine Lichtquelle, die es dem Träger ermöglicht, den Weg vor sich zu sehen, sondern sie hilft ihm auch, nachts auf der Straße selbst gut gesehen zu werden. Villarreal arbeitet schon seit mehreren Jahren an dieser Entwicklung und hat nimmt damit auch am Pop Sci and Core77 Wettbewerb 2003 teil.
Im Jahr 2005 gewinnt er – inzwischen als leitender Designer für Lunar Design in San Francisco – den renommierten red dot award. Da Villarreal seit 2013 am Google-Hauptsitz in Mountain View, Kalifornien, tätig ist, könnte es nun vielleicht sogar zu einer kommerziellen Umsetzung kommen.
Weiter mit Rucksack und Laufschuh...